Behörden Spiegel Juli 2023

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Vorgezogene Entscheidungen

Das neue Disziplinargesetz spaltet die Meinungen (BS/Marco Feldmann/Sven Rudolf) Der Vorschlag für das neue Disziplinargesetz steht in der Kritik. In dem Entwurf zieht man die Entscheidung vor den Prozess, um Vertrauensverlust durch lange Verfahren zu vermeiden. Die Meinungen zum Entwurf gehen jedoch auseinander. Das gemeinsame Ziel der Entfernung verfassungs- und demokratiefeindlicher Beamter aus dem Dienst bleibt bestehen.

Um dieses Ziel zu erreichen, plant die Bundesregierung, umfassende Disziplinarbefugnisse an die Disziplinarbehörden zu verteilen. Damit wird auch die Disziplinarklage abgeschafft. Der Rechtschutz soll durch eine Vollkontrolle durch ein Verwaltungsgericht im Anschluss an die Entscheidung der Disziplinarbehörde gewährleistet werden. Bis zum Urteil des Gerichtes hat die Entscheidung der Disziplinarbehörde jedoch Bestand. Der gesamte Prozess als solcher kann sich aber nach wie vor in die Länge ziehen, denn eine vorgelagerte Entscheidung beschleunigt nicht unbedingt den gesamten Prozess, sollten hier verkomplizierende Umstände auftreten. Eine fehlende Beschleunigung ist jedoch nicht der einzige Punkt, der am Entwurf kritisiert

wird. Weitere diskutierte Punkte waren das Ansehen und die Wahrnehmung des Beamtentums. Zwar gab Prof. Klaus F. Gärditz von der Universität Bonn an, dass der Entwurf keine Form der Diskriminierung beinhalte und auch Johann Saathoff, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin des Innern und für Heimat (BMI), sagte, die Reform sei kein Misstrauensvotum gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Öffentlichen Dienstes. Denn auch nach der Novelle bleibe der Rechtsschutz erhalten.

Kehrtwende zum bisherigen Vorgehen darstelle. Der Entwurf wird also klar unterschiedlich wahrgenommen.

Willkür statt Beschleunigung

Ein weiterer Kritikpunkt, den Sven Hüber, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, anführt, ist die Rückstellung/Abschaffung der Disziplinarklage als solche, denn dadurch fehle eine frühe unparteiische Bewertung des Falles. Auch der Bundesvorsitzende des DBB, Ulrich Silberbach sagte, mit dem neuen Verfahren würde ein Tor für Willkür geöffnet, denn selbst schwerwiegende Entscheidungen oblägen dann Institutionen, denen es gegebenenfalls an nötiger Distanz und Neutralität fehle. Es müssten also zusätzliche Maßnahmen zur Wahrung der Neutralität des entscheidenden Gremiums getroffen werden.

zielt werde. Stattdessen sollte lieber in bessere Schulung der in den Behörden verantwortlichen Stellen investiert werden, um Disziplinarverfahren zu beschleunigen. Hier fehle es häufi g nämlich an passendem Fachwissen, um den Prozess schnellstmöglich zum Abschluss zu bringen. Auch ein Ausbau der bearbeitenden Gerichte könne hier eine Beschleunigung erzielen. Ein Gegenbeispiel dafür sei, so Jordan , das BKA, wo bereits ausschließlich Spezialisten im Bereich der Verwaltungsermittlung agierten.

School_not_supported

Es geht zwar voran bei der Digitalisierung der Schulen, aber in NRW fehlt immer noch ein Gesamtkonzept.

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Luftwaffen

der Zukunft

Auf der Paris Air Show wurden die neuen Trends und Entwicklungen der Luftkriegsführung präsentiert.

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Heiko Teggatz, stellvertretender Bundesvorsitzender der DBB Beamtenbunds und Tarifunion und zeitgleich Bundesvorsitzender der DPolG Bundespolizeigewerkschaft, legte jedoch dar, dass mit dem Gesetzentwurf die Integrität der Bundesbeamten infrage gestellt werde, was eine Botschaft des Misstrauens sende und eine komplette

Keine Gefahr für Willkür sieht hingegen Stefan Jordan vom Referat Beschäftigungsbedingungen des Bundeskriminalamtes (BKA). Die Voraussetzungen für eine Entfernung aus dem Dienst seien derart hoch, dass in der Regel Vergehen vorlägen, die auch strafbar seien, sodass im Rahmen des Disziplinarverfahrens immer auch Strafanzeige erstattet werde. Er sagt, es werde nichts am Schuldgrundsatz und der Unschuldsvermutung geändert. Gleichzeitig weist unter anderem der DBB darauf hin, dass mit dem neuen Verfahren keine Beschleunigung beim Abschluss des Verfahrens er-

Aber auch für neutrales Fachpersonal sollte der Gesetzesentwurf nachgebessert werden. So empfehlen juristische Vertreter die Formulierungen bzgl. Extremismus im Gesetzestext nachzuschärfen und hier besser vom Schwur auf die freiheitlich demokratischen Grundordnung und von der Verfassungstreue zu sprechen.

Auch wenn der Gesetzesentwurf die Entscheidungen beschleunige, sollte er, so ein Teil der Experten, nicht die einzige Anpassung zur Entfernung von Extremisten aus dem Dienst bleiben. So sollten es durch zusätzliche Maßnahmen gestützt werden.

Klassenzimmer statt Berg

David Matei bringt jungen Menschen die Sicherheitspolitik näher.

Seite 39

Leitmedium für den Öffentlichen Dienst ISSN 1437-8337 G 1805 Nr. VI / 39. Jg / 28. Woche Berlin und Bonn / Juli 2023 www.behoerdenspiegel.de
„Die Reform ist kein Misstrauensvotum gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“
„Tor für Willkür.“
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Adressfeld

Schwerpunktthema der Ausgabe

Vor die Welle kommen

Eine Krise jagt die Nächste. Aber die Menschen im Öffentlichen Dienst sorgen dafür, dass das Leben weitergeht. Sie kämpfen für die Daseinsvorsorge der Zukunft. Sie treiben die Digitalisierung voran. Sie ändern Gesetze, schaffen neue Prozesse und Institutionen. Alles, um vorbereitet zu sein, wenn die Krise einschlägt. Alles, um vor die Welle zu kommen.

Der Schwerpunkt

Folgen Sie diesem Icon: Dieses Icon finden Sie auf mehreren Seiten der aktuellen Ausgabe. Es zeigt an, dass es sich bei dem jeweiligen Beitrag um einen Schwerpunktartikel zum Thema „Vor die Welle kommen“ handelt.

Versorgung im sozialen Staat

Richtungsbestimmung für kommunale Daseinsvorsorge Seite 3

Verpackungssteuer bleibt und wirkt

Bundesverwaltungsgericht urteilt zugunsten Tübingens Seite 14

Cloud Confusion Sinn und Unsinn der deutschen Diskussion Seite 21

Für die aus den Fugen geratene Welt Technischer Nachrichtendienst und Aufklärungskampagnen Seite 32

Quoten im Öffentlichen Dienst

Bestimmungen kollidieren Seite 3

Der Bonn-Berlin-Vertrag

Besser als ein Gesetz Seite 4

Die Kunst des Hangelns

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Aktuelles Öffentlicher Dienst 31

Kommune

Digitaler Staat 11

Kampf der Kulturen

Weiblicher Stil in Kommunalpolitik Seite 13

„Mehr als nur der Straßenbau“

Mobilitätswende im ländlichen Raum Seite 18

Prinzip Hoffnung funktioniert nicht

Kleinere Organisationen im Fokus Seite 27

Kommunen zum Grundschutz bringen Vereinbarung für mehr IT-Sicherheit Seite 30

Kommentar

Bitte gleich vergessen

(BS) Die Nationale Sicherheitsstrategie ist herausgekommen und gleich wieder dem Vergessen anheimgegeben worden. Sie hat es verdient. Es war bei dieser Strategie passiert, was so oft passiert, wenn zu viele Akteure beteiligt sind: Außer sicherheitspolitischem Grundlagenwissen ist nichts enthalten. Dasselbe Schicksal hatte bereits das letzte Weißbuch der Bundesregierung zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr ereilt, als der Inhalt durch Workshops mit insgesamt hunderten von Beteiligten entstand. Während die Weißbücher des Kalten Krieges konkrete Strategien und die dafür notwendigen Fähigkeiten beschrieben, war das Workshop-Weißbuch nur mit Allgemeinplätzen gefüllt. Nun also auch die Nationale Sicherheitsstrategie, die erste, die das wiedervereinte Deutschland sich gegeben hat. Sie hätte der große Wurf sein müssen, gerade in der aktuellen sicherheitspolitischen Lage.

Doch der Strategie fehlt es an Strategie. Sie ist eine umfangreiche Beschreibung der Situation in der Welt – ohne allerdings wirklich Voraussicht zu enthalten. Trotz dieser Schwäche in der Beurteilung hätte es ein bemerkenswertes Werk sein können, wenn von der reinen Schau auf die Welt auch die daraus abzuleitenden notwendigen Handlungen enthalten wären. Regierende zeichnet schließlich aus, dass sie die Welt nicht nur betrachtend hinnehmen, sondern sie verändern.

Dieser Wille zur Gestaltung der Weltpolitik zum Vorteil Deutschlands und Europas ist in der Nationalen Sicherheitsstrategie nicht zu finden. Womit sie sich auch von anderen Sicherheitsstrategien, wie etwa der amerikanischen, deutlich unterscheidet. Auch ihr Zustandekommen spricht für

Sicherheit & Verteidigung

Popcorn für die „Mellum“ Vermeidung einer Ölpest Seite 34

Luftwaffen der Zukunft Trends auf der Paris Air Show Seite 37

Fotonachweise Seite 1: Foto1: BS/Spuling unter Verwendung von stock.adobe.com: ImageFlow, oleskalashnik, Culombio; Foto 2: BS/Dorothee Frank;

Foto3: BS/Bundeswehr

sich. Die Fachministerien bekamen immer nur die sie betreffenden Kapitel zu sehen, die Bundesländer wurden gar nicht befragt und einige Häuser hielten sich zurück, um die wichtigen Themen später in eigenen Strategiepapieren zu veröffentlichen. Es fehlen dadurch konkrete Ableitungen. So ist etwa zu China zu lesen, dass es versuche „die bestehende regelbasierte internationale Ordnung umzugestalten“ und dabei „immer wieder im Widerspruch zu unseren Interessen und Werten“ handele. Den daraus folgernden Schritt will man dennoch nicht wagen. „China bleibt zugleich ein Partner“, so die Sicherheitsstrategie. Deutschland müsse „die Möglichkeiten und Chancen für eine Zusammenarbeit nutzen“. Mit diesen Sätzen lässt sich jede China-Politik vereinen, von Zusammenarbeit bis hin zu Sanktionen. Immer noch nicht abgestimmt ist der Entwurf der China-Strategie der Bundesregierung zwischen Auswärtigem Amt und Kanzleramt. Ein Kurs der Regierung lässt sich noch nicht erkennen.

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Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 2 Inhalt
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von Dorothee Frank Redakteurin für Verteidigung und Wehrtechnik, Behörden Spiegel Impressum Der Behörden Spiegel wird verlegt von der
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„Eineerhebliche Grundlast an Daseinsvorsorge ist bereits vorhanden“ erläutert Dr. Klaus Effing, Vorstand der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt). Ernährungsversorgung, die Wohnungsversorgung nach dem zweiten Weltkrieg, Infrastruktur und Bürgergeld seien nur einige Beispiele. Man müsse jedoch hinterfragen, so der Präsident der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung

Nordrhein-Westfalen (HSPV NRW)

Martin Bornträger, ob man gegenwärtige Herausforderungen noch mit den althergebrachten Werkzeugen der Daseinsvorsorge meistern könne.

Von bürgerschaftlichem Engagement über Umweltpolitik bis hin zum Einsatz sozialer Roboter in Kommunalverwaltungen – an den HöDs wird ausgiebig geforscht, wie Daseinsvorsorge in Zukunft gestaltet werden sollte.

In Praxisprojekten zusammen mit Kommunen erarbeiten Forschende vielversprechende und kreative Lösungsansätze. Bei der Jahrestagung des Praxis- und Forschungsnetzwerks der Hochschulen für den Öffentlichen Dienst (HöD) zum Thema „Die Zukunft der öffentlichen Daseinsvorsorge in Deutschland“ konnten zahlreiche Expertinnen und Experten ihre Projekte vorstellen und sich darüber austauschen. Ziel der Fachtagung war es, die vielseitige Forschung an den HöDs sichtbar zu machen.

Grundlagen schaffen

Die aktuell vorhandenen Rahmenbedingungen für kommunale Daseinsvorsorge seinen schon älter, erklärt Dr. Marco Kuhn, Erster Beigeordneter am Landkreistag NRW. Doch immer neue Aspekte kämen zum Aufgabengebiet hinzu. Zudem habe man in diesem Arbeitsfeld keinen statisch vorgegebenen Auf-

Versorgung im sozialen Staat

Richtungsbestimmung für kommunale Daseinsvorsorge

(BS/Ann Kathrin Herweg) Öffentliche Daseinsvorsorge ist mehr als die bloße Bereitstellung von Strom, Wasser und Infrastruktur durch den Staat. Sie beschreibt – wie der Name schon sagt – das Sorgen für all das, was der Mensch für sein Dasein, für das alltägliche Leben und eine funktionierende Gesellschaft benötigt. Doch die Anforderungen ändern sich.

Die öffentliche Daseinsvorsorge von heute wird schon morgen überholt sein.

siert uns in Deutschland öfter.“ Der Gesetzgeber sei hier gefragt, etwas an der Situation zu ändern.

Auf alles gefasst

die Gasmangellage. Für die Kriegsgeneration seien solche Situationen kein Problem gewesen, ihr sei klar gewesen, dass man Vorräte anlege, Selbstversorger sei.

gabenkatalog. Es gilt also einiges zu tun, um Daseinsvorsorge zukunftsfähig zu gestalten.

Eine elementare Voraussetzung für gelingende Daseinsvorsorge: Gestaltungs- und Handlungsspielräume. Hier sieht der Beigeordnete ein Problem: Die finanziellen Möglichkeiten seien gering, Inflation mache auch vor dem Rathaus nicht halt, erklärt er. Zunächst ist daher eine Klärung des Umfangs öffentlicher Daseinsvorsorge wichtig. Um eine gute Leistungsfähigkeit der kommunalen Daseinsvorsorge zu sichern, müsse definiert werden, was Aufgaben seien, die der Staat wahrnehmen könne bzw. solle. Das erfordere Aufgabenkritik, Schwer-

punktsetzung und Selbstanstrengung aufseiten des Bundes und der Länder. Auch die Kommunen blieben gefordert. „Lokale Verantwortung ist imminent wichtig“, betont Kuhn Bürgermeisterinnen und Bürgermeister hätten es jedoch bei der Umsetzung von Maßnahmen nicht immer leicht, gibt Effing zu bedenken. Rahmenbedingungen seien oft schwierig, machten die Umsetzung in Kommunen teilweise unmöglich. „Am Onlinezugangsgesetz zeigt sich exemplarisch das Problem“, beschreibt der KGSt-Vorstand. „Nach sechs Monaten ging es nicht mehr um die inhaltliche Diskussion, sondern nur noch um Geld. Das pas-

Quoten im Öffentlichen Dienst

Bestimmungen kollidieren teilweise mit Regelungen im Grundgesetz

(BS/Marco Feldmann) Der Öffentliche Dienst weist bereits verschiedene Quoten für Beschäftigte auf. Diese zielen entweder auf die regionale Herkunft oder auf einen vorherigen Beruf ab. Die Regelungen kollidieren teilweise aber mit zentralen Bestimmungen des Grundgesetzes.

So bestimmt z. B. Artikel 36 Absatz 1 des Grundgesetzes: „Bei den Obersten Bundesbehörden sind Beamte aus allen Ländern in angemessenem Verhältnis zu verwenden.“ Dies kollidiere jedoch mit Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes, unterstreicht Prof. Dr. Hans Markus Heimann von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung.

Denn dieser Bestimmung zufolge habe jeder Deutsche und jede Deutsche nach seiner bzw. ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Diese Bestimmung solle für Chancengleichheit sorgen, erläutert der Jurist.

In dieses grundrechtsgleiche Recht dürfe jedoch eingegriffen werden. Denn: „Es existiert kein totaler Grundrechtsschutz“, so Heimann weiter. Für einen Eingriff in den Schutzbereich dieses Artikels brauche es aber zwingend eine gesetzliche Grundlage. Für die Kollision der Artikel 36 und 33 gebe es bislang aber noch keine gesetzliche Konkretisierung.

Eine weitere Quotenregelung enthält das Soldatenversorgungsgesetz. Demnach ist für ehemalige Zeitsoldatinnen und Zeitsoldaten eine gewisse Zahl an Stellen im Öffentlichen Dienst – gestuft nach den Laufbahnen – frei zu halten. Dabei handelt es sich laut Heimann um eine starre Quotenregelung, die mit dem ebenfalls grundgesetzlich

geschütztem Sozialstaatsprinzip begründet wird. Die Frauenquote hingegen sei eine relative Quotenregelung, die mit dem Grundgesetz vereinbar sei, so Heimann.

Skeptisch bzgl. Zuwanderungsquote

Hinsichtlich einer Quote für Personen mit Zuwanderungsgeschichte im Öffentlichen Dienst zeigt sich der Rechtswissenschaftler skeptisch. Denn hierfür brauche es sowohl eine Änderung des Grundgesetzes als auch eine einfachgesetzliche Grundlage. Außerdem könnte es sich dabei nur um ein Hilfskriterium handeln, das massive Ver-

hältnismäßigkeitsprobleme mit sich brächte. Heimann plädiert dafür, Auswahlentscheidungen stärker kultursensibel durchzuführen. Ebenfalls ablehnend gegenüber einer Zuwanderungsquote für den Öffentlichen Dienst zeigt sich Dr. Anke Saebetzki, Leiterin der für Personal- und Verwaltungsmanagement zuständigen Abteilung beim Bremer Senator für Finanzen. Dies sei nicht der richtige Weg, auch wenn Geschlechterparität – auch im höheren Dienst – das Ziel sein müsse. Aus ihrer Sicht darf es im Öffentlichen Dienst nicht zu viele Quoten geben. Auch Ina Ölscher-Dütz, Leiterin der Referatsgruppe „Zentrale Dienste, finanzielles öffentliches Dienstrecht, Tarifrecht, Verwaltungskosten“ im niedersächsischen Finanzministerium, hält nichts von einer Zuwanderungsquote. Auch die Quote nach dem Soldatenversorgungsgesetz spiele im Zuständigkeitsbereich des Hauses so gut wie keine Rolle mehr. Quoten seien zwar weiterhin wichtig. Ihre Bedeutung habe sich aufgrund des Fachkräftemangels aber massiv geändert. Möglicherweise könnte auch die Frauenquote bald anachronistisch sein, so Ölscher-Dütz. So weit will Saebetzki nicht gehen. Ihres Erachtens wird es im Bereich von Führungspositionen auch weiterhin flexible oder relative Frauenquoten geben müssen.

Für eine zukunftsfähige Daseinsvorsorge setzt Effing auf „ein Mehr an Ressourcen“. Man müsse auf alles vorbereitet sein, denn man wisse nie, was einen als Nächstes erwarte. Die Krisen der letzten Jahre hätten dies deutlich gemacht. „Es kommt anders, als man denkt, aber es kommt“, so der Vorstand. Er sieht hier bei den Kommunen eine große Stärke. „Wir sagen immer: Kommune kann Krise.“ Resilienz allein reiche jedoch nicht aus, was es brauche, nenne man bei der KGSt „Robustheit“. Eine große Herausforderung sei der demografische Wandel und der damit verbundene Fachkräftemangel. Effing zieht diesbezüglich eine klare Konsequenz: „Wir sind in der Verwaltung verdammt zum Automatisieren und Digitalisieren.“

Menschen im Fokus Bildung und Zusammenhalt – das sind die Dinge, die die Gesellschaft für ein künftiges friedliches Miteinander benötigt, da ist sich Georg Gelhausen sicher. Der Bürgermeister setzt bei sich in Merzenich auf ein gutes Miteinander. Vereine und kulturelle Angebote – idealerweise kostenfrei und für alle zugänglich – seien von großer Bedeutung für die Zufriedenheit und Gemeinschaft der Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig müssten Rollen klar definiert sein, so der Bürgermeister. Man müsse differenzieren, was die Rolle der Verwaltung sei und was die Aufgabe von Bürgerinnen und Bürgern. Die Verwaltung müsse dafür sorgen, funktionsfähig zu sein. „Wir müssen fokussieren und Bürgerinnen und Bürger dafür sensibilisieren, dass auch sie eine Eigenverantwortung haben.“ Gelhausen denkt hier beispielsweise an

Für effektive Daseinsvorsorge braucht es jedoch mehr als nur den Blick auf die eigene Kommune und ihre Einwohnerinnen und Einwohner. Auch Vernetzung mit anderen ist wichtig. „Wir als kleine Kommune sind gar nicht in der Lage, das Rad neu zu erfinden“, erläutert Gelhausen. Was man aber könne, sei interkommunale Zusammenarbeit. Die Hemmschwelle, bei der Nachbarkommune nachzufragen, wie Sachverhalte dort gelöst würden, müsse sinken.

Merzenich und die Nachbarstadt Kerpen gehen hier mit gutem Beispiel voran. So übernimmt die Kerpener Stadtverwaltung die Personalverwaltung und den Bereich Vollstreckung für die Gemeinde Merzenich und Merzenich kümmert sich umgekehrt um die Gebührenkalkulation von Kerpen.

Forschung als Chance

„Es ist schwierig, als traditionelle Verwaltung bedarfsgerecht zu reagieren“, gibt Prof. Dr. Jürgen Stember, Präsident der Rektorenkonferenz der HöDs zu bedenken. Er wünscht sich Veränderung. Die Praxis sei jedoch häufig unsicher gegenüber neuen Entwicklungen.

Stember macht Mut, den Wandel zu wagen: „Wir als Hochschulen können den Weg vorzeichnen, in Pilotprojekten gemeinsam mit jungen Menschen Lösungen für die kommunale Daseinsvorsorge finden.“ Insgesamt geht aus der Tagung der Wunsch nach stärkerer Vernetzung zwischen Wissenschaft und Praxis hervor.

Die eigene Alterssicherung im Blick

„Versorgungsrechner Online“ gestartet (BS/akh) Das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) hat sein Serviceangebot weiter ausgebaut. Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte sowie Richterinnen und Richter im Bundesdienst können sich nun selbst einen Überblick über ihre Alterssicherung verschaffen.

Im neuen Internet-Portal „Versorgungsrechner Online“ können die Nutzerinnen und Nutzer ihre Daten selbstständig eingeben und bekommen dann kurzfristig Einsicht in ihre Alterssicherungsansprüche aus der Beamtenversorgung des Bundes. Auch Variantenberechnungen sind möglich. Es lassen sich beispielsweise Auswirkungen eines etwaigen Antragsruhestands oder einer geplanten Beurlaubung in die Berechnung einbeziehen.

Bundesbeamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter haben einen gesetzlichen Anspruch auf eine schriftliche, verbindliche Auskunft zu ihrer Alterssicherung durch eine Versorgungsdienststelle. Diese ist jedoch antragsgebunden. Die vielen gestellten Anträge sorgen für lange Bearbeitungs- und damit auch Wartezeiten. Mit dem „Versorgungsrechner Online“ gibt es nun eine schnelle, digitale Alternative. Ende 2020 wurde das Gesetz zur

Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen beschlossen. Bürgerinnen und Bürgern soll es ermöglicht werden, unabhängig vom Alterssicherungssystem Informationen über ihre Absicherung im Alter zu erhalten und Handlungsbedarf ggf. frühzeitig zu erkennen. Im Gesetz ist dazu die Einführung einer „Digitalen Rentenübersicht“ vorgesehen. Die Beamtenversorgung des Bundes kann in absehbarer Zeit nicht dort angebunden werden. Daher hat das BMI die Entwicklung des Versorgungsrechners Online beim ITZBund in Auftrag gegeben, als Projekt der „Dienstekonsolidierung“ und Teil der Maßnahme „PVS Bund“ .

