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m Oberpustertal gibt es 106 Handwerksbetriebe mit insgesamt 1.160 BeschĂ€ftigten. Dieter Happacher ist der Bezirksobmann fĂŒr das Oberpustertal im Landesverband der Handwerker lvh und ist Inhaber einer Kunstschmiedewerkstatt. Nennen Sie uns bitte Ihren Aufgabenbereich als Bezirksobmann⊠Ich setze mich ein, die Anliegen der neun Ortsgruppen des Oberpustertales zu bĂŒndeln und sie im Landesverband vorzubringen, wo ich auch als Rechtsmitglied vertreten bin. Wie kamen Sie zum Handwerk? Mein Vater grĂŒndete einen Kunstschmiedebetrieb. Ich besuchte die Berufsschule als Schlosser und ging bei meinem Vater in die Lehre. Als ich 18 war, starb aber mein Vater plötzlich, sodass ich die Firma ĂŒbernehmen musste. Das war damals fĂŒr mich nicht leicht, ich habe es aber bis heute nicht bereut. FĂŒr mich kam eigentlich keine andere Arbeit infrage und sie erfĂŒllt mich wirklich sehr. Jetzt zeigt auch mein Sohn Interesse fĂŒr den Schlosserberuf, was mich natĂŒrlich sehr freut. Die Entscheidung aber ĂŒberlasse ich ihm und ich werde ihn in keiner Weise beeinflussen, denn nur eine Arbeit die Freude macht, erfĂŒllt einen. Mir gefĂ€llt dieser Beruf vor allem wegen der Vielseitigkeit und der spannenden Herausforderungen. Meine Begeisterung hat sich in den letzten Jahren allerdings getrĂŒbt, und zwar weil die BĂŒrokratie dermaĂen Ăberhand nimmt, sodass man in der Relation zu wenig Zeit
BRUNICO
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SALDI
neuesten Stand zu sein, sei es im technischen und digitalen Bereich wie auch im sprachlichen, da ohne Englisch heute nichts mehr geht. Vielleicht sollte die Zusammenarbeit mit Schule und Handwerkerverband noch mehr verstĂ€rkt werden, um den BedĂŒrfnissen des Marktes noch gerechter zu werden. Ich meinerseits kann nur sagen, dass ich eine ausgezeichnete Ausbildung erfahren habe.
Dieter Happacher aus Innichen
âWir mĂŒssen alles daransetzen, das Handwerk aufrechtzuerhalten. Es ist wichtig fĂŒr den Wirtschaftsfluss!â
fĂŒr den Beruf verwendet und zu viel fĂŒr das Zettelwerk. Das ist vor allem fĂŒr Kleinbetriebe nicht mehr zu stemmen und ich kenne Kollegen, die deshalb aufgegeben haben. Es scheint eine aussichtslose Bitte an die Politik zu sein, dass sich hier etwas Ă€ndere. Worin können Kleinbetriebe punkten? Kleine Betriebe sind flexibler als groĂe, weshalb ich hoffe, dass diese auch jetzt in der Krise durchhalten in der Hoffnung, dass es bald wieder aufwĂ€rts geht. Viele Betriebe produzieren noch echtes Handwerk,
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sind vielseitig und anpassungsfĂ€hig. Ich erwarte mir allerdings mehr Fairness im Preisangebot und dass die QualitĂ€t nicht sinke. SĂŒdtirols QualitĂ€tsstandart ist nĂ€mlich sehr hoch und kann mit dem Ausland gut konkurrieren. Was ist das Reizvolle am Handwerk? Die groĂe Genugtuung, aus eigener HĂ€nde Arbeit etwas zu schaffen, mit einem tĂ€glichen Resultat. Man kann sich noch Jahrzehntelang am eigenen Werk erfreuen. Auch können wir im Handwerk individuelle Dinge anfertigen. Jedes Produkt ist anders, jeder Tag in der Werkstatt bringt Neues, ist interessant und herausfordernd. In meinem Beruf kann ich der KreativitĂ€t und meinen kĂŒnstlerischen Ideen freien Lauf lassen. Und wir vermitteln das angereifte Wissen auch an die Jugend weiter. Das Handwerk sollte in Wirtschaft und Gesellschaft deshalb einen viel höheren Stellenwert gewinnen. Wie ist die Fachausbildung in SĂŒdtirol? Es ist schwierig, FachkrĂ€fte fĂŒr die Schulausbildung zu finden. Die stĂ€ndige Technologisierung macht es kompliziert, immer auf dem
Was hat uns die Corona-Krise gezeigt? Es ist ein Warnsignal, das die starke AbhĂ€ngigkeit des Westens von China aufzeigt. Durch die billigen Preise wurden viele Serienfertigungen in den Osten verlagert und jetzt spĂŒren wir die Konsequenzen. Wir sind dem System nahezu ausgeliefert. Mit den Problemen im eigenen Land wird sich die Lage noch zuspitzen. Ich hoffe, dass in Europa ein Umdenken beginnt, auch was das Billigpreissystem und was die Produktionsweise in Bezug zum Klimawandel betreffen. Durch die Krise erkennt man hoffentlich, nicht alles auszulagern, sondern auch im eigenen Land zu produzieren. Der Standort SĂŒdtirol mit hochqualifizierten Mitarbeitern ist jedenfalls bestens dafĂŒr gerĂŒstet. Wie beurteilen Sie die Situation nach dem Lockdown? Die Auftragslage vor Corona war gut, weshalb die Handwerker jetzt durchwegs ausgelastet sind. Sorgen machen sich viele aber fĂŒr das nĂ€chste Jahr, da sich Kunden recht zurĂŒckhaltend zeigen und mit Neuinvestitionen abwarten. Die Wirtschaftsentwicklung ist fĂŒr alle das groĂe Fragezeichen. Nur zum Teil effizient sind die MaĂnahmen fĂŒr Betriebsförderungen, da viele Firmen durch den Rost fallen. Von Steuersenkungen jedoch könnten wir alle profitieren, weshalb ich denke, dass der Staat in dieser Hinsicht mehr unternehmen sollte. Wir mĂŒssen alles daransetzen, um von einer zweiten Infektionswelle verschont zu bleiben. Wenn wir gemeinsam daran arbeiten, sollte es uns gelingen. Dann werden das Handwerk und die Wirtschaft in SĂŒdtirol einen neuen Aufschwung erfahren. (IB)