9 minute read

Die Abteilung Wasserqualität, -management und -technologie (WMT): Rundum-Service im Dienste des Wassers

Die Abteilung Wasserqualität, -management und -technologie wurde 2015 in das seinerzeit neu gegründete VLB-Forschungsinstitut für Biotechnologie und Wasser (FIBW), seit November 2020 unter der Leitung von Dr. Martin Senz, integriert. Fünf Mitarbeiter nehmen Proben, quantifizieren, analysieren, beraten, forschen und leisten vieles mehr. Die Aufgaben sind mannigfaltig, denn: „Wasser ist deutlich mehr als nur H2O“, sind sich Dr. Alfons Ahrens und Stefan Reimann einig. Der Abteilungs- und der Laborleiter erzählen im Interview, weshalb der Wasserbereich als unverzichtbarer Baustein des Leistungsangebots der VLB weiter gestärkt werden sollte.

Welches sind die Kernaufgaben der Abteilung Wasserqualität, -management und -technologie?

Ahrens: Der Fokus unserer täglichen Arbeit liegt auf der Analytik von Trink-, Prozess- und Abwässern, auf der Betriebsberatung sowie auf der Forschung. Darüber hinaus sind einige Mitarbeiter in der Lehre und in verschiedenen Branchengremien tätig.

Wo liegen die Schwerpunkte bei der Auftragsanalytik?

Ahrens: Einer unserer Schwerpunkte sind chemisch-physikalische Trinkwasseruntersuchungen nach der Trinkwasserverordnung, z. B. untersuchen wir das Wasser auf Belastungen mit Nitrat und Schwermetallen. Darüber hinaus führen wir Brau- und Prozesswasseranalysen für die Getränkeindustrie durch. Zudem werden die chemisch-physikalischen sowie sensorischen Untersuchungen im Rahmen der jährlichen DLG-Qualitätsprüfung für Mineral-, Quell- und Tafelwasser von uns verantwortet. Bei dieser Prüfung bin ich als Prüfbevollmächtigter der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) tätig.

Reimann: Trinkwasser ist die rohstoffliche Basis für die Herstellung von Getränken. In diesem Zusammenhang spielen auch wasserbezogene technologische Fragestellungen eine Rolle: Welchen Einfluss hat die Wasserqualität auf das finale Produkt? Welchen Einfluss hat die Wasserqualität auf den Herstellungsprozess? Allgemein gesprochen, geht es im Wesentlichen um die Ionenzusammensetzung bzw. um die Inhaltsstoffe. Wasser ist deutlich mehr als nur H2O. Global betrachtet ist Wasser das universelle Lösungsmittel. Geographische, geologische und klimatische Bedingungen sowie anthropogene Faktoren beeinflussen die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe und demnach die Qualität eines Wassers am Punkt der Entnahme. Handelt es sich um Oberflächenoder Grundwasser? Ist das Wasser bereits bis auf Trinkwasserqualität aufbereitet? All das macht einen Unterschied. Und auf all das fokussieren wir uns: Wir analysieren, quantifizieren und legen darüber hinaus unsere Einschätzung und Empfehlung für die Brau- und Getränkeindustrie vor, ob ein Wasser für den angedachten Anwendungsfall geeignet ist und, falls nicht, wie es ggf. aufzubereiten ist.

Das WMT führt auch Hemm- und Abbaubarkeitstests durch – worum geht es bei diesen Tests?

Ahrens: Bei Hemmtests geht es um die Simulierung von biologischen Kläranlagen – in kleinen Gefäßen im Laboransatz. Wir geben Stoffe hinzu, die im Betrieb für Probleme bei der biologischen Abwasserbereitung sorgen könnten. Das sind häufig Substanzen aus dem Reinigungs- und Desinfektionsmittelbereich oder Leimstoffe für Etiketten. Im Rahmen der Hemmtests stellen wir fest, ob eine Hemmung im kleinen Maßstab vorliegt und ob Betriebsstoffe entsprechend gefährlich für die biologische Kläranlage sein können. In Abbaubarkeitstests geht es um die biologische Abbaubarkeit, d.h. es gibt Stoffe, die zwar nicht hemmen, aber trotzdem schwer abbaubar sind. Beide Fragestellungen sind in der Regel nicht voneinander zu trennen. Die Im TOC-Analyzer wird der Kohlenstoffgehalt im Wasser bestimmt

TOC-Analyzer

TOC-Analyzer

Alle Fotos: VLB/Eva Wiesgrill

Die Probenahme und Untersuchung von Nutzwasser aus Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern durch die VLB Berlin wurden vor rund zwei Jahren nach der 42. BlmSchV (Bundes-Immissionsschutzverordnung) und VDI 2047 (Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure) erfolgreich akkreditiert. Was bedeutet dieses Serviceangebot der VLB für den Kunden?