Zu finden ist der Versorgungsrechner Online über einen Link auf der BMI-Website im Themenbereich „Öffentlicher Dienst“.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Aktuelles Öffentlicher Dienst Seite 3
Sieht eine Zuwanderungsquote im Öffentlichen Dienst sehr kritisch: Prof. Dr. Hans Markus Heimann von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung. Foto: BS/Feldmann Damit kommunale Daseinsvorsorge gelingt, muss sie immer wieder neu gedacht werden. Foto: BS/Andrii Yalanskyi, stock.adobe.com

Behörden Spiegel: Es gibt schon seit Jahren eine Diskussion um die Frage: Folgt dem Bonn-BerlinGesetz jetzt ein Vertrag? Warum jetzt ein Vertrag statt des Gesetzes bisher?

Hartmann: Das Bonn-Berlin-Gesetz war ein guter Startpunkt für eine schwierige Entwicklung in der Region. Denn dieses Gesetz sah vor, dass eine feste Zahl von ministeriellen Arbeitsplätzen und eben entsprechende Sitze der Ministerien fest in der Region bleiben.

Nun ist seit 1994 einige Zeit vergangen und wir stellen fest, dass – entgegengesetzt zu den Vereinbarungen im Gesetz – die größere Zahl der Arbeitsplätze in den Ministerien mittlerweile nach Berlin verlagert worden ist. Gleichzeitig sehen wir durch die Ansiedlung von DAX-Konzernen und neuer Ämter oder den Ausbau der S 13 als Ausgleichsmaßnahme, dass Zusagen eingehalten worden sind.

Das bedeutet insgesamt – nicht alles, was in dem Gesetz vereinbart wurde, wurde auch so umgesetzt.

Das Problem an dem Gesetz ist, dass es keinen einklagbaren Anspruch gibt. Die Zusatzvereinbarung zum Gesetz sieht nun vor, dass wir in einem weitergehenden Schritt überlegen, was unterhalb eines Gesetzes auf einer vertraglichen Grundlage geregelt werden kann. Dies muss zwischen den Vertragspartnern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz unter Einbeziehung der Regionen mit dem Bund geschlossen werden. Allerdings war es nicht immer unumstritten, ob überhaupt ein Zusatzvertrag geschlossen werden soll. Insbesondere in der Region Bonn gab es politische Gegenstimmen, dass es dem Anspruch des Gesetzes zuwiderlaufe. Mittlerweile

Der Bonn-Berlin-Vertrag

Warum ein Vertrag besser als ein Gesetz sein kann

„Auch wenn die Pandemie gezeigt hat, dass die digitale Kommunikation noch deutlich ausbaufähig ist, überwindet es die Diskussion der Reisetätigkeit.“

Hartmann: Offen gestanden steht der Vertrag zum dritten Mal in einem Koalitionsvertrag. Das ist bisher keine Erfolgsgeschichte. Aus dem Anspruch aus einem Koalitionsvertrag folgt die Pflicht zur Umsetzung. Daher wollen wir jetzt, dass dieses Vorhaben endlich realisiert wird. In der Zusatzvereinbarung muss das geregelt werden, was unterhalb des Gesetzes nicht abgedeckt ist. Als Region Bonn werden wir in einer Konkurrenzsituation stehen. Meines Erachtens muss ein zweites bundespolitisches Zentrum

„Das Problem an dem Gesetz ist, dass es keinen einklagbaren Anspruch gibt. Die Zusatzvereinbarung zum Gesetz sieht nun vor, dass wir überlegen, was unterhalb eines Gesetzes auf einer vertraglichen Grundlage geregelt werden kann.“

gibt es in der Region über alle demokratischen Fraktionen hinweg große Einstimmigkeit, dass dieser Vertrag gewollt wird.

Behörden Spiegel: Nun steht im Koalitionsvertrag der Ampel die Region als zweites bundespolitisches Zentrum, das könnte ja bedeuten, dass auch die Bundesregierung hier vor Ort mit eigenen Ministerien oder unmittelbaren Behörden, die den Ministerien zugeordnet sind, weiterhin vertreten ist. Ist dieser Umstand auch Gegenstand der Gespräche, bleibt die Ministerialverwaltung in Bonn?

Vorteile bieten können, die andere Regionen in Deutschland nicht erfüllen. In der Region Bonn ist das erstens der UN-Standort. Deswegen müssen wir in Bonn die passenden Ministerien und Behörden von der Entwicklungszusammenarbeit bis hin zu Sicherheitsfragen behalten.

Dazu passend bietet die Region eine Forschungslandschaft mit der Universität und der Hochschule BonnRhein-Sieg. Zweitens ist die Region Bonn Sicherheitsstandort Nummer eins in Deutschland. Angesiedelt sind das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz

und Katastrophenhilfe, die Bundesleitung des THW sowie die Bundesnetzagentur. Diesen Umfang, der zudem thematisch zunehmend in den öffentlichen Fokus rückt, kann keine andere Region in Deutschland bieten.

Behörden Spiegel: Ein Aufreger in der Vergangenheit waren die Reisen von tausenden von Beamten jeden Montag und Freitag hin und her zwischen Bonn und Berlin. Und das war vor der Corona-Pandemie auch so. Ist das Thema seit Corona noch relevant für die Diskussion bzw. Verhandlungen?

Hartmann : Das Thema Reisekosten zwischen zwei Standorten wurde instrumentalisiert, weil nie fair gerechnet worden ist. Ich muss für jeden Standort, den ich verlagere, tatsächlich nicht nur ein Gebäude aus Beton und Glas errichten – ein Aspekt, bei dem man auch mal über Klimabilanzen reden kann. Zur Wahrheit gehört auch, dass Menschen dazu bewegt werden müssen, aus dieser wunderbaren Region Bonn-Rhein-Sieg nach Berlin umzuziehen. Wir haben gesehen, dass das gar nicht so viele machen. Dies führt auch zu mangelnder Personalgewinnung. Digitale Kommunikationswege wie Videokonferenzen sind eine gute Möglichkeit, doch oft geht es hier auch um Sicherheitsfragen. Wenn ich keine Verschlusssachen teilen oder entsprechend sicher kommunizieren kann, haben wir Kapazitätsengpässe.

Die Technologie hilft auch bei einem zweiten Regierungssitz. Dass wir als föderaler Staat alles an einem zentralen Ort konzentrieren,

widerspricht einer föderalen Ordnung. Auch wenn die Pandemie gezeigt hat, dass die digitale Kommunikation noch deutlich ausbaufähig ist, überwindet es die Diskussion der Reisetätigkeit.

Behörden Spiegel: Sie haben ein Problem angesprochen, das den Bund insgesamt betrifft. Nämlich dass wir meinem Eindruck nach zu viel VS-NfD-Stempel verteilen und, wenn es denn tatsächlich darüber hinausgeht, also in den Geheimbereich, dann fährt auch heute ein Fahrer mit dem Auto von München nach Berlin mit einem Papierdokument. Das ist im digitalen Zeitalter zumindest verwundernswert.

Hartmann: Als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums weiß ich, dass die physische Übergabe und das Gegenzeichnen bestimmter Dokumente unter Umständen nachvollziehbar sein müssen. Denn Hackerversuche und ähnliche Cyberangriffe passieren täglich und zielen auch auf unsere Technik. Umso wichtiger ist es gerade hier den Bonner Standort zu stärken, da das BSI als erste

Aufgabe die Sicherheit der Netze des Bundes innehat.

Aber natürlich gibt es bei den Kommunikationswegen noch Verbesserungspotenzial und muss noch digitaler werden. Wo Probleme liegen, sehen wir, wenn in anderen Staaten tatsächlich weitflächige Leaks stattfinden. Zentral ist, dass wir ein stabiles und sicheres System haben.

Behörden Spiegel: Es soll ein neues Gebäude für die UN in Bonn geschaffen werden, das ist ein konkreter Vorschlag für den Vertrag. Was gibt es aus Ihrer Sicht für konkrete Gegenstände, die man da in den Verhandlungen über den BonnBerlin-Vertrag dann hineinschreiben könnte?

Hartmann: Die regionalen Bundestagsabgeordneten stimmen sich unter Leitung der Bonner Bundestagsabgeordneten Jessica Rosenthal ab. Ich bin dankbar für die enge Einbeziehung, denn wir müssen als Region gemeinsam agieren. Doch hier fällt der Prozess des offenen Wortes auch auseinander, weil zum einen die Verhandlungsführer – Oberbürgermeisterin und Landrat – in der kommunalen Verwaltung sitzen und zum anderen natürlich in der Staatsregierung. Am Ende steht dennoch der Haushaltsgesetzgeber, das frei gewählte Parlament.

Das bedeutet für uns, dass wir auch bei den anderen Abgeordneten bundesweit für die Region Bonn-Rhein-Sieg werben müssen. Deswegen kommt es auf eine kommunikative Strategie an. Dass wir etwa zu geringe Tagungskapazitäten haben, ist herausgearbeitet. Dass offensichtlich hier ein Teil des Veranstaltungsbereiches ausgebaut werden soll, habe ich auch vernommen. Es muss immer einzuordnen sein, dass es ein Ausbauziel des Bundes ist.

Klar ist: Wir brauchen einen besseren Schulterschluss zwischen allen, die für die Region werben können. Ich habe in den vergangenen Legislaturperioden beim Bonn-Berlin-Gesetz häufiger mit den kommunalen Spitzen zusammengesessen als in letzter Zeit. Bis zur nächsten Bundestagswahl 2025 haben wir nur noch einen Haushalt, der nicht vom Vorwahlkampf geprägt ist. Dennoch wird es darauf ankommen sehr eng und abgestimmt zu agieren.

„Hackerversuche und ähnliche Cyberangriffe passieren täglich und zielen auch auf unsere Technik Umso wichtiger ist es gerade hier den Bonner Standort zu stärken, da das BSI als erste Aufgabe die Sicherheit der Netze des Bundes innehat.“

Berlin und Bonn: Beide Standorte haben unleugbare Vorteile, weshalb Regierungsbehörden und Ministerien an beiden Standorten wichtig sind.

Fotos: BS/ Sven Rudolf;

Photography, stock.adobe.com

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 4 Bund
(BS) Sebastian Hartmann MdB ist Innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und ein Fürsprecher der Region Bonn. Der Behörden Spiegel sprach mit ihm über den Arbeitsstand des Bonn-Berlin-Vertrages und wieso dieser potentiell konkretere Ergebnisse liefert als das Gesetz. Zudem erörterte er die Vorteile eines zweiten bundespolitischen Zentrums in Bonn. Die Fragen stellte Uwe Proll. Sebastian Hartmann erklärt, welche Vorteile ein Bonn-Berlin-Vertrag für die Region hätte. Foto: BS/Sven Rudolf
JFL

21. Januar 1948. Das Statistikamt der Bizone „Statistisches Amt des Vereinigten Wirtschaftsgebietes“ wird in Wiesbaden errichtet. 75 Jahre später für uns ein Grund, das zu feiern, was nicht überall selbstverständlich ist: unabhängige Daten für Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die ein wichtiger Baustein für den demokratischen Willensbildungsprozess sind. Das Statistische Bundesamt (Destatis) informiert täglich und transparent Medien und Öffentlichkeit auf unterschiedlichen Kanälen. Was uns antreibt ist, unseren Nutzerinnen und Nutzern einen Mehrwert mit unseren Daten zu bieten; dabei eröffnet uns die Digitalisierung neue und innovative Wege. Unseren Partnerinnen und Partnern in Bund, Ländern und Kommunen, den Statistischen Landesämtern, der Wirtschaft und Wissenschaft, den zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen, allen kritischen Nutzerinnen und Nutzern und den vielen Auskunftgebenden – sagen wir heute Danke – für Ihr Vertrauen, Ihre Mitarbeit und Ihr Feedback.

Gemeinsam machen wir Demokratie möglich.

Statistisches Bundesamt

Jahre

Alle hessischen kommunalen Körperschaften sollen und werden regelmäßig überörtlich geprüft. Das sind weit mehr als 400 Städte, Gemeinden und Landkreise unterschiedlichster Größenordnung (von rund 1.000 bis 765.000 Einwohnern). Daraus ergibt sich ein enger und umfassender Dialog mit der kommunalen Ebene und anderen beteiligten Akteuren.

Sachlichkeit, Objektivität und Transparenz sind Schlagwörter, die das Handeln und den Anspruch von Dr. Ulrich Keilmann beschreiben können. Der Jurist ist nach Stationen im Bund und anderen Landesbehörden seit einer Dekade

Abteilungsleiter der Überörtlichen

Kommunalprüfung. Gemeinsam mit seinen Vorgängern hat Keilmann einen großen Anteil daran, dass die Überörtliche Prüfung sich seit ihrem beinahe 30-jährigen Bestehen zu einem wichtigen Akteur für alle Kommunalfinanzfragen entwickelt und etabliert hat.

Enormes Potenzial

Die unter Keilmann geprüften

Körperschaften, Risiken sowie die aufgezeigten monetären Verbesserungspotenziale sind enorm. In den Kommunalberichten seit 2013 wurde bei insgesamt 954 geprüften

Körperschaften ein Prüfvolumen von 125,8 Milliarden Euro untersucht. Dabei wurden Ergebnisverbesserungspotenziale (EVPs) von 1,36 Milliarden Euro aufgezeigt. Die Prüfungen haben grundsätzlich auf vergleichender Basis stattgefunden.

„Wirsind gewissermaßen älter als die Bundesrepublik“, sagt der Vizepräsident des Statistischen Bundesamtes Christoph Unger mit einem Lachen. Der direkte Vorgänger des Amtes wurde 1948 mit dem Statistischen Amt des Vereinigten Wirtschaftsgebiets geschaffen. Erstmals sollte damit eine Grundlage erstellt werden, was überhaupt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch vorhanden war. Diese Keimzelle zur Bestandsaufnahme nahm in zunächst schwierigem Umfeld ihre Arbeit auf. Mit der Gründung der Bundesoberbehörde unter dem Namen Statistisches Bundesamt im Jahr 1950 begann der kontinuierliche Aufbau des Amtes. Ausgerüstet mit hauptsächlich Papier und Bleistift wuchs das Bundesamt schnell auf

Jubiläum bei Überörtlicher Prüfung

Unermüdlicher Streiter für generationengerechte Kommunalfinanzen in Hessen

(BS/Guido Gehrt) Im Juli 2013 wurde Dr. Ulrich Keilmann die Leitung der Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Präsidenten des Hessischen Rechnungshofs anvertraut. Ein willkommener Anlass, um zehn Jahre Verantwortung in der öffentlichen Finanzkontrolle Revue passieren zu lassen.

Die Kommunalberichte sind kostenfrei digital abrufbar, enthalten alle wesentlichen Feststellungen und nutzen damit allen interessierten Körperschaften in Hessen und darüber hinaus.

Die Prüfungsinhalte von 72 Prüfungen in 954 Körperschaften sind auch die Basis und ein schier unerschöpflicher Fundus für seine Beiträge. Allein für den Behörden Spiegel verfasste er insgesamt 100 Beiträge, den ersten 2009 mit dem damaligen Finanzminister Karlheinz Weimar zum antizyklischen Handeln. Ab 2016 startete er hier seine Kolumne mit einem Artikel zum zentralen Thema „Erfolgsfaktoren Haushaltsausgleich“.

Die von ihm aufgegriffenen Themen sind vielfältig. Sie reichen vom Public Corporate Governance Kodex (PCGK) diagonal durch alle Themen, wie etwa zur lebensnahen U3-/Ü3und Ü6-Betreuung in Kitas sowie von komplexen Beteiligungs- und Steuerungsfragen bis hin zur richtigen Strategie der Werterhaltung von Straßen und Gebäuden aller Art oder der vorausschauenden Personalsteuerung unter dem Einfluss der Demografie. Parallel entwickelte

Dr. Ulrich Keilmann leitet seit zehn Jahren die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Präsidenten des Hessischen Rechnungshofs.

er mit seinem Team verschiedene Leitfäden (u.a. zu Digitalisierung und Fusion) und Indizes (u.a. Siedlungsindex, Sozialindex), um auch den nicht geprüften Kommunen vor Ort Hilfestellungen und Anleitungen geben zu können. Wichtige Inhalte und Empfehlungen der Überörtlichen Prüfung in die Öffentlichkeit zu transportieren war schon immer ein zentrales Anliegen von Keilmann. So hat er neben der Kolumne im Behörden Spiegel weitere rund 100 Fachpu-

blikationen veröffentlicht. Zuletzt wurden bundesweit insbesondere seine Beiträge mit Dr. Marc Gnädinger „Grüne Ideen und schwarze Zahlen“ im Jahrbuch für öffentliche Finanzen (JöFin) 1-2022 sowie zur „Nachhaltigkeitstransformation“ im JöFin 2-2022 beachtet.

Prüfung und Beratung

Die Dualität von Prüfung und Beratung spiegelt sich in der jüngeren Vergangenheit in der internen Organisationstruktur seiner Abteilung als Zwei-Referate-Lösung wider. Im Prüfungsreferat werden die einzelnen Prüfungen für die o.a. Kommunalberichte konzeptioniert, ausgeschrieben und geleitet. Im Grundsatzreferat werden Kommunalfinanzthemen mit Wirkung für alle Kommunen analysiert und der Transfer der Prüfungsthemen in die kommunale Welt unterstützt. Hier wurde beispielsweise 2018 der Kommunalmonitor auf der Webpräsenz des Rechnungshofs implementiert. Er ist ein interaktives, jährlich aktualisiertes Karten- und Informationstool für Bürger, Politik und Verwaltung und bietet allen relevante Daten über jede hessische

Älter als die Bundesrepublik

75 Jahre Destatis

(BS/bk) Von A wie Außenhandel bis Z wie Zensus – das Aufgabenspektrum des Statistischen Bundesamtes ist seit 75 Jahren umfangreich. Doch egal wie sich die Anforderungen und Bedarfe an statistische Daten gewandelt haben, so galt und gilt immer die Maßgabe, objektiv zu sein und Daten für eine faktenbasierte Politik zu liefern. Das Jubiläum des Bundesamtes zeigt auch die Herausforderungen, vor denen die Behörde in Wiesbaden, Bonn und Berlin steht.

über 2.000 Mitarbeitende. „Statistik brauchte sehr viel Manpower“, erklärt Dr. Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes. Doch damals wie heute gilt: keine Statistik ohne Auftrag. Das Bundesamt erstelle nicht einfach aus Spaß Statistiken. Es brauche immer eine gesetzliche Grundlage, erklärt Brand. Diese Grundlage bildet seit 1953 das Bundesstatistikgesetz (BStatG), welches die Erstellung von Statistiken zu Bundeszwecken

regelt. Es sollen nach BstatG laufend Daten zu Massenerscheinungen erhoben, aufbereitet und analysiert werden. Für diese Erhebungen gelten immer die Grundsätze der Neutralität, Objektivität und fachlichen Unabhängigkeit. Einflussnahmen aus der Politik hat es nach Wissen von Brand bisher nicht gegeben. Sie würde sich aber auch selbstbewusst jedem Versuch entgegenstellen, sagt die Präsidentin. Wie nötig diese Objektivität ist, wird

mit Blick auf die nähere Vergangenheit klar. „Wir leben in Zeiten der sich überlappenden Krisen“, sagt Brand. Es werde nach Orientierung gesucht. Der Bedarf an verlässlichen Zahlen sei gestiegen.

„Statistik ist ein scharfes Schwert gegen Desinformation“, so Brand weiter. Doch der geänderte Bedarf habe Auswirkungen auf die eigene Arbeit. Der zeitliche Druck sei höher. Zudem müssten die Statistiken anders kommuniziert werden. Die-

Kommune. Daneben ist im Grundsatzreferat die Kommunalberatung organisatorisch angesiedelt. Sie unterstützt die Kommunen in allen denkbaren Kommunalfinanzthemen – von der konkreten Beratung bis zur Hilfe in der Analyse. In diesem Zusammenhang wurde ein Konsolidierungsbuch entwickelt. Es führt in allen Fragen der Haushaltskonsolidierung zu Lösungen, denn es verknüpft via Hyperlink die 16 Produktbereiche mit konkreten Lösungsvorschlägen und Ergebnisverbesserungspotenzialen der Vergleichenden Prüfungen seit 2013. Bundesweit erster doppischer Kreisfinanzbericht

Große Aufmerksamkeit erlangte schließlich der Ende 2022 von Keilmann und seinem Team initiierte, bundesweit erste doppische Kreisfinanzbericht. Kernziel war es, einen Überblick über die finanzielle Lage der 21 hessischen Landkreise auf doppischer, vergleichender Datengrundlage zu gewinnen. Neu daran ist, dass die hessischen Kommunen zwar schon seit 2009 doppisch buchen, die Finanzstatistik aber immer noch im Wesentlichen auf kameralen Daten basiert. Erst ab dem Berichtsjahr 2025 tritt eine doppische Finanzstatistik in Kraft. Der Kreisfinanzbericht beleuchtet erstmals beide „Welten“, weist die wesentlichen Unterschiede aus und gibt den Entscheidungsträgern vor Ort Grundlagen und Handlungshinweise bei der Gestaltung zukünftiger Haushaltsprozesse.

se geänderte Öffentlichkeitsarbeit schlägt sich in mehr Kommentierung, einem Open-Data-Ansatz und einer zielgruppenorientierten Ansprache durch die Nutzung von Social-Media-Kanälen nieder. Man erprobe auch neue Methodik, wie Machine-Learning oder Big-DataAnsätze. „Diese Felder müssen wir erschließen, um neue Daten nutzen zu können“, sagt Brand. Deshalb hätten auch die Mitarbeitenden des Amtes einige Freiheiten, neue Dinge auszuprobieren. Dies sei auch für die Arbeitgeberattraktivität wichtig. Ebenso könne auch Künstliche Intelligenz (KI) eine Chance für die Qualitätssteigerung von Daten sein. Doch für die Auswertung durch KI zeigt sich Brand skeptisch, da die Validierung der Ergebnisse schwierig sei. Man sei aber dran, so Brand

8. Bundeskongress zum Glücksspielwesen

4. und 5. Oktober 2023

 Kampf gegen die Illegalität

 Lootboxen, Responsible Gaming

 Online-Glückspielwerbung

 Evaluierung, Spielverordnung und Staatsvertrag

Weitere Information und Anmeldung unter www.gluecksspielwesen.de

Medienpartner:

Veranstalter:

Behörden Spiegel / Juli 2023 Bund / Länder Seite 6
Foto: BS/privat
15, 10117 Berlin
Maritim proArte Hotel Berlin Friedrichstraße
Veranstaltungsort:

Kommunaler Finanz- und Wirtschaftsgipfel

Bis zum Jahr 2045 soll die Klimaneutralität in Deutschland erreicht sein. Ein ehrgeiziges Ziel, das mit Enthusiasmus, jedoch nicht ohne klare Konzeption umgesetzt werden müsse, damit die Wirtschaft keinen Kollateralschaden nehme, erklärte Dr. Andreas Hollstein, Landesgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen in NRW. Eine erneute Verschuldung müsse unter diesen Umständen gegebenenfalls in Kauf genommen werden, um in den Standort Deutschland als Wirtschaftsstandort mit Zukunftsfähigkeit zu investieren, so Hollstein weiter.

Viele Wege führen zum Klimaschutz

Stadtwerke sollten verschiedene Technologien nutzen

(BS/Marlies Vossebrecker) Der Klimaschutz ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit – auch für die Stadtwerke. Dennoch dürfen sie im Umstellungsprozess auf Erneuerbare Energien nicht finanziell gefährdet werden. Über Handlungsmöglichkeiten und Perspektiven angesichts der prekären Lage für Stadtwerke diskutierten Expertinnen und Experten auf dem Kommunalen Finanz- und Wirtschaftsgipfel des Behörden Spiegel in Bonn.

Verbraucher als Kunden verloren gegangen, weil diese vermeintlich günstigere Angebote zur Versorgung bei konkurrierenden privaten Anbietern in Anspruch genommen hätten, so Uhlig weiter. Tatsächlich lägen die Preise der Stadtwerke im Vergleich mit anderen Anbietern zwar im Mittelfeld, fügte Hollstein hinzu. Allerdings könnten sie nur so eine konstant zuverlässige Versorgungsleistung sicherstellen, weil sie im Rahmen einer langfristigen Kalkulation kleinere Mengen an Energieträgern einkauften.

