Behörden Spiegel September 2025

Page 1


Zukunftsmusik

In Zeiten der Krise dominieren die Misstöne. Die Probleme liegen auf der Hand – über die richtige Lösungsstrategie wird gestritten. Dabei braucht es gerade jetzt ein gemeinsames und entschlossenes Vorgehen. Es gilt, den richtigen Ton zu treffen, um den Weg in eine harmonische Zukunft zu ebnen.

Mäßigt euch!

Von der Zurückhaltung im Staatsdienst (BS/Jonas Brandstetter) Beamtinnen und Beamte sind Staatsdiener und entsprechend zur Loyalität gegenüber der Bundesrepublik ver pflichtet. Das kommt jedoch keinem Maulkorb gleich. Auch Staatsbedienstete haben ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Allerdings ist die Grenze zwi schen Meinungsäußerung und der Pflicht zur Mäßigung nicht immer eindeutig.

Im Schlamm zwischen dröhnenden Gitarrenriffs und hämmernden Schlagzeugrhythmen standen vergangenen August Polizeibeamtinnen und -beamte aus Steinfurt und Dithmarschen. Sie verrichteten ihren Dienst auf dem Wacken Open Air. Dazu hatten sie ihren Dienstwagen mit der Regenbogenflagge geschmückt. Weil die Polizei das auf ihren Social-MediaPräsenzen veröffentlichte, wurde der Einsatz zum Politikum. Neben zahlreichen abwertenden und beleidigenden Kommentaren – sie zwangen die Polizei dazu, die Kommentarspalte zu schließen – monierten einige

Nutzerinnen und Nutzer, dass die Beamtinnen und Beamten sich über die ihnen auferlegte Pflicht zur Neutralität hinweggesetzt hätten. Dieses Ereignis reiht sich ein in eine seit Monaten schwelende Debatte um die Frage, wie neutral Staatsbedienstete zu sein haben. Die Regenbogenflagge war dabei sowohl auf dem Metal-Festival als auch im Bundestag Stein des Anstoßes. Grund genug, sich der Frage zu widmen, was Mäßigung und Neutralität im Dienst bedeuten.

Der dreifache Rechtsrahmen Eine eindeutige rechtliche Basis, wie sich Staatsdienerinnen und Staatsdiener zu politischen Fragen äußern dürfen, existiert nicht. Vielmehr gibt es derer drei. Im Soldaten-, Beamten- und Richterrecht (Paragraf 15 Soldatengesetz, Paragraf 33 Abs. 2 BeamtStG und Paragraf 60 Abs. 2 BBG) finden sich jeweils unterschiedliche Regelungen. So stellt das Soldatengesetz klar, dass sich Soldatinnen und Soldaten im Dienst „nicht zugunsten oder zulasten einer bestimmten poli-

Adressfeld Titelbild: BS/Hoffmann unter Verwendung

tischen Richtung betätigen“ dürfen. Außerdem ist es Angehörigen der deutschen Streitkräfte untersagt, sich bei politischen Veranstaltungen in Uniform zu zeigen oder als Vorgesetzte die Untergebenen politisch zu beeinflussen. Für Richterinnen und Richter gilt wiederum die Maßgabe, sich „innerhalb und außerhalb [ihres] Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, daß (sic) das Vertrauen in [ihrer] Unabhängigkeit nicht gefährdet wird.“ Für Beamtinnen und Beamte ist unter Paragraf 33 Grundpflichten vermerkt, dass sie dem ganzen Volk und nicht einer Partei dienen. Ihre Aufgabe sollen sie folgerichtig unparteiisch erfüllen. Bei politischer Betätigung ist „diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.“ Diese Aussage lässt Raum für Interpretation. Damit steht das BeamtStG nicht allein. So stellt auch das Soldatengesetz klar, dass innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen „während der Freizeit das Recht der freien Meinungsäußerung seine Schranken an den Grundregeln der Kameradschaft“ findet. Die Soldatin oder der Soldat habe sich so zu verhalten, dass „die Gemeinsamkeit des Dienstes nicht ernstlich gestört wird.“ Anders gestaltet sich die Lage bei den Volks-

vertreterinnen und Volksvertretern. Zwar gibt es auch für sie einen eigenen gesetzlichen Rahmen.

Sonderfall Bundestag Im Bezug auf die Debatte um das Tragen politischer Symbole im Bundestag ist diese jedoch nur wenig aufschlussreich. So bezieht sich Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) bei ihrem Verbot, politische Symbole im Bundestag zu zeigen, nicht auf dieses Gesetz. Vielmehr zieht sie die Hausordnung des Deutschen Bundestages zur Rechtfertigung heran. Tatsächlich findet sich dort ein Passus, der das Verhalten im höchsten Haus der deutschen Demokratie regelt. Darin findet sich zunächst viel Naheliegendes: Es ist verboten, Waffen, Munition, Sprengstoffe oder andere gefährliche Stoffe im Bundestag mitzuführen. Klar geregelt ist außerdem, dass das Anbringen von Plakaten oder Ähnlichem, die außerhalb des Gebäudes sichtbar sind, untersagt ist. Bei der Kleiderordnung ist hingegen Interpretationsgeschick gefragt: „Die Kleidung und das Verhalten müssen der Würde des Hauses entsprechen“, heißt es in der Hausordnung. Zur Causa Regenbogenflagge ist die Meinung von Prof. Markus Thiel von der Deutsche Hochschule der Polizei eindeutig. Als Zeichen der Toleranz und Akzeptanz stelle sie keinen Verstoß gegen die Mäßigungspflicht dar.

Kölsch, Kohle, Karneval In Nordrhein-Westfalens Kommunen wird gewählt. Zwischen Köln, Düsseldorf und dem Ruhrgebiet stehen Weichenstellungen an. Seite 14

IT als Stütze Claus Scholl, IT-Chef im Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), spricht über die Besonderheiten seiner Abteilung. Seite 25

Der Agent im Land Spionage- und Sabotageaktionen nehmen in Deutschland seit Jahren zu. Wie kann der Staat darauf reagieren? Seite 33

Nr. IX / 41. Jg / 36. Woche
Berlin und Bonn / September 2025

Alliierte

Veränderung lebt vom Tun Führung braucht Rückenwind

Digital, aber menschlich

OZG zwischen Bundessteuerung und kommunaler Verantwortung

Ehrenamt am Limit

Engagement mit Nachwuchsproblemen

Fliegen lernen

Mit dem Innovationslabor zur Drohnen-Kompetenz

Folgen Sie diesem Icon: Dieses Icon finden Sie auf mehreren Seiten der aktuellen Ausgabe Es zeigt an, dass es sich bei dem jeweiligen Beitrag um einen Schwerpunktartikel zum Thema „Zukunftsmusik“ handelt

Kommentare

Mit der Axt gegen die Beamten

(BS) Der CDU-Generalsekretär

Carsten Linnemann äußerte kürzlich, dass nur noch in klassischen hoheitlichen Aufgaben verbeamtet werden solle: Polizei, Justiz, Finanzverwaltung. Damit liegt er grundsätzlich nicht falsch. In den Römischen Verträgen zur Gründung der EU ist das genauso formuliert. Hoheitliche Aufgaben sind von staatlich besonders beliehenen Beschäftigten, eben Beamten, auszuüben. Linnemann hatte schon vor der Bundestagswahl erklärt, auf die Beamten brauche die CDU keine Rücksicht mehr zu nehmen, weil sie nicht mehr eine Kernwählerschaft darstellten. Doch auch bei der SPD lenkte die Arbeitsministerin um, als sie forderte, alle Beamten sollten in die gesetzliche Rentenversicherung –nebst Freiberuflern und Selbstständigen. Rein rechnerisch lohnt sich das nicht, maximal Anwärter könnte diese Regelung erreichen. Für diese würden dann Arbeitgeberabgaben für die Altersversorgung anfallen. Zudem nähme die Attraktivität des Staates als Arbeitgeber ab. Einzelne Abgeordnete gießen weiteres Öl ins Feuer: Die Rente eines Arbeitnehmers ergebe sich aus dem Median seines gesamten beruflichen Einkommens, der Pensionshöhe der Beamten liege die letzte Besoldungsstufe zugrunde. Im Beamtenrecht heißt es, dass eine amtsangemessene Alimentierung auch

Wer hoch stapelt

Impressum

Der Behörden Spiegel wird verlegt von der ProPress Verlagsgesellschaft mbH. www.behoerdenspiegel.de

Herausgeberin und Chefredakteurin Dr Eva-Charlotte Proll

Stellvertretender Chefredakteur Guido Gehrt

Leiterin der Berliner Redaktion Anne Mareile Moschinski Leiter der Bonner Redaktion Bennet Biskup-Klawon Aktuelles Öffentlicher Dienst Ann Kathrin Herweg, Sven Rudolf, Hans-Jürgen Leersch

Kommune Julian Faber, Scarlett Lüsser

Digitaler Staat Christian Brecht, Paul Schubert, Frederik Steinhage, Anna Ströbele Sicherheit & Verteidigung Jonas Brandstetter, Thomas Hönig, Mirjam Klinger, Lars Mahnke, Klaus Pokatzky

Sonderkorrespondenten BOS Gerd Lehmann

Online-Redaktion Tanja Klement

Parlamentsredaktion Berlin

Tel 030/726 26 22 12, Fax 030/726 26 22 10

Zentraler Kontakt

53113 Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 57 Tel 0228/970 97-0

Verlag Berlin 10317 Berlin, Kaskelstr 41 Tel 030/55 74 12-0

Geschäftsführung Dr Fabian Rusch

Anzeigenleitung Dr Fabian Rusch

Layout Fabienne Besold, Yonca Bilgi, Marvin Hoffmann, André Offenhammer Satz Spree Service und Beratungsgesellschaft mbH, Berlin & ProGov GmbH, Bonn Druck Weiss-Druck GmbH & Co KG, Hans-Georg-Weiss-Straße 7, 52156 Monschau Herausgeber- und Programmbeirat Dr h c Uwe Proll (Vorsitz)

Im Falle höherer Gewalt und Störungen des Arbeitsfriedens besteht kein Anspruch auf Belieferung Für unverlangt eingesandte Manuskripte keine Gewähr Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen (auch Werbeeinschaltungen) sind urheberrechtlich geschützt Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar Auflagenkontrolle durch IVW (www ivw de) Jahresabonnement 9,80 Euro (12 Ausgaben inkl Porto und MwSt )

Erfüllungsort und Gerichtsstand Bonn Altpapieranteil 100 Prozent

Für Bezugsänderungen:

(BS) Bundeskanzler Merz hatte schon im Mai angekündigt, dass im Sommer Veränderungen zu spüren sein werden. Was hat sich nach 100 Tagen Bundesregierung getan? Sind Veränderungen zu Spüren oder geht es weiter wie bisher? Wie sieht es also nach 100 Tagen aus, Beliebtheitswerte im Keller und die vom Kanzler selbst versprochene spürbare Veränderung zum Sommer in Deutschland bleibt aus. Zumindest fühlt niemand eine Veränderung in unserem Land. Wer hoch stapelt, kann tief fallen. Hundert Tage sind nicht genug, um wirklich eine spürbare Veränderung herbeizuführen, außer man schmeißt unüberlegt mit Dekreten um sich. Dennoch bleibt die Frage: Was hat die neue Bundesregierung erreicht?

Eine Übersicht des Kabinetts zeigt deutlich: Tiefgreifende Veränderungen sind an vielen Ecken noch nicht da, vielmehr handelt es sich häufig eher um Vorbereitungen. Zwar sind Gesetze teilweise auf den Weg gebracht worden, wie das Vergabe-

5

12

13

36

in der Pension weiterzuführen ist. Das BVerfG hat dazu schon mehrfach gesprochen und wird das auch nochmals tun.

In diese Gerechtigkeitsdebatte ohne ökonomischen Sinn platzt der Vorschlag des Pestel Instituts, Beamte sollten fünfeinhalb Jahre länger arbeiten. Sie gingen mit 65 regulär in Pension und bezögen für durchschnittlich 21,5 Jahre Pensionen, die höher als die durchschnittliche Rente ausfielen. Durch einen späteren Pensionseintritt solle die höhere Lebenserwartung kompensiert werden.

Diese Debatte ist absurd. Sie ist getragen von einem Generalangriff auf die Beamtenschaft. Gerade die hoheitlichen Aufgaben der Polizei, der Feuerwehr und von Lehrerinnen und Lehrern sind mit enormer Belastung verbunden. Es sind Verschleißberufe, deren politische Wertschätzung zu wünschen übrig lässt. Bei Polizei und Feuerwehr werden zudem bei der Einstellung körperliche Top-Voraussetzungen gefordert, anders als in der privaten Wirtschaft. Denkt man an die Auflistung des CDU-Generalsekretärs, müsste differenziert werden zwischen Verwaltungsjobs und dem Dienst draußen: eine abenteuerliche Vorstellung. Die Debatte ist ein Vorgeschmack auf die anstehenden Verteilungskämpfe.

beschleunigungsgesetz, aber diese müssen bisweilen noch durch Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Auch bei einem Blick auf die Investitionen bleibt festzuhalten, dass viel geplant wird (ob nun Investitions-Booster oder Modernisierung der Infrastruktur), aber spürbare Veränderungen noch nicht da sind. Gleiches gilt für Vorhaben wie den Bau-Turbo oder den Bürokratieabbau. Nun brauchen diese Themen einfach Zeit und hundert Tage sind ein wenig knapp, um die Wirtschaft zu stärken. Da hat Herr Merz vielleicht etwas zu hoch gepokert.

Bei der Migrationspolitik hingegen gab es direkt zu Beginn einen Kurswechsel mit Action: Grenzkontrollen und die Rücknahme mehrerer Gesetze wie der erst kurz vorher verabschiedeten beschleunigten Einbürgerung. Doch gerade in dem Gebiet, wo Veränderungen spürbar waren und sind, will es weder mit der Zustimmung vonseiten der ganzen Bevölkerung noch juristischen Erfolgen so recht klappen. Und was wir den Integrationssystemen erlassen, sollte nicht in Mehrarbeit für die Polizei enden. von Sven Rudolf

von Dr. h.c. Uwe Proll

Mit der Überschreitung der 400 Milliarden Grenze sind die Personalausgaben des öffentlichen Sektors seit 2014 um mehr als 60 Prozent gewachsen. Dennoch fehlt es an vielen Stellen an Personal, um dem Verwaltungsaufwand zu bewältigen. Nach Aussage des DBB sind aktuell mehr als 600.000 Stellen unbesetzt. Die größten Lücken finden sich dabei bei Lehrkräften, Pflegekräften und in der Kommunalverwaltung die gemeinsam etwa 50 Prozent der vakannten Stellen aufweisen. Potenziell nimmt die Zahl der fehlenden Kräfte langfristig sogar noch weiter zu schätzt der DBB.

Digitalisieren aber womit

Damit aber die Personalkosten nicht noch weiter in die Höhe schießen muss die Verwaltung modernisiert werden. Digitalisierung gilt weiterhin als Hoffnungsträger einer schlankeren Verwaltung. DBB-Bundesvorsitzender Volker Geyer äußerte die Erwartung an die Bundesregierung, dass sie künftig bei jeder neuen Aufgabe, die sie an Länder

Und noch ein Meilenstein

Von Finanzen und Personalkosten

(BS/amm/sr) Über 400 Milliarden Euro für Personal im öffentlichen Sektor, dieser Wert machte Schlagzeilen als aus Zahlen des statistischen Bundesamtes hervorging, dass die Personalkosten der Verwaltung in Deutschland diese rekordverdächtige Marke geknackt haben. Dabei sind die hohen Ausgaben nicht einzige Höchststand in der öffentlichen Verwaltung.

oder Kommunen überträgt, gleichzeitig eine digitale Lösung anbietet, um diese Aufgabe effizient zu bewältigen. Doch die Digitalisierung muss

mit Strukturveränderungen und Investitionen einhergehen, damit sie die erwünschten Erfolge erbringt. Während die Kosten und Inves-

Gesundheit!

Eine Kolumne von Ralph Heiermann Erleidet der Einzelne einen Unfall oder steckt sich mit einer Krankheit an, ist dies immer ärgerlich, manchmal leider auch höchst gefährlich. Geschieht der Unfall während der Dienstzeit oder infiziert sich der Beschäftigte sich bei der Arbeit, genießt dieser grundsätzlich den besonderen Schutz und die Fürsorge nach Dienstunfallrecht bzw. nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung. Davon dürfen alle Beschäftigten auch im Öffentlichen Dienst ausgehen. Entscheidend ist jedoch der Einzelfall! Wie schwierig die Frage eines Anspruchs auf Dienstunfallschutz zu beantworten ist, zeigt exemplarisch eine aktuelle Entscheidung des

Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 26. Juni 2025 - 2 A 10/24 –).

Ein Beamter des BND entwickelte auf einer Auslandsdienstreise typische Symptome einer Corona-Infektion. Die Tests bestätigten die Annahme und nach Rückkehr aus dem Ausland folgt eine Dienstunfallanzeige, in der der Beamte die Infektion auf eine vor Antritt der Dienstreise gemeinsam im Büro mit seinem Vorgesetzten durchgeführte Videokonferenz zurückführt. Beide hatten keine Maske benutzt. Der Vorgesetzte wurde im Anschluss positiv auf das Corona-Virus getestet.

Der BND lehnte die Anerkennung der Infektion als Dienstunfall ab und das Bundesverwaltungsgericht

Dr. Ralph Heiermann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Arbeitsrecht und besitzt eine Kanzlei in Hannover. Er berichtet an dieser Stelle regelmäßig über arbeitsrechtliche Entwicklungen in der Verwaltung und die aktuelle Rechtsprechung. Foto: BS/privat

bestätigte die Entscheidung des Dienstherrn. Die Anerkennung als Dienstunfall setzt voraus, dass der Unfall in Ausübung des Dienstes eingetreten ist. Für den damit erforderlichen und von dem Beamten zu führenden Nachweis des Ursachenzusammenhangs genügt nicht, dass eine Ansteckung während des Dienstes als plausible Möglichkeit aufgezeigt wird. Der Kläger konnte sich nicht auf Beweiserleichterungen für die Anerkennung des Dienstunfalls berufen, weil solche Beweiserleichterungen aus der Berufskrankheitenverordnung nur für die dort genannten Fälle einer Tätigkeit im Gesundheitsamt, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium gewährt werden, in denen typischerweise Beschäftigte einer Infektion mit dem Corona-Virus besonders ausgesetzt sind.

Ursache Dienstausübung

Die Entscheidung zeigt nur ein Problem des Dienstunfallrechts auf, nämlich die Frage der wesent-

titionen auch abseits der Digitalisierung immer weiter zunehmen erhöht sich auch das Defizit, das sich vor allem in den kommunalen Kassen bildet. Wie der erschienene Kommunale Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung und dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) zeigt, lag das Defizit der Städte und Gemeinden im vergangenen Jahr bei 24,8 Milliarden Euro, ein weiterer Rekord.

Strukturelle Probleme bleiben weiter ungelöst   Bertelsmann-Vorständin Brigitte Mohn konstatiert, das Rekorddefizit der Kommunen markiere „eine Zeitenwende, die die finanzielle Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden nachhaltig infra-

ge stelle“. Dabei fällt der Blick der Studienautoren auf die kommenden Jahre ebenfalls pessimistisch aus. Die strukturellen Probleme, beispielsweise im Bereich der Sozialausgaben, seien weiterhin ungelöst. Die Inflation erhöhe das Ausgabenniveau dauerhaft, während die Konjunktur schwach bleibe. „Kommunen schultern über 50 Prozent der öffentlichen Investitionen und sind wichtig für den sozialen Zusammenhalt“, betont Mohn und erklärt weiter: „Wir brauchen eine Staatsreform, weil die Kommunen diese wichtigen Aufgaben sonst nicht mehr wahrnehmen können.“ Der Bund müsse „eindeutige Finanzierungsverantwortung“ übernehmen.

Als Lösungswege führt der Report verschiedene Finanzierungs-Ansätze an, beispielsweise ein gemeinsames Bund-Länder-Sondervermögen oder ein privat-öffentlicher Zukunfts- und Transformationsfonds. Auch Finanzierungsmöglichkeiten über eine neue Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz und Klimaanpassung werden diskutiert.

lichen Ursächlichkeit der Dienstausübung. Ort und Zeitpunkt des Unfallereignisses müssen sich bestimmen und der Dienstausübung zuordnen lassen. Das ist gerade bei einer Infektion schwierig, die man sich genauso gut im privaten Umfeld zugezogen haben kann. Der Dienstherr kann nicht für jede Sommergrippe verantwortlich sein. Es gibt Tätigkeitsbereiche, in denen man typischerweise einem besonderen Risiko bestimmter Krankheiten ausgesetzt ist. Ein Beispiel hierfür sind Zeckenbisse bei Förstern, die nicht nur im Verwaltungsdienst eingesetzt sind. Entsteht in diesen Fällen eine Infektion mit Borrelien, muss wegen des berufsgruppentypischen Infektionsrisikos regelmäßig nicht der schwierige Beweis der Ursächlichkeit eines Zeckenbisses im Dienst geführt werden. Schwierig wird es deshalb aber in anderen Fällen einer derartigen Infektion, etwa bei Lehrkräften, Vermessern, Postzustellern oder Polizeibeamten.

In jedem Fall ist es wichtig, sofort nach einem Zeckenbiss im Dienst

den Arzt aufzusuchen und die Zecke ordnungsgemäß zu Beweiszwecken (ist sie mit dem Erreger infiziert?) aufzubewahren. Das geschieht häufig nicht, weil der Zeckenbiss zunächst als harmlos angesehen wird und sich Infektionsfolgen erst später zeigen. Zudem werden mögliche Infektionsfolgen oft zunächst nicht mit dem Zeckenbiss in Verbindung gebracht. Dann kann die Beweisführung selbst für Förster schwierig werden!

Unfälle immer Melden

Weiter gilt in allen Fällen eines potentiellen Dienstunfalls unabhängig davon, ob sich gesundheitliche Folgen bereits einstellen oder (noch) nicht, dass ein Dienstunfall innerhalb der Ausschlussfrist von zwei Jahren gemeldet werden muss. Viele Dienstunfallverfahren scheitern bereits an diesem leicht zu erfüllenden formalen Erfordernis. Die sich anschließenden, regelmäßig nur nach den Einzelfallumständen zu beantwortenden Fragen können dann unbeantwortet bleiben.

Aktuelles aus dem Arbeitsrecht
Nicht jeder Rekord kann als Preisverdächtig angesehen werden. Foto: BS/ pohjakroon, pixabay.com

D as Emirat Katar bot dem USPräsidenten eine ca. zehn Jahre alte Boeing 747-8 als neue Regierungsmaschine gratis an. Geschäftsmann Donald Trump nahm diese Offerte an. Ferner erhielt Trump beim Antrittsbesuch von Bundeskanzler Friedrich Merz am 5. Juni 2025 eine Kopie der historischen Geburtsurkunde seines deutschen Großvaters Friedrich überreicht. Diese Schenkungen juristisch auf Grundlage der USamerikanische Rechtslage einzuordnen, eröffnet die Möglichkeit, einmal die maßgeblichen Bestimmungen für deutsche Amtsträger näher zu betrachten.

Nur mit Zustimmung des Senats Nicht nur beim politischen Gegner, sondern auch bei Trumps republikanischer Partei sorgte die Ankündigung, das Flugzeug aus Katar anzunehmen, für Unbehagen. Neben den tatsächlichen Schwierigkeiten, das herkömmliche Verkehrsflugzeug auf den sicherheitsmäßig adäquaten Standard einer Regierungsmaschine aufzurüsten, bestehen insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken. Diese ergeben sich unmittelbar aus Art. I Abschnitt 9 der amerikanischen Verfassung: „Niemand, der ein besoldetes oder Vertrauensamt unter der Hoheit der Vereinigten Staaten bekleidet, soll ohne Zustimmung des Kongresses ein Geschenk […] irgendeiner Art von einem […] fremden Staat annehmen.“

Die sog. „Foreign Emoluments Clause“ verbietet US-Amtsträgern die Annahme unentgeltlicher Zuwendungen fremder Staaten ohne ausdrückliche Zustimmung der beiden Kongresskammern (Senat und Repräsentantenhaus). Die Klausel umfasst jede Art von Gewinn, Vorteil oder Dienstleistung und bezweckt, dass ein Amtsträger nicht durch die Zuwendungen anderer Staaten beeinflusst wird, um fremden Mächten dadurch Vorteile zulasten der Vereinigten Staaten zu gewähren.

Dadurch würden sowohl die Schenkung des katarischen Flugzeugs als auch der deutschen Geburtsurkunde aufgrund fehlender

Belohnt, beschenkt, bestochen

Es gehört zum Kern unseres Rechtsstaats, dass der Bürger rechtlich nicht als Objekt, sondern als Subjekt gilt. Wesensgehalt der Grundrechte ist, dass der Bürger einen Anspruch darauf hat, dass der Staat seine Grundrechte (Freiheitsrecht, Eigentumsrecht etc.) wahrt. Es ist deshalb zweifellos ein Fortschritt und eine Weiterentwicklung rechtsstaatlicher Prinzipien, wenn Zahl und Umfang von Rechtsansprüchen des Bürgers gegenüber dem Staat zunehmen und sich auf Bereiche erstrecken, die für sein Leben wichtig sind. Wer wollte bestreiten, dass insbesondere Ansprüche auf Sozialleistungen, die die Existenz sichern, dem heutigen Staatsverständnis entsprechen.

Trotz Rechtsansprüchen unzureichende Infrastruktur

Ein Ausufern von Rechtsansprüchen gegenüber dem Staat kann aber für den Rechtsstaat und die Demokratie auch zu Nachteilen führen. Rechtsansprüche auf infrastrukturelle Leistungen wie Kitaplätze, Ganztagsschulen, Krankenhausbehandlungen auch für

Um die von Katar geschenkte 747-8 zu einer potenziellen Air Force One zu machen, müsste Präsident Trump noch eine Menge Geld investieren.

Foto: BS/Trevor Benbrook, stock.adobe.com

Zustimmung des Kongresses gegen die US-Verfassung verstoßen.

Geschenke im diplomatischen Rahmen

Die Übergabe von Gastgeschenken unter Staats- und Regierungschefs ist allerdings diplomatischer Usus. Damit Übergaben von Objekten der Höflichkeit ohne Weiteres möglich sind, hat der US-Kongress daher per Gesetz eine grundsätzliche Zustimmung für Geschenke erklärt, die einen Wert von 480 US-Dollar nicht überschreiten (5 U.S. Code Paragraf 7342). Die Annahme des Mitbringsels aus Deutschland im Wert weniger Euro ist ohne weitere Befassung des US-Kongresses möglich. Will der US-Präsident hingegen das katarische Flugzeug annehmen, bedarf es einer Zustimmung der Volksvertreter. Trump versucht in gewohnter Manier die „Foreign Emoluments Clause“ zu umgehen. Indem Katar das Flugzeug offiziell an das Pentagon bzw. die US-Luftwaffe übergibt, ist die Klausel aus seiner Sicht nicht einschlägig. Sein eigenes Ego ist für Trump wichtiger als Bedenken gegen die vermeintliche Verfassungswidrigkeit der Schen-

kung oder etwaigen Ermittlungen gegen ihn infolge von Korruptionsvorwürfen. Ein vermeintlich guter „Deal“ steht für den amtierenden US-Präsidenten eben über Recht und Gesetz.

Geschenke im deutschen Recht Das Grundgesetz (GG) enthält keine Regelung, die der amerikanischen Verfassungsklausel entspricht, gleichwohl ist die vollziehende Gewalt gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grungesetzes an Gesetz und Recht gebunden. Für die deutsche Regierung setzen die gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Annahme von Geschenken den verbindlichen Rahmen. Die Bestimmungen finden sich im Bundesministergesetz (BMinG), im Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre (ParlStG), im Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) sowie im Bundesbeamtengesetz (BBG). Nach Paragraf 5 Abs. 3 S. 1 BMinG haben die Mitglieder und ehemaligen Mitglieder der Bundesregierung, dieser über Geschenke, die sie in Bezug auf ihr Amt erhalten Mitteilung zu machen. Die Bundesregierung, die nach Art.

62 des Grundgesetzes aus Bundes kanzler und den Bundesministern besteht, entscheidet gemäß Paragraf 5 Abs. 3 S. 2 BMinG selbst über die Verwendung der Geschenke. Diese Regelungen gelten entsprechend für die Parlamentarischen Staatssekretäre über den Verweis in Paragraf 7 S. 1 ParlStG. Während und nach Beendigung des Beamtenverhältnisses dürfen Beamte des Bundes nach Paragraf 71 Abs. 1 S. 1 BBG und Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts nach Paragraf 42 Abs. 1 S. 1 BeamtStG keine Belohnungen, Geschenke oder sonstigen Vorteile für sich oder Dritte in Bezug auf ihr Amt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen. Über Ausnahmen bei Bundesbeamten entscheidet nach Paragraf 71 Abs. 1 S. 2, 3 BBG die oberste oder letzte oberste Dienstbehörde, wenn diese die Befugnis zur Zustimmung nicht auf eine andere Behörde übertragen hat. Für Ausnahmen bedürfen die übrigen Beamten nach Paragraf 42 Abs. 1 S. 2 BeamtStG

Zu viele Rechtsansprüche überfordern

Eine Kolumne von Dr. Gisela Meister-Scheufelen

Nichtversicherte oder Frauenhaus plätze führen zu einer finanziellen und administrativen Überforde rung der Länder und insbesondere der Kommunen. Rechtsansprüche auf individualisierte und nicht nur einrichtungsspezifische Leistungen für Behinderte, auf ständig steigen de gesetzliche Mindestlöhne oder auf einen Einkommensersatz bei Elternzeit führen zu einer Überforderung der Verwaltung und der öffentlichen Haushalte bei Bund, Ländern und Kommunen. Die schuldenfinanzierten Lösungsversuche belasten künftige Haushalte mit Fixkosten (Zinsen) und damit künftige Generationen.

Dr. Gisela Meister-Scheufelen ist Dozentin, Autorin und ehemalige Vorsitzende des Normenkonllrats Baden-Würt-

Foto: BS/privat

es nicht halten. Dem wird inzwischen nahezu jeder Bürgermeister und Landrat zustimmen. Die Vielzahl einklagbarer Rechte führen zu einer Überbelastung der Gerichte. Die Verwaltungen sind kaum noch in der Lage, den Rechtsvollzug sicherzustellen. Dies führt zu Ungerechtigkeiten.

les, traut ihm aber nichts zu“ (Wolfgang Schäuble).

Die Anspruchsmentalität schwächt Eigenverantwortung

der Zustimmung des gegenwärtigen bzw. letzten Dienstherrn. Daneben können sich deutsche Amtsträger i. S. d. Paragraf 11 Abs. 1 Nr. 2 Strafgesetzbuch (StGB) aufgrund der unrechtmäßigen Annahme von Zuwendungen wegen Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit (Paragraf 331 und 332 StGB) strafbar machen. Dem Korruptionsrisiko für deutsche Amtsträger im Zusammenhang mit Geschenken bzw. anderen Zuwendungen wird auch ohne verfassungsrechtliche Regelung durch die gesetzlichen Bestimmungen umfassend Rechnung getragen.

Ein weiteres Tabu Die klaren Vorgaben der „Foreign Emoluments Clause“ verfolgen den Zweck, ausländische Einflussnahme auf die US-Politik zu verhindern. Die Amerikaner sollen darauf vertrauen können, dass ihre Amtsträger ausschließlich zum Wohle der Nation entscheiden. Trump hat durch die Annahme der katarischen Boeing wieder einmal ein Tabu gebrochen. Selbst wenn es ihm gelingen sollte, das Geschenk als Gabe an die USA umzudeuten, ist bereits ein weiterer Schaden für das Vertrauen in seine Staatslenkung eingetreten. Fatal ist zudem das Signal für den Rechtsstaat in den USA. Augenscheinlich wird mit zweierlei Maß gemessen, da z. B. bei vermeintlich illegalen Immigranten eine strikte „Nulltoleranz“ bei Rechtsverstößen gilt, die Mächtigen im Lande, allen voran Präsident Trump, im Zweifelsfall aber sogar mit einem Verfassungsbruch davonkommen. Ein Grund mehr, in Deutschland jeder Form von Korruption entschieden und auf allen Ebenen entgegenzutreten.

Dr. Christian Frick ist Beamter im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung und zudem Oberstleutnant d. R. in der Heimatschutzkompanie Oberrhein. Dieser Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Autors wieder. Foto: BS/Eurocorps

Der Staat kann das Garantieversprechen nicht halten

Die Verpflichtung des Staates, u. a. eine gute Bildungs- und Sozialstruktur aufzubauen und zu unterhalten, reicht offensichtlich nicht. Die Politik unterlegt sie mit Rechtsansprüchen, um sie einklagbar zu machen und der Bevölkerung den Eindruck zu vermitteln, dass sie sich darauf verlassen kann. Der Staat gibt auf diese Weise ein Garantieversprechen ab. Und er kann

Wer Erwartungen nicht erfüllt, zerstört Vertrauen

Wer kennt das nicht aus seinem privaten Umfeld? Wer ständig etwas verspricht, dem glaubt man nichts mehr. Auf den kann man sich nicht verlassen. Genauso sieht auch der Bürger auf den Staat. Sein Vertrauen ist aber für die demokratische Gesellschaft und die politische Stabilität entscheidend: „Der Bürger erwartet vom Staat al-

Die soziale Marktwirtschaft setzt voraus, dass der Bürger eigenverantwortlich handelt und bereit ist, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Eine übermäßige Anspruchshaltung gefährdet das Gleichgewicht individueller Verantwortung und staatlicher Fürsorge. In den letzten 20 Jahren ist das Sozialbudget in Deutschland um knapp 47 Prozent auf 1,25 Billionen Euro gestiegen. Dem Bürger muss bewusst sein, dass die Gemeinschaft den Staat bildet und dessen Leistungsversprechen von den Bürgern selbst durch Steuerzahlungen oder Wohlstandsverzicht erfüllt werden müssen. Es ist fatal, wenn politische Entscheidungsträger den Eindruck erwecken, der Staat sei eine vom Bürger entkoppelte Leistungseinheit.

Die Anspruchsmentalität schwächt Risikobereitschaft

Wenn der Staat dem Bürger das Versprechen einer Vollkaskover-

sicherung gibt, nimmt er ihm die Motivation, Risiken eingehen zu wollen. Die Zahl der Gewerbeanmeldungen ist in den letzten 20 Jahren um 25 Prozent auf 716.000 zurückgegangen, ein sichtbares Zeichen mangelnder Risikobereitschaft. Ohne Risikobereitschaft stagnieren aber Wirtschaft und Gesellschaft. Es fehlt an Innovationen und damit an Fortschritt und an Anpassungsfähigkeit. Gesellschaften, die Risiken meiden, neigen zu Rückzugstendenzen und sind skeptischer gegenüber Neuem und Fremdem. Die Wechselwirkung von Angst und Sicherheitsversprechen Wer Risiken scheut, verlangt nach Sicherheit. Dies führt zwangsläufig zu mehr Bürokratie. In risikoaversiven Gesellschaften wächst der Wunsch nach staatlicher Kontrolle. Gleichzeitig hemmt der Staat die Risikobereitschaft, wenn er mit Regulatorik und Verwaltungsvollzug immer tiefer in den Alltag des Bürgers eindringt. Inzwischen – so das ifo Institut – stellt die Überregulierung aus der Sicht der Familienunternehmen den größten Wettbewerbsnachteil dar.

MODERNE VERWALTUNG MEISTERN

Professionelles Veränderungsmanagement ist längst kein Nice-to-have mehr – es ist eine Grundvoraussetzung für das Gelingen von Transformationsprozessen in der öffentlichen Verwaltung. Das hat auch das Innovationsbüro der Stadt Köln erkannt: Als interne Beratungseinheit unterstützt es die Dienststellen der Kölner Stadtverwaltung gezielt in Innovations- und Veränderungsprozessen.

Um Prozesse erfolgreich zu gestalten, braucht es eine Kombination aus klaren Projektstrukturen und gezielter Veränderungsbegleitung. Die Stadt Köln hat daher bereits im Rahmen einer umfassenden Verwaltungsreform Projektmanagementstandards eingeführt. Von Anfang an war dabei wichtig, dass Veränderungsmanagement nicht als Begleitmusik, sondern als fester Bestandteil gedacht wird. Eine zentrale Erkenntnis der Reform war, dass Führung in Veränderungsprozessen einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist. Ohne eine professionelle Führung, die hinter den Veränderungen steht, erfolgt keine erfolgreiche Transformation. Führungskräfte benötigen dafür das richtige Know-How sowie konkrete Instrumente, um ihr Team sicher durch den Prozess zu führen. Genau hier hat das Innovationsbüro mit neuen Formaten angesetzt.

Veränderung beginnt mit Führung Ein zentrales und recht neues Format des Innovationsbüros sind die Sprechstunden zum Veränderungsmanagement. Hier werden Führungskräfte und Projektleitungen in einem geschützten, kollegialen Rahmen zu ihren individuellen Herausforderungen beraten. Die Themen und Bedarfe sind oft sehr unterschiedlich: Sie reichen vom Umgang mit Widerstand, zu internen Kommunikationsplanungen bis hin zu Unsicherheiten im Projektverlauf. Die Sprechstunden eigenen sich daher sehr gut als Format und schaffen Raum für Reflexion, Orientierung und methodische Impulse. Darüber hinaus bietet das städtische Innovationsbüro Kurzschulungen direkt in Teams an. Diese dauern in der Regel bis zu drei Stunden und werden inhaltlich auf die jeweilige Zielgruppe – etwa Projektleitungen, Amtsleitungen oder Fachverantwortliche – zugeschnitten. Die Schulungen sind praxisnah und interaktiv gestaltet, sodass sie konkrete Impulse für den Arbeitsalltag liefern.

Ein ebenso wirkungsvolles, wie etabliertes Format ist das Führungskräfte-Innovationsnetzwerk der Stadt Köln denn für erfolgreiche Veränderung braucht es nicht nur fachliches Wissen, sondern auch Raum für Austausch und Vernetzung. Das Netzwerk existiert seit 2021 und findet derzeit monatlich im digitalen Raum statt. In kompakten, rund 90-minütigen Sitzungen erhalten interessierte Führungskräfte zunächst einen kurzen, fachlichen Impuls zu einem aktuellen Veränderungsthema – anschließend steht der kollegiale Erfahrungsaustausch

Veränderung lebt vom Tun

Führung braucht Rückenwind

(BS/Maik Dick/Nina Glet) Verwaltungsmodernisierung erfordert nicht nur neue Prozesse und Strukturen, sondern vor allem eins: Führungskräfte, die Veränderung verstehen, annehmen und aktiv gestalten. Das Innovationsbüro der Stadt Köln zeigt, wie professionelle Veränderungsbegleitung bei Führungskräften verankert werden kann.

Ohne die Führungskräfte können Veränderung und Verwaltungsmodernisierung nicht gelingen. Foto: BS/fotogestoeber, stock.adobe.com

dazu in Kleingruppen im Mittelpunkt. Die Gespräche sind offen, praxisnah und stärken die Verbindung zwischen Führungskräften aus unterschiedlichsten Bereichen der Kölner Stadtverwaltung. Inzwischen zählt das Netzwerk über 500 Mitglieder. Ein besonderes Highlight des Innovationsbüros ist der jährliche Innovationsgipfel – eine Veranstaltungsreihe für alle Führungskräfte der Stadt Köln, um zukunftsrelevante Themen bereits heute besprechbar zu machen. Der erste Innovationsgipfel fand zum Thema Künstliche Intelligenz statt und brachte rund 350 Führungskräfte zusammen, die sich mit KI im Verwaltungskontext auseinandersetzten. Der Innovationsgipfel im letzten Jahr in der Kölner Messe befasste sich mit Transformation im Kontext von Agilität, bei dem sich rund 500 Menschen zu Praxisbeispielen aus dem öffentlichen Dienst austauschten.

Drei Tipps für andere Verwaltungen

In den letzten Jahren hat das Kölner Innovationsbüro viele Unterstützungsformate ausprobiert, einige wieder verworfen und stetig angepasst. Die wichtigsten Erkenntnisse gibt dieses gerne weiter:

1. Veränderungsmanagement professionell planen und aufsetzen: Veränderungsmanagement muss Bestandteil des Projektmanagements sein und in die entsprechenden Projektmanagementstandards integriert werden. Veränderungskommunikation muss genauso professionell geplant und gesteuert werden wie die Sachthemen in Projekten.

2. Führungskräfte in ihrer Rolle stärken: Führungskräfte sind die Möglichmacher*innen von Veränderungen und daher in ihrer Rolle besonders gefordert. Dafür brauchen sie einen Handlungsrahmen und entsprechende Klarheit über Ziele, Rollen und Erwartungen. Sie müssen verstehen können, warum eine Veränderung angestoßen wird, welche Ziele damit verfolgt werden und was konkret von ihnen erwartet wird. Nur so können sie sich mit dem Vorhaben identifizieren und die Veränderung vorantreiben.

3. Formate anbieten, die sich in den Führungsalltag integrieren lassen: Damit Führung im Wandel gelingt,

braucht es praxisnahe Unterstützungsformate, die zum Führungsalltag passen. Besonders bewährt haben sich kompakte, digitale Angebote mit konkreten, praxisbe -

zogenen Impulsen. Oft bewirken schon kurze, kollegiale Beratungen sowie gemeinsame Auftragsklärungen große Denkanstöße. Letztendlich gilt: Wenn Führung

Sie arbeiten stets unter Hochdruck. Bei uns sind Sie hoch angesehen!

gelingt, gelingt Veränderung. Deshalb der Appell: Seien Sie mutig, verlassen Sie gewohnte Pfade und probieren Sie Neues aus. Statt auf das perfekte Schulungskonzept zu warten, lohnt es sich, mit ersten Angeboten zu starten und diese iterativ weiterzuentwickeln.

Mehr Informationen über die Arbeit des Innovationsbüros und weitere, innovative Projekte der Stadt Köln finden Sie unter www.innovativestadt.koeln.

Maik Dick ist Diplom-Verwaltungswirt, leitete ab 2017 die Verwaltungsreform #wirfürdiestadt und baute daraus das Innovationsbüro der Stadt Köln als Inhouse-Beratung für Innovation- und Veränderungsmanagement auf, das er heute leitet. Foto: BS/privat

Nina Glet ist Innovationsmanagerin im Innovationsbüro und verantwortet dort die Kommunikation des Büros. Sie prägte bereits seit 2019 die Kommunikation zur Verwaltungsreform. Foto: BS/privat

So gut und günstig sollten Beamte versichert sein

Als größter Versicherer im öffentlichen Dienst bieten wir Top-Tarife und bedarfsgerechte Angebote, die optimal zu Ihnen passen.

Unsere Krankenversicherung für Sie

� Faire Konditionen – Günstige Krankenversicherung für Finanzbeamte

� Attraktive Beitragsrückerstattung – Bereits ab dem 1. leistungsfreien Versicherungsjahr

� Maßgeschneidert – Passgenau auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten

Lassen Sie sich jetzt beraten. Ihren Ansprechpartner finden Sie unter huk.de/ansprechpartner

Behörden Spiegel: Herr Rotthaus, Sie vergleichen die derzeitige Personalsituation im Öffentlichen Dienst mit der Besteigung der Eigernordwand. Was meinen Sie damit?

Stephan Rotthaus: Das Bild der Eigernordwand steht für eine Herausforderung, die auf den ersten Blick kaum zu bewältigen scheint. Viele Behörden konzentrieren sich aktuell darauf, die ersten Engpässe zu meistern. Doch wenn wir den Blick heben, erkennen wir: Die eigentliche Herausforderung liegt noch vor uns. Besonders im Öffentlichen Dienst ist die Lage dramatisch, weil hier der Anteil älterer Beschäftigter besonders hoch ist. In vielen Verwaltungen und Behörden gehen in den nächsten fünf bis zehn Jahren ganze Jahrgänge in den Ruhestand, oft 30 Prozent oder mehr der Belegschaft. Das ist kein schleichender Prozess, sondern eine regelrechte Pensionierungswelle, die sich mit großer Wucht auswirkt. Kurzfristig auf dem externen Arbeitsmarkt zu rekrutieren, ist schwierig, weil die Konkurrenz um Fachkräfte enorm ist und die Nachwuchskohorten deutlich kleiner ausfallen. Wer jetzt nicht handelt, steht bald vor einer steilen Wand – und riskiert, dass zentrale Aufgaben der Verwaltung nicht mehr zuverlässig erfüllt werden können.

Behörden Spiegel: Wie kann Total Recruiting helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen?

Die Stimmung in Umfragen zur 100-Tage-Bilanz war denkbar schlecht. Gründe sind das Ausbleiben einer spürbaren Veränderung, unpopuläre Entscheidungen sowie Aussagen der Kabinettsmitglieder. Friedrich Merz selbst zieht eine positive Bilanz. Es sei ein Anfang gemacht worden und Deutschland sei wieder ein ernst zu nehmender Partner in Europa und der Welt. Gleichzeitig gab er zu, dass noch vieles zu tun sei. Das Ziel des Bürokratieabbaus kann dabei schon in den bei Redaktionsschluss noch nicht beschlossenen Gesetzen gefunden werden.

Prozesse Angestoßen

Das Thema der Entbürokratisierung ist seit Jahren Dreh- und Angelpunkt einer effizienten Verwaltung. Mit dem Vergabebeschleunigungsgesetz dem Bau-Turbo oder dem schnelleren Ausbau von Windkraft will die Bundesregierung hier nun erste Schritte tun. Dabei sollen Prozesse beschleunigt, Berichtspflichten abgeschafft oder Vorgänge digitalisiert werden. Kritik und Forderungen gibt es dennoch. Der Wirtschaft geht es nicht weit genug und die kommunale Verwaltung fühlt sich nicht abgeholt. So wird kritisiert, dass der europäische Rehtsrahmen in den vorgelegten

Die Länder zweifeln an, dass es dem G-BA zusteht, ihnen Vorgaben zu Mindestmengen bei medizinischen Verfahren oder Personal für medizinische Einrichtungen zu geben. „Die Klage sehen wir als notwendiges letztes Mittel, um die verbriefte Hoheit der Länder bei der Krankenhausplanung gegen wiederholte Eingriffe des G-BA zu schützen“, erklärte der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Bündnis 90/Die Grünen). Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) ergänzt, dass das Ergebnis auch ein wichtiges Signal an den Bund sein könnte.

Total Recruiting

Strategien gegen Personalmangel im Öffentlichen Dienst

(BS) Die Personalsituation im Öffentlichen Dienst ist heute bereits vielerorts sehr angespannt und wird sich – sofern man nicht entschieden gegensteuert – in den kommenden Jahren weiter verschlechtern. Stephan Rotthaus, ein international anerkannter Experte für Personalmarketing, hat den strategischen Ansatz des Total Recrutings entwickelt. Was sich dahinter verbirgt und wie der Öffentliche Dienst davon profitieren kann, erklärt er im Interview mit Guido Gehrt.

Stefan Rotthaus hat mit dem Ansatz des Total Recruitings eine neue Strategie für Personalmarketing, Recruiting und Mitarbeiterbindung entwickelt. Foto: BS/Sebastian Runge

Rotthaus: Total Recruiting setzt an mehreren Stellen an. Erstens: Die Prozesse müssen beschleunigt werden. Langwierige Ausschreibungen und Auswahlverfahren schrecken Talente ab. Digitale Tools und standardisierte Verfahren können hier Abhilfe schaffen. Zweitens: Der Öffentliche Dienst muss sein Employer Branding stärken. Viele Menschen wissen gar nicht, welche spannenden und sinnstiftenden Aufgaben es in Behörden gibt. Drittens: Die Mitarbeitenden selbst sollten

stärker in die Personalgewinnung eingebunden werden, etwa durch Empfehlungsprogramme. Und viertens: Es braucht eine strategische Personalplanung, die auf demografischen Analysen basiert, um frühzeitig auf Engpässe reagieren zu können.

Behörden Spiegel: Wo sehen Sie das größte Verbesserungspotenzial im Öffentlichen Dienst?

Rotthaus: Der Öffentliche Dienst erfüllt gesellschaftlich enorm wichtige Aufgaben – von der Sicherheit bis zur Daseinsvorsorge. Dieses Potenzial wird in der Außendarstellung oft unterschätzt. Behörden sollten viel stärker die Bedeutung ihrer Aufgaben kommunizieren. Es geht um sinnvolle und relevante Aufgaben! Das ist eine gute Botschaft, die auch junge Menschen anspricht. Wichtig ist: Der Öffentliche Dienst ist dem Personalmangel nicht ausgeliefert. Es gibt zahlreiche Hebel, um gegenzusteuern – von flexiblen Arbeitsmodellen über gezielte Ansprache von Rückkehrern bis hin zu einer besseren Begleitung im gesamten Personalzyklus.

100-Tage-Rückblick

Viele Projekte gestartet

Behörden Spiegel: Was können Behörden tun, die aktuell unter Druck stehen?

