Brixner 253 - Februar 2011

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PORTRAIT

„Dann durfte ich wieder gehen“ PATER PAUL PEZZEI, Comboni-Missionar aus Mühlbach, über seine Entscheidung, Priester zu werden und seine Missionstätigkeit in Süd- und Mittelamerika.

W

enn dieser „Brixner“ gedruckt ist, ist Pater Paul Pezzei schon längst in Nicaragua. Am letzten Wochenende im Jänner nahm der begeisterte Missionar Abschied von seiner Heimat, und dabei hatte er schon geglaubt, für immer dableiben zu müssen. Heimweh, das habe er nie verspürt: „Unterwegs zu sein gehört einfach zum Paul dazu.“ Dennoch ist ein leises Zittern in seiner Stimme zu hören. Drei Jahre lang wird er in Nicaragua bleiben, wird mit den Menschen reden, Pfarreien und Schulen besuchen, Vorträge halten und von seiner Berufung erzählen, seinem Leben, seinem Glauben, seinem Gott.

Die Entscheidung, Priester zu werden. Die Vision eines Lebens

als Missionar habe ihn kurz vor der Matura endgültig in ihren Bann gezogen: „Ich hatte einen

Landwirtschaft. Dort traf er dann auch endgültig die Entscheidung, Priester zu werden. „Ich war mit einem Missionar unterwegs, um einen anderen Missionar zu besuchen. Wir befanden uns im Auto. In einer Kurve trafen mich die Strahlen der Sonne mitten ins Herz, und ich hörte eine innere Stimme, die mir sagte, dass ich noch in diesem Jahr Priester werden würde.“

Seine Arbeit in Südamerika. Paul

Pezzei verspürte Angst, Unsicherheit, „und irgendwann dachte ich dann, warum eigentlich nicht?“ Nach der Priesterweihe kehrte er nach Peru zurück in die Bergbaustadt Cerro de Pasco. Der Ort liegt auf einer 4700 Meter hohen Hochebene in den Anden und zählt zu den höchstgelegenen Städten der Erde. Zuerst war er dort Kooperator, dann Pfarrer, und schließlich wurde Paul Pezzei

„Unterwegs zu sein, das gehört einfach zum Paul dazu“_ Pater Paul Pezzei Onkel bei den Comboni-Missionaren, der uns immer wieder wunderschöne Briefe geschickt hat.“ Es habe lediglich drei Tage in seinem Leben gegeben, an denen er nicht wusste, was er eigentlich werden sollte: „Das waren die schlimmsten Tage meines Lebens.“ Als Jugendlicher wollte er Architekt werden, später wollte er zur Marine gehen, dann wieder Taucher werden und irgendwann gar Geologe. „Aber da war mir überall zu viel Mathematik dabei.“ Bereits vor seiner Priesterweihe arbeitete Paul Pezzei in der Mission, wollte andere Möglichkeiten des Wirkens erkunden, kümmerte sich in Peru um die Bauern und ihre

nach Trujillo, die Stadt des ewigen Frühlings an der Pazifikküste, versetzt. In Trujillo arbeitete er vor allem mit den Jugendlichen, denn bei denen kommt der Missionar mit der frechen Stehfrisur und dem verschmitzten Lächeln immer gut an. Dann zog es ihn wieder in die Höhe nach Huaròn, einer Bergbaustadt auf 4.550 Metern. Die Luft hat dort 40 Prozent weniger Sauerstoff, und das Wasser kocht bereits bei 70 Grad. Kopfschmerzen und Koka-Tee waren in den ersten Wochen an der Tagesordnung. Nach zwei Jahren schickte man ihn nach Graz, damit er in seiner herzerfrischenden und offenen

Art bei jungen Leuten das Bewusstsein für die moderne Mission wecken konnte. Zehn Jahre blieb er dort und fing irgendwann an, Chinesisch zu lernen, „damit ich wieder wegkomme.“

Aufbruch ins Ungewisse. 1995 durfte Pezzei dann endlich wieder zurück in sein Peru, nach Cerro de Pasco und später nach Lima. Im ganzen Land war er unterwegs, erzählte im Urwald und an der Küste von den Licht- und Schattenseiten im Leben eines Missionars. Über sechs Jahre sollte er dort bleiben, ehe man ihn nach Chile sandte. Dort hatte er aber nie das Gefühl, wirklich wichtig zu sein. Nach drei Jahren wurde Paul Pezzei von Chile nach Milland zurückgerufen. Er sollte sich dort um die Zeitschriften des Ordens kümmern und Vorträge halten. „Das ist nicht unbedingt meine Welt, aber wer sollte mich denn in dieser Arbeit ablösen?“ Die Ablöse kam dann ziemlich unerwartet: „Giampietro Pellegrini wollte aus Peru zurückkehren und zeigte Interesse für meine Tätigkeit. Ich war also wieder frei.“ Man bot Paul Pezzei an, in ein Land zu gehen, in dem sich vieles noch im Aufbau befindet. Er konnte wählen zwischen Ecuador, Kolumbien, Mittelamerika und Mexiko, „und da entschied ich mich für Mittelamerika, weil ich dieses Gebiet noch überhaupt nicht kenne.“ Nicaragua gehört zu den ärmsten Ländern der Erde. Die Menschen, zu denen er geht, sind Fischer mit kleinen Booten: „Reis und Bohnen, recht viel mehr gibt es dort nicht.“ Er bricht auf ins Ungewisse, ohne einen bestimmten Auftrag, hat in seinem Wirken volle Freiheit. Im Gepäck, „20 Kilo sind nicht viel“, neben einem einzigen Paar Schuhe jede Menge Ideen: Er möchte Besinnungstage anbieten,

eine Berufsschule gründen und einfach für die Menschen da sein. In drei Jahren will er wieder zurück sein, gerade rechtzeitig zu seinem 70. Geburtstag.

marlene.kranebitter@brixner.info Leserbrief an: echo@brixner.info

Steckbrief

Paul Pezzei wurde am 10. November 1944 als ältestes von sechs Geschwistern in Bruneck geboren. Sein Vater war damals im Krieg, die Mutter war während der Schwangerschaft in ihr Elternhaus nach St. Lorenzen zurückgekehrt. Kindergarten und Volksschule besuchte Paul Pezzei in Mühlbach, die Mittelschule in Brixen. Nach der Matura am wissenschaftlichen Lyzeum in Brixen ging er für zwei Jahre ins Noviziat in Mellatz am Bodensee, um sich auf das Ordensleben bei den Comboni-Missionaren vorzubereiten. Anschließend studierte er in Bamberg, München und Würzburg Theologie und erlernte über Kontakte mit Studenten aus Lateinamerika nebenbei die spanische Sprache. Mit 29 Jahren wurde er im Brixner Dom zum Priester geweiht, seine Primiz feierte er in seinem Heimatort Mühlbach. Als Missionar war er in Peru und Chile, in Graz und Milland tätig. Seit Februar befindet sich Paul Pezzei in Nicaragua. 19


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