Stadtwerke müssen sich

Marktanteile sichern

Darum appellierte er mit Nachdruck an eine verbindliche Wärmeplanung für das ganze Land. Aktuell gebe es zur Wärmewende kein Konzept für Funktion und Finanzierung. Dadurch erhöhe sich der Druck auf Bund und Länder, die im Herbst 2023 erwartete Konzeption vorzulegen – denn auch sie selbst benötigten Planungssicherheit, weil der Beginn aller eigenen Pläne von einem Gesamtkonzept abhängig sei, führte Hollstein aus.

Bei der Transformation des bisherigen Energiesystems gilt es, verschiedene Technologien und ihre

Hauptproblem der Rentenversicherung ist der demografische Wandel: 2019 kamen auf einen Altersrentner 2,1 Beitragszahlende. Im Jahr 1962 lautete das Verhältnis noch 1:6. Entsprechend stiegen die Staatszuschüsse: Nach Angaben des Bundesrechnungshofes zahlte der Bund 2016 noch 86,8 Milliarden Euro an die Rentenversicherung. 2023 sind es bereits 112,4 Milliarden. Eine Rentenanpassungsformel sorgte bisher dafür, dass Beitragszahler und Staatskasse nicht noch mehr strapaziert wurden. Doch exakt diese Formel, die den Anstieg der Renten begrenzt, will die Koalition ändern, weil das Rentenniveau sonst noch mehr in den Keller gehen würde: Werden laut Rentenversicherung bisher noch 49,4 Prozent des letzten Nettolohns erreicht, würde dieser Wert durch die Rentenanpassungsformel laut Prognos-Institut bis 2050 auf 41 Prozent sinken. Vor einem Vierteljahrhundert lag das Rentenniveau übrigens noch bei 52,9 Prozent. In anderen europäischen Ländern ist das Rentenniveau erheblich höher; in Frankreich liegt es etwa bei rund 75 und in Italien über 80 Prozent. Die Koalition plant, das Rentenniveau bei 48 Prozent des Nettolohns zu stabilisieren, was jedoch die Bundeszuschüsse an die Rentenkasse explodieren lassen dürfte: Es drohe eine Finanzierungslücke von 235 Milliarden Euro zwischen 2026 und 2036, warnt der Bundesrechnungshof. Beitragszahler und

Möglichkeiten zu berücksichtigen, statt alles nur auf eine Karte zu setzen. Aktuell wird insbesondere der Netzausbau mit dem Schwerpunkt der Elektrik vorangetrieben.

Technologieoffenheit bewahren

Doch Hollstein warnte: „Elektrik ist nicht die Lösung aller Probleme.“

Freiräume bezüglich verschiedener Technologien und Energieträger, zu denen etwa der Wasserstoff ge-

höre, müssten vor allem in ländlichen Regionen bedacht werden, so Hollstein. Zudem stehe mit der Finanzierung der Umstellung bei der Energieversorgung noch eine schwierige Aufgabe bevor: Laut Hollstein ist hier ein stärkeres Engagement der Kommunen erforderlich, denn die Unterstützung der kommunalen Stadtwerke liege im Interesse der Gesellschafter selbst. „Der Finanzsektor ist erheblich ge-

fordert“, fasste Hollstein die Situation zusammen. Der deutsche Energiemarkt sei im Umbruch: Rund 80 Prozent des Marktes befinde sich momentan in einem Umverteilungsprozess, ergänzte Manfred Uhlig, Kämmerer der Hansestadt Lübeck. Dabei träten neue Chancen ebenso wie altbekannte Probleme zutage. Wegen der Gaspreisschwankungen seien den Stadtwerken deutschlandweit viele

Gesicherte Rente dank Aktien?

Lindners Pläne bleiben nicht ohne Kritik

(BS/Hans-Jürgen Leersch) Die Aussichten für das deutsche Rentensystem sind alles andere als rosig: Das Niveau sinkt, die Beiträge müssen steigen. Mit einer „Aktienrente“ will Finanzminister Christian Lindner (FDP) das System stabilisieren. Lindners Koalitionspartner haben massive Bedenken und lehnen den Plan ab.

mehr ausgeben muss.“. Das heißt: Heutige Rentnerinnen und Rentner hätten direkt nichts von Lindners Plänen und auch für die Beitragszahler würden keine neuen Ansprüche aufgebaut. Allerdings würde der Anstieg ihrer monatlichen Beträge gedämpft werden.

Zurück zu den Chancen, die sich für die Stadtwerke durch die Neuverteilung ergeben. Aus Sicht von Uhlig ist es völlig klar, dass die Stadtwerke Marktanteile gewinnen müssen. Das bedeutet, sie sollen nicht nur wie bisher als Versorger in Erscheinung treten, sondern vielmehr einen umfassenden Service in Konkurrenz zu privaten Dienstleistern anbieten. Die Beteiligung erstrecke sich dabei von der Energiegewinnung über deren Verteilung bis hin zu Installation und Geldanlagen, so Uhlig. Die Stadtwerke sollten außerdem ihren Standortvorteil unbedingt ausnutzen. Als Beispiel führte Uhlig seine Stadt Lübeck heran. Hier seien die Stadtwerke bereits heute wie in einem Konzernprogramm organisiert, es gebe also keine klassische Unterteilung mehr in Energiesektor, ÖPNV und Infrastruktur. Dank der schlanken Strukturen, die durch den Verzicht auf Unterabteilungen entstünden, werde gleichzeitig auch der Verwaltungsaufwand begrenzt.

Aktien, sondern zur Stabilisierung auch in Anleihen investieren dürfte. So etwas gibt es auf Bundesebene schon: Der „Fonds zur kerntechnischen Sanierung“ (Kenfo) soll den Rückbau der Kernkraftwerke und die Endlagerung des Atommülls finanzieren. Er ist zu etwa einem Drittel in Aktien investiert. Seine Zielrendite wird mit vier Prozent jährlich angegeben. Fazit von „Finanztip“: Mit Lindners derzeitigen Plänen sei das Ziel „nicht zu erreichen“.

Bund müssten bis 2036 jeweils 20 Milliarden Euro pro Jahr mehr bezahlen.

„Generationenkapital“ in Deutschland Und hier kommt Lindner mit der Aktienrente ins Spiel, die inzwischen „Generationenkapital“ heißt. Der Finanzminister will jedes Jahr zehn Milliarden Euro in Wertpapieren anlegen. Die Erträge sollen die Steuer- und Beitragszahler entlasten. Was das bedeutet, fasst der

Bundesrechnungshof zusammen: Bei einer Teilkapitaldeckung des Rentensystems „müsste bei einer Kapitalrendite von zum Beispiel fünf Prozent der Kapitalstock im Jahr 2026 17,5 Milliarden Euro betragen und dann bis auf 876 Milliarden Euro im Jahr 2036 anwachsen. Dann könnten die Erträge des Kapitalstocks die rund 44 Milliarden Euro finanzieren, die die gesetzliche Rentenversicherung im Jahr 2036 durch die Abschaffung der Rentenanpassungsformel

Kritik an den Plänen Lindners Plan ist keine völlige Neuerfindung. Auch in einigen Bundesländern wird mit Fonds gearbeitet, um die andernfalls überbordenden Pensionslasten abzufedern. Nur müssten für die Rentenversicherung auf Bundesebene weit mehr als die geplanten 150 Milliarden Euro in den Kapitalstock wandern. Zusätzlich wären 726 Milliarden Euro nötig, um Rentenbeitrag und Staatszuschuss zu stabilisieren, ergibt sich aus dem Rechnungshofbericht. Bleibt es bei den vom Finanzminister avisierten zehn Milliarden pro Jahr, reicht der Kapitalstock hinten und vorne nicht. Das Portal „Finanztip“ schreibt daher von „Peanuts auf der Einnahmenseite“ der Rentenversicherung. Zudem scheint die Erwartung einer Rendite von fünf Prozent hoch gegriffen, da der Lindner-Fonds nicht nur in

In anderen Ländern funktionieren Kapitalmarktsysteme zur Altersvorsorge. In Norwegen garantiert ein in Aktien anlegender Staatsfonds eine Rente von 1.600 Euro pro Bürger. In Schweden zahlen die Bürger 2,5 Prozent ihres Bruttolohns in einen Aktienfonds ein, der in den letzten Jahren eine Rendite von 14 Prozent erwirtschaftet haben soll. Aber am Kapitalmarkt gibt es auch schlechte Zeiten. Im letzten Jahr meldete der Norwegen-Fonds einen Verlust von 148 Milliarden Euro. Auch deshalb lehnt der Koalitionspartner die Aktienrente bisher ab: Der Grünen-Abgeordnete Andreas Audretsch warnt, die Renten von Millionen Menschen in Deutschland dürften „nicht durch Spekulation in Gefahr gebracht“ werden. Die Berliner Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) sieht das genauso: „Deutschland braucht keine staatlichen Finanzinvestitionen in riskante Vermögenswerte im Ausland.“

Behörden Spiegel / Juli 2023 Finanzen Seite 8
Manfred Uhlig, Kämmerer der Hansestadt Lübeck, sieht im bevorstehenden Umverteilungsprozess des Energiemarktes große Chancen für Stadtwerke. Foto: BS/Vossebrecker
„Elektrik ist nicht die Lösung aller Probleme.“
Dr. Andreas Hollstein, Landesgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen in NRW Um das Rentenniveau zu stabilisieren, plant Finanzminister Christian Lindner, Anlagen in Wertpapieren vorzunehmen. Foto: BS/vitaliy-m, pixabay.com

► Entscheidungen zum Vergaberecht

► SCHNITTSTELLE

Veralteter Bus

Auftraggeberwille zählt

Für die Prozesssteuerung verlangte der Auftraggeber, dass das System mit mehreren Anschlussmöglichkeiten für Subsysteme ausgestattet werden sollte, nämlich mit Schnittstellen der Typen M-Bus, Modbus, Profibus und KNX. Aus dem Leistungsverzeichnis (LV) war nicht erkennbar, dass überhaupt ein konkretes Subsystem über die Schnittstelle Profibus angebunden werden sollte. Zudem war verlangt, das System mit Geräten der Firma S aufzubauen. Nach Auffassung eines Bieters stellt S heute keine Profibus-Hardware mehr her. Diese Schnittstellentechnik hält er auch für veraltet. Er legte das LV so aus, dass die Profibus-Schnittstelle entbehrlich sei, weil über die drei anderen Schnittstellen die Anbindung gewährleistet sei. Sein Angebot enthielt diese Schnittstelle nicht, sondern lediglich den Hinweis, dass man in der Lage sei, sie von einem anderen Hersteller zu liefern, sofern gewünscht. Das Angebot wurde ausgeschlossen. Die Vergabekammer bestätigt dies. Zum einen hat ein anderer Bieter eine Profibus-Schnittstelle der Firma S angeboten, die also lieferbar sein muss, was die antragstellerseitige Auslegung des LV zu Fall bringt. Zum anderen kann aus dem fehlenden konkreten Einsatzzweck nicht die Entbehrlichkeit der Schnittstelle geschlossen werden. Der Auftraggeber kann sie vorsorglich vorsehen. Wenn der Bieter Zweifel hatte, ob die Schnittstelle benötigt wird, hätte er eine Bieterfrage stellen müssen. Weil er das nicht tat, trägt er die Folgen seiner (irrigen) Auslegung und scheidet aus dem Wettbewerb aus. VK Nordbayern (Beschl. v. 30.01.2023, Az.: RMF-SG21-3194-7-32)

► ORTSTERMIN Unverbindliche Antworten Vergabeplattform nutzen!

Mündlichen Äußerungen wohnt immer die Gefahr inne, dass der Empfänger nicht das hört oder versteht, was der Sprecher gemeint haben will. Und weil man die Äußerung dann nicht mehr nachlesen kann, kommt es in solchen Fällen leicht zu Missverständnissen. Dies war einem Auftraggeber für die Bereitstellung warmer Mahlzeiten an vier verschiedenen Ausgabestellen bewusst. Um den Bietern einen Eindruck über die Platzverhältnisse zu verschaffen, setzte er Ortstermine an und schrieb zugleich in die Vergabeunterlagen, dass bei diesen Terminen keine Fragen zur Leistungsbeschreibung beantwortet würden.

Nach Bekanntgabe der Zuschlagsabsicht streiten nun zwei Bieter über die Frage, ob die Leistungsbeschreibung es erlauben würde, dass der Auftragnehmer die aufzuwärmenden Speisen nur an zwei Standorten erhitzt und sie von dort warm an die anderen beiden Standorte transportiert, an denen eine Vor-Ort-Erwärmung nicht möglich ist. Der unterlegene Bieter stützt sich auf eine (vom Auftraggeber bestrittene) Aussage beim Ortstermin, dass dies nicht erwünscht sei. In der Beschwerdeinstanz scheitert er mit dieser Argumentation. Der Senat will schon gar keinen Beweis über die Aussage erheben: Der Bieter könne daraus keinen Vorteil ziehen, weil sie ohnehin irrelevant sei. Die Vergabeunterlagen selbst geben keinen Hinweis darauf, dass solch ein Vorgehen unzulässig sei. Insofern hätte der Bieter die Richtigkeit der mündlichen Aussage durch eine offizielle Bieterfrage in der Plattform verifizieren müssen.

BayObLG (Beschl. v. 13.06.2022, Az.: Verg 6/22)

► DATENSCHUTZ

US-Cloud in Berlin

Wie sicher sind die Daten?

Der Auftraggeber schrieb IT-Leistungen aus, welche die Nutzung medizinischer Patientendaten beinhalteten. Die Bieter mussten erläutern, wie sie die Einhaltung der hohen Datenschutzanforderungen sicherstellen wollen. Ein Bieter, der eine US-Serversoftware in einer US-Cloud verwenden wollte, erläuterte, dass der Cloud-Anbieter vertraglich zur Datenhaltung in seinen Rechenzentren in Berlin und Frankfurt verpflichtet werde und er die Daten seinerseits verschlüsseln müsse. Zusätzlich würden diese mit einem Code geschützt, der nur dem Patienten selbst bekannt sei. Der Auftraggeber fragte den Landesdatenschutzbeauftragten (LfD), welcher antwortete, dass die Verschlüsselung durch den Cloudbetreiber unzureichend sei, um einen Zugriff durch US-Behörden zu verunmöglichen. Darob wurde der Bieter ausgeschlossen. Dieser Ausschluss hat jedenfalls zunächst keinen Bestand. Denn auf eine entscheidende Frage ging der LfD nicht ein: Welche Wirkung hat die zweite Verschlüsselung? Der Datenschutzgutachter des Projektsteuerers hatte die doppelte Verschlüsselung für ausreichend gehalten. So könne zwar ein Datenabfluss in die USA nicht verhindert werden, wohl aber ein Auslesen der Daten. Die Vergabekammer hält daher den Sachverhalt nicht für hinreichend aufgeklärt: Der Auftraggeber muss, wenn er sich auf die Einschätzung des LfD stützen will, diesen noch einmal konkret zur Wirkung der Doppelverschlüsselung befragen. Erst dann kann eine endgültige Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Angebot wertbar ist.

VK Südbayern

(Beschl. v. 08.02.2023, Az.: 3194.Z3-3_01-22-42)

Zusammenfassung der Entscheidungen: RA und FA für Vergaberecht Dr. Rainer Noch, München (Oppler Büchner PartGmbB)

Zusammen macht es doch mehr Spaß

Kooperationen bei Beschaffungen institutionalisieren

(BS/bk) Es liegt auf der Hand: Zusammen Dinge zu erledigen, macht vieles einfacher. So auch bei der gemeinsamen Beschaffung. Gerade bei Beschaffungskooperationen können viele Vorteile generiert werden. Dennoch gibt es auch Grenzen, die es zu beachten gilt.

Die Vorteile einer gemeinsamen Beschaffung sind vielfältig. So können durch eine Kooperation wirtschaftliche Vorteile durch Skaleneffekte und höhere Einkaufsvolumen durch Nachfragebündelung erzeugt werden, was schlussendlich zu günstigeren Preisen sowie besseren Einkaufskonditionen bei einer Stärkung der eigenen Verhandlungsposition führen kann. Ebenso kann man sich eine Effizienzsteigerung zu eigen machen. So könnten durch die Ressourcenbündelung die jeweiligen Transaktionskosten für den Einzelnen sinken. Zudem könnte die Bündelung des vergaberechtlichen Sachverstands den Prozess professionalisieren.

Doch gebe es auch Risiken und Hindernisse, die bedacht werden müssten, macht Christoph Donhauser, Rechtsanwalt und Partner bei Kraus Donhauser Rechtsanwälte, klar.

So gebe es einen Koordinierungsaufwand sowie mögliche unterschiedliche Vorstellungen. Zudem müsse man sich bewusst sein, dass es zu einem gewissen Kontrollverlust kommen könne. Als

dauerhafte institutionalisierte Kooperation bietet sich eine zentrale Beschaffungsstelle an. Diese ist in Paragraf 120 Abs. 4 GWB geregelt: „Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen.“

Diese Stelle kann entweder im „Vertretermodell“ auftreten, also sie beschafft im Namen und auf Rechnung für andere Dienststellen Leistungen, oder sie tritt im „Zwischenhändlermodell“ auf. Dann beschafft die Stelle die Leistung selbst

► WERTUNG

Absolut oder relativ?

Matrix nicht verschweigen!

Gebäudereinigungsleistungen wollte der Auftraggeber anhand der sog. „Erweiterten Richtwertmethode“ gemäß UfAB III bewerten. Dazu müssen sowohl für den Preis als auch für die Leistung Punkte vergeben werden. Über die Leistungspunkte entbrennt ein Streit zwischen einem Bieter und dem Auftraggeber, der in einem ersten Nachprüfungsverfahren zur freiwilligen Rückversetzung des Verfahrens führt. Bei der Wiederholung räumt er aber nicht alle Bedenken des Bieters aus, sodass eine zweite Nachprüfung folgt. Sie ist auch zulässig, weil der Bieter davon ausgehen durfte, dass der Auftraggeber bei der Rückversetzung alle Kritikpunkte beseitigt, wenn er nicht ausdrücklich in Teilen die Nichtabhilfe erklärt. Die Wertung war auch unzulässig. Einerseits hatte der Auftraggeber die Qualifikation des Betriebsleiters bewerten wollen, andererseits hat er diesen (wohl versehentlich) von der Verpflichtung ausgenommen, bei Personalwechsel wieder einen gleich qualifizierten Nachfolger einzusetzen. Wenn die Qualifikation in der Vertragsdurchführung keine Rolle mehr spielt, darf sie auch nicht Gegenstand der Wertung sein. Zudem hatte der Auftraggeber erklärt, er wolle die Qualifikationspunkte aus dem Vergleich der Angebote zuteilen. Tatsächlich hatte er aber eine Tabelle aufgestellt, nach der er für vorgegebene Qualifikationsstufen Punkte zugeteilt hat. Ist solch eine Matrix aufgestellt worden, hätte sie den Bietern auch bekannt gemacht werden müssen.

VK Südbayern

(Beschl. v. 30.03.2023, Az.: 3194.Z3-3_01-22-49)

und gibt diese dann die beteiligten Auftraggeber weiter. Als anlassbezogene Kooperation bietet sich das Kooperationsmodell nach Paragraf 4 Abs. 1 VgV an. Dabei können die Aufgaben geteilt werden, wie z. B. die gemeinsame Erstellung der Vergabeunterlagen. Donhauser hebt die klare Zuordnung der Verantwortlichkeiten und der zu beschaffenden Leistungen z. B. durch Losbildung bei diesem Modell hervor. Als Alternative gibt es noch das Delegationsmodell, bei dem ein öffentlicher Auftraggeber ausschließlich für andere beschafft. Es werden die Bedarfe bei einer Vergabestelle gebündelt, ohne dass dort ein Bedarf vorliegt.

Doch wie immer gibt es auch Grenzen. Eine Grenze stellt der Mittelstandschutz dar, der die Nachfragebündelung bei Kooperationen beschränkt. Dies ergibt sich aus Paragraf 97 Abs. 4 GWB. Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Zudem müssen sich die Kooperationen an die Grenzen des Kartellrechts halten.

► PRÄQUALIFIKATION

Hinterlegte Referenzen

Mängel nicht korrigierbar

Die Errichtung von Gebäuden in Holzbauweise ist eine nicht ganz alltägliche Anforderung an ein Bauunternehmen. Wenn dieser Holzbau auf einem Erdgeschoss aus Beton zu errichten ist, muss ein geeignetes Unternehmen sowohl den klassischen Hochbau als auch das Zimmermannswesen beherrschen – und deren Beherrschung nachweisen. Ein Bieter um diesen Bauauftrag glaubte, sich auf seine im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Referenzen verlassen zu können. Schließlich hieß es in der Vergabeunterlage, es seien Referenzen vorzulegen oder die PQ-Nummer anzugeben. Dem Auftraggeber genügte das Hinterlegte nicht.

Die Vergabekammer bestätigt den Ausschluss dieses Bieters. Im PQVerzeichnis waren zwar eine Reihe von Referenzen hinterlegt, die zumindest in Teilen sowohl den Beton- als auch den Holzbau betrafen. Für letzteren waren nur zwei vorhanden. Der Auftraggeber hatte drei gefordert. Zudem enthielt das PQ-Verzeichnis keinen Hinweis auf den Eintrag in die Handwerksrolle als Zimmermannsbetrieb. Das wäre zwingend gewesen, damit der Bieter überhaupt Holzgebäude errichten darf. Die Referenzgebäude hatte wohl ein Nachunternehmer errichtet, auf den der Bieter diesmal aber verzichten wollte. Auch darf die dritte fehlende Referenz nicht nachgefordert werden. Denn es waren mindestens so viele Referenzen hinterlegt wie gefordert, allerdings teilweise unzureichende. Eine Nachforderung kommt aber nur bei Fehlen von Referenzen infrage. VK Baden-Württemberg (Beschl. v. 23.02.2023, Az.: 1 VK 55/22)

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Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 9 Beschaffung/ Vergaberecht
NEU

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(BS/Marlies Vossebrecker) In einem ersten Schwung sind die meisten Schulen in NRW mit digitalen Lernmitteln und Geräten ausgestattet worden. Doch wer ist für Wartung, Support und Finanzierung verantwortlich? Ein dringend benötigtes Gesamtkonzept steht noch immer aus.

Etwa zwei Jahre sind vergangen, seit sich die Schulen der Stadt Meckenheim in NRW in einem offenen Brief an die Öffentlichkeit wandten, um auf die massiven Probleme im Rahmen der Digitalisierung der ansässigen Schulen aufmerksam zu machen.

Seither gibt es laut Dirk Bahrouz, Schulleiter am Konrad-AdenauerGymnasium Meckenheim, keine nennenswerten Fortschritte. Insbesondere der Personalmangel bei IT-Fachkräften gestalte sich problematisch, weil so die Etablierung der Digitalisierung an der Schule praktisch nicht umzusetzen sei.

Die Stadt Meckenheim als Schulträgerin sieht zwar ebenfalls die fehlenden Personalkapazitäten im IT-Bereich als Hindernis: „Die zeitnahe Umsetzung der Digitalisierungsmaßnahmen steht in engem Zusammenhang mit zur Verfügung stehendem Fachpersonal“, erläutert der Erste Beigeordnete Hans Dieter Wirtz. Zugleich verweist er jedoch auf den Medienentwicklungsplan der Stadt, der als Grundlage für die künftige Ausstattung der Schulen diene. Außerdem ist die Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister zur Umsetzung der Digitalisierung geplant.