Rotthaus: Aktionismus bringt wenig. Entscheidend ist eine klare Personalstrategie, die alle Schritte, von der Personalbedarfsermittlung bis zum Off-Boarding, umfasst. Viele Organisationen reagieren zu kurzfristig oder setzen auf Einzelmaßnahmen wie Social Media-Kampagnen. Das reicht nicht. Es braucht eine strategische Leitidee, die alle Aktivitäten bündelt und messbare Ziele setzt, etwa die zeitnahe Vollbesetzung aller Stellen und die gezielte Auswahl der passenden Mitarbeitenden. Nur so lässt sich die Abwärtsspirale stoppen, bevor sie richtig Fahrt aufnimmt.

Behörden Spiegel: Können Sie konkrete Maßnahmen nennen, die Behörden sofort umsetzen können?

Rotthaus: Ich nenne Ihnen gerne drei Beispiele. Dazu gehört zuvorderst die Personalbedarfsprognose. Stellen- und Finanzpläne greifen hier zu kurz. Jede Behörde sollte eine einfache, aber belastbare Prognose

für die nächsten fünf Jahre erstellen. Wer geht wann in Rente? Wie entwickelt sich die Teilzeitquote? Das schafft Klarheit und gibt Zeit für gezielte Maßnahmen. Zweitens würde ich die Optimierung von Bewerbungsgesprächen empfehlen. Gespräche werden häufig unsystematisch und taktisch unklug geführt. Die diversen Mitarbeitervorteile sind den Führungskräften oft nicht bekannt und werden nicht richtig in Szene gesetzt. Durch eine optimierte Gesprächsstrategie können aus der gleichen Anzahl von Bewerbungen mehr Einstellungen generiert werden. Drittens sind systematische Austrittsgespräche eine kurzfristig umsetzbare Maßnahme, um die Gründe für Kündigungen zu verstehen. Diese Erkenntnisse können genutzt werden, um konkreten Handlungsbedarf zu erkennen und so die Fluktuation zu senken.

Behörden Spiegel: Was ist Ihre wichtigste Botschaft an Entscheidende im Öffentlichen Dienst?

Rotthaus: Sie sind der Entwicklung nicht ausgeliefert! Mit einer klugen Strategie, klaren Zielen und konsequenter Umsetzung können Sie die Attraktivität Ihrer Behörde deutlich steigern. Total Recruiting bedeutet, den gesamten Personalzyklus zu optimieren und alle Mitarbeitenden als Akteure einzubinden. Wer jetzt handelt, verschafft sich einen entscheidenden Vorsprung – und sichert die Zukunftsfähigkeit des Öffentlichen Dienstes.

(BS/sr) Bürokratie abbauen, die Wirtschaft ankurbeln, Infrastruktur auf Vordermann bringen, die Bundeswehr und den gesamten Sicherheitssektor auf den Ernstfall vorbereiten, Klimawende vorantreiben, Wohnungs- und Rentenkrise abwenden: Das sind die großen Baustellen, denen sich die Bundesregierung widmen wollte. Doch trotz Ankündigungen des Kanzlers im Mai ist noch keine Veränderung eingetreten.

Ob die Bundesregierung mit ihren bisherigen Bemühungen dem deutschen Volke dient, ist umstritten. Foto BS/vita, stock.adobe.com.

Entwürfen nicht vollständig ausgeschöpft worden sei. Die Thematik der Entbürokratisierung betrifft nicht zuletzt den Bereich der Sicherheit. Hier hat das Bundeswehr-Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz (BwPBBG) seinen Weg in die Novellierung gefunden und soll nach Prüfung gemeinsam mit einem größeren

Geldvolumen von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts dafür sorgen, dass die Bundeswehr schnell für den Verteidigungsfall bereit ist.

Wechsel der Migrationspolitik

Die Bemühungen von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt, möglichst schnell und effektiv eine Wende in der Migrationspolitik her-

beizuführen, indem er illegale Migranten an der Grenze abweist, sind bereits seit seinem Amtsantritt in Umsetzung. Neben den Grenzkontrollen hat sein Ministerium zudem Gesetzesentwürfe zur Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte und zur Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten durch Rechtsverordnung auf den Weg gebracht und sich für eine Rücknahme der Turboeinbürgerung eingesetzt. Für die Kontrolle der Grenzen sind zudem 3.000 bis 4.000 zusätzliche Polizeikräfte im Einsatz und es entstanden bis Juni Kosten von über 80 Millionen Euro. Der Einsatz lohne sich laut Dobrindt, denn die illegale Migration sei bereits stark zurück gegangen.

Soziale Themen außerhalb des Fokus

Bei den Themen zur Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger geht es hingegen etwas langsamer vo-

Drei für die Krankenhausplanung

Länder klagen gegen Vorgaben zum Personal (BS/sr) Mit der Krankenhausreform ist die Umgestaltung der Krankenhauslandschaft beschlossene Sache. Doch BadenWürttemberg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein klagen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen Eingriffe des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in ihre Krankenhausplanung.

Zwar stimmt Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) zu, dass Spezialisierungen und die Konzentration von hochkomplexen Leistungen sinnvoll seien. Sie sieht aber auch Bedarf bei der Flexibilität der Ausgestaltung, um die Versorgung unter regionalen Rahmenbedingungen gewährleisten zu können.

Konkret klagen die Länder gegen Vorgaben über die stationäre Versorgung von Frühchen, da sie hier Versorgungsengpässe aufgrund von Verschiebungen befürchten. Daneben richtet sich die Klage gegen die Erhöhungen der Mindesmengen bei Stammzellentransplantationen und zur Personalausstattung von stationären Psychiatrien und der

ran. Die Stromsteuer wird erst einmal nicht für Privatpersonen sinken und die sozialen Themen Gesundheit, Pflege und Rente kommen der Opposition zu kurz. Erste Reformvorschläge der Bundesregierung beinhalten eine Aktualisierung der Mütterrente und eine Vereinfachung der freiwilligen Arbeit nach Erreichen des Rentenalters sowie eine Bemühung zur Stabilisierung des Rentenniveaus bis 2031. Schlechtester Start

Die wenigen vorzuweisenden Projekte für Bürger sowie auch die enormen Summen, welche die Regierung in die Hand nimmt, sorgen für starke Kritik aus der Opposition. Die Linke bezeichnet den Start der Regierung einen der schlechtesten seit Langem und fordert mehr Fokus auf die Bürger statt die Wirtschaft.

Die Bürger sind ebenfalls nicht vom Start der Regierung überzeugt. Zur 100-tägigen Amtszeit, waren nach Umfragen nur rund 30 Prozent mit der Koalition zufrieden. Matthäus Fandrejewski, Vorsitzender der DBB-Jugend, sagte: „Mitunter habe ich den Eindruck, dass die Politik die Interessen der jungen Generation aus der Debatte ausklammert.“ Es bleibt, wie die Regierung selbst sagt, noch viel zu tun.

Psychosomatik. Die Landesministerinnen und Landesminister sind davon überzeugt, dass dem G-BA die Expertise fehlt, um die Versorgungsproblematiken in den jeweiligen Bundesländern zu überblicken. Der unparteiische Vorsitzende des G-BA, Professor Josef Hecken erklärte, dass es zwar das gute Recht der Länder sei, eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Vorgaben einzuholen. Er gab aber auch zu bedenken, dass es sich bei den Vorgaben des G-BA keinesfalls um Instrumente der Krankenhausplanung handele, sondern um Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die Patientinnen und Patienten. „Auch für Bundesländer, zu deren Aufgabe die Krankenhausplanung gehört, sollte der Schutz des Lebens vornehmste Aufgabe sein“, erklärte Hecken. Er verweist darauf, dass erst kürzlich das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg einer Entscheidung des G-BA zur Frühchen-Versorgung zustimmte.

Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation

Zweite Schlachtpforte 3

28195 Bremen

Telefon: 0421/361-8808

Fax: 0421/361-8717

E-Mail: office@wht.bremen.de

Homepage: www.wirtschaft.bremen.de

Die Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation

Senatorin Kristina Vogt

Abteilung Z Zentrale Dienste, Ressortstrategie

Jens Güse (komm.) -89456

Stephan Slopinski (komm.) -15028

Referat Z1 Personal

Stephan Slopinski -15028

Referat Z2 Haushalt

Jens Güse -89456

Referat Z3

Verwaltungsbehörde des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, europäische Wirtschafts- und Strukturpolitik

Thomas Schwender -2574

Referat Z4 Organisation, IT, Verwaltungsdigitalisierung

Dr. Thomas Knogge -11957

Referat Z5 Abteilungsübergreifende Aufgaben

Oliver Steck -2321

Abteilung 1 Wirtschaft

Dr. Dirk Kühling -8854

Referat 10 Gewerbeplanung, Regionalplanung, Geologischer Dienst

Simone Geßner -8706

Referat 11 Innenstadt- und Stadtteilentwicklung, Marketing, Tourismus, Veranstaltungsinfrastruktur

Dr. Christel Lübben -8772

Referat 12 Steuerung und Controlling der Beteiligungen

N.N.

Referat 13 Marktangelegenheiten

Joachim Ackermann -10287

Leiter Senatorenbüro Nils Hesse -59404

Pressesprecher Christoph Sonnenberg -82909

Erster Vertreter im Amt Staatsrat Häfen Kai Stührenberg -59421

Abteilung 3 Häfen und Logistik Dr. Iven Krämer -97572

Referat 30

Hafenordnungspolitik, Hafenabgaben und Gefahrgutbeförderung

Olivia Ilsemann -97573

Thorsten Bergt -97379

Referat 31 Hafenwirtschaft, -infrastruktur und Schifffahrt

N.N.

Referat 32 Umwelt- und Klimaangelegenheiten

Jochen Kreß -17117

Referat 33 Luftverkehr- und Flugplätze

Andreas Krüger -97574

Referat 34 Angelegenheiten Bremerhavens, Fischwirtschaft

Tim Boye -18073

Referat 35 Controlling und Beteiligungsmanagement

Fanny Spinnewyn -97585

Abteilung 4 Industrie, Innovation, Digitalisierung Hans-Georg Tschupke -23395

Referat 40

Industrie & Cluster

Carsten Ullrich -8853

Referat 41 Innovation und Digitalisierung

Bastian Müller -32292

Referat 42 Förderung & Finanzierung

Stefan Büssenschütt -8578

Referat 43 Luft- und Raumfahrtindustrie, Wasserstoffwirtschaft und Internationales

Christian Gutschmidt -6919

Abteilung 5 Gewerbeangelegenheiten

Dr. Christian Keller (komm.) -2510

Stabseinheit 5-1

Grundsatz- und Rechtsangelegenheiten

Dr. Christian Keller -2510

Referat 50 Gewerbeangelegenheiten

Kathrin Weippert -80190

Referat 01

Koordinierung, Politische Gremien

Detlef Brunßen -8830

Referat 02

Beteiligungsmanagement, Rechtsanagelegenheiten

Janine Lamot -10137

Referat 03

Innenrevision, Antikorruption und Datenschutz*

Dr. Urs Pochciol -89240

Zugeordnete Dienststelle: Port Authority Bremen /Hansestadt Bremisches Hafenamt (HBH)

*Externer Datenschutz- und Informationssicherheitsbeauftragter (ISB) Carsten Raschke, ITM Ges. für IT-Management mbH

Foto: BS/Paul Schneider
heitsbeauftragter (ISB): Carsten Raschke, ITM Ges.

Parallel zu den Haushaltsberatungen im September sollen letzten Hindernisse beseitigt sein und die Milliarden fließen können. „Wir wissen, dass wir einen über Jahre, wenn nicht über Jahrzehnte angestauten Erneuerungsbedarf in unserer Infrastruktur haben“, hatte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erklärt und auf das inzwischen geschaffene InfrastrukturSondervermögen verwiesen, mit dem über Kredite 500 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden sollen. 300 Milliarden will der Bund selbst in Infrastrukturmaßnahmen stecken, 100 Milliarden sollen für den Klimaschutz bereitgestellt werden, und 100 Milliarden sollen an die Länder und Kommunen für investive Maßnahmen gehen.

Wachsende FInanznot

Die Finanzspritzen sind dringender erforderlich denn je. Die Haushaltslage vieler Städte und Gemeinden wird auch von den eigenen Spitzenverbänden als dramatisch bezeichnet. Die Opposition bestätigt den Befund. Die Kommunen befänden sich in einer historischen Finanzkrise, heißt es etwa in einem Bundestagsantrag der Grünen. Der Fehlbetrag in den Haushalten der Städte und Gemeinden habe sich inzwischen auf 25 Milliarden Euro aufsummiert, rechnen die Grünen vor. Somit könnten „kaum die laufenden Kosten bezahlt, geschweige die benötigten Zukunftsinvestitionen in Höhe von aktuell rund 216 Milliarden Euro angestoßen werden. Es leiden öffentliche Angebote und es bröckelt die Infrastruktur“. Das Sondervermögen wird zwar allenthalben gelobt. Die Grünen konstatieren, dies habe der Bundesregierung einen Weg eröffnet, das Land zu modernisieren, in soziale Infrastruktur zu investieren und den Klimaschutz entschlossen voranzubringen. Jetzt habe die Bundesregierung die Riesenchance, das Leben der Menschen zu verbessern. Es sei außerdem dringend wie noch nie, die Klimakrise vor Ort anzugehen. Allerdings folgt sofort die Kritik: „Doch inzwischen ist

Die letzten Hürden nehmen

Infrastrukturvorhaben noch dieses Jahr

Noch

nicht einmal mehr sichergestellt, dass ein Mindestanteil der Mittel überhaupt vor Ort ankommt“, monieren die Grünen und werfen der Regierung vor, die Lösungsfindung in Arbeitskreise zu verschieben, die noch nicht einmal getagt hätten. Auch dem Bundesrat missfallen angeblich einschränkende Regelungen. „Die Länder und Kommunen müssen Investitionen ihren eigenen Prioritäten entsprechend umsetzen können“, fordert die Länderkammer.

Streit um Bürokratie und Steuerung

Der Entwurf des Länder-und-Kommunal-Infrastrukturfinanzierungsgesetzes (LuKIFG) enthält eine Reihe von Bestimmungen, die von den Ländern als zu bürokratisch empfunden werden. Dazu zählen etwa

Regelungen zur „Sicherstellung der zweckentsprechenden Mittelverwendung“. Auch Berichtspflichten der Länder sollen eingeführt werden. Außerdem wenden sich die Länder gegen die Vorschrift, dass sie „die Bedürfnisse finanzschwacher Kommunen besonders berücksichtigen“ müssen. „Die besondere Berücksichtigung finanzschwacher Kommunen ist ureigenes Interesse der Länder und Kommunen. Hierzu bedarf es keiner gesonderten Regelung durch ein Bundesgesetz“, heißt es in der Stellungnahme des Bundesrates. Auch der nordrheinwestfälische Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) sieht das so: „Es darf nicht zu einer zentralistischen Steuerung durch den Bund führen. Die Länder und Kommunen wissen selbst am besten, welche

„Die Länder und Kommunen wissen selbst am besten, welche Projekte vor Ort sinnvoll sind.

Marcus Optendrenk, Finanzminister Nordrhein-Westfalens

Projekte vor Ort sinnvoll sind. Zu viel Steuerung aus Berlin schafft nur bürokratische Monster“, warnt der CDU-Politiker.

Personalnot bremst Handlungsspielraum Zu viel Spielraum will die Koalition den Ländern und Kommunen jedoch nicht geben. Florian Oßner (CSU), Berichterstatter der Unionsfraktion im Bundestags-Haushaltsausschuss, erklärt: „Unser Ziel ist dabei, dass diese frischen Mittel das Gebot der ,Zusätzlichkeit’ erfüllen, also als zusätzliche Investitionen in unser Land dienen und nicht für konsumtive Zwecke missbraucht werden.“ Daher seien die Vorgaben notwendig, sie sollten aber so praxisgerecht wie möglich ausgestaltet sein. „Da sind wir sehr gesprächsbereit“, so Oßner Verteilt werden die Gelder für die Länder nach dem bei der Verteilung von Finanzmitteln üblichen Königsteiner Schlüssel. Der Königsteiner Schlüssel setzt sich zu zwei Dritteln aus dem Steueraufkommen und zu einem Drittel aus der Bevölkerungszahl der Länder zusammen. Er wird regelmäßig neu berechnet. So soll etwa Nordrhein-Westfalen rund 21

(BS/Hans-Jürgen Leersch) Länder und Kommunen warten dringend auf die von der Bundesregierung zugesagten Milliardenbeträge zur Sicherung und Verbesserung der Infrastruktur. Die ersten Schritte sind getan, ein Gesetzentwurf ist eingebracht, aber die Tücken stecken bekanntlich im Detail. Petersberger

22.–23. Oktober 2025 | Königswinter

Prozent der Mittel erhalten, Bayern 15,7 Prozent und Baden-Württemberg 13,1 Prozent. Ausgehend von den jetzigen Prozentzahlen, würde Nordrhein-Westfalen aus dem 100-Milliarden-Euro-Paket für die Länder also rund 21 Milliarden erhalten, Bayern 15,7 und BadenWürttemberg 13,1 Milliarden. Ebenfalls am Königsteiner Schlüssel orientiert sich ein weiterer Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Ausführung von Artikel 109 Absatz 3 Satz 6 und Satz 7 des Grundgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze“. Hinter dem komplizierten Titel verbirgt sich die Möglichkeit der Länder, ihre Neuverschuldung zu erhöhen, was die inzwischen weitgehend entkernte Schuldenbremse früher verhindert hätte. Künftig soll die Gesamtheit der Länder zusätzliche Kredite bis zu 0,35 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts jährlich aufnehmen können (circa 15 Milliarden Euro) Steht das Geld einmal bereit, kommt das nächste Problem: Die Kapazitäten in den Ämtern reichen wohl nicht aus, um die neuen Maßnahmen anzustoßen. Haushälter Oßner kennt das Problem, „dass aufgrund geringer Planungs- und Baukapazitäten die Mittel nicht verbaut werden können. Deshalb sind Vereinfachungen und Beschleunigung im Baubereich zwingend notwendig.“ Der Gesetzgeber muss also noch zur Höchstform auflaufen, bis die Bagger rollen können, wie Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) zu sagen pflegt.

Koalition macht Haushalts-Tempo

Zwei Haushalte mit Rekordinvestitionen

(BS/Hans-Jürgen Leersch) Regieren mit Tempo: Innerhalb von drei Monaten wurde der zweite Haushaltsentwurf auf den Weg gebracht. Die Entwürfe für 2025 und 2026 haben Licht und Schatten: Einerseits sind Rekordinvestitionen geplant. Andererseits klaffen riesige Löcher in den Etatentwürfen beider Jahre.

Der Haushalt für 2025 konnte wegen des Auseinanderbrechens der Ampel-Koalition nicht mehr fertiggestellt werden. Das holte der neue Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) bereits kurz Amtsantritt nach und legte schnell auch den Entwurf für 2026 vor. Wenn beide Haushaltspläne noch in diesem Jahr vom Bundestag verabschiedet werden, dann befindet sich die Etatpolitik wieder im Takt. Ministerien und Behörden erhalten damit größeren finanziellen Handlungsspielraum als bei der derzeitigen Zwölftelungsregelung, bei der pro Monat ein Zwölftel der Mittel des Vorjahresetats ausgegeben werden darf.

Mehr Geld für die Zukunft

„Wir investieren so viel wie noch nie“, lobt Klingbeil seinen Entwurf für 2026. Das ist richtig. Insgesamt sind Ausgaben in Höhe von 126,7 Milliarden Euro vorgesehen und damit weit mehr als 2025 (115,7 Milliarden). Bis 2029 sollen sich die Investitionen des Bundes auf 597,9 Milliarden Euro summieren. „Um die Zukunftsfähigkeit des Landes zu stärken, investiert die Bundesregierung insbesondere in die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, in Bildung und Betreuung, in neuen

Das Finanzministerium in Berlin schmiedet Haushaltspläne zwischen Rekorden und Lücken. Foto: BS/diegograndi, stock.adobe.com

Wohnraum, moderne Krankenhäuser, Digitalisierung, Klimaschutz und in die Innere und Äußere Sicherheit“, so Klingbeil. In der Tat sieht der Innenetat zum Teil deutlich höhere Mittel für die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt, Bundesamt für Verfassungsschutz sowie für den Katastrophenschutz vor.

Streit um mögliche Steuererhöhung

Andererseits warnt der Bund der Steuerzahler bereits vor einem „Kollaps der Staatsfinanzen“ und leitet dies aus anderen Rekordzahlen ab: Bei 503 Milliarden Euro Ausgaben ist die für 2025 vorgesehene Neuverschuldung mit 81,8 Milliarden

Euro schon sehr hoch. 2026 sollen es 89,866 Milliarden Euro bei 520,5 Milliarden Euro Ausgaben werden. Und bis 2029 sollen sich die neuen Schulden auf 850 Milliarden Euro summieren. Klingbeil kündigte zwar einen „strikten Konsolidierungskurs“ an, aber er scheint zu wissen, dass Sparen allein nicht mehr reichen dürfte. Steuererhöhungen für Vermögende und Bezieher hoher Einkommen sollen daher den Staatshaushalt stützen helfen. Dass das Regierungsbündnis trotz des lautstarken Protestes der Union gegen Steuererhöhungen wackeln könnte, erwartet der Finanzminister nicht. Im Gegenteil: Er glaubt, „dass diese Koalition sehr stabil ist“.

► INTERESSENKONFLIKTE

Auftraggeber muss prüfen

Indizien genügen

Die Europäische Kommission hatte einen sog. „wettbewerblichen Dialog“ zum Zwecke der Beschaffung im Rahmen des europäischen globalen Satellitennavigationssystems „Galileo“ durchgeführt. Ein Bieter beantragte, diesen Dialog wegen des „Verdachts auf Verletzung seiner Geschäftsgeheimnisse durch einen Mitarbeiter eines Wettbewerbers“ auszusetzen. Es solle eine Untersuchung durchgeführt und der Wettbewerber ggf. vom Verfahren ausgeschlossen werden. Der Bieter erklärte, dass ein ehemaliger leitender Angestellter, der weitreichenden Zugang zu Daten des Projekts besaß und auch an der Vorbereitung seines Angebots beteiligt war, während des laufenden Verfahrens zum Wettbewerber gewechselt sei. Dort habe er dann in seiner neuen Funktion für den Wettbewerber ein Angebot eingereicht. Die EU-Kommission unterließ eine nähere Prüfung. Sie begründete dies – sehr formalistisch – damit, dass das Vorbringen des Bieters nicht durch eine Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung i. S. d. Art. 136 I Haushaltsordnung (VO [EU] Nr. 2018/1046) bestätigt worden sei. Der Gerichtshof schließt sich dieser Argumentation nicht an. Kern der Unionsvorschriften sei der Grundsatz der Gleichbehandlung. Dieser sei dadurch verletzt, dass es die Kommission entgegen objektiver Anhaltspunkte unterlassen habe alle relevanten Umstände zu prüfen. Dazu gehöre auch, dass die Parteien aufzufordern sind, Informationen vorzulegen, um eine Klärung zu ermöglichen. Im Übrigen verlange der Effektivitätsgrundsatz, dass der Nachweis für einen Verstoß gegen das EU-Vergaberecht auch in Form von Indizien erbracht werden könne. EuGH, Urt. v. 12.06.2025 (C-415/23)

► ABWEICHENDE ANGEBOTE

Ausschluss unverzichtbar

Stahl-Modulbauweise gefordert

Gegenstand ist die Ausschreibung der schlüsselfertigen Errichtung eines Kindergartens. In der Bekanntmachung lautet es: „Schlüsselfertige Errichtung eines Kindergartens für acht Krippengruppen als dauerhaftes Modulgebäude mit hohem Vorfertigungsgrad, in Stahlbauweise gemäß der beiliegenden Baugenehmigung […]“. Das von der späteren Antragstellerin angebotene System beschreibt jedoch Stahlbetonfertigelemente. Die Vergabestelle schloss das Angebot wegen unzulässiger Änderung an den Vergabeunterlagen aus. Es entspreche nicht der geforderten Konstruktion. Der Nachprüfungsantrag bleibt ohne Erfolg. Die Kammer bestätigt den formalen Ausschluss. Sie betont: Eine unzulässige Änderung an den Vergabeunterlagen kann sich auch daraus ergeben, dass das Angebot den Ausschreibungsgegenstand inhaltlich modifiziert. Der Wille des Auftraggebers ist aus Sicht eines fachkundigen Bieters auszulegen. In der Ausschreibung hieß es: „Durch die Errichtung des Gebäudes in Systembauweise/Modulbau mit hohem Vorfertigungsgrad sollten eine verkürzte Bauzeit, sowie ein hohes Maß an Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit erreicht werden. […] Der Systemhersteller erstellt das Angebot auf seine ihm eigene System-Stahlkonstruktion und die darauf abgestimmte Planung.“

Somit kommt es darauf an, ob ein durchschnittlicher Bieter mit dem Begriff eines „Modulgebäudes in Stahlbauweise“ auch die Herstellung des Gebäudes aus modular gefertigten Wand- und Deckenscheiben aus Stahlbeton verstehen durfte. Letzteres ist anhand des Ausschreibungstextes, der Baugenehmigung und der Leistungsbeschreibung zu verneinen.

VK Saarland Beschl. v. 18.11.2024 (3 VK 03/2024)

► VERGABERECHTSWISSEN

Öffentlicher Auftraggeber Kenntnisse vorausgesetzt

Die Vergabekammer hat sich grundlegend zu den Anforderungen an öffentliche Auftraggeber geäußert, wenn es darum geht, EU-weite Ausschreibungen durchzuführen und ggf. auch in einem Vergabenachprüfungsverfahren zu verteidigen. Der öffentliche Auftraggeber kann sich wegen seiner aus dem Kartellvergaberecht und ggf. auch aus seiner Stellung als Hoheitsträger resultierenden Pflicht zur rechtmäßigen Führung von Vergabeverfahren nicht darauf be-rufen, über keine vergaberechtlichen Rechtskenntnisse zu verfügen (unter Verweis auf: KG, Beschl. v. 06.05.2025, Verg 7/23). Der Auftraggeber müsse in persona über hinreichende Kenntnisse betreffend die auftragsbezogenen Sach- und Rechtsfragen verfügen. Falls dem nicht so sei, müsse er sich auf eigene Kosten beraten und im Vergabenachprüfungsverfahren vertreten lassen. Bedient er sich der Unterstützung von Rechtsanwälten, was ihm freisteht, geschieht dies grundsätzlich auf eigene, nicht erstattungsfähige Kosten. Zwar entscheidet der Einzelfall (vgl. BGH, Beschl. v. 26.09.2006 – X ZB 14/06; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.03.2010 – 11 Verg 3/10). Ausschlaggebend ist, ob es in dem Nachprüfungsverfahren eher um sach- bzw. auftragsbezogene Fragen geht als um reine Rechtsfragen. Ein stärker die tatsächlichen Grundlagen des Vergabeverfahrens betreffender Streitstoff führt grundsätzlich dazu, dass der öffentliche Auftraggeber die Vertretungskosten selbst zu tragen hat. Nach Ansicht der Vergabekammer kommt es bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten nicht auf den Gesichtspunkt der vielzitierten „Waffengleichheit“ an.

VK Berlin,

Beschl. v. 17.06.2025 (VK B1-12/25)

Schneller und unbürokratischer

Das Vergabebeschleunigungsgesetz hat Ecken und Kanten (BS/sr) Das öffentliche Vergabewesen soll verbessert und beschleunigt werden, um auf die derzeitigen Herausforderungen zu reagieren. Deshalb hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf zur Beschleunigung der Vergabe öffentlicher Aufträge vorgelegt. Doch es regt sich Kritik daran.

Öffentliche Aufträge mit einem jährlichen Volumen von einem dreistelligen Milliardenbetrag sind nötig zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben und ein Motor für die Wirtschaft. Die Vergabe dieser Aufträge verlangsamt bisweilen jedoch die Umsetzung von wichtigen Projekten. Deshalb möchte die Bundesregierung zur schnelleren Umsetzung der Infrastrukturinvestitionen den Prozess entbürokratisieren. Insgesamt sollen für die Bundesverwaltung Kosten in Höhe von 282 Millionen Euro eingespart werden. Die Entlastungswirkung für die Wirtschaft soll 100 Millionen Euro betragen. Im Entwurf des Vergabebeschleunigungsgesetzes weist die Regierung darauf hin, dass aufgrund des europarechtlichen Rahmens Beschränkungen für die Reformen existieren. Die Regierung wird sich deshalb auf europäischer Ebene für eine Reform der Vergabeverfahren einsetzen. Die kommunalen Spitzenverbände sind aber der Auffassung, dass die Bundesregierung mit dem aktuellen

Entwurf noch nicht alle Möglichkeiten des europäischen Rechtsrahmens ausgeschöpft habe. Verkomplizierte Losvergabe Kritik am Gesetzentwurf gibt es für die geplante Einführung eines Ausnahmetatbestandes bei der Fachund Teillosvergabe im Rahmen des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität. Nach Ansicht der kommunalen Spitzenverbände begründen Abweichungen von der Fach- und Teillosvergabe bereits jetzt einen erheblichen Dokumentationsaufwand, der durch einen neuen Ausnahmetatbestand noch verschärft würde. Die Ergänzung eines weiteren Sonderfalles schaffe neue Hindernisse für Wirtschaft und Verwaltung sowie mehr Bürokratie. Einer Einschätzung des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe nach, wird durch diese Sondervergaben und das Aussetzen des Losverfahrens besonders kleinen und mittelständischen Unternehmen der Zugang zu staatlichen Ausschreibungen erschwert. Diese

► EU-WEITE AUSSCHREIBUNGEN Nationales Recht

Hinweis auf Besonderheiten nötig!

Ein kommunales Unternehmen schrieb die Erweiterung und Modernisierung einer Kläranlage aus. Gegenstand des Falles sind speziell zwei Wärmetauscher. Im Jahr 2013 wird die Anlage abgenommen. 2014 ist der erste, 2015 der zweite Wärmetauscher defekt. Beide wurden 2016 ersetzt. Im Herbst 2018 sind beide Wärmetauscher erneut defekt. Der Vertrag sieht einen Garantiezeitraum von drei Jahren ab Abnahme vor. In der Vergabeunterlage lautete es nur unscharf, dass „die einschlägigen Bestimmungen des polnischen Rechts, insbesondere die des Zivilgesetzbuches, analog“ gelten sollten. Der Konzern weigerte sich mit Blick auf die abgelaufene Garantiefrist, die Geräte erneut zu ersetzen. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Garantiefrist nach polnischem Kaufrecht nicht abgelaufen ist, weil die Frist mit dem Austausch erneut zu laufen beginnt. Der EuGH sagt, dass die Vergabeunterlagen nicht nur für den Anbietungs- und Zuschlagsprozess, sondern auch für die Phase der Vertragsausführung sehr genaue Hinweise enthalten müssen, welche Rechtsvorschriften Anwendung finden werden. Vorliegend bezieht sich dies auf die spezielle Frage, inwieweit trotz Bauvertragsrechts polnisches Kaufrecht in der Weise analog gilt. Der Gerichtshof stellt die Forderung auf, dass in der Vergabeunterlage auf potenziell überraschende Regelungen des nationalen Rechts hinzuweisen ist. Auch deutsche Vergabestellen werden verstärkt darauf achten müssen, besondere rechtliche Bedingungen bei der Vertragsausführung (Paragraf 128 GWB) klar und deutlich in den Vergabeunterlagen, sowie prinzipiell auch schon in der Bekanntmachung anzugeben.

EuGH, Urt. v. 05.06.2025 (Rs. C-82/24))

► UNWETTBEWERBLICHE VERGABE Einmal mehr: Unterkünfte Erlasse als „Blankoscheck“?

Mit Vermerk vom 06.09.2024 hatte der öffentliche Auftraggeber festgestellt, dass die Notunterkunft auch noch nach dem 31.12.2024 weiterbetrieben werden müsse. Aufgrund unvorhersehbarer Schadensereignisse in anderen Einrichtungen müsse auf die Unterkunft weiterhin zurückgegriffen werden. Die Zentrale Unterbringungseinrichtung („ZUE“) sei aufgrund eines Wasserschadens nebst Schimmelbefall teilweise gesperrt und könne frühestens im zweiten Quartal 2025 vollständig eröffnet werden. Aufgrund eines Brandereignisses am 11.07.2024 seien zudem weitere 110 Plätze gesperrt. Die Vergabekammer beanstandet, dass sich der öffentliche Auftraggeber zu Unrecht für eine wettbewerbslose Dringlichkeitsvergabe entschlossen habe. Insbesondere glaubte er – zu Unrecht –, in sehr apodiktischer Form feststellen zu dürfen, dass keinerlei Fristen für die Einholung von Angeboten in einem regulären oder auch sonstigen verkürzten Vergabeverfahren eingeholt werden könnten. Die Kammer ist davon nicht überzeugt, weil jede fallbezogene Darstellung und Begründung fehlt. Schon verwaltungstechnisch müsse ein solcher Vermerk immer einzelfallbezogen ausgestaltet werden. Es müsse genau begründet werden, weswegen absolut keinerlei Wettbewerb möglich sei. Die erwähnten Erlasse und Rundschreiben (Flüchtlingskrise, Corona-Pandemie etc.) dürften nicht als Blankoscheck („carte blanche“) verstanden werden. Schließlich existiere obergerichtliche Rechtsprechung, dass auch in solchen Situationen oftmals ein Mindestmaß an Wettbewerb hergestellt werden kann.

Unternehmen zu stärken, war jedoch erklärtes Ziel des Beschleunigungsgesetzes.

Eingriff in die Selbstverwaltung Besondere Ablehnung vonseiten der kommunalen Spitzenverbände gibt es für die im Gesetz vorgesehene Verordnungsermächtigung für den Bund. Diese erlaubt es dem Bund, im Falle einer Zustimmung des Bundesrates einzelne klimafreundliche Beschaffungen zentral zu steuern. Dies sei ein Eingriff in das Leistungsbestimmungsrecht öffentlicher Auftraggeber und der kommunalen Selbstverwaltung. Solch ein Eingriff sei dabei nicht einmal die beste Methode, um ökologische Vergaben zu fördern. Auch könne die nötige Zustimmung von Bundestag und Bundesrat zu weiteren Verzögerungen im Vergabeprozess führen. Sowohl Wirtschaft als auch Kommunalverbände bedauern zudem, dass das neue Gesetz nicht noch mehr Statistik- und Berichtspflichten abschaffe, um den Bürokratieaufwand zu senken.

Beratung für Bewerter und Bieter Ausschreibungen

Stolz, in der EU zu sein

Berliner Gespräch mit Maltas Botschafterin Marlene Bonnici (BS/ps) Malta ist mit 316 Quadratkilometern etwas kleiner als Bremen und knapp doppelt so groß wie das Fürstentum Liechtenstein. 574.000 Einwohner drängeln sich auf dem Archipel im Mittelmeer. Im Sommer kommen noch etwa eine Million Touristen dazu, insgesamt sind es 3,6 Millionen pro Jahr. „Malta ist klein, aber fein – nicht nur ein Reiseziel“, betont Botschafterin in Deutschland, Marlene Bonnici.

Ein bisschen wie im Märchen: Maltas Architektur ist eine Mischung aus Barockstil, römischen und arabischen Einflüssen sowie

Seit

Januar 2025 repräsentiert die studierte Philologin Bonnici, Jahrgang 1965, den Inselstaat im Mittelmeer in Berlin. Ihre berufliche Laufbahn beginnt zunächst klassisch als Deutschlehrerin. Nach einem Postgraduiertenstudium in Oxford kommt sie 1991 in den diplomatischen Dienst, hat eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen für den EU-Beitritt ihres Landes, diente als Direktorin, Generaldirektorin und Staatsekretärin im Büro des Premierministers. 2012 wird sie Botschafterin bei der EU, sechs Jahre später Botschafterin in den Niederlanden, seitenakkreditiert bei den Internationalen Gerichtshöfen und bei der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) in Den Haag sowie als nichtresidente Botschafterin von Malta in Dänemark. 2020 ist sie erstmals Botschafterin in Deutschland, bevor sie kurzfristig wieder nach Brüssel berufen wird und nun, nach viereinhalb Jahren, erneut als Chefdiplomatin zu uns kommt.

Premiumpartner Deutschland

„Wir sind stolzes Mitglied der Europäischen Union mit einer dynamischen und wachsenden Wirtschaft“, so Bonnici. Dazu zählten insbesondere der Tourismus, Finanzdienstleistungen, FinTech, die maritime Dienstleistungsbranche, ein wachsender Luftfahrtsektor und Industrien, erklärt sie. In den 60 Jahren der „engen bilateralen Beziehun-

gen“ sei Deutschland zu einem der wichtigsten Wirtschafts- und Handelspartner Maltas geworden, mit rund 60 dort tätigen deutschen Unternehmen und Direktinvestitionen von über 14 Milliarden Euro. Mit einer Viertelmillion belegen deutsche Urlauber Platz vier aller Besucher der Insel – Tendenz auch hier steigend. „Ein entscheidender Faktor dafür dürften die Direktflüge zwischen Malta und zahlreichen deutschen Städten – darunter Berlin, Frankfurt, München, Düsseldorf, Köln, Hamburg und Stuttgart, sein“, führt Bonnici aus. Wo es direkte Verbindungen gebe, begegneten sich „Menschen, Märkte und Kultur“.

Positionen hart vertreten

Die Beziehungen Maltas zur EU sind sogar bestens und das „Ja“ zu Brüssel hoch. So glauben 92 Prozent der Malteserinnen und Malteser, dass sie von der seit 2004 bestehenden EU-Mitgliedschaft und der Zugehörigkeit zum Euro- und Schengenraum (2008 bzw. 2007) profitieren. Das ist der höchste Wert in der Union. „Ich arbeite seit 1993 im Bereich EU-Angelegenheiten, war über zehn Jahre lang Maltas Botschafterin und Ständige Vertreterin in Brüssel und kann mit Überzeugung sagen: Die EU ist ein einzigartiges Projekt, das tägliches Engagement und Kompromisse erfordert“, zeigt sich die Botschafterin als überzeugte Europäerin. 27 Mitgliedsstaaten mit teils komplexen Regierungsstrukturen hätten nicht immer dieselbe Sichtweise. Für Malta als kleinstes EU-Mitglied heiße das: „Wir müssen besonders hart daran arbeiten, unsere Posi-

Marlene Bonnici, Maltas Botschafterin in Deutschland, begleitete schon Maltas Beitritt zur EU – die „erfüllteste Zeit“ ihrer Karriere, wie sie sagt.

Foto: BS/Embassy of the Repulic of Malta

Rezept der Botschafterin

Kaninchen nach maltesischer Art –á la Mama

Zutaten für 4 Personen: 1 Kaninchen, 150 ml Rotweinessig, 150 – 200 ml Weißwein oder Roséwein, 150 ml Brühe (nach Vorliebe), 2 Lorbeerblätter, 8 feingehackte Knoblauchzehen, 1 kg geschälte Kartoffeln, 1 Handvoll gehackte Kräuter (Petersilie und Thymian), gutes Olivenöl, Salz und Pfeffer

Zubereitung: Zerteilen Sie das Kaninchen in 8–10 Stücke und legen Sie es in eine Schüssel. Fügen Sie Salz, Pfeffer und

tionen zu vermitteln und unsere Partner zu überzeugen. Das wird bei uns zu Hause geschätzt!“

Malta und Migration Eher kritisch sieht man wegen der geringen Größe und hohen Bevölkerungsdichte den irregulären Zustrom von Migranten aus Nordafrika. In den letzten Jahren wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, um diese Herausforderung zu bewältigen. Die Ressourcen der zuständigen nationalen Stellen wurden aufgestockt, eine Rückführungseinheit im Innenministerium eingerichtet und die Zusammenarbeit mit wichtigen Drittstaaten –sowohl Transit- als auch Herkunftsländern – intensiviert.

Obwohl so die Zahl irregulärer Ankünfte Jahr für Jahr deutlich zurückgeht und die Rückführungsquote steigt, werden die Probleme dadurch nicht dauerhaft gelöst. „Hierfür gilt es, die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern zu intensivieren und strategische Partnerschaften mit diesen Ländern zu schließen“, betont Bonnici Deutschland könne eine zentrale Rolle für einen solchen Pakt spielen. Mit dem Inkrafttreten eines solchen Solidaritätsmechanismus würden die Mitgliedsstaaten die notwendige Unterstützung erhalten, um den jeweiligen Herausforderungen wirksam begegnen zu können.

Nischentourismus

Unabhängig davon ist der Tourismus ein sehr wichtiger Teil der maltesischen Wirtschaft. Anstelle eines rein mengenorientierten Ansatzes wird eine klare Diversifizierungsstrategie gefahren, die ver-

2 gehackte Knoblauchzehen hinzu und bedecken alles mit dem Rotweinessig. Gut durchmischen und für mindestens 75 Minuten abgedeckt marinieren lassen. Die Kartoffeln schälen, in ½ cm dicke Scheiben schneiden und für wenige Minuten kochen. Anschließend abtropfen lassen, auf einem Backblech verteilen, leicht salzen und pfeffern und mit Olivenöl beträufeln. Bei ca. 200 Grad (Ober- und Unterhitze) für ca. 30 Minuten auf mittlerer Schiene im Backofen rösten.

Währenddessen braten Sie die Kaninchenteile in heißem Olivenöl an. Fügen

schiedene Zielgruppen über gezielte Nischenthemen bei zeitlicher Entzerrung anspricht. „Wir wollen die Reiseaktivitäten nicht nur auf die Sommermonate konzentrieren, sondern gezielt auch die Nebensaison beleben“, erläutert Bonnici. Malta sei eine echte Ganzjahresdestination, was das Land stärker nutzen wolle. Langfristig gehe es um einen „wertschöpfenden Tourismus“, der sowohl den Gästen ein intensives Erlebnis biete als auch die Lebensqualität der Bevölkerung achte und die Umwelt im Gleichgewicht halte. Für diese „Malta-Life-Balance“ wurde in den letzten Jahren die Stromerzeugung konsequent auf Erdgas, Stromimporte über die Untersee-Verbindung Malta-Sizilien und einen verstärkten Einsatz erneuerbarer Energiequellen umgestellt. So fließt der so gewonnene Solarstrom in Batteriegroßspeicher, damit auch in sonnenarmen Stunden nirgends das Licht ausgeht. Bis 2030 will das Land so die Treibhausemissionen gegenüber 2005 um 41 Prozent reduzieren. Im Jahr 2023 lag der Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch bei 15 Prozent.

„Hervorzuheben ist, dass Malta die EU-Ziele zur Stromvernetzung mit 39,5 Prozent und den bei 15 Prozent liegenden EU-Durchschnitt deutlich übertrifft.“ Darüber hinaus prüfe Malta aktiv die Ausweitung seiner Energieverbindungen über die Europäische Union hinaus und richte den Blick verstärkt auf den südlichen Mittelmeerraum.

Wassernutzung und Umweltschutz

Der Inselstaat misst dem Schutz der Meeresumwelt besondere Be-

deutung bei. Bereits über 35 Prozent der Fischereizone wurden als Meeresschutzgebiete ausgewiesen. Ein sehr wichtiges Vorhaben ist das „Marine Conservation Project“. Das EU-finanzierte Vorhaben soll wirtschaftliche und freizeitbezogene Aktivitäten mit dem Schutz mariner Ökosysteme in Einklang bringen, geschädigte Lebensräume wiederherstellen, lokale Gemeinschaften, einschließlich Fischer und Unternehmen, in die Umsetzung von Schutzmaßnahmen einbinden, die Kapazitäten der Behörden stärken und ein Bewusstsein für verantwortungsvolles Handeln im Umgang mit den Küstengewässern fördern. Eine große Ehre Seit 34 Jahren ist MarleneBonnici im diplomatischen Dienst, profitiert von ihrer persönlichen wie politischen Erfahrung und kann wirkliche Krisen von sterilen Aufgeregtheiten unterscheiden. Sie mag ihren Job und hat daher nicht vor, ihn zu verlassen. „Obwohl man ja nie ‚nie‘ sagen soll.“ Sie sei „einer der glücklichen Menschen, denen ihre alltägliche Arbeit Spaß macht“ und würde kaum etwas anders machen wollen. Es sei ihr „wirklich eine große Ehre“, ihrem Heimatland schon so lange zu dienen. Während ihrer Karriere habe sie das Vergnügen gehabt, Maltas EU-Beitrittsprozess begleiten zu dürfen – die vielleicht „erfüllteste Zeit in meinem Dienst“, wie sie rückblickend sagt. „Ich bin sehr zufrieden mit meiner derzeitigen Aufgabe als Botschafterin in Deutschland – es ist schließlich mein zweiter Versuch – und ich hoffe, noch ein paar weitere Jahre hier verbringen zu dürfen“.

Sie die restlichen gehackten Knoblauchzehen hinzu und wenn das Fleisch schön gebräunt ist, löschen Sie es mit dem Weißwein ab. Dann fügen Sie die Brühe hinzu, bis das Fleisch bedeckt ist und lassen es für eine Weile köcheln, bis es gar und zart ist. Eventuell etwas mehr Brühe nachgießen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Das Kaninchen zusammen mit den gerösteten Kartoffeln und etwas von der Sauce servieren. Dazu passt gedämpftes Gemüse nach Gusto. Als Getränk empfehle ich einen schönen maltesischen Roséwein oder Rotwein. L-ikla t-tajba – guten Appetit!

prähistorischen Megalithtempeln.
Foto: BS/Zoltan Tasi

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / September 2025

Schmutzige Geschäfte

(BS/Julian Faber) Flüsse spielen eine zentrale Rolle für die Wasserversorgung in Deutschland. Doch diese Lebensadern sind vergiftet: Mehr als 400 Arznei- und Kosmetikrückstände hat das Umweltbundesamt (UBA) nachgewiesen. Eine neue EU-Richtlinie nimmt die Kosmetik- und Pharmaindustrie in die Verantwortung, doch die wehrt sich. Bleiben die Kommunen auf den Kosten sitzen?

Sie liefern15 Prozent des Trinkwassers, speisen das Grundwasser und sind hauptsächliche Bewässerungsquelle für die Landwirtschaft: Über 15.000 Flüsse durchziehen Deutschland – ein Großteil davon ist verunreinigt. Das Umweltbundesamt (UBA) hat mehr als 400 potenziell gesundheitsschädliche Stoffe in den Fließgewässern nachgewiesen. Für die meisten Stoffe sind die Langzeitfolgen für Mensch und Umwelt noch nicht erforscht, für andere hingegen liegen alarmierende Erkenntnisse vor.

Die unsichtbare Gefahr

Da wäre beispielsweise das Rostschutzmittel Benzotriazol, dass aus Geschirrspülmittel stammt und im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Auch den entzündungshemmenden Wirkstoff Diclofenac hat das UBA nachgewiesen – es schädigt die Kiemen, Leber und Nieren der Fische und lagert sich in ihren Organen ein. Diese und weitere Stoffe überwinden die heute gängigen Kläranalgen weitgehend mühelos – und finden so ihren Weg in das Grundwasser oder auf den Teller von Hobbyfischerinnen und -fischern. Das Trinkwasser ist durch die erneute Filtration von Grundwasser oder Uferfiltrat zwar gut geschützt, allerdings können Spurenstoffe im Nanogrammbereich pro Liter Wasser übrig bleiben – und sich über Jahre im Körper ablagern. Die Europäische Union will diesen Missstand ändern. Binnen zweieinhalb Jahren soll die neue EU-Kommunalwasserschutzrichtlinie (KARL) in nationales Recht überführt und umgesetzt werden. Bis zu 700 kommunale Kläranlagen in Deutschland müssen dann aufgerüstet werden, um eine vierte Reinigungsstufe mittels Aktivkohle zu ergänzen. Der Verband Kommunaler Unternehmen

(VKU) schätzt die Kosten bis 2045 auf neun Milliarden Euro. Rund 80 Prozent davon soll die Pharma- und Kosmetikindustrie tragen – gemäß Verursacherprinzip. Denn laut einer Folgenabschätzung der EU-Kommission sind diese Wirtschaftszweige für rund 70 Prozent der Spurenstoffe im Abwasser verantwortlich – bei den nachgewiesen gesundheitsschädlichen Stoffen sind es sogar 92 Prozent. Aus Mangel an einem EU-weit einheitlichen Monitoring beruhen diese Werte aber nicht auf systematischen Messungen in den Mitgliedsstaaten, sondern auf modellbasierten Extrapolationen und Expertenmeinungen.

Widerstand mit Ansage Protest aus der Pharmaindustrie überraschte da eigentlich niemanden, zumal ein solcher immer nach dem gleichen Muster abzulaufen scheint. Schritt eins: Ein eigenes Gutachten. Dieses kritisiert, dass die EUFolgenabschätzung zur Kommunalabwasserrichtlinie auf lückenhaften und intransparenten Schätzungen basiere. Weiterhin sei die Grundlage der EU-Kommission methodisch unzureichend dokumentiert und viele Zahlen nicht reproduzierbar. Das Gutachten fordert die Einführung einheitlichen Messstandards, bevor Kosten auf bestimmte Branchen umgelegt werden. Diese Kritik ist berechtigt – allerdings fußt auch dieses Gutachten einzig auf einer Auswertung bestehender Datenlagen. Pharma Deutschland zufolge lägen keine verlässliche Daten vor, „die eine eindeutige quantitative Aussage über den Anteil einzelner Quellen von Mikroschadstoffen im kommunalen Abwasser erlauben“. Spurenstoffe in Fließgewässern seien hauptsächlich auf die „häusliche Nutzung von Pro-

dukten und alle an das kommunale Abwassersystem angeschlossenen Nutzer zurückzuführen“, teilt ein Sprecher von Pharma Deutschland auf Nachfrage mit. Die Rolle der eigenen Produkte an der Verschmutzung nimmt die Branche damit indirekt zu Kenntnis – die finanzielle Verantwortung weist sie aber von sich.

