MAGAZIN E - 2/2022

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Und warum das nichts mit Wellness zu tun hat n Von Annekathrin Schmidt und Sabine Käferstein, DKJS

W

ellbeing, das persönliche Wohl-

Ziel-Dreiklang: Exzellenz, Chancen, Wellbeing

ergehen, findet nicht nur im

»Schule, da muss man halt dort sitzen und aufpas-

Schulkontext immer größere Be-

sen, lernen und so, das ist ja dafür gedacht. Also es ist ja

achtung. Gemeint ist damit kei-

nichts Schlimmes dort, von daher. Wohlfühlen tut man

nesfalls Wellness oder Kuschel-

kultur. Es geht darum, dass Lernende wie Lehrende

sich da nicht, aber ist auch nichts Schlimmes«, sagt beispielsweise ein 15-Jähriger1. »Ich mag keine Momen-

motiviert arbeiten, achtsam mit sich und der Um-

te, in denen man vorgeführt wird. Das ist meistens in der

welt umgehen und dass ihre Meinung zählt.

Schule«, schreibt ein gleichaltriges Mädchen.2 Unser Bildungssystem schaut immer noch stärker auf die Er-

Dass die Frage, wie man sich fühlt, starken Einfluss

bringung von Leistung als darauf, dass Schüler und

darauf hat, wie wir lernen und arbeiten oder anderen

Schülerinnen aber auch die Pädagoginnen und Päda-

Menschen gegenübertreten, hat uns Corona gerade

gogen sich wohlfühlen. Immer wieder taucht abfällig

deutlich gezeigt. Es kostet einfach mehr Energie, sei-

das Schlagwort Kuschelpädagogik auf. Dabei zählt die

nen Job gut zu machen, wenn mich Ängste drücken

internationale Forschung Wellbeing zu den drei ent-

und mir der Austausch im Team und persönliches

scheidenden Qualitätsdimensionen für den Erfolg von

Feedback fehlen. Es fällt schwer, kreativ, freundlich

Bildungssystemen:3

und professionell zu sein, wenn ich über lange Zeit ein-

Excellence: Erreichen eines hohen Bildungsniveaus

geschränkt bin in dem, was ich gern mache. Oder ich

Equity: Chancengerechtigkeit und die Entkopplung

das Gefühl habe, wichtige Dinge nicht mehr zu verstehen bzw. sie nicht beeinflussen zu können. Gleiches

von Herkunft und Bildung Wellbeing: mentale Gesundheit und Wohlbefinden

lässt sich auf das Lernen und Arbeiten in der Schule Wichtig dabei ist: Nur mit einem Faktor ist nichts ge-

übertragen. Der Bildungsdiskurs versteht unter Wellbeing ein ganzheitliches Wohlbefinden, bei dem mentale, kogni-

Kind weiß, dass es sich für seine Fehler nicht schämen

tive, physische und soziale Faktoren wie Erfolg, soziale

muss, weil es aus ihnen lernt, ist ebenso wichtig wie

Anerkennung, Mitbestimmung und Selbstwirksamkeit

der Ansporn zur Leistung.

einfließen und sich gegenseitig bedingen. Das schwingt letztlich auch mit, wenn wir als Deutsche Kinder- und

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wonnen. Eine konstruktive Fehlerkultur, in der ein

Nach dem Ansatz des Wellbeing wird Schule demnach zu einem Ort, an dem sich junge Menschen wohl

Jugendstiftung (DKJS) davon sprechen, dass Bildung

und geborgen fühlen. Sie werden dort in ihrer Persön-

aus Perspektive der Kinder und Jugendlichen gedacht

lichkeit gestärkt, können ihre Potenziale entfalten und

werden muss.

Kompetenzen erwerben, die für ein selbstbestimmtes MAGAZINE — Innovation

Foto: dkjs/Danny Ibovnik

Warum wir mit Schulen über Wellbeing nachdenken


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