Gesund & Schön
April 2021 Basel-Express.ch
Blasenschwäche – die wenigsten Frauen reden darüber, doch viele leiden darunter Eine Blasenschwäche kann die Lebensqualität enorm mindern, weil die persönliche Freiheit so weit eingeschränkt wird, dass die betroffenen Frauen aus Angst und Scham, jemand würde etwas bemerken, auf Sport, Reisen oder Theaterbesuche ganz verzichten und ihre sozialen Kontakte generell auf ein Minimum reduzieren.
Basel Express im Gespräch mit Dr. med. Jörg Humburg, Chefarzt des Beckenbodenzentrums im Bethesda Spital. Dr. Humburg, Harninkontinenz ist zwar keine lebensbedrohliche Krankheit, aber für Frau en, die darunter leiden, extrem unangenehm. Finden Betroffene den Weg zu Ihnen in die Sprechstunde meist erst nach einem langen Leidensweg? Zu meinen Anfangszeiten war das vielleicht so, doch die heutige Generation redet im Bekann tenkreis darüber, ist sportlich aktiver und unter nimmt zahlreiche Reisen. In diesem Lebensstil hat eine Blasenschwäche keinen Platz mehr. Welchen Einfluss hat eine Blasenschwäche auf die Psyche der Frauen? Die Lebensqualität einer betroffenen Frau wird massiv beeinträchtigt, das hinterlässt Spuren im Befinden. Auch kann bei nächtlichem Harndrang nicht mehr durchgeschlafen werden, was zu Er schöpfungszuständen führen kann. Gibt es spezielle Altersgruppen, die unter dem Kontrollverlust über Blase und Urinfluss lei den? Rund 30% der Frauen jeglicher Altersgruppen leiden an einer Form von Inkontinenz. Oftmals ist der Auslöser eine Geburt oder die Menopau se und die damit verbundene Veränderung des Hormonhaushaltes.
Dr. med. Jörg Humburg, Chefarzt des Beckenbodenzentrums im Bethesda Spital
Sind die Untersuchungen sehr unangenehm oder gibt es da innovative Möglichkeiten zur Abklärung der Beschwerden? Wichtig ist im Vorfeld immer ein umfassendes erstes Gespräch mit dem Spezialisten, um die Di mension des Problems zu erörtern. Danach erfol gen eine gynäkologische Untersuchung, allenfalls eine ambulante, nicht schmerzhafte Blasenspie gelung, Funktionsanalysen (Urodynamik) und falls notwendig eine Bildgebung.
Übungen zur Stärkung des Beckenbodens Bei regelmässiger Durchführung tritt innerhalb von drei Monaten eine Verbesserung ein. 1. Öffnungen schliessen Setzen Sie sich auf einen harten Hocker oder Stuhl und versuchen Sie die Sitzbeinhöcker (Knochenpunkte, auf denen Sie sitzen), durch das Bewegen des Beckens wahrzunehmen. Zwischen den Sitzbeinhöckern liegt Ihr Beckenboden. Durch Ihren Beckenboden verlaufen Harnröhre, Scheide und After. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf Reiskörnern. Ziehen Sie diese in sich nach innen/oben. Nun verschliessen Sie zusätzlich alle Öffnungen. Dabei sollten Sie unbedingt regelmässig weiter atmen. Die Spannung drei bis fünf Sekunden halten, danach für sechs bis zehn Sekunden vollständig lösen. Es ist für die Durchblutung des Beckenbodens sehr wichtig, das Entspannen wahrzunehmen. 2. Beckenboden im «Brückli» aus Rückenlage spannen Legen Sie sich auf Ihren Rücken, beide Beine anstellen. Becken kippen, um ein hohles Kreuz zu verhindern. Während der Ausatmung ziehen Sie Ihren Beckenboden nach innen/oben, gleichzeitig Gesäss anheben. Bei der Einatmung kommen
Sie langsam zurück in die Ausgangsstellung. Entspannen Sie sich dabei vollständig. Wiederholen Sie die Übungen 1 und 2 zehn Mal, drei Mal täglich. 3. Übung im Alltag, auch bei Senkungsbeschwerden und Schweregefühl im Beckenbodenbereich sehr geeignet. Wenn Sie beim Husten, Lachen, Niesen Urin verlieren, ist diese Übung sehr hilfreich für Sie. Sobald Sie merken, dass Sie Husten müssen: Aufrichten und auf die Seite drehen, um in die Armbeuge zu husten. Dabei den Beckenboden schnell und maximal anspannen, indem Sie alle Öffnungen verschliessen und den Beckenboden nach innen oben ziehen. So wird eine Schutzspannung aufgebaut, die vor Urinverlust schützt und Senkungen vorbeugt. Rückengerechtes Heben von schweren Gegenständen: Während des Anhebens ausatmen, um den Druck im Bauchraum und damit auf den Beckenboden zu nehmen. Zusammengestellt von Dagmar Beste Bruderer, auf Beckenbodentherapie spezialisierte Physiotherapeutin im Bethesda Spital.
Die Beckenbodenmuskulatur und der Halte apparat scheinen eine wichtige Rolle zur Si cherung der Kontinenz zu spielen – kann mit gezieltem Training einer Harninkontinenz vorgebeugt werden? Der muskuläre Anteil kann hervorragend trai niert werden. Jedoch braucht es eine gehörige Portion Disziplin. Physiotherapie hilft am wir kungsvollsten in Kombination mit einer Schu lung für das Alltagsverhalten. Welche Therapieformen und Behandlungs möglichkeiten von Blasenleiden gibt es heut zutage? Es gibt nicht «die Behandlungsmethode», son dern sehr viele individualisierte Behandlungs ansätze, welche die jeweilige Lebenssituation sowie den körperlichen Befund bestmöglich be rücksichtigen. Manchmal ist auch ein operativer Eingriff nötig. Mit welchen Beschwerden, beziehungsweise Frauenleiden, kann man sich an das Becken bodenzentrum im Bethesda Spital wenden? Wir behandeln Entzündungen, Senkungen und auch mit einer Belastungsinkontinez oder hype raktiven Blase ist man bei uns im Beckenboden zentrum gut aufgehoben. Vielen Dank für das aufschlussreiche Ge spräch!
Klinik für Frauenmedizin Tel. +41 61 315 28 28 frauen@bethesda-spital.ch www.bethesda-spital.ch/blase
53