Reimann: Die Bereiche Trink- und Abwasser unterliegen strengen gesetzlichen Regelungen, dabei gehen Probenahme und Analytik Hand in Hand. Das heißt, alles, was wir im Rahmen der gesetzlich geregelten Auftragsanalytik bearbeiten, sei es Trink- oder Abwasser, Nutzwasser aus Verdunstungskühlanlagen oder Nassabscheidern, muss zertifiziert beprobt werden. Das ist der wesentliche Unterschied zu anderen akkreditierten Laborbereichen der VLB. Am WMT müssen wir die Proben, die wir entsprechend der gesetzlichen Vorgaben analysieren, selbst gezogen haben. Mit der Akkreditierung für Probenahme und Untersuchung von Nutzwasser aus Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern haben WMT und BEAM ihr Serviceangebot im Bereich Wasseranalytik weiter ausgebaut. Unsere Kunden können das gesamte Spektrum der bei ihnen anfallenden Wässer zu gezielten Fragestellungen analysieren lassen.

Ahrens: Erstellen wir einen Bericht gemäß Trinkwasserverordnung oder 42. BImSchV, müssen wir vorher die Proben selbst gezogen haben. Schicken uns z.B. Brauereien aus dem Ausland Proben mit Trinkwasserbezug, erstellen wir in diesen Fällen einen „inoffiziellen“ Testbericht, d.h. einen VLB-Analysebericht allein auf der Grundlage unserer WMT-Expertise.

Im Ionencromatographen werden die Anionen im Wasser quantifiziert Ergebnisse dieser Tests können wertvolleEntscheidungshilfen sein bei beabsichtigten, meist ökonomischmotivierten Wechseln von Betriebsstoffen.

Im Ionencromatographen werden die Anionen im Wasser quantifiziert Ergebnisse dieser Tests können wertvolleEntscheidungshilfen sein bei beabsichtigten, meist ökonomischmotivierten Wechseln von Betriebsstoffen.

Nach welchen Normen und Verordnungen ist das WMT-Labor akkreditiert?

Ahrens: Unser Labor ist nach DIN EN ISO/IEC 17015:2018 akkreditiert. Im Bereich Trinkwasser-Probenahme und -Analytik sind wir eine zugelassene Trinkwasseruntersuchungsstelle nach § 15 der Trinkwasserverordnung. Im Bereich Probenahme und mikrobiologische Untersuchung von Nutzwasser aus Verdunstungskühlanlagen ist § 3 der 42. BlmSchV die Grundlage. Außerdem arbeiten wir als zugelassene Abwasseruntersuchungsstelle nach Maßgabe von §6 IndV Berlin (Indirekteinleiterverordnung des Landes Berlin).

Sie haben eingangs die Forschung als ein Aufgabengebiet angesprochen. Woran wird beim WMT derzeit geforscht? Über welchen Zeitraum erstreckt sich solch ein Projekt?

Ahrens: Aktuell forschen wir in mehreren Projekten bzw. werten gerade die Forschungsergebnisse aus: Bewertung der Reinigungswirkung von Stapellaugen (INNOKOM_MF), Recycling von Abwässern und Abwasserteilströmen (INNOKOM_MF) und Sicherstellung des hygienischen Status von Kühlwässern in Verdunstungskühlanlagen (INNO-KOM_MF). Außerdem führen wir Untersuchungen zur Korrelation von CSB- und TOC-Wert im Brauereiabwasser (Wissenschaftsförderung der Deutschen Brauwirtschaft e.V. – WiFö) durch. Reimann: Forschungsprojekte der Träger EuroNorm (INNO-KOM) sowie der AiF und der DBU laufen in der Regel zwei Jahre. Das Projekt im Rahmen der Wissenschaftsförderung (WiFö) lief über ein Jahr.

Sind weitere Forschungsprojekte geplant?

Ahrens: Ja, es ist u.a. eines zum Thema Einflussfaktoren des Klimawandels auf die Qualität von Rohwässern vorgesehen.

Probenvails für die TOC-Analytik

Probenvails für die TOC-Analytik

Wie sieht die Verknüpfung von Forschung und Dienstleistung aus?