Mangel an IT-Fachkräften

Trotz Problemen bei Ausschreibungsvorgaben oder Lieferungen sind laut Wirtz sehr wohl Erfolge zu verzeichnen. Veraltete Technik sei ausgetauscht, Glasfaseranschlüsse bereitgestellt und Hardware mittels Fördermitteln angeschafft worden. Der Mangel an IT-Fachkräften mache den Schulträgern schwer zu schaffen, erklärt auch Christof Sommer , Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, auch wenn zwischen den

Kommunen NRWs untereinander teils erhebliche Unterschiede bestünden. Ähnlich verhält es sich bei den Berufsschulen in NRW – auch hier macht sich der Fachkräftemangel beim IT-Personal bemerkbar. Dr. Martin Klein, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags NRW, schlägt vor, dass die Lehrkräfte grundlegenden Support leisten sollten, da sie „die digitalen Möglichkeiten im Unterricht sinnvoll einsetzen“ müssten. Dem widerspricht Andreas Bartsch, Präsident des Lehrerverbandes NRW: „Es kann nicht sein, dass die Lehrkräfte die IT-Wartung übernehmen“, stellt er klar. Dies sei Aufgabe der Kommunen, da das Lehrpersonal ohnehin mit vielen Aufgaben überlastet und primär für die Schülerinnen und Schüler zuständig sei.

Modellprojekt im Kreis Gütersloh als Vorbild

Der Kreis Gütersloh arbeitet bereits mit externen Dienstleistern für den IT-Support an Schulen zusammen, was jedoch mit hohen Kosten verbunden ist. Die anfallenden Aufgaben im Digitalisierungsprozess erforderten allerdings nicht ausschließlich Personal mit spezifischen IT-Kenntnissen, so die Bildungsabteilung des Kreises: „Wenn eine Schule im Rahmen der Eins-zuEins-Ausstattung auf einen Schlag mit 800 iPads ausgestattet wird, dann geht es um 800 Verpackungen (die entsorgt werden müssen), 800 Inventarisierungsaufkleber, 800 Schüleraccounts, die angelegt werden müssen, 800 Leihverträge, die mit den Schülerinnen und Schüler abgeschlossen werden müssen, usw.“ Derartige Aufgaben würden laut Kreis aktuell zusätzlich auf das vorhandene Schulpersonal verteilt. Hier arbeitet man bereits seit sieben

„Die Systematik der Schulfinanzierung ist inzwischen völlig aus der Zeit gefallen.“

Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetags NRW

Jahren mit Unterstützung der Bertelsmann-Stiftung sowie weiteren Partnern der Bildungsregion Kreis Gütersloh im innovativen Projekt „Schule und Digitale Bildung“ zusammen. Schulen und Schulträger werden durch das Projekt unterstützt und erhalten in diesem Zusammenhang auch Hilfen zur Umsetzung der Digitalisierung. Grundsätzlich seien die Schulen im Kreis Gütersloh gut aufgestellt und mit Hardware, flächendeckendem WLAN sowie Breitbandanschlüssen versorgt. Der Fortschritt sei mit der Corona-Pandemie, diversen Förderprogrammen und dem Engagement der Schulträger zu begründen, so der Kreis weiter.

Die Situation im Kreis Gütersloh steht exemplarisch für viele Kommunen in NRW, in zweierlei Hinsicht. Einerseits wegen des Modellprojekts „Schule und Digitale Bildung“, dessen Struktur und Umsetzung sicher für viele Kreise und Kommunen von Interesse sein dürfte. Andererseits aber auch bezogen auf den Stand in den digitalisierten Schulen: Grundsätzlich verfügen die meisten Schulen mittlerweile dank des DigitalPakts über eine solide bis gute digitale Ausstattung – auch wenn Bartsch anmerkt, dass die Ausstattung teilweise bereits veraltet sei. Die größten

Schwierigkeiten liegen nicht in der Anschaffung. Zwar bemängeln Dr. Klein und Bartsch unabhängig voneinander, dass der bürokratische Prozess auf dem Weg zu Fördermitteln zu aufwendig sei. So sehr sogar, dass vereinzelte Kommunen die Anschaffung lieber selbst übernommen hätten, anstatt zustehende Fördergelder in Anspruch zu nehmen, wie Bartsch erklärt. Doch die größte Herausforderung sei das fehlende Gesamtkonzept, verbunden mit Fragen nach Finanzierung und Zuständigkeit.

Konzept für Planungssicherheit

„Ein nachhaltiges und umfassendes Konzept für die Strategie und Finanzierung der Digitalisierung an Schulen steht bislang noch aus. Das Land müsste sich gemeinsam mit den Kommunen über ein Zielbild verständigen. Wie soll die digitale Schule 2030 aussehen?“, fragt Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetags NRW. Die Schulträger und Schulen brauchten Planungssicherheit, um die aufgebaute Infrastruktur instand zu halten und digitale Lernangebote auszubauen, so Dedy weiter. Auch Dr. Klein sieht die bisherige Finanzierung kritisch: „Bund und Länder versuchen seit vielen Jahren, die mit der Digitalisierung in den Schulen verbun-

denen enormen Mehrkosten durch viele einzelne, zeitlich befristete Förderprogramme zu bedienen“, erläutert er. Durch das Ausbleiben einer grundständigen Finanzierung gebe es demzufolge auch keine Planungssicherheit, stimmt er Dedy zu. Das fehlende Konzept bezeichnet Sommer (Städte- und Gemeindebund NRW) als Grundübel für Kommunen. Das Land NRW weiche hier aus, „weil es damit Konnexität auslösen würde und die Kosten tragen müsste“, so Sommer Es braucht einen DigitalPakt 2.0, um die bisher ausgebauten digitalen Strukturen im Schulwesen NRWs zu sichern, da sind sich Verbände, Organisationen und Schulträger einig. Dennoch liegt bis heute noch kein neuer Plan vor, obwohl die Zeit drängt. „Den weiteren Ausbau und Support können die Städte nicht allein stemmen. Wenn auf den Digitalpakt nichts folgt, drohen die Schulen zu digitalen Investitionsruinen zu werden“, mahnt Dedy Bereits heute habe sich aufgrund der individuellen Finanzlage der Kommunen ein „digitaler Flickenteppich“ herausgebildet, der für ungleiche Chancen sorge. Sowohl der Städtetag NRW als auch der Städteund Gemeindebund NRW fordern die grundlegende Neuordnung der Schulfinanzierung in Kooperation mit den Kommunen selbst, um die Kosten für die Städte dauerhaft abzusichern. „Die Systematik der Schulfinanzierung hat sich seit Jahrzehnten praktisch nicht verändert und ist inzwischen völlig aus der Zeit gefallen“, konstatiert Dedy, und Sommer ergänzt: „Das Zeitalter der inneren und äußeren Schulangelegenheiten, als die Schulträger sich nur um Kreide, Stühle und Tafeln kümmern mussten, ist definitiv vorbei.“

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / Juli 2023 www.behoerdenspiegel.de
Kommune
Grafik: BS/Spuling unter Verwendung von stock.adobe.com: ImageFlow, oleskalashnik, Culombio

Sollten Bund und Länder in dieser wichtigen Sache jemals an einem Strang gezogen haben, so ist es ihnen jedenfalls perfekt gelungen, dies zu verheimlichen. Mittlerweile lehnen 70 Prozent der Deutschen das föderale Schulsystem der Bundesrepublik ab. Bezeichnend war die unwürdige Diskussion um den Digitalpakt. Die Länder fürchteten, der Bund könnte als Sponsor zu viel in die Schulpolitik hineinreden. Dabei wäre es schon ein Erfolg, wenn man wenigstens miteinander redet und nicht – wie zuletzt – ein Großteil der Landesministerinnen und -minister einem vom Bund initiierten Bildungsgipfel fernbleibt. Denn Gesprächsbedarf gibt es genug. Wie soll eine Digitalstrategie an den Schulen ausschauen? Möglichst oft das Wort „digital“ zu gebrauchen, reicht ebenso wenig aus, wie wahllos Tablets mit Bundesund Landesmitteln zu kaufen und diese dann aus großen Taschen in den Klassenzimmern auszuschütten. Auf der Länderebene wird das Durcheinander noch signifikanter. Die Grenzen sind bisweilen fließend. Die Kultusministerien sind eigentlich dafür verantwortlich, was im Unterricht gelehrt wird nennen wir das mal die Software. Städte und Gemeinden kümmern sich um die Hardware, also um die Gebäude, Ausstattung der Räume und stellen Hausmeisterinnen und Hausmeister sowie Sekretärinnen und Sekretäre ein. Diese Aufgaben werden mal besser und mal schlechter bewältigt. Wenn sich diese Unterschiede beispielweise nur auf den Zustand der Toiletten beschränken, ist das zwar vor Ort oft ärgerlich, aber es geht nicht an die Substanz. Mit der Digitalisierung haben die Kommunen plötzlich grundlegend Einfluss auf die Qualität des Unterrichts bekommen. Und dort, wo der Schulträger nur mangelhaft seinen Aufgaben hinterherkommt, ist das nicht nur inakzeptabel, sondern auch ungerecht. Von gleichen

Im Zuge der Corona-Pandemie im Jahr 2020 hat sich die Arbeitsgemeinschaft Blended Learning gebildet, damit insbesondere Hochschulen für den öffentlichen Dienst weiterhin den souveränen Umgang mit digitalen Medien beibehalten können. Bei diesem Ansatz wirdder traditionelle Präsenzunterricht mit digitalen Lernformaten kombiniert. Prof. Dr. Jürgen Stember, Präsident des Rektorenkonferenzes der Hoschulen für den öffentlichen Dienst (RKHöD) und Professor für Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz, betont, dass die eingesetzten Methoden sehr unterschiedlich seien und je nach Studiengang und fachlichen Ausrichtungen unterschiedlich intensiv zum Einsatz kämen. Im Positionspapier der RKHöD werden die Digitalen

Deutschland spielt nur Kreisklasse

Digitalisierung in der Schule

(BS/Rolf Hartmann) Schulpolitik ist Ländersache. Dafür hatten vor fast 75 Jahren die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes gute Gründe. Zu negativ wirkte die großdeutsche Indoktrination eines Regimes, welches vor 90 Jahren besser nicht an die Macht gekommen wäre. Leider ist aus der föderalen Bildungslandschaft ein ziemlich chaotischer Flickenteppich entstanden.

schulleiterinnen und -leiter fragt, ob die jüngsten Schülerinnen und Schüler schon die teuersten Endgeräte mit dem Apfel benötigen, erhält man hierzu mindestens sechs Meinungen.

Digitalisierung seit Corona nicht weiterentwickelt

Entscheiden wird das pädagogische Führungspersonal ohnehin nicht. Das erledigt für sie der Schulträger, also Kommunalpolitikerinnen und -politiker in den Räten. Man könnte meinen, der größte Freund der digitalen Offensive in den Schulen ist der Zufall.

durch den Lockdown erzwungene Digitalisierung des Unterrichts wirkte leider nicht wie ein Weckruf. Es ist kein schulpolitischer Ansatz zu erkennen, dass die Corona bedingten Ausflüge ins Digitale genutzt wurden, um den Unterricht weiterzuentwickeln. Endlich zurück zum traditionellen Unterricht war der allseits formulierte Wunsch von Politik sowie Lehrer- und Elternverbänden.

Bundesweite Strategie erforderlich

Man könnte annehmen, dass der digitale Fortschritt in deutschen Schulen nicht verschlafen wurde, sondern nicht gewollt ist. Überall regt sich Widerstand, wenn es um digitale Technik geht. Computer oder Tablets im Klassenzimmer, strahlengefährliches WLAN im Schulgebäude, datenschutzfeindliches Zoom für den Distanzunterricht: Fast immer sind die Bedenkentragenden lauter als die, die es gerne anpacken und ausprobieren würden.

Bildungschancen in der Republik kann man dann nicht mehr sprechen.

Komplizierte Aufgabentrennung

Aber es wird noch komplizierter: Haben Sie schon einmal was von first und Second Level gehört? Das First Level ist eine Aufgabe der Schule. Hier geht es beispielweise um Anwendungsprobleme mit der Software, dem lokalen Netzwerk in der Schule und der Datensicherung. Aufgaben der Kommunen sind die des Second Level, also z. B. die Behebung von Problemen des Betriebssystems, der Netzwerkgestaltung, Verkabelung der Geräte und Virenschutz. Während die Kommunen für ihre digitalen Aufgaben Fachpersonal haben (soll-

ten), sind die Schulen von der digitalen Affinität der Lehrerinnen und Lehrer abhängig. Die Länder sehen hierfür in der Regel keine Stellen vor. Alles bleibt so dem Zufall überlassen. Fast täglich stellt sich die Frage der Zuständigkeit bei Funktionsstörungen der digitalen Infrastruktur. Nur wenn der Schulträger bereit ist, das Lehrpersonal auch bei Problemen des First Level zu unterstützen, läuft es einigermaßen geräuschfrei. Alles aus einer Hand klingt jedenfalls anders. Es ist bemerkenswert, dass es umfangreiche Vereinbarungen zwischen Länder und kommunaler Spitzenverbänden braucht, um ein Zuständigkeitsdrama wegen eines nicht funktionierenden Schulcomputers zu lösen. Wenn man heute fünf Grund-

Vor allem, weil die Länder keine Standards setzen. Das überlassen sie den Leuten vor Ort. Das Konnexitätsprinzip lässt grüßen. Die Länder befürchten, dass sie und nicht die Kommunen diese Standards vollumfänglich finanzieren müssen. Wer nämlich bestellt, der zahlt auch. Corona hat es gezeigt: Digitales Homeschooling gelang dort, wo die Lehrkräfte entsprechend geschult waren. In manchen Schulen konnten bestimmte Themen sogar mehrwertbringender digital als in Präsenz unterrichtet werden. Manche Lehrkräfte sind während dieser Zeit allerdings regelgerecht digital abgetaucht. Auch das ist eine traurige Wahrheit. Jetzt, wenn diese seltsame Zeit der Pandemie hoffentlich vorbei ist, frohlocken die Politikerinnen und Politiker, dass endlich wieder vollumfänglich Präsenzunterricht angeboten werden kann. Als ob ein regelmäßiger Online-Tag Teufelszeug wäre. Die

Bildungsformate im Wandel

Blended Learning erleichtert Lehren und Lernen an HöDs (BS/Ghazaleh Hesami) Die Verzahnung von Präsenz- und E-Learning bietet den Lehrenden und Lernenden das „Beste aus beiden Welten“ an, hebt die Cornelsen eCademy hervor. Immer mehr Hochschulen und Berufsbildende Schulen setzen auf Blended Learning. In Sachsen-Anhalt wurden im vergangenen Schuljahr an zwölf Berufsbildenden Schulen (BbS) das Modellprogramm Blended Learning durchgeführt.

Denn durch den Einsatz digitaler Instrumente könnten diese Aspekte zusätzlich gefördert – jedoch nicht gänzlich ersetzt werden. Vor diesem Hintergrund empfiehlt die RKHöD den Hochschulen, eigene Strategien des Blended Learning zu entwickeln und umzusetzen, die den Bedürfnissen entsprechen und nicht zur vorpandemischen Situation zurückkehren. Hierzu erklärt Prof. Dr. Stember, dass Blended Learning in beinahe allen Studiengängen als Ergänzung der analogen Präsenzlehre Sinn ergebe, da die Praxis häufig IT-Kenntnisse voraussetze. Ausgenommen von dem Konzept seien die Trainings- und Praxiseinsätze der Polizei.

Zukunftsfähige Chancen

Auf der Seite der Cornelsen eCademy werden eine Vielzahl von Vorteilen aufgezeigt. Ein wesentlicher Vorteil bestehe in der Flexibilität des Lernens, da Online-Lernen zeit- und ortsunabhängig stattfinden kann.

Präsenz

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Lehrangebote als wertvolle Ergänzung zur traditionellen Präsenzlehre betrachtet. Dennoch heißt es im Postionspapier, dass die persönliche Betreuung, Vernetzung der Studierenden und praxisorientierte Ausbildung weiterhin wichtig seien.

Außerdem könnten Lernlücken ausgeglichen werden, die aufgrund von Krankheit oder anderen Umständen während der Präsenzphase entstünden. Durch die virtuellen Aufgaben von praktischen Handlungen könnten anfallende Mate-

rialkosten gespart werden. Dennoch sei es wichtig, beim praxisnahen Lernen, welches elektronisch nicht immer möglich ist, die Präsenzlehre vorzuziehen, hebt die Cornelsen eCademy hervor. Zudem müsse von einer potenziellen Ablenkungsgefahr, die von digitalem Lernen ausgehe, gerechnet werden.

An den BbS in Sachsen-Anhalt würden durch Wahlpflichtangebote Kompetenzen hinsichtlich des Umgangs mit digitalem Distanz-

unterricht erworben, resümiert das Ministerium für Bildung in Sachsen-Anhalt (MB). Dabei seien folgende Kenntnisse erforderlich:

„Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren; Kommunizieren und Kooperieren; Produzieren und Präsentieren; Schützen und sicher Agieren; Problemlösen und Handeln sowie Analysieren und Reflektieren.“

Hinsichtlich der Hochschulen betont Prof. Dr. Stember, dass es beim Blended Learning auch um die In-

Was ist also zu tun? Schulpolitik muss endlich in der Bundesrepublik aus einer Hand laufen, und zwar sowohl in pädagogischer Hinsicht als auch hinsichtlich der Schulträgeraufgaben. Strategie heißt, dass die Politik Verantwortung übernimmt und es nicht dem Zufall vor Ort überlässt. Es geht mehr als um digitale Infrastruktur. Es geht vor allem darum, den Unterricht entsprechend anzupassen. Verantwortungsvoll und kompetent mit digitalen Endgeräten umgehen zu können, ist heutzutage essenziell und gelegentlich auch wichtiger als die Interpretation eines Gedichtes.

Rolf Hartmann steuerte von 2004 bis Ende Oktober 2020 als Bürgermeister die Gemeinde Blankenheim.

Foto: BS/privat

tegration von IT und deren Anwendungen, wie z. B. Spezial-Software oder Anwendungs-Software aus der Praxis ginge. Auch PräsentationSoftware, multimediale Präsentationen sowie aktuell die Nutzung von KI seien weitere wesentliche Säulen des Konzepts.

Zwischenbilanzen

Die aktuelle Studie „Digitale Prüfung“ thematisiert auch digitale Prüfungen an Hochschulen, die seit der Corona-Pandemie verstärkt eingesetzt wurden. Im Zusammenhang mit dem AG Blended Learning BAG digitale Lehre wurden Hoschullehrende über den Einsatz von digitalen Prüfungen und Ihren Erfahrungen befragt.

Aus den Ergebnissen geht hervor, dass der Einsatz digitaler Lehre nach der Corona-Krise deutlich zurückgegangen sei. Dabei hemmten insbesondere die rechtlichen Rahmenbedingungen die Hochschulen für den öffentlichen Dienst. Seitens der Hochschullehrenden heißt es: „Der Einsatz digitaler Prüfung bedeutet bei uns Kulturwandel. Die Gegenargumente sind in der Regel juristischer Art, darunter liegen möglicherweise auch Widerstände wegen zusätzlichen Aufwands sowie fehlender Kompetenzen.“ Trotz dieser Forderungen sei die Akzeptanz von Blended Learning größer bei Studierenden als bei Lehrenden. An den BbS in Sachsen-Anhalt soll bis Ende des Schuljahres 2025/2026 evaluiert werden, inwiefern Blended-Learning-Formate als integrale Bestandteile ei dann ngesetzt werden können.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Digitales Lernen Seite 12
Nicht ohne das Schulbuch: Die Digitalisierung des Schulsystems in Deutschland gerät immer wieder ins Stocken. Foto: BS/Maksym Yemelyanov, stock.adobe.com trifft auf Digital: Durch das Konzept des Blended Learnings können Lehrende und Lernende Beruf, Familie und schulische Bildung flexibler miteinander vereinbaren. BS/Felix Lichtenfeld, pixabay

Behörden Spiegel: Was hat Sie bewegt, Bürgermeisterin der Stadt Pattensen zu werden?

Schumann: Als ich im Jahr 2004 in die Stadt Pattensen zog, stand ich kurz vor der Geburt meiner großen Tochter. Bei der Suche nach einem Krippenplatz stellte ich dann fest, dass es dort keinen verfügbaren Platz gab. Nachdem ich mit viel Mühe und Not im Nachbarlandkreis eine Tagesmutter organisierte, fing ich an, mich für mehr Kinderbetreuung in der Stadt einzusetzen. Als meine Tochter dann in den Kindergarten kam, wurde ich zunächst Elternbeiratsvorsitzende, dann Stadtelternratsvorsitzende. Im Rahmen dieser Funktionen engagierte ich mich politisch. An diesem Punkt stellte ich fest, dass Kommunalpolitik an sich spannend und vielfältig ist. Denn es besteht erstens die Möglichkeit, vor Ort sehr viel zu verändern und das direkte Lebensumfeld zu gestalten. Zweitens bemerkte ich, dass die Politik durchaus eine weibliche Note vertragen kann. Allerdings trat ich erst im Jahr 2009 in die SPD ein, woraufhin ich im Jahre 2011 in den Stadtrat gewählt wurde. Ab 2013 kandidierte ich als Bürgermeisterin, da mein Amtsvorgänger in die Rente ging.

Behörden Spiegel: Welche prägenden Erfahrungen haben Sie während der Kandidatur gemacht?

Schumann: Besonders bei meiner Kandidatur spielte das Alter eine Rolle. Im Verlauf des Wahlkampfes trat ich gegen vier Männer an. Jeder von uns erhielt ein Porträt in der Tageszeitung. Dabei wurde mein junges Alter häufig thematisiert, womit ich nicht gerechnet hatte. An diesem Punkt bemerkte ich die Grenzen. Denn in zwei Nachbarorten unseres Landkreises gab es bereits zwei Bürgermeister, die exakt im gleichen Jahr wie ich geboren wurden.

Einer dieser Bürgermeisterkollegen befand sich sogar in seinem zweiten Wahlkampf und hatte somit bereits

Kampf der Kulturen

Weiblicher Stil in der männlich dominierten Kommunalpolitik

(BS) Als Bürgermeisterin und zeitgleich Mutter schafft es Ramona Schumann (SPD), die niedersächsische Stadt Pattensen in unterschiedlichen Bereichen voranzubringen. Gemeinsam mit ihrem Team hat sie unter anderem die Kapazitäten an Schul- und Kitaplätzen erweitert. Mit einer klaren Position setzt sie sich in der von Männern geprägten Kommunalpolitik erfolgreich durch. Die Fragen stellte Ghazaleh Hesami.

acht Jahre Amtszeit hinter sich. Dies empfand ich als äußerst bemerkenswert. Daraufhin merkte ich an, dass zwei weitere Amtkollegen des Jahrgangs ’ 79 Bürgermeister seien und ich daher auch geeignet wäre. Ich glaube, dass meine Einstellung bei manchen Personen einen Aha-Effekt auslöste, da sie sich fragten, ob sie mich möglicherweise aufgrund meines Geschlechts anders bewertet hatten. Ich versuchte, dies als meine Stärke zu betrachten, indem ich sagte: Ich bin jung und bereit, innovative und außergewöhnliche Wege zu gehen. Es ist eher eine Stärke als eine Schwäche. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits in meiner vorherigen Tätigkeit Führungserfahrung gesammelt. Daher war ich mir der Anforderungen bewusst. Allerdings habe ich häufig in Berufen gearbeitet, die tendenziell männlich dominiert waren. Eine direkte Diskriminierung, wie andere Frauen, erfuhr ich persönlich in diesem Zusammenhang nicht. Jedoch gab es in manchen Kontexten gewisse Umgangsweisen, die sich für mich nicht richtig anfühlten. Somit bin ich gelegentlich an Grenzen gestoßen, mit denen ich zuvor nicht gerechnet hatte. Ich begriff es als meine Aufgabe, eine klare Stellung zu beziehen und mich als Frau zu positionieren. Auf diese Weise konnte ich mir immer Respekt verschaffen.

Behörden Spiegel: Sie sprachen von Berufen, die männlich dominiert sind. Wie verhält es sich mit dem Amt der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister?

Schumann: Vor wenigen Wochen fand eine internationale Konferenz

zu diesem Thema statt, eine Bürgermeisterinnen-Konferenz, an der Bürgermeisterinnen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich teilnahmen. Dort haben wir alle die gleiche Erkenntnis gewonnen, dass viele Frauen sich vor der politischen Kultur scheuen.

Diese Erfahrung widerfuhr auch mir. Ich arbeitete als Mentorin und dabei unterstützte ich Frauen im Wahlkampf. Ich stellte fest, dass der Weg zur Kandidatur oft schwierig war. Ein Grund hierfür war die Sexualisierung, welche nicht ignoriert werden kann. Denn Frauen sind mehr von sexualisierten Anfeindungen betroffen als Männer – es ist ein ernsthaftes Problem. Dies zeigte sich vor allem anhand des Kommunikationsstils und des Auftretens. Ich stellte fest, dass Frauen anders beurteilt werden als Männer. Es gibt verschiedene Zuschreibungen in Bezug auf das weibliche Geschlecht. Als Beispiel: Wenn Frauen klare Positionen beziehen und an der einen oder anderen Stelle lauter werden, was einfach passieren kann – übrigens ebenfalls in der freien Wirtschaft –, dann gelten sie nicht als stark und dominant, sondern vielmehr als zickig und emotional. Wenn Frauen auch mal verletzt auf Reaktionen oder Ereignisse reagieren, gelten sie als empfindlich. Ein weiteres Problem sind auch die Arbeitszeiten. Gerade in kleinen Gemeinden, in der auch ich lebe, finden Ausschuss- und Ratssitzungen oft abends statt. Für Frauen mit Kindern sind diese Zeiten nicht attraktiv. In großen Gremien finden sie entweder am frühen Nachmittag oder manchmal schon ab 10:00 Uhr

Mobiles Arbeiten für VS-NfD

Auch im Homeoffice müssen Mitarbeiter produktiv und sicher arbeiten können. Die VPN-Softwarelösung von NCP erfüllt alle nötigen Anforderungen:

BSI-Zulassung für VS-NfD

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Flexible Lizenzmodelle

statt. All das bekomme ich mit, weil ich auch beim Deutschen Städtetag (DST) aktiv bin und feststelle, dass große Parlamente oft vormittags oder um 14:00 Uhr tagen.

Ein weiteres Hemmnis besteht innerhalb der Gesprächskultur. Ich erlebe Frauen mit dem Anspruch, etwas sicher, vernünftig und konstruktiv voranzubringen, die bestmögliche Lösung für alle zu suchen und dann daran weiterzuarbeiten.

Jedoch entspricht diese nicht immer der kommunalen Kultur, insbesondere in parteigebundenen Gremien.

Behörden Spiegel: Was konnten Sie bisher innerhalb der Kommunalpolitik in der Stadt Pattensen voranbringen?

Schumann: Alles, was ich tue, ist immer eine Teamleistung. Beim Rückblick auf die letzten Jahre bin ich beeindruckt, welche Ergebnisse meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ich erzielt haben. Im nächsten Schuljahr werden wir ein umfassendes Programm zur Sanierung und Erweiterung von Schulen abschließen.

Obwohl wir eine sehr kleine Gemeinde, mit lediglich 15.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind, haben wir nicht nur Grundschulen, sondern auch eine weiterführende Schule in unserer Zuständigkeit. Hinsichtlich unserer Schulformen ist es uns wichtig, die Schulen gemäß ihrer pädagogischen Konzepte einzurichten. Zudem bauen wir ebenfalls die Grundschulen so weit aus, dass genügend Schulplätze zur Verfügung stehen.

An einer Grundschule ist eine Men-

sa geplant, sodass bis 2026 überall Ganztagsbetreuung angeboten werden kann. Des Weiteren haben wir ein neues Rathaus gebaut und modern ausgestattet. Da die Verwaltung zuvor auf mehrere Standorte in der ganzen Stadt verteilt war. Diese Verteilung war ineffizient für diese kleine Gemeinde. Oftmals waren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter isoliert an ihren Arbeitsplätzen tätig, obwohl sie auf interdisziplinäre Zusammenarbeit angewiesen waren. Das alte Rathaus hatte keinen Bestandsschutz mehr, da die Betriebserlaubnis aus Brandschutzgründen entzogen worden war. Dementsprechend wurde das Bürogebäude modern ausgestattet, unter anderem mit Videotechnik. Somit waren wir während der der COVID-Situation gut technisch ausgestattet. Auch die Kindertagesstätten wurden erweitert, sodass mittlerweile alle Kinder einen Platz erhalten. Seit sechs Jahren hat die Gemeinde keine Wartelisten mehr für Krippen und Kitas. Es ist nicht immer der gewünschte Platz in der Wunscheinrichtung, aber ein Platz in dem Umfang, den die Familien benötigen. Dieses Jahr sind sogar mehr Plätze als der Bedarf vorhanden.

Wichtig ist mir auch das Nachhaltigkeitsmanagement. Ich habe vor einigen Jahren angefangen, die Arbeit an den 17 Sustainable Development Goals (SDGs) auszurichten. Die dahinterstehende Agenda 2030 der UN bietet einen universellen Zielekatalog, der sowohl ökonomisch, ökologisch als auch sozial gedacht ist und damit eine wesentliche Grundlage für kommunale Entwicklung bietet. Diese Art zu handeln und zu arbeiten entspricht meiner Meinung nach der kommunalen DNA. Daher bin ich ehrenamtlich in diesem Thema als kommunale Botschafterin für kommunale Entwicklungspolitik beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) engagiert und unterstütze die Eltviller Erklärung zum Thema.

„Ich finde es bedrohlich, dass die Kommunen besonders oft von RansomwareAusfällen betroffen sind. [...] Wenn der Bund gehackt worden wäre, wäre Deutschlands Funktionsfähigkeit kaum eingeschränkt gewesen.“

Dr. Gerhard Schabhüser Vizepräsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)

www.ncp-e.com

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 13 Kommunalpolitik
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VIER FRAGEN – VIER ANTWORTEN Interview mit Ramona Schumann (SPD), Bürgermeisterin der Stadt Pattensen
In der Juni-Ausgabe unserer Zeitung (S.13) ist uns hinsichtlich der Parteizugehörigkeit von Michael Salomo, Oberbürgermeister der Stadt Heidenheim an der Brenz, ein Fehler unterlaufen. Herr Salomo ist nicht Mitglied der CDU, sondern gehört der SPD an. Wir bitten, dies zu entschuldigen.
Foto: BS/Ramona Schumann

Zuvor hatte das Bundesverwaltungsgericht verkündet, dass die am 1. Januar 2022 in Kraft getretene Tübinger Verpackungssteuer „im Wesentlichen rechtmäßig“ sei und somit fortbestehen könne. Geklagt hatte die Betreiberin einer Tübinger McDonalds-Filiale. Sie hatte 2022 in erster Instanz vor dem Verwaltungsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg Recht bekommen, woraufhin die Universitätsstadt Tübingen gegen das Urteil in Revision ging.

Seit Januar 2022 werden in Tübingen Einwegverpackungen und Einweggeschirr für Speisen und Getränke zum Mitnehmen („to-go“) besteuert. Für Speisen und Getränke fallen dabei jeweils 50 Cent (netto) an, für Einwegbesteck fallen zudem 20 Cent (netto) an. Die Steuersätze sind Nettobeträge, da auf Verbrauchssteuern immer auch Umsatzsteuer anfällt. Die Steuer ist unabhängig vom Material der Verpackung oder des Bestecks. Ob Plastik, Holz oder Palmblatt: Wenn es nach einer Benutzung weggeworfen wird, wird die Steuer fällig. Zahlen müssen die Steuer die Händlerinnen und Händler, die Getränke oder warme Speisen zum unmittelbaren Verzehr verkaufen. Die Betriebe können die Steuer an die Kundinnen und Kunden weitergeben, sind dazu aber nicht verpflichtet. Rechtlich handelt es sich um eine kommunale Verbrauchssteuer gemäß § 9 Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg. Frühere Urteile veraltet Bereits 1992 hatte die Stadt Kassel eine Steuer auf Einwegverpackungen in ihrem Stadtgebiet eingeführt. Auch hier klagte damals McDonalds und erhielt letztlich 1998 vor dem Bundesverfassungsgericht Recht. Dieses begründete sein Urteil damals vor allem mit der Unvereinbarkeit der Kasseler Verpackungssteuer mit dem bundesdeutschen Abfallrecht. Doch nachdem das Abfallrecht im Zuge der Umsetzung zahlreicher EU-Richtlinien in deutsches Recht einige grundlegende Änderungen erfahren hatte, häuften sich seit Anfang der 2010er-Jahre in der Rechtswissen-

Verpackungssteuer bleibt und wirkt

Bundesverwaltungsgericht urteilt zugunsten Tübingens

(BS/Tobias Staufenberg) Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer war am 24. Mai im Plenarsaal des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig die Freude anzusehen: „Das Urteil bestätigt, dass sich unsere Hartnäckigkeit gelohnt hat. Jetzt ist auch rechtlich anerkannt, was wir in Tübingen seit eineinhalb Jahren sehen: Die Verpackungssteuer wirkt, bringt Mehrweg-Lösungen voran und drängt die Müllflut im Stadtbild ganz wesentlich zurück.“

Foto: BS/privat

men im öffentlichen Raum von monatlich 34,4 Tonnen (Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2021) fällt das aber kaum auf. Illegale Haus- und Sperrmüllentsorgung sowie Glasflaschen bleiben trotz Verpackungssteuer ein Problem.

Um die Nutzung von Einweggeschirr einzudämmen, erhebt die Stadt Tübingen seit Januar 2022 eine Verpackungssteuer. Foto: BS/JennieCrocus, pixabay.com

schaft Stimmen, welche die Basis für das 1998er-Urteil des Bundesverfassungsgerichts als nicht mehr gegeben sahen. Der Tübinger Gemeinderat beauftragte Ende 2018 die Verwaltung damit, einen Vorschlag für eine kommunale Verpackungssteuer zu erarbeiten. Die Vermüllung der Stadt durch to-go-Verpackungen hatte stark zugenommen und ein städtisches Förderprogramm zur Einführung von Mehrwegbechern zeigte nur begrenzte Wirkung. Eine Projektgruppe aus der Fachabteilung Steuern, der Rechtsabteilung und der Stabsstelle Umwelt- und Klimaschutz verbrachte die erste Jahreshälfte 2019 mit intensiven Recherchen. Einen ersten Satzungsentwurf hatte die Projektgruppe im September 2019 der Tübinger Gastronomie vorgestellt und

deren Rückmeldungen eingeholt. Auch vom Gemeinderat wurden im Oktober 2019 Rückmeldungen eingeholt. Zudem hat die Stadtverwaltung ein externes Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Am 30. Januar 2020 beschloss der Tübinger Gemeinderat dann die vorgelegte Satzung, die zum 1. Januar 2021 in Kraft treten sollte. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde der Start sechs Monate später auf den 1. Januar 2022 verschoben.

Mehr Mehrweg, weniger Reinigung Um die Einführung von Mehrweggeschirr zu unterstützen, hat die Universitätsstadt Tübingen bereits 2020 ein Förderprogramm gestartet (zuvor gab es nur eine Förderung für Mehrwegbecher). Betriebe aus der Gastronomie erhalten dadurch bis zu 500 Euro für Mehrwegge.

schirr und bis zu 1.000 Euro für eine Spülmaschine. Die Stadtverwaltung hat zudem seit 2019 mehrere Info-Aktionen zu Mehrweggeschirr veranstaltet, bei denen sich die Anbieter von verschiedenen Mehrwegsystemen der Gastronomie vorstellen und ihre Produkte zeigen konnten. Seit 2020 haben 108 Betriebe das Förderprogramm in Anspruch genommen, insgesamt wurden rund 52.000 Euro ausgeschüttet. Der deutlichste Zuwachs zeigte sich dabei in den drei Monaten vor Inkrafttreten der Verpackungssteuer, in denen 60 Betriebe einen Zuschuss erhielten. Die Verpackungssteuer erwies sich also als klarer Katalysator für die Nutzung von Mehrweggeschirr. Auch beim Müllaufkommen zeigt sich Besserung: Die stadteigenen Kommunalen Servicebetriebe Tübingen (KST) berichten, dass sie seit Inkrafttreten der Verpackungssteuer spürbar weniger Einwegverpackungen aufsammeln müssen und somit Arbeitszeit bei der Stadtreinigung einsparen. Aus dem Gewicht des gesammelten Mülls lässt sich allerdings nur wenig ablesen, da Einwegverpackungen ein geringes Eigengewicht haben: Eine Salatschüssel aus Kunststoff wiegt etwa 25 Gramm, ein Coffee-to-go-Becher etwa zehn Gramm. Spart man Tausende davon ein, ist das ein wichtiger Schritt zu mehr Ressourcen- und Klimaschutz. Bei einem durchschnittlichen Müllaufkom-

Erfolgsfaktoren und Ausblick

Die jederzeit offene Kommunikation hat sich als zentral erwiesen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Projektgruppe haben Info-Veranstaltungen organisiert, Betriebe besucht, zu Mehrweg-Lösungen beraten, Informationsmaterial erstellt und verteilt sowie vor allem die Sorgen und Bedürfnisse der Betriebe ernst genommen. Nach Inkrafttreten der Steuer gab es daher nur sehr wenige Beschwerden und Probleme. Auch die Tübinger Bürgerinnen und Bürger haben die Steuer laut Medienberichten sehr positiv aufgenommen.

Nach Vorliegen der schriftlichen

Urteilsbegründung wird die Stadtverwaltung voraussichtlich im Sommer die Steuererklärungsformulare für 2022 verschicken. Die Angaben zur Anzahl der verwendeten Einwegverpackungen erfolgt dabei per Selbstauskunft, die Betriebe müssen diese jedoch bei einer Prüfung belegen können (zum Beispiel durch das Kassensystem). Derzeit lassen sich noch keine Schätzungen zur Höhe des Gesamtertrags abgeben. Ob Oberbürgermeister Boris Palmer , der auch Finanzbürgermeister ist, also bald erneut Grund zur Freude hat, wird sich zeigen. Ein Erfolg für die kommunale Selbstverwaltung ist die Steuer aber schon jetzt. Infos unter: www.tuebingen.de/ verpackungssteuer

Kommunale Zukunftstrends

Fachmesse KOMMUNALE in Nürnberg

(BS/Marlies Vossebrecker) Deutschlands größte Fachmesse für kommunalen Bedarf geht in die nächste Runde: Am 18. und 19. Oktober 2023 findet die KOMMUNALE mit den Schwerpunktthemen Digitalisierung und Energiewende wieder in den Nürnberger Messehallen statt. Neben Zukunftstrends in Kommunen, Städten und Gemeinden geht es besonders um die zukunftsfähige Entwicklung von Kommunen.

Passend zum Digitalisierungsthema kommt erstmals ein neues Kooperationsprojekt zum Einsatz, das aus drei Komponenten besteht. Im Mittelpunkt steht der DIGITAL-Kongress, der bei seinen Diskussionen Inspirationen und Denkanstöße geben soll. Ergänzt wird das Angebot durch den DIGITAL-Talk mit seinen Best-Practice-Beispielen auf einer digitalen Bühne mitten im Messegeschehen sowie durch den DIGITAL-Award – die Auszeichnung geht an öffentliche Projekte, die sich in besonderem Maße für die Digitalisierung in der Verwaltung einsetzen.

Vergrößerte Standflächen Bereits jetzt sind alle Standflächen ausgebucht, die außerdem im Vergleich zu den Vorjahren nochmals vergrößert wurden. Für Claudia Reindl, Produktmanagerin der KOMMUNALE, verspricht die Veranstaltung auch diesmal ein voller Erfolg zu werden. Der

Zahlreiche Aussteller präsentieren auf der KOMMUNALE innovative Produkte und Projekte für eine zukunftsfähige Entwicklung.

Foto: BS/NürnbergMesse

aktuelle Anmeldestand spricht für die Bedeutung der Messe als Treffpunkt für alle Akteure der Kommunalpolitik. „Die KOMMUNALE ist als Informations- und Kommunikationsplattform der ideale Ort, um Erfahrungen auszutauschen und ein bundeswei-

tes Netzwerk aufzubauen“, erläutert Reindl Interessierte Fachbesucherinnen und -besucher können ab sofort online mit dem GutscheinCode KOM23ProPress ein kostenfreies Ticket abrufen. www.kommunale.de/tickets

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 14 Komunalpolitik
Tobias Staufenberg arbeitet seit 2019 in der Stabsstelle Umwelt- und Klimaschutz der Universitätsstadt Tübingen.

Kommunale Verwaltungen müssen sowohl ihre Gremien als auch ihre Bürgerinnen und Bürger informieren und sie in die Abläufe integrieren. Entsprechend unterliegen sie Berichts- und Informationspflichten, die allerdings einen hohen zeitlichen, material-

Sitzungsdienst und Berichtswesen – smart digitalisieren

gleichzeitig auch für eine junge, moderne und aufgeschlossene Verwaltung. Deswegen untersuchten wir als ein Beispiel dafür den digitalen Sitzungsdienst vor Ort.

Für ihre Gremienarbeit nutzten 15 der 18 geprüften Kommunen einen digitalen Sitzungsdienst

Dr. Ulrich Keilmann leitet die Abteilung Überörtliche Prüfung kommunaler Körperschaften beim Hessischen Rechnungshof in Darmstadt.

intensiven und nicht zuletzt auch personellen Aufwand verursachen. Gerade deswegen sollten hier alle Chancen und Möglichkeiten eines rein digitalen Sitzungsdienstes genutzt werden.

Die Digitalisierung ermöglicht eine einfache und schnelle Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie den ehrenamtlichen Mandatsträgerinnen und -trägern. Dabei führt eine ausgeprägte Digitalisierung kommunaler Leistungen zu weit mehr als einer gesteigerten Effizienz. Sie steht

und verwalteten hierüber Protokolle, Recherchen, Tagesordnungen, Termine, Vorlagen sowie die Beschluss- und Antragskontrolle.

Für ihre Bürgerinnen und Bürger hatten 14 der 18 Kommunen die Möglichkeit eröffnet, über die Homepage direkt auf das Gremieninformationssystem zuzugreifen.

Vollständiger Verzicht auf Papier Insgesamt ist das für Kommunen in der hier untersuchten Größenordnung von 5.000 – 15.000 Einwohnern durchaus eine positive

Opfer der eigenen Stärke

Geld allein reicht Kommunen nicht aus (BS/Marlies Vossebrecker) Auf dem Kommunalen Finanzgipfel in Bonn ging es unter anderem auch um das Dilemma der Kommunen in Deutschland: Obwohl sie selbst mit Engpässen bei Personal und Finanzmitteln zu kämpfen haben, müssen sie zahlreichen Aufgaben nachkommen.

Ein großes Problem stelle dabei die hohe Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger dar, die den Staat als Vollversorger-Service ansähen, sagte Margarete Heidler, Kämmerin der Stadt Bonn. Doch die Kommunen könnten die geforderte Unterstützung gar nicht leisten, denn Personal- und Finanzmangel sowie Probleme bei der Digitalisierung und deren Ausbau setzten große Ressourcen voraus, so Heidler weiter. Ressourcen, über welche die Kommunen aktuell nicht verfügen.

So müssten die Städte als Eigentümerinnen der Stadtwerke die hier entstehenden Kosten übernehmen oder Klimaziele aus eigener Tasche

finanzieren – für die Stadt Bonn etwa resultiere aus dem Klimaschutzplan ein hoch verschuldeter Haushalt, konstatierte Heidler

Geld allein löst keine Probleme

Die Kommunen seien Opfer ihrer eigenen Stärke, stimmte Finanzreferent Stefan Anton vom Deutschen Städtetag zu. Ihnen fehlten zur Erfüllung ihrer zahlreichen zu bewältigenden Aufgaben die erforderlichen Gelder. Anton betonte jedoch zugleich, dass Geld allein nicht ausreiche, um die Probleme zu lösen. Finanzmittel erhielten Kommunen oftmals nur im Zusammenhang mit Auflagen und Einschränkungen, bemängelte er. Neue Regulierungen mit umständlichen Abläufen erschwerten es den Kommunen, die ihnen zustehenden Hilfen zu erhalten. Zudem verlangsamten Reformen die Prozesse zusätzlich, auch wenn sie grundsätzlich gutzuheißen seien. Anton rief dazu auf, die Ratschläge der Fachleute anzunehmen, welche die Gesetze schließlich anwenden müssten. Darüber hinaus müssten Bund und Länder die Prozesse in ihrem Tätigkeitsbereich genau prüfen und im Blick behalten. Hier widersprach Staatssekretär

Bilanz. Gleichwohl muss es das Ziel sein, alle Berichte und Informationen online bereitzustellen und die technischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Wichtig in diesem Zusammenhang und im Sinne der Nachhaltigkeit ist es auch, die Unterlagen nicht auch zusätzlich in Papierform – etwa auf Wunsch –zur Verfügung zu stellen. Nur so lassen sich tatsächlich die regelmäßigen Druck-, Versand- und Personalkosten vermeiden, die Mehraufwendungen für individuelle „Sonderdrucke“ verhindern, die Nachhaltigkeit der Verwaltungsleistungen insgesamt steigern und nebenbei die Effizienz und auch die Transparenz erhöhen.

Lesen Sie mehr zum Thema „Digitalisierung des Verwaltungshandelns“ in der Juni-Ausgabe des Behörden Spiegel, S. 17, im Kommunalbericht 2022, Hessischer Landtag, Drucksache 20/9410 vom 25. November 2022, S. 127 ff., sowie im Konsolidierungsbuch 2022, S. 14. Beide zuletzt genannten Dokumente sind kostenfrei unter rechnungshof.hessen.de abrufbar.

Digitaler Sitzungsdienst (Gremieninformationssystem)

Werner Gatzer vom Bundesfinanzministerium. Der Bund habe bereits viel für die Kommunen getan. So habe er großzügige Programme zur Unterstützung finanziert, obwohl dies klar außerhalb seiner Zuständigkeit liege, stellte Gatzer klar. Bei vielen Herausforderungen wie etwa der Energie- oder Klimakrise könnten die Kommunen weiterhin auf Hilfen der Regierung zählen.

Insbesondere bezogen auf die Schwierigkeiten bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten befänden sich Bund und Länder aktuell im Gespräch, so Gatzer

Im Zentrum des Diskurses stehe dabei die bessere Verteilung von geflohenen Menschen und eine Begrenzung des Zustroms. Der Bund könne sich an den anfallenden Kosten lediglich beteiligen und diese nicht vollständig übernehmen. Gatzer bestätigte, dass die Regierung den Kommunen zu diesem Zweck ab dem Jahr 2024 jährlich 1,25 Milliarden Euro dauerhaft zugesagt habe. Zugleich kritisierte er, dass die Länder ihrerseits jetzt in der Pflicht seien, die genaue Kostenaufteilung aufzubereiten, damit ersichtlich werde, in welcher Höhe Hilfsgelder überhaupt benötigt würden. Wie dann allerdings der Bund die Summe von 1,25 Milliarden Euro ermittelt hat, wenn die dafür benötigten Zahlen noch nicht zugrunde liegen, erklärte Gatzer nicht.

Manfred vom Sondern, Chief Digital Officer von Gelsenkirchen, macht seine Heimatstadt zur digitalen Vorzeigekommune. Dazu gehören modern ausgestattete Schulen und Klassenzimmer mit interaktiven Whiteboards. Ermöglicht durch: die NRW.BANK –Förderbank für Nordrhein-Westfalen.

Die ganze Geschichte unter: nrwbank.de/gelsenkirchen

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 15 Kommunaler Haushalt
„Wir lernen jetzt für die digitale Zukunft. Und das soll Schule machen.“ Fördern, was NRW bewegt.
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Foto: BS/privat
für
Altenstadt    Bad Arolsen    Bad SoodenAllendorf    Birstein    Breuberg    Eschenburg    Habichtswald    Hofbieber    Hofgeismar    Lautertal (Odenwald)    Rosbach v. d. Höhe    Spangenberg    Steinau an der Straße    Trendelburg    Waldeck    Wehrheim    Weilmünster    Wetter (Hessen)     = ja,  = nein,  = teilweise Quelle: BS/eigene Erhebungen; Stand: Februar 2022 Abbildung: Sitzungsdienst und Berichtswesen
Gremien für BürgerPapiervermeidung
„Die Kommunen sollten weniger bitten und mehr fordern.“
Stefan Anton, Finanzreferent beim Deutschen Städtetag

Gestalten Sie mit fachlicher Expertise und strategischem Weitblick die Finanzen der Stadt Krefeld mit!

Inmitten der Metropolregion Rheinland ist Krefeld eine Großstadt mit Charakter, viel Grün und hoher Lebensqualität – kulturell lebendig, wirtschaftlich dynamisch, mit einer engagierten Stadtgesellschaft. Unsere lange Tradition der Kreativität und Weltoffenheit wird auch in der Gegenwart spürbar.

Die Stadtverwaltung Krefeld ist vor Ort eine der größten Arbeitgeberinnen. Im Zusammenwirken mit der Bürgerschaft organisieren und gestalten rund 4.000 Mitarbeitende den Alltag und das tägliche Miteinander in unserer Stadt.

Aufgrund einer Altersnachfolge suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine gestaltungsfreudige Führungspersönlichkeit als Fachbereichsleitung

Finanzsteuerung und Beteiligungsmanagement (w/m/d)

Diese attraktive Position wird für Beamt*innen nach Besoldungsgruppe B 2 LBesG bzw. für Tarifbeschäftigte entsprechend außertariflich vergütet.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Theresa Meister, Sarah Jankowski oder Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Verwaltung hat mehr zu bieten als einen sicheren Arbeitsplatz?

Dann lassen Sie uns loslegen!

Die über 800 Beschäftigten der Stadtverwaltung Fellbach arbeiten tagtäglich in den vielfältigsten Tätigkeiten für die Belange unserer Bürger*innen. Für die Beschäftigen ist die Abteilung Personal die erste Ansprechpartnerin in allen personalrelevanten Fragestellungen. Die beiden zugehörigen Sachgebiete „Personalmanagement“ sowie „Lohn und Gehalt“ sind dabei nicht nur für die Personalverwaltung sowie die operative und strategische Personalplanung, sondern auch für das Recruiting von neuen Mitarbeitenden verantwortlich.

Für das Hauptamt suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine kommunikationsstarke und dynamische Persönlichkeit als

Abteilungsleitung Personal (w/m/d)

Für tariflich Angestellte wird diese Stelle nach EG 12 TVöD vergütet.

Für Beamt*innen ist die Funktion nach A 13 besoldet.

Mit innovativen Ideen bringen Sie den Personalbereich der Stadt Fellbach voran! Dabei initiieren und steuern Sie eigenständig HRProjekte und entwickeln Maßnahmen zur nachhaltigen Stärkung unserer Arbeitgebermarke.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Alexander Wodara, Gianna Forcella oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Mit strategischem Blick machen Sie unseren Stadtbetrieb fit für die Zukunft!

Wir sind eine attraktive Großstadt in Nordrhein-Westfalen mit sehr guter Infrastruktur, die ihren Bürger*innen umfassende Dienstleistungen der kommunalen Daseinsvorsorge auf einem hohen Niveau bietet.

Für die strategische Leitung und Steuerung unserer eigenbetriebsähnlichen Einrichtung suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine durchsetzungsstarke Führungspersönlichkeit als

Betriebsleitung Stadtbetrieb (w/m/d)

Die Vergütung für diese attraktive Stelle erfolgt nach A16 LBesO A NRW. Tarifbeschäftige werden entsprechend außertariflich vergütet.

In Ihrer bisherigen Berufspraxis haben Sie gelernt, kreativ und flexibel auf tägliche Herausforderungen zu reagieren. Sie verstehen sich als lösungsorientierte*r Pragmatiker*in mit ausgeprägter Hands-on-Mentalität und starken analytischen Fähigkeiten. Als erfahrene Führungskraft zeichnen Sie sich neben Ihrer zielgruppengerechten Kommunikation vor allem durch Ihre Entscheidungsstärke aus.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Theresa Meister oder Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Wir bieten Ihnen beides:

Führung eines motivierten

Teams und spannende

TGA-Projekte!

Die Kreisstadt Bergheim positioniert sich mit ihren 66.000 Einwohnerinnen und Einwohnern als ein attraktives Mittelzentrum im Städtedreieck Köln, Aachen und Düsseldorf und besticht zusätzlich durch ihre Nähe zu den Niederlanden. Im Rahmen des Kohleausstieges befindet sich die Kreisstadt mitten im Strukturwandel, der spannende Aufgabenbereiche für das Gebäudemanagement mit sich bringt. Die Abteilung Gebäudemanagement setzt sich aus den drei Sachgebieten „Technisches Gebäudemanagement“, „Kaufmännisches Gebäudemanagement“ und „Energiemanagement“ zusammen. Letzteres bietet vielfältige Aufgabenbereiche, die von der Projektarbeit an historischen Denkmälern bis hin zu aktuellen Neubauprojekten, zum Beispiel von Schulen und Kindertagesstätten, reichen. Um die Abteilung Gebäudemanagement an entscheidender Stelle voranzubringen, suchen wir zur tatkräftigen Verstärkung unseres Teams zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine engagierte Persönlichkeit als

Sachgebietsleitung Energiemanagement / TGA (w/m/d)

Es erfolgt eine Vergütung bis nach Entgeltgruppe 13 TVöD. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Theresa Meister, Raza Hoxhaj oder Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Bei Ihnen liegt die Schulentwicklung unserer Stadt in den richtigen Händen!

Die im Dreiländereck von Deutschland, Belgien und den Niederlanden gelegene Stadt Stolberg zeichnet sich durch ihre günstige Verkehrslage, die Nähe zu der Großstadt Aachen sowie eine sehr gute Bahnverbindung in den Ballungsraum Köln/ Bonn aus. Das Amt für Schule, Kultur, Sport und Tourismus ist für die Entwicklung der gut aufgestellten Schullandschaft in der Kupferstadt Stolberg mit zehn Grundschulen, zwei Gymnasien, zwei Gesamtschulen und einer Förderschule an 17 Schulstandorten verantwortlich. Zudem gehören neben dem Bereich Schule und Sport auch die Bereiche Volkshochschule und Bücherei sowie Kultur, Tourismus und Archiv zum Aufgabenbereich.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine fachlich versierte und verantwortungsvolle Führungspersönlichkeit als

Leitung des Amtes für Schule, Kultur, Sport und Tourismus (w/m/d)

Diese attraktive Stelle ist nach Besoldungsgruppe A 14 LBesG NRW bzw. Entgeltgruppe 14 TVöD bewertet. Bezüglich der Stellenwertigkeit wird eine Neubewertung der Stelle angestrebt.

Details zu dieser Position finden Sie in Kürze auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Gianna Forcella, Maren Kammerer oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfmJobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Managen Sie die Immobilien der Stadt Fellbach nachhaltig, effizient und mit einem hohen Qualitätsanspruch!

Das Immobilienmanagement der Stadt Fellbach ist verantwortlich für die Verwaltung von über 100 städtischen Liegenschaften. Hierzu gehören insbesondere 17 Kindertageseinrichtungen, 14 Schulen, zwölf Sporthallen bzw. -anlagen und sechs Parkeinrichtungen. Dabei umfasst das vielfältige Aufgabenspektrum zum einen die Bereitstellung und Organisation von infrastrukturellen Dienstleistungen sowie zum anderen die kaufmännische Steuerung der Liegenschaften.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine umsetzungs- und kommunikationsstarke Führungspersönlichkeit als

Abteilungsleitung Immobilienmanagement (w/m/d)

Sie haben eine klare Vision und möchten innovative Ideen in die Tat umsetzen? In einem vielseitigen Aufgabenfeld erhalten Sie bei uns den Handlungsspielraum, um den Immobilienbestand der Stadt Fellbach zukunftsorientiert aufzustellen. Unter Berücksichtigung gesamtstädtischer Interessen entwickeln Sie eine langfristige Strategie für ein effizientes und nachhaltiges Immobilienmanagement.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Alexander Wodara, Gianna Forcella oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 16 Personelles
Anz_FBL-Finanzen_Krefeld_07-2023.indd 1 30.06.23 08:47
Anz_Abtl-Personal_Fellbach_07-2023.indd 1 22.06.23 18:15
Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de
Anz_Leitung-Stadtbetrieb_Aachen_anonym_07-2023.indd 1 30.06.23 08:57 Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de
Anz_AL-Schule_Stolberg_07-2023.indd 1 30.06.23 09:09
Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de
Weitere
Anz_SGL-Energie_Bergheim_07-2023.indd 1 30.06.23 09:15
Anz_Abtl-Immobilen_Fellbach_07-2023.indd 1 22.06.23 18:10

Setzen Sie wichtige Akzente im Bereich der Kanalnetze – für Wasser, Mensch und Umwelt!

Der Wupperverband ist für 14 Talsperren, 11 Klärwerke, eine Schlammverbrennungsanlage, Regenbecken und Sammler sowie 2.300 Kilometer Flüsse und Bäche im Einzugsgebiet der Wupper verantwortlich. Für die rund 400 Mitarbeitenden steht die nachhaltige Bewirtschaftung der Ressource Wasser tagtäglich im Vordergrund , um für eine blaue Zukunft für alle Verbandsmitglieder und Bürger*innen zu sorgen.

Seit der Änderung des Landeswassergesetzes können Kommunen im Verbandsgebiet die Bewirtschaftung und Instandhaltung ihres Kanalnetzes im Rahmen einer Kanalnetzübertragung an den Wupperverband übergeben. Dieses neue Tätigkeitsfeld stärkt die Rolle des Wupperverbandes als Flussgebietsmanager der Region. Der zuständige Betriebsbereich Kanalnetze mit derzeit rund 25 Mitarbeitenden agiert als Dienstleister für die Kommunen und setzt sich eine erfolgreiche Etablierung des Geschäftsfeldes in den nächsten Jahren zum Ziel.

Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine*n gestaltungsmotivierte*n und kommunikationsstarke*n Ingenieur*in als

Betriebsleitung Kanalnetze (w/m/d)

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Maren Kammerer, Alexander Wodara oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

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Setzen Sie sich für die zukunftsorientierte Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur Krefelds ein!

Inmitten der Metropolregion Rheinland ist Krefeld eine Großstadt mit Charakter, viel Grün und hoher Lebensqualität – kulturell lebendig, wirtschaftlich dynamisch, mit einer engagierten Stadtgesellschaft. Unsere lange Tradition der Kreativität und Weltoffenheit wird auch in der Gegenwart spürbar.

Die Stadtverwaltung Krefeld ist vor Ort eine der größten Arbeitgeberinnen. Im Zusammenwirken mit der Bürgerschaft organisieren und gestalten rund 4.000 Mitarbeitende den Alltag und das tägliche Miteinander in unserer Stadt. Die Abteilung Verkehrliche Infrastruktur setzt sich hierbei zur Aufgabe, die Verkehrsräume Krefelds modern, integrativ und ganzheitlich zu gestalten. Ein besonderes Augenmerk liegt mit dem Arbeitskreis „Krefelder Fairkehr“ auf der Verkehrssicherheit unserer jüngsten Bürger*innen.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine kommunikationsund umsetzungsstarke Führungspersönlichkeit als

Abteilungsleitung Verkehrliche

Infrastruktur (w/m/d)

Die attraktive Position wird für Beamt*innen nach Besoldungsgruppe A 15 LBesG bzw. für Tarifbeschäftigte nach EG 15 TVöD (VKA) vergütet.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Maren Kammerer, Alexander Wodara oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Mit Engagement und kreativen Lösungen machen Sie unser Amt fit für die Zukunft!

Die Stadt Haan ist eine entwicklungsstarke Gemeinde mit über 30.000 Einwohner*innen, die verkehrsgünstig zwischen der Landeshauptstadt Düsseldorf und der Stadt Wuppertal liegt. Mit ihrer reizvollen Innenstadt, einem familienfreundlichen Umfeld sowie umfassenden naturverbundenen Sportmöglichkeiten bietet die Gartenstadt eine hervorragende Wohn- und Lebensqualität mit einem hohen Freizeitwert.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine fachlich versierte Führungspersönlichkeit als

Leitung (w/m/d) des Amtes für Bauaufsicht und Denkmalschutz

Diese attraktive Position wird nach Entgeltgruppe 13 TVöD (zzgl. einer verhandelbaren Zulage) vergütet.

Die Stellenbesetzung ist grundsätzlich auch mit Teilzeitkräften möglich. Sie werden daher gebeten, Ihre Vorstellungen hinsichtlich des Arbeitszeitumfangs mitzuteilen.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Raza Hoxhaj, Sanny Groß oder Julia Schwick zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Sie suchen als Finanzexpert*in eine sinnstiftende Aufgabe?

Wir bieten Ihnen ein inspirierendes Umfeld!

Die Stiftung SPI Sozialpädagogisches Institut Berlin „Walter May“ ist eine gemeinnützige Stiftung des Landesverbandes der Arbeiterwohlfahrt Berlin e.V. Ihre Projekte und Einrichtungen sind in fünf Geschäftsbereichen und an über 50 Standorten in Berlin, im Land Brandenburg und übergreifend bundesweit tätig.

Die Stiftung SPI versteht sich als Institut für innovative soziale Arbeit und beteiligt sich aktiv an der Lösung sozialer Probleme durch Theorie, Praxis und praxisnahe Forschung.

Der Bereich Finanzen hat für uns eine zentrale Steuerungsfunktion, die zukünftig weiter verstärkt werden soll. Im Zuge dieser Weiterentwicklung suchen wir für die Institutsleitung mit Sitz in Berlin zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine gleichermaßen fachlich kompetente wie menschlich überzeugende Persönlichkeit als

Leitung (w/m/d) der Finanzbuchhaltung

Die attraktive Position wird nach EG 14 TVöD vergütet. Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Barbara Morschhaeuser, Waishna Kaleth und Annika Lachmann zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Bringen Sie Ihre Visionen ein und gestalten Sie die klimaresiliente Stadt von morgen!

Von der Umgestaltung von Straßenräumen bis hin zur Förderung einer grünen Infrastruktur, das Tiefbauamt leistet einen wichtigen Beitrag zum Alltag und zur Zukunft der Bürger*innen Fellbachs. Unsere Projekte werden dabei geplant und durchgeführt von den fünf Bereichen „Vermessung und GIS“, „Planen und Bauen“, „Bauund Betriebshof“, „Friedhofswesen“ und „Grün-, Spiel- und Sportanlagen“.

Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine fachlich versierte und umsetzungsorientierte Führungspersönlichkeit als

Amtsleitung Tiefbau (w/m/d)

In dieser Funktion berichten Sie direkt an die Baubürgermeisterin.

Mit Weitblick treiben Sie die Weiterentwicklung des Tiefbauamtes voran und berücksichtigen dabei wichtige Ziele im Rahmen des Klimaschutzes. Als Führungskraft verfügen Sie nicht nur über Erfahrungen im Projektmanagement, sondern überzeugen auch mit Ihrer pragmatischen Herangehensweise. Dabei arbeiten Sie stets vertrauensvoll und auf Augenhöhe mit internen und externen Schnittstellen zusammen, wie beispielsweise dem Stadtplanungsamt.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm.

Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Gianna Forcella, Alexander Wodara oder Roland Matuszewski zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

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Als souveräne Führungspersönlichkeit agieren Sie mit Weitblick und Pragmatismus!

Der Technische Betrieb unterhält als Fachamt der Stadt Bochum mit seinen rund 600 überwiegend gewerblichen Mitarbeitenden die städtische Infrastruktur. Hierzu zählen beispielhaft die Unterhaltung des öffentlichen Grüns, des Erholungswaldes, der Kinderspielplätze, der Sportanlagen, der Straßen, Wege und Plätze, der Unterhaltung des Entwässerungsnetzes und als originäre Aufgabe das Friedhofswesen und Krematorium.

Aus alldem ergibt sich eine besondere Verantwortung gegenüber den Menschen in unserer Stadt. Der Technische Betrieb agiert zudem als Servicedienstleister für andere Fachbereiche und Dienste der Stadt Bochum. Er kooperiert eng mit den Stadttöchtern der Verund Entsorgung sowie der Mobilität innerhalb des Stadtkonzerns. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt suchen wir eine engagierte Führungspersönlichkeit als

Leitung Technischer Betrieb (w/m/d)

Die Besoldung dieser attraktiven Stelle erfolgt nach Besoldungsgruppe A 16 LBesG NRW bzw. auf Basis eines vergleichbaren außertariflichen Entgeltes.

Details zu dieser Position finden Sie auf www.zfm-bonn.de, der Website der von uns beauftragten Beratungsgesellschaft zfm. Interessiert? Für einen ersten vertraulichen Kontakt stehen Ihnen dort unter der Rufnummer 0228 265004 Jonas Neffgen, Yanna Schneider und Waishna Kaleth zur Verfügung. Lassen Sie uns gerne Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen über die zfm-Jobbörse unter www.zfm-bonn.de/jobboerse zukommen.

Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!

Weitere

finden Sie unter www.zfm-bonn.de

Seite 17 Behörden Spiegel / Juli 2023 Personelles
Anz_Leitung-Kanalnetze_Wupperverband_07-2023.indd 1 30.06.23 09:39
Anz_Abtl-Verkehr_Krefeld_07-2023.indd 1 30.06.23 08:40 Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de
Anz_AL-Bauaufsicht_Haan_07-2023.indd 1 30.06.23 09:22
Anz_AL-Tiefbau_Fellbach_07-2023.indd 1 22.06.23 18:21 Weitere Informationen finden Sie unter www.zfm-bonn.de
Anz_Lt-Finanzen_SPI_07-2023.indd 1 22.06.23 17:56
Informationen
Anz_Betriebsleitung_Bochum_07-2023.indd 1 30.06.23 09:27

Die einseitige Ausrichtung am Auto schränkt die Freiheit ein. Außerdem wird die Lebensqualität gemindert und der Klimaschutz erschwert. Um diesen Phänomenen entgegenzuwirken, arbeiten inzwischen auch kleinere Kommunen an der Verkehrswende. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) gibt vor, dass innerorts nur in wenigen Ausnahmen von Tempo 50 abgewichen werden kann. Doch das hohe Tempo des Kfz-Verkehrs zerschneidet Ortschaften, erzeugt Lärm, gefährdet die Sicherheit von Fußgehende oder Radfahrenden und ist damit eine Belastung für die Lebensqualität vor Ort. Immer mehr Städte und Gemeinden möchten daher selbst entscheiden, wo Tempo 30 die bessere Wahl ist. Aktuell sind es mehr als 700 Kommunen, die sich der Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden“ angeschlossen haben. Knapp 40 Prozent der vertretenen Gemeinden haben weniger als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Auch mehrere ländlich geprägte Landkreise sind dabei.

Aufenthaltsqualität auch in kleinen Städten der große Trumpf Innenstädte konkurrieren auch in Kleinstädten in erster Linie über Aufenthaltsqualität, Gestaltung oder den Erlebnisfaktor. Diese Faktoren tauchen in Studien ganz oben auf, in denen die Popularität

,,Mehr als nur der Straßenbau“

Mobilitätswende im ländlichen Raum: Herausforderungen und Chancen

(BS/Wolfgang Aichinger) Die Mobilität ist in vielen ländlichen Regionen geprägt durch weite Wege und ein geringes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖV). Auch sichere Radwege oder einfach nutzbare Sharing-Angebote fehlen häufig. Viele Menschen sind daher stark vom Auto abhängig. Doch weil das Verkehrssystem so auf das Auto zugeschnitten ist, ist das Autofahren auch für kürzeste Wege weitgehende Normalität im ländlichen Raum.

reitern. Vor allem in den Großstädten nimmt der Radverkehr deutlich zu, während er in vielen ländlichen Regionen eher schrumpft. Daher ist eine Ausbau-Offensive für Radwege auf dem Land nötig.

Eine derartige Trendwende könnte durch die Elektrifizierung des Fahrrads eintreten. Es gibt bereits rund zehn Millionen Pedelecs in Deutschland. Knapp jeder sechste Haushalt besitzt ein elektrisch unterstütztes Fahrrad. In hügelig geprägten Ländern wie Nordrhein-Westfalen oder Bayern ist der Anteil besonders hoch.

der Innenstädte dargestellt wird. Parken ist zwar wichtig für die Erreichbarkeit, aber keineswegs der

Hauptgrund, warum Menschen sich gerne in einer Innenstadt aufhalten. Das hat auch die Kleinstadt Weil

der Stadt (Baden-Württemberg) erkannt. Eine Erhebung zeigte, dass rund um den – mittlerweile neugestalteten – Marktplatz fast 700 Stellplätze in max. sechs Gehminuten liegen. Der Platz ist als „gute Stube“ nun weitgehend autofrei.

Dies wirkt sich wiederum positiv auf den Einzelhandel und die Gastronomie aus. Auch in Dörfern, wie beispielsweise dem Vorarlberger Göfis, gibt es ähnliche Beispiele, wo ein Parkplatz in der Ortsmitte in einen sozialen Treffpunkt umgestaltet wurde.

Radfahren auf dem Land – immer häufiger elektrisch unterstützt

Das Potenzial für Radfahren – und auch Zufußgehen – ist in ländlichen Räumen enorm. Jeder dritte Weg ist dort kürzer als zwei Kilometer. Jedoch führt die Ausrichtung am Fahrzeug dazu, dass für die Hälfte aller ein bis zwei Kilometer kurzen Wege der Pkw genutzt wird. In ganz Deutschland gibt es aber auch ländlich geprägte Regionen mit hohem Radverkehrsanteil, etwa das Münsterland oder die an den Niederlanden gelegenen Regionen am Niederrhein.

Auch in Teilen von Oberbayern oder Mecklenburg-Vorpommern spielt das Radfahren im Alltag eine wichtige Rolle. Unter den Bundesländern gehört Niedersachsen mit einem Radverkehrsanteil von 15 Prozent (MID 2017) zu den Spitzen-

Mehr (flexibles) Angebot im ÖV Für Millionen Deutsche in ländlichen Räumen ist eine schlechte ÖV-Anbindung zur Gewohnheit geworden. Viele Linienbusse sind nur auf Schulwege ausgerichtet, am Abend oder Wochenende fährt kein Bus. Laut ÖV-Atlas von Agora Verkehrswende hat ungefähr die Hälfte der Bevölkerung in ihrer Gemeinde nicht einmal einen Stunden-Takt mit Bus oder Bahn. Ein deutschlandweites Mindestangebot im ÖV wäre dabei auch sozialpolitisch wichtig. Für Menschen mit sehr niedrigem Einkommen ist der Privat-Pkw nicht bezahlbar - oder zwingt zu Einsparungen bei anderen Grundbedürfnissen. Daher braucht es zusätzliche Angebote wie Schnellbusse im Stunden- oder Halbstunden-Takt, die ohne Umwege in die nächsten zentralen Orte fahren, und flexible Kleinbusse in Regionen, die besonders dünn besiedelt sind.

Mobilität auf dem Land ist mehr als Straßenbau

Die Beispiele zeigen, dass es auch im ländlichen Raum möglich ist, die Verkehrswende einzuleiten. Doch bislang werden oft nur einzelne Bausteine umgesetzt. Dabei beschränkt sich die Verkehrsplanung noch zu häufig auf den Pkw-zentrierten Straßenbau. Es fehlt eine integrierte Verkehrswende-Strategie für das Land, die alle zentralen Aspekte von Siedlungsentwicklung über E-Mobilität bis hin zum Fußverkehr in den Blick nimmt.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Kommunale Infrastruktur Seite 18
Der schnellste Weg in die mobile Zukun�. Jetzt auf Knopfdruck.
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DR. MANUEL FELLER, RECHTSANWALT Mangelnde Infrastruktur sowie ein geringes Mobilitätsangebot sind in den meisten ländlichen Gebieten mehr Norm als Ausnahme. Foto: BS/kie-ker, pixabay Wolfgang Aichinger ist seit Frühjahr 2017 bei Agora Verkehrswende tätig. Foto: BS/Agora Verkehrswende.

Es bleibt noch viel zu tun

Sieben Thesen zu kommunaler Resilienz

(BS/Prof. Dr. André Röhl*) Seit Dezember 2022 begleitet ein Team des Studiengangs Sicherheitsmanagement der NBS Northern Business School die Stadt Bad Bramstedt bei den Planungen für einen Krisenfall infolge eines langanhaltenden überregionalen Stromausfalls (Blackouts). Grundlagen sind ein an der NBS entwickeltes Modell kommunaler Resilienz und ein daraus abgeleiteter Analyseprozess (Municipal Impact Analysis®). Diese beschreiben Resilienz als Verbindung von Widerstandsfähigkeit und Bewältigungsfähigkeit sowie interner Verfasstheit und externer Kooperationsbefähigung.

Die folgenden sieben Thesen beschreiben die wesentlichen Erkenntnisse und Herausforderungen für die Resilienz auf kommunaler Ebene. Kreisangehörige Gemeinden spielen im Katastrophenschutz keine eigenständige Rolle, sondern sind den unteren Katastrophenschutzbehörden untergeordnet.

Erfahrungen aus aktuellen Stromausfallereignissen, beispielsweise im Landkreis Harz, zeigen jedoch, dass Kommunikations- und damit Koordinationsmöglichkeiten nach kürzester Zeit stark eingeschränkt sind. Bei einem Blackout würde der überregionale Charakter zudem die sinnvolle Verlagerung von Ressourcen erschweren.

Zugleich ist bei einem Blackout unmittelbar mit dem Eintritt von Schäden zu rechnen, die einer schnellen Reaktion vor Ort bedürfen. Entsprechend müssen kreisangehörige Gemeinden in der Lage sein, eigenständig angemessen zu handeln. Dies kann auch aus Vorgaben zum Selbstschutz in Paragraf fünf des Gesetzes über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) abgeleitet werden. Es ist anzunehmen, dass viele Kommunen diese Aufgabe einschließlich der Inübunghaltung in den letzten Jahren zugunsten anderer Aufgaben zurückgestellt haben. Der Vorsorgegrad der Bevölkerung ist sehr heterogen. Umso größer ist die Bedeutung einer grundlegenden Lebensmittelversorgung im Krisenfall. Durch vernetzte Logistikketten steht der Lebensmittelhandel in Krisen ebenfalls vor Herausforderungen. Aktuell sind Vorkehrungen der Lebensmittelversorger uneinheitlich und nicht abgestimmt. Auf kommunaler Ebene ist es nur bedingt möglich, Absprachen mit den Konzernzentralen zu Öffnungszeiten, Angebotsumfängen oder Versorgung von Einsatzkräften zu treffen und diese vorab im Sinne einer zielgerichteten Krisenkommunikation an die Bevölkerung weiterzugeben. Erforderlich erscheint eine zentrale Absprache auf Bundesebene, die vergleichbaren Festlegungen in der Republik Österreich entspricht.

Trotz Ausweitung der Regulierung Kritischer Infrastrukturen (KRITIS) infolge neuer EU-Richtlinien und eines KRITIS-Dachgesetzes besteht das Problem, dass Prozessketten nur in Teilen abgedeckt werden. Die Notstromversorgung eines Verteilzentrums für Medikamente würde dieses beispielsweise im Blackout arbeitsfähig halten. Unklar bleibt, wie Medikamente in die Gemeinden transportiert werden und wie Apotheken den Ausfall der automatisierten Ein- und Auslagerungstechnik kompensieren. Es ist daher erforderlich, die kritischen Prozesse einer örtlichen Gemeinschaft zu identifizieren und resilient auszugestalten.

Schutz von KRITIS ist gut, Schutz kritischer Prozesse ist besser Ein Blackout verhindert nicht nur elektronische Bezahlvorgänge, sondern unterbricht auch die Durchführung von Transferzahlungen. Ein wesentlicher Teil der Bevölkerung wird nicht über ausreichend Bargeld verfügen und trotz Vorkehrungen der Finanzinstitute mangels initiierter Überweisungen durch Sozialämter kein Bargeld erhalten. Da Einzelhändler keine ungesicherte nachträgliche Zahlung akzeptieren, hätten Betroffene nicht die Mög-

Bundeskongress

folgender Verkehrsunfallrisiken, feststeckender Fahrstühle oder erhöhter Brandrisiken durch ausgefallene Brandschutztechnik sofort gefordert sein wird. Um eine Überlastung zu vermeiden, sollten Freiwillige Feuerwehren nur nachrangig in Katastrophenschutzleuchttürme oder manuelle Meldeketten eingebunden sein.

Krisen werden nur gemeinsam gelöst

Drugchecking geht in Routinebetrieb

Freizeitkonsumenten im Blick (BS/mfe) Das Ende 2018 in Berlin auf den Weg gebrachte Projekt analysegestützte Beratung – Drugchecking –ist nun auch in der praktischen Umsetzung.

Mit dem Regelbetrieb des Drugcheckings versprechen sich die Verantwortlichen, mehrere Ziele zu erreichen.

Foto: BS/rohane, stock.adobe.com

lichkeit, sich mit Lebensmitteln oder Medikamenten zu versorgen. Erforderlich ist eine Etablierung fälschungssicherer Alternativlösungen.

Krisenkommunikation braucht mehr als Satellitentelefone

In einer Krise sind verschiedene Kommunikationsformate für die Bewältigung des Schadensereignisses erforderlich. Dies betrifft sowohl die Krisenorganisation (Alarmierung und Koordination) als auch die Kommunikationsbedarfe der örtlichen Gemeinschaft (z. B. ersatzweises Notrufsystem oder Abstimmung zwischen Ärzten und Apotheken).

Die Kommunikationsmittel müssen an die örtlichen Gegebenheiten und die Bedarfe angepasst sein. Schließlich sind im Vorfeld geeignete Maßnahmen zur analogen Information der Bevölkerung etwa zu Unterstützungsangeboten vorzubereiten. Vereinzelte Satellitentelefone in einer Gemeinde können diese Bedarfe nicht decken. In einer langanhaltenden Krise kommt der Durchhaltefähigkeit der Einsatzkräfte eine besondere Bedeutung zu. In einem Blackout betrifft dies vor allem die Freiwillige Feuerwehr, die aufgrund ausgefallener Ampeln und daraus

Kommunale Verkehrssicherheit

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Einsatzorganisationen, lokale Behörden, Zivilgesellschaft und Unternehmen Krisen vor Ort gemeinsam erfolgreich bewältigen. Dieses Potenzial sollte durch vorherige Absprachen zielgerichtet gefördert und dadurch der Handlungsspielraum für den kommunalen Krisenstab deutlich erweitert werden. Bislang haben insbesondere personelle und materielle Ressourcen von Unternehmen zu wenig Berücksichtigung gefunden.

* Prof. Dr. André Röhl ist Leiter des Studiengangs Sicherheitsmanagement an der NBS Northern Business School Hamburg und wissenschaftlicher Leiter des Deutschen Instituts für Sicherheit und Krisenvorsorge (DISK).

Kostenloses Webinar

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Röhl organisiert der Behörden Spiegel am 7. September 2023 auf NeueStadt.org ein kostenloses Webinar für kommunale Entscheidungsträgerinnen und -träger zum Thema kommunale Resilienz. Ein ausführliches Programm finden Sie unter www.neuestadt.org/events/kommunenankerpunkt/

Nachdem das Projekt bereits mit Vorarbeiten gestartet war und die sozialpädagogische Beratung riskant konsumierender junger Erwachsener schon durchgeführt wurde, können erwachsene Berlinerinnen und Berliner ab sofort Proben psychoaktiver Substanzen untersuchen lassen.

Dies erfolgt in drei Beratungsstellen. Die Analyse der abgegebenen Proben erfolgt im Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin (GerMed). Das Ergebnis wird an die Beratungsstellen übermittelt. Die Nutzenden können etwa drei Tage nach Abgabe der Proben das Ergebnis dort telefonisch oder persönlich abfragen. Fachkräfte der Berliner Suchthilfe erklären die Ergebnisse und beantworten Fragen dazu. Im Bedarfsfall können weitere Beratungen vereinbart werden. Die Anonymität der Nutzenden bleibt gewahrt. Das Angebot ist für diese kostenfrei. Gesundheitssenatorin Dr. Ina Czyborra (SPD) sagte: „Ich freue mich sehr, dass das Drugchecking nun auf voller Kraft umgesetzt wird. Die analysegestützte Beratung bietet u. a. die Chance, die bislang nur wenig erreichten Partyund Freizeitdrogenkonsumierenden anzusprechen und für Risiken des Konsums zu sensibilisieren.“ Wichtige Ziele des Projektes sind z. B. die Reflexion der Drogenwirkung und des individuellen Risikos, das Erlernen von Strategien zur Risikominimierung und die Entwicklung von Konsumkompetenz und möglicher -veränderung. Darüber hinaus ermöglicht Drugchecking das frühzeitige Erfassen neuer Konsumtrends.

Bundeskongress

Kommunale Ordnung

26. & 27. September 2023

Radisson Blu Hotel, Rostock

und Anmeldung unter www.kommunale-verkehrssicherheit.de | www.kommunale-ordnung.de

Veranstaltungen des

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 19 Kommunale Sicherheit
Informationen
Welche Werkzeuge brauchen Kommunen, um im Sturm der Krisen bestehen zu können? Foto: BS/photoschmidt, stock.adobe.com

Eine Erfolgsgeschichte

Berliner Gespräch mit der malaysischen Botschafterin Dr. Adina binti Kamarudin

Seit Februar dieses Jahres ist Dr. Adina binti Kamarudin die malaysische Botschafterin in Berlin.

(BS/ps) Malaysia ist mit 330.290 km2 nur 27.000 km2 – was in etwa der Größe Belgiens entspricht – kleiner als Deutschland. Es grenzt an Thailand, Singapur, Indonesien und Brunei. In der föderalen parlamentarischen Wahlmonarchie aus 13 Bundesstaaten leben 32 Millionen auf zwei Inselteilen – der Malaiischen Halbinsel oder Westmalaysia mit der Hauptstadt Kuala Lumpur und in Ostmalaysia. Zwischen den beiden ungefähr gleich großen Landesteilen liegt das Südchinesische Meer und ein Stück des Königreichs exterritorial in Berlin: die Botschaft in der Klingelhöfer Straße.

Als Dr. Adina binti Kamarudin als Chefdiplomatin im Februar dieses Jahres ihren Dienst beginnt, ist das Haus „gut bestellt“, sprich: Die bilateralen Beziehungen unserer Länder sind seit der Aufnahme vor 66 Jahren im August 1957 auf allen Ebenen sehr gut und intensiv. Der Staat ist ein wichtiger, stabiler Partner in Südostasien und führendes Mitglied im ASEAN-Verbund. Die „Association of Southeast Asian Nations“, eine internationale Organisation südostasiatischer Staaten mit Sitz in Jakarta, ist ein Wirtschaftsraum nach dem Vorbild der Europäischen Union. Malaysia gilt als moderater Vertreter der islamischen Welt, das ob seiner Rolle in den Vereinten Nationen und seiner vermittelnden regionalen Stabilitätspolitik allenthalben geschätzt wird.

„Das erleichtert es mir, meinen Job zu machen“ meint Kamarudin, da das politische Verhältnis von intensiven Wirtschaftsbeziehungen getragen werde. Um all das und vieles andere mehr kümmert sich die 52-Jährige aufmerksam, freundlich und nachdrücklich. Wie schon 2014, als sie noch Generalkonsulin in Frankfurt war, nur völkerrechtlich gesehen nun einige Nummern größer: „Jetzt vertrete ich meinen Staat insgesamt politisch, sozial, wirtschaftlich sowie in Energie- und Umweltfragen.“ Für die zierliche Frau mit einem „Tudung“, einem Kopftuch, und sehr kleidsamem „Baju kurung“ ist diese Position eine Art diplomatischer Ritterschlag und sie hofft, dafür auch künftig alles gut und richtig zu machen. Das gilt auch für die Besuche in den deutschen Bundesländern. Dabei wird sie immer von ihrem Mann Mahzan bin Abdul Samad begleitet, einem Ingenieur und Unternehmensberater, den sie liebevoll „my rock“ nennt.

Die promovierte Juristin kommt 1997 in den diplomatischen Dienst, 2001 an die malaysische Botschaft im irischen Dublin, dann zurück ins Außenministerium in Kuala Lumpur und dann erstmals als Botschafterin nach Deutschland,

wo man ihr Land allgemein schätzt. Das ist auch bei den Staatsoberhäuptern der Fall, wie beim Besuch von Präsident Frank-Walter Steinmeier beim malaysischen König und seinem Treffen mit Premierminister Anwar Ibrahim im vergangenen Februar deutlich zu sehen war.

Deutlich wurde auch, wie gut die äußerst stabile und schnell wachsende Wirtschaft der ehemaligen britischen Kolonie zu unserer passt.

Die siebtgrößte Volkswirtschaft im ASEAN punktet mit einer bestens ausgebauten, primär auf die Bewältigung von Handelsströmen ausgerichteten Infrastruktur. Ökonomisch und politisch eines der stabilsten Länder der Region, propagiert es erfolgreich die Konvergenz von Tradition und Moderne, Islam und Kapitalismus.

Attraktiv für Fachkräfte Malaysia hat sich längst als Industriestandort bewährt, sei es für traditionellere Anwendungen oder die digitale Industrie der HightechBranche. Besonders attraktiv für deutsche Investoren sind dort die hochqualifizierten Arbeitskräfte, ein wettbewerbsfähiges Lohnkostenniveau und seine strategisch günstige Lage inmitten einer der wichtigsten Seehandelsrouten. Hinzu kommen zahlreiche Bodenschätze wie Zinn, Kautschuk, Palm- und Erdöl, die ausgesprochen unternehmerfreundliche Regierung und das verlässliche Rechtssystem, das Investoren die notwendige Planungssicherheit gewährleistet.

„Beispiel hierfür“, so Kamarudin, „ist, neben Firmen wie Bosch und Siemens, insbesondere das Pharma- und Medizinbedarfunternehmen B. Braun SE. Die Melsunger sind seit 1972 bei uns in Penang und mittlerweile die größte Niederlassung außerhalb Europas“.

Einem breiten Publikum dürfte Malaysia am ehesten als Urlaubsland bekannt sein. Aufgrund seiner Nähe zum Äquator hat es ein tropisches Regenwaldklima mit Durchschnittstemperaturen von 23 bis 31 Grad. Kaum ein anderes Land der Erde ist so reich an Pflanzen und

Tieren aller Art. Das Gebiet besteht zu mehr als 50 Prozent aus immergrünem Regenwald. Ein ideales Reiseziel für Liebhaber tropischer Natur und exotischer Städte sind z. B. Malakka, die älteste Stadt des Landes, Langkawi, die größte dortige Inselgruppe, oder Semporna, eine Stadt mit Zugang zu einzigartigen Tauch- und Schnorchelrevieren, weißen Sandstränden, türkisfarbenem Meer und bunten Korallen auf der Insel Sipadan. Unweit von der Hauptstadt Kuala Lumpur befinden sich die imposanten Kalksteinhöhlen Batu Caves. Eine davon ist eine 100 Meter hohe Kathedralen- oder Tempelhöhle mit sehenswerten Hindu-Schreinen. Überdies ist Malaysia ein Schmelztiegel der Kulturen, Ethnien und Religionen und bekannt für seine herzliche und gastfreundliche Bevölkerung. Malaien, Inder, Chinesen und an-

Rezept der Botschafterin

dere ethnische Gruppen leben friedlich miteinander. Eine Vielfalt, die einen enormen Reichtum an Traditionen, Ritualen und Feierlichkeiten hervorbringt. Das zeigt sich insbesondere in der malaysischen Küche. Sie ist frisch, wohlschmeckend, hinreißend gewürzt und überaus bekömmlich (siehe Rezept).

Bemerkenswert sei auch das Programm „Malaysia MADANI“, mit dem die Regierung von Premierminister Anwar Ibrahimin in Putrajaya, dem malaysischen Regierungssitz, Ende letzten Jahres angetreten sei, erwähnt die Botschafterin. Das Konzept enthalte im wesentlichen vier Schwerpunkte: Aufbau der Wirtschaft, Sicherstellung von Wohlstand und Armutsbeseitigung, Reform der demokratischen Institutionen und der Gesetzgebung Schaffung einer vertrauenswürdigen Verwaltung, erklärt Kamarudin.

Was den Krieg in der Ukraine anbelangt, so ist Malaysia klar dem Grundsatz der Souveränität, der territorialen Integrität und der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet.

„Jede Invasion eines Landes in ein anderes ist sehr ernst und nicht

Nyonya Laksa – würzig-scharfe Nudelsuppe

Zutaten:

Für das Sambal (dickflüssige Würzsauce auf Chili-Basis, die traditionell in kleinen Schälchen als Würzbeilage gereicht wird):

10 frische rote Chilis (100 g), 10 Stängel getrocknete Chili (20 g), eingeweicht 6 Esslöffel Speiseöl, 1 Teelöffel Salz, 1/2 Teelöffel Zucker

Für die Gewürzpaste:

10 Schalotten, geschält und in Scheiben geschnitten, 7-cm Stück Kurkuma (30 g), gehäutet, 5-cm-Stück Galgant (60 g), 8 Stängel Zitronengras (100 g), in Scheiben geschnitten, 20 Stängel getrocknete Chilis, eingeweicht Für die Laksa-Brühe:

1/2 Tasse Speiseöl, 1 Liter Garnelen- oder Hühnerbrühe, 2 Tassen Kokosnussmilch, 20 Stück frittierte Tofu Würfel, mit heißem Wasser überbrüht, um Öl zu entfernen, 2 Teelöffel Salz

Zum Anrichten:

Gekochte Fadennudeln, 1 Gurke, in Juliennestücke geschnitten, 500 g Garnelen, gekocht und geschält, 2-3 große Fischfrikadellen, gekocht und in Scheiben geschnitten, 1 Bund PolygonumBlätter (Vogelknöterich) oder Daun Kesum (vietnamesischer Koriander), fein geschnitten

Zubereitung: Das Sambal zubereiten: Frische rote Chilischoten und getrocknete Chilischoten mit einem elektrischen Mixer fein zerkleinern. Öl erhitzen. Chili-Gewürzpaste unter ständigem Rühren anbraten, bis sie duftet. Mit Salz und Zucker abschmecken. Beiseitestellen und mit dem fertigen Laksa servieren.

hinnehmbar. Daher haben wir im März 2022 in der UN-Vollversammlung in New York, zusammen mit 141 UN-Mitgliedsstaaten, für eine Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine gestimmt“, erzählt die Botschafterin nachdrücklich.

Die deutsch-malaysische Freundschaft sei erfolgreich, weil die Chemie stimme. „Wenn ich an Deutschland denke, dann mit viel Sympathie an einen Mix aus Technologie, Präzision, pünktlichen Menschen, Fußball, aber auch an seine vielen Schlösser und romantischen Reiserouten.“ Dazu zählt sie auch die Nord- und Ostsee und all die anderen wunderschönen Landschaften wie z. B. den Schwarzwald oder den Bodensee. „Wenn Sie den nicht kennen, kennen sie Deutschland nicht.“ Sie sei hier gut angekommen und möchte auch nach 26 Jahren in Diensten ihres Landes mit niemandem tauschen. Das versuche sie auch zu zeigen und die Menschen anzuregen, immer ein bisschen besser und mutiger zu werden: „Nutzt die Gelegenheit“, fordert die Malaiin zum Schluss.

Die Gewürzpaste mit Schalotten, Kurkuma, Galgant, Zitronengras und getrockneten Chilischoten mit einem elektrischen Mixer pürieren, bis eine glatte Paste entsteht; bei Bedarf etwas Wasser hinzufügen. Dazu passen ein Eistee oder nicht zu trockener Riesling.

Diplomaten Spiegel Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 20
Dr. Adina binti Kamarudin lässt sich vom Botschaftskoch malaysische Speisen servieren. Fotos: BS/Botschaft von Malaysia Die farbenfrohen Stufen der Batu Caves führen in den Eingang der Kalksteinhöhle rund 15 Kilometer nördlich der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur. Foto: BS/Olga Khoroshunova, stock.adobe.com

Digitaler Staat

Cloud Confusion

(BS/Matthias Lorenz) In Deutschland wird immer nur geplant, geplant und geplant – Ihr müsst endlich mal ans Machen kommen!“ So deutlich wird ein niederländischer Open Source­Programmierer, der schon viele Projekte in den Niederlanden und anderswo in Europa begleitet hat. Seine Aussage gilt auch beim Thema Cloud für die deutsche Verwaltung. Trotz Verwaltungscloudstrategie und MulticloudAnsatz ist immer noch nicht klar, wo die Verwaltung eigentlich hin will.

Immer noch wird Positionspapier um Positionspapier geschrieben – zuletzt von Vitako, dem Verband der kommunalen IT-Dienstleister. Es gelte, „wirtschaftliche Abhängigkeiten so weit wie möglich zu reduzieren“, heißt es darin. Gefordert wird unter anderem der „verstärkte Einsatz von Open-Source-Software“

– sobald eine Entwicklung öffentlich gefördert oder getragen wird, müsse sie Open-Source-basiert sein. Trotzdem sollen internationale Hyperscaler involviert werden, wie Lars Hoppmann, stellvertretender Vitako-Vorstandsvorsitzender und Geschäftsleiter des Kommunalen Rechenzentrums Minden-Ravensberg/Lippe, betont: „Das Bemühen um weniger Abhängigkeit darf nicht mit Autarkie verwechselt werden. Unter klar definierten Rahmenbedingungen sollte es auch möglich sein, nichteuropäische Hyperscaler als Cloud-Lösung für die öffentliche Verwaltung zu nutzen.“

Es gibt unterschiedliche Ansätze, wie das gelingen kann – die Angst vor neuen Abhängigkeiten oder dem Verlust von Daten ist groß. Trotzdem wollen die Nutzerinnen und Nutzer in der Verwaltung gerne jene Cloud-Produkte nutzen, die sie aus ihrem privaten Alltag schon zur Genüge kennen. Deswegen arbeiten die Hyperscaler Microsoft, Google und AWS daran, wie sie ihre Produkte auch für die öffentliche Verwaltung in Deutschland nutzbar machen können.

Microsoft und Google setzten dabei jeweils auf deutsche Partnerunternehmen, welche den Betrieb der Cloud-Produkte in Deutschland sicherstellen sollen. Durch diese Modelle sollen Datenschützer und Souveränitätsverfechter von der Sicherheit des Angebots überzeugt werden, schließlich bleibt alles in

Deutschland. Gleichzeitig wird nun darauf geachtet, dass die Nutzerinnen und Nutzer nur geringe Einbußen erwartet, was die Funktionalität der Services angeht – ein Learning aus früheren Fehlern (Stichwort Microsoft Cloud für Deutschland).

Einige Einschränkungen wird es jedoch auch bei den neuen Konstrukten geben: So sollen KI-Anwendungen der Firma OpenAI (ChatGPT) in das Angebot, dass die deutsche Firma Delos für Microsoft in Deutschland vertreiben will,

ne, Regional Security & Compliance Strategist DACH bei AWS, für „gleich null“. Die USA seien wie die meisten europäischen Staaten Mitglied der NATO. Außerdem erzielten die USA durch das globale Cloud-Geschäft der Hyperscaler sehr hohe Steuereinnahmen. „Ich halte dieses geopolitische Risiko für ein reines Theoretikum“, sagt Boyne. Er weist noch auf einen anderen Aspekt hin: Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine habe man mit sehr viel Mühe alle relevanten Daten aus der Ukraine herausgeholt, damit die Funktionsfähigkeit des Staates während und nach dem Ende des Krieges gewährleistet sein kann. Die Daten nur im eigenen Land zu haben, könne also auch Herausforderungen schaffen.

schlicht keine Handlungsmaxime dar, auf die wir uns verlassen können.“ Christian Leinert, Präsident des baden-württembergischen Landes-IT-Dienstleisters BITBW, ergänzte auf dem Kongress BadenWürttemberg 4.0 (mehr hierzu auf Seite 22), es fehle schlicht das Vertrauen in die Versprechen der Hersteller. Oft seien diese in der Vergangenheit nicht gehalten worden.

erstmal nicht integriert werden. In der Public Cloud sind sie hingegen vorhanden.

Zu den Angeboten der Hyperscaler müssen auch Angebote aus Deutschland kommen, so beispielsweise die Überzeugung von Vitako:

„Mit Blick auf die Präsidentschaftswahl in den USA 2024 kann aus heutiger Sicht eine Renaissance der America-First-Politik nicht ausgeschlossen werden“, so das Positionspapier. Die Befürchtung ist, dass Cloud-Angebote im Zweifelsfall abgeschaltet werden. Selbst wenn der Betrieb durch deutsche Partner für einige Monate aufrechterhalten werden könnte, wäre es mit Sicherheitsupdates und immer neuesten Funktionalitäten in diesem Worst Case schlagartig vorbei.

Doch die Wahrscheinlichkeit für diesen Worst Case hält Gerald Boy-

AWS setzt aus diesen Gründen nicht auf einen deutschen Partner, sondern will die Behörden mit Verschlüsselung von der Nutzung der eigenen CloudAngebote überzeugen. Neben der AWS-eigenen Verschlüsselung wird die Möglichkeit geboten, die Daten zusätzlich extern zu verschlüsseln.

Sollten also je US-Behörden Zugriff auf diese Daten verlangen, bekämen sie nur die verschlüsselten, lautet die Logik von AWS. Allein eine solche Anfrage hält Boyne aber für unwahrscheinlich – sobald es um Spionage gehe, versuchten es Geheimdienste auf anderen Wegen. Ob diese Argumente in der deutschen Verwaltung überzeugen können, ist unklar. Auf das Steuer-Argument entgegnet Lars Hoppmann: „Steuereinnahmen beziehungsweise deren möglichen Verluste spielen bei geopolitischen Fragestellungen eine deutlich untergeordnete Rolle und stellen für eine Weltmacht

Daneben stellt sich die Frage, ob all diese Diskussionen zu spät geführt werden. Die deutsche Verwaltung muss so schnell wie möglich cloudbasiert arbeiten, die speziell auf die Souveränitätswünsche zugeschnittenen Angebote der US-amerikanischen Hyperscaler sind noch lange nicht vorhanden. Die Firma Delos will mit ihrem Microsoft-Angebot vor der Bundestagswahl 2025 an den Start gehen. Ob das Konstrukt beispielsweise den Überprüfungen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) standhält, gilt im BSI nicht als gesichert. Ebenso wenig steht fest, ob andere Hyperscaler-Angebote überzeugen können. Eine wirkliche Alternative aus Deutschland oder der EU ist jedoch nicht in Sicht. Der Aufbau einer solchen würde laut Expertenmeinungen rund zehn Jahre in Anspruch nehmen.

Auch über die Frage, wie die verschiedenen Cloud-Angebote der deutschen Verwaltung zur Verfügung gestellt werden könnten, herrscht Uneinigkeit. Einen Rahmenvertrag abzuschließen, ist wohl vom Tisch. Weiterhin besteht der Plan, dass die Genossenschaft govdigtal als Einkäufer fungiert. Beide Pläne stammen ursprünglich aus dem Bundesfinanzministerium, namentlich vom Ex-Abteilungsleiter Harald Joos. Im Bundesinnenministerium ist man sich nicht sicher,

ob die zweite Lösung juristisch haltbar wäre. Für die govdigital spricht, dass sie bereits ein Cloud-ServicePortal (CSP) für die Verwaltung aufgebaut hat, welches sich momentan im Pilotbetrieb befindet. Auch unter Vergaberechtlern gibt es gegenüber dem Plan durchaus aufgeschlossene Meinungen. Dazu kommt: Wenn die Verwaltung nicht bereit ist, Risiken einzugehen, kann sie nicht zeitgemäß digital werden. Warum? Inzwischen werden die Diskussionen von der Realität überholt. Mit der Entscheidung, den Kampfjet Tornado durch die amerikanische F-35 zu ersetzen, holt sich Deutschland AWS-Technologie in einen hochsensiblen Bereich. Ohne diese Technik ist das Flugzeug nicht einsatzfähig, so die einhellige Auffassung. Die Handlungsfähigkeit der Luftwaffe wird höher bewertet als Diskussionen um digitale Souveränität gegenüber den USA. Über diese Gewichtung kann diskutiert werden, aber immerhin wurde eine Entscheidung getroffen. Ob die Balance zwischen der Handlungsfähigkeit der Verwaltung und der digitalen Souveränität gewahrt werden kann, ist ungewiss. Immerhin will sich der IT-Planungsrat in seiner Sitzung Anfang Juli (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) mit der Cloud befassen. Besprochen werden soll unter anderem, ob der Pilotbetrieb des CSP verstetigt wird. Fest steht: Viel Zeit für Entscheidungen bleibt nicht mehr.

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / Juli 2023 www.behoerdenspiegel.de
Grafik: BS/Hoffmann unter Verwendung von stock.adobe.com, GN.STUDIO; stock.adobe.com, freehand; stock.adobe.com, Macrovector; stock.adobe.com, WinWin; stock.adobe.com, Golden Sikorka
„ Eine Renaissance der America-First-Politik kann nicht ausgeschlossen werden.“

Baden-Württemberg 4.0

Künstliche Intelligenz (KI) hat Einzug in den Arbeitsalltag von Behörden und Verwaltungen gehalten und wird auch in Zukunft eine große Rolle spielen. Obwohl der Einsatz von KI in Deutschland bekanntermaßen noch immer stark ausgebaut werden muss, gibt es bereits einige Anwendungsbeispiele, an denen das Potenzial von KI innerhalb von Arbeitsprozessen deutlich wird.

Ein solches Beispiel ist der KI-basierte Textassistent F13, den das InnoLab_bw entwickelt hat. Dieses Innovationslabor des Landes Baden-Württemberg sei eine interdisziplinäre Plattform und diene der Verfolgung von Technologietrends sowohl inter- wie auch -national, erklärt Dr. Eva Sonnenmoser, Referentin am Innovationslabor. Vielversprechende neue Ideen und Technologien sollten hier ausfindig gemacht werden, um darüber zu entscheiden, ob und wie diese auch in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt werden könnten, so Dr. Sonnenmoser weiter.

Zurück zu F13: Der Prototyp umfasse vier Funktionen, erläutert Johannes Ast, ebenfalls Referent am Innovationslabor. Neben Rechercheassistenz und der Erstellung von Fließtexten sowie Kabinettsvorlage-Vermerken biete das Programm auch die prägnante Zusammenfassung langer Textpassagen. Seit Mai 2023 ist F13 nun im Verwaltungsnetz in Baden-Württemberg verfügbar. Zum Projektabschluss Ende dieses Jahres soll eine Auswertung erfolgen.

Negative Folgen durch KI berücksichtigen

Prof. Jörn von Lucke von der Zeppelin-Universität Friedrichshafen begrüßt den Einsatz von KI etwa bei Vertragsanalysen oder durch Chatbots, um Arbeitsprozesse zu beschleunigen. Doch er warnt eindringlich vor Schwierigkeiten, die sich zwangsläufig ergeben werden: „KI werden wir regulieren müssen“, betont er. Die kritische Reflexion sei dringend geboten, so von Lucke. Denn die KI könne in der Lage sein, Entscheidungen nicht nur zu unterstützen, sondern anstelle eines Menschen zu übernehmen. Darüber hinaus seien die Daten, die

Sosieht der baden-württembergische Landes-CDO/CIO Stefan Krebs beim ursprünglichen OZG zwar Fehler in der Zielsetzung: Natürlich sei es nicht das Ziel, nur die Anträge in digitaler Form zu bekommen. Auch müsse intern digital weitergearbeitet werden. „Das OZG war aber trotzdem ein Erfolg“, findet Krebs. Es habe für eine ganz neue Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen gesorgt. Nichtsdestotrotz hält Krebs die Kritik seitens der Kommunen für berechtigt. Diese müssten 80 Prozent der Leistungen umsetzen, würden aber nicht genug in den Prozess mit einbezogen. Deswegen hält der Landes-CDO/CIO den vom IT-Planungsrat auf den Weg gebrachten Kommunalpakt für den richtigen Weg. Einer der lautesten OZG-Kritiker auf kommunaler Seite ist Thomas Bönig, Leiter des Amtes für Digitali-

Smart City ist kein Luxus

KI-gestützte Programme zur Stadtentwicklung

(BS/Marlies Vossebrecker) Im Zuge der Digitalisierung kommen zahlreiche KI-gestützte Programme zum Einsatz. Während hier einerseits mögliche Risiken nicht außer Acht gelassen werden dürfen, entwickeln sich andererseits erfolgversprechende Projekte. Auf dem Kongress Baden-Württemberg 4.0 debattierten Expertinnen und Experten über Für und Wider.

Sicht der Bürgerinnen und Bürger gedacht werden. Für die benötigten personellen und finanziellen Ressourcen sei außerdem eine Leitlinie erforderlich. Stolz merkt an, dass es auf Bundesebene bisher noch immer kein Konzept zur langfristigen Etablierung der Digitalisierung gebe. Da vereinzelte Leuchtturmprojekte bisher nicht als Bundesaufgabe verstanden worden seien, würden auch keine Fördergelder zur Verfügung gestellt, kritisiert der Stabstellen-Leiter. Problematisch gestalte sich hier die Finanzierung von Strategien und Programmen, die zur Erstellung einer Smart City benötigt würden, so die einhellige Meinung. Da es bisher keine einheitliche Leitlinie vonseiten der Länder oder des Bundes gebe, seien die Kommunen gezwungen, die Lizenzen bestimmter Programme jeweils einzeln zu erwerben. So entstünden enorme Mehrkosten, die sich leicht vermeiden ließen, wenn die Lizenzen einmalig für alle Kommunen auf Landesebene gekauft würden.

Datengestützte Stadtentwicklung

KI zugrunde lägen, oft nur wenigen großen Konzernen zugänglich, während sie aufgrund strenger Datenschutzbestimmungen der Öffentlichkeit zur Nutzung vorenthalten blieben, bemängelt Prof. von Lucke Datenvernetzung hilft gegen Klimawandel Trotz Bedenken und Kritik überwiegt eine positive Haltung gegenüber KI und KI-gestützten Programmen, auch bei der Verwaltungsdigitalisierung und bei Anwendungen im Zusammenhang mit Smart Cities. Hier hat etwa die Metropolregion Rhein-Neckar in ihrem digitalen Kompetenzzentrum „Regionaler Datenraum Metropolregion Rhein-Neckar“ ein Datendashboard zur Vernetzung von erhobenen Daten aus den drei beteiligten Bundesländern Baden-Württemberg,

Hessen und Rheinland-Pfalz entwickelt. Durch diesen Datenpool entstehe ein erheblicher Mehrwert für Wirtschaft, Verwaltung und Politik, erklärt Marvin Baldauf, Referent im Bereich Digitalisierung und E-Government bei der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH. Durch die Kombination von Datenmengen ließen sich wichtige Erkenntnisse gewinnen, führt Baldauf aus: Um den Auswirkungen des Klimawandels entgegenzuwirken oder vorzubeugen, könne man etwa anhand von Datenschnittmengen Hitzeinseln in Innenstädten ausfindig machen und so Klimaziele besser umsetzen. Denn man müsse die Digitalisierung und die Stadtplanung zusammen denken.

Philipp Stolz, Leiter der Stabsstelle Digitalisierung in Schorndorf, bestätigt, dass es bereits heute zahl-

reiche Innovationsfelder gebe, in denen Künstliche Intelligenz innerhalb der Stadt zum Einsatz komme, wie etwa zur Besucherstromerfassung, als Parkleitsystem oder zur Erfassung des Straßenzustandes.

Smart City ist kein Luxus Innerhalb der Innovationsfelder müsse individuell vom Standort abhängig der wichtigste Themenkomplex ausgewählt werden, um diesen dann voranzutreiben, erklärt Stolz. Für ihn ist klar: „Eine Smart City möchte jeder werden.“ Sie sei kein Luxus mehr, sondern eine notwendige Voraussetzung, damit der Staat langfristig handlungsfähig bleibe. Die Smart City sei zudem eine dauerhafte Aufgabe, die nicht lediglich einmalig umgesetzt werden müsse. Die angestrebten Ziele und Strukturen müssten dabei aus

Sackgasse versus Startrampe

Der Streit um den OZG-Ansatz geht weiter

(BS/Matthias Lorenz) Obwohl mit der Registermodernisierung oder der Cloud schon die nächsten Megaprojekte anstehen, bleibt die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) ein Dauerthema – so auch auf dem Kongress Baden-Württemberg 4.0. Schon die grundsätzlichen Meinungen zur OZG-Fortschreibung gehen weit auseinander.

sierung, Organisation und IT sowie CDO/CIO der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart.

„Mit dem OZG kommen wir nicht mehr weiter“, ist Bönig überzeugt.

Bei Deutschland handele es sich in puncto digitale Verwaltung um ein Entwicklungsland. Das Hauptproblem sei, dass meist versucht werde, alte Prozesse zu digitalisieren.

„Wenn man aber nicht den Prozess an sich reformiert, helfen weder OZG noch E-Akte weiter“, bringt es Bönig auf den Punkt. Es gebe Ämter in Stuttgart, die OZG-Anträge wieder abschalteten, weil die Qualität der Daten, die über die Online-An-

träge hereinkämen, ungenügend sei. Dies liege am schlechten sowie für die Nutzerinnen und Nutzer verwirrendem Design.

Plattformansatz statt Einer für alle Bönig fordert deswegen einen Plattformansatz für die digitale Verwaltung, anstatt weiter auf digitale Anträge und das Einer-für-alle-Prinzip zu setzen. „Dieser Ansatz würde uns die Möglichkeit geben, zentralisiert allen in Deutschland die digitale Verwaltung zur Verfügung zu stellen, und zwar mit gleicher Oberfläche.“ Für einen plattformgetriebenen Ansatz plädiert auch Prof.

Dr. Birgit Schenk, Professorin für Verwaltungsinformatik und Organisation an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg. „Wir sollten die Verwaltung noch einmal komplett neu denken, um nicht schon wieder zu spät dran zu sein“, so Schenk. Auch ein „OZG 2.0“ sei nichts weiter als eine Verschönerung der Fassade.

Dies will Dr. Michael Zügel, Referatsleiter E-Government, Open Government und Verwaltungsdigitalisierung im Ministerium des Innern, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg, so nicht stehen lassen. Inzwischen

„Die Digitalisierung sollte dazu genutzt werden, um die Stadtentwicklung zu verbessern“, stimmt Felix Unseld zu, Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung und Smart City in Aalen. Dank datengestützter Stadtentwicklung könne auf die Herausforderung des Klimawandels angemessen reagiert werden. Zweifellos zähle dabei die KI zu den wichtigsten Tools der Stadtentwicklung der Zukunft, so Unseld

Die Stadt könne ihren Bewohnerinnen und Bewohnern dank aller verfügbaren Daten einen umfassenden Bürgerservice anbieten, meint auch Thomas Feld, Vizepräsident der Data Economy beim Unternehmen Materna. KI sei beispielsweise hilfreich, damit Paket- und Lieferdienste in der Ladezone freie Parkplätze buchen könnten, wie es in Hamburg schon üblich sei. KIgestützte Systeme könnten auch bei Großveranstaltungen aushelfen, um Sicherheitskonzepte zur Vorbeugung bestimmter Gefahren zu erstellen. Jegliche Umsetzung müsse jedoch immer am Bedarf ermittelt werden.

denke man digitale Prozesse Ende zu Ende. „Das machen wir bei allen 16 Fokusleistungen, die nun priorisiert digitalisiert werden.“ Für diese Vorgehensweise habe sich der IT-Planungsrat ja gerade aus dem Grund entschieden, weil die vorherige Vorgehensweise nicht zielführend gewesen sei.

Die Fokusleistung Kfz-An- und Ummeldung (i-Kfz Stufe 4) wird federführend von Baden-Württemberg umgesetzt. Hier sei im Grunde alles fertig, erklärt Krebs und hadert: „Wir stehen an der Ziellinie und kommen nicht herüber.“ Denn es gebe ein Problem: Um die Leistung flächendeckend ausrollen zu können, sei eine Anpassung der Fahrzeugzulassungsverordnung des Bundes durch den Deutschen Bundestag erforderlich. Dabei gebe es Verzögerungen. Mit dem Rollout rechnet der Landes-CDO/CIO nun im vierten Quartal 2023.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 22
Dr. Eva Sonnenmoser vom Innovationslabor Baden-Württemberg stellte den KI-gestützten Textassistenten F13 vor. Foto: BS/Bildschön

Wie transformiert sich der öffentliche Sektor außerhalb Deutschlands? Dieser Frage gehen Expertinnen und Experten bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) nach. Riham Fakhry ist als Digitalisierungsund Innovations-Beraterin mit der GIZ in Ägypten, um die dortige Regierung beim E-Government für die öffentliche Verwaltung zu unterstützen. Das Projekt läuft bis 2025 und hat das Ziel, Dienstleistungen zu digitalisieren und Kapazitäten für den Öffentlichen Dienst (ÖD) aufzubauen. Der Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern ist Fakhry wichtig. In Workshops tritt das GIZ-Team, welches mit 15 Leuten am Projekt “Unterstützung von EGovernment und Innovation in der öffentlichen Verwaltung (InnoPA)” beteiligt ist, in den direkten Kontakt mit den Nutzenden.

Neben der Zusammenarbeit zwischen der GIZ und der Bevölkerung spielt auch die bilaterale Partnerschaft eine große Rolle. Im DeutschIndischen Digitaldialog zwischen der Bundesregierung und dem indischen Ministerium für Elektronik und IT (MeitY) werden digitalpolitische Themen besprochen – darunter auch E-Government und elektronische Bürgerservices. Janina

Sandbox aus Indien und Südafrika

GIZ fördert Verwaltungsdigitalisierung

(BS/Paul Schubert) Während wir in Deutschland über das Onlinezugangsgesetz und die Registermodernisierung reden, gibt es in Indien vollautomatisierte Führerscheinprüfungen und in Südafrika werden Parks mithilfe des Videospiels Minecraft gestaltet. Der Blick in Länder außerhalb Europas zeigt: Die Bedarfe der Bürgerinnen und Bürger bei der Digitalisierung der Verwaltung unterscheiden sich von Land zu Land – auch hinsichtlich bewährter Praktiken und deren Schwerpunktsetzung.

Kempf arbeitet als Beraterin für den Dialog und zeigt auf, dass bei dieser Partnerschaft beide Länder profitieren: „Indien ist mit Blick auf digitale Standarddienste, wie Finanzen und Gesundheit, am Puls der Zeit. Umgekehrt erarbeitet das Land gerade erst ein Datenschutzgesetz und profitiert von Deutschlands Erfahrungen“, erklärt Kempf. In Indien gebe es weniger Bewusstsein für die Sensibilität persönlicher Daten, man sei im Vergleich dazu aber innovationsfreundlicher. Europa sei da eher datenschutzorientiert. In diesem Kontext werden im Rahmen des Dialogs Expertenrunden rund um das Thema Datenschutz organisiert. Neben Finanzen und Gesundheit ist Indien auch Vorreiter im Bereich Mobilität: „In Indien gibt es an einigen Stellen vollautomatisierte Führerscheinstrecken. Man ist unabhängig von Fahrlehrenden und es wird mittels Sensoren am Auto ermittelt, ob die Führerschein-

prüfung bestanden oder nicht bestanden wurde.“ Damit könnten bis zu 3.000 Fahrwillige pro Woche getestet werden, erklärt Kempf. Dieses System werde nicht nur für Pkws, sondern auch für Lkws, Motorräder und Tuk Tuks eingesetzt.

Bausteine für die Verwaltung Indien ist Teil der GovStack-Initiative. Das Projekt schafft einen gemeinsamen Rahmen und die technische Praxis für die Entwicklung wiederverwendbarer digitaler Komponenten – sogenannter „digitaler Bausteine“. Sarah Fischer ist Projektleiterin der Initiative, die ein „Playbook der Verwaltungsdigitalisierung“ entwickelt. Dafür sei ein internationales Netzwerk aufgebaut worden. Neben Indien sind auch Singapur, die Ukraine und sechs weitere Länder aktiv am Projekt beteiligt. Im Sommer dieses Jahres soll dafür eine Sandbox gelauncht werden. „Mithilfe der Sandbox kön-

nen Länder ihre Anwendungsfälle prototypisch nach dem BaukastenSystem aufbauen und auf Kompatibilität testen,” erklärt Fischer

Neben digitalen Dienstleistungen für die Verwaltung beschäftigt sich die GIZ auch mit innovativen Ideen bei der Stadtplanung. „Dabei gibt es einige Beispiele, von denen wir alle lernen können“, erklärt Lisa Hiemer-Maqoma. Sie arbeitet unter anderem für das BMZ-Digitalvorhaben

„E-Governance inklusiv gestalten (INDIGO)” in den palästinensischen Gebieten. „Die Bundesregierung möchte dort insbesondere die Kommunen stärken. Auch Städtepartnerschaften mit Deutschland sind geplant“, erzählt Hiemer-Maqoma Neben INDIGO war sie in einem Projekt aktiv, das einen Park in der Stadt Johannesburg umgestaltet hat. „Hier wurden Jugendliche und Anwohnerinnen und Anwohner gebeten, Ideen zu sammeln, wie der Park wieder ein Begegnungsort werden kann“, so die Projektleiterin. Die jungen Menschen konnten beispielsweise mithilfe des Videospiels Minecraft Vorschläge sammeln. Diese wurden dem Planungsbüro in Johannesburg übergeben: „Mit den Ideen wurde die Beleuchtungssituation im Park verbessert, neue Zäune gebaut und Spielplätze errichtet“, berichtet Hiemer-Maqoma „Wir möchten mit den beteiligten Stakeholdern nachhaltige Kompetenzen und Strukturen aufbauen“, erklärt Riham Fakhry. Das geschehe am besten mit einem Ansatz, der am Menschen orientiert sei, resümiert Hiemer-Maqoma. Denn auch wenn es häufig Verwaltungsprozesse sind, die in den Projektländern digitalisiert werden, werden sie vorrangig für die Verwaltungsmitarbeitenden der Regionen und ihre Bürgerinnen und Bürger geschaffen.

ist so beständig wie der Wandel.“ Das stellte der griechische Philosoph Heraklit bereits vor zweieinhalbtausend Jahren fest. Doch heute ist seine Erkenntnis aktueller denn je, vor allem in der Informationstechnologie. In diesem Bereich hat sich der Wandel in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich beschleunigt.

So benötigen IT-Fachleute heute aktuelle und fundierte Kenntnisse in Bereichen wie Cloud- und Web-Technologien, IT-Security und Künstliche Intelligenz. Dasselbe gilt für agile Verfahren in der Software-Entwicklung, DevOps und die Sparte Data Science.

Doch auch bei klassischen Themen wie der Administration und dem Schutz von Client-Systemen, Servern, Microsoft-365-Umgebungen und Netzwerken muss das Fachwissen kontinuierlich an neue Anforderungen angepasst werden. Ein Beispiel ist die Etablierung von Homeoffice und „Working from Anywhere“. Allerdings sind spezielle IT-Sicherheitsmaßnahmen erforderlich, wenn Mitarbeiter von zu Hause oder unterwegs auf das Unternehmensnetz zugreifen, etwa bei der Authentifizierung der User und beim Schutz von Endgeräten und Unternehmensdaten.

Steigende Anforderungen

Für IT-Experten bedeutet dies, dass für sie das Prinzip des „lebenslangen Lernens“ immer wichtiger wird. Entwickler, Systemverwalter und IT-Projektmanager können es nicht riskieren, wichtige technologische Entwicklungen zu verpassen. Neue, spannende Projekte und viele Arbeitgeber blieben ihnen potenziell verschlossen. In Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen kommt ein weiterer Faktor hinzu: der Mangel an ITFachkräften. Dieser war nach Angaben des Digitalverbands Bitkom Ende 2022 so gravierend wie nie zuvor. Trotz Energiekrise und des Kriegs in der Ukraine fehlten in Deutschland 137.000 IT-Experten. Betroffen sind nicht nur Unternehmen, sondern auch der öffentliche Sektor. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens McKinsey sind derzeit im öffentlichen Dienst

heise Academy: IT-Experten

Lebenslanges Lernen in der IT –mit den maßgeschneiderten und praxisorientierten Weiterbildungsangeboten der heise Academy

Wer rastet, der rostet. Das gilt vor allem für IT-Experten. Deshalb bietet die heise Academy IT-Profis die Möglichkeit, ihr Fachwissen auf den neuesten Stand zu bringen – mit fachlich fundierten und didaktisch hochwertigen digitalen Kursen, Live-Veranstaltungen und praxisnahen Schulungen.

39.000 IT-Stellen unbesetzt. Bis 2030 soll die Zahl auf 140.000 offene Positionen ansteigen.

Auf Weiterbildung setzen

Es gibt jedoch