
4 minute read
Die Macht der Vorbilder
Foto: Moritz Mumpi Künster
10 Stunden – 10 Frauen: Am Internationalen Frauentag hat »radioeins« ein Experiment gewagt und 10 eindrucksvollen Frauen das Mikro überlassen
Advertisement
Von Diane Arapovic
Seit 2019 ist der Internationalen Frauen- tag am 8. März in Berlin ein gesetzlicher Feiertag. Auf »radioeins« ist es fast schon Tradition rund um dieses Datum die Themen Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit besonders ins Programm zu heben. Doch in diesem Jahr klang das Radioprogramm etwas anders – vor allem viel persönlicher.
Für Comedienne Carolin Kebekus wäre eine Karriere auf der Bühne undenkbar gewesen, ohne die Frauen, die vor ihr da waren. »Alle große Komiker, über die alle gelacht, als ich ein Kind und Jugendliche war, waren immer Männer«, sagt sie. »Ich brauchte unbedingt Vorbilder wie Gerburg Jahnke, Anke Engelke, Maren Kroymann oder Gaby Köster, die mir gezeigt haben, dass das auch ein Beruf ist, den ich machen kann. Das war total wichtig.« Heute ist Kebekus eine der erfolgreichsten und bekanntesten Komikerinnen im Land.
Diese und andere persönliche Geschichten hat Carolin Kebekus in diesem Jahr auf »radioeins« mit den Hörer*innen geteilt. Nicht wie sonst üblich in einem kurzen Interview als Gast, sondern als Moderatorin ihrer eigenen Sendung, deren Themen und Gesprächspartner*innen sie selbst auswählen durfte. Kebekus war eine der zehn Frauen, die am Internationalen Frauentag auf »radioeins« als Gast-Moderatorinnen zu hören waren. Außergewöhnliche Frauen, die Unglaubliches geleistet haben, beharrlich für etwas kämpfen oder Geschichten zu erzählen haben, die gehört werden müssen. Frauen, die außerdem noch etwas eint: Sie setzen sich in besonderem Maße für andere Frauen ein oder nutzen ihre Prominenz um für mehr weibliche Repräsentanz zu sorgen.

Am 8. März 2022, dem Internationalen Frauentag, zählte auch Carolin Kebekus zu den Gastmoderatorinnen bei »radioeins«
Sie alle sollten an diesem Tag von 9 bis 19 Uhr die Möglichkeit bekommen, ihre eigenen Themen zu setzen und mit Menschen zu sprechen, die sie bewundern oder denen sie Gehör verschaffen wollen. Entstanden sind dabei ganz persönliche Radiostunden, die überraschend, ehrlich, berührend, unterhaltsam und vor allem einzigartig klangen.
So interviewte Berliner Fußballweltmeisterin Ariane Hingst Natalie Geisenberger, die mehrfache Olympiasiegerin im Rodeln über die Herausforderung nach der Geburt ihres Kindes wieder auf Weltklasseniveau durchzustarten. Raumfahrtexpertin Claudia Kessler, die seit Jahren dafür kämpft, die erste deutsche Astronautin ins All zu schicken, tauschte sich mit der ehemaligen Bundestagspräsidentin und Bundesministerin Rita Süssmuth darüber aus, wie frau sich in einem männerdominierten Bereich durchsetzt. Und die Berliner Chirurgin Dr. Cornelia Strunz, die sich im Desert Flower Center um Opfer von Genitalverstümmelung kümmert, befragte neben ihrem eigenen Chef und Gründer der Spezialklinik, auch Meeresforscherin Dr. Antje Boetius, was wir als Gesellschaft von Meerestieren lernen können.
Schauspielerin Maren Eggert sprach in ihrer Sendestunde mit Kulturstaatssekretärin Claudia Roth und Musikerin Joy Denalane unterhielt sich mit einer Expertin über das oft tabuisierte Thema Geburt. Berührt hat viele Hörer*innen die Radiostunde von Menschenrechtsaktivistin und Politologin Düzen Tekkal, die von ihrer eigenen Familiengeschichte erzählte. Aufgewachsen in Deutschland als eines von elf Kindern einer jesidischen Familie, dankte sie in einem Interview besonders ihrer ältesten Schwester für die jahrelange Unterstützung, die es ihr erst ermöglicht hatte, heute eine der aktivsten Menschenrechtlerinnen in Deutschland zu sein. Und natürlich führte an diesem Tag auch kein Weg daran vorbei über den furchtbaren Krieg in der Ukraine zu sprechen. Künstlerin Yevgenia Belorusets, die normalerweise in Berlin und Kiew lebt, berichtete darüber, wie es ist als Frau derzeit in Kiew auszuharren. Schilderungen, die so schnell nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Eins wurde dabei immer wieder klar an diesem Tag: Wir alle brauchen Vorbilder, denn sie ermutigen uns, zeigen was möglich ist und spornen uns an, weiterzugehen oder Neues zu wagen. Diese Frauen und ihre Geschichten haben das in ihren einzigartigen Radiostunden immer wieder eindrucksvoll bestätigt.
Natürlich hat auch Comedienne Carolin Kebekus eines ihrer großen Vorbilder interviewt. Gerburg Jahnke erzählte im Gespräch von ihren Anfängen als Teil des Frauenkabarettduos »Missfits« vor gut 35 Jahren. Einer Zeit, in der für mehr als eine Frau in einer Show oft kein Platz war, geschweige denn eine reine Kabarettsendung nur mit Frauen zu besetzen nahezu unmöglich. Dank vieler großer Vorbilder und inspirierender Vorreiterinnen heute zum Glück eher eine Ausnahme – auch wenn sicherlich noch einiges zu tun ist. n
ZUR AUTORIN
DIANE ARAPOVIC ist Programmmanagerin bei »radioeins«, eine abwechslungsreiche Aufgabe. Als Chefin vom Dienst koordiniert sie das Tagesprogramm im Radio, als Redakteurin begleitet sie die Produktion verschiedener Podcasts, wie kürzlich den Mehrteiler »Mein Freund Floh«. Und als Projektleiterin kümmert sie sich gemeinsam mit »radioeins«-Kolleg*innen um außergewöhnliche Programmaktionen, wie zum Beispiel dem diesjährigen Sonderprogramm am Weltfrauentag. Die einzelnen Sendestunden dieses Tages können auf www.radioeins.de noch nachgehört werden. Foto: Daniel Coenen