Ahrens: Forschungsergebnisse können unser Analyseangebot erweitern. Auch bei unseren Beratungen profitieren wir von unseren Forschungen, da wir auf entsprechende neue Erkenntnisse zurückgreifen können. Forschungsinhalte bereichern unsere Vorträge und sie spielen eine große Rolle bei den Kursen und Weiterbildungen für die Brauer und Destillateure oder bei den Workshops, die die VLB für Unternehmen und Konzerne durchführt. Denn der Unterricht entspricht stets dem neuesten Stand der Forschung.

Wer sind die Kunden des WMT?

Ahrens: Unsere Kunden kommen zum einen aus dem privaten und öffentlichen Bereich, z. B. Immobilienverwaltungen, Träger von Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Unternehmen aus der Gastronomie und Kleingartenvereine. Zum anderen gehören natürlich die Betriebe der Getränkeindustrie und deren Zulieferer zu unseren Auftraggebern. Wir bedienen somit ein breites Kundenspektrum.

Wie viele Personen arbeiten am WMT?

Ahrens: Insgesamt sind in der Abteilung fünf Mitarbeiter beschäftigt. Ein Laborassistent, ein Biologischchemisch-technischer Assistent und ein Ingenieur für Umweltverfahrenstechnik führen im Bereich Trinkwasser, Abwasser und Verdunstungskühlanlagen sowohl die Probenahmen als auch die chemisch-physikalischen Laboranalysen durch und sind darüber hinaus für die Durchführung der qualitätssichernden Maßnahmen zuständig. Unser Umweltverfahrenstechniker ist zudem mit Spezialanalysen betraut, bspw. ist er verantwortlich für die Messung des organischen Kohlenstoffs (TOC) und für die Ionenaustauschchromatographie (IC) bzw. für aufwendigere Analysen mit umfangreicher Probenvorbereitung. Er und unser Biologischchemisch-technischer Assistent sind zudem in Forschungsprojekte eingebunden. Mir obliegt die Abteilungs-, Stefan Reimann die Laborleitung. Gemeinsam verantworten wir die Forschung am WMT.

Was gehört zu Ihren Aufgaben, Herr Reimann?

Reimann: Zu 50% bin ich wissenschaftlicher Mitarbeiter am WMT, d. h. ich verantworte Forschungsprojekte von der Entstehung, über die Akquise bis hin zur inhaltlichen Umsetzung. Zu 50 % koordiniere ich in enger Zusammenarbeit mit meinen Kollegen seit rund eineinhalb Jahren die Abläufe in unserem akkreditierten Labor.

Alltag im Wasserlabor: Stefan Reimann bei der Vorbereitung von Wasseranalysen

Alltag im Wasserlabor: Stefan Reimann bei der Vorbereitung von Wasseranalysen

In welchen Branchengremien sind Mitarbeiter des WMT vertreten?

Ahrens: Stefan Reimann und ich sind Mitglieder im TechnischWissenschaftlichen Ausschuss der VLB. Stefan Reimann sitzt im Fachausschuss für Abfüllung, Verpackung und Betriebstechnik, ich im Fachausschuss für Umwelt-, Ressourcenmanagement und Arbeitssicherheit. Darüber hinaus bin ich im Umweltausschuss des Deutschen BrauerBundes vertreten und als Mitglied im Fachausschuss IG-2: Branchenspezifische Industrieabwässer und Abfälle der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) tätig. Derzeit engagiere ich mich dort in der Arbeitsgruppe „Wasseraufbereitung und Kühlsysteme“. Außerdem bin ich Vorsitzender der DLG-Kommission für Mineral-, Quell- und Tafelwasser und, wie bereits erwähnt, DLG-Prüfbevollmächtigter für die jährliche DLG-Qualitätsprüfung in diesem Bereich.

Sie haben auch einen Lehrauftrag inne?

Ahrens: Ja, an der TU Berlin. Dort halte ich pro Semester eine Vorlesung für die Studierenden der Brauerei- und Getränketechnologie und Lebensmitteltechnologie (MSc). Im Sommersemester spreche ich über „Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung“, im Wintersemester geht es um „Alkoholfreie Getränke“. Abgesehen davon unterrichte ich an der VLB u. a. beim deutschsprachigen Braumeisterkurs, beim Certified Brewmaster Course sowie bei unseren Kursen für Destillateure. Stefan Reimann vertritt das WMT in den kompakteren VLB-Veranstaltungen wie z. B. in dem Kurs Craft Brewing in Practice und in aktuellen bzw. zukünftigen Online-Angeboten. Beide sind wir auch regelmäßig bei nationalen und internationalen VLB-Tagungen mit Vorträgen dabei.