„Diejenigen,

die Stoffe in die Umwelt einbringen, müssen für Umweltfolgen und Entsorgung einen Beitrag leisten.“

Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender Emschergenossenschaft und Lippeverband

Drohkulisse Versorgungssicherheit Dem Gegen-Gutachten folgt Schritt zwei: Das Beklagen schrumpfender Wettbewerbsfähigkeit. Insbesondere Generika, also preiswerte Nachahmer-Präparate – aktuell 80 Prozent der verschreibungspflichtigen Versorgung in Deutschland – müssten bei Umsetzung der Richtlinie womöglich vom Markt genommen werden, weil sich ihr Vertrieb nicht mehr lohne. Das betreffe zum Beispiel das Diabetes-Medikament Metformin. Dies wiederum könnte zu Versorgungsengpässen führen, beklagt die Industrie. Der Pharmahersteller Zentiva und der europäische Pharmaverband Efpia haben nun Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht. Ziel: Das Verursacherprinzip kippen. Das Argu-

ment vermeintlicher Gefahren für die Versorgungssicherheit wirkt in Deutschland angesichts der wirtschaftlichen Situation zweifelhaft:

Im Geschäftsjahr 2023 betrug der Gesamtumsatz der deutschen Pharmaindustrie nach Angaben von Pharma Deutschland 73 Milliarden, der Umsatz der Kosmetikbranche 33,4 Milliarden Euro. Zieht man die branchenüblichen Nettomargen heran, ergibt sich ein kombinierter Gesamtgewinn von 18,75 Milliarden pro Jahr. Selbst wenn beide Branchen die Umrüstungskosten alleine tragen müssten, lägen die jährlichen Kosten somit zwischen zwei und drei Prozent des jährlichen Gewinns. Das ist spürbar, kann aber kaum als existenzbedrohend gelten. Auf Nachfrage nach einem alternativen Kostenmodell verweist Pharma Deutschland auf die „unbürokratische Umsetzung“ in Baden-Württemberg und der Schweiz. Dort tragen die Kosten der Umrüstung allein die Verbraucher. Der VKU und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft haben eine Verfahrensbeteiligung beim EuGH beantragt, „um die Position der europäischen Institutionen aktiv zu unterstützen“.

Zahlen Kommunen die Zeche?

Als Reaktion auf die Klage vor dem EuGH hat die Landesgesundheitsministerkonferenz die Bundesregierung im Juni aufgefordert, sich bei der EU-Kommission für eine Überarbeitung der Richtlinie einzusetzen – obwohl sie bereits gilt und Kommunen bereits auf ihre Umsetzung eingestellt sind. In einer Abschlusserklärung übernimmt die Konferenz die Sorge „um die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln“.

In der Folge macht sich nun Verunsicherung in Städten und Gemein-

www.behoerdenspiegel.de

den breit. Die Abwasserversorgung liegt in ihrer Zuständigkeit und eine Umrüstung der Kläranlagen ist ohne Zuschüsse nicht zu stemmen. Sollte die erweiterte Herstellerverantwortung kippen, blieben die Kommunen auf den Kosten sitzen. Sie wären gezwungen, die Gebühren für Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechend zu erhöhen. Je nach Wasserverbrauch würde dies Mehrkosten zwischen fünf und 12,50 Euro pro Person und Jahr bedeuten. Als Teil einer Allianz von Verbänden aus 14 Mitgliedsstaaten plädiert der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) für die zügige und konsequente Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung, wie von der EUKommission geplant: „Die aktuelle Debatte verunsichert. Bevor wir uns an die Umsetzung machen, muss klar sein, woher das Geld kommt“, so VKU-Vizepräsident Karsten Specht Auch der Vorstandsvorsitzende der Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV), Prof. Dr.Uli Paetzel, stellt klar: „Diejenigen, die Stoffe in die Umwelt einbringen, müssen für Umweltfolgen und Entsorgung einen Beitrag leisten.“ Die EGLV war bereits im April in Vorleistung getreten und hat die Kläranlage in DortmundDeusen umgerüstet. Kostenpunkt: 45 Millionen Euro. Da es sich um ein Pilotprojekt handelt, übernahm das Land Nordrhein-Westfalen davon 70 Prozent. Die meisten anderen Betreiber können auf diese Unterstützung nicht zählen. Als Reaktion auf einen Entschließungsantrag im EU-Parlament hat die Kommission angekündigt, das vorgesehene Kostenmodell zu prüfen. Bis Kommunen und Verbraucher mit einer verbindlichen Entscheidung rechnen dürfen, fließt noch viel Wasser den Rhein, die Spree und die Donau herunter.

Bild:

BFoto: BS/privat

ehörden Spiegel: Bad Hersfeld hat als eine der ersten Städte das OZG nahezu vollständig umgesetzt. Wie viel Gestaltungsspielraum haben Sie dafür als Kommune – und wo stoßen Sie auf föderale Grenzen?

Anke Hoffmann: Bad Hersfeld hat sehr früh begonnen, das OZG umzusetzen. Unser Spielraum als Kommune liegt vor allem darin, eigene Lösungen zu entwickeln, oft mit dem Engagement und der Kreativität unseres eigenen Personals. Dies ist einerseits ein Vorteil, weil wir nah bei unseren Bürgerinnen und Bürgern sind und versuchen, deren Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Gleichzeitig stoßen wir an Grenzen. Viele Schnittstellen fehlen oder sind nicht einheitlich geregelt. Dadurch entstehen leider Insellösungen, die nicht ohne Weiteres in föderale Strukturen passen. Hier braucht es mehr Standardisierung „von oben“,

VIER

Fragen– VIER Antworten

Interview mit Anke Hoffmann, Bürgermeisterin der Kurstadt Bad Hersfeld

Digital, aber menschlich

OZG zwischen Bundessteuerung und kommunaler Verantwortung

(BS) Das kleine Bad Hersfeld lässt größere Kommunen bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) hinter sich. Bürgermeisterin Anke Hoffmann erklärt, wie das gelingt – zwischen föderalen Grenzen und lokalem Pragmatismus. Die Fragen stellte Julian Faber.

Das OZG verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, ihre Verwaltungsdienstleistungen auch online anzubieten. Foto: BS/MochSjamsul, stock.adobe.com

damit wir Kommunen nicht immer wieder neu erfinden müssen, was eigentlich überall gleich laufen könnte.

Behörden Spiegel: Ihre Stadt betreibt ein Smart-City-Cockpit und Energiemonitoring – ohne Bundeslösung. Wo brauchen Kommunen mehr Freiheit statt zentraler Vorgaben?

Hoffmann: Wir haben aus Erfahrung gelernt: Nicht jede Smart-City-Lösung

trägt sich. Unser Smart-City-Cockpit zum Beispiel wurde anfangs mit viel Energie aufgebaut, hat sich aber im Alltag nicht bewährt – es war zu komplex und wurde von Bürgerinnen und Bürgern nur wenig genutzt. Hier stehen Nutzen und Kosten in keinem Verhältnis, daher haben wir es bewusst verschlankt. Unser Energiemonitoring hingegen bringt uns viele Vorteile in der Betrachtung und dem Umgang mit gebäudebezogenen Entscheidungen.

Das zeigt: Kommunen brauchen die Freiheit, auch mal zurückzuschneiden, pragmatische Lösungen für sich zu finden und nicht an Konzepten festhalten zu müssen, die in der Praxis nicht greifen. Zentral wichtig sind Standards –aber die konkrete Umsetzung sowie die Entscheidung, was für die eigene Kommune von Vorteil ist, muss hingegen lokal flexibel bleiben.

Behörden Spiegel: Welche Rolle spielt die Landesförderung – etwa über Hessens Smart Region Hub oder Starke Heimat – im Ausbau des digitalen Rathauses?

Hoffmann: Das Land Hessen hat Bad Hersfeld mit Programmen wie Smart Region Hub oder Starke Heimat Hessen unterstützt. Diese Förderungen waren wertvoll, da sie uns den Einstieg in digitale Projekte ermöglicht haben. Entscheidend wäre jetzt, dass Förderungen nicht projektbezogen bleiben, sondern auch in die Verstetigung gehen. Digitale Verwaltung ist kein einmaliges Vorhaben, sondern ein Dauerprozess. Wie bei vielen För-

derungen wünschen wir Kommunen uns mehr Vertrauen, dass wir Förderungen für die Prozesse einsetzen können, die zu uns passen.

Behörden Spiegel: Welche analogen Verwaltungsstrukturen oder Bürger-Rituale würden Sie trotz Digitalisierung bewusst beibehalten – und was verrät das über eine gelungene föderale Balance?

Hoffmann: Auch wenn wir viel digitalisieren: Manche Dingen bleiben bewusst analog – und dies ist gerade heute wichtig! Das persönliche Gespräch im Rathaus sowie vor Ort bei den Bürgerinnen und Bürgern oder der direkte Kontakt zu einem Sachbearbeiter/einer Sachbearbeiterin schaffen Vertrauen und Nähe, die kein Online-Portal ersetzen kann. Oftmals können im direkten Gespräch offene Fragen schneller geklärt werden. Für mich bedeutet dies: Die Balance zwischen förderalen Vorgaben und kommunaler Freiheit gelingt, wenn Digitalisierung das Leben einfacher macht – ohne die menschliche Dimension der Verwaltung aufzugeben. Insgesamt brauchen wir Kommunen klare Standards bei Schnittstellen und IT-Strukturen, aber gleichzeitig Gestaltungsfreiheit, um Lösungen praxistauglich zu entwickeln – und auch einmal korrigieren zu können, wenn sich etwas nicht bewährt.

Der steuerliche Wettbewerb zwischen Kommunen ist seit jeher ein sensibles Thema – nicht nur aus fiskalischer Sicht, sondern auch mit Blick auf Fairness und Gestaltungsgrenzen. Mit den aktuellen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag 2025 steht erneut die Frage im Raum, wie weit Gemeinden in ihrer Steuerpolitik gehen dürfen, ohne die Systematik des kommunalen Finanzwesens zu unterlaufen. Vorgesehen sind unter anderem eine Anhebung des Mindesthebesatzes auf 280 Prozent sowie verschärfte Anforderungen bei Unternehmenssitzverlagerungen.

Diese Pläne zielen auf einen steuerlichen Bereich ab, der in der Praxis durchaus differenziert zu betrachten ist: Während einzelne Fälle mutmaßlich missbräuchlicher Gestaltung große mediale Aufmerksamkeit erhalten, operiert die überwiegende Zahl der Kommunen und Unternehmen im rechtlichen Rahmen – aber unter zunehmend unsicheren politischen Vorzeichen.

Steuerpolitik zwischen Legitimation und Regulierung

Die Gewerbesteuer ist eine der wenigen originären Einnahmequellen der Kommunen. Über die Festlegung des Hebesatzes steuern Städte und Gemeinden ihre finanz- und wirtschaftspolitische Ausrichtung –verfassungsrechtlich gedeckt und vielerorts existenziell notwendig. Besonders strukturschwache Regionen nutzen niedrige Hebesätze, um Arbeitsplätze zu schaffen oder der Abwanderung entgegenzuwirken. Unternehmen wiederum verlegen ihre Standorte dorthin – teils dauerhaft, teils temporär. Diese Praxis ist rechtlich zulässig, birgt aber komplexe Risiken. Insbesondere bei Dienstleistungsund Holdinggesellschaften ist der tatsächliche Ort der Geschäftslei-

Steueroase oder Standortchance

Kommunale Steuerpolitik auf dem Prüfstand

(BS/Franz Bielefeld) Der steuerliche Wettbewerb zwischen Gemeinden steht mit den Plänen des Koalitionsvertrags

2025 erneut im Fokus. Geplante Hebesatzgrenzen und strengere Regeln bei Unternehmenssitzverlagerungen sollen missbräuchliche Gestaltungen eindämmen, treffen aber auch Kommunen, die legal um Ansiedlungen werben.

tung nicht immer eindeutig zu bestimmen. Formale Sitzverlagerungen ohne inhaltliche Substanz können zu Konflikten führen, etwa wenn der wirtschaftliche Schwerpunkt der Tätigkeit nicht mitverlagert wurde. Das Spannungsfeld zwischen rechtlich zulässiger Standortpolitik und steuerlicher Gestaltung ist daher komplex – eine differenzierte Betrachtung ist erforderlich.

Zunehmende Konflikte zwischen Kommunen

Hochhebesatzgemeinden, meist Großstädte mit hoher Infrastrukturbelastung, verlieren teils erhebliche Steuern, wenn Betriebe ihren Sitz in eine Niedrighebesatzgemeinde verlegen. Besonders problematisch dabei: Die betroffenen Kommunen erfahren häufig zu spät oder gar nicht von solchen Verlagerungen. Ohne rechtzeitige Information können sie ihre Ansprüche im Zerlegungsverfahren nicht geltend machen. Hier spielt die Jahresfrist nach Paragraf 189 AO eine zentrale Rolle: Ist sie verstrichen, kann ein Zerlegungsbescheid nicht mehr korrigiert werden – selbst dann nicht, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der Sitz des Unternehmens fehlerhaft beurteilt wurde oder eine Scheinbetriebsstätte vorlag. Das kann zu empfindlichen Einnahmeverlusten führen. Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind zwar grundsätzlich möglich, aber mit hohen formalen Hürden, erheblichem Verwaltungsaufwand und Rechtsunsicherheit verbun-

Zwischen Steueroase und Standortchance: Kommunale Steuerpolitik steht mit den Plänen des Koalitionsvertrags 2025 unter Druck. Foto: BS/Yabresse, stock.adobe.com

den. Für Kämmerer bedeutet das: ein umfassender Überblick und eine notfalls schnelle rechtliche Reaktion sind entscheidend.

Haushaltskriterien für Niedrighebesatzkommunen

Auch für Kommunen mit niedrigen Hebesätzen entstehen Risiken. Wird ein Betrieb nachträglich einer anderen Gemeinde zugeordnet, müssen Gewerbesteuereinnahmen möglicherweise zurückgezahlt werden. Diese Mittel sind oft schon verplant oder sogar ausgegeben – strukturelle Haushaltsprobleme sind die Folge. Hinzu kommen mögliche Rechtsstreitigkeiten mit konkurrierenden Gemeinden oder dem Finanzamt, deren Ausgang ungewiss ist. Die Praxis zeigt zudem, dass auch die Gemeinden selbst verstärkt in den Fokus von Steuerfahndung und Strafsachenstellen rücken. Dabei

geht es nicht nur um unternehmensbezogene Vorgänge, sondern auch um die Rolle der Kommune selbst: Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um Scheinverlagerungen zu erkennen? Gab es interne Prüfungen zur tatsächlichen Geschäftsleitung vor Ort? Wurde auf Auffälligkeiten – etwa eine Häufung von Firmensitzanmeldungen an derselben Adresse – seitens der Verwaltung angemessen reagiert? Diese Anforderungen bringen insbesondere kleinere Kommunen an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Erwartung, aktiv an der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen mitzuwirken, markiert einen Paradigmenwechsel in der Verwaltungspraxis.

Einordnung statt Pauschalkritik

Die politische Diskussion um Gewerbesteueroasen ist legitim, darf

aber nicht in eine undifferenzierte Kritik an Gemeinden münden, die im Rahmen des geltenden Rechts ihren Standort fördern wollen. Der Einsatz niedriger Hebesätze ist legal –und für viele Kommunen ein notwendiges Mittel, um ihre wirtschaftliche Entwicklung voranzubringen. Gleichzeitig zeigt sich, dass eine reine Anhebung des Mindesthebesatzes kaum ausreicht, um die komplexen Zielkonflikte zwischen Steuerautonomie, Gestaltungsspielräumen und Steuergerechtigkeit aufzulösen. Vielmehr braucht es verlässliche rechtliche Klarstellungen, transparente Verwaltungsabläufe und eine verbesserte interkommunale Zusammenarbeit.

Zwischen Steuerautonomie und Regulierungsdruck

Der Koalitionsvertrag greift ein Thema auf, das viele Kommunen seit Jahren beschäftigt. Die Balance zwischen fairer Besteuerung und legitimer Standortpolitik ist dabei schwierig und lässt sich kaum allein durch Hebesatzgrenzen herstellen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die angekündigten Maßnahmen der Politik geeignet sind, den steuerlichen Wettbewerb und die verschiedenen Interessen der Beteiligten in Ausgleich zu bringen, ohne dabei das verfassungsmäßig geschützte Gut der kommunalen Selbstverwaltung zu untergraben.

Dr. Franz Bielefeld ist Rechtsanwalt für Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht und Lehrbeauftragter für Steuerstrafrecht und Steuerfahndungsrecht an der Universität Münster.

Foto: BS/Dieter Baltz

I

m Ländle ist die Welt noch in Ordnung: Fast jeder Zweite in Baden-Württemberg engagiert sich ehrenamtlich – ein bundesweiter Spitzenwert. Doch auch hier kämpfen Vereine und Organisationen mit Nachwuchsmangel und Bürokratie. Thomas Seyfang, Rentner aus Eglosheim, engagiert sich seit Jahrzehnten in mehreren Vereinen. Die Jüngeren würden immer weniger anpacken und die Alten irgendwann „wegsterben“, sagte er dem SWR. Diese Sorge teilen viele – besonders in den ländlichen Regionen verschärft sich die Lage weiter.

Unklare Zahlen, eindeutige Trends Die Daten zum ehrenamtlichen Engagement in Deutschland unterscheiden sich zum Teil deutlich. Laut dem aktuellesten FreiwilligenSurvey des Bundesinnenministeriums von 2019 liegt die bundesweite Engagementquote stabil bei 39,7 Prozent – allerdings noch ohne Berücksichtigung der Pandemieeffekte. Eine Studie der VNG-Stiftung von 2023 zeigt: In der Hälfte der ostdeutschen Kommunen ist ein Rückgang aktiver Freiwilliger zu verzeichnen – vor allem in Feuerwehr, Sport und sozialen Diensten. Wie hoch der Rückgang konkret ausfällt, ist unterschiedlich. In der Evangelischen Kirche in Westfalen und der bayerischen Landeskirche sank die Zahl Engagierter während der Corona-Jahre um fast zehn Prozent.

Die Herausforderungen der kommenden Jahre sind bereits absehbar: Demografischer Wandel, bürokratische Hürden und daraus folgender Nachwuchsmangel bedrohen die Stabilität kritischer kommunaler und sozialer Dienste zunehmend. „Ehrenamt ist ein zen-

Ehrenamt am Limit

Engagement mit Nachwuchsproblemen

(BS/Julian Faber) Ohne Ehrenamt keine Feuerwehr, kein Vereinsleben, kein Wahlhelfer. Doch der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält, beginnt zu bröckeln: Das kommunale Ehrenamt leidet unter Überalterung, Nachwuchsmangel und einem zunehmenden Gefühl der Frustration. Die Lücken werden größer – und der Staat tut sich schwer, sie zu schließen.

trales Prinzip der Kommunalpolitik in Deutschland. 10.788 Kommunen in Deutschland – circa 60 Prozent – werden durch ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister verwaltet“, sagt Katarina Peranić, Vorständin der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE). Die Bedeutung reicht weit über das Rathaus hinaus: Feuerwehr, Schöffen, Wahlhelfer – viele Aufgaben sind nur mit Ehrenamtlern zu stemmen. „Die Länder müssen die jeweiligen Rahmenbedingungen für die vielen ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister so anpassen, dass diese vor Ort auch weiterhin echte Gestalter sein können“, fordert deshalb Dr. Janina Salden vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB). Auch finanzielle Handlungsspielräume müssten verbessert werden: „Wichtig ist, dass vor Ort der finanzielle Handlungsspielraum besteht, damit eigene Projekte überhaupt in Angriff genommen werden können.“

Anerkennung statt Frust Wertschätzung ist der Schlüssel, doch sie fehlt oft. Laut einer Forsa-Umfrage von Mai letzten Jahres fühlen sich nur 19 Prozent der Engagierten von der Politik anerkannt. In Großstädten liegt der Wert sogar nur bei 17, in kleineren Kommunen bei 22 Prozent. Sven Tetzlaff von der Körber Stiftung benennt die Gründe: „Finanznöte, Modernisierungsstau der Infrastruktur, Überregulierung durch Länder, Bund und EU sowie zunehmende gesellschaftliche Spannungen. Eine Mehrheit beklagt abnehmende Gestaltungsspielräume und deutliche Nachwuchsprobleme.“ Tetzlaff sieht Hebel in besseren Rahmenbedingungen: berufliche Freistellungen, Kinderbetreuung, steuerliche Entlastungen – und mehr Würdigung. Auch Salden betont die Rolle der Vereinbarkeit von Amt, Beruf und Familie.

Strategien mit Wirkung

Einige Länder und Kommunen zeigen bereits, wie es besser gehen

Neulich …

die Puste auszugehen. Foto: BS/cartoon-IT, stock.adobe.com

kann. Das NRW-Programm 2.000 × 1.000 Euro fördert seit 2021 kleinere Projekte mit großer Wirkung –gerade bei jungen Ehrenamtlichen. Bundesweit unterstützt die DSEE Mikroförderungen, Qualifizierungen und das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE).

2023 startete die DSEE zudem ihre Volunteer-Akademie – ein digitales Lern- und Austauschformat. Programme wie Engagiertes Land und #kommunalEngagiert fördern hauptamtliche Strukturen für Ehrenamtskoordination. Ein Baustein: Die Entwicklung kommunaler Engagementstrategien. Derzeit verfügen laut Umfrage rund 47 Prozent aller Gemeinden über solche Konzepte, in Kleinstkommunen sind es bisher nur 22 Prozent. Freiwilligenagenturen gelten als Schlüsselstellen. Sie beraten, vermitteln und entlasten – doch ihre Finanzierung ist vielerorts nicht gesichert. Der Anteil kommunaler Trägerschaft stieg nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft für Frei-

willigenagenturen von 16 Prozent (2001) auf 30 Prozent (2019). Die DSEE sieht in ihnen zentrale Akteure für nachhaltige Engagementförderung – insbesondere zur Nachwuchsgewinnung. Das Programm Jung & engagiert zeigt, wie niedrigschwellige Beteiligung von Jugendlichen gelingt, beispielsweise über eine Online-Plattform, die mögliche Anlaufstellen für ehrenamtliches Engagement empfiehlt. Zusätzlich braucht es tragfähige Netzwerke –etwa mit Landesnetzwerken, Stiftungen oder dem BBE. Gemeinsame Veranstaltungsformate, Austauschplattformen und finanzielle Unterstützung könnten das Ehrenamt in der Fläche stabilisieren.

Engagement sichtbar machen „Es ist das Engagement vieler, dass Zusammenhalt und lebenswerte Kommunen schafft. Ehrenamtliche gestalten das Leben vor Ort, helfen, lehren, bewahren, kommunizieren und vermitteln in Netzwerken, Initiativen, Vereinen oder bei einzelnen Aktionen und Projekten“, so Peranić. Sichtbarkeit, Dialog und Kooperation seien zentrale Erfolgsfaktoren: „Wenn Kommunen und Freiwillige gut zusammenarbeiten, dann lassen sich lokale Aufgaben gemeinsam lösen.“ Doch die Realität ist vielerorts eine andere: Nachwuchs fehlt, Rahmenbedingungen sind oft unklar, Verwaltung und Ehrenamt sprechen nicht immer dieselbe Sprache. Zugleich schlummern in vielen Kommunen gute Ideen, kluge Konzepte und erprobte Netzwerke. Wer sie aktiviert, kann bürgerschaftliches Engagement reaktivieren und stärken. Die Weichen müssen jetzt gestellt werden. Kommunen benötigen neben finanzieller Planungssicherheit vor allem strukturelle Klarheit: Engagementförderung braucht klare Zuständigkeiten, digitale Verfahren, zentrale Ansprechpersonen und einen verlässlichen politischen Rückhalt. Ehrenämter verbinden: Sie schaffen Begegnung, übernehmen Verantwortung, stiften Sinn. Wenn Mut und Struktur zusammenfinden, könnten auch die Zahlen wieder steigen. Die aktuelle Krise bietet eine Chance – für einen Neustart kommunaler Anerkennungs- und Beteiligungskultur.

... schaute ich mir die Wahlplakate in meiner Stadt etwas genauer an. Eine innenfreie Autostadt fordert die Satirepartei Die PARTEI. Sicher nicht ganz ernst gemeint, immer provokativ und manchmal auch den eigenen Spiegel vorhaltend – dies ist ihr Markenkern. Das Plakat verweist spielerisch auf reale politische Konflikte um städtische Mobilität: Sollen Innenstädte autofrei werden, wie es viele Umweltinitiativen fordern, oder (wie z. B. die FDP teilweise fordert) wieder autogerechter? Sie kritisiert auch politische Symbolpolitik und die öffentlichen Debatte über Stadtentwicklung.

Verkehrspolitik zwischen Provokation und Realität

Von all den pathetischen Projekten unserer Zeit sticht sie besonders hervor: die „Mobilitätswen-

de“. Zu einem Change wie z. B. in Kopenhagen, Europas Hauptstadt der Radfahrer, sind wir weder emotional noch faktisch in der Lage. Da werden Fahrradwege halbherzig aufgemalt und manchmal auch nie fertiggestellt. Wir treffen auf einen öffentlichen Nahverkehr, der trotz Milliardeninvestitionen nicht mal pünktlich in die Großstadt, geschweige denn aufs Land kommt.

Und dann gibt es jene Mobilitätsutopisten, die allen Ernstes glauben, der Verbrenner sei in zwei Jahren so obsolet wie das Faxgerät.

Der ewige Kampf zwischen Lastenrädern und Dauerparkern

Es ist nicht zielführend, den SUVFahrerinnen und -fahrern das Gefühl zu geben, sie seien dafür verantwortlich, dass die Polkappen

Hartmann war von 2004 bis 2020 Bürgermeister der Gemeinde Blankenheim. Foto: BS/privat

schmelzen. Fakt ist: Menschen lieben Individualität. Den wenigsten macht es Spaß, morgens um 6 Uhr mit zwei Kindern, Regen und Einkäufen auf dem Lastenrad zum Kindergarten zu fahren.

Wenn Verkehr zur Glaubensfrage wird

Und dann gibt es eine besondere Art von Spezies, die lieber im Stau stehen, als auf dem Hochsitz der Selbstgerechtigkeit zu sitzen. Sie haben im urbanen Dschungel ihr persönliches Freiluftparkhaus gepachtet, inklusive Dauer-Abo auf die dritte Reihe. Wer anderes behauptet, will nur ihre Freiheit beschneiden. Steht irgendwo ein Pop-up-Radweg, droht sofort der Untergang des Abendlandes. Radfahrer? Nicht normal. E-Scooter? Verweichlichte Spielzeuge. Bus und Bahn? Was ist das bitte? Und wehe, jemand wagt es, sich eine autofreie Straße zu wünschen – dann geht der Kreislauf schneller hoch als der Verbrauch alter Diesel im Stadtverkehr. Ihre Garagen sind zugepflastert mit Krempel, der Wagen hingegen thront kostenlos am Straßenrand.

Und wenn nun die nächste Generation höflich anfragt, ob vielleicht auch Platz für Kinderwagen, Lastenräder oder gar ein Baum wäre, dann heißt es pikiert: Bist du gegen Fortschritt?

Das Paradoxe: Dieselben Leute, die früher noch freie Fahrt für freie Bürger skandierten, wollen nun plötzlich die maximale Regulierung – aber eben nur für Radfahrer, E-Roller und alle, die irgendetwas anderes als einen Kleintransporter steuern.

Geboten: Respekt statt Kulturkampf Wir brauchen weder eine Debatte mit moralischer Überheblichkeit noch eine ohne Respekt für eine nachhaltige Umwelt. Eine Diskussionskultur, in der die Art, wie ich von A nach B komme, darüber entscheidet, ob man als guter oder als schlechter Mensch gilt, ist kein sonderlich fruchtbarer Nährboden für eine vernünftige Mobilitätswende.

Ein Blick nach Kopenhagen lohnt sich. Verkehrspolitik ist dort keine parteipolitische Angelegenheit. Alle Parteien tragen ein langfristiges Fahrradkonzept von 2011 bis

2025 mit. Sie wird als Gemeinschaftsaufgabe verstanden.

Disziplin und Respekt

Auch in Deutschland kann das gelingen. Dazu braucht es Disziplin bei den Parteien aber auch bei den Bürgerinnen und Bürgern. Die Politik muss Mut zum Experimentieren haben und das Volk darf nicht nach jedem Experiment Schnappatmung bekommen. Geduld, aber auch die Bereitschaft „zurückrudern zu können“, ohne dass eine Kehrtwende politisch ausgeschlachtet wird, sind wichtige Voraussetzungen für eine gelungene Mobilitätswende. Weder der SUV noch das Lastenrad sind die Grundpfeiler unserer Demokratie.

Kolumne Hartmann
Rolf
Engagement trägt – doch die Schultern werden weniger. Ohne frischen Nachwuchs droht dem Ehrenamt

Demnächst entscheidet sich zwischen Wahlkabine und Endsommerstimmung die politische Richtung in Nordrhein-Westfalens Städten und Gemeinden. Die Themen reichen von Wohnungsbau und Verkehr bis zu Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit – und sie zeigen, wie eng Kommunalpolitik mit dem Alltag der Menschen verbunden ist.

Landesweit führend ist die CDU (32 Prozent), dahinter liegt die SPD (22 Prozent), gefolgt von Grünen und AfD (14 Prozent) sowie Die Linke (sechs Prozent). FDP und BSW sind mit drei und zwei Prozent weit abgeschlagen. In vielen Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens ist das Rennen aber durchaus offen.

Neustart in der Domstadt Nach nunmehr zehn Jahren im Amt tritt die von Grünen und CDU unterstützte Oberbürgermeisterin Kölns, Henriette Reker, nicht erneut an. Ihre Popularität hatte zuletzt stark gelitten. In einer Forsa-Umfrage gaben 69 Prozent der Befragten an, mit Rekers Arbeit unzufrieden zu sein.

Zudem bremsten sich schließlich die Unterstützerfraktionen Rekers immer wieder gegenseitig aus. Politikwissenschaftler Conrad Ziller bewertet die Aufstellung individueller Kandidaten deshalb als positiv. Auch den Wegfall eines Amtsbonus begrüßt er: „Die Karten werden in Köln tatsächlich neu gemischt“.

Hauptwahlkampfthemen sind die Verkehrs- und Wohnungspolitik sowie der Umgang mit steigender Drogen- und Obdachlosenproblematik. Dreizehn Kandidierende bewerben sich um die Nachfolge Rekers. Die aussichtsreichsten sind wohl Berivan Aymaz (Grüne), Markus Greitmann (CDU) und Torsten Burmester (SPD). Dem amtierende Baudezernent Greitmann könnte im Wahl-

Kohle, Kölsch und Karneval

Nordrhein-Westfalen hat die Wahl

(BS/Julian Faber) Am 14. September 2025 sind die Bürgerinnen und Bürger in NRW zur Kommunalwahl aufgerufen. Gewählt werden Stadt- und Gemeinderäte, Kreistage, Bezirksvertretungen sowie (Ober-)Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, Landräte und – im Ruhrgebiet – die Verbandsversammlung. Etwaige Stichwahlen sind für den 28. September vorgesehen.

Vom Bürgermeister über den Stadtrat bis zur Bezirksvertretung: In NRW wird gewählt. Foto: BS/bluedesign, stock.adobe.com

kampf allerdings die Sanierung des Kölner Opernhauses auf die Füße fallen, die sich von 253 Millionen auf 1,5 Milliarden Euro verteuert und um elf Jahre verzögert hat. Einen enormen Popularitätsvorsprung hat der Kriminalbiologe und Autor Dr. Mark Benecke. Er tritt für die aus der Satire-Zeitschrift Titanic erwachsene Die Partei an. Seine Pläne: „Rückbau der Oper in den Grundzustand. Freie Sicht auf den Kölner Dom – weltweit. Straßen-Reinigung mit Kölnisch Wasser. ÖPNV durch Kutschen und Monorail ergänzen.“ Bei seiner Kandidatur 2015 erreichte er den dritten Platz. Die Kölner Ratsmehrheit bilden aktuell Grüne, CDU und Volt. Nach neuesten Umfragen verlieren Grüne, SPD und FDP an Zustimmung, die Grünen bleiben aber stärkste Kraft.

CDU, Linke und AfD verbessern sich hingegen um wenige Prozentpunkte. Doch nur die Hälfte der Befragten gibt an, auch den OB-Kandidaten der gewählten Partei zu unterstützen. Das Rennen in der Rheinmetropole ist also absolut offen.

Düsseldorf: Kampf um Platz zwei In der Landeshauptstadt steht zur Wahl des Verwaltungsoberhaupts vor allem eine Frage im Zentrum: Wer wird Zweiter? Immerhin deutet sich eine Stichwahl zwischen Amtsinhaber Dr. Stephan Keller (CDU) einerseits und Clara Gerlach (Grüne) oder Fabian Zachel (SPD) andererseits an. Die Chancen der rot-grünen Kandidierenden hängen dann von der Frage ab, ob sie das jeweils andere Lager bei einer Stichwahl überzeugen können. Keller gelang

Berlin will Wohnkonzerne verstaatlichen

SPD legt Gesetzesentwurf im Abgeordnetenhaus vor (BS/Anne Mareile Moschinski) Nach Wohnungsnot und Mietwucher: Der Berliner Senat stimmt über ein Gesetz zur Vergesellschaftung im Bereich der Daseinsvorsorge ab. Die geplante Regelung ist ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik.

Der Gesetzesentwurf, den die Berliner SPD nun vorgelegt hat, zielt auf die Verstaatlichung großer Wohnkonzerne, wie Vonovia oder Deutsche Wohnen. Mit der Regelung zur Vergesellschaftung soll die „unmittelbare Deckung eines öffentlichen Bedarfs der Daseinsvorsorge“, etwa beim Wohnen und der Versorgung mit Energie, Wasser und Wärme, erreicht werden. Erwartungsgemäß schlagen die Pläne aus dem Abgeordnetenhaus hohe Wellen. Der Eigentümerverband Haus & Grund spricht beispielsweise von einer „Beerdigung der freiheitlichen Grundordnung“, es würden damit „zentrale Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft“ verletzt. Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion bewertet den Entwurf als „massiven Eingriff in die unternehmerische Freiheit“.

Eckpunkte des Gesetzes

Dabei ist der Gesetzesentwurf die Folge eines Volksentscheids aus dem Jahr 2021. Damals hatten sich rund 59 Prozent von 1,8 Millionen teilnehmenden Berlinerinnen und Berlinern für die Verstaatlichung von Wohnkonzernen mit mehr als 3.000 Wohnungen ausgesprochen. Die regierende Koalition aus Union und SPD hatte sich daraufhin in ihrem Koalitionsvertrag verständigt, ein Vergesellschaftungsrahmengesetz auf den Weg zu bringen. Nun stehen die Eckpunkte des Gesetzes fest.

Dieses fußt auf Artikel 15 des Grundgesetzes, der folgenderma-

Die Pläne aus dem Berliner Abgeordnetenhaus schlagen hohe Wellen: Die SPD-Fraktion hat einen Gesetzesentwurf zur Verstaatlichung großer Wohnkonzerne vorgelegt. Offen bleibt, wie das Bundesverfassungsgericht darüber entscheidet.

ßen lautet: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.“ Dass dieser Passus des Grundgesetzes nun zur Anwendung kommt, ist ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik. Zu dem geplanten Gesetz erklärte Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD): „Was wir als Staat brauchen, ist ein geeignetes Mittel, um gegen diejenigen vorzugehen, die gezielt und immer wieder an Recht und Regeln vorbei agieren, Schlupflöcher suchen und

2020 der Wahlsieg, weil die Hälfte von jenen, die zunächst für den grünen Kandidaten votierten, an der Stichwahl nicht mehr teilnahm. Bisher rufen weder Gerlach noch Zachel zur wechselseitigen Unterstützung im Falle einer Stichwahl auf. In einer Pollytix-Umfrage führt die CDU mit 36 Prozent, Grüne und SPD liegen bei 21 bzw. 17 Prozent – ein komfortabler Vorsprung für Keller, aber keine Garantie für eine Wiederwahl. Inhaltlich dominiert der Verkehr: Düsseldorf gilt laut Inrix-Auswertung als „Stauhauptstadt“ – 60 Stunden Stillstand pro Pendlerin und Pendler jährlich; Baustellen und ein unzureichender ÖPNV sind spürbar Thema. Gerlach strebt deshalb unter anderem eine Taktverdichtung des ÖPNV und einen beschleunigten Radwegeausbau an. Keller will die „erfolgreiche Politik“ der letzten fünf Jahre fortsetzen – von der stabil niedrigen Gewerbesteuer über den Abbau städtischer Bürokratie bis zur Vorbereitung des KI-Einsatzes in der Verwaltung. Auch 8.000 neue Wohnungen sollen bis 2030 entstehen. Aktuell würden nicht alle rechtlichen Möglichkeiten zum Schutz von Mieterinnen und Mietern vor „rücksichtslosen Investoren“ ausgenutzt, so Zachel. Deshalb werde er bei einem Wahlsieg einen „Mieterschutzschirm spannen“, mit klaren Regeln für Investoren und einer „Mieterschutzeinheit direkt im Büro des Oberbürgermeisters“.

Offenes Rennen im Pott Neben den unzähligen Klein- und Mittelstädten spielt das Ruhrgebiet eine besondere Rolle. Auf dem Gebiet des Regionalverbandes Ruhr (RVR) wird neben Oberbürgermeister oder Oberbürgermeisterin sowie der Kreis- und Landräte auch die Zusammensetzung des Ruhrparlamentes gewählt. Dieses übernimmt die Aufstellung des haushalterischen Gesamtbudgets und die übergeordnete Regionalplanung. Der RVR spricht vom „politischen Forum des Ruhrgebiets“ und betont seine Rolle als „einzige demokratisch legitimierte und verlässliche regionale Klammer“ – ein Hinweis, dass diese Wahl über kommunale Einzelinteressen hinausweist. Generaldirektor ist Garrelt Duin (SPD). Seit 2020 regieren Sozial- (29 Prozent) und Christdemokraten (27 Prozent) gemeinsam. Drittstärkste Kraft sind die Grünen (20 Prozent). Inhaltlich stehen Klima-, Mobilitäts- und Kulturprojekte an: Land und RVR haben Anfang 2025 eine Regionale Kulturstrategie Ruhr mit jährlich 6 Millionen Euro neu aufgelegt. Strittig bleibt der Flächenkonflikt bei Windenergie und Waldumbau – Positionen reichen von forciertem Ausbau bis zu strengeren Steuerungsregeln.

Jede Stimme zählt Während in Köln die Spitze des Rathauses neu besetzt wird, steht in Düsseldorf die Amtsführung der letzten fünf Jahre auf dem Prüfstand. Das vielfältige Ruhrgebiet könnte indes für einige Überraschungen sorgen, sei es im Stadtrat, im Rathaus oder dem Ruhrparlament. Klar ist: Selten ist Politik so unmittelbar und nah am Alltag der Menschen, wie in den Städten und Gemeinden, selten kann eine Stimme einen so großen Unterschied machen.

Ungleiche Lastenverteilung

Kritik an bayerischem Wassercent (BS/amm) Der Freistaat reiht sich in das Vorgehen anderer Bundesländer ein und erhebt Abgaben auf die Wasserentnahme – mit zahlreichen Ausnahmeregelungen. Die kommunalen Spitzenverbände fürchten durch die Steuer eine Ungleichbehandlung der Bürgerinnen und Bürger.

Ab Juli 2026 müssen in Bayern Abgaben für die Entnahme von Grundwasser bezahlt werden. Der sogenannte Wassercent ist als klimafreundliche Maßnahme gedacht und soll den sparsamen Umgang mit der Ressource fördern, erläutert die bayerische Staatsregierung den Gesetzesentwurf. „Es dient dem Schutz des Wassers“, so Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

Foto: BS/Friedberg, stock.adobe.com

mit ihrem Handeln auf Raubzug gehen, dabei Substanz auf Verschleiß fahren und Infrastruktur verwahrlosen lassen.“ Über die konkrete gesetzliche Ausformulierung wolle die Koalition nun sprechen. Basierend auf Artikel 15 sollen die betroffenen Konzerne eine Entschädigung erhalten. Dabei darf nach dem Mehrheitsvotum einer eingesetzten Expertenkommission die Entschädigung unterhalb des Verkehrswertes liegen. Das Gesetz soll frühestens zwei Jahre nach Verkündung in Kraft treten. Damit will die Berliner Koalition sicherstellen, dass das Bundesverfassungsgericht das Gesetz vorher prüft, wie es in einer Pressemitteilung des Senats heißt.

Ausnahmen für Bauern und andere Unternehmen Nach der vorliegenden Regelung soll in Zukunft jede Person, die im Freistaat Grundwasser entnimmt oder verbraucht, eine Abgabe von einheitlich zehn Cent pro Kubikmeter bezahlen. Gemessen am durchschnittlichen Wasserverbrauch von knapp 140 Liter pro Person und Tag dürfte die Maßnahme in Privathaushalten Zusatzkosten von rund fünf Euro pro Person und Jahr verursachen. Dabei wird der Wassercent Privatpersonen nicht direkt in Rechnung gestellt, stattdessen erreicht sie die neue Abgabe über eine Gebührenerhöhung der Wasserversorger, die das Entgelt auf ihre Kunden umlegen dürfen.

Mehr Kosten für kommunale Abwasserbetriebe

In eine ähnliche Kerbe schlägt der Geschäftsführer des bayerischen Städtetags, Bernd Buckenhofer : „Am Schluss bezahlen Bürgerinnen und Bürger den Wassercent, während viele Betriebe und Landwirte großzügig kostenfrei Grundwasser fördern dürfen.“ Der Wassercent dürfe nicht auf Schätzwerten basieren, Grundlage müsse stattdessen die tatsächlich entnommene Wassermenge sein.

Dabei gilt der Wassercent auch für die Entnahme aus Oberflächenund Grundwasserquellen. Infolgedessen müssen sich auch die kommunalen Abwasserbetriebe auf teurere Betriebskosten einstellen. Bereits in mehreren Bundesländern werden Abgaben auf die Wasserentnahme erhoben. Bislang gibt es nur in Hessen und Thüringen keine Regelungen.

Ausnahmen soll es für Bauern und andere Unternehmen mit eigenem Brunnen geben. Zudem soll die entnommene Wassermenge nicht mit Zählern exakt erfasst, sondern auf der Basis von Glaubhaftmachungen angegeben werden. An diesen Punkten entzündet sich vehemente Kritik. So erklärte der Präsident des bayerischen Gemeindetags und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), Uwe Brandl (CSU): Grundsätzlich müssten alle Wasserentnahmen aus öffentlichen und privaten Brunnen gemessen werden. „Nur so kann man sicherstellen, dass alle Verbraucher gleichbehandelt werden.“ Auch die hohen Freimengen von 5.000 Kubikmetern Wasser pro Jahr für Landwirte und Unternehmen lehnt er ab.

Forderungsmanagement

Unterschätzter Schlüssel solider Kommunalfinanzen

Wenn es um stabile Haushalte und eine leistungsfähige Verwaltung geht, stehen oft die großen Themen wie Steuerpolitik, Investitionsprogramme oder Schlüsselzuweisungen im Vordergrund. Doch nicht selten liegt die eigentliche Stellschraube im Kleinen, etwa im kommunalen Forderungsmanagement. Das Ziel eines effektiven Forderungsmanagements ist einfach, aber zentral. Offene Forderungen sollen zügig eingezogen werden, damit die verauslagten Steuermittel wieder der Finanzierung öffentlicher Aufgaben zur Verfügung stehen. Zugleich muss die Debitorenbuchhaltung richtig gepflegt werden, weil sie die Basis für Transparenz, Planbarkeit und verlässliche Steuerung ist. In der Praxis beginnt alles mit der regelmäßigen Überwachung offener Posten. Hier ist die Kasse gefordert. Sie kann, gestützt auf die kommunale Finanzsoftware oder Fachanwendungen etwa im Bereich der Ordnungswidrigkeiten, ein automatisiertes Mahnverfahren einleiten. Der Aufwand ist gering, der Ertrag oft hoch. Bleibt der Zahlungserfolg aus, geht der Vorgang in die Vollstreckung über. Bei konsequenter Anwendung ein rechtlich klar strukturierter, inhaltlich aber nicht zu unterschät-

Dr. Ulrich Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt. Foto: BS/privat

In einer viel beachteten Studie des ifo-Instituts wurde bereits im Februar die Frage gestellt, ob der öffentliche Sektor in Deutschland die Anpassung an den demografischen Wandel verschläft. Konkret wurde bemängelt, dass im Gegensatz zur Privatwirtschaft die Digitalisierung und Prozessoptimierungen kaum vorankommen, zahlreiche qualifizierte Arbeitskräfte in alten Strukturen gebunden werden und Effizienzpotenziale so ungenutzt bleiben. Diese Kritik wiegt umso schwerer, als auch der Privatwirtschaft in Deutschland bei der Digitalisierung im globalen Vergleich bestenfalls ein Platz im Mittelfeld zugetraut wird. Nun gibt es tatsächlich genügend Anlass zur Unzufriedenheit mit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG), das Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, Verwaltungsleistungen als E-Government auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Aber es gibt eben auch viele Fortschritte, die Mut machen und ein positiveres Bild zeichnen. Auch vor diesem Hintergrund wurden für das Trendbarometer Kommunalfinanzierung 2025 von der TU Darmstadt in Kooperation mit komuno, der digitalen Plattform für Kommunalkredite, etwa 550 Finanzentscheider aus Kommunen, kommunalen Unternehmen und Finanzinstituten befragt. Die Ergebnisse bieten einigen Anlass zur Hoffnung und unterstreichen erneut die Bedeutung der Kämmereien im Rahmen der Digitalisierung.

Verlust an Digitalisierungsdynamik Während vor zwei Jahren die Zahlen des Trendbarometers zeigten, dass die Mehrheit der befragten Kommunen den Fortschritt bei der Digitalisierung sowohl der internen

zender Prozess. Wir haben deswegen das Forderungsmanagement untersucht. Grundlage war eine Analyse der am 31. Dezember 2022 offenen Forderungen, die bis Oktober 2023 noch nicht beglichen waren.

Vergleich der Kommunen

niedrigster Wert

höchster Wert

Quervergleich – Forderungsmanagement Offene Debitoren1) zum Stichtag 31.12.22

1) Mitte Oktober 2023. Zur Vergleichbarkeit wurden die offenen Posten auf die Hauptforderung gegenüber privaten Schuldnern (ohne Mahngebühren, Säumniszuschläge und niedergeschlagene Posten) beschränkt.

2) Die Maximalpunktzahl wird bei 1 Prozent und weniger vergeben. Beispiel Eppstein: 1 Prozent geteilt durch 1,083 Prozent = 92 Punkte gerundet.

76 Punkte gerundet.

Die Ergebnisse des Quervergleichs verdeutlichen ein stark differenziertes Bild. Während einige Kommunen ein fast mustergültiges Forderungsmanagement betreiben, liegen andere deutlich zurück. So verzeichnete die Gemeinde Fuldatal mit 64 Euro je Einwohner den höchsten Wert je Einwohner an länger als einjährigen offenen Forderungen. Dagegen steht Bad Emstal mit nur zwei Euro exemplarisch für ein konsequentes Vorgehen. Ähnlich sieht es bei der Anzahl der offenen Posten aus. Homberg (Efze) liegt mit 26 Prozent unerledigter Fälle je Einwohner deutlich über den Werten der Vergleichskommunen. Glashütten hingegen weist praktisch keine offenen Posten mehr auf. Was folgt daraus? Kommunen sollten die zur Verfügung stehenden Maßnahmen nutzen. Mahnung und Vollstreckung sind keine bloßen Verwaltungsroutinen, sondern zentrale Elemente kommunaler Haushaltsdisziplin. Gleichwohl ist dabei das KostenNutzen-Verhältnis stets zu beachten. Wo wenig oder keine Erfolgsaussicht mehr besteht, kommen Stundung, Niederschlagung oder Erlass in Betracht – und zwar in dieser Reihenfolge. Nur so lässt sich der Buchungsbestand sauber halten, ohne die Verwaltung mit aussichtslosen Forderungen zu blockieren. Forderungsmanagement mag kein glamouröses Thema sein. Aber es ist ein unsichtbares Rückgrat solider Finanzpolitik. Wer es beherrscht, spart nicht nur bares Geld. Er demonstriert auch Verlässlichkeit, Ordnung und Wirksamkeit im Verwaltungshandeln.

3) Die Maximalpunktzahl erhalten die Kommunen, die besser als der Median (18,26 €) sind. Beispiel Eppertshausen: 18,26 € geteilt durch 24 € mal 100 =

4) Die Maximalpunktzahl wird bei 2 Prozent und weniger vergeben. Beispiel Bad Emstal: 2 Prozent geteilt durch 2,38 Prozent mal 100 = 84 Punkte gerundet.

>= 80 Punkte

>=50 Punkte < 80 Punkte

<50 Punkte

Einige Kommunen nutzen ihr Potenzial im Forderungsmanagement noch nicht voll aus.

Quelle: BS/Eigene Erhebungen; Stand Februar 2024

Abbildung: BS/Keilmann

Die aktuellen Zahlen sollten Ansporn sein, auch in diesem Bereich konsequent nachzusteuern. Lesen Sie mehr zu diesem Thema im Kommunalbericht 2023, Hessischer Landtag, Drucksache 20/11686 vom 21. November 2023, S. 262 ff. Der vollständige Bericht ist kostenfrei unter rechnungshof. hessen.de abrufbar.

Der Kämmerer gibt den Takt an

Einsichten aus dem Trendbarometer Kommunalfinanzierung 2025

(BS/Dirk Schiereck/Thomas Eitenmüller) Kämmereien übernehmen zunehmend eine treibende Rolle bei der digitalen Transformation – mit wachsender Plattformnutzung und neuen Wegen der Finanzpartnersuche.

Welche Rolle hat die Kämmerei derzeit beim Thema Digitalisierung innerhalb Ihrer kommunalen Verwaltung?

Mitläufer Treiber Neutral

Ergebnis einer Umfrage unter öffentlichen Finanzentscheidenden.

Abläufe als auch bei den digitalen Diensten für die Bürgerinnen und Bürger als mindestens zufriedenstellend beurteilt haben, so hat diese Einschätzung zwar auch im Jahr 2025 Bestand, aber es ist keine positive Dynamik mehr zu beobachten. Eine tiefergehende Analyse verdeutlicht, dass die Fortschritte gerade bei der Digitalisierung der Bürgerdienste vorwiegend bei den kleineren Kommunen verzeichnet werden, während insgesamt Kommunen mit einer hohen Pro-KopfVerschuldung kaum Fortschritte erreichen.

Diese Einsichten erschrecken in zweierlei Hinsicht, wenn die Daten des Trendbarometers Kommunal-

Grafik: BS/Schiereck

finanzierung zugleich unterstreichen, dass die große Mehrzahl der Kommunen für 2025 mit zum Teil deutlich steigender Verschuldung rechnet. Zum einen wird damit der Raum für Investitionen in weitere Digitalisierung noch stärker einschränkt. Zum anderen legen die Fortschritte gerade bei kleineren Kommunen die Befürchtung nahe, dass mit einer zunehmenden Komplexität weiterer Digitalisierungsschritte, wie sie gerade bei großen Gebietskörperschaften auftreten, zusätzliche Digitalisierungserfolge nur langsam vereinnahmt werden.

Treiber der Digitalisierung Vor diesem Hintergrund einer schwächelnden Digitalisierungs-

dynamik ist eine überaus bemerkenswerte Reaktion zu beobachten. Während vor zwei Jahren gerade einmal 43 Prozent die Kämmerei als Treiber beim Thema Digitalisierung innerhalb ihrer kommunalen Verwaltung gesehen haben, ist es heute fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent). Gleichzeitig bricht der Anteil derer, die eher eine Mitläuferrolle wahrnehmen, von 45 Prozent auf 31 Prozent ein. Jeder Dritte hat hier also seine Sichtweise angepasst, was angesichts der überschaubaren Frist zwischen den beiden Befragungen überaus überrascht. Die Kämmereien nehmen also eine sehr viel aktivere Rolle ein, und das wird auch in konkreten Handlungen sichtbar. Werden für die Kreditaufnahme Dienstleister bzw. Intermediäre eingebunden, nutzen heute 75 Prozent der befragten Kämmereien auch oder nur digitale Plattformen, und beim Blick auf die Medien, über die Finanzausschreibungen den potenziellen Finanzgebern übermittelt werden, stirbt das Fax langsam aus (noch sechs Prozent) und der digitale Marktplatz gewinnt stark an Bedeutung. Immerhin 43 Prozent der Befragten nutzen ihn inzwischen.

Partnersuche auf der Plattform

Die Anforderungen, die ein digitaler Marktplatz erfüllen muss, damit er für Kommunalfinanzierungen genutzt wird, zeigen sich im Zeitverlauf weitestgehend als überaus stabil und werden offensichtlich auch

getrieben vom Wunsch der Kämmereien, den Bürgerinnen und Bürgern eine nachträgliche Überprüfbarkeit ihrer Entscheidungen zu bieten. So betonen die Befragten weiterhin die gute Transparenz und Vergleichbarkeit der Kreditangebote, die attraktiven Kreditkonditionen sowie die einfache Bedienbarkeit, Zeitersparnis und gute Dokumentation aller Vorgänge. Auffallend sind allerdings die Bedeutungszuwächse beim Finden von neuen und überregionalen Finanzpartnern, wo jeweils ein Anstieg von 22 Prozent auf 24 Prozent seit 2023 zu beobachten ist, während die Bedeutung von regionalen Finanzpartnern tendenziell eher rückläufig ist.

Dieser Trend ist recht typisch für die Etablierung von digitalen Plattformlösungen auch jenseits der Kommunalfinanzierung. Mit größerer Vertrautheit in der Verwendung von Plattformen steigt regelmäßig auch die Bereitschaft der Nutzerinnen und Nutzer, neue, nicht persönlich bekannte Geschäftspartner in das eigene Netzwerk zu integrieren.

Prof. Dr. Dirk Schiereck ist seit 2008

Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung an der Technischen Universität Darmstadt. Foto: BS/privat Thomas Eitenmüller ist seit 2020 CEO & Managing Director der komuno GmbH. Foto:

Relevante Mobilitätsdaten wie

zum Beispiel Baustellenmeldungen, statische und dynamische Fahrplaninformationen im ÖPNV oder Auslastungsdaten zu Parkplätzen können über die Mobilithek des Bundesministeriums für Verkehr (BMV) verteilt werden.

Daten als Rohstoff

Eine moderne Verkehrsplanung, aktuelle Verkehrsinformationen oder die Integration verschiedener Verkehrsträger in eine nahtlose, multimodale Reisekette sind ohne Daten, einschließlich Echtzeitdaten, nicht denkbar. Darüber hinaus können diese Daten als Rohstoff für innovative Mobilitätslösungen dienen. Diese haben jedoch nur dann einen wirklichen Wert, wenn sie verlässlich, aktuell und interoperabel sind – und natürlich zugänglich. Gerade an der Zugänglichkeit von Daten als Grundvoraussetzung dafür, dass überhaupt digitale Mobilitätsdienste entstehen können, mangelt es nach wie vor, obwohl regulatorische und technische Grundlagen vorhanden sind:

• Die europäische (u. a. IVS-Richtlinie) und nationale Gesetzgebung (u. a. PBefG) zielt darauf ab, die Datenverfügbarkeit zu steigern.

• Bundesweite und regionale Datenplattformen bzw. Akteure wie die Mobilithek, Delfi, MobiData-BW oder Mobidrom stellen die passende technische Infrastruktur für den Datenaustausch bereit.

• Data Spaces, wie der Mobility Data Space (MDS), bilden eine technische Alternative für den Handel privatwirtschaftlicher Daten zwischen Unternehmen unter Wahrung der Datenhoheit.

Plattform mit System im nationalen und europäischen Kontext

Die Mobilithek erfüllt mehrere Aufgaben. Die Wichtigste ist sicherlich die des Nationalen Zugangspunktes (National Access Point – NAP) für

Mit Daten zum mobilen Menschen

Mobilitätsdaten als Schlüssel zur Mobilitätswende

(BS/Dr. Roland Goetzke/Cornelia Willems) Die Zukunft der Mobilität bedeutet eine tiefgreifende Transformation unseres

Die Mobilithek ist eine zentrale Anlaufstelle für nationale Daten aus ganz Deutschland.

Darüber hinaus ist sie auch Open Data­Plattform für die Geschäftsbereichsbehörden und Förderprogramme des BMV und versteht sich allgemein als zentraler Zugangspunkt zu Daten das Verkehrssystem in Deutschland betreffend. Die Mobilithek spielt als NAP auch auf EU­Ebene eine wesentliche Rolle. Die EU­Initiative National Access Point Coordination Organisation for Europe (NAPCORE) zur Datenkooperation im Mobilitätsbereich verfolgt das Ziel, einheitliche Mobilitätsdatenstandards für ganz Europa zu schaffen. Über 500 Expertinnen und Experten aus allen EU­Mitgliedsstaaten und sechs weiteren europäischen Ländern arbeiten in verschiedenen Arbeitsgruppen als Projektpartner daran. In Deutschland agiert die Mobilithek, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen

stützt die Harmonisierung der Mobilitätsdatenstandards in Europa und sorgt dafür, dass Deutschland nicht nur teilnimmt, sondern eine führende Rolle bei der Koordination übernimmt. Wie die meisten anderen NAPs in Europa ist die Mobilithek auch ein Metadatenportal, in dem Daten beschrieben werden und der Zugang zu externen Daten verlinkt wird. Aber darüber hinaus bietet sie noch technische Werkzeuge und Cloud­Ressourcen für die Datenübermittlung, die insbesondere Verkehrsbehörden, Informationsanbieter und Entwickler beim direkten Datenaustausch, inklusive Echtzeitdaten, unterstützen. Aktuell zählt die Mobilithek über 13.800 Datenangebote, mehr als 6.000 registrierte Nutzer und 1.870 Organisationen, die diese Werkzeuge zum Datenaustausch nutzen.

Micromobilität mit dem E-Scooter

Anpassung der Verordnung zu Elektrokleinstfahrzeugen

(BS/sr) Der Verleih von Elektrokleinstfahrzeugen ist Teil der Mobilitätswende in der Stadt. Seit 2019 sind diese Fahrzeuge über die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) reguliert. Die Verordnung soll nun nach wissenschaftlichen Ergebnissen im Bereich Sicherheit noveliert werden.

Bereits bei der Verabschiedung der eKFV stand eine Untersuchung der Verordnung in Bezug auf Punkte wie Verkehrssicherheit, Wirksamkeit und Zielsetzung aus. Nun liegt diese Auswertung vor und die Verordnung als solche soll aktualisiert werden.

Im Fokus stehen dabei neben einigen technischen Aktualisierungen besonders die Anpassung sowie Zuordnung der Verhaltensrichtlinien. Zu den technischen Änderungen für neue Geräte gehören eine Blin­

kerpflicht sowie neue Sicherheitsbestimmungen bei den Batterien und der fahrdynamischen Prüfung. Kritischer sind jedoch die vorgesehenen Änderungen bei den Verhaltensregelungen.

Geliehen vs. privat Diese wurden bislang sowohl in der Straßenverkehrsordnung (StVO) als auch in der eKFV geregelt. Die Regelungen soll nun zur Vereinfachung ausschließlich in der StVO festgehalten werden.

Kern der Veränderung sind dabei unter anderem Anpassungen bei den Abstellregelungen von Elektrokleinstfahrzeugen. Erstmals wird das Abstellen von privaten Fahrrädern und Elektrokleinstfahrzeugen, z. B. E-Scootern gegenüber geliehenen Fahrzeugen differenziert. Eine wichtige Änderung betrifft das stationslose Abstellen der Fahrzeuge, was nach wie vor ein Ärgernis darstelle, wie der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Städtetag in einem gemeinsamen Statement erklären.

Angleichung zum Fahrrad Kritisch sehen die Kommunalen Spitzenverbände hingegen, dass Elektrokleinstfahrzeuge bzgl. vieler Verhaltensregeln im Straßenverkehr nun mit Fahrrädern gleichgestellt werden sollen. Zukünftig sollen E-Scooter z. B. auch an grünen Pfeilen für Fahrräder abbiegen dürfen und zudem in generelle Ausnahmeregelungen für Fahrräder einbezogen werden. Laut den kommunalen Spitzenverbänden sollten E-Scooter jedoch aufgrund Fahrer­ und Nutzungsverhaltens in bestimmten Fällen anders eingestuft werden als Fahrradfahrende. Auch der Verband Zukunft Fahrrad steht die Gleichstellung von Fahrrad und E-Scooter kritisch. Schließlich handele es sich bei den E-Scootern um Kraftfahrzeuge.

Grafik: BS/BMV

Ladeinfrastruktur in Deutschland lässt sich die Unterstützungsfunktion der Mobilithek gut demonstrieren.

Positives Tank- und Ladeerlebnis Als technisches System für die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) beim Bundeskartellamt empfängt die Mobilithek die aktuellen Preisdaten aller Tankstellenbetreiber in Deutschland, bündelt sie und publiziert sie als deutschlandweiten Gesamtdatenbestand. Tankstellen­Apps beziehen diese Daten von der Mobilithek und bieten die Informationen in ihren Endkundendiensten an. Gerade für Fahrerinnen und Fahrern von E­Autos ist es besonders wichtig, sich jederzeit über Verfügbarkeit, Anschluss­ und Bezahlmöglichkeiten sowie über den Preis

von öffentlich zugänglichen Ladepunkten informieren zu können. Um das zu erreichen, hat die EU mit ihrer Verordnung 2023/1804 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) eine Verpflichtung zur Lieferung entsprechender Daten erlassen. Die Mobilithek hat inzwischen als erster NAP in Europa die Möglichkeiten geschaffen, dass Betreiber von Ladeinfrastruktur ihrer von der AFIR begründeten Datenbereitstellungspflicht vollständig nachkommen können, die ab April 2026 europaweit gilt.

Keine Verkehrspolitik ohne Daten Wer die Zukunft der Mobilität gestalten will, muss Daten bereitstellen, nutzen und vernetzen. Die Mobilithek bietet dafür eine interoperable und zukunftsfähige Infrastruktur. Sie ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug für bessere Entscheidungen, effizientere Prozesse und letztlich zufriedenere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer.

Dr. Roland Goetzke ist Diplom-Geograf und seit 2015 als Referent beim Bundesministerium für Verkehr (BMV) tätig. Dort leitet er das IT-Vorhaben „Mobilithek“. Foto: BS/BMV

Cornelia Willems ist Diplom-Kauffrau und seit 2017 als Referentin im Bundesministerium für Verkehr (BMV) tätig. Dort befasst sie sich u. a. mit den Themen „Mobilithek“ und „NAPCORE“. Foto: BS/BMV

Grüne Fahrradwelle

App schaltet Ampeln grün

(BS/Scarlett Lüsser) In der Stadt Heusenstamm wird seit Kurzem ein neues Pilotprojekt getestet, mit dem das Fahrradfahren beschleunigt werden soll: Eine App kommuniziert mit der vorausliegenden Ampel und fordert nach Möglichkeit eine Grünschaltung an.

Getestet wird die App aktuell an zwei vielbefahrenen Kreuzungen. Das soll einen besseren Fahrtfluss für Radfahrer ermöglichen und gleichzeitig für mehr Gerechtigkeit sorgen. Denn wie Roland Heidl, der Radverkehrsbeauftragte der Stadt im Landkreis Offenbach, erklärt, sei die Wartezeit für querende Radfahrende hier besonders lang. Für das Pilotprojekt ist Hessen Mobil – Straßen- und Verkehrsmanagement verantwortlich und erprobt damit den Nutzen und die Akzeptanz der Anwendung. Trafficpilot nutzt das GPS-Signal des Handys und gibt neben dem Wunsch auf Grünschaltung auch an, ob langsamer oder schneller gefahren werden sollte, um die nächste grüne Ampel zu erwischen. Auch an einer Gruppenerkennung werde gearbeitet, damit die Grünschaltung länger anhalte, erklärt der Heusenstammer Unternehmer Ernestos Varvaroussis, dessen Firma Gevas Software die App bereitstellt.

Vorzug an der Ampel auch in Hessen

Eine ähnliche App wird bereits in der Universitätsstadt Marburg getestet. Im Rahmen des Klima­Aktionsplans 2030 hatte die Stadt viele Maßnahmen auch zur Stärkung des Radverkehrs beschlossen, eine davon wurde mit der App YuBike

2023 hat die Stadt in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität (TU) München die App durch einen Praxistest evaluiert. Das Ergebnis: Die App löse zwar im Allgemeinen nicht die Verkehrsprobleme der Stadt, sei aber dennoch ein Baustein für schnelleren und sichereren Radverkehr. Gleichzeitig „hat sich die Verkehrssituation für den motorisierten Individualverkehr (MIV) und den ÖPNV nicht signifikant verschlechtert“, heißt es im Bericht der TU München. Als Herausforderung wurde jedoch auch die geringe Verbreitung der App genannt, daher stellt sich die Frage, wie intensiv dieses Angebot überhaupt genutzt wird. Darüber hinaus gibt es auch Kritik an solchen Anwendungen. Bspw. gäbe es die Möglichkeit, eine Kontaktschleife vor einer Ampel einzubauen, sodass die Grünschaltung beim Überrollen ausgelöst wird. Auch Infrarotsensoren wären möglich — alles ganz ohne App. Welchen Mehrwert eine solche also hat, muss sich in der Anwendung und in der Annahme der Nutzende zeigen. Behörden

umgesetzt. Auch diese soll Radfahrenden an Ampeln einen Vorzug bringen und grüne Wellen durch Tempoanpassung ermöglichen. Zusätzlich werden hier Bike-Sharingund Fahrradabstellmöglichkeiten angezeigt.

Im Schnitt laufen diese Vorhaben bereits seit fast vier Jahren – mit durchschnittlich mehr als vier eingesetzten Fahrzeugen. Diese Zahlen belegen nicht nur die Beständigkeit der Projekte, sondern auch die zunehmende Relevanz digital gestützter Bedarfsverkehre im ÖPNV. Zwölf dieser Projekte wurden durch den Landeswettbewerb „Mobil.NRW –Modellvorhaben innovativer ÖPNV im ländlichen Raum“ gefördert, zehn werden auch 2025 fortgeführt. Das zeigt: On-Demand RidepoolingAngebote haben sich lokal etabliert und ergänzen klassische Linienver kehre zunehmend sinnvoll – beson ders im ländlichen Raum.

Bussi und Co.

Die Entwicklung seit 2019 verlief dynamisch – aber auch fragmen tiert. Produktbezeichnungen wie Bussi, flexy, FluxFux, Helmo, Re vierflitzer oder STADTBUSsi stehen exemplarisch für die Vielfalt im Markt, die sich auch bei Betriebs modellen, Tarifen, Buchungssystemen und Technologieanbietern fortsetzt. Fahrgäste werden da durch oft mit nicht einheitlichen Nutzungswegen konfrontiert – was eine spontane oder auch regionenübergreifende Nutzung erschwert. Zudem bestehen derzeit individuelle Verträge zwischen den Verkehrsun ternehmen und den On-Demand Plattformanbietern, wodurch die Vergleichbarkeit, Steuerung und Skalierung auf Landesebene stark limitiert wird.

On-Demand Ridepooling in NRW

Vom Projektmosaik zur Plattformstrategie

(BS/Henry Steinbach) In vielen Städten und Kreisen ergänzen On-Demand Ridepooling-Angebote den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV): Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es aktuell rund 25 Projekte, die von Verkehrsunternehmen verantwortet werden.

Diese Heterogenität wurde bei den Vernetzungstreffen „On-Demand NRW“ des Kompetenzcenters Digitalisierung NRW (KCD) offen thematisiert. Der Austausch zeigte: Die Nachfrage wächst, die Kundenzufriedenheit ist hoch – doch vielerorts erfordert der Betrieb ein überdurchschnittliches Maß an Ressourcen und Know-how vor Ort. Gleichzeitig fehlen bislang übergreifende Standards für Monitoring, Evaluation und Steuerung.

Harmonisierung der On-DemandLandschaft

Das KCD NRW befasst sich seit 2020 intensiv mit On-Demand Ridepooling-Verkehren und entwikkelte auf Basis einer Analyse aus der Ruhr-Konferenz des Landes NRW ein tragfähiges Modell für eine landesweite On-Demand-Plattformstruktur. Ergebnis ist das Projekt „On-Demand Ridepooling NRW“, das im April 2025 offiziell startete und vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (MUNV NRW) mit rund 8,5 Millionen Euro gefördert wird. Das Projekt ist ein zentraler Bestandteil der ÖPNV-Digitalisierungsoffensive des Landes NRW. Mehr als zehn Verkehrsunternehmen haben ihre Teilnahme an der Aufbauphase durch einen Letter of Intent zugesagt. Ziel ist es, bis 2029 eine harmonisierte OnDemand-Landschaft zu etablieren, die bestehende Angebote integriert und neue Vorhaben erleichtert. Das Herzstück des Projektes bildet die mandantenfähige On-Demand Ridepooling-Plattform NRW (ODP NRW). Die Plattform wurde im ersten Halbjahr 2025 europaweit ausgeschrieben und im August 2025 an Via Transportation – einen spezialisierten Anbieter – vergeben. Derzeit befindet sich die ODP NRW in der Set-up-Phase. Voraussichtlich im November 2025 wird die Plattform mit den ersten Mandanten an den Start gehen. Ab 2026 sollen bestehende Projekte schrittweise migriert und neue Mandanten in die ODP NRW integriert werden. Unterstützt wird dies in den Jahren 2026 bis 2028 durch einen Förderaufruf des MUNV NRW, der die Betriebskosten adressiert. Ziel ist es, möglichst vie-

Mit einheitlichen Standards können die On-Demand Angebote in NRW noch effizienter zum Einsatz kommen. Foto: BS/Ketsara, stock.adobe.com

le Bestandsprojekte zu integrieren und gleichzeitig neue On-DemandAngebote in weiteren Regionen zu initiieren.

Zentral und Individuell

Das mandantentaugliche Konzept der ODP NRW bietet einerseits einen zentralen Verwaltungsbereich für das KCD – inklusive Mandantenmanagement und Datenmonitoring – und andererseits individuelle Steuerungsebenen für Verkehrsunternehmen. Eine landesweit einheitliche Fahrgast- und Fahrpersonal-App und Schnittstellen zu Fahrgastinformationssystemen sind integrale Bestandteile der Plattform. Außerdem ist sie modular und skalierbar aufgebaut, um individuelle regionale Anforderungen abzubilden und gleichzeitig landesweite Standards zu gewährleisten. Eine Begleitforschung sowie die enge Zusammenarbeit mit kommunalen und regionalen Akteuren sichern die kontinuierliche Weiterentwicklung. Im Fokus steht dabei stets ein nutzerfreundliches und wirtschaftlich tragfähiges Verkehrsangebot.

Zentrale Koordinierungsstelle Neben der technologischen Infrastruktur entsteht mit On-Demand Ridepooling NRW auch ein organisatorisches Gesamtprojekt. Dabei übernimmt das KCD NRW als zentrale Koordinierungsstelle die Funktion eines Vermittlers zwischen Land, Verkehrsunternehmen, Aufgabenträgern und Technologiepartnern. Gleichzeitig fungiert das Kompetenzcenter Marketing NRW (KCM NRW) als Brücke zur Fahrgastkommunikation über mobil.nrw und entwickkelt mit den Tariforganisationen ein landesweites On-Demand-Tarifmodell. Auch angrenzende Themenstränge wie Datenintegration, Mobilitätsauskünfte, Forschungsprojekte und Unterstützungsleistungen für Kommunen werden systematisch eingebunden. Damit entsteht ein Ökosystem, das über den Plattformbetrieb hinausreicht: Verkehrsträger und Kommunen profitieren von Synergieeffekten, skalierbaren Standards und gemeinsamen Erfahrungswerten.

Ob Kommunen oder kommunale Unternehmen: Wir fördern Ihre nachhaltigen Ideen rund um neue Energien.

Die Vision für 2029 ist klar umrissen: eine integrierte, systemisch konsolidierte On-Demand-Landschaft in NRW, die flexible Angebote als festen Bestandteil des Öffentlichen Personennahverkehrs verankert. Für Fahrgäste bedeutet das eine deutlich vereinfachte Nutzung; für Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger sinken die betrieblichen und personellen Aufwände. Gleichzeitig wird der Einstieg in neue Projekte erleichtert – und der Weg bereitet für technologieoffene Zukunftsszenarien, etwa im Bereich autonomer Fahrzeuge. Gerade in Bezug auf den Fachkräftemangel im Fahrdienst eröffnet dies langfristig neue Perspektiven.

Das Kompetenzcenter Digitalisierung ist eine zentrale Anlaufstelle für digitale Themen im Öffentlichen Personennahverkehr in NordrheinWestfalen. Mehr Informationen unter https://www.kcd-nrw.de/

Henry Steinbach ist als Projektleiter im Bereich On-Demand Ridepooling beim Kompetenzcenter Digitalisierung NRW (KCD) tätig. Dort widmet er sich seit mehreren Jahren der Entwicklung und Umsetzung digitaler Mobilitätslösungen mit einem Schwerpunkt auf bedarfsgesteuerte Verkehre. Foto: BS/VRR AöR

Neugierig? Wir beraten Sie gerne persönlich.

Bauen Sie mit uns an der Zukunft Bornheims!

Genau zwischen Köln und Bonn gelegen, direkt am Rhein und umgeben von wunderschöner Landschaft, ist Bornheim mit knapp 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern die drittgrößte Stadt im Rhein-Sieg-Kreis und zählt zu den Städten in der Region, die am stärksten wachsen. Bornheim steht für zukunftsorientierte Stadtentwicklung, nachhaltiges Bauen und einen verantwortungsbewussten Umgang mit öffentlicher Infrastruktur. Als Amtsleitung für das Bauamt und die Gebäudewirtschaft tragen Sie die Gesamtverantwortung für die Abteilungen Bauaufsicht, Bauverwaltung und Denkmalschutz, Hochbau sowie die kaufmännische und technische Gebäudewirtschaft. Sie haben die Chance, die bauliche Entwicklung der Stadt Bornheim aktiv mitzugestalten. Wir suchen idealerweise spätestens zum 01.03.2026 eine engagierte und visionäre Führungspersönlichkeit als Leitung (w/m/d) Bauamt und Gebäudewirtschaft

Diese verantwortungsvolle Position ist nach Entgeltgruppe 15 TVöD bewertet. Wir bieten Ihnen ein modernes Arbeitsumfeld mit gelebter Vielfalt, gegenseitiger Wertschätzung und respektvollem Miteinander.

Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Gianna Forcella, Sanny Martinez oder Julia Schwick gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

Bringen Sie Ihre betriebswirtschaftliche Expertise in einem besonderen Freizeitumfeld ein!

Das Bade- und Saunaparadies Maya mare versprüht mexikanische Lebensfreude in Halle (Saale). Egal ob Badeerlebnis, Saunavergnügen oder Workout: Dank unseren rund 140 motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommen Groß und Klein auf ihre Kosten. Eine familiäre Atmosphäre kennzeichnet unsere Maya mare Familie: Aufgeschlossen gehen wir aufeinander zu und unterstützen uns gegenseitig. Action und Entspannung sind unsere Leidenschaft, Mexiko quasi unser Arbeitsplatz.

Und: Die Angebote vor Ort sind für alle im Team kostenfrei nutzbar. Angebunden an die Stadtwerke Halle und somit abgesichert durch einen der größten regionalen Arbeitgeber, schauen wir zuversichtlich und mit Spaß auf die kommenden Jahrzehnte.

Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine umsetzungsorientierte, pragmatische und kommunikationsstarke Führungspersönlichkeit als

Teamleitung Kaufmännische Verwaltung & Empfang/ Kasse (w/m/d)

In dieser Funktion berichten Sie direkt an die Kaufmännische Betriebsleitung des Maya mare.

Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Alexander Wodara, Yanna Schneider oder Roland Matuszewski gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

Anz_TL-Verwaltung_SWH_09-2025.indd 1

Talente gewinnen. Potenziale fördern. Zukunft gestalten.

Das Herzstück der Stadt Aachen prägen.

20.08.25 15:27

Mit rund 6.300 Mitarbeitenden zählt die Stadt Aachen zu den größten Arbeitgeberinnen der Region und setzt neue Maßstäbe in der Personalgewinnung, -entwicklung und Führungskultur. Menschen aus 66 Herkunftsländern mit 51 verschiedenen Nationalitäten bereichern das Arbeitsleben in 183 Bereichen in der Stadtverwaltung Aachen. Die Abteilung Personalgewinnung und -entwicklung gliedert sich in drei Teams: Personalgewinnung, Personalentwicklung und -bindung sowie Ausbildung.

Zur Mitgestaltung der Vision eines modernen Personalmanagements sucht die Stadt Aachen zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Abteilungsleitung

Personalgewinnung & -entwicklung (w/m/d)

Die Stelle ist unbefristet und in Vollzeit zu besetzen. Die Position wird nach EG 14 TVöD bzw. nach A 14 LBesO A NRW vergütet. Mit Ihrem strategischen Blick und einem Gespür für Innovation gestalten Sie die Verwaltungskultur von morgen aktiv mit. Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Elisa Heinen, Gianna Forcella oder Julia Schwick gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

Zukunft aktiv steuern: Für einen starken, modernen und serviceorientierten Landkreis Lörrach.

Das Landratsamt liegt mitten in der Innenstadt von Lörrach – eingebettet zwischen Weinbergen, dem Rhein- und Wiesental. Rund 1.500 engagierte Mitarbeitende setzen sich hier täglich für das Gemeinwohl ein. Sie gestalten aktiv die Zukunft der Region mit.

Vor diesem Hintergrund übernehmen Sie die Verantwortung für zentrale strategische Querschnittsaufgaben in folgenden Bereichen: Finanzen, Personal & Service, Digitalisierung, IT & Organisation, Planung & Bau, Bildung & Kultur, Kliniken und Eigenbetriebe

Diese Aufgabenfelder bieten Ihnen die Möglichkeit, die Zukunft des Landkreises und des Landratsamtes an maßgeblicher Stelle mitzugestalten.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt sucht der Landkreis eine ambitionierte, gestaltungsmotivierte und verantwortungsbewusste Persönlichkeit als

Dezernatsleitung

für Finanzen, Zentrales Management und Bildung (w/m/d)

Die Position wird nach B 2 LBesGBW bzw. im Rahmen eines außertariflichen Vertrags vergütet.

Interessiert?

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Raza Hoxhaj, Yanna Schneider oder Julia Schwick gerne zur Verfügung.

Lassen Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen bitte über die zfm-Jobbörse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Die Personalberatung für die Kommunalwirtschaft und die öffentliche Verwaltung

Anz_Dez-Finanzen_LK-Loerrach_09-2025.indd

Einige Kommunen nutzen Biomethan bereits, so betreibt die Stadtreinigung Hamburg (SRH) das Biogas- und Kompostwerk (BKW) Bützberg. Hier werden jährlich bis zu 70.000 Tonnen organische Küchen- und Gartenabfälle zu 1,3 Millionen Kubikmeter reinem Biomethan. Das BKW Bützberg ist damit aktuell das größte seiner Art in Norddeutschland. 1995 in Betrieb genommen, produziert die vorherige Kompostieranlage schon seit 2011 auch Biogas. Große Probleme bei der Einspeisung des Gases in das Gasnetz habe es nicht gegeben, erklärt eine Sprecherin der SRH. Die Vorteile von Biomethan lägen zudem klar auf der Hand: „Die Abnahme der Energie im Netz steht voll zur Verfügung und ist derzeit (bei bestehenden Einspeiseverträgen auch weiterhin) unabhängig vom Bedarf am Markt, da die Speicherfähigkeit des Gasnetzes genutzt werden kann“, so die Sprecherin. Auch Hannover setzt für den Kohleausstieg unter anderem auf die Nutzung von Biomethangas. Seit Mitte des letzten Jahres ist in Hannover das Biomethan-Blockheizkraftwerk (BHKW) Stöcken und Herrenhausen in Betrieb. Auch hier sei die Einspeisung des biogenen Ersatzstoffes über das Erdgasnetz problemlos möglich und werde so zum BHKW geliefert, erklärt ein Sprecher von Enercity. Neben diesem neuesten und größten Biomethan-BHKW unterstütze das kommunale Energieunternehmen, welches zum Großteil der Stadt Hannover gehört, bundesweit mit 60 Biomethan-BHKW kommunale Wärmeprojekte. Auch dieses Unternehmen sieht in dem klimaneutralen Brennstoff viele Vorteile. Neben den bereits genannten sei die Dekarbonisierung von Wärme, Kraft-

Im Rechtsvakuum

Neue Anschlüsse von grünem Gas gefährdet

(BS/Scarlett Lüsser) Neben Wasserstoff ist Biomethan eine erneuerbare Alternative für Erdgas. Aus Bioabfällen herstellbar, bietet es sich gerade für Städte und Kommunen als Strom- und Heizquelle an. Jedoch tritt Ende 2025 die gesamte Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) außer Kraft, weshalb eine neue Regelung gefunden werden muss.

Düngemittel sind nicht das Einzige, was man aus Bioabfällen herstellen kann. Sie können teilweise auch eine alternative für grünen Wasserstoff darstellen. Foto: BS/pavlofox,stock.adobe.com

Wärme-Kopplungsanlagen und teilweise auch des Verkehrs positiv zu sehen. Der Konzern schätzt, dass rund zehn Prozent des aktuellen Erdgasbedarfs durch Biomethan gedeckt werden könnten. „Einschränkend wirken begrenzte Rohstoffmengen, Nachhaltigkeitsanforderungen und die derzeit lange Vorlaufzeit für Genehmigung und Netzanschluss.“ Hier blickt enercity sorgenvoll auf die NachfolgeFestlegung, die ab nächstem Jahr gelten soll.

Neue Spielregeln Zuständig für diese Festlegung neuer Verfahren ist die Bundesnetzagentur (BNetzA), da der Europäische Gerichtshof bereits 2021 die Bundesrepublik dazu verpflichtet

hatte, der BNetzA mehr Unabhängigkeit einzuräumen. Um das Urteil des Gerichtshofs umzusetzen, wurde Ende 2023 das Gesetz zur Anpassung des Energiewirtschaftsrechts an unionsrechtliche Vorgaben und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften verabschiedet. Mit darunter fällt auch eine neue gesetzliche Regelung der GasNZV. Problematisch bei diesen neuen Regelungen ist die Festlegung in Sachen Zugang von Biogas (ZuBio). Mehrere Vereine, Konzerne und Branchenverbände wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) oder der Fachverband Biogas e. V. kritisieren, dass besonders die Regelungen für den Netzzugang von

Beerdigung oder Hoffnungsschimmer

Finanzierungskrise des Deutschlandtickets geht weiter

(BS/sr) Wie auch in den letzten Jahren bleibt die Finanzierung des Deutschlandtickets eine Wackelpartie. Der Bund hat bereits ein Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem die gemeinsame Förderung mit den Ländern fortgesetzt wird. Doch diese deckt die Kosten nicht.

Wie in den vergangenen Jahren auch, unterstützt der Bund das Deutschlandticket weiter mit 1,5 Milliarden Euro unter der gleichen Beteiligung der Länder. So soll der für Verkehrsunternehmen entstehende Verlust aufgefangen werden. Voraussichtlich wird, wie in den vergangenen Jahren, die Lücke aber nicht vollständig geschlossen werden. 2024 gab es eine Differenz von 500 Millionen Euro.

Grabstein für das Deutschlandticket Die Problematik besteht dabei vor allem in der Frage, wer diesen Differenz bezahlt. Sowohl der Bund als auch die Länder verweisen auf eine schwierige Haushaltslage und weigern sich, diese Kosten zu tragen. Klar ist: Die Kommunen können die fehlenden Mehrkosten

Landkreistag, ist der Gesetzesentwurf daher eher ein „Grabstein für das Deutschlandticket.“ Dies sieht auch Landrat Thomas Karmasin, Präsident des Bayerischen Landkreistages, so, der den Gesetzentwurf für eine „Beerdigung zweiter Klasse" hält. Eine Möglichkeit, die bestehen bleibt, wäre eine Erhöhung der Ticketpreise. Dabei wurde der Preis für das Deutschlandticket erst Anfang 2025 auf 58 Euro im Monat erhöht. Im Koalitionsvertrag von SPD und CDU findest sich eine Preisgarantie bis 2028. Danach sind laut Koalitionsvertrag zwar Preiserhöhungen denkbar, doch es gilt bis dahin noch einige Lücken zu schließen. Das Deutschlandtikket verlor bereits nach der letzten Preiserhöhung mehr als eine Millionen Nutzende. Etwas weniger als die Hälfte davon ließ sich dabei auf die Preiserhöhung zurückführen.

minister wurde die Lösungsfindung erst einmal auf die nächste Konferenz vertagt.

Mehrwert für die Verkehrswende? Mit den fortbestehenden Unsicherheiten in Bezug auf die Finanzierung des Deutschlandtikkets steht auch wieder die Frage im Raum, welchen Mehrwert das Ticket für das Ziel der Verkehrswende mit sich bringt. Das von der Politik eingebrachte Argument der Steigerung der Attraktivität ist gerade vor sinkenden Nutzerzahlen zu hinterfragen. Zwar sorgt das Deutschlandticket für Tarifeinheit, besonders bei längeren Strecken, aber das Fahrangebot verbessert es nicht. Löffler sagte dazu: „Das Deutschlandticket verbessert das Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr bislang um keinen Deut. Die Ticketstruktur wurde vereinfacht, doch der Takt ist nicht dichter, der Bus kommt nicht öfter und der Zug fällt weiterhin aus“. Somit sind die ebenfalls auf der Sonderkonferenz der Verkehrsminister beschlossenen Investitionen in eine Steigerung der Attraktivität des ÖPNV mindestens genauso wichtig – wenn nicht wichtiger –für das Ziel der Verkehrswende. Aufgrund dieser Zusammenhänge haben die Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister beschlossen, auch die Verkehrsangebote durch eine dauerhafte Erhöhung der Regionalisierungsmittel zu verbessern.

Biogasaufbereitungsanlagen und die Kostenteilung fehlten. Wie der BDEW in seiner Stellungnahme zu dem Tenor-Entwurf anmerkte, führe das Ausbleiben einer Netzanschlussregelung „zu erheblichen Rechtsunsicherheiten beim Anschluss von Biogasanlagen ab dem 1. Januar 2026“. Jedoch spiele Biomethan als erneuerbarer Energieträger eine zentrale Rolle für das Erreichen der Klimaziele, da es u. a. wetterunabhängig und saisonal einsetzbar sei, ist die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae überzeugt. „Allerdings ist der Netzanschluss von Biomethananlagen häufig mit hohen Kosten verbunden. Zudem kann er in ein Spannungsverhältnis zur Transformation des Gasnetzes und zur wirtschaftlichen Effizienz des Netzbetriebs geraten.“ Um sowohl das Gasnetz wirtschaftlich sinnvoll und zukunftsfähig auszubauen als auch mehr Biomethan ins Netz einzuspeisen, hat der BDEW ein Positionspapier für eine Lösung dieser Regelungslücke veröffentlicht. Damit werde eine praxisnahe Antwort auf die Herausforderungen der Gasnetztransformation geliefert, die Anlagenbetreiber, Netzbetreiber und den Klimaschutz in Einklang bringe. Kernpunkte des Papiers sind die zeitnahe Umsetzung einer Nachfolgeregelung für den Netzanschluss und die Umlegung von Kosten, „die

aus einem gesamtwirtschaftlich effizienten Netzanschluss resultieren“. Auch fordert der BDEW, dass die Netzanschlüsse vom Netzbetreiber zu realisieren seien, sofern die Kosten dafür unter einem noch festzulegenden Schwellenwert lägen. Fielen die Kosten höher aus, müsse der Anschlussnehmer die Mehrkosten für Investitions- und Betriebskosten vollständig tragen.

Problematisch für Kommunen Die Stadtreinigung Hamburg sieht in der Regelungslücke keine Probleme für ihren bestehenden Biogasvertrag. Jedoch sei es für die SRH und das BKW Bützberg wichtig, dass zum einen die Einspeisung entsprechend der variablen Produktion gesichert sei und zum anderen die Ertragslage auf dem wirtschaftlichen Niveau bleibe, ohne dass eine zusätzliche Belastung für die Behandlungskosten des Bioabfalls entstehe. Enercity sieht für Hannover ebenfalls kein Problem in der Regelungslücke, jedoch seien künftige kommunale Projekte davon betroffen. Daher wünscht sich das Energieunternehmen, dass eine dauerhafte Lösung für Anschluss- und Einspeisevorrang für Biomethan beispielsweise im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verankert wird. Außerdem „sollten standardisierte, schlanke Verfahren mit verbindlichen Fristen gelten, damit neue Einspeisepunkte schneller ans Netz kommen“, erklärt der Konzernsprecher. Abschließend brauche es harmonisierte Nachweissysteme für den Ex- und Import, „damit Biomethan unbürokratisch dort eingesetzt werden kann, wo es für Wärmeund Stromversorgung die größte Klimawirkung entfaltet“.

Was wäre, wenn sich lokale Krankheitswellen früh erkennen ließen – unabhängig von Meldezahlen oder Testaufkommen? Abwasserdaten bieten genau dieses Potenzial: Sie zeigen Infektionsgeschehen oft lange, bevor Symptome auftreten. Advertorial

Frühwarnsystem im Dialog

Wie KI aus Abwasserdaten Wissen macht

Im Rahmen eines Proof of Concept nutzten die IT-Experten von Opitz Consulting offene Daten aus dem AMELAG-Projekt – einer RKI-Initiative zur Messung der Viruslast im Abwasser von über 70 Städten –und setzten dabei ein ungewöhnliches Werkzeug ein: ChatGPT-5. Denn neuere Sprachmodelle können strukturierte und unstrukturierte Daten lesen, interpretieren und im Dialog analysieren. In diesem Fall wurden tabellarische Dokumente (TSV-Dateien) mit Viruslast-Daten nach ChatGPT hochgeladen. Die Künstliche Intelligenz erkannte dabei unter anderem Datenlücken (etwa 75 Prozent fehlende Werte in einer Spalte) und erzeugte auf Knopfdruck Visualisierungen zu regionalen Unterschieden oder zeitlichen Verläufen einzelner Erreger: Gerade für große CSV- oder TSVDatensätze erwies sich ChatGPT

als geeignetes Analyse-Tool. Das Prompting funktioniert zuverlässig und ermöglicht schnelle Auswertungen auch ohne tiefgehende ITKenntnisse. Für einmalige Analysen ohne personenbezogene Daten bietet es eine effiziente, rein sprachgesteuerte Arbeitsweise mit schnellen, aussagekräftigen Ergebnissen. Zudem zeigte sich, welches Potenzial in Abwasserdaten steckt, das bisher nicht flächendeckend genutzt wird: Von gezielten Hygienemaßnahmen an Schulen bis hin zur vorausschauenden Medikamentenplanung in Apotheken – besonders im Hinblick auf Influenza-Daten –lassen sich wertvolle Erkenntnisse ableiten.

Mehr erfahren unter: opitz-consulting.com/use-case-wasser daten-2025

Kontakt: anton.roesemann@opitzconsulting.com

Stuttgart – LOESS-Vorhersage Influenza A, B und A+B (ab 1. Januar 2025) Foto: BS/Opitz Consulting

Die Stadt Bonn hat im Juli 2025 ein Pilotprojekt zur radargestützten Überwachung gestartet. Am Standort Kreuzbergschule im Stadtbezirk Hardtberg sollen Radarsensoren dabei helfen, Beschwerde-Schwerpunkte wie Schulhöfe oder Bolzplätze besser im Blick zu behalten. Ziel ist es, den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) effizienter einzusetzen und Personalressourcen gezielt zu steuern.

Konzept 2024 beschlossen

Das Projekt ist Teil des Ende 2024 vom Rat beschlossenen Konzeptes „Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit“. Dieses bündelt Maßnahmen zur Stärkung von Präsenz, zur Bekämpfung von Vermüllung und zur Digitalisierung der Ordnungsarbeit. Die Technik arbeitet datenschutzkonform: Zwischen 19 Uhr und 6 Uhr erfassen drei Sensoren Bewegungen auf bis zu 5.600 Quadratmetern und werten sie mit Künstlicher Intelligenz aus. Bei auffälligen Aktivitäten wird automatisch die Leitstelle informiert. Von dort können Mitarbeitende live auf die Daten zugreifen, die Lage einschätzen und gezielt Einsätze veranlassen. Personen werden nur als abstrahierte Punkte oder Pfeile angezeigt, ohne Speicherung personenbezogener Daten. Dies garantiert die datenschutzkonforme Kontrolle des Bereichs.

Nach Angaben von Ralf Bockshekker, Leiter des Amts für Bürgerdienste, soll das System insbesondere an Orten eingesetzt werden, an denen es regelmäßig zu Störungen durch Lärm, Vandalismus oder Verunreinigungen kommt. Nach der Pilotphase an der Kreuzbergschule ist seitens der Stadt ein weiterer Einsatz am Trinkpavillon in Bad Godesberg vorgesehen. Das Radarprojekt ergänzt andere Bausteine des Gesamtkonzeptes, darunter den geplanten Ermittlungsdienst Abfall, verstärkte Präsenzstreifen sowie die „Altstadt Guides“. Für die Umsetzung wurden bereits erste neue Stellen geschaffen. Über den Fortschritt will die Stadtverwaltung die politischen Gremien nach den Sommerferien 2025 informieren.

Gelsenkirchen sammelt seit 2022 Erfahrungen

Deutlich weiter ist man in Gelsenkirchen, wo die erste Anlage Ende

Auf dem Radar Effizienzsteigerung durch KI-Überwachung

(BS/Lars Mahnke) Immer wieder kommt es im Bereich öffentlicher Plätze zu Lärmbelästigung, Vermüllung und Vandalismus. Gerade in den warmen Sommermonaten ist es verständlich, dass es die Menschen ins Freie zieht. Doch wenn andere Menschen in ihrer Ruhe gestört werden, die Örtlichkeit verschmutzt zurückgelassen wird oder sogar Mobiliar und Infrastruktur zerstört werden, stellt dies ein erhebliches Ärgernis für alle Beteiligten dar.

Eine erste Bilanz im Jahr 2024 fiel positiv aus: Die Technik erwies sich als stabil, wartungsarm und entlastete den KOD deutlich. Auf Nachfrage zog die Stadt Gelsenkirchen ein insgesamt positives Fazit: „Seit Einführung des Projektes „KI meets Ordnung“ ist insbesondere an den Spielplätzen eine kontinuierliche Abnahme von ordnungsrechtlichen

Auch am Trinkpavillon im Kurpark Bad Godesberg plant die Stadt Bonn die Installation des Radarüberwachungssystems. In der Vergangenheit wurden im Umfeld immer wieder Partys gefeiert, in deren Folge es zu Beschädigungen am Pavillon selbst und zum Hinterlassen von Abfällen gekommen ist. Foto: BS/Mahnke

2022 an der Turmschule in Rotthausen in Betrieb genommen wurde. Finanziert aus einem Digitalbudget von 60.000 Euro, sollte die Technik vor allem helfen, unnötige Kontrollfahrten der Einsatzkräfte zu vermeiden: Bislang mussten Spielplätze und Schulhöfe mehrfach am Tag durch den KOD kontrolliert werden – oft ohne Ergebnis. Die Radarsensoren melden heute

automatisch an die Leitstelle, wenn sich Personen außerhalb der zulässigen Zeiten aufhalten. Damit können Einsatzkräfte gezielt dorthin geschickt werden, wo tatsächlich Handlungsbedarf besteht. Ergänzend testete die Stadt auch weitere Systeme, darunter Beleuchtung, die sich bei unerlaubter Nutzung von Spielplätzen automatisch einschaltet und gleichzeitig den

Ordnungsdienst alarmiert. Im Rahmen des Projekts „KI meets Ordnung“ wurden die erfassten Daten auf einer urbanen Datenplattform zusammengeführt und mit Künstlicher Intelligenz ausgewertet. So lässt sich unterscheiden, ob eine Fläche lediglich überquert wird oder ob Personen tatsächlich länger verweilen – ein entscheidender Faktor, um Fehlalarme zu vermeiden.

schen in den Regelbetrieb überführt und plant eine Ausweitung auf weitere Flächen. „Darüber hinaus ist ein enger Austausch mit einem externen Dienstleister, insbesondere im Hinblick auf nötige Wartungsarbeiten, erforderlich“, heißt es seitens der Stadt. Neben festen Installationen will die Stadt künftig auch mobile Systeme erproben und die Technik mit punktueller Videoüberwachung kombinieren. Auf diese Weise erhofft sie sich ein effektiveres Vorgehen gegen illegale Müllablagerungen.

Digitaler Staat

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / September 2025

Kleines Team, große Aufgabe

(BS/Anna Ströbele) Der Digital Services Act (DSA) soll das Internet für seine Nutzerinnen und Nutzer sicherer machen. Seit rund einem Jahr kümmert sich der Digital Services Coordinator (DSC) in der Bundesnetzagentur (BNetzA) um die Umsetzung der EU-Verordnung in Deutschland. Sein erster Tätigkeitsbericht beschreibt den langsamen Start von Beschwerden und Verfahren. Doch um richtig effektiv zu werden, braucht es Beobachtern zufolge mehr Personal in der Koordinierungsstelle.

„Sie können uns helfen, gegen Plattformen vorzugehen, die in der Beschwerdefunktion nicht auf Ihre Hinweise reagieren“, sagt BNetzAPräsident Klaus Müller in einem Video auf der Webseite des DSC. Zu dem Zeitpunkt der Aufnahme war er noch der kommissarische Leiter der Stelle, die 2024 eingerichtet wurde und seitdem Schritt für Schritt aufgebaut wird. Im vergangenen Juli übernahm Johannes Heidelberger dann die Leitung. Wer online also auf einen illegalen Inhalt stößt, etwa die Darstellung von Krieg oder das Angebot von Fake-Produkten, sollte ihn erst bei der Plattform selbst melden. Wenn diese nicht handelt, können Nutzende den Weg über die BNetzA gehen. Das gilt ebenso für andere Probleme mit OnlineWerbung oder der manipulativen Aufmachung eines Dienstes. Die Beschwerden können auf der Seite des DSC über ein dafür entwickeltes Formular eingereicht werden. Anschließend werden sie durch den DSC sowie gegebenenfalls andere Behörden geprüft. Falls ein Verstoß festgestellt wird, können die Behörden ein Verwaltungsverfahren oder ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleiten und die Zahlung von Strafgeldern verhängen: je nach Verfahren bis zu fünf Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes oder bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes bei einem besonders schweren Tatbestand. Bei einem Konzern wie Meta entspräche dies aktuell einem maximalen Strafbetrag von 9,8 Milliarden US-Dollar. Im August veröffentlichte der DSC seinen ersten Tätigkeitsbericht. Demnach gingen 2024 über das Portal 884 Beschwerden zu möglichen Verstößen ein, davon hatten

824 tatsächlich Bezug zum DSA. Parallel dazu gingen 336 weitere Beschwerden per Fax, E-Mail oder Brief ein. Dabei handelte es sich aber „nur teilweise“ um DSA-Beschwerden und die Behörde verwies auf das Online-Portal.

Fehlende Schnittstelle

Von den eingegangenen Beschwerden wurden 87 an die DSCs anderer EU-Staaten weitergeleitet, weil diese für die betroffenen Anbieter zuständig sind. Nach Irland, wo die meisten großen Technologieunternehmen ihren europäischen Sitz haben, ging mit 83 der Großteil der Beschwerden. Umgekehrt erhielt der deutsche DSC sieben Beschwerden aus dem europäischen Ausland. Die Übermittlung von Beschwerden läuft über das Austauschsystem AGORA der EUKommission. Hier können die Beschwerden jedoch derzeit nur manuell eingepflegt werden, „da keine technische Schnittstelle existiert“, wie aus dem Jahresbericht des DSC hervorgeht. Zudem müssen die Beschwerden ins Englische übersetzt werden. Gegenwärtig würden die IT-Prozesse „weiter vervollständigt und verbessert“. Als Reaktion auf festgestellte Verstöße leitete der DSC im Jahr 2024 vier Verwaltungsverfahren ein. Eines davon wurde eingestellt, nachdem der betroffene Anbieter seinen Dienst DSA-konform ausgestaltete. Die Ermittlungen behandelten die richtige Funktionsweise des Meldeund Abhilfeverfahrens, die Begründung von Maßnahmen gegenüber Nutzenden (z. B. Löschen von Beiträgen) und die Einrichtung eines internen Beschwerdemanagements. Um welchen Anbieter es ging, kann die BNetzA nicht offenlegen. Auch in den anderen drei Verfahren, die

noch laufen, werden diese Pflichten thematisiert. Hinzu kommt in einem Fall die fehlende Benennung eines gesetzlichen Vertreters innerhalb der Europäischen Union. 2024 wurden noch keine Zwangsgelder verhängt oder Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Daneben übermittelte der DSC Erfahrungen und Erkenntnisse aus Deutschland zur Unterstützung der sieben Verfahren, die die EU-Kommission 2024 eröffnete, da diese für die sehr großen Online-Plattformen zuständig ist: drei zu TikTok, zwei zu Meta (Facebook/Instagram) und je eins zu AliExpress und Temu.

Unterbesetzt

Zum Stichtag 31. Dezember 2024 waren 20 Personen beim DSC beschäftigt. Aktuell sind es 24 und sechs weitere Personen können kurzfristig eingestellt bzw. umgesetzt werden, teilt die BNetzA auf Anfrage mit. Der Entwurf des Haushalts 2025 sieht knapp 48 Planstellen für die Aufgaben des DSC vor. Für zehn davon besteht derzeit jedoch keine Finanzierung. Eine Ausstattung dieser Stellen sei erst für den Haushalt 2026 vorgesehen, so der Bericht. Damit bleiben erst einmal 38 Stellen. Ursprünglich war der Bedarf sehr viel höher geschätzt worden: So rechnete das DigitaleDienste-Gesetz (DDG), welches den DSA national umsetzt, mit rund 91 Stellen: 70,6 für Fachaufgaben und 21 für Querschnittsbereiche wie Personal oder IT. Der Beirat des DSC, bestehend aus 16 Mitgliedern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, kritisiert in seinem im Sommer veröffentlichten Jahresbericht, dass die personelle Ausstattung der Koordinierungsstelle hinter den gesetzlichen Vorgaben zurückbleibe und der DSC aus

30. Oktober 2025, Mainz www.dv-rlp.de

www.behoerdenspiegel.de

diesem Grund „limitiert“ sei. Auch der eco Verband forderte jüngst, die Bundesregierung müsse die Bundesnetzagentur personell so ausstatten, „dass sie ihre Aufgaben im Rahmen des DSA wirksam erfüllen kann“. Die schleppende Besetzung erklärt sich der Verband mit den haushaltsrechtlichen Restriktionen sowie mit den Schwierigkeiten der öffentlichen Hand, hochspezialisiertes Personal in einem stark nachgefragten Digitalbereich zu gewinnen. Alexandra Koch-Skiba, Leiterin der eco Beschwerdestelle, merkt darüber hinaus an, dass ab Ende 2025 durch das Gesetz über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung (PWG) weitere Aufgaben auf den DSC zukommen sollen, für welche zusätzliche 17,6 Planstellen vorgesehen seien. „Vor diesem Hintergrund halten wir eine Personalausstattung in der Größenordnung von rund 90 Stellen und mehr für erforderlich“, sagt Koch-Skiba Etwas mehr Geld

Die jährlichen Sachkosten des DSC betragen laut DDG 1,7 Millionen Euro. 2024 wurden sie über den Haushalt der BNetzA bereitgestellt. Noch wurden die Mittel laut dem Bericht aber „nur teilweise“ in Anspruch genommen. Erst als das DDG im Mai 2024 in Kraft trat, konnten „verschiedene Beschaffungsverfahren“ eingeleitet werden, „sodass die tatsächliche Inanspruchnahme der Finanzmittel zeitverzögert erfolgen wird“. Der Haushaltsentwurf 2026 plant aber immerhin mit knapp 1,9 Millionen Euro für die BNetzA zur Erfüllung der DDG-Aufgaben. Neben der BNetzA setzen drei weitere Behörden Teile des DSA um: Die Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI), die Landesmedienanstal-

ten sowie die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzkJ). Bei Letzterer wurde zur Wahrnehmung der neuen Aufgaben ein unabhängiger Teilbereich eingerichtet: In der Stelle zur Durchsetzung von Kinderrechten in digitalen Diensten (KidD) sind derzeit acht Person beschäftigt. Für 2025 und 2026 sind im Haushalt je 100.000 Euro für die KidD festgesetzt. Die BfDI sollte eigentlich laut DDG fünf zusätzliche Stellen erhalten – tatsächlich wurden diese aber nicht eingerichtet, da der Haushalt die Stellen noch nicht abbilde, so die Behörde selbst. Stattdessen wurde die Aufgabe mit den „bestehenden Personalressourcen“ wahrgenommen. Bisher gingen jedoch ohnehin keine Beschwerden bei der BfDI zu ihrem Bereich – den Werbeverboten –ein. Dementsprechend stellte die Behörde bisher noch keine Verstöße fest. Das gleiche gilt für die Landesmedienanstalten, die ebenfalls keine neuen Ressourcen erhielten. Die KidD hingegen stellte im vergangenen Jahr 22 Verstöße fest, leitete aber keine Verfahren ein. Als weitere Aufgabe zertifizierte der DSC 2024 die erste außergerichtliche Streitbeilegungsstelle und den ersten Trusted Flagger. Im Juni 2025 erhielten drei weitere Organisationen den Status als „vertrauenswürdiger Hinweisgeber“. Deren Meldungen zu möglichen DSA-Verstößen werden priorisiert bearbeitet. Es gelte jedoch keine Richtigkeitsvermutung oder Verpflichtung zur Löschung, stellt der DSC klar. Nur die Plattformen selbst könnten die Entfernung von rechtswidrigen Inhalten anordnen. Was dabei als rechtswidrig gilt, entscheidet nicht der DSC, sondern – wie es der Name schon andeutet – das geltende Recht.

„Wirsind Spitzenreiter, aber spitze sind wir nicht.“ Was widersprüchlich klingt, konnte Stefan Sauer (CDU), Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Digitales und Innovation, schnell erklären: Bei den umgesetzten OZG-Leistungen sei Hessen in Deutschland unter den Top 3, wie Sauer im Rahmen von HessenDigital 2025 mitteilte. Da der deutsche Staat im europaweiten Vergleich jedoch zum digitalen Durchschnitt gehöre, relativiere dies die gute Platzierung und könne nicht darüber hinwegtäuschen, wie viel in Sachen Digitalisierung noch zu tun sei. Dabei hat Hessen erfolgreiche Digitalprojekte vorzuweisen. In Fulda wurde ein Frühwarnsystem für Starkregen getestet und soll sukzessive auf das Bundesland ausgeweitet werden – ein in Klimawandelzeiten möglicherweise lebensrettendes Tool. Die Geschäftsstelle Smarte Region soll Hessen in die vernetzte Zukunft von Stadt und Land führen, läuft in Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen wie der ekom21, bietet einen Online-Marktplatz und Best Practices. Generell sei man in Hessen vom „eigenen Haus“, dem Digitalministerium, überzeugt, so der Staatssekretär. Dieses bündele und koordiniere die Digitalisierung und habe nicht zuletzt Pate für die Bundesebene gestanden: das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS). Die Resultate dieser Bündelung müssten letztlich bei den hessischen Kommunen ankommen, die nicht „auf das BMDS warten“ könnten oder wollten. Das betont Anita Schneider, Landrätin des Landkreises Gießen und Vizepräsidentin des Deutschen Landkreistages (DLT). Ein Abwarten sei schlicht zu kostspielig, weshalb Hessens Kommunen bereits auf eigene Faust die Entbürokratisierung vorantrieben. In Sachen Digitalisierung hält Schneider zwei Faktoren für entscheidend: den fortlaufenden „Ausbau der Breitbandinfrastruktur“ sowie Bildung, um den digitalen

Der Kreis Bergstraße tut einiges, damit die Digitalisierung bei seinen Bürgerinnen und Bürgern direkt ankommt: So wurde erst kürzlich die Website relauncht, ab September startet ein KI-basierter Chatbot und in Zukunft soll ein Voicebot die telefonische Erreichbarkeit rund um die Uhr ermöglichen. Auch der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) widmet Engelhardt besondere Aufmerksamkeit, denn: „Das ist der Bereich, wo die Bürger sehen, ob der Staat digital ist oder nicht – zumindest augenscheinlich.“ Mit 150 OZGLeistungen liege der Landkreis im hessischen Vergleich auf dem ersten Platz. Jedoch reiche das nicht, schließlich sei es der Anspruch der Bürger, alles digital erledigen zu können. Lücken gebe es beispielsweise noch in der Bescheidzustellung. Für den Staat sei ein Brief datenschutzkonformer als eine EMail. „Deswegen darf man manche Anfragen, die per Mail kommen, nicht als Mail beantworten, sondern

Puzzle in Europas Datenzentrum

Digitale Stärke und offenes Potenzial im Rhein-Main-Gebiet

(BS/Christian Brecht) Schon lange hat das Bundesland Hessen ein eigenes Digitalministerium, mit dem Raum Frankfurt einen starken Wirtschaftsstandort und mit dem weltgrößten Cloud-Anbieter AWS einen leistungsfähigen Partner. Doch Digitalisierung allein reicht nicht: Um international vorne mitzumischen, braucht es mehr Entbürokratisierung und weniger deutschen Perfektionismus.

Fachkräften von morgen frühzeitig die notwendige Expertise zu vermitteln.

Als „Scharnier“ zwischen Land und Kommunen sei die Kompetenzstelle Kommunale Verwaltung (KKV) ins Leben gerufen worden, wie Sauer erklärt. Als „Ansprechpartner für alle digitalen Fragen“ begleite die KKV Kommunen, unter anderem bei komplexen Großprojekten wie der Registermodernisierung. Doch der Sprung in die Praxis soll schnellstmöglich gelingen: Bis 2030 müssten alle Kommunen „deutlich digitaler sein“, fordert Sauer. Ansonsten würde er, der selbst zehn Jahre lang Bürgermeister der Kreisstadt Groß-Gerau war, „kein Bürgermeister mehr werden“ wollen. Weg vom Goldstandard Dass Digitalisierung nicht das Allheilmittel ist, macht Manfred Pentz (CDU), Hessischer Minister für den Bund, Europa, Internationales und Entbürokratisierung, klar. Hessen und insbesondere Frankfurt seien zwar ein Internetknotenpunkt und

Ein Tag Büro, ein Tag mobil

Kreis Bergstraße arbeitet flexibel und mit KI

(BS/ast) Frontend, Backend, Governance – für eine erfolgreiche Digitalisierung der Verwaltung muss alles stimmen. Der Landrat des Kreises Bergstraße, Christian Engelhardt (CDU), betont die Notwendigkeit einer starken föderalen Steuerung und eines einheitlichen Datenschutzes.

muss einen Brief schicken“, erklärt der Landrat. Darüber hinaus würden junge Menschen nicht „abgeholt“, wenn sie ihren Mofa-Führerschein mit 15 Jahren beantragen wollen, dafür aber nicht die BundID nutzen könnten, da sie ein Mindestalter von 16 Jahren hat.

OZG-Kosten unbekannt

Ein weiteres Problem ergebe sich hinsichtlich der Finanzierung: Dem Kreis seien die Kosten für die OZGLeistungen zum Teil nicht bekannt, denn zurzeit bezahle das Land diese. Langfristig müsse die Kommune prüfen, wie diese Ausgaben gedeckt werden könnten, insbesondere bei Leistungen, die kaum abgerufen würden.

Mindestens genauso wichtig wie ein digitales Frontend sei die Digitalisierung des Backends, sagt Engelhardt. Nur wenn dort Medienbrüche vermieden würden, könne echte Automatisierung entstehen – und damit auch eine spürbare Reduzierung des Verwaltungsaufwands. Einerseits wurde in der Kreisverwaltung das mobile Arbeiten ausgerollt: 50 Prozent der Arbeitszeit sind erlaubt. „Mir persönlich ist es relativ egal, wo sie arbeiten, solange sie gute Arbeit leisten“, kommentiert Engelhardt

Des Weiteren hate der Landrat seinen Mitarbeitenden sehr früh erlaubt, KI-Sprachmodelle zu nutzen. Er habe mitbekommen, dass viele Behörden aufgrund von un-

geklärten Fragen noch Hemmungen hätten, KI einzusetzen. Engelhardt entschied, die Verantwortung zu übernehmen. Seine Anweisung lautete: „Probiert es aus. Spielt damit rum, aber redet darüber und gebt uns als Behördenleitung Feedback über eure Nutzung und die Vorteile der Technologie.“ Außerdem sollten die Tools nur im Browser genutzt werden und die Eingabe von personenbezogenen Daten wurde untersagt. Am häufigsten wurde KI zur Formulierung von Texten, EMails und Briefen genutzt – keine Überraschung. Ein „wirklich großer Nutzen“ würde sich ergeben, sobald die KI- mit den Fachanwendungen verbunden wäre, doch dafür fehlten heute noch die Schnittstellen.

das Datenzentrum Europas, jedoch: „Reicht Digitalisierung für Entbürokratisierung? Nein!“, so der „erste und einzige Entbürokratisierungsminister Deutschlands“, wie sich Pentz bezeichnet. Daher soll ein in den Landtag eingebrachtes Entbürokratisierungsgesetz Maßnahmen in 70 Gesetzen beenden. So solle etwa die Bündelungsbehörde, die Pentz als eine Art „TÜV-TÜV“ bezeichnet, abgeschafft werden. Die Schriftformerfordernis soll verändert werden, sodass in möglichst vielen Fällen eine E-Mail genügt. Nicht mehr zeitgemäß seien zudem verzichtbare Beglaubigungen. Immerhin sollten die Bürgerinnen und Bürger „nicht unter Generalverdacht“ gestellt werden. Eine Entbürokratisierungsbremse sieht der Minister im sogenannten Gold Plating (Goldveredelung). Dies bezeichnet die Veredelung von EURichtlinien in den Nationalstaaten, also einen Hang zum Perfektionismus, der die Umsetzung möglicherweise verkompliziert. Daher gebe es nun eine Initiative für ein AntiGold-Plating-Gesetz.

In Hessen gilt wenig überraschend dasselbe wie in allen anderen Bundesländern und auf Bundesebene: Es muss nichts Neues erfunden, sondern eher Vorhandenes abgebaut werden. „Die Lösungen, die wir haben, müssen wir wie ein Puzzle zusammenschieben“, fasst Staatssekretär Sauer diese Strategie zusammen.

Die größte Herausforderung sieht Engelhardt in den Regelwerken der Verwaltungsdigitalisierung. Nötig sei ein stärkerer Fokus auf die föderale IT-Governance. Er strebe keine Vereinheitlichung an, in welcher der Bund die Verantwortung für alles übernehme. Jedoch sollte dieser Richtlinien und Schnittstellen vorgeben, die dann nicht nur für die Behörden gelten, sondern auch für die IT-Industrie, die die öffentliche Hand bedient. Mit dem Deutschland-Stack werde ein Schritt in diese Richtung gemacht.

Weiterhin plädiert Engelhardt für einen national einheitlichen Datenschutz. Obwohl die DSGVO überall gelte, dürfe beispielsweise die Anwendung Microsoft 365 in manchen Bundesländern eingesetzt werden, in anderen dafür nicht. Das sei inakzeptabel.

Trotz aller Herausforderung schließt der Landrat: „Wir können stolz auf das sein, was wir unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen geschafft haben.“

Stefan Sauer, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Digitales und Innovation, würde bei fehlender Digitalisierung in Kommunen „kein Bürgermeister mehr werden“ wollen. Foto: BS/Bildschön
Der Landrat des Kreises Bergstraße, Christian Engelhardt, weiß wovon er spricht: Er hebt die Notwendigkeit vorgegebener Schnittstellen hervor.
Anja Schupp und Eric Engels aus dem Hessischen Digitalministerium (HMD) präsentieren in der Ausstellung das Open-Data-Portal des Landes.
Die Hessische Koordinatorin der Registermodernisierung, Charlotte Riehl, gibt Einblicke in die Umsetzung des Großprojekts. Fotos: BS/Bildschön

Jacob, Referent im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum, berichtete über NOOTS-Erprobung beim digitalen Führerscheinantrag.

„Wirmüssen in erster Linie identifizieren, wo wir technologische Innovationen effektiv einsetzen können“, sagt Tobias Ottaviani (SPD), Stadtrat von Bad Homburg, zu seinen Erfahrungen mit digitalen Technologien. Ganz besonders hebt Ottaviani dabei die OZG-Umsetzung hervor, welche die digitale Zukunft der Stadt Bad Homburg stark mitprägen würde. Der Stadtrat betont dabei jedoch ebenfalls, „dass man in diesem ChangeProzess darauf achten muss, keine Menschen auszuschließen“.

Doch Ziel beim OZG-Rollout ist es, den Menschen nicht nur auf dem Weg in die digitale Zukunft mitzunehmen, sondern das alltägliche Leben effektiv zu vereinfachen.

Eckhard Riege, Berater für digitale Verwaltungstransformation im Ministerium für Inneres und Bau Mecklenburg-Vorpommern, über die Vorzüge der digitalen Baugenehmigung.

Manfred Pentz (CDU), Hessischer Minister für den Bund, Europa, Internationales und Entbürokratisierung, fordert weniger „Gold Plating“, also weniger nationale Veredelung von EU-Richtlinien.

Die Nutzenden verstehen

Kommunen evaluieren Online-Dienste mit Dashboards

(BS/fst) Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) ist einer der Motoren der Digitalisierung in Deutschland. Dabei sind unterschiedlichste Faktoren zu berücksichtigen. Unter anderem wie Verwaltungen die Menschen bei diesem Prozess nicht verliert und wie die OZG-Leistungen effektiv auf ihre Wirkung überprüft werden.

Führerscheinantrag vom Sofa Ein Schritt in diese Richtung ist die Bereitstellung des digitalen Führerscheinantrags. „Dabei wurden im Rahmen von Digitalisierungslaboren Anwendungen für den Erstantrag sowie den Umtausch erarbeitet“, erklärt Moritz Junginger, Referent für Digitalisierung der Verwaltung im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum. Die OZG-Leistung ermöglicht es Bürgerinnen und Bürgern unter anderem, entweder ein vorhandenes Foto hochzuladen oder ein neues mit dem Handy aufzunehmen sowie die Antragsgebühren per E-Payment abzuwickeln. Auf Sachbearbeitungsebene bietet der digitale Führerscheinantrag eine direkte Anbindung an die jeweiligen Fachverfahren zur automatisierten Weiterverarbeitung. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf einer

So ein ehrgeiziges Vorhaben will auch gut geplant und unterstützt werden. Daher hat das Hessische Ministerium für Digitalisierung und Innovation (HMD) fünf Handlungsfelder definiert, die die hessische KI-Zukunftsagenda abdecken soll. Neben den Innovationen und Anwendungen, möchte das Land unter anderem auch Forschung und Lehre stärken sowie das Interesse und die Kompetenz im Umgang mit KI erhöhen. Um das zu erreichen, gibt es viele Berührungspunkte mit diesen Themen innerhalb der Behörde.

„KI ist wie ein Spinnennetz, das sich über viele verschiedene Themen legt”, erklärt Tanja Richter, die Referatsleiterin KI in der Verwaltung des HMD. Neben ihrem Referat befasst sich federführend auch

Tobias Ottaviani, Stadtrat der Stadt Bad Homburg, möchte mit einer Smart-SensorikOffensive in seiner Stadt die Klimaneutralität steigern und einen besseren Umgang mit der Gefahr durch Starkregen fördern.

möglichst reibungslosen Nachnutzungsmöglichkeit für andere Bundesländer.

„Wir sind dabei wirklich auf die Länder zugegangen und haben angeboten, ihnen den vollständig digitalisierten Prozess zur Verfügung zu stellen“, berichtet Junginger. Soll-

AIGude und Co.

Hessen will KI als Markenzeichen

ten die notwendigen Schnittstellen und Voraussetzungen noch nicht gegeben sein, werde den Bundesländern alternativ eine PDF-Lösung angeboten.

OZG-Umsetzung in der Sozialhilfe Die Sozialplattform, entwickelt von NRW mit Hessen als Partner, soll Bürgern und Bürgerinnen Orientierung bieten und über Verlinkungen zu passenden Anträgen führen. Gleichzeitig soll die Plattform den Menschen dabei helfen, herauszufinden, welche Gelder sie beantragen können. Laut Dr. Philipp Stolzenberg, Referent für Verwaltungsdigitalisierung im Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales, ist die größte Herausforderung die Anbindung kommunaler Dienste: Während Sozialhilfe und XSozial-basis-Verfahren weitgehend integriert sind, fehlen viele andere.

Eine Plattform, welche den Evaluationsprozess von Onlinediensten zukünftig einfacher gestalten soll,

ist das e-Government Service- und Analysedashboard (eGoVSAD). Dieses wurde von den hessischen Kommunen Fulda, Limburg, Offenbach, Wetzlar, Marburg und Gießen in Zusammenarbeit mit dem kommunalen IT-Dienstleister ekom21 entwickelt und soll Nutzungsdaten von Online-Diensten sichtbar machen. Das Projekt wurde ebenfalls maßgeblich vom Hessischen Ministerium für Digitalisierung und Innovation (HMD) unterstützt. „eGovSAD verfügt über automatische Schnittstellen zu allen Kommunen in Hessen und bietet fundierte Einblicke in die Nutzungsdaten von digitalen Verwaltungsdienstleistungen“, erläutert Johanna Hübel, Projektleiterin Digitalisierung in der Stadt Marburg

Online-Dienste effektiv verbessern Das Dashboard gibt unter anderem Auskunft darüber, wie oft ein Online-Dienst genutzt wird, wie häufig ein etwaiger Prozess erfolgreich durchlaufen wurde und wie zufrieden die Nutzenden mit dem Dienst sind. Auch Daten wie die Abbruchrate bei Online-Diensten werden erhoben. Diese sei besonders interessant, erklärt Simon Jacob, Referent im Hessischen Wirtschaftsministerium:. „Dadurch können wir effektiver nachvollziehen, wo die Leute aus dem Prozess aussteigen."

(BS/sl) Hessens erklärtes Ziel ist es, seine KI-Expertise weiterzuentwickeln und den Wissenschafts- und Forschungsstandort zu einer führenden Adresse zu machen. Dabei soll „KI made in Hessen“ zu einem weltweit bekannten Markenzeichen werden, das „für KI-Innovationen mit Verantwortung steht“, heißt es in der Strategie Digitales Hessen.

das Referat KI, Quantencomputing, Plattformökonomie mit der Arbeit an KI, während es auch in anderen Referaten Bezüge dazu gibt. Denn ob Landesverwaltung, Kommunen, Forschung und Lehre oder gesellschaftliche Themen wie Ethik und Schule, für jeden dieser Bereiche hat das Bundesland bereits Projekte gestartet. Als Beispiel ist das Hessische Zentrum für Künstliche Intelligenz (hessian.AI) nennen, das exzellente Grundlagenforschung mit konkretem Praxisbezug betrei-

ben und den Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft leisten will. Auch Projekte wie KI machen Schule und Förderprogramme wie Starke Heimat Hessen sollen bei der Entwicklung, der Unterstützung und dem korrekten Umgang mit KI-Anwendungen unterstützen. Ein KI-Programm, das gerade in der Testphase steckt, ist für die hessische Landesverwaltung entwickelt worden und nennt sich, passend zum hessischen Dialekt, AIGude. Aktuell wird die Open-Source

LLM-KI-Lösung von rund 1.000 Beschäftigten der Landesverwaltung getestet und soll das Verfassen von Texten und die Recherche vereinfachen. Auch das Wissensmanagement soll damit optimiert werden. Zum Datenschutz wird die Anwendung jedoch ausschließlich innerhalb der Landesverwaltung genutzt. „Wir sind im Moment dabei zu schauen, ob wir das nicht mit anderen Bundesländern weitergehen“, erklärt Richter in einem Fachforum auf HessenDigital. Andere KI-

Lösungen von Landesverwaltungen würden zudem miteinander verglichen werden. Die Frage sei, ob sich AIGude durchsetzen kann oder ob sich die hessische Verwaltung einer anderen Lösung anschließen wird. Das HMD plane, diese Anwendung dann als zentrale Lösung zu nutzen und empfindliche Datenquellen daran anzuschließen. Auf mittelfristige Sicht sollen auch Kommunen hier mitangeschlossen werden, so Richter Dr. Ralf Sieg vom hessischen Rechnungshof betont, KI könne trotz hoher Datenschutzanforderungen helfen, große Datensätze zu prüfen. Ziel sei es, als moderner Arbeitgeber neue Technologien zu nutzen. Dafür arbeitet die Behörde mit den Rechnungshöfen in NRW und Baden-Württemberg zusammen.

Dr. Anna Lührmann, stellvertretende Ausschussvorsitzende Digitalisierung und Staatsmodernisierung, nimmt sich Zeit für die Bedarfe der hessischen Wirtschaft.
Patricia Hergesell, Teamleiterin Kooperatives E-Government bei der Metropolregion Rhein-Neckar (MRN), zeigt, wie die Sicherheit im Radverkehr mittels Technologien erhöht wird.
Der Moderator des Fachforums „Smarte Städte und Regionen“, Marco Brunzel (HWR Berlin/Uni Speyer), merkt an, dass nicht weiter „in Kästchen“ gedacht werden darf. Alle Fotos: BS/Bildschön
Simon
Foto: BS/Bildschön

Jüngere Generationen konsumieren Nachrichten zum Weltgeschehen überwiegend über soziale Medienplattformen. Häufig werden dort Lügen oder Meinungen als unwiderlegbare Fakten oder neutrale Berichterstattung präsentiert. Unliebsame Berichterstattung wird vor allem von populistischer und extremistischer Seite als Fake News diffamiert. Das ist die zentrale Herausforderung für Bürgerinnen und Bürger im Informationswust des digitalen Zeitalters: Was stimmt, was stimmt nicht?

KI als Brandbeschleuniger Zum zweiten Jahr in Folge hat das Weltwirtschaftsforum im Global Risks Report 2025 Fehl- und Desinformation als das größte Risiko unserer Zeit festgehalten. Diese anhaltende Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Regierungsführungen, die Spaltungen innerhalb und zwischen Nationen verschärfen, wird von populistischen und antidemokratischen Kräften zur Schwächung und Destabilisierung von Demokratien eingesetzt. Expertinnen und Experten sprechen von hybrider Kriegsführung. Informationsmanipulation zersetzt Vertrauen in Staat, Wissenschaft und unabhängige Medien. Sie wird kurzfristig vor Wahlen oder wichtigen Entscheidungen wie z. B. einer Richterinnenwahl sowie auch langfristig eingesetzt. Die „Durchseuchung“ von Fehl- und Desin-

Resilienz gegen Desinformation

Demokratieerhalt als gesamtgesellschaftliche

Aufgabe

(BS/Julia Welford) Im digitalen Zeitalter ist der Zugang zu Information und Wissen nur wenige Klicks entfernt. Doch das Internet ist nicht nur mit wissenschaftlich fundierten oder mit objektiven Quellen und überprüften Inhalten gefüllt, sondern auch mit ganz viel Müll.

formation ist ein Zustand unserer Medienökologie. Machterhalt und -ergreifung mithilfe von Lügen und irreführenden Darstellungen ist nichts Neues. Neu sind Verbreitungswege über individualisierbare Informationstechnologien. Entwicklungen in Künstlicher Intelligenz (KI) ermöglichen eine niedrigschwellige Produktion sowie Verbreitung von Fehlinformationen. Recherchen zeigen bereits, dass Desinformation über Propaganda-Maschinen in das Internet gepumpt wird, um Chatbot-Antworten wie von ChatGPT zu manipulieren.

Meilenstein Plattformregulierung

Zersetztes Vertrauen plus individualisierte Informationsrealitäten erschweren es zunehmend, politischen Konsens und Lösungen für globale Probleme wie den Klimawandel, Umweltverschmutzung, Armut oder Ungerechtigkeit. Deutschland ist als zentrale Macht der EU und Standort für Wirtschaft, Forschung und Wissenschaft ein Ziel von ausländischer Informationsmanipulation. Die gute Nachricht: Wir können gegensteuern. Für demokratische

Advertorial

Vom Leitprojekt zur Praxis

NRW beschleunigt den digitalen Umbau (BS) Das ÖV-Symposium NRW von Materna und Infora gilt seit über 25 Jahren als zentrale Plattform für den interbehördlichen Austausch zur Verwaltungsdigitalisierung. In diesem Jahr steht die Veranstaltung unter dem Motto „DIGITAL.WIRKSAM – Innovationen, Daten und Vernetzung“. Das Programm bietet praxisnahe Einblicke in den digitalen Wandel in Nordrhein-Westfalen – von Künstlicher Intelligenz über Cloud-Strategien bis zu neuen Formen der Zusammenarbeit.

Organisiert in enger Kooperation mit dem Land Nordrhein-Westfalen und den kommunalen Spitzenverbänden, bringt das ÖV-Symposium am 24. September 2025 in Düsseldorf Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Politik, Wissenschaft und Technologie zusammen. In drei parallelen Foren sowie interaktiven Formaten diskutieren Expertinnen und Experten den aktuellen Stand der Digitalisierung, zeigen Best Practices und beleuchten Herausforderungen aus Landes- und Kommunalperspektive. Die Teilnahme steht ausdrücklich auch Gästen aus anderen Bundesländern offen. Das Programm verbindet strategische Impulse mit praxisnahen Beispielen. Zu den Höhepunkten zählen die Keynotes von Dr. Jörg Flüs, Ministerium des Innern des Landes NRW, und Dr. Uda Bastians, Städtetag NRW, sowie Jonas Andrulis Gründer und CEO des deutschen KI-Unternehmens Aleph Alpha. Andrulis wird aufzeigen, wie sich Wissen und Erfahrung in Organisationen für souveräne KI-Lösungen nutzen lassen. Ein thematischer Schwerpunkt liegt auf der praktischen Anwendung von KI in der Verwaltung. Die „KI.Welten“ von KI.NRW machen mithilfe von Augmented Reality erlebbar, wie unterschiedliche Verwaltungsbereiche profitieren können. Am Stand von Materna demonstriert die virtuelle Mitarbeiterin „Franziska“,

wie KI-gestützte Dialoge neue Impulse für bürgernahe und effiziente Verwaltungsservices geben können. Ergänzend zeigt ein Anwendungsbeispiel mit der Apple Vision Pro, wie Infrastruktur- und Bauprojekte mittels 3D- und BIM-Daten interaktiv und verständlich visualisiert werden – für eine schnellere Abstimmung zwischen Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit.

Neben den Fachvorträgen bietet die Ausstellung mit mehr als 30 Technologiepartnern Gelegenheit, aktuelle Lösungen direkt im Gespräch mit Expertinnen und Experten kennenzulernen. Ob Prozessautomatisierung, Cloud-Technologien oder Sicherheitskonzepte – die präsentierten Ansätze sind unmittelbar auf die Praxis öffentlicher Verwaltungen zugeschnitten. Besondere Akzente setzen der hochkarätig besetzte Round Table „Next Level Digitalisierung“ sowie die exklusive Vorstellung der Studie „Souveränitätsbarometer öffentliche IT 2025“. Beide Formate bieten Orientierung für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, die digitale Transformation wirksam gestalten wollen. Mit seinem Mix aus politischem Diskurs, technologischem Know-how und erlebbaren Innovationen bleibt das ÖV-Symposium NRW ein zentraler Treffpunkt für alle, die Verwaltungsmodernisierung nicht nur diskutieren, sondern aktiv vorantreiben wollen.

Kräfte in unseren Regierungen und Parlamente ist das ein Muss. Mit der Verabschiedung des Digital Services Act (DSA) hat die EU einen Meilenstein der Plattformregulierung gesetzt und Maßnahmen gegen die Verbreitung von Desinformation ergriffen. Nun müssen die Mitgliedsstaaten diese konsequent umsetzen und darauf aufbauen.

In erster Linie wird gesellschaftliche Resilienz durch Bildung und Kompetenzaufbau gesteigert. Dabei geht es um den Erhalt der Errungenschaften aus Jahrhunderten europäischer Demokratieentwicklung. Die Aufklärung betonte Vernunft, individuelle Freiheit, kritisches Denken und ein Streben nach Wissen. Diese Werte müssen wir im digitalen Informationszeitalter weiterführen.

Gesamtgesellschaftliche Sensibilisierung

Die Menschen in Europa müssen Informationsmanipulation erkennen lernen. Informations-, Quellen-, und Nachrichtenkompetenz, kritisches Denken sowie Wissen über staatliche Institutionen, digitale Infrastrukturen und Technolo-

gien, KI und Algorithmen müssen nicht nur im Lehrplan fest verankert sein und schon den Kleinsten spielerisch vermittelt werden. Ebenso bedarf es in der Erwachsenenbildung größerer Anstrengungen, etwa über Kooperationen mit Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Zivilgesellschaft, öffentlichkeitswirksame Kampagnen und gesamtgesellschaftliche Sensibilisierung. Viele Länder machen es uns schon vor, z. B. Finnland, Estland, Tschechien und Taiwan. Demokratieschützende vierte Gewalt

Es gilt, Vertrauen in staatliche Handlungsfähigkeit zu festigen und wiederzugewinnen. Wenn die Bevölkerung versteht, warum der Staatsapparat wie handelt, bleibt weniger Raum für Lügen und Informationsmanipulation. Staatli che Strukturen benötigen klare Zuständigkeiten, Ansprechperso nen und schnelle Handlungswege. Informationsmanipulationskam pagnen weisen eine hohe Dyna mik auf, deshalb ist Wissen zu aktuellen Narrativen und Verbrei tungswegen sowie Auswirkungen auf politische Radikalisierung und

Behörden

extremistische Subkulturen vonnöten. Eine verlässliche Förderung von wissenschaftlicher Beobachtung ist eine weitere Säule einer erfolgreichen Resilienzstrategie. Nicht zuletzt erfüllt regional verankerter, qualitätsvoller Medienpluralismus eine wichtige demokratische Kontrollfunktion. Die vierte Gewalt ist überlebenswichtig für eine Demokratie, die effektiv gegen Machtkonzentration, Korruption und Informationsmanipulation hält. Die mächtigen Tech-Giganten können das nicht ersetzen, somit bleibt eine konsequente Regulierung der OnlinePlattformen eine zentrale Aufgabe. Die Bekämpfung von Informationsmanipulation durch den Aufbau einer wehrhaften Gesellschaft ist ein gewaltiger Gemeinschaftsakt. Erfolgreiche Strategien setzen auf breitangelegte Ansätze, wo viele gesellschaftliche Akteure strukturiert zusammenarbeiten. Dringend braucht es in Deutschland eine kluge politische Prioritätensetzung, die koordinierte, ineinandergreifende Maßnahmen strategisch auf den Weg bringt.

Rekordhaushalt für das BSI

Mehr Geld für EUDI-Wallet, weniger für Registermodernisierung (BS/ast) Die Bundesregierung hat den Haushaltsentwurf 2026 und den Wirtschaftsplan für das Sondervermögen vorgelegt. Etwas weniger Geld wird 2026 in den Breitbandausbau gesteckt. Dafür steigt der Haushalt des BSI deutlich an. Und auch an anderer Stelle wird in die Cyber-Sicherheit investiert.

Der Entwurf für den Bundes haushalt 2026 wurde dem Parlament zugeleitet. So wie auch im Haushalt 2025 fehlt bislang der Einzelplan für das Bundesdigital ministerium (BMDS). Erst müssen die Einzelheiten des Organisations erlasses geklärt werden. Viele Vorhaben des BMDS werden sich aber ohnehin aus dem Sonder vermögen Infrastruktur finanzieren – und hier liegen die Zahlen schon vor. 2025 stehen vier Milliarden Eu ro aus dem Sondervermögen für die Digitalisierung bereit. Ab nächstem Jahr sind es dann bis 2029 konstant 8,5 bzw. 8,6 Milliarden Euro. Weniger Mittel für RegMo Knapp drei Milliarden Euro aus dem Sondervermögen sollen 2025 dem Breitbandausbau zugutekommen, 2026 sind es immerhin knapp 2,3 Milliarden Euro. Laut dem Wirtschaftsplan des Sondervermögens stehen für die Modernisierung der Registerlandschaft 2026 mit 194 Millionen Euro weniger Mittel als 2025 (263 Millionen Euro) zur Verfügung. Das Bürgerkonto/die Infrastruktur werden hingegen mit 13 Millionen Euro mehr finanziert (2026: 256 Millionen Euro; 2025: 243 Millionen Euro).

Auch für das Europäische Identitätsökosystem/EUDI Wallet steht 2026 mit 162 Millionen Euro mehr Geld bereit (2025: 131 Millionen Euro; 2024: 40 Millionen Euro). Für die Transformation/Dienstleistungen im Bereich der Informationstechnik sind für 2025 und 2026 je 45 Millionen Euro eingeplant. Des Weiteren finden sich im Sondervermögen Mittel für die Digitalisierung anderer Bereiche, die nicht vom BMDS gesteuert werden, etwa die Digitalisierung in der Bundesfinanzverwaltung, für welche 2026

knapp 194 Millionen Euro bereitstehen.

Mehr Geld für die Cyber-Sicherheit

Der Haushalt des Bundesinnenministeriums (BMI) steigt 2026 um eine Milliarde Euro. Davon profitiert auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mit einer Rekordsumme von 379 Millionen Euro für 2026.

Das ist eine deutliche Erhöhung im Vergleich zu den letzten Jahren (2025: 231 Millionen Euro, 2024: 238 Millionen Euro). Laut der Bundesregierung soll davon auch ein neues Beratungszentrum finanziert werden. Die 189 Millionen Euro zusätzlich für das Bundeskriminalamt (BKA) sollen unter anderem neuen Rechenzentren zugutekommen.

Die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS) erhält 2026 mit 89 Millionen Euro ebenfalls mehr Geld als 2025 (81 Millionen Euro) und 2024 (75 Millionen Euro). Nachdem der Haushalt 2025 nur noch 19 Millionen Euro für „Disruptive Innovationen in der Cybersicherheit und

Schlüsseltechnologien“ vorwies, ist diese Summe nun wieder deutlich auf 40 Millionen Euro gestiegen und erreicht das Niveau von 2020 und 2021.

Auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) investiert mit einem Sofortprogramm in die Cyber-Sicherheit: 189 Millionen Euro sollen 2026 dazu genutzt werden, das IT-Sicherheitsniveau von allen Gesundheitseinrichtungen zu erhöhen. Schließlich gilt der Gesundheitssektor als einer der am häufigsten attackierten Sektoren, in Deutschland wie global. Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) erhält 2026 mit 52 Millionen Euro etwas mehr Mittel als 2025 (47 Millionen Euro) und 2024 (45 Millionen Euro). Die Behörde soll laut Koalitionsvertrag schließlich auch neue Aufgaben bekommen. Deutlich gekürzt werden die Ausgaben für „Innovative Anwendungen von Künstlicher Intelligenz“ –von 49 Millionen Euro 2025 auf 20 Millionen Euro im Jahr 2026.

Julia Welford ist Parlamentarische Beraterin für Digitalisierung, Frauen und Jugend der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im bayerischen Landtag. Foto: BS/privat
Das Sondervermögen Infrastruktur ermöglicht auch höhere Ausgaben für verschiedene Digitalvorhaben. Foto: BS/Sari, stock.adobe.com

Behörden Spiegel: Herr Scholl, welchen Stellenwert nimmt die IT im BAS ein?

Claus Scholl: Wir verstehen uns als IT-Vollsortimenter. Das bedeutet: Wir decken alle Aufgaben eines typischen IT-Providers selbst ab – von der Infrastruktur über den Betrieb bis hin zur Anwendungsentwicklung. Beim Aufbau der Abteilung IT haben wir in eigenes Personal und dessen Kompetenzen investiert. Das spart jetzt bei der Realisierung unserer Projekte viel Zeit und Kosten für externe Unterstützung. Externe Unterstützung holen wir nur für sehr spezielle Projekte.

Unser Aufgabenbereich ist breit gefächert: Wir betreuen unter anderem den Gesundheitsfonds, den Krankenhauszukunftsfonds, den neuen Krankenhausstrukturfonds und weitere Fördertöpfe. Wir sind auch für die Auszahlung von Rentenzuschüssen zuständig. Insgesamt geht es um mehr als 500 Milliarden Euro pro Jahr. Diese Summe verdeutlicht, welche Anforderungen an Stabilität, Sicherheit und Verfügbarkeit bestehen. Wir betreiben deshalb zwei vollständig redundante Rechenzentrumsräume am Standort, sichern Stromversorgung, Kühlung und Netzwerke mehrfach ab und sind in der Lage, selbst bei länger anhaltenden Stromausfällen den Betrieb aufrechtzuerhalten.

Behörden Spiegel: Was macht Ihre IT-Organisation besonders?

Scholl: Eine wesentliche Besonderheit ist, dass wir unsere Fachanwendungen komplett selbst entwickeln. Das ist für eine Behörde unserer Größe unüblich, ermöglicht uns aber kurze Umsetzungszeiten. Eine Timeto-Market von unter sechs Monaten ist bei uns Standard. Wir setzen auf agile Methoden nach Scrum, auf Container-Technologien und sehr viel Open Source. Das erlaubt es uns, Anwendungen schnell bereitzustellen, während andere noch Ausschreibungen vorbereiten.

Behörden Spiegel: Wie sieht bei Ihnen der Stand in Sachen OZG-Umsetzung aus?

Scholl: Beim Thema OZG möchte ich exemplarisch die Mutterschaftsgeldstelle hervorheben. Anträge können über das Benutzerkonto BundID gestellt werden. Die Bearbeitung

IT als Stütze des Gesundheitswesens

Verfügbarkeit als oberstes Gut

(BS/fst) Regelmäßig fließen aus dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) Überweisungen in Milliardenhöhe. Dabei handelt es sich um den Gesundheitsfonds, den Krankenhauszukunftsfonds und den Krankenhausstrukturfonds. Somit unterliegen essenzielle Teile des Finanzhaushalts des deutschen Gesundheitswesens dem BAS IT-Leiter Claus Scholl erklärt, wie seine Abteilung durch hauseigene Fachanwendungen und die selbst entwickelte IT-Stratgie diese Aufgabe meistert.

Damit die enormen Summen sicher verwaltet werden können, muss sich das BAS jederzeit auf seine IT verlassen können, erklärt IT-Leiter

erfolgt papierlos; selbst der Bescheid kann über das Portal elektronisch zugestellt werden. Wer abends einen vollständigen Antrag stellt, erhält oft am nächsten Mittag den Bescheid. Wir haben zudem einen Statusmonitor integriert, damit Antragsteller jederzeit den Bearbeitungsstand sehen können. Damit waren wir bundesweit die ersten, die solche Funktionen eingeführt haben.

Behörden Spiegel: Was macht die Betreuung des Gesundheitsfonds besonders?

Scholl: Der Gesundheitsfonds sammelt virtuell die Beiträge der gesetzlich Krankenversicherten ein. Die werden auf dem Fonds geparkt. Mithilfe des sogenannten Risikostrukturausgleichs wird ermittelt, wie viel die einzelnen Krankenkassen bekommen. Diese Mittel werden den Krankenkassen wieder zugewiesen. Das sind Einzelüberweisungen in Milliardenhöhe – 15 Milliarden Euro am Tag sind nichts Ungewöhnliches. Das funktioniert am Ende nur dann

Einfache und medienbruchfreie Authentifizierung und Kommunikation in der öffentlichen Verwaltung

verlässlich, wenn die IT hochverfügbar zur Verfügung steht. Deshalb liegt bei uns ein so großer Fokus auf unseren Rechenzentren.

Behörden Spiegel: Sie sprachen von Container-Technologie. Können Sie damit Personal einsparen?

Scholl: Einsparen ist nicht der richtige Begriff. Wir können unsere Personalresourcen dadurch eher schonen. Durch den Einsatz von Containern sparen wir bei der Anzahl der Server, die betreut werden müssen. Wir können fast alles automatisieren, wie zum Beispiel Deployments, Lastverteilung und Neustarts im Fehlerfall. Auch neue Versionen und Sicherheitspatches können in wenigen Minuten in Produktion ausgerollt werden. Beim Krankenhausstrukturfonds etwa erfolgt die Antragsbearbeitung vollständig digital. Das spart erhebliche Zeit, vermeidet Medienbrüche und ermöglicht eine sehr effiziente Prüfung. So machen wir das für all unsere Fachbereiche. Je-

der bekommt im Laufe eines Entwicklungszyklus eine erste Version der eigenen Fachanwendung. Änderungen oder Erweiterungen setzen wir in nachfolgenden Entwicklungszyklen um, ohne langwierige Ausschreibungen. Dadurch können wir mit vergleichsweise wenig Personal einen großen Mehrwert für viele Prozesse im BAS schaffen.

„Ziel ist, Abhängigkeiten von US-Anbietern zu reduzieren. Das wird ein langfristiges Vorhaben –unter fünf Jahren ist so ein Wechsel nicht zu schaffen.“

Behörden Spiegel: Ihre IT-Abteilung treibt also die Transformation im Haus voran?

Scholl: Als ich hier angefangen habe, war die Mission, eine eigene IT-Strategie zu entwickeln und anerkannter Dienstleister im Haus zu werden. Ich hatte keine Zeit, mich mit externen Beratern auseinanderzusetzen, also haben wir die IT-Strategie selbst entwickelt. Dieser Schritt hat sich ausgezahlt. Wir planen langfristig und entwickeln unsere Infrastruktur kontinuierlich weiter. Beispielsweise haben wir schon 2018 alle Mitarbeitenden mit Notebooks ausgestattet. Während der Corona-Pandemie haben wir es so in kürzester Zeit geschafft, alle Mitarbeitenden über VPN-Anbindungen von zu Hause aus arbeitsfähig zu machen.

Zusätzlich arbeiten wir eng mit den Fachbereichen zusammen, oft direkt über sogenannte Product Owner. So entstehen Anwendungen, die exakt zu den Prozessen passen. Wir haben ein eigenes Service-Desk-Team und vermeiden unnötige Schnittstellen zu externen Anbietern. Das erhöht Effizienz und Akzeptanz.

Behörden Spiegel: Wie soll sich die IT in Ihrem Haus weiterentwickeln?

Scholl: Persönlich habe ich im Alter von 63 natürlich nicht mehr den ganz langen Planungshorizont. Aber als Abteilung ist man eigentlich nie „fertig“. Mit dem erfolgreichen Umbau und Umzug unserer beiden Rechenzentrumsräume sind wir infrastrukturell auf einem sehr hohen Stand. Von der Größe her halte ich die Abteilung für optimal: Mehr Personal würde nicht automatisch mehr Schlagkraft bedeuten. Ein Zukunftsthema liegt mir besonders am Herzen: die digitale Souveränität. Wir setzen bereits stark auf Open Source. Ziel ist, Abhängigkeiten von US-Anbietern zu reduzieren. Das wird ein langfristiges Vorhaben – unter fünf Jahren ist so ein Wechsel nicht zu schaffen, aber wir müssen es jetzt anstoßen. Auch beim Thema Cloud sind wir vorbereitet: Unsere Anwendungen laufen containerisiert und könnten mit geringem Aufwand in eine leistungsfähige Cloud-Umgebung umziehen. Voraussetzung ist allerdings ein Anbieter, der höchste Anforderungen an Datenschutz und Informationssicherheit erfüllt. Gesundheitsdaten gehören zur höchsten Schutzklasse – und hier habe ich bislang noch keinen Partner in der Bundesverwaltung gefunden, der unsere Ansprüche erfüllt.

Behörden Spiegel: Ein weiteres Megathema ist KI. Wie stehen Sie zum Einsatz in der Verwaltung?

Scholl: Ich sehe Chancen, aber auch Herausforderungen, KI sinnvoll in Verwaltungsprozesse zu integrieren. Am Ende liefert generative KI oft „wahrscheinliche Ergebnisse“, und das passt nicht zu allen behördlichen Abläufen. Um gute Resultate zu erzielen, braucht es fundiertes Wissen und sauberes Prompting. Der Aufbau entsprechender Kompetenzen bei allen potenziellen KI-Nutzerinnen und -Nutzern ist daher unerlässlich.

Claus Scholl.
Foto: BS/Dr. Proll

Behörden Spiegel: Herr Zimmermann, warum ist gerade in Behörden der souveräne Umgang mit mobilen Geräten von besonderer Bedeutung?

Daniel Zimmermann: Weil es um die Integrität und Sicherheit unserer staatlichen Kommunikation geht. Behörden verarbeiten hochsensible Daten – von Bürgerinformationen bis zu Verschlusssachen. Wenn solche Informationen über mobile Endgeräte laufen, müssen sie genauso sicher sein wie jeder Hochsicherheitsserver. Wer hier nachlässig agiert, gefährdet nicht nur den Datenschutz, sondern auch das Vertrauen in den Staat. Digitale Souveränität muss auch auf mobilen Endgeräten gewährleistet sein – und darf dort nicht enden.

Behörden Spiegel: Was verstehen Sie unter digitaler Souveränität auf mobilen Geräten?

Zimmermann: Behörden müssen jederzeit die volle Kontrolle über ihre Daten behalten – unabhängig vom Ort und ohne Abhängigkeit von Drittstaaten. Unsere Lösungen sorgen dafür, dass sensible Informationen ausschließlich in vertrauenswürdigen, geprüften Umgebungen verarbeitet werden. Wir setzen auf Made & Secured in Germany und statten mobile Endgeräte mit deutscher Sicherheitstechnologie aus.

Behörden Spiegel: Die öffentliche Verwaltung galt lange als skeptisch

Derzeit sind zentrale Grundlagen des IT-Zustimmungsvorbehalts noch nicht abschließend festgelegt. Dazu zählen beispielsweise die Definition, was als wesentliche IT-Ausgabe gilt, das detaillierte Prüfverfahren sowie standardisierte Daten- und Meldewege. Die Studienautorinnen und -autoren der Agora Digitale Transformation modellierten auf Grundlage der Digitalausgaben für das Jahr 2024 verschiedene Szenarien, die zeigen, wie sich der Anwendungsbereich des Zustimmungsvorbehalts je nach Definition „wesentlicher IT-Ausgaben“ verändern würde. Das Spektrum reicht von einer sehr breiten Auslegung, die neben der Kern-IT auch hybride und transformative Vorhaben ab einem

Der souveräne Staat …

…. arbeitet mobil – sicher, einfach, überall (BS) Mobile Geräte wie Smartphones und Tablets sind aus dem Arbeitsalltag in der öffentlichen Verwaltung nicht mehr wegzudenken. Über mobiles Arbeiten, digitale Autonomie und deutsche Sicherheitsstandards auf iOS und Android sprach der Behörden Spiegel mit Daniel Zimmermann, Geschäftsführer von Materna Virtual Solution.

gegenüber mobilem Arbeiten. Was hat sich verändert?

Zimmermann: Viele Tätigkeiten im Außendienst gab es schon immer, neu ist der Anspruch, sie digital unterstützt, sicher und direkt vor Ort durchzuführen – inzwischen auch bei VS-NfD-eingestuften Informationen. Das spart Zeit, reduziert Medienbrüche und erhöht die Sicherheit. Unsere Lösungen kommen etwa bei Polizei, Zoll, Hygienekontrollen oder

im Bevölkerungsschutz zum Einsatz und ermöglichen produktives Arbeiten – souverän, sicher und vor Ort. Grundlage sind BSI-zugelassene Lösungen wie SecurePIM sowie Plattformkonzepte wie indigo (Apple) und Knox Native Solution (Samsung).

Behörden Spiegel: Sie haben gerade eine neue Lösung auf den Markt gebracht. Was bietet diese den Behörden?

„Wir

setzen auf made and secured in Germany.“

Zimmermann: Mit dem SecurePIM WorkSPACE stellen wir unseren Kunden eine hochsichere digitale Arbeitsplatzlösung für das indigoÖkosystem zur Verfügung, optimiert für das iPad. Damit können VS-NfDeingestufte Informationen mobil und vertraulich bearbeitet werden – mit E-Mail, Kalender, Kontakten, Dokumenten, Notizen, Kamera und Browser in einer abgeschirmten Arbeitsumgebung. Behördenspezifische Anwendungen lassen sich nahtlos anbinden.

Behörden Spiegel: Wie garantieren Sie größtmögliche Sicherheit?

Zimmermann: Mit einem ganzheitlichen Sicherheitskonzept – Security by Design. Unsere Lösungen sind plattformübergreifend, vom Standard-Setup bis zu individuellen

Kontroll- oder Steuerungswerkeug

So könnte der IT-Zustimmungsvorbehalt wirken

(BS/Frederik Steinhage) Die Agora Digitale Transformation hat in einer aktuellen Studie das Steuerungspotenzial des IT-Zustimmungsvorbehalts des Bundesministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung (BMDS) untersucht. Dieser wurde im Organisationserlass vom 6. Mai 2025 verankert. Dabei steht vor allem die Frage im Fokus, in welchem Umfang Ausgaben im IT-Bereich vom Zustimmungsvorbehalt betroffen sein könnten.

Volumen von einer Million Euro erfasst, bis hin zu einem sehr restriktiven Ansatz, der sich ausschließlich auf Großprojekte der Kern-IT ab drei Millionen Euro beschränkt.

Die Spanne ist erheblich: Während im breitesten Szenario rund 12 Milliarden Euro jährlich unter den Vorbehalt fielen, wären es im engsten Fall knapp drei Milliarden Euro – nur ein Viertel des maximalen Umfangs. Der Unterschied

ist nicht nur finanziell bedeutsam, sondern beeinflusst maßgeblich, ob das Instrument eher als reines Kontrollverfahren für den IT-Betrieb oder als strategisches Steuerungswerkzeug für die gesamte Digitalpolitik wirken kann. Die Autoren zeigten zudem, dass ein großer Teil der relevanten Digitalausgaben nicht in der klassischen Kern-IT verortet ist. Hybride Vorhaben und Transformations-

projekte, wie digitale Infrastrukturmaßnahmen oder innovationsorientierte Förderprogramme, machen einen erheblichen Anteil aus.

Vermeidung von Doppelstrukturen Bei einer Begrenzung des Zustimmungsvorbehalts auf reine KernIT-Ausgaben, bleiben, laut Studie, Potenziale zur Vermeidung von Doppelstrukturen ungenutzt Final konstatieren die Autoren der

Sonderlösungen, und werden regelmäßig vom BSI attestiert. Ziel ist es, Sicherheit so transparent und intuitiv zu gestalten, dass sie im Alltag kaum noch spürbar ist.

Behörden Spiegel: Was kennzeichnet Ihre Lösungen im Vergleich mit anderen Anbietern?

Zimmermann: Sie erfüllen höchste VS-NfD-Anforderungen, sind DSGVOkonform und tragen das Gütesiegel IT-Security made in Germany. Unsere langjährige Zusammenarbeit mit dem BSI macht uns zu Experten in der Zulassung hochsicherer mobiler Produkte.

Behörden Spiegel: Wohin geht die Reise beim mobilen Arbeiten?

Zimmermann: Unsere Vision folgt dem Dreiklang „Ultramobil. Ultrasicher. Ultraeinfach.“ Behörden sollen überall arbeiten können – ohne Sicherheits- oder Funktionalitätseinbußen. Das mobile Arbeiten muss in die Breite getragen werden. Noch gibt es Akzeptanzprobleme, den Arbeitsplatz vollständig auf das Smartphone oder Tablet zu verlagern. Wir zeigen, dass es möglich, komfortabel und produktiv ist. Und dabei führt aus unserer Sicht kein Weg an einer souveränen Cloud vorbei – mittelfristig auch mit VS-NfD-Zulassung. Sie ist die logische Voraussetzung für eine vollständig mobile, sichere und gleichzeitig effiziente Behördenkommunikation.

Agora Digitale Transformation, dass die mittel- und langfristige Wirkung des Instruments davon abhänge, dass der Geltungsbereich breit genug gefasst wird, um auch strategisch relevante Transformationsvorhaben steuern zu können. Dabei sollte beachtet werden, dass der Verwaltungsaufwand nicht zeitgleich ins Unpraktikable gesteigert wird.

Gelinge dieser Balance-Akt, so könne aus dem IT-Zustimmungsvorbehalt ein zentraler Hebel der digitalen Staatsmodernisierung werden und das BMDS so erstmals in die Lage versetzen, ressortübergreifend wirksam auf die Ausrichtung der Digitalisierung im Bereich des Bundes einzuwirken und die Governance einheitlich zu gestalten.

WEITBLICK

Treffen Sie uns auf der KOMMUNALE am 22. + 23.10.2025, Nürnberg Messe, Halle 9, Stand 9-438

Für Ihre Digitalisierung

Die Unternehmen der MACH Gruppe gehen in MACH auf. Als großer, resilienter Software-Anbieter nutzen wir die starke Thermik der Technologie und geben öffentlichen Verwaltungen massiv Auftrieb. Innovationsgeist, Tempo und Lösungsvielfalt sind hohe Ziele, die wir mit geballter Kraft verfolgen. Nutzen Sie den politischen Rückenwind und kommen Sie mit auf die nächste Etappe unserer Reise.

Leinen los – Zukunft gemeinsam machen www.mach.de

Daniel Zimmermann ist neuer
der Materna Virtual Solution GmbH. Foto: BS/Materna Virtual Solution

Rosi sitzt wieder in einem Workshop. Der Tag fing gut an, aber langsam kippt ihre positive Stimmung. Man hatte sich getroffen, um gemeinsam die Einkaufsprozesse neu zu gestalten. Schneller und schlanker solle alles werden, digitaler und klarer in der Steuerung. Die Vision: Der Weg zum neu ausgestatteten Büro darf sich ein bisschen wie ein Ikea-Besuch anfühlen, vielleicht sogar wie das Videospiel „Die Sims“.

Sie hatten beim Status quo begonnen, gemeinsam aufgeschlüsselt, wie der aktuelle Einkaufsprozess aussieht, um dann Potenziale zu identifizieren, was einfacher, unbürokratischer, angenehmer sein kann. Die große Hoffnung: Vielleicht könnte man einzelne Schritte im Prozess sogar ganz weglassen. So hatten sie mit viel Motivation den Prozess mit Post-its erst auf eine Flipchart, dann – weil man mehr Platz brauchte – direkt auf der Wand aufgebracht. Ein Baum aus sich immer weiter verästelten gelben Quadraten gab dem Problem ein visuell eindrucksvolles Erscheinungsbild.

Bäumchen wechsel dich – oder nicht

Dann Kaffee, kurz Luft holen –jetzt ran ans Vereinfachen. Bei so einem Baum aus Bürokratie wird sich doch sicher einiges finden lassen, das man zuschneiden und in

Könnte es wirklich so einfach sein?

Was Modernisierung mit Identitätssuche zu tun hat

(BS/Dr. Konstanze Schlegelberger) Im zweiten Teil unserer Reihe über die fiktive Verwaltungsmitarbeiterin Rosi und deren Erfahrungen mit Change Management geht es um Machtstrukturen, die Bedeutung des Individuums und die Suche nach Identität im beruflichen Kosmos.

„Sobald

Dinge konkret werden, fallen Botschaft und Handeln weit auseinander.“

Form bringen kann – oder? Doch vor der Beantwortung dieser Frage verliert der Workshop seinen Schwung. Für fast jeden Ast in diesem Baum sind Stellvertreterinnen und Stellvertreter anwesend. Jedes Mal, wenn ein Vorschlag zur Vereinfachung kommt, weiß jemand anderes, warum genau dieser Schritt nun gerade wirklich nicht geht. „Aber wir sind uns einig, Irgendetwaswollen wir schon daran vereinfachen?“, fragt Rosi genervt in die Runde, mit Blick auf den mächtigen Bürokratiebaum. Es gibt vorsichtige Zustimmung. „Grundsätzlich ja, aber…“ Einige der Regeln sind auf Basis von ne-

Neuer Impuls für Deutschland-Stack

Vorschlag aus Schleswig-Holstein (BS/fs) Schleswig-Holsteins Staatskanzleichef Dirk Schrödter (CDU) hat in Zusammenarbeit mit verschiedenen Unternehmen und Organisationen ein Impulspapier zum Deutschland-Stack erarbeitet. Governance-Strukturen, Innovationsfreiheit und europäische Kooperation zählen zu den zentralen Punkten des Papiers.

E r sei „der festen Überzeugung, dass durch den Aufbau eines Deutschland-Stacks die digitale Transformation unseres Landes revolutioniert werden kann“, schrieb Schrödter in einem Brief an Bundesdigitalminister Dr. Karsten Wildberger (CDU). Konkret werden im Papier verschiedene Gestaltungsprinzipien benannt, wie etwa die konsequente Entwicklung über openCode, sektorübergreifende Nutzbarkeit von Anwendungen oder die Nutzung bereits bestehender Strukturen.

Zentral/dezentral

Besonders hervorgehoben wird das Gleichgewicht zwischen zentralisierter Governance und dezentraler Innovation. Basisdienste und Infrastrukturen sollen zentral entwickelt und betrieben werden, um Effizienz und Einheitlichkeit zu sichern. Spezifische Fachanwendungen und deren Weiterentwicklung könne man hingegen auch dezentral in die Hände privatwirtschaftlicher Akteure geben. Insbesondere GovTech-Unternehmen und Start-ups sollen so die Möglichkeit bekommen, den Deutschland-Stack mitzugestalten.

Grundprinzip Nachnutzung

Ausdrücklich betonen die Autorinnen und Autoren, dass der Deutschland-Stack als Bestandteil eines europäischen Ökosystems zu betrachten sei. Die Nachnutzung bereits etablierter Komponenten in Nachbarländern, wie beispielsweise X-Road, sollte demnach zu den Grundprinzipien zählen. Die isolierte Entwicklung neuer Komponenten ohne eine europaweite Nachnutzung zu ermöglichen, wird als nicht sinnvoll eingeordnet. Zusammenfassend erklären die Autoren, dass der Deutschland-Stack als Katalysator für technologische Weiterentwick-

lung auf europäischer Bühne dienen sollte.

Entwicklungskonferenz gewünscht

Ein weiterer Aspekt des Impulspapiers ist der zeitliche Ablauf des Deutschland-Stacks. Die Autoren fordern, dass dieser bis Ende des Jahres „lauffähig und als Entwicklungsziel tragend bei openCode veröffentlicht“ werden sollte. Nur so könne gewährleistet werden, dass man auch externe Entwickler in den Aufbauprozess miteinbeziehe. Weiter wird eine offene Konferenz für Entwicklerinnen und Entwickler in den Raum gestellt. Diese solle einerseits dazu dienen, die benannten Gestaltungsprinzipien an einem Ort zusammenzuführen, andererseits solle im Rahmen dieser Konferenz die Entwicklungsplanung für die kommenden Jahre konkretisiert werden.

Mitwirkung aller Akteure essenziell

Die Autoren sehen im Deutschland-Stack potenziell ein Werkzeug, „dass die digitale Wertschöpfung in Deutschland nachhaltig verändern kann“. Offenheit, europäische Anschlussfähigkeit und die aktive Mitwirkung aller relevanten Akteure aus Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft werden im Fazit als essenziell herausgearbeitet.

„Die Nachnutzung etablierter Komponenten in Nachbarländern sollte zu den Grundprinzipien zählen.“

Dirk Schrödter, Chef der Staatskanzlei Schleswig-Holstein

gativen Erfahrungen entstanden. Die dürften sich wirklich nicht wiederholen. Man müsse rechtlich aufpassen, aufs Vergaberecht, auf die Haftung, auf den Arbeitsschutz. Spätestens mit der Compliance kriege man sonst Probleme. Und dann ziehe so eine Vereinfachung auch Folgeprobleme nach sich, die man in ihrem Umfang noch gar nicht überschauen könne.

Rosi wagt eine kleine Intervention. Mit roten Post-Its markiert sie den informellen Trampelpfad – die Abkürzungen im Prozess, die sich im Alltag eingespielt haben, von denen alle wissen, von denen aber niemand wissen darf. Könne man nicht mit diesen irgendwie arbeiten, sie aus der Tabuzone ins Besprechbare holen? Doch die Gruppe sieht keine Chance – manche zeigen sich fast entsetzt über die rot markierten Abkürzungen. Rosi sammelt die Post-its wieder ein, entnervt und frustriert.

Strukturen wollen sich erhalten Ob es um das Vereinfachen eines Einkaufprozesses in der Verwal-

tung, um das Digitalisieren von Prozessen, die Entbürokratisierung eines Vorgangs im Bürgerbüro oder direkt die Modernisierung des ganzen Staates geht: Auf der allgemeinen Ebene sind sich immer alle einig, dass die Verfahren komplizierter sind, als es der Sache angemessen ist – und dass man etwas tun muss. Doch sobald Dinge konkret werden, fallen Botschaft und Handeln wieder auseinander. Wie kommt es dazu? Auch wenn sie als Argumente angeführt werden, liegt es selten am Technischen, Rechtlichen oder an Sachzwängen. Vielmehr stecken in jedem kleinen Prozessschritt häufig jahrelang gewachsene Bedeutungen einzelner Organisationseinheiten. Was vereinfacht, vielleicht sogar abgeschafft werden soll, war und ist für Personen über lange Zeiträume identitätsstiftend. Dass Identität das ursächliche Problem ist, nicht Recht oder Technologie, ist nicht gut besprechbar. In sachorientierten Diskussionen sind persönliche Empfindungen kein valides Argument. Entsprechend

Die heise-Konferenz für Admins und IT-Verantwortliche

weichen die Betroffenen auf andere Argumente aus.

Neues und Gutes muss entstehen Wenn man also erfolgreich verändern will, geht es nicht darum, den zweckrational besten Prozess zu entwickeln. Es geht darum, Einfluss und Macht neu zu verhandeln, die Relevanz einzelner Einheiten und Personen neu zu deuten und neue Ankerpunkte der Identifikation zu definieren. Dies gelingt immer dann, wenn diese verborgene Ebene mitgedacht und eingebunden wird in die Veränderung. Was die Menschen in der Organisation benötigen, muss mitgedacht werden. Nicht im Sinne von: die Leute abholen, Ängste nehmen. Das sind Feigenblätter der Kommunikation. Die Idee der neuen, vereinfachten Realität muss eine Antwort auf die Fragen haben, was für die Betroffenen Neues und Gutes entsteht, wenn wegfällt, was sie bisher ausgemacht hat.

*bis zum 19. September

Platinsponsoren

Goldsponsoren

Workshops am Vortag der Konferenz – Dienstag, 21.10.

• Proxmox VE: Ceph Multi-Room Cluster Setup

• Netzwerkanalyse und Fehlersuche mit Wireshark

• Netzwerkinfrastruktur-Management und Fehlersuche mit Netbox

Silbersponsoren

Dr. Konstanze Schlegelberger leitet die Unternehmensentwicklung der DRV Bund. Zudem ist sie systemische und transformationale Team Coachin.
Foto: BS/DRV Bund

U nsere fiktive Smart City der Zukunft, nennen wir sie – in Anlehnung an die laut Smart-City-Index des Bitkoms derzeit zwei smartesten deutschen Städte München und Hamburg – „Münchburg“, ist energieautark. Die Dächer fast aller Gebäude sind mit organischen Solarpanels ausgestattet, die Sonnenlicht auch bei bewölktem Himmel effizient nutzen. Zusätzlich sorgen Windtürme und unterirdische Geothermieanlagen für eine stetige Energieversorgung. Mit Künstlicher Intelligenz (KI) betriebene Energiemanagementsysteme regulieren den Verbrauch und passen ihn an Angebot, Wetterlage und Nutzungsverhalten an. Überflüssige Energie wird in dezentralen Speicherzentren gelagert oder automatisch an benachbarte Kommunen weitergeleitet. Vertikale Gärten begrünen Fassaden, urbane Wälder die Dächer Münchburgs und verbessern so das Stadtklima. KI-Systeme steuern die Bewässerung.

Mobilität im Fluss

Die Infrastruktur von Münchburg ist modular aufgebaut: Straßen, Laternen und Bushaltestellen fungieren auch als miteinander kommunizierende Datenknotenpunkte. Laternen dimmen sich, wenn niemand in der Nähe ist, und leuchten heller, wenn sich Menschen oder Fahrzeuge nähern. Die Straßenbeläge sind smart: Sie erkennen Schäden frühzeitig und melden sie automatisch an den kommunalen Wartungsservice. Eine von Autos mit Verbrenner-Motor ver-

Smart City 2050

Das vernetzte Deutschland der Zukunft

(BS/cb) Digitale Zwillinge spiegeln und verbessern urbane Strukturen, Klima- und Verkehrsdaten werden erfasst, die Zahl digitaler Verwaltungsleistungen steigt – all das und mehr passiert schon heute. Dennoch befindet sich die Smart City-Reife von Stadt und Land vielerorts noch im Anfangsstadium. Wie könnte das Smart Land Deutschland in 25 Jahren aussehen? Eine Utopie.

Nutzungszahlen von elektronischen Identifikationsnachweisen und digitalem Bürgerkonto gehen auf die 100 Prozent zu – wobei für maximalen Datenschutz gesorgt ist. Partizipation geht damit einher: Entscheidungen zu Stadtentwicklung oder Verkehrsplanung werden über Online-Bürgerplattformen

Ob in smarten Städten oder smarten ländlichen Gegenden: Geothermie-Anlagen gelten als nachhaltige Energieversorgung der Zukunft. Foto: BS/Journey, stock.adobe.com

lieblos hingeworfene E-Roller. Carsharing-Pools mit E-Fahrzeugen und autonomes Fahren bestimmen das Stadtbild. Der Öffentliche Personennahverkehr ist weitgehend automatisiert, die Taktung von E-Bussen, U- und S-Bahnen effektiviert. Die Fahrradwege in den Straßen.

Schnelle Daten, mehr Beteiligung Nicht nur in Münchburg, sondern landes- und bundesweit funktioniert die Verwaltung nahezu vollständig digital. Once-Only ist Realität und über das NOOTS

Advertorial

KI-Helfer für die Verwaltung

Smarte Softwarelösungen von IntraFind – made in Germany (BS) Moderne Verwaltung braucht intelligente KI-Helfer, die den Arbeitsalltag vereinfachen. Der deutsche Softwarehersteller IntraFind bietet genau das: praxisnahe Lösungen, um Wissen aus eigenen Daten schnell zu erschließen und generative KI sicher einzusetzen - mit KI-Suche, Chatbots und digitalen Assistenten. Die Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA) steht als berichtspflichtige Behörde unter Druck.

Ob im Intranet recherchieren, Anträge prüfen, E-Mails formulieren, Aktenvermerke erstellen, Dokumente zusammenfassen oder Texte übersetzen – mit IntraFind gelingt dies schnell, datenschutzkonform und ohne

komplexe Eigenentwicklungen.

Das KI-Trio für die Verwaltung: iFinder, iAssistant und iHub:

• KI-Suche: iFinder findet benötigtes Wissen aus Laufwerken, elektronischen Akten, E-Mails oder Fachdatenbanken – in Se-

kunden und automatisch rechtegeprüft,

• Chatbot: iAssistant erschließt interne Informationen verständlich im Chat,

Mit dem iHub lassen sich z. B. E-Mails formulieren oder Texte zusammenfassen und übersetzen. Foto: BS/IntraFind

• digitaler Assistent: iHub ist die neue Plattform für kreative generative KI innerhalb der eigenen IT-Infrastruktur. Vorkonfigurierte Eingabemasken liefern sofort Ergebnisse wie Übersetzungen, optimierte Texte, E-Mail-Entwürfe oder Protokolle. Maßgeschneiderte Micro-Apps lassen sich jederzeit ergänzen. Der iHub kann eigenständig oder mit iFinder und iAssistant genutzt werden. Damit steht Behörden ein zuverlässiges KI-Trio zur Verfügung, das sich leicht in bestehende IT-Systeme integrieren lässt, datenschutzkonforme Nutzung ermöglicht und Verwaltungsprozesse effizienter macht. Live-Demos auf der Smart Country Convention in Berlin, Halle 25/ Stand 426. Weitere Informationen unter: intrafind.com/de/public

ten der Bürgerinnen und Bürger abgefragt und ausgetauscht. Physische Behördengänge finden nur noch bei komplexen Fällen statt, die menschliche Empathie und Einschätzungsvermögen erfordern. Verwaltungsroutineaufgaben werden von der KI übernommen. Die

genua ist made in Germany – für Ihre digitale Souveränität.

Arbeiten an jedem Ort. VS-NfD-konform.

Excellence in Digital Security.

Sichern Sie die Integrität und Handlungsfähigkeit Ihrer Behörde durch höchste IT-Sicherheit von genua. Unsere genusecure Suite ermöglicht VS-NfD-konforme Arbeitsplätze sowie umfassenden Schutz nach strengsten Standards für Ihre behördliche Kommunikation. Mehr erfahren: genua.de/genusecure-suite

Vertrauen Sie auf genua – für sichere und robuste IT-Infrastrukturen.

Jetzt kostenlos vorbestellen!

Betrachtet

man zunächst die positiven Aspekte der BREKOMarktanalyse, dann lässt sich festhalten: Der Ausbau kommt voran. 52 Prozent aller Haushalte und Unternehmen (24 Millionen Anschlüsse) waren Ende Juni 2025 mit Glasfaser versorgt, was ein Plus von knapp zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr ergibt. Gleichzeitig nimmt auch die Anzahl der tatsächlich angeschlossenen Gebäude zu. 27 Prozent bzw. 12 Millionen Gebäude sind mittlerweile ins Glasfasernetz gebracht worden. Diese Zahlen muten zunächst äußerst positiv an, jedoch gibt es einen relativierenden Faktor.

Die Take-Up-Rate beschreibt die Anzahl der Gebäude, welche über einen Glasfaseranschluss verfügen und diesen auch tatsächlich nutzen. Zwar steigt auch diese marginal im Vergleich zum Vorjahr von 26 auf 27 Prozent, das bedeutet allerdings immer noch, dass lediglich die Hälfte aller Gebäuden ihren Glasfaseranschluss auch wirklich in Aktion bringen. Prof. Dr. Jens Böcker, wissenschaftlicher Beirat des BREKO, spricht in diesem Kontext von „einem klassischen Henne-EiProblem“. Böcker erklärt, dass die Infrastruktur schneller wachse als die tatsächliche Nachfrage. Wie schon in den vergangenen Jahren, spielen die Wettebewerber der Telekom eine zentrale Rolle beim Netzausbau in Deutschland.

Investitionsklima als zentraler Aspekt

Knapp 60 Prozent des Glasfaserausbaus in der Fläche ist auf das Wirken der Telekom-Wettbewerber zurückzuführen. Dabei machen diese 71 Prozent bei den angeschlossenen Gebäuden und sogar 74 Prozent bei den tatsächlich aktivierten Anschlüssen aus.

BREKO-Präsident Norbert Westfal lobt, dass die Unternehmen den Glasfaserausbau nicht nur in der Fläche vorantreiben, sondern auch dafür sorgen, „dass immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher leistungsstarke Glasfasertarife buchen können“. Gleichzeitig mahnt Westfal, dass diese entstandene Dynamik in erster das Ergeb-

Hindernisse beim Glasfaserausbau

BREKO-Marktanalyse 2025 veröffentlicht

(BS/fst) Der flächendeckende Ausbau der Glasfaser ist längst zum Rückgrat einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur geworden. Die Marktanalyse 2025 des Bundesverbands Breitbandkommunikation (BREKO) zeigt nun, dass weiterhin eine positive Entwicklung beim Ausbau der Glasfaser zu erkennen ist. Allerdings gibt es auch immer noch Hürden, wie beispielsweise die Zusammenarbeit mit Besitzern und Besitzerinnen von Gebäuden oder komplizierte Genehmigungen.

nis von Investitionsentscheidungen der letzten zwei bis drei Jahre gewesen ist.

„Um die Dynamik auch in den nächsten Jahren hochzuhalten, brauchen die Glasfaser ausbauenden Unternehmen Investitionsund Planungssicherheit, um fairen Wettbewerb zu gewährleisten“, betont Westfal. Nur wenn diese Rahmenbedingungen geschaffen würden, wäre es für die Anbieter möglich, auch „wirtschaftlich schwerer zu erschließende Gebiete“ in den Fokus zu rücken.

Trotz des Fortschritts durch die Telekommunikationsanbieter zeigen sich im Hinblick auf die einzelnen Bundesländer immer noch starke, lokale Abweichungen.

Der Norden geht voran Als Vorzeigebeispiele für einen dynamischen Glasfaserausbau präsentieren sich die nördlichen Bundesländer. Schleswig-Holstein bleibt mit einer Ausbauquote von 92 Prozent Spitzenreiter in Sachen Glasfaser. Die Stadtstaaten Hamburg (91 Prozent) und Bremen (80 Prozent) folgen auf den Plätzen zwei und drei. Auch in Sachen Zuwachs präsentiert sich der Norden als Dynamik-Treiber. So konnte Niedersachsen im Vergleich zum vergangenen Jahr ein Plus von 19 Prozent erzielen, während Sachsen-Anhalt mit einem Zuwachs von 16 Prozent den zweitstärksten Zuwachs verbuchen konnte.

Auf der anderen Seite des Spektrums befinden sich die großflächigen Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg. Mit 22 bzw. 14 Prozent Ausbauquote schneiden beide, wie bereits im vergangenen Jahr, am schlechtesten ab. Mit drei bzw. zwei Prozent bleibt auch der Zuwachs in Bayern und BadenWürttemberg ausbaufähig.

Verfahren bestimmen das Tempo des Netzausbaus.

Staatliche Fördermittel sind ein möglicher Ansatz, um diesen lokalen Unterschieden entgegenzuwirken.

Milliarden bereitgestellt, doch der Mittelabfluss stockt

Insgesamt ist das Fördermittelvolumen auf 21 Milliarden Euro gestiegen. Jedoch ist ein deutlicher Abfall zu erkennen, wenn man einen Blick auf die tatsächlich ausgezahlten Mittel richtet. Diese summieren sich im gesamten Analysezeitraum auf insgesamt sechs Milliarden Euro.

Klar zu erkennen ist, dass besonders Baden-Württemberg versucht, mithilfe von Fördergeldern, der ernüchternden Entwicklung in Sachen Glasfaserausbau entgegenzuwirken. Mit über drei Milliarden Euro konnten diese die höchste vorläufig bewilligte Fördergeldsumme verzeichnen. Aus der Analyse geht jedoch ebenfalls hervor, dass bisher lediglich knapp 600 Millionen Euro davon als Mittelabfluss für Infrastrukturprojekte zum Einsatz

Startschuss für Rechenzentrumsstrategie

Stakeholder sollen Input geben

(BS/fst) Die Bundesregierung möchte mit der nationalen Rechenzentrumsstrategie den Grundstein für eine leistungsfähige, sichere und energieeffiziente digitale Infrastruktur legen. Die Etablierung von Künstlicher Intelligenz (KI), CloudDiensten und digitalen Verwaltungslösungen sollen mithilfe dieser Strategie bestärkt werden.

In Zusammenarbeit mit Stakeholdern aus Kommunen, Ländern und Wirtschaft möchte die Bundesregierung die Rechenzentreninfrastruktur in Deutschland zukunftsfähig gestalten. Foto: BS/Rezaul4513, stock.adobe.com

Deutschland soll als führende Kraft bei nachhaltigen und souveränen Rechenzentren vorangehen. Das geht als Zielsetzung aus der Rechenzentrumsstrategie der Bundesregierung hervor, die Ende August vorgestellt wurde. Unter anderem möchte man mithilfe der Strategie eine schnellere Bereitstellung von digitalen Services ermöglichen, sich aber zeitgleich auch besser gegen Ausfälle oder Cyber-Angriffe absichern. Im Rahmen der Vorstellung wurde eine Konsultation ins Leben gerufen, bei welcher Stakeholder

einen Monat lang die Möglichkeit bekommen, Vorschläge einzureichen, die dann in ein Strategiepapier mit Sofortmaßnahmen überführt werden sollen. Der Aufruf richtet sich dabei unter anderem an Betreiber von Rechenzentren, Energieversorger sowie Verantwortliche aus Kommunen und Ländern.

Digitalminister Dr. Karsten Wildberger betont in der entsprechenden Pressemitteilung, dass man „auf dem Know-how aus Wirtschaft und Gesellschaft aufbauen“ wolle. Weiter hebt Wildberger hervor, dass man

„massiv Rechenkapazität aufbauen“ müsse, um vor allem bei der Weiterentwicklung von KI-Modellen auf der eigenen IT-Infrastruktur voranzukommen. Wenn dieser Schritt gelinge, dann habe Deutschland das Potenzial, „eine digitale Führungsrolle in Europa zu übernehmen“. Mögliche Handlungsfelder, die in der Bekanntgabe vermerkt wurden, sind die Verschlankung von Genehmigungsprozessen bei Rechenzentrumsprojekten, die Sicherung der Stromversorgung und auch die Weiterentwicklung bereits bestehender Rechenzentrumsstandorte. Der erste Entwurf der Strategie soll bis Jahresende vorliegen. Anschließend soll diese regelmäßige Aktualisierungs- und Monitoring-Verfahren durchlaufen.

Besonders die Überarbeitung derbestehenden Rechenzentren erscheint notwendig, wenn man den vertraulichen Bericht des Bundesrechnungshofs aus dem vergangenen Jahr betrachtet. Aus diesem geht hervor, dass nicht einmal zehn Prozent der Rechenzentren des Bundes die Mindeststandards des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erfüllen.

So klagen 70 Prozent der Anbieter über mangelnde Kooperationsbereitschaft von Seiten der Gebäudeeigentümer, insbesondere bei Mehrfamilienhäusern. Die Kostenfrage spielt in diesem Kontext eine zentrale Rolle. Im Schnitt schlägt der Hausanschluss mit 700 bis 1500 Euro ins Kontor – eine Schwelle, welche viele Hausbesitzende nicht bereit sind zu überschreiten. Um diesem Problem langfristig entgegenzuwirken, hebt Albers einmal mehr das Thema Investitionsanreize hervor. Diese müssten auch auf Seiten der Eigentümer geschaffen werden und durch verbindliche, rechtliche Rahmenbedingungen ergänzt werden. Neben der teilweise stockenden Zusammenarbeit mit den Inhaberinnen und Inhabern klagen viele der Anbieter nach wie vor über mangelhafte Planungssicherheit und komplizierte bürokratische Prozesse. Der Tenor im BranchenAustausch auf Plattformen wie LinkedIn ist eindeutig: Der Ausbau geht voran, aber es geht immer noch zu viel Zeit im Genehmigungsverfahren verloren.

kamen. Damit liegt Baden-Württemberg in Sachen Mittelabfluss auf Platz drei hinter MecklenburgVorpommern (knapp 900 Millionen Euro) und Nordrhein-Westfalen (knapp 850 Millionen Euro).

Bayern, welche ebenfalls eher mäßig abschneiden beim Netzausbau, erhielten ca. drei Milliarden Euro vorläufig bewilligte Fördermittel, wovon lediglich 300 Millionen in den tatsächlichen Mittelabfluss kamen.

Insgesamt wurden, auf alle Bundesländer verteilt, bis August 2025 knapp 30 Prozent der bewilligten Fördermittel ausgezahlt. Ein ähnliches Ungleichgewicht ist bei dem Vergleich von verfügbaren Anschlüssen zu jenen, welche dann auch in Betrieb genommen wurden zu beobachten.

Infrastruktur wird geschaffen, tatsächliche Nutzung stagniert

Ein Aspekt der Analyse, welcher Branchenbeobachtern Sorgen bereitet, ist die sogenannte Netzebene 4 oder auch Inhouse-Verkabelung.

Ein Lösungsansatz dafür könnte ein Eckpapier des Bundesministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung (BMDS) sein. In diesem wurden Anpassungsvorschläge für das Telekommunikationsgesetz geliefert. Beispielsweise sollen das Genehmigungsverfahren durch ein Anzeigensystem vereinfacht, Regelungen zur Kooperation mit Infrastruktur-Inhabenden vereinbart und der Glasfaserausbau zu einer Maßnahme von überragendem öffentlichem Interesse eingestuft werden. Ende Juni wurden die geforderten Änderungen im Bundestag in erster Lesung diskutiert. Dabei wurde diese ohne Veränderungen als Gesetzesentwurf „zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Feststellung des überragenden öffentlichen Interesses für den TKNetzausbau“ angenommen. Damit ist der Startschuss für die Arbeit in den entsprechenden Ausschüssen gefallen. Die neuen Regelungen sollen zunächst befristet bis 2030 gelten.

Kompetenzcenter für E-Government.

S-Public Services live auf der SCCON.

Smart Country Convention 30.09. – 02.10.2025 | Berlin Halle 25 | Stand 410

Erfahren Sie vor Ort, wie unsere spezialisierten Plug & Play-Lösungen rund um Payment-Services sowie digitale Verwaltungsprozesse den digitalen Wandel aktiv unterstützen.

www.s-publicservices.de

Investitionen, Förderung und vereinfachte
Foto: BS/Andreas Gruhl, stock.adobe.com

Behörden Spiegel: Frau Baldermann, Sie waren Teil der diesjährigen Locked-Shields-Übung. Was macht diese Übung besonders?

Christina Baldermann: Locked Shields ist die weltweit anspruchsvollste Cyber-Abwehrübung. In diesem Jahr nahmen 4.000 Expertinnen und Experten aus 41 Nationen teil. Insgesamt mussten 8.000 virtuelle Systeme verteidigt und ebenso viele komplexe Angriffe abgewehrt werden. Das Ganze folgt dem sogenannten Red-Team-Blue-Team-Ansatz: Das Red Team übernimmt die Rolle der Angreifenden, während das Blue Team die Verteidigung stellt. Deutschland war gemeinsam mit Singapur Teil des Blue Teams. Unsere Aufgabe bestand darin, in Echtzeit auf Cyber-Angriffe des Red Teams zu reagieren und angemessene Entscheidungen zur Abwehr zu treffen. Dabei wurden verschiedene Szenarien möglichst realitätsnah simuliert: Angriffe auf 5G-Netze, Energie- und Stromversorgung, Wasserinfrastruktur oder Kommunikationssysteme wie Satelliten.

Behörden Spiegel: Hat diese Übung erstmals stattgefunden?

Baldermann: Nein, Locked Shields wird bereits seit 2010 jährlich vom NATO Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence (CCDCOE) in Tallinn ausgerichtet. Deutschland war von Beginn an dabei. Für uns bei der ZITiS war es das vierte Mal in Folge, dass wir gemeinsam mit der Bundeswehr teilnehmen konnten.

Behörden Spiegel: Wie sahen die Angriffs- und Abwehrszenarien konkret aus?

Zusammenarbeit bei Locked Shields

Die Zone Lead Energieversorgung über sich ergänzenden Herangehensweisen (BS/sp) In der multinationalen NATO-Übung Locked Shields trainieren 41 Nationen über mehrere Wochen in Tallinn Angriffs- und Abwehrszenarien. Im Interview mit dem Behörden Spiegel spricht Christina Baldermann, Projektleiterin Digitale Forensik bei der Zentralen Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS), über die verschiedenen Simulationen, die beteiligten Akteure und die Zusammenarbeit mit dem Partnerland Singapur. Das Interview führte Paul Schubert.

Behörden Spiegel: Wie war die zivil-militärische Zusammenarbeit innerhalb des Teams organisiert?

Baldermann: Die Zusammenarbeit verlief professionell, kooperativ und lösungsorientiert. Unser Team war interdisziplinär zusammengesetzt – mit unterschiedlichen Arbeitsstilen, Erfahrungen und Kommunikationsformen. Die Kolleginnen und Kollegen aus Singapur arbeiteten sehr pragmatisch, schnell und dynamisch. Die deutsche Seite – sowohl zivil als auch militärisch – agierte eher planvoll und strukturiert. Diese unterschiedlichen Stärken haben sich gut ergänzt, sodass die Zusammenarbeit sehr effektiv war.

Behörden Spiegel: Deutschland und Singapur haben den ersten Platz belegt. Welche Bewertungskriterien wurden dabei herangezogen?

Baldermann: Die technischen Aspekte wurden bewertet, z. B. ob ein Cyber-Angriff erfolgreich abgewehrt wurde. Darüber hinaus spielte die Benutzerfreundlichkeit der Systeme eine Rolle: Wie gut war die Kommunikation mit den Nutzenden? Konnte die Bevölkerung des fiktiven Staates ihrer Arbeit weiter nachgehen? Auch die Verfügbarkeit der Systeme wurde bewertet. Fiel zum Beispiel ein Kraftwerk aus oder waren Webseiten nicht erreichbar, gab es Punktabzüge. Ergänzend floss eine Forensik-Challenge in die Bewertung ein. Ebenso wurden Leistungen der juristischen Teams, der Pressestellen, der strategischen Entscheidungsfindung und des Reportings berücksichtigt.

Behörden Spiegel: Welche Lehren zieht die ZITiS aus der Übung?

Baldermann: Einerseits wurden technische Angriffe simuliert, etwa durch Schadsoftware, netzwerkbasierte oder KI-gesteuerte Angriffe. Andererseits mussten auch nichttechnische Aspekte berücksichtigt werden: Dazu gehörten beispielsweise rechtliche, politische und kommunikative Fragestellungen wie Presseanfragen, Desinformationskampagnen oder völkerrechtliche Einschätzungen, auf die entsprechend reagiert werden musste. Die Teams waren interdisziplinär aufgestellt. Neben IT-Expertinnen und -Experten waren Kommunikationsfachleute, Juristinnen und Juristen sowie strategische Entscheiderinnen und Entscheider eingebunden.

Behörden Spiegel: In diesem Jahr hat Deutschland mit Singapur in einem

Partnersystem gearbeitet. Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?

Baldermann: Die Übung ist über die Jahre deutlich gewachsen. Früher trat Deutschland als eigenständiges Team an. Mit zunehmender Komplexität entschied sich das CCDCOE für ein sogenanntes Joint-Team-Konzept. Die Bundeswehr wählte daraufhin Singapur als strategischen Partner. Für mich persönlich war die Zusammenarbeit mit dem Team aus Singapur ein echtes Highlight. Besonders spannend war es, mit einer Kultur zusammenzuarbeiten, die über ganz eigene Herangehensweisen verfügt. Das eröffnet neue Perspektiven für künftige Kooperationen.

Behörden Spiegel: Welche Rolle haben Sie bei der Übung übernommen?

Baldermann: Ich war als Zone Lead für den Bereich Energieversorgung verantwortlich, also für Kritische Infrastrukturen wie Stromnetze, Wasseraufbereitung oder Kraftwerke. Ich habe ein Team von etwa 50 IT-Spezialistinnen und -Spezialisten geleitet und die Lage in meiner Zone bewertet. Dabei koordinierte ich Maßnahmen im Bereich des Incident Handlings – also beispielsweise, wie wir auf bestimmte Angriffe reagieren. Zudem war ich Schnittstelle zur Blue-Team-Leitung und zu den technischen wie nichttechnischen Teilteams.

Baldermann: Für uns war Locked Shields ein strategisches Testfeld. Die ZITiS entwickelt innovative Lösungen für unsere Bedarfsträger wie das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz oder die Bundespolizei. Im Rahmen der Übung konnten wir unsere Analysemethoden und Werkzeuge in einem realitätsnahen Umfeld testen. Dabei haben wir wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Gemeinsam mit unseren Bedarfsträgern konnten wir kritische Punkte identifizieren. Gleichzeitig bot die Übung eine gute Gelegenheit, unser Netzwerk mit Partnern aus Industrie, Forschung und anderen Sicherheitsbehörden zu stärken – denn im Krisenfall sind genau diese abgestimmten Prozesse entscheidend, um resilient auf Cyber-Angriffe reagieren zu können.

Vertraulich chatten, aber sicher

Mit der neuen Messaging-Funktion von SecuVOICE mit Einsatzerlaubnis für VS-NfD vom BSI. Kompatibel für Android und iOS.

Neugierig?

Besuchen Sie uns vom 7. bis 9. Oktober auf der it-sa an unserem gemeinsamen Stand mit BlackBerry. Halle 9 | Stand 9 – 503

Im Rahmen von Locked Shields koordinierte die Wirtschaftsingenieurin Christina Baldermann Incident Handling-Maßnahmen wie die Reaktionen auf bestimmte Angriffe.
Foto: BS/Bundeswehr/Dagmar Benner

Sicherheit & Verteidigung

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / September 2025

POLIZEITAG POTSDAM Innovationen in der Polizeiarbeit: Einsatz fortschrittlicher Technologie zur Bekämpfung von Kriminalität und Erhöhung der Sicherheit

www.polizeitage.de 1. Oktober 2025

www.behoerdenspiegel.de

Einen Fünf-Jahres-Vertrag hat die Polizei Baden-Württemberg mit dem Tech-Unternehmen Palantir abgeschlossen. Eine Sprecherin des Innenministeriums Baden-Württemberg äußert sich gegenüber dem Behörden Spiegel dazu wie folgt: „Die Sicherheitslage erfordert es, der Polizei unverzüglich eine Software an die Hand zu geben, die große Datenmengen verarbeiten und analysieren kann.“ Unternehmen aus Europa böten solch eine Software noch nicht an. Aus diesem Grund folgt Baden-Württemberg nun seinen Vorgängern Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Die drei Bundesländer nutzen bereits seit einiger Zeit die Software Gotham von Palantir. Sie ermöglicht eine Echtzeitanalyse und Verknüpfung polizeilicher Daten. Eingesetzt wird sie vor allem in den Deliktbereichen Schwere, Organsierte und Staatsschutzkriminalität. Die Kritik an Palantir konzentriert sich hauptsächlich auf die engen Verbindungen des Mitgründers Peter Thiel zu rechten politischen Kräften. Zudem wird der Software mangelnde Transparenz vorgeworfen. Aus den Reihen der Polizei wird immer wieder von der Notwendigkeit einer solchen Software gesprochen. So betont der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) Rainer Wendt, dass der polizeiliche Nutzen von Gotham für die Ermittlungsarbeit erheblich sei. Etwas vorsichtiger drückt sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) aus. Die GdP-Brandenburg erklärt: „Eine leistungsstarke und rechtskonforme Datenanalyseplattform ist angesichts steigender Anforderungen bei der Bekämpfung von Kindesmissbrauch, Organisierter Kriminalität und Extremismus unerlässlich, aber sie muss auf einer digital souverä-

Ein Ringen um digitale Souveränität

(BS/Mirjam Klinger) Der Begriff „Souveränität“ kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie „Unabhängigkeit“ oder „Überlegenheit“. Eigenschaften, die für die deutsche Polizei ebenfalls von zentraler Bedeutung sind. Doch gerade im digitalen Raum wächst die Abhängigkeit von externen Technologien und Anbietern. Spätestens die Debatte um die Software des US-Konzerns Palantir zeigt: Wie souverän ist die deutsche Polizei tatsächlich?

nen, europäischen oder nationalen Grundlage beruhen.“

Die deutsche Alternative fehlt Als erstes Bundesland führte Hessen im Jahr 2017 Gotham unter dem Namen hessenDATA ein. Zunächst wurde sie ausschließlich im polizeilichen Staatsschutz genutzt. „Nach Ausweitung auf die Kriminalitätsphänomene der Organisierten und Schweren Kriminalität wird die Analyseplattform ca. 15.000-mal jährlich in konkreten Verfahren zur Abwehr schwerster Gefahren für die Bürgerinnen und Bürger eingesetzt“, so eine Sprecherin des hessischen Innenministeriums. Wie in NRW ist die Software in Hessen auf die Anforderungen der Polizei im Bundesland abgestimmt. Eine Verwendung in anderen Bundesländern wäre somit nicht möglich. Bayern verhandelte 2022 einen Rahmenvertrag, über den andere Bundesländer Gotham als „Verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“ (VeRA) erwerben können. Diesem Angebot ist BadenWürttemberg gefolgt.

„Im BMI [...] hat man scheinbar keinerlei Interesse daran, sich ernsthaft Gedanken über mögliche Alternativen zu Palantir zu machen.“

Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen

Laut dem baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU) soll Gotham jedoch aus-

schließlich als „Brückentechnologie“ eingesetzt werden. Auf Rückfrage bestätigte das baden-württembergische Innenministerium: „Das Ziel ist es, in fünf Jahren eine souveräne europäische Software, eine Europa-VeRA, einsetzen zu können.“ Als erste Projektpartner nennt das Ministerium die Airbus Defence and Space GmbH und die Digitalsparte der Schwarz Gruppe, Schwarz Digits. Jedoch könnten weitere Unternehmen folgen. Baden-württembergische Sicherheitsbehörden begleiteten dieses Projekt eng. Uneinigkeit im Land Zum Thema digitale Souveränität bei der Polizei sagt das Bundeskriminalamt (BKA): „Digitale Souveränität bedeutet für das BKA die Fähigkeit, in einer vernetzten und zunehmend unsicheren Welt die polizeiliche Funktionsfähigkeit selbstbestimmt, widerstandsfähig und steuerungsfähig gewährleisten zu können.“ Nationale und internationale Kooperationen seien hier Teil der Lösung. „Entscheidend ist, die eigenen digitalen Prozesse zu verstehen, die Datenkompetenzen zu erhalten und handlungsfähig zu bleiben, wenn sich digitale Systeme ändern“, so das BKA. Bezüglich polizeilicher Analyseplattformen befindet sich die Behörde in Abstimmung mit den Polizeien der Länder und des Bundes. Das Stichwort lautet hier: P20, das Programm zur Harmonisierung der polizeilichen IT-Architektur in Deutschland. Ziel von P20: Eine einheitliche ITLandschaft für alle Polizeibehörden,

um die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zu verbessern. „Die Anforderungen für eine gemeinsame Analyseplattform werden durch das Programm P20 mit den Polizeien der Länder und des Bundes abgestimmt.“ Eine einheitliche, deutschlandweite Lösung forderte der Bundesrat im Rahmen seiner letzten Sitzung. Dabei mahnten einige Bundesländer an – darunter Niedersachsen –, Palantir von der Forderung auszuschließen. Eine Mehrheit bekamen sie hierfür nicht. Laut dem Niedersächsischen Innenministerium erfordert die derzeitige geopolitische Gesamtlage im Sicherheitsbereich eine zunehmende europäische Unabhängigkeit. Es müsse sichergestellt sein, dass alle Schlüsselelemente der künftigen digitalen Sicherheitsinfrastruktur einer strukturellen Einflussmöglichkeit durch ausländische Staaten möglichst umfassend entzogen werden. Aktuell arbeite eine landesweite Expertengruppe unter Federführung des Landeskriminalamtes (LKA) an „technisch und rechtlich geeigneten Lösungsoptionen zur automatisierten Datenanalyse“. Mit mit Blick auf die Belange der digitalen Souveränität bestehen in der Polizei Niedersachsen aus Sicht des Ministeriums keine Planungen für den Einsatz von Gotham.

Streit über Alternativen Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) schließt den Kauf der Palantir-Software für das BKA und die Bundespolizei nicht ausdrücklich aus. Fragen dazu, nach welchen Kriterien Softwarelösungen für Polizeien ausgewählt werden und wie die Entwicklung einer europäischen Datenanalysesoftware unterstützt wird, beantwortet das Ministerium nur vage. Für Ersteres

sei eine allgemeingültige Antwort nicht möglich. „Bei der Beschaffung von Softwarelösungen definiert das BMI Kriterien zur Anforderung an die Eignung sowie an die Leistung“, so ein Sprecher. Zur zweiten Frage erklärt er: „Das BMI begrüßt jegliche Entwicklungen europäischer Unternehmen, die die digitale Souveränität stärken.“

Kritik an dem Handeln von Dobrindt und seiner Behörde kommt aus den Reihen der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Ihr Fraktionsvorsitzender Konstantin von Notz moniert: „Im BMI unter der Leitung von Alexander Dobrindt hat man scheinbar keinerlei Interesse daran, sich ernsthaft Gedanken über mögliche Alternativen zu Palantir zu machen.“ Mehrere Unternehmen hätten sich in den vergangenen Wochen an von Notz gewandt und beklagt, beim Innenministerium kein Gehör gefunden zu haben. Das BMI hatte auf eine parlamentarische Anfrage des Politikers erklärt: Aktuell sei ihm keine „marktverfügbare, einsatzbereite und den polizeifachlichen Anforderungen genügende“ Alternative zum US-Anbieter bekannt.

Eine Recherche des Reportageformats STRG-F zeichnet jedoch ein anderes Bild und stützt die Aussagen von von Notz. Bereits 2023 hätten sich sieben deutsche Unternehmen aus den Bereichen IT-Sicherheit und Software zusammengeschlossen und Pläne für eine digital souveräne Palantir-Alternative vorgelegt. Der ausgearbeitete Zeitplan sei sogar im Innenausschuss des Bundestags diskutiert worden. Innerhalb eines Jahres sollte der Polizei ein Prototyp für den Testbetrieb übergeben werden. Laut STRG-F scheiterte das Projekt jedoch, da weder ein Bundesland noch der Bund einen Auftrag erteilte.

„Versammlung gegen die Entscheidung zur Ernennung von Taliban-Vertretern an den afghanischen Botschaften in Deutschland“, „Klimamahnwache, Pariser Abkommen, Fridays For Future, Umweltschutz wie Verschmutzung der Meere“ oder „Rettet die Westernstadt Old Texas Town in Berlin-Spandau“: Das sind nur drei der insgesamt 17 an gemeldeten Versammlungen und Aufzüge in Berlin am 15. August. Der Freitag liegt damit sogar noch unter dem Schnitt von 2024. Im vergangenen Jahr fanden durch schnittlich 21 Demonstrationen am Tag statt. In 6.689 Fällen handelte es sich 2024 um Kundgebungen, zudem gab es 976 Aufzüge. Nach Angaben der Innenverwaltung wa ren 48 Versammlungen nicht an gezeigt.

„Unsere Kolleginnen und Kollegen brennen aus – die Ressource Mensch wird verschlissen.“

Frank Teichert, stellvertretender Landesvorsitzender der DPolG Berlin

Protest, Gewalt und Personalnot

Anzahl und Emotionalität von Demonstrationen in Berlin nehmen weiter zu (BS/mk) Berlin ist Spitzenreiter – zumindest, wenn es um die Zahl der Versammlungen und Demonstrationen geht. Über 7.600 solcher Veranstaltungen zählte die Hauptstadt im vergangenen Jahr. Damit stieg auch die Zahl der Einsatzstunden bei der Polizei – eine Belastung, die für die Einsatzkräfte zunehmend schwerer zu bewältigen ist.

Die Vielzahl an Demonstrationen sorgt bei der Polizei Berlin für einen erheblich höheren Arbeitsaufwand. Im Jahr 2024 verzeichnete sie insgesamt 728.269 sogenannte Einsatzkräftestunden zum Schutz der Versammlungen – fast 300.000 Stunden mehr als 2023. Nach Einschätzung der Polizeigewerkschaften in Berlin stellt dies ein Problem dar. So erklärte der Stellvertretende Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Frank Teichert: „Die Zahl der Demonstrationen ist stark gestiegen, die Personalstärke hingegen nicht.“ Spontanversammlungen, parallele Lagen und thematisch aufgeladene Proteste erforderten ständige

D ass das in Deutschland oft nicht gut funktioniert, hat kürzlich der Afghanistan-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages gezeigt. Vor dem Abzug aus Kabul waren Lageeinschätzungen der Ministerien uneinheitlich, gar widersprüchlich, und in Teilen von Wunschdenken geprägt. Gerade dass unterschiedliche Ressorts nicht auf Basis eines gemeinsam erarbeiteten Lagebildes agieren, stellt strategisches und ganzheitliches Handeln infrage. Die Bundesregierung schafft nun einen Nationalen Sicherheitsrat inklusive eines Lagezentrums im Bundeskanzleramt, um in Zukunft ein gemeinsames und ganzheitliches Lagebild zu ermöglichen. Dabei kann Deutschland von den europäischen Partnern lernen. Heutzutage wird Außen- und Sicherheitspolitik aber nicht nur von Nationalstaaten, sondern auch von Internationalen Organisationen gemacht. Die Europäische Union ist dabei wohl das Gemeinwesen, an das die Nationalstaaten die meisten Kompetenzen übertragen haben, unter anderem auch in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Auch die EU ist damit auf ein gemeinsames Lagebild angewiesen, um sinnvoll Politik gestalten zu können. Seit fast 25 Jahren verfügt sie daher über ein nachrichtendienstliches Lage- und Analysezentrum, das INTCEN. Dort werden freiwillige Beiträge der nationalen Nachrichtendienste zu

Bei der Vorbereitung auf Versammlungen berücksichtigt die Polizei zahlreiche Faktoren – von Ort und Teilnehmerzahl bis hin zu möglichen Störungen. Foto: BS/Mummert-und-Ibold, stock.adobe.com

Kräfteverschiebungen, führten zu überlangen Diensten und fehlendem Ausgleich. „Unsere Kolleginnen und Kollegen brennen aus – die Ressource Mensch wird verschlissen“, mahnte Teichert gegenüber dem Behörden Spiegel. Aussagen des Landeschefs der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin, Stephan Weh, schlagen in dieselbe Kerbe. Die anfallenden Überstunden ließen eines deutlich erkennen: „Die Polizei Berlin ist längst am Limit.“ Der Einsatz bei Veranstaltungen und Versammlungen erfordere heute zahlreiche Sicherheitsmaß-

nahmen, da die Alltagskriminalität steige und zugleich eine latente Gefahr durch Terroranschläge und Amoktaten bestehe – Maßnahmen, die vor zehn oder zwanzig Jahren noch nicht notwendig gewesen seien. Außerdem fänden sich „jegliche globalen Konflikte auch sehr kurzfristig auf Berlins Straßen“ wieder, und das in zunehmenden Maße.

Zwischen Statistik, Gewalt und globalen Konflikten

Nach Angaben der Berliner Polizei wurden im Jahr 2024 1.826 Polizeivollzugskräfte im Rahmen ihrer

Von Europa lernen

Dienstausübung durch Straftaten körperlich verletzt. Bei 158 davon fand dies im Zusammenhang mit einer Versammlung oder Demonstration statt. Zudem wurden 4.006 Straftaten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für das vergangene Jahr im Rahmen von Versammlungen und Demonstrationen erfasst. Dabei handelte es sich überwiegend um Nötigungen (1.394 Fälle), Widerstand gegen sowie tätliche Angriffe auf Vollstreckungskräfte (806 Fälle) und Beleidigungen (348 Fälle). Hinsichtlich einer möglichen Zuspitzung er-

Sicherheitsstrukturen durch internationale Vergleiche verbessern

(BS/Daniel Neumann) Wissenschaft und internationale Vergleiche können helfen, Sicherheitsstrukturen zu verbessern. Dort, wo Außen- und Sicherheitspolitik gestaltet wird, benötigen Politikentscheider fundierte nachrichtendienstliche Lagebilder. Je früher und besser sie ihre reale Umwelt und Bedrohungen kennen, desto besser können sie Überraschungen vermeiden und vorausschauend handeln.

einem integrierten Lagebild für EU-Entscheidungsträger zusammengeführt. Erkennbare Kooperationsprozesse sind komplex und werden von politischen Interessen, bürokratischen Eigenheiten und sozialen Dynamiken geprägt. Deren Analyse bietet Anhaltspunkte für die Ausgestaltung des zukünftigen deutschen Nationalen Sicherheitsrates.

Vorbild INTCEN Erstens zeigt das INTCEN, dass nicht nur pragmatisch und ohne einen ausdefinierten Rechtsrahmen, sondern auch auf Basis grundsätzlicher Prinzipien und eines gleichgerichteten politischen Willens eine funktionierende Zusammenarbeit geschaffen werden kann. Dazu braucht es politische Führung und die Unterstützung der entsprechenden Behörden, die eine ziel- und ergebnisorientierte Zusammenarbeit als Teil ihres Kernauftrages erkennen müssen. Nationale „Fusion Centre“ wie das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) und das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) zeigen,

dass Deutschland durchaus zu pragmatischer und behördenübergreifender Zusammenarbeit selbst zwischen Bund und Ländern fähig ist, auch wenn manche Kritiker darin eine vermeintliche Verletzung des Trennungsgebotes bemängeln. Eine ähnliche Fusion, wie das INTCEN es für die EU leistet, fehlt in Deutschland aber bisher auf der strategischen Ebene. Ziel des vorgesehenen Lagezentrums im Nationalen Sicherheitsrat darf es nicht sein, diverse politisch etablierte „Hauslagen“ in einer Fusion zusammenzuführen, sondern in der Synthese verschiedener Erkenntnisse idealerweise so frühzeitig anzusetzen, dass eine gemeinsame ressortübergreifende Lagebildung stattfindet, bevor überhaupt widersprüchliche Hauslagen entstehen können.

Zweitens zeigt die Arbeit des INTCEN, dass bürokratische Strukturen wichtig, aber auch nicht alles sind. Sie müssen mit Leben gefüllt werden und entwickeln eigene Kulturen, denen für das Gelingen Rechnung getragen werden muss. In der EU sehen wir die Bedeutung von Persönlichkeiten. So hängt das

läuterte Florian Nath, Pressesprecher der Polizei Berlin, auf Anfrage des Behörden Spiegel: „Nach dem Überfall der Hamas auf den Staat Israel am 7. Oktober 2023 und der damit einhergehenden und bis heute andauernden Verschärfung des Nahostkonfliktes war das Jahr 2024 insbesondere von störanfälligen Versammlungslagen in diesem Themenzusammenhang geprägt.“ Diese Versammlungen seien häufig durch eine persönliche Betroffenheit der Teilnehmenden von Wut und Trauer geprägt. „Dies führte in der Vergangenheit nicht selten zu einer emotional aufgeladenen Stimmung und mündete mitunter in aggressives Handeln einiger Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer“, berichtete Nath Für Frank Teichert wird der Nahost-Konflikt inzwischen häufig als Ausrede für geplante Konfrontationen mit der Polizei genutzt. Ein massives Problem stelle in diesem Rahmen zusätzlich die aktuelle Gesetzeslage in Berlin dar. So sei das erste Berliner Versammlungsfreiheitsgesetz stark versammlungsfreundlich und ideologisch geprägt. Die Streichung des Begriffs „öffentliche Ordnung“ aus den Eingriffsvoraussetzungen sieht Teichert als Fehler. Hierdurch entfalle ein wichtiges Instrument zur frühzeitigen Gefahrenabwehr. Häufig fehle es der Polizei Berlin dadurch an Vorbereitungsmöglichkeiten – und deutlich an Personal.

Laut Stephan Weh weist gerade das Berliner Versammlungsfreiheitsgesetz massive Lücken auf. „Es gibt beispielsweise kein Vermummungsverbot mehr und letztlich kann ein dreijähriges Kind auf den Cayman Islands als Anmelder fungieren“, monierte Weh. DPolG und GdP fordern aus diesem Grund eine Nachjustierung des Gesetzes. Zudem fehlt es laut GdP-Berlin an einem Veranstaltungssicherheitsgesetz, „das wir gerade mit Blick auf Fußballspiele, Festivals oder Musikveranstaltungen dringend benötigen, um hier auch Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu klären“.

Funktionieren INTCENs einerseits an den Personalien seiner Führungsebene. Bei ihnen handelte es sich in der Vergangenheit nicht zufällig um erfahrene Nachrichtendienstler aus den Mitgliedsstaaten, die in Europa bereits gut vernetzt waren und von ihren europäischen Kollegen als verlässliche und professionelle Partner geschätzt wurden. Auch in Deutschland wird der Nationale Sicherheitsrat ebenso wie das Lagezentrum Führungspersonen brauchen, die über Ressortgrenzen hinweg anerkannt werden und integrativ wirken können. Frühzeitig fachlicher Austausch Die EU demonstriert auch die Bedeutung der Arbeitsebene, die dort von abgeordneten Analysten aus den Diensten der Mitgliedsstaaten geprägt ist. Diese bilden eine europäische Fachgemeinschaft. Die Erfolge INTCENs sind dabei oft das Produkt von Analysten, die in Eigeninitiative ihre Handlungsspielräume nutzen, um dynamisch Wissen aus verschiedenen Ländern zusammenzubringen.

Auch für den Erfolg des Nationalen Sicherheitsrates wird es entscheidend sein, dass die richtigen Experten zusammengebracht werden, um flexibel die Rückkopplung zur Arbeitsebene ihrer Häuser bieten zu können. Nur so kann der erforderliche frühzeitige fachliche Austausch stattfinden. Forschung und internationale Vergleiche helfen können, Sicherheitsstrukturen zu verbessern. Neben der EU sind auch zahlreiche Mitgliedsstaaten in einer ähnlichen Situation wie Deutschland und haben Erfahrungen im Aufbau integrierter Sicherheitsstrukturen gesammelt. Von diesen kann Deutschland lernen, welche Faktoren zu Erfolgen führen und welche Fehler es zu vermeiden gilt. Hinter den Kulissen gibt es durchaus Ansätze für einen solchen Austausch gegenseitigen Lernens mit europäischen Partnern. Dennoch täte es den öffentlichen und Fachdebatten gut, die vergleichende, europäische Perspektive stärker zu nutzen.

Daniel Neumann hat am King’s College London zu Internationalen Beziehungen promoviert. Aktuell hat er in Vertretung eine Assistenzprofessur an der Universität Leiden inne. Sein Schwerpunkt liegt auf den Intelligence Studies, der Erforschung von Nachrichtendiensten. Foto: BS/privat

Anfang August entdeckte ein Pilot über dem Frankfurter Flughafen eine Drohne. Aus Sicherheitsgründen wurde daraufhin der Flugbetrieb eingestellt. Fünf Maschinen mit Ziel Frankfurt mussten umgeleitet werden. Nachdem eine halbe Stunde lang keine weiteren Sichtungen gemeldet wurden, nahm der Flughafen den Betrieb wieder auf. Ein Einzelfall ist das längst nicht mehr: Laut Deutscher Flugsicherung (DFS) kam es im ersten Halbjahr 2025 zu 100 Drohnensichtungen im deutschen Luftraum – im Vorjahreszeitraum waren es 75.

Aus einem geheimen Bericht des Bundeskriminalamts (BKA) – über den im August mehrere Medien berichteten – geht hervor: Im ersten Quartal 2025 wurden im Lagebild zum „Tatmittel Drohne“ 270 Sichtungen mit 536 Drohnen registriert. In 117 Fällen waren mehrere Drohnen bei oder über militärischem Gelände unterwegs. Im Fokus standen dabei vor allem der Marinestützpunkt Wilhelmshaven und die USBasis in Ramstein. Wer die Drohne fliegt oder ihren Überflug in Aufrtag gibt, bleibt meist unklar. Laut BKA konnten die Behörden nur in acht von 270 Fällen die Drohnenpiloten ermitteln und festnehmen.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Konstantin von Notz, bezeichnet dies als „hochgradig alarmierend“. Der Bericht des BKA beleuchte zudem nur einen Teil des Problems: „Das offen aggressive Auftreten autoritärer Staaten, insbesondere Russlands, ist eine konkrete Gefährdung unserer Sicherheit, und zwar nicht nur der Sicherheit unserer Kritischen Infrastrukturen, sondern unserer Gesellschaft und Demokratie insgesamt.“

Der Agent im Land

Deutschland wappnet sich gegen Spionage

(BS/Mirjam Klinger) Drohnen am Himmel, Spione am Boden: Deutschland gerät immer stärker ins Visier ausländischer Einflussnahme. Sicherheitsbehörden warnen dabei nicht nur vor Störungen, sondern vor ernsthaften Gefahren durch fremde Staaten. Doch wie gut ist der deutsche Staat tatsächlich darauf vorbereitet?

gen illegale nachrichtendienstliche Aktivitäten aller Staaten – obwohl manche Länder häufiger spionierten als andere. Einen Schwerpunkt stellten hier die nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Staaten Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens in Deutschland dar, insbesondere von Syrien,

Von Notz kritisiert außerdem, „dass es bis heute weder ein hinreichend konkretes oder wirklich aktuelles Lagebild noch einen effektiven Weg der Bekämpfung solcher Drohnen gibt“. Laut dem Grünen-Politiker ist das ein massives Versäumnis der Verantwortlichen – insbesondere im Innenministerium.

Abwehr gegen Russland und China Im Juni veröffentlichte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) seinen Bericht für 2024. Darin wird deutlich: Spionage, Desinformation, ausländische Einflussnahme und Sabotage sind in den vergangenen Jahren stärker in den Fokus gerückt. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) erklärte in seinem Vorwort: „Insbesondere der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine fordert die Arbeit unserer Cyber- und Spionageabwehr.“ Chinas Vorgehen bei Spionage und Formen des unerwünschten Wissenstransfers erforderten besondere Wachsamkeit – vom Staat wie von der Gesellschaft. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof leitete 2024 insgesamt 17 neue Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit ein. Deutschland ist als größtes EUMitglied, zweitgrößtes NATO-Land und drittgrößte Wirtschaftsmacht weltweit für fremde Staaten ein besonders attraktives Ziel. Spionage richtet sich gegen Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft sowie das Militär. Nach Angaben des BfV verursachen diese Aktivitäten gemeinsam mit Cyber-Angriffen jedes Jahr betriebs- und volkswirtschaftliche Schäden in dreistelliger Millionenhöhe.

Russland gilt dabei als Hauptakteur im Bereich der Spionage gegen Deutschland. Es „passt seine Aktivitäten an die veränderten Operationsbedingungen und Bedarfe an und schreckt dabei vor robusten

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 richtete das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Task Force ein, um Desinformationskampagnen, Cyber-Angriffe und Spionage durch andere Staaten abzuwehren sowie darüber aufzuklären. Foto: BS/Bundesamt für Verfassungsschutz

Vorgehensweisen, wie Spionage und Sabotage mittels angeworbener ungeschulter Einzeltäter, nicht zurück“, schreibt das BfV in seinem Bericht. Das Phänomen sogenannter Wegwerf- oder Low-LevelAgenten hat sich inzwischen auch in Deutschland gezeigt. Dabei handelt es sich um Personen, die keine offiziellen Mitarbeiter eines Geheimdienstes sind, sondern meist im Auftrag Russlands handeln. Nach Erkenntnissen des BfV werden sie häufig über Messenger wie Telegram angeworben. Zielgruppe sind vor allem Menschen mit prorussischen Äußerungen. Für geringe Geldbeträge übernehmen sie scheinbar harmlose Aufgaben, deren Zweck jedoch darin liegt, die eigentlichen Urheber zu verschleiern. Wird ein solcher Akteur aufgedeckt, bestreitet Russland jede Beteiligung und ersetzt ihn durch neue Freiwillige. Für Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden bedeutet diese Entwicklung eine doppelte Herausforderung: Sie müssen verdeckte Aktivitäten frühzeitig erkennen und zugleich die Gesellschaft wirksam für die Gefahren von Einflussoperationen sensibilisieren.

Für mehr Resilienz

Der bayerische Verfassungsschutz bestätigt den Anstieg geheimdienstlicher Aktivitäten. „Die zunehmend komplexeren Spionage- und illegitimen Einflussnahmeaktivitäten ausländischer Nachrichtendienste stellen eine ernste Bedrohung Deutschlands und Bayerns dar“, erklärte ein Sprecher gegenüber dem Behörden Spiegel. Gerade auf russischer Seite sei die Hemmschwelle für Aktionen gegen Deutschland deutlich gesunken.

Inzwischen betrachte Russland selbst Gewalt bei Spionage- und Sabotageaktionen als legitimes Mittel. „Dabei wird gezielt der öf-

fentliche Raum als Resonanzkörper genutzt.“ Sichtbare Aktionen – etwa mutmaßlich gesteuerte Drohnenüberflüge über militärische Liegenschaften, Cyber-Angriffe, Einflussnahmen, Sabotageakte oder begleitende Propaganda – dienten nicht nur operativen Zielen, sondern auch der Machtdemonstration und Einschüchterung.

Um dieser Entwicklung zu begegnen und die Resilienz zu stärken, informiert unter anderem das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) regelmäßig Regierung und Parlament über seine Beobachtungen. Zudem sensibilisiert es mit öffentlichen Stellungnahmen und gezielten Präventionsangeboten. Im Rahmen seiner Wirtschaftsschutztätigkeit stellt das BayLfV Unternehmen und Forschungseinrichtungen spezielle Angebote zur Spionageabwehr bereit. „Ein Schwerpunkt liegt auf der Aufklärung von nachrichtendienstlich gesteuerten Cyber-Angriffen, die seit Juli 2013 vom Cyber-Allianz-Zentrum Bayern (CAZ) bearbeitet werden“, erklärt ein Sprecher.

360-Grad-Blick

Das BfV agiert gegen Spionage im Sinne einer „360°-Bearbeitung“. So richte die Behörde ihre Cyber- und Spionageabwehr grundsätzlich ge-

In diesem Jahr mit:

Auch der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg sieht die Gefahr und reagiert mit Informationsgewinnung, -austausch und -weiterleitung. Die Abteilung „Spionage- und Cyber-Abwehr, Geheim- und Sabotageschutz sowie Personenüberprüfungen“ des LfV Baden-Württemberg arbeitet aktiv daran, Bedrohungen durch ausländische Nachrichtendienste abzuwehren. „Die Spionageabwehr hat den gesetzlichen Auftrag, Informationen über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Aktivitäten zu sammeln und auszuwerten. Sie nutzt offene und nachrichtendienstliche Mittel, um Spionage zu erkennen, zu analysieren und in Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden abzuwehren.“ Außerdem berichtet die Abteilung regelmäßig über relevante Entwicklungen, etwa im Verfassungsschutzbericht 2024, den die Behörde im Juni veröffentlichte.

fassungsschutzbehörden in Bund und Ländern qua ihres gesetzlichen Auftrags zuständig – aber auch etliche weitere Behörden wie die Polizeien, die strafrechtlich ermitteln, Staatsanwaltschaften oder auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik“, kommentiert Voß. Gerade in solchen Ad-hocLagen komme es auf eine rasche und wirkungsvolle Kooperation und den reibungslosen Austausch von Informationen an – behörden- und länderübergreifend.

Die neue Rolle der Dienste Zwischen weltpolitischen Paradigmen und realweltlichen Bedrohungen

Torsten Voß, Leiter Landesamt für Verfassungsschutz, Behörde für Inneres und Sport Hamburg

Thomas Krense, Leiter, Verfassungsschutz, Ministerium für Inneres, Bau und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern

Elmar May, Leiter, Verfassungsschutz, Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz

Arndt Freytag von Loringhoven, Botschafter a.D., ehemaliger Vizepräsident, BND

15. – 16. OKT 2025 Hotel Adlon Kempinski Berlin

Ost-West-Gefälle auch beim Waldbrand

(BS/bk) Der Sommer ist bekanntermaßen Waldbrandsaison. Während das Aufkommen in Deutschland über die Jahre uneinheitlich ist, lässt sich für das vergangene Jahr zumindest ein geografischer Schwerpunkt feststellen. Auch bei den Ursachen gibt es ein Ost-West-Gefälle.

„Inzwischen sehen wir uns mit Phasen konfrontiert, die massiver sind, als man das früher erwartet hätte“, sagt der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium Sebastian Hartmann (SPD). Vor allem hybride Bedrohungen als besondere Zwischenphase beträfen die Bevölkerung besonders. „Wir müssen mehr mit der Bevölkerung kommunizieren“, fordert Hartmann. Ziel müsse es sein, dass sich die Menschen besser vorbereiteten. Vorbereitung ist auch für Kommunen entscheidend. Das gilt ebenso für Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister: Sie müssen überlegen, was der Zivilschutzfall konkret für ihre Städte bedeutet. Davon zeigt sich Jochen ReehSchall, SPD-Oberbürgermeisterkandidat und Bezirksbürgermeister in Bonn, überzeugt. Viele Verantwortliche wüssten gar nicht genau, wer die Krisenpläne erstellt habe oder wer für Brandschutz und Katastrophenvorsorge zuständig sei. Im schlimmsten Fall seien auch Telefonnummern nicht bekannt. Dies erschwere die Krisenbewältigung. Im Vergleich werde deutlich, dass internationale Einrichtungen und große Unternehmen weiter als kommunale Strukturen seien.

Die Gestaltung von Zuständigkeiten, Schnittstellen und Entscheidungswegen sei dadurch noch

B ehörden Spiegel: Die DLRG ist mehr als nur Rettungsschwimmer. Die Katastrophenschutzeinheiten sind weniger bekannt. Über welche Fähigkeiten verfügt die Gesellschaft?

Ute Vogt: Wir verfügen über rund 100 Wasserrettungszüge, die in der Regel von den Ländern oder Landkreisen unterstützt werden. Die dort eingesetzten Personen arbeiten ehrenamtlich und kommen zum Einsatz, wenn es beispielsweise zu einer Hochwasserkatastrophe kommt. Sie helfen bei Evakuierungen und Menschenrettungen.

Dazu kommen etwa 4.500 Strömungsretterinnen und Strömungsretter sowie rund 3.400 Einsatztaucherinnen und Einsatztaucher. Diese unterstützen unter anderem bei Arbeiten unter Wasser – etwa beim Absichern oder Anschließen von Ausrüstung – und werden leider auch gerufen, wenn Personen vermisst werden und eine Suche unter Wasser nötig ist. Wir sind in diesem Bereich sehr gut aufgestellt und verstehen uns als Teil der Blaulichtfamilie. Die Zahl der Einsätze in Hochwasserlagen nimmt leider zu, da diese inzwischen deutlich schwerwiegender verlaufen als früher. Es handelt sich oft nicht mehr um das klassische, langsam steigende Wasser, sondern um regelrechte Flutereignisse. Hier braucht es speziell ausgebildete Strömungsretter.

Unser Wunsch ist der Aufbau eines Hochwasser-Ausbildungszentrums. Dort könnten wir nicht nur die Strömungsrettung trainieren, sondern auch gemeinsam mit anderen Kräften wie Feuerwehr und THW komplexe Lagen üben – etwa die Evakuierung aus überfluteten Häusern, die Rettung aus einem überschwemmten Fahrzeug oder das Abseilen von einer Brücke. Wir haben dazu bereits eine Studie erstellt und werben derzeit bei der Politik dafür, dass Bund und Länder gemeinsam eine solche Anlage aufbauen. Das würde sowohl die Zusammenarbeit stärken als auch wertvolle Übungsmöglichkeiten schaffen.

Behörden Spiegel: Welche Lehren haben sie aus den vergangenen Hochwasserlagen gezogen?

Umdenken beim Zivilschutz

Vernachlässigte Pflege im Katastrophenfall (BS/bk) Vorbereitung ist alles. Dies gilt nicht nur im Katastrophen-, sondern auch im Spannungsfall. Doch verschiedene Akteure – auch aus der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr – sehen Defizite.

Es brauche einen Wandel in der Krisenvorbereitung. Davon zeigen sich (v.l.n.r) Dr. Hubertus Hille, Hauptgeschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg, Sebastian Hartmann, Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Simone Pesch, Referentin für Pflege im Bevölkerungsschutz bei der DRK-Schwesternschaft Bonn, und Jochen ReehSchall, Bonner Oberbürgermeisterkandidat, überzeugt. Foto: BS/Biskup-Klawon

wichtiger geworden, so Reeh-Schall Deshalb sei es entscheidend, auch in nichtstaatlichen Bereichen wie DLRG, Feuerwehr oder Hilfsorga-

nisationen Verantwortlichkeiten und Bereitschaften klar zu regeln. „Aber es tut sich etwas“, betont Reeh-Schall Wie wichtig eine solche

Verknüpfung der Partner ist, unterstreicht Simone Pesch, Referentin für Pflege im Bevölkerungsschutz bei der DRK-Schwesternschaft Bonn. „Die Vernetzung zu anderen Organisationen, der Politik, Landräten und der Stadt war z. B. in der Ahr-Katastrophe extrem wichtig“, so Pesch Die DRK-Schwesternschaften wurden kurzfristig in Betreuungseinrichtungen eingebunden. Sie halfen nicht nur bei der Versorgung der Betroffenen, sondern deckten auch den pflegerischen Bedarf ab. Denn: „In der Katastrophensituation denkt keiner an die zu Pflegenden“, sagt Pesch Auch im Ernstfall müsse die Versorgung sichergestellt werden. Während des Kalten Krieges gab es bei 62 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern in Westdeutschland rund 380.000 ausgebildete Schwesternhelferinnen – dies entsprach ungefähr 0,6 Prozent der Bevölkerung. Wollte man diese Quote heute wieder erreichen, wären rund 490.000 Helferinnen und Helfer nötig, die im Notfall pflegerisch tätig werden kön-

Fähigkeiten verschlechtert

DLRG-Präsidentin zu Bädern und neuen Booten (BS) Jedes Jahr ertrinken mehrere hundert Menschen in deutschen Gewässern. Eine Verbesserung der Lage ist kurzfristig nicht zu erwarten. Im Interview erklärt die Präsidentin der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Ute Vogt, was angesichts der mangelhaften Bäderlandschaft helfen kann. Die Fragen stellte Bennet Biskup-Klawon.

Schwimmen lernen ist die beste Lebensversicherung, sagt DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Foto: BS/Jörg Wunram, www.eventoplena.de

Vogt: Wir haben beispielsweise unser Bootsmaterial angepasst. Früher – und zum Teil auch heute noch – nutzten wir in Hochwasserlagen die klassischen Hochwasserboote: Metallboote mit einer Klappe, über die man Personen relativ einfach an Bord holen kann. Diese Boote haben jedoch einen glatten Boden, sind sehr einfach gebaut und nur schwach motorisiert. Inzwischen setzen wir bei Hochwassereinsätzen fast ausschließlich auf sogenannte IRBs (Inflatable Rescue Boats) – Schlauchboote mit Aluboden und starker Motorisierung. Der Grund: Die Vorgängerboote kippen in starken Fluten leicht um. Das haben wir in der Praxis mehrfach erlebt. Um gegen Strömung und Wellen anfahren zu können, braucht es eine deutlich höhere Motorleistung. Eine weitere wichtige Konsequenz aus vergangenen Hochwasserereignissen ist die verstärkte Ausbildung in der Strömungsrettung. Diese hat bei uns deutlich zugenommen. Außerdem arbeiten wir heute noch enger mit anderen Hilfsorganisationen zusammen. Ich bin überzeugt, dass wir solche herausfordernden

Lagen in Zukunft nur gemeinsam bewältigen können. Die frühere Konkurrenz zwischen Feuerwehr, THW und DLRG nimmt spürbar ab – denn inzwischen ist klar: Der eine kann ohne den anderen große Lagen nicht bewältigen.

Behörden Spiegel: Wie ist es um die Schwimmfähigkeit der Bundesrepublik bestellt?

Vogt: Die Situation verschlechtert sich zunehmend. Vor Corona, im Jahr 2017, haben wir gemeinsam mit Forsa eine Erhebung zur Schwimmfähigkeit durchgeführt. Damals verließen noch rund zehn Prozent der Grundschulkinder die Schule, ohne schwimmen zu können. Nach der Umfrage, die wir 2022 durchgeführt haben, lag dieser Anteil bereits bei 20 Prozent.

Das bedeutet: Schon bei den Kindern ist eine deutliche Verschlechterung festzustellen. Auch bei Erwachsenen, denen wir beispielsweise bei der Wasserrettung zu Hilfe kommen, stellen wir häufig fest, dass es sich um sehr unsichere oder sogar um Nichtschwimmer handelt.

Behörden Spiegel: Im Durchschnitt der letzten Jahre gab esin Deutschland rund 500 Ertrinkungstoten jährlich. Müssen wir uns damit abfinden, dass diese Zahl langfristig hoch bleibt?

Vogt: Nein, damit dürfen wir uns nicht abfinden. Genau deshalb leisten

wir unsere Arbeit. Es geht vor allem darum, die Menschen über die Gefahren am Wasser aufzuklären, ihnen Respekt vor dem Wasser zu vermitteln und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass möglichst viele Menschen schwimmen lernen. Das ist die beste Lebensversicherung.

Behörden Spiegel: Wie kann die Schwimmfähigkeit verbessert werden?

Vogt: Die vernünftigste und beste Lösung ist, dass an den Grundschulen wieder – wie es in meinem Jahrgang der Fall war – regulärer Schwimmunterricht erteilt wird. Im Lehrplan ist dieser für die dritte und vierte Klasse vorgesehen, oft auch noch für die fünfte und sechste Klasse. In der Regel hat man also vier Jahrgänge, in denen Schwimmunterricht vorgesehen ist. Dieser muss aber auch tatsächlich stattfinden, denn ehrenamtlich können wir nicht auffangen, was in den Schulen nicht mehr geleistet wird.

Ein Hauptproblem ist, dass es zu

Einfach. Sicher. Kommunizieren.

Für Behörden, die smart denken und souverän handeln!

nen. Jedoch gebe es derzeit nicht genügend Ausbildungskapazitäten. Auch bei den Unternehmen habe ein Umdenken eingesetzt. So berichtet Dr. Hubertus Hille, Hauptgeschäftsführer der IHK Bonn/RheinSieg, dass die Bundeswehr vor sechs Monaten auf die IHK zugekommen sei. Gestützt auf nachrichtendienstliche Informationen habe die Bundeswehr die IHK darüber unterrichtet, dass Russland bis spätestens 2030 in der Lage sein könnte, weitere Länder – auch NATO-Mitgliedsstaaten – militärisch anzugreifen. Das würde den NATO-Bündnisfall auslösen und hätte massive Auswirkungen auf Deutschland. Truppenverlagerungen, Logistik, Infrastruktur und zivile Unterstützung müssten dann in kurzer Zeit bereitgestellt werden. Auch Unternehmen wären massiv gefordert. Strukturell gebe es jedoch Unterschiede. Für Unternehmen, die bereits zuvor mit der Bundeswehr zusammengearbeitet hätten, sei dies weniger ein Problem, für bundeswehrferne Unternehmen hingegen schon. „Es setzt jetzt ein Prozess des Umdenkens ein“, so Hille. Corona habe gezeigt, dass Unternehmen und staatliche Stellen auf bestimmte Szenarien nicht ausreichend vorbereitet gewesen seien. „Aber die eigentlichen Herausforderungen liegen noch vor uns“, warnt Hille

wenige Schwimmbäder gibt. Wir brauchen so viele Hallenbäder, dass jede Schule in erreichbarer Nähe über ein Bad verfügt. Das ist die Grundvoraussetzung. Bund, Länder und Gemeinden müssen sich zusammensetzen und überlegen, wie man hier strukturiert vorgeht – und nicht nur mit einzelnen Förderprogrammen arbeitet, von denen am Ende nur die profitieren, die gerade zufällig in der Planungsphase sind oder über Eigenmittel verfügen. Vor allem im ländlichen Raum haben wir ein massives Problem. Dort müssen manche Ortsgruppen eine Stunde fahren, um überhaupt Schwimmausbildung anbieten zu können.

Der Bund hat mit Förderung der Initiative „Bäderleben“ bereits begonnen, eine Übersicht zu erstellen –unter Beteiligung der Hochschule Koblenz. Dort kann man sehen, wo Bäder vorhanden sind. Aber es gibt bislang keine einheitliche, offizielle Datenbasis, weil Bund, Länder und Kommunen jeweils unterschiedliche Zuständigkeiten haben. Wir brauchen daher einen strukturierten Plan: Wo sind die Grundschulen? Wo sind die Bäder? Wo gibt es große Lücken? Nur so kann sichergestellt werden, dass an jeder Grundschule Schwimmunterricht angeboten wird – und jedes Kind sicher schwimmen lernt.

Ob Bürgeranfragen oder interne Abstimmung – wir unterstützen Sie und machen Kommunikation in Behörden zukunftssicher. Effizient, barrierefrei und DSGVO-konform.

Kommunikationslösungen, die alle Kanäle berücksichtigen – in einem System. Automatisierung, die Freiraum schafft, unterstützt und mitdenkt. Geprüfte Sicherheit, auf die Sie sich verlassen können.

Gestalten Sie Ihre Kommunikation zukunftssicher!

Telefon 0800 240 40 60 smarte-verwaltung@dtms.de | www.dtms.de

„Unser Anspruch muss sein, vorauszudenken, also vor der Welle zu sein“, erklärte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) auf dem Gelände des Innovationslabors System Soldat (InnoLabSysSdt) in Erding. Unbemannte Hightech-Drohnen und klassische Großkampfsysteme seien in modernen Gefechtsfeldszenarien, im Kampf der verbundenen Waffen, nicht voneinander zu trennen, führte der SPD-Politiker aus. Vorausgedacht wird in Erding seit mittlerweile drei Jahren. 2022 öffnete das Innovationslabor seine Pforten. Es ist an das dortige Wehrwissenschaftliche Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) angeschlossen. Damit zählt es zum Geschäftsbereich des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). „Seitdem werden dort innovative Ideen und Vorhaben unter Einbindung der Industrie und der Truppe als späterer Nutzer möglichst unbürokratisch getestet und bewertet, damit Innovationen zielgerichtet und schneller für die Bundeswehr realisiert werden können“, erläuterte eine Sprecherin des BAAINBw auf Anfrage des Behörden Spiegel. Konkret befassten sich die

Das Fliegen lernen

Mit dem

Innovationslabor zur Drohnen-Kompetenz

(BS/jb) Auf dem ehemaligen Fliegerhorst in Erding hat die Bundeswehr ein Innovationszentrum für militärische Forschung errichtet. Dort wird die Ausrüstung der Truppe von morgen getestet. Unbemannte Systeme haben daran einen wesentlichen Anteil.

Mitarbeitenden des Labors unter anderem mit unbemannten Systemen, dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) oder der Digitalisierung von Bekleidung.

Ganz nah an der Industrie

Dass sich das BAAINBw für das bayerische Erding im Großraum München als Standort des InnoLabs entschied, ist kein Zufall. Die Isar-Metropole ist Heimat der größten deutschen VerteidigungsStart Ups. Diese seien „potenzielle Partner des Innovationslabors“, hieß es in einer Stellungnahme des BAAINBw. Darüber hinaus sind einige bedeutende Systemhäuser im Freistaat angesiedelt – wie Hensoldt und Diehl Defence. Konkret beruht die bisherige Zusammenarbeit des InnoLabs im Wesentlichen auf sogenannten Forschungs- und Technologie(F&T)-Studien. Das erfolgt mit Start Ups sowie mit etablierten Rüstungsunternehmen. Im Rahmen dieser Studien werden verschiedene Technologien betrachtet und zusammen mit der Truppe für eine weitere Nutzung evaluiert. Um den Anspruch – innovative Technologie zu fördern – nicht aus dem Fokus zu verlieren, kooperiert das InnoLab zum Teil mit dem Cyber Innovation Hub der Bundeswehr. Aus Sicht des Verteidigungsministers sind die Industrie und die deutschen Streitkräfte Nutznießer dieses Arrangements: „Sie profitieren vom Know-how des jeweils

In Erding soll eine Schnittstelle für Innovative Ideen zwischen der Industrie und den Streitkräften entstehen. Foto: BS/ Bundeswehr/Heike Westhöfer

anderen“, ließ Pistorius verlauten. In Erding kündigte der deutsche Verteidigungsminister darüber hinaus an, das Innovationslabor weiter ausbauen zu wollen.

Nur der Anfang Noch in diesem Jahr soll aus dem InnoLabSysSdt das Innovationszentrum Bundeswehr (InnoZBw) hervorgehen. An der Eingliederung innerhalb des Beschaffungsamts hält das Verteidigungsministerium (BMVg) dabei fest. Die Aufgaben und die Projektschwerpunkte bleiben bestehen. Das zukünftige InnoZBw soll als Schnittstelle zwischen Start Ups, der zivilen Forschungs- und Industrielandschaft und der Bundeswehr dienen. „Das InnoZBw soll aus dem InnoLab hervorgehen und sich mit ähnlichen Forschungsfeldern beschäftigen“,

konkretisierte das BAAINBw auf Nachfrage. Das Bestreben, innovative Technologie insbesondere im Themenbereich unbemannte Luftfahrt gemeinsam mit der Industrie für die Streitkräfte nutzbar zu machen, teilt das InnoZBw mit der zum Jahresbeginn gegründeten „Innovationsplattform Drohnentechnologie und Robotik“. Ziel der gemeinsamen Plattform der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) und des TechHUB SVI der Bayern Innovativ GmbH ist es, Industrie, Forschung und die Anwenderseite näher zusammenzubringen. „Die enge Zusammenarbeit mit Soldatinnen und Soldaten aus der Truppe ist ebenso unabdingbar wie eine geeignete Testinfrastruktur, die eine Erprobung unter Realbedingungen ermöglicht“, erläuterte Prof. Eva-

Maria Kern, Präsidentin der UniBw M, das Vorgehen.

Auf unbetretenen Pfaden Kreative Ansätze, um innovative Fähigkeiten insbesondere im Bereich unbemannter Systeme zu gewinnen, werden zurzeit auf der britischen Insel erprobt. Diesen Sommer ging das Verteidigungsministerium (MoD) des Landes eine Kooperation mit der British Esports Federation ein. Dabei handelt es sich um den nationalen Verband für E-Sport (kompetitives Videospielen) in Großbritannien. Im Rahmen der Vereinbarung wird die Föderation ein E-Sport-Turnier abhalten. Bei den International Defence E-Sports Games (IDEG) sollen Angehörige der Streitkräfte ihre Cyber-, Digital- und allgemeinen militärischen Fähigkeiten verbessern. Zunächst ist die Teilnahme Soldatinnen und Soldaten im aktiven Dienst oder der Reserve vorbehalten. Zu einem späteren Zeitpunkt wird das Teilnehmendenfeld um Beamtinnen und Beamte sowie Mitglieder der Verteidigungsindustrie erweitert. Ein konkretes Datum für die erste Iteration des Videospielturniers steht noch aus. Lediglich, dass der Wettbewerb in der zweiten Jahreshälfte 2026 stattfinden soll, gab das MoD bekannt. Neben den Organisatoren MoD und British E-Sports unterstützt die britische Industrie den Wettkampf – darunter das größte Rüstungsunternehmen Europas, BAE Systems.

„Wir haben von unseren ukrainischen Partnern gelernt, wie E-Sport Drohnenpiloten und Cyber-Sicherheitsspezialisten ausbilden kann“, erläuterte Generalleutnant Sir Tom Copinger-Symes , Deputy Commander des Strategic Command.

Im April 2023 übergab BadenWürttembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) den Roboterhund Spot von Boston Dynamics an die Landespolizei. Der bis zu 5,57 km/h schnelle Laufroboter kann Türen öffnen, unwegsames Gelände durchqueren und mit 3D-Sensoren Gefahrenstellen erkunden. Strobl betonte bei der Übergabe: „Überall dort, wo es für unsere Spezialeinsatzkräfte zu gefährlich ist, kommt Spot zukünftig zum Einsatz.“

Parallel investiert das Land massiv in Drohnentechnik. Im Jahr 2025 wurden 17 Millionen Euro für die Modernisierung der Polizeiausrüstung bereitgestellt – rund 540.000 Euro davon speziell für Drohnen und Abwehrsysteme. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von der Lageaufklärung über die Sprengsatzverifikation bis hin zur Vermisstensuche.

Innovation Lab als Testfeld In Duisburg betreibt die Polizei NRW seit 2022 ein eigenes Innovation Lab, in dem neue Technologien auf ihre Praxistauglichkeit geprüft werden. Die Polizei arbeitet hier eng mit Start Ups, Hochschulen und Technologieunternehmen zusammen, um Entwicklungen aus der Forschung möglichst schnell in die Praxis zu überführen. Auch NRW verfügt über den Hightech-Helfer Spot. Er kommt dort zum Einsatz, wo für Menschen oder Diensthunde zu gefährlich wird – etwa in einsturzgefährdeten Gebäuden oder bei Bränden. 2022 bewährte sich Spot bereits bei einem Großbrand in Essen, als er mit Kameras und Laserscannern ein 3D-Modell der Brandruine erstellte. Drohnen kommen bei der Lageaufklärung aus der Luft, bei Verkehrsunfällen, in Katastrophenlagen oder bei Großveranstaltungen zum Einsatz. Bei der Evaluation neuer

Wenn die Drohnenstaffel ausrückt

Hightech im Polizeidienst verändert den Einsatzalltag (BS/lm) Die Polizeien in Deutschland investieren zunehmend in moderne Technologien, um Einsätze effizienter und sicherer zu gestalten. Die Landespolizeien setzen inzwischen flächendeckend Drohnen ein und erproben verstärkt Robotik zur Einsatzunterstützung. Sachsen-Anhalt entwickelt sich derweil zu einem der wichtigsten Forschungsstandorte für unbemannte Luftfahrtsysteme.

Die Polizei kann zunehmend auf hochtechnisches Equipment zurückgreifen, um ihre Arbeit effizienter zu gestalten. Foto: BS/IM NRW/Caroline Seidel

Drohnenmodelle werden auch Spezialdrohnen getestet, die mit Wärmebildkameras oder Gasdetektoren ausgerüstet sind. Die Polizei NRW sieht darin große Chancen für die Suche nach Vermissten oder das sichere Erkennen gefährlicher Stoffe in Industrieanlagen. Zudem werden sie im Katastrophenschutz getestet: Mit Antennen ausgestattet, können sie im Notfall ein temporäres Mobilfunknetz aufbauen – ein Szenario, das bei der Flutkatastrophe 2021 dringend gebraucht worden wäre.

Drohnenstaffel mit System Bayern gehört mit der Kompetenzstelle Unbemannte Luftfahrtsysteme (KS-ULS) in Roth zu den Pionieren in Deutschland. Schon 2017 gründete die Polizei die Arbeitsgruppe Multicopter, aus der 2021 KS-ULS hervorging. Seither werden Drohnen

Drohnenforschung in Cochstedt Mit derzeit 61 Polizeidrohnen gehört Sachsen-Anhalt bundesweit zu den führenden Ländern im Bereich unbemannter Systeme. Die Geräte unterstützen bei der Fahndung nach Straftätern, der Suche nach Vermissten, bei Katastrophenlagen oder zur Dokumentation von Tatorten.

Eine Schlüsselrolle spielt das Nationale Drohnen-Erprobungszentrum in Cochstedt, betrieben vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der ehemalige Regionalflughafen entwickelte sich seit 2019 zu einem Testfeld von europäischer Bedeutung. Über 650 Flüge fanden allein 2023 statt, darunter auch Tests mit großformatigen Drohnensystemen. Besonders zukunftsweisend ist das Projekt „U-Space“, das die sichere Integration zahlreicher Drohnen in den Luftraum regeln soll. Auch die Entwicklung von Vertiports für künftige Lufttaxis wird hier erprobt. Bislang sind über 20 Millionen Euro in den Standort geflossen – Investitionen, die Sachsen-Anhalt als technologische Drehscheibe im Drohnensektor etablieren.

flächendeckend eingesetzt – etwa zur Vermisstensuche, zur Verkehrsüberwachung bei Großveranstaltungen oder zur Dokumentation von Verkehrsunfällen. Die Ausbildung ist klar strukturiert: Vom eingeschränkten L3F-Lehrgang (L3F = LuftFahrzeugFernFührer) für einfache Nahbereichsflüge bis hin zum Aufbaulehrgang für komplexe BVLOS-Missionen (Beyond Visual Line of Sight). Inzwischen gibt es über 500 voll ausgebildete Drohnenpilotinnen und -piloten und fast 700 Supporter, die jeden Einsatz organisatorisch begleiten. Damit verfügt Bayern über eine der größten Drohnenstaffeln Europas. Die eingesetzten Modelle stammen vorwiegend von den Herstellern DJI und Autel Robotics. Vom kompakten Mavic bis zur robusten Matrice-Serie reicht die Palette, neueste Anschaffung ist die DJI Matrice 4 mit KI-gestützter Sensorfusion. Alle Systeme arbeiten im Einsatz aus Gründen des Datenschutzes offline, mit geprüften Firewalls, strikten Speicherfristen und dem Grundsatz, dass bei Veranstaltungen nur Live-Bilder übertragen, aber nicht gespeichert werden.

Auch in Sachsen gewinnen Drohnen mehr und mehr an Bedeutung. So verdoppelte sich die Zahl der Drohneneinsätze im Freistaat binnen eines Jahres auf über 240 Anwendungen im Jahr 2024. Häufigste Aufgaben sind die Dokumentation von Tatorten, die Suche nach Vermissten sowie die Begleitung von Großveranstaltungen wie Fußballspielen.

Auch im Kampfmittelbereich nutzt die Polizei Sachsen nach eigener Aussage technische Helfer. Die sogenannten Manipulatoren sind zwar nicht autonom, werden aber „stets mitgeführt und kommen nach der Begutachtung vor Ort durch die Spezialkräfte zum Einsatz oder auch nicht.“

Ausbau mit Zurückhaltung

Auch die Bundespolizei setzt seit mehreren Jahren systematisch auf Drohnen. Die unbemannten Systeme kommen „in allen Aufgabengebieten“ zum Einsatz, wie eine Sprecherin auf Anfrage des Behörden Spiegel betonte. Nähere Details zu Einsatzarten oder Stückzahlen können aus einsatztaktischen Gründen nicht veröffentlicht werden. Die Bundespolizei betont, dass sie ihre Fähigkeiten kontinuierlich ausbaut und fortlaufend Drohnenpilotinnen und -piloten qualifiziert. Zu den verwendeten Modellen äußert sich die Behörde ebenfalls nicht, verweist aber auf den hohen Standard von Datenschutz und Datensicherheit. Erhobene personenbezogene Daten würden „entsprechender Sorgfalt und Sensibilität“ behandelt. Sämtliche Speichermedien und Übertragungen seien „gegen den Zugriff von unberechtigten Dritten verschlüsselt“. Aufnahmen würden nur im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben genutzt und nach festgelegten Fristen gelöscht.

Hier setzt das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderte Projekt KIResQ an („KIbasierte Auswertung von Wärmebildern für ein schnelleres Auffinden vermisster Personen“, Förderkennzeichen 13N16623). Ziel ist es, durch geeignete Softwarewerkzeuge und den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) die Effizienz und Sicherheit bei Personensuchen – insbesondere in unwegsamem Gelände –deutlich zu steigern.

Das Projekt wird von der Stabsstelle Forschung der Landesgeschäftsstelle des Bayerischen Roten Kreuzes koordiniert. Projektpartner sind das Institut für Maschinelles Sehen der Hochschule Kempten sowie die Eifert Systems GmbH. Fachlich begleitet wird das Vorhaben von nationalen und internationalen Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS).

Status quo der Vermisstensuche Neben Suchtrupps, Suchhunden und Hubschraubern werden bei der Suche nach Vermissten zunehmend unbemannte Luftfahrtsysteme (Drohnen) eingesetzt, welche sich als wertvolle Einsatzmittel erwiesen haben. Sie werden von speziell geschulten BOS-Teams betrieben, beim BRK etwa durch Einheiten der Wasserwacht, Bergwacht und Bereitschaften. Die eingesetzten Drohnen sind mit unterschiedlichen Nutzlasten ausgestattet. Dies umfasst Wärmebildkameras (IR), Scheinwerfer, Lautsprecher, Transporthaken und optische Systeme. Je nach typischem Einsatzszenario kommen unterschiedliche Drohnengrößen zum Einsatz. Innerhalb dieser Klassen haben sich deutschlandweit weitgehend einheitliche Systeme bei den Einsatzorganisationen etabliert, die auch bei schwierigen Wetter- und Sichtverhältnissen zuverlässig arbeiten. Der sichere Betrieb erfordert jedoch fundierte Verfahren zur Gefahrenbeurteilung und zum Risikomanagement. Grundlage hierfür sind die sogenannten Empfehlungen für „Gemeinsame Regelungen

Die Mischung macht´s

„KIResQ“ testet neue Technologien zur Vermisstensuche

(BS/Dr.-Ing. Felix Böhringer/Uwe Kippnich/Maximilian Schmidt*) Drohnen etablieren sich zunehmend als wertvolle Ergänzung zu bestehenden Einsatzmitteln in speziellen Szenarien der BOS. Während die Drohnentechnologie in den letzten Jahren von industriellen Anbietern zu robusten und leistungsfähigen Systemen weiterentwickelt wurde, besteht weiterhin erhebliches Potenzial zur softwaregestützten Integration in Betriebsabläufe – insbesondere bei Flugplanung, -durchführung und -nachbereitung. Weitere Herausforderungen bestehen in der Koordination mehrerer Drohnen sowie der sicheren Integration in den Luftraum mit anderen Verkehrsteilnehmern.

Bei einer Einsatzübung im Allgäu mit Partnerorganisationen konnte die Drohnen-Lösung getestet werden. Foto: BS/BRK

zum Einsatz von Drohnen im Bevölkerungsschutz“ (EGRED) des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Geografische Zonen, Hindernisse und die Wetterentwicklung sind weitere Herausforderungen beim Drohneneinsatz. Um all diese Informationen zu bündeln und im Einsatz zu koordinieren, fehlt zurzeit eine geeignete Software-Plattform. Ein weiteres zentrales Problem stellt die Auswertung der Luftaufnahmen der Drohnen dar. Diese erfolgt typischerweise live und manuell. Diese visuelle Echtzeitanalyse etwa von Wärmebildern bei Nacht funktioniert kurzfristig gut, ist jedoch

äußerst anspruchsvoll und führt schnell zu Ermüdung. Eine zuverlässige automatische Unterstützung fehlt bislang.

Erste Ergebnisse aus dem Projekt Um diese Schwachstellen bei der Vermisstensuche zu adressieren, wurde im KIResQ-Projekt in enger Zusammenarbeit mit potenziellen Anwendern ein „Missionboard“ zur Darstellung aller notwendigen Informationen entwickelt. Es bündelt alle einsatzrelevanten Informationen: Drohnenübersicht, Kartenmodul, Wetterdaten, Checklisten sowie eine KI-gestützte Bildauswertung. Ziel ist es, Einsatzkräfte bei der

Im Klassenzimmer fliegen

Litauen bildet Jugendliche im Umgang mit Drohnen aus

(BS/jb) Der Krieg in der Ukraine hat in den baltischen Staaten Erinnerungen an die Zeit der sowjetischen Herrschaft hervorgerufen. Neben materiell-militärischer Aufrüstung will die litauische Regierung ihre Bevölkerung stärker militärisch ausbilden. Sie geht dabei aufgrund des Drohnenkrieges zwischen Russland und der Ukraine neue Wege.

Weil Drohnen im Ukraine-Krieg eine entscheidende Rolle spielen, planen die Staaten des Baltikums, ihre Zivilbevölkerung mit deren Umgang vertraut zu machen. Foto: BS/Kadmy, stock.adobe.com

Wie die litauische Ministerin für zivile Verteidigung, Dovile Sakalienė, kürzlich bekannt gab, wird das Land in den kommenden drei Jahren neun Drohnen-Trainingszentren eröffnen. Ziel der Einrichtung ist es, Tausende Menschen – darunter auch Schülerinnen und Schüler – im Umgang mit Drohnen und deren Bau zu unterweisen. Dafür investiert die litauische Regierung 3,3 Millionen Euro. Die ersten drei Drohnenzentren sollen im September eröffnet werden. Die übrigen sollen bis 2028 die Arbeit

aufnehmen. Dort sollen bis zur Einrichtung aller Zentren insgesamt 15.500 Erwachsene und 7.000 Kinder Drohnenkenntnisse erwerben. In einer Stellungnahme erläuterten das Verteidigungs- und das Bildungsministerium, dass man durch den Aufbau der Zentren die zivile Widerstandsfähigkeit auszubauen plane. Abhängig von der Altersklasse sollen unterschiedliche Lehrinhalte und Methoden zum Einsatz kommen. Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Klasse lernen, einfache Drohnen zu bauen

und zu steuern. Höhere Altersklassen ab der Oberstufe konstruieren „First-Person-View“-Drohnen und werden in deren Einsatz unterrichtet.

Die Bedrohung rückt näher Vergangenen Monat flog eine unbemannte russische Drohne mit Sprengstoff aus Weißrussland nach Litauen. Sie stürzte in der Nähe einer militärischen Ausbildungsbasis ab. Die Regierung wertete dies als aggressiven Akt Russlands. Die Dringlichkeit der Drohnenabwehr ist auch in anderen Staaten des Baltikums erkannt worden. Die estnische Regierung hat im Rahmen ihrer Koalitionsvereinbarung Anfang dieses Jahres ein Drohnen-Ausbildungsprogramm bis Mitte 2026 angekündigt. Details sind noch nicht bekannt. Auch an diesem Programm sollen Schulen teilnehmen.

In Lettland gibt es vergleichbare Bemühungen. Im Juli veranstaltete der baltische Staat sein erstes Drohnenbetreiber-Camp. 32 junge Menschen eigneten sich dort Fluggrundlagen und Wissen über elektronische Kriegsführung an.

und aus drohnentypischen Perspektiven aufgenommen und annotiert.

Großübung im Allgäu

Im April 2025 wurden die entwickelten Technologien im Rahmen einer groß angelegten Einsatzübung an der Talstation Tegelberg in Schwangau (Bayern) erstmals unter realen Bedingungen getestet. Gemeinsam trainierten Drohnenteams, Hundestaffeln und Einsatzkräfte des BRK, des THW und der Polizei das Auffinden vermisster Personen im alpinen Gelände bei Einbruch der Dunkelheit. Bei der Großübung kamen die innerhalb des KIResQ-Projekts entwickelten Lösungen zur besseren Koordinierung mehrerer Drohnensysteme sowie die automatische Bildauswertung von Wärmebildern mittels KI zum Einsatz. Die KI-gestützte Auswertung der Infrarotbilder ermöglichte eine schnellere Identifikation potenzieller Treffer und entlastete die Einsatzkräfte erheblich. Die Übung wurde vor Ort von Vertreterinnen und Vertreter des Projektträgers des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt, der VDI Technologiezentrum GmbH, begleitet. Die Übungsergebnisse werden zur Erstellung konkreter Handlungsempfehlungen für die Einsatzkräfte genutzt, die bis zum Projektende Mitte 2025 erstellt werden.

Planung, Durchführung und Dokumentation von Drohneneinsätzen zu unterstützen – insbesondere bei der Detektion von Personen auf Wärmebildern.

Ein zentrales Element ist die Entwicklung eines Trainingsdatensatzes für KI-Modelle zur Personenerkennung in IR-Bildern. Da bislang keine geeigneten Datensätze für SAR-Szenarien (Search and Rescue) öffentlich verfügbar sind, wurden im Rahmen des Projekts mithilfe von freiwilligen Verletztendarstellerinnen und -darstellern an zahlreichen Feldtagen über 10.000 Bilder in alpinem Gelände, bei unterschiedlichen Wetterbedingungen

Im Projekt KIResQ vereinen sich damit technologischer Fortschritt, innovative Einsatzmittel und das Engagement ehrenamtlicher Kräfte aus vielen Bereichen. Die entwickelten Lösungen werden in der zweiten Jahreshälfte 2025 für alle Einsatzorganisationen zur Verfügung stehen – für eine schnellere, sicherere und effizientere Vermisstensuche.

*Dr.-Ing. Felix Böhringer, Uwe Kippnich und Maximilian Schmidt arbeiten bei der Stabsstelle Forschung in der Landesgeschäftsstelle des Bayerischen Roten Kreuzes in München.

Diesen und andere spannende Beiträge lesen Sie auch im kommenden Jahrbuch „Moderner Katastrophenschutz“.

meets Zivilschutz und Klimawandel

Zehn feste Mitglieder werden fortan gemeinsam im Nationalen Sicherheitsrat (NSR) die wesentlichen Fragen einer integrierten Sicherheitspolitik koordinieren. Hinzu kommen anlassbezogen weitere Mitglieder der Bundesregierung, Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer, anderer Staaten, der Europäischen Union, der NATO und weiterer internationaler Organisationen sowie Angehörige der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). So ist es im Koalitionsvertrag festgehalten und nun umgesetzt. Aufgabe des Rates ist, Strategieentwicklung und strategische Vorausschau zu leisten und eine gemeinsame Lagebewertung vorzunehmen.

Um das zu ermöglichen, wird der NSR auf Einladung des ihm vorsitzenden Bundeskanzlers zu regelmäßigen Sitzungen zusammentreten. Dann soll das Gremium Vorentscheidungen beraten oder einschlägige politischen Entscheidungen des Bundeskanzlers oder der Bundesregierung vorbereiten. Zusätzlich trifft der NSR finale Entscheidungen – unter dem Vorbehalt, dass nicht nach dem Grundgesetz oder einem Bundesgesetz ein Beschluss der Bundesregierung erforderlich ist.

Nebst dem eigentlichen Rat ist dem NSR ein Vorbereitungsausschuss vorgelagert. Dessen Aufgabe ist es, unter der Sitzungsleitung des Chefs des Bundeskanzleramtes den Stand der Gesamtarbeiten zu koordinieren. Darüber hinaus darf der NSR Beschlüsse veröffentlichen. Ein Novum im Vergleich zu den bisherigen Sicherheitseinrichtungen auf Regierungsebene. Die Öffentlichkeit soll dadurch aus erster Hand von getroffenen Entscheidungen erfahren.

Zusätzlich wird eine weitere Unterstützungsstelle des NSR im Bundeskanzleramt errichtet. Die Stabsstelle Nationaler Sicherheitsrat soll in Zukunft als Schnittstelle für die Ressorts zur Vorbereitung der Sitzungen dienen. Die Stabsstelle selbst ist in drei Referate untergliedert: Integriertes Lagebild, Stra-

Über

3.000 Bedienstete sind an den zwei Standorten des deutschen Verteidigungsministeriums (BMVg) in Berlin und Bonn beschäftigt. Damit möchte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die – im Wortlaut seines Ministeriums – „wachsenden und komplexer werdenden Aufgaben des Hauses“ bewältigen. Die jüngste Anpassung betrifft dabei vor allem die Leitungsebene. Fortan ist sie mit drei statt bisher zwei beamteten Staatssekretären besetzt. Sie heißen Nils Hilmer, Jens Plötner und Dr. Jan Stöß (SPD). Auch ihr Aufgabenbereich ist bereits festgelegt. Hilmer wird künftig für die Themen Aufwuchs der Bundeswehr, also Personal und Infrastruktur, den Haushalt und die Verteidigungspolitik zuständig sein. Zugleich übernimmt er die Funktion des Stellvertreters des Ministers im Innenverhältnis. Gegenüber den übrigen Staatssekretären kommt ihm also eine herausgestellte Rolle zu. Plötner wird als Staatssekretär zukünftig für Rüstung sowie Innovation und Cyber verantwortlich zeichnen. Sein Vorgänger, der langjährige Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer, wird vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Der dritte Staatssekretär, Dr. Jan Stöß, verantwortet Verwaltungsaufgaben. Ihm sind die Abteilungen Recht und die neue Abteilung Zentrales zugeordnet. Bisher wurde diese Funktion im BMVg von verschiedenen Referaten gestemmt. Darüber hinaus nimmt Pistorius

Gute Ratschläge

Was vom Nationalen Sicherheitsrat zu erwarten ist (BS/jb) Die rot-schwarze Koalition hat ihn versprochen, nun wird er Realität: der Nationale Sicherheitsrat. Weltweit gibt es bereits mehr als 60 Gremien dieser Art. Das deutsche Modell soll das politische System der Bundesrepublik widerspiegeln.

Der Nationale Sicherheitsrat soll Fragen der integrierten Sicherheitspolitik aus dem Kanzleramt koordinieren.Foto: BS/Tischbeinahe, Wikicommons

tegische Vorausschau und Planung sowie Geschäftsstelle.Dieses Konstrukt klingt nach einem hohen bürokratischen Aufwand. Allerdings soll der NSR das Gegenteil vollbringen.

Sicherheitsfragen in Deutschland kranken häufig an komplexen und aufwendigen Ressortabstimmungen. Dieser zeitraubende Prozess soll mit dem Rat übersichtlicher, flexibler und spontaner gestaltet werden.

Altes Gremium ertüchtigt

Der NSR beerbt zwei ältere Gremien, die fortan in ihm aufgehen: den Bundessicherheitsrat (BSR) und das Sicherheitskabinett. Ersterer zeichnete in der Vergangenheit dafür verantwortlich, die strategische Ausrichtung der deutschen

Sicherheitspolitik zu definieren und zu koordinieren. Besondere Beachtung fand der Rat allerdings für seine Aufgabe, über die Genehmigung von Rüstungsexporten zu entscheiden. Den Vorsitz bei Sitzungen führt der Bundeskanzler. Den genannten Aufgaben kam der BSR fast 70 Jahre lang nach. Er wurde am 6. Oktober 1955 während der zweiten Amtszeit Konrad Adenauers ins Leben gerufen – im selben Jahr, in dem die alliierten Dienststellen in der Bundesrepublik aufgelöst wurden und Deutschland der NATO beitrat. Das Sicherheitskabinett hingegen wurde in besonderen Krisensituationen einberufen. Es handelte sich dabei um ein informelles Gremium, das nach Einberufung durch den

Bundeskanzler tagt. So zum Beispiel Ende Juli, als Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) Gesprächsbedarf zur Lage im Nahen Osten sah. Nach der Sitzung kündigte der Kanzler eine Luftbrücke für Hilfsgüter in den Gazastreifen an. Der globale Vergleich Anders als im US-amerikanischen National Security Council (NSC) oder dem französischen Conseil de défense et de sécurité nationale (CDSN) ist es allerdings nicht Anliegen der Koalitionspartner, mit dem NSR in Sicherheitsfragen durchzuregieren. Dieser Umstand erklärt sich aus den jeweiligen Staatsformen der Bundesrepublik, der Vereinigten Staaten und der Französischen Republik. Letztere verfügen

Bäumchen wechsel dich

Von den Strukturanpassungen unter Boris Pistorius (BS/jb) In drei Jahren Amtszeit baute Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sein Ministerium dreimal um.

Das Ziel war jedes Mal das gleiche: schlankere und effizientere Strukturen. Bisher ist sein Ressort personell vor allem politischer geworden.

auch auf der militärischen Ebene seines Hauses Anpassungen vor. Generalinspekteur Carsten Breuer übernimmt die Führung des „Lageund Führungszentrums“. Zudem erhält er die Zuständigkeit für die Gesamtkonzeption der militärischen Verteidigung. Damit geht auch ein bedeutender personeller Zuwachs einher. Die Planstellen in seinem Büro wachsen auf annähernd einhundert an. Das entspricht in etwa einer Verdreifachung. Der Trend zur Neuschaffung von Ministerialstellen macht auch vor dem militärischen Teil des Hauses nicht halt. Neben der erst kürzlich berufenen stellvertretenden Generalinspekteurin, Generaloberstabsarzt Nicole Schilling – der ersten Frau auf diesem Posten –, wird ein zweiter stellvertretender Generalinspekteur eingerichtet.

Allerdings sieht die jüngste Strukturanpassung nicht nur die Schaffung neuer Stellen vor. Auch Verschlankungen sind geplant. Die Anzahl der Abteilungen im Ministerium schrumpft von bisher zehn auf acht. Konkret wird es in Zukunft zwei Hauptabteilungen geben: Streitkräfte und Aufwuchs. Sie stehen vor der Mammutaufgabe, das gravierende Personalpro-

blem der deutschen Streitkräfte zu lösen. Wer an ihrer Spitze stehen wird, geht aus den bisherigen Veröffentlichungen des Ministeriums nicht hervor. Mit den Abteilungen Zentrales, Rüstung, Innovation und Cyber, Politik, Haushalt und Recht addiert sich die Gesamtzahl der Abteilungen auf acht. Darunter gliedern sich insgesamt 25 Unterabteilungen. Von dieser Maßnahme verspricht sich das BMVg neben flexibleren und besseren Strukturen auch eine bessere Kostenbilanz. Fakt ist, dass es zu Einsparungen in der B-Besoldung kommen wird. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass das Gros der zivilen und militärischen Dienstposten bestehen bleibt. Außerdem kommt ein neuer Staatssekretär hinzu. Dessen Grundgehalt in der Besoldungsgruppe B11 beläuft sich auf etwa 16.000 Euro im Monat.

Verschlankung seit Jahren versprochen

Dass der oder die Inhaberin des Ministerpostens eine Verschlankung des eigenen Hauses ankündigt, ist keine Neuheit. Ob von der Leyen (CDU), Kramp-Karrenbauer (CDU), Lambrecht (SPD) oder Pistorius – das Ziel, ihr Ministerium

als Präsidialdemokratien über ein Gremium, das als zentrales Instrument des Präsidenten Fragen zur nationalen Sicherheit behandelt.

„Zusammen mit seinen untergeordneten Ausschüssen und Mitarbeitern ist der NSC das wichtigste Instrument des Präsidenten zur Koordinierung der Exekutivabteilungen und -behörden bei der Entwicklung und Umsetzung von nationalen und innerstaatlichen Sicherheitspolitiken, -strategien, -aktivitäten und -funktionen sowie für deren Integration über die Abteilungen und Behörden ihres Zuständigkeitsbereichs hinweg sowie für die langfristige strategische Planung“, fasst das Weiße Haus die Funktion des NSC in einem Presidential Memorandum Anfang des Jahres zusammen. Die Beschreibung der Aufgaben des CDSN ist vergleichbar:

„Das CDSN ist die zentrale Stelle für die Bearbeitung von Fragen der nationalen Sicherheit und Verteidigung auf höchster staatlicher Ebene“, erläutert das CDSN auf seiner Internetpräsenz. Das Modell der Bundesrepublik soll hingegen die Verfassungsgrundsätze des Grundgesetzes und damit auch das Ressortprinzip achten.Wer international nach einer der deutschen Gestaltung des NSR vergleichbaren Organisation sucht, ist besser beraten, den Blick in den Hohen Norden zu richten. Seit 2022 verfügt das Schwedische Königreich über den sogenannten Nationella säkerhetsrådet. Das Regeringskansliet, eine Verwaltungsbehörde der schwedischen Regierung, erläutert in der Verordnung (1996:1515), was die Aufgabe des säkerhetsrådet ist: Der Nationale Sicherheitsberater ist verantwortlich für die Analyse, Koordination und Steuerung von Fragen im Bereich der nationalen Sicherheit.

Der zentrale Unterschied zum deutschen NSR: Der Nationella säkerhetsrådet verfügt über einen Nationalen Sicherheitsberater. Zurzeit wird dieser Posten kommissarisch von Annika Brändström bekleidet.

zu verschlanken, verfolgten sie alle. Echte Erfolge konnte bisher niemand vorweisen. Pistorius’ Vorgängerin Lambrecht verpflichtete sich eigentlich, ihr Haus auf 2.500 Dienstposten zu begrenzen. Stattdessen schuf sie in ihrer kurzen Amtszeit 137 neue Dienststellen. Das Ministerium wuchs auf einen Personalstamm von über 3.000 Personen an. In noch größerem Umfang baute die Verteidigungsministerin im dritten Merkel-Kabinett, von der Leyen, ihr Haus aus. Sie erachtete im Jahr 2017 einen Aufwuchs von 450 Planstellen für angezeigt. Die neuen Aufgaben, die das Ministerium damals übernahm, hätten dafür Anlass gegeben. Konkret wuchs das BMVg damit von rund 2.050 auf 2.500 Dienstposten an. Den bisher radikalsten Plan zur Verkleinerung des Verteidigungsministeriums verfolgte der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Wenn auch unter sicherheitspolitisch völlig anderen Voraussetzungen, strebte er mit der Bundeswehr-Strukturkommission im Jahr 2010 eine Halbierung des BMVg auf 1.500 von zuvor 3.000 Posten an. Umgesetzt wurden diese Pläne nie. Pistorius’ neu-

er Mann für die Rüstung, Plötner, war in seinem bisherigen Berufsweg nie mit Fragen der Wehrtechnik befasst. Er machte stattdessen auf andere Art von sich hören. Der neue Staatssekretär ist ein enger Vertrauter von Kanzler a. D. Olaf Scholz (SPD). Dabei beriet er den neunten Bundeskanzler insbesondere bei Fragen der Russlandpolitik. Die von ihm vertretenen Positionen stießen immer wieder auf harsche Kritik. Plötner wurde eine unlautere Nähe zu Russland vorgeworfen. Diese monierte unter anderem die Vorsitzende des EU-Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung (SEDE), Dr. Agnes Strack-Zimmermann Nach Bekanntwerden der Personalentscheidung im Juni sprach sie in einem Post auf dem Kurznachrichtendienst X von einem „fatalen Signal für die deutsche Sicherheitsarchitektur“. Plötner stehe wie kaum ein anderer für eine Außenpolitik der Naivität gegenüber Russland. Kontroverse Personalentscheidungen

Gleichfalls auf wenig Wohlwollen traf Pistorius’ Entscheidung, den Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Alfons Mais, von seinem Posten zu entheben. Mais übte in der Vergangenheit wiederholt deutliche Kritik an der Ausstattung und dem Personalbestand der Bundeswehr hervor. Den Posten des Inspekteurs übernimmt Anfang September Generalleutnant Dr. Christian Freuding

Die Veröffentlichung der Zahlen zum zweiten Quartal seines Unternehmens verknüpft Rheinmetall-CEO Armin Papperger mit einem Versprechen. „Rheinmetall ist erfolgreich auf seinem Weg, ein globaler Rüstungschampion zu werden“. Mittlerweile sei der deutsche Rüstungsprimus auch für US-Unternehmen ein ernst zu nehmender Partner, führte der CEO weiter aus. Die Auftragsbücher seien voll und würden sich auch in Zukunft weiter füllen. Der Vorsitzende Rheinmetalls hat gute Argumente, um große Versprechungen zu machen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres stieg der Konzernumsatz um 24 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro. Das Umsatzwachstum im militärischen Geschäft beläuft sich auf 36 Prozent. Genau dort verzeichnet Rheinmetall sogar ein operatives Ergebniswachstum von 20 Prozent. Es bleibt festzuhalten: Das erste Halbjahr 2025 ist für Rheinmetall insgesamt rekordträchtig. Allerdings macht ein genauerer Blick deutlich, dass der Vergleich mit der übermächtigen Industrie aus den USA gewagt bleibt. Zwar kann das größte deutsche Rüstungsunternehmen auch im zweiten Quartal erneut einen Umsatzanstieg von fast neun Prozent auf 2,43 Milliarden Euro und ein operatives Ergebnis von 276 Millionen Euro verbuchen, allerdings fiel gleichzeitig die Gewinnmarge. Die 12,1 Prozent des ersten Quartals liegen nun bei 11,3 Prozent. Gleichzeitig verzeichnet die Buchhaltung in Düsseldorf einen deutlichen Rückgang bei den Auftragseingängen. Sowohl Umsatz als auch Gewinn und Barmittelfluss konnten die Markterwartungen nicht erfüllen. In Düsseldorf macht man vor allem Verzögerungen bei der militärischen Auftragsvergabe im Zuge der Neuwahlen in Deutschland sowie das rückläufige zivile Geschäft dafür verantwortlich. Mit der den Weltmarkt bestimmenden Rüstungsindustrie der Vereinigten Staaten aufzuschließen, scheint unter diesen Bedingungen utopisch. Die Entwicklung der europäischen Rüstungsbeschaffungen zeugt davon. Schenkt man dem Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) Glauben, dann beläuft sich der Anteil US-amerikanischer Produkte an den Rüstungsbeschaffungen auf dem alten Kontinent im Zeitraum zwischen 2020 und 2024 auf 64 Prozent. Während der Periode zwischen 2015 und 2019 lag er noch bei 52 Prozent.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Die Rüstungsindustrie wächst, brilliert aber nicht (BS/Jonas Brandstetter) In den ersten sechs Monaten des Jahres 2025 wird eine Entwicklung deutlich: Die Rüstung boomt. Ein detaillierter Blick offenbart allerdings ein komplexeres Bild. Denn die hohen Ewartungen kann die deutsche Industrie nicht einlösen. Die Abhängigkeit von den USA wächst. Allerdings kämpfen auch die Weltmarktführer jenseits des Atlantiks mit Herausforderungen.

Dieser Trend geht auch an den anderen großen Rüstungsunternehmen der Bundesrepublik nicht vorbei. Der Sensorhersteller Hensoldt verzeichnet im zweiten Quartal 2025 ein deutliches Wachstum, konnte die hohen Erwartungen der Investoren ebenfalls nicht erfüllen. Der Konzernumsatz stieg um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 944 Millionen Euro. Darüber hi -naus erzielte das Unternehmen einen Rekord-Auftragsbestand von sieben Milliarden Euro. Der Auftragseingang beläuft sich auf 1,4 Milliarden Euro. Dabei wird die Nachfrage insbesondere von Aufträgen im Rahmen von Vertragserweiterungen für Eurofighter-Mk-1-Radargeräte sowie weiteren Aufträgen für TRML-4D-Radargeräte zur Unterstützung der Ukraine getrieben. Gleichzeitig verfehlte die Hensoldt AG allerdings den angestrebten Gewinn pro Aktie (EPS) deutlich.

Technologisch sind die USA enteilt Der Anteil US-amerikanischer Waffensysteme in der EU hat seit dem Ukraine-Krieg zugenommen. Um schnell Fähigkeiten zu entwickeln, orientieren sich die Europäerinnen und Europäer gen Westen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: In vielen Technologiefeldern können europäische Hersteller nicht mit der Technik aus den Vereinigten Staaten mithalten. In einigen Fällen existiert

ein europäisches Konkurrenzprodukt überhaupt nicht. Daraus machte auch der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bei seinem Besuch in Washington vor zwei Monaten keinen Hehl: „Die Reichweite dieser Waffensysteme ist deutlich größer als die, die wir bislang in Europa haben“, gab Pistorius im Zusammenhang mit der angekündigten Beschaffung des Luftverteidigungssystems Phyton bekannt. Insbesondere in der Dimension Luft gibt es wenig valide europäische Alternativen zu den Technologien aus den USA. Statt einen europäischen Transporthubschrauber als Nachfolger des in die Jahre gekommenen CH-53 zu beschaffen, kaufte das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) den US-amerikanischen Chinook vom größten US-Luftfahrtunternehmen Boeing. Dieser setzte sich gegen den gleichfalls aus den USA stammenden CH-53K King Stallion durch. Europäische Systeme standen bei der CH-53-Nachfolge nicht zur Debatte. Das deutsch-französische Projekt Future Transport Helicopter (FTH) scheiterte im Jahr 2014.Ähnlich gestaltet sich die Situation bei den Starrflüglern. Ein Kampfjet der fünften Generation europäischer Bauart existiert schlicht nicht. Deutschland entschied sich deshalb für die Beschaffung des US-

„Es geht um die Arbeitskräfte – darum geht es einzig und allein“

Charles Krugh, Präsident von General Dynamics Bath Iron Works

Multirollenkampfjets F-35. Rund 8,3 Milliarden Euro sind der Bundesrepublik 35 Kampfjets dieses Typs wert. Sie sollen die nukleare Teilhabe Deutschlands sicherstellen. Was das Wachstum begrenzt Darüber hinaus steht die deutsche Industrie vor strukturellen Herausforderungen, welche die Wachstumsmöglichkeiten einschränken. Papperger kündigte an, dass sein Unternehmen in den kommenden zwei Jahren von 40.000 auf 70.000 Mitarbeitende anwachsen soll. Generell sieht er den Rüstungsmarkt als „Jobmaschine“. Bis 2027 sollen eine halbe Millionen Menschen in der Verteidigungsbranche Arbeit finden. Diese in einem Deutschland, in dem seit Jahren Fachkräftemangel herrscht, aufzutun, wird sich aber schwierig gestalten. Das Arbeitnehmenden-Potenzial aus der darbenden Automobilbranche zu generieren, lässt sich nicht einfach umsetzen. Für Mitarbeitende in der Rüstungsindustrie gelten spezielle Sicherheitsauflagen. Zwar hat der Gesetzgeber im vergangenen Jahr bewusst die Hürden gesenkt, dennoch bestehen regulatorische Rahmenbedingungen.

Vor derartigen Herausforderungen ist aber auch die boomende US-Industrie nicht gefeit. Das größte USamerikanische Verteidigungsunternehmen, Lockheed Martin, muss als einziger der Big Four (Lockheed Martin, Boeing, Northrup Grumman, RTX) Verluste im zweiten Quartal berichten. Weil Entwicklungsprojekte mit der US-Regierung nicht nach Plan verlaufen, brechen die Umsätze ein. Das Unternehmen verbuchte im zweiten Quartal 2025 zusätzliche

Vorsteuerverluste in Höhe von 950 Millionen US-Dollar. Ursächlich für diese Entwicklung sind die Inflation und die damit einhergehenden Kostensteigerungen. Die vor mehreren Jahren abgeschlossenen Entwicklungsaufträge mit der US-Regierung haben den Kostenzuwachs der letzten Jahre nicht eingepreist. Zusätzlich kämpfen insbesondere die Werften mit strukturellen Herausforderungen. Eine Vielzahl der maritimen Großprojekte der USA sind ein bis drei Jahre im Verzug. Grund dafür ist neben Managementproblemen, vor allem der Personalmangel. „Es geht um die Arbeitskräfte – darum geht es einzig und allein“, sagte Charles Krugh, Präsident von General Dynamics Bath Iron Works. Vor diesem Hintergrund sind die von der Trump-Administration verhängten Einstellungsstopps im Pentagon besonders gravierend. Derzeit kann die Marine monatlich nur 1.550 externe Mitarbeitende neu beschäftigen. Eine parteiübergreifende Gruppe von US-Senatoren hat deshalb einen Gesetzentwurf vorgelegt, um die öffentlichen Werften Amerikas vor Einstellungsstopps und Massenentlassungen auf Bundesebene zu schützen.

Konkurrenz in Nullen und Einsen Doch nicht nur die großen Rüstungsunternehmen schmieden ambitionierte Pläne. Unterhalb der etablierten Systemhäuser ist in Europa und den USA eine innovative Start Up-Szene entstanden. Das lockt Investoren an. Gerade in den Wachstumsmärkten Unbemannte Waffensyste, Virtual sowie Augmented Reality (VR/AR) und Künstliche Intelligenz (KI) konnten Jungunternehmen in diesem Jahr massive Investitionen einstreichen. Im Sommer gelang es dem auf KITechnologie spezialisiertem Münchner Rüstungsunternehmen Helsing, im Rahmen der Serie-D-Finanzierungsrunde weitere 600 Millionen Euro von Investoren einzusammeln. Damit hat das Unternehmen seit seiner Gründung Investitionen von 1,37 Milliarden Euro erhalten. Das macht die Münchner zum ersten deutsche Unicorn des Jahres 2025. Ähnlich erfolgreich gestaltet sich das Halbjahr für das ebenfalls in München ansässige Defence Start Up Quantum Systems. Während die etablierten deutschen Systemhäuser den Anschluss an die Vorläufer aus den USA suchen, nehmen in ihrem Windschatten neue Athletinnen und Athleten Fahrt auf.

Vice Admiral Dr Thomas Daum, German Chief of Cyber and Information Domain Service
Dr Marie-Agnes Strack-Zimmermann, MEP, Chair of the EU Committee on Security and Defence
Dr Pål Jonson, Defence Minister for Sweden
General Michael Claesson, CHOD Sweden
Selbst die gut beschäftigte US-Industrie leidet unter den Preissteigerungen der vergangenen Jahre. Foto: BS/Lockheed Martin

Momentaufnahmen

Freitagmorgen auf der Hardthöhe, die Pforte öffnet sich, ein kleiner roter Oldtimer fährt auf den Dienstsitz des Verteidigungsministeriums. Das weitläufige Gelände wirkt schlicht und geordnet, ein großes, graues Bürogebäude reiht sich an das nächste. Doch mittendrin bahnt sich der rote Renault 4 seinen Weg bis ans andere Ende der Liegenschaft und zieht dabei alle Blicke auf sich. Er bringt Farbe ins Spiel – genau wie seine Besitzerin. Anna Neuhaus-Fischer hatte schon immer eine Vorliebe für klassische Autos. Auch alte Möbel und Flohmarktbesuche haben es ihr angetan. Früh war klar: Ihre Kreativität und ihre Leidenschaft für Ästhetik sollten ihr Beruf werden. Als junges Mädchen träumte Neuhaus-Fischer davon, Dekorateurin zu werden. Doch ihr Lehrer hatte eine andere Idee.

erfuhr sie einige Jahre später von einer freien Stelle als Fotografin bei der Bundeswehr. Mit 20 Jahren wagte sie den Wechsel. Die junge Frau kannte die Strukturen bei der Bundeswehr nicht, musste sich erst eingewöhnen – doch das fiel ihr nicht schwer. Die Bezahlung war besser, außerdem musste sie hier nicht mehr am Abend oder am Wochenende arbeiten.

Feste Konstante Neuhaus-Fischer mochte die familiäre Atmosphäre, die damals auf der Hardthöhe herrschte. „Zu dieser Zeit sah es hier noch etwas anders aus“, erinnert sich die Bonnerin. „Wir haben in einer kleinen Holzbaracke angefangen.“ Gleich dahinter stand der Bungalow, in dem der damalige Verteidigungsminister Helmut Schmidt lebte. Nebenan arbeitete dessen Frau Loki häufig im Garten.

Neuhaus-Fischer fotografiert nur noch digital. Doch ihr Herz schlägt weiter für analoge Kameras, darum sammelt sie besonders schöne Apparate. Foto: BS/Fotostelle der Bundeswehr

Ein kleines, aber etabliertes Fotogeschäft in der Bonner Innenstadt war auf der Suche nach einer Mitarbeiterin. Dort sollte die Schülerin sich vorstellen. Obwohl es für sie zuerst nicht leicht war, ihren eigentlichen Traum über Bord zu werfen, begann die 14-Jährige in dem kleinen Laden ihre Lehre zur Fotolaborantin und Fotografin und freundete sich bald immer mehr mit dem Beruf an. „Ich habe sehr gerne dort gearbeitet“, sagt sie heute. Durch den Vater einer Kollegin

55 Jahre ist das her. Neuhaus-Fischer hat gerade ihren 76. Geburtstag gefeiert und könnte längst den wohlverdienten Ruhestand genießen. Doch das kommt für sie nicht infrage. Sie arbeitet nach wie vor mindestens zwei Tage in der Woche für das Dienstleistungszentrum der Bundeswehr und möchte ihrem Beruf weiter nachgehen, bis sie 80 ist. „Ich glaube, ich bin die älteste Aktive in der ganzen Bundeswehr und bestimmt schon am längsten dabei“, sagt sie mit einem Lächeln

Neuhaus-Fischer mag die Abwechlsung bei ihrer Arbeit. Hier fotografiert sie eine Sportveranstaltung, an der Bundeswehrangehörige teilnehmen.

im Gesicht. „Ich bin meiner Vorgesetzten und auch dem Personalrat sehr dankbar, dass die das möglich machen und ich immer noch hier arbeiten kann.“

Gesichter der Bundeswehr Zur Fotostelle gehört ein kleines Studio. Täglich zwischen zehn und zwölf Uhr können Beschäftigte ohne Termin vorbeikommen, um z. B. ein Bild für ihren Dienstausweis machen zu lassen. Wenn sie ein bisschen Zeit mitgebracht haben, schießt Neuhaus-Fischer neben den starren Passfotos manchmal noch ein oder zwei lockere, fröhliche Portraitbilder. „Gesichter und Momentaufnahmen – die fotografiere ich am liebsten“, erklärt sie.

Viele der Portraits von Verteidigungsministern und Staatssekretären, die für deren öffentlichen Auftritt genutzt werden, stammen ebenfalls von Neuhaus-Fischer. 13 Minister und drei Ministerinnen hat sie in ihrer Dienstzeit miterlebt und abgelichtet. Berührungsängste hatte sie dabei nie.

Das Erfolgsgeheimnis der Fotografin: Egal, wer vor ihr sitzt, die Menschen sollen sich bei ihr wohlfühlen. Neuhaus-Fischer weiß, dass nicht jede und jeder gern vor der Kamera steht bzw. sitzt – sie selbst steht ebenfalls lieber dahinter. Doch mit ihrer ruhigen und gleichzeitig offenen, fröhlichen Art schafft sie eine Atmosphäre, in der Menschen sich gern fotografieren lassen.

Kamera im Gepäck

An der Wand neben der Tür der Fotostelle hängen kleine Zettel mit Arbeitsaufträgen für die nächste Zeit. Gruppenfotos, Urkundenverleihungen, Verabschiedungen, Festivitäten auf dem benachbarten Münchner Platz und hin und wieder ein Zapfenstreich gehören zu den typischen Terminen, die Neuhaus-Fischer und ihre Kolleginnen sich untereinander aufteilen. „Manchmal kommen weitere Aufträge spontan rein, dann klingelt hier das Telefon und wir machen uns auf den Weg.“

(BS/Ann Kathrin Herweg) Die Fotos von Anna Neuhaus-Fischer sind besonders: Mal authentisch, mal kunstvoll setzt sie die Bundeswehr und ihre Beschäftigten in Szene. „Eigentlich bin ich schon seit elf Jahren in Rente“, erzählt sie. Doch Ruhestand ist für die passionierte Fotografin keine Option.

Seit dem Umzug der Regierung nach Berlin betreut das Team der Bonner Fotostelle nicht mehr so viele Veranstaltungen oder Reisen wie einst. Viele dieser Aufgaben werden nun von den Berliner Kolleginnen und Kollegen übernommen. „Ich finde das sehr schade“, erklärt die Bonnerin. Genug zu tun gebe es aber weiterhin. Früher hat Neuhaus-Fischer häufig Reisen begleitet – oft mit dem Protokoll oder dem Generalinspekteur. „Wo die Bundeswehr war, da waren wir auch.“ Immer mit dabei: Viel Equipment und eine Auswahl schwarzer Kleidungsstücke. Das Protokoll verlangt von den Fotografen dezentes Auftreten. Eine Regelung, die Neuhaus-Fischer entgegenkommt. Wenn sie bei einem offiziellen Anlass fotografiert, möchte sie besondere Momente festhalten und nicht selbst im Mittelpunkt stehen. Am liebsten erinnert sich die Bonnerin an eine achttägige Informationsdienstreise ganz zu Anfang ihrer Karriere. Als einzige Frau in einer Gruppe mit 45 hochrangigen Offizieren flog sie per Flugzeug und Hubschrauber quer durch Deutschland. Sie war immer ganz dicht dran, wenn die Generale und Admirale neue Liegenschaften besichtigten und Geräte inspizierten, hielt alles auf ihren Bildern fest und durfte selbst mit im Panzer fahren.

Fotos sagen mehr als Worte

Die Eindrücke ihrer Reisen hat die Bonnerin in eindrucksvollen Bildbänden gesammelt. Einmal begleitete sie einen afrikanischen Minister bei seiner Tour durch Deutschland. Wenn Neuhaus-Fischer den Bildband zu dieser Reise in den Händen hält, strahlen ihre Augen. Beim Durchblättern werden Erinnerungen wach: der Minister auf der Kieler Woche, bei seinem Aufenthalt im Berliner Luxushotel Adlon oder auf einem Schnappschuss von ihm mit seiner Frau im Flugzeug.

In einem anderen Buch hat Neuhaus-Fischer eine Auswahl ihrer schönsten Fotos vereint. „Das ist

eins meiner Lieblingsbilder“, erzählt sie und blickt auf ein schwarz-weißes Portrait von Generalinspekteur Ulrich de Maizière. Jahre nach seiner aktiven Zeit als ranghöchster Soldat der Bundeswehr wurde das Bild zusammen mit weiteren ausgewählten Fotos im Gebäude ausgestellt. „Als sein Sohn Thomas de Maizière in seiner Zeit als Verteidigungsminister hier war, fiel ihm das Portrait ins Auge und er war sehr überrascht, seinen Vater darauf zu sehen.“ Darüber seien sie ins Gespräch gekommen. Ein paar Seiten später im Fotobuch: die Beerdigung des Generalinspekteurs. Auch solche Anlässe begleitet Neuhaus-Fischer

Akzente setzen Wenn die 76-Jährige nicht gerade Fotos aufnimmt, bearbeitet sie diese. Sie ist ein Fan von SchwarzWeiß-Bildern, koloriert Aufnahmen gern nachträglich von Hand oder erstellt Collagen. In ihrer Freizeit fotografiert sie am liebsten ihre Dackeldame Paula, die Bonner Kirschblüte und hin und wieder eine Hochzeit von Bekannten. Einige beeindruckende Kunstwerke von Neuhaus-Fischer schmücken die Wände im Bürogebäude auf der Hardthöhe. Manche sind bunt, andere schwarz-weiß mit leuchtenden Effekten und jedes von ihnen ist besonders – spiegelt kleine und große Momente aus dem BundeswehrAlltag, Emotionen und manchmal sogar Zeitgeschichte wider.

Die Fotostelle

In der Fotostelle auf der Hardthöhe werden v. a. Portraits, Passfotos oder biometrische Bilder angefertigt. Zudem dokumentieren die Fotografinnen verschiedenste Veranstaltungen. Die Fotostelle gehörte ursprünglich zum Bundesministerium der Verteidigung (BMVg). Mittlerweile ist sie an das Dienstleistungszentrum der Bundeswehr angegliedert. Derzeit arbeiten hier eine Vollzeitkraft und zwei Teilzeitkräfte, die bei Bedarf auch die Berliner Kollegen bei Aufträgen unterstützen.

Vier ehemalige Verteidigungsminister vor der Linse: Volker Rühe, Peter Struck, Helmut Schmidt und Hans Apel (v. l.). Foto: BS/Neuhaus-Fischer

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.