Die Abteilung WMT wurde vor nunmehr knapp sechs Jahren in das seinerzeit neu gegründete VLB-Forschungsinstitut für Biotechnologie und Wasser (FIBW) integriert, neben der Abteilung Bioprozesstechnik und angewandte Mikrobiologie (BEAM) und dem Biologischen Labor (BL). Inwieweit gibt es Berührungspunkte zwischen dem WMT und dem BEAM bzw. dem BL?

Ahrens: Das WMT ist spezialisiert auf die Untersuchung chemisch-physikalischer Parameter in Wässern. Abgesehen von den erwähnten biologischen Abbaubarkeits- und Hemmtests in Abwasser findet im BEAM die akkreditierte mikrobiologische Analytik von Trink- und Mineralwässern statt. Das BL führt allgemeine mikrobiologische Untersuchungen in Getränken durch.

Stellen sich Synergieeffekte ein?

Ahrens: Ja. In der Auftragsanalytik hat die strukturelle Zusammenführung die Koordinierung der Arbeitsabläufe deutlich vereinfacht. Gleichermaßen zeigt sich dieser Effekt in der Bearbeitung von Forschungsprojekten.

Reimann: Bereits in der Vergangenheit hatten wir gemeinsame Projekte, z. B. ein vom AiF gefördertes Projekt. Primär ging es für das WMT um die Frage, ob chlorbasierte Desinfektionsmedien nach Ausmischung auf Anwendungskonzentration unter Verwendung unterschiedlicher Wasserqualitäten einen werkstoffschädigenden Einfluss haben und welche Vorgaben sich für deren Anwendung daraus ableiten lassen. Dabei ist jedoch die ursprüngliche Zielstellung der Anwendung dieser Medien nicht zu vernachlässigen, d. h. wie sich das Desinfektionsmedium unter bestimmten Anwendungsbedingungen gegenüber ausgewählten Mikroorganismen verhält. Diese Fragestellung hat das BEAM in diversen Wirksamkeitstests untersucht. Umgekehrt forschte das BEAM in einem anderen Projekt über die Anwendung von ionisierter Luft zur Desinfektion von Kühlwässern. Bei diesem Projekt haben wir in einem Arbeitspaket die Nebenproduktbildung in diesen Wässern untersucht. In der Forschung gibt es eindeutig Synergien, weil die einzelnen Bereiche ihre Expertise gemeinsam einsetzen, um eine Fragestellung möglichst umfassend zu beantworten.

Messung der Oberflächenspannung im Tensiometer

Messung der Oberflächenspannung im Tensiometer

Haben sich aus der Covid-Krise neue Risiken für die Getränkeindustrie im Bereich Wasser und Abwasser ergeben?

Ahrens: Es ist inzwischen bekannt, dass man in Haushaltsabwässern oder im öffentlichen Abwasserkanal frühzeitig höhere Virenbelastungen feststellen kann, noch bevor z. B. ein Covid-19-Ausbruch offensichtlich wird. Das kann somit ein Frühwarnsystem für ein mögliches Ansteigen der Infektionszahlen sein. Ich könnte mir daher vorstellen, dass es auch in offenen Abwasserbehandlungsanlagen der Getränkeindustrie zu einer erhöhten Viruslast kommen kann, wo man es im weitesten Sinne mit Luftkontakt und Versprühungen von Abwasser durch die Wirkung von Durchmischungs- und/oder Belüftungsaggregaten zu tun hat. Durch den Kontakt mit Luft könnten sich auch hier virenhaltige Aerosole bilden, die bei Einatmung gefährlich werden können. Mit Blick auf die Arbeitssicherheit hieße das, dass Betriebe, die offene Abwasseranlagen haben, ihre Mitarbeiter vorbeugend schützen sollten, sofern sie regelmäßig an oder in der unmittelbaren Nähe solcher Anlagen tätig sind.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des WMT?

Ahrens: Ich würde mir wünschen, dass der Wasserbereich als unverzichtbarer Baustein des Leistungsangebots der VLB auch zukünftig wertgeschätzt und weiter gestärkt wird.

Eva Wiesgrill

Dr. Alfons Ahrens, Leiter der Abteilung Wasserqualität, -management und -technologie (WMT)

Dr. Alfons Ahrens, Leiter der Abteilung Wasserqualität, -management und -technologie (WMT)

Kontakt: Abt. Wasserqualität, -management und -technologie (WMT), Dr. Alfons Ahrens ahrens@vlb-berlin.org

This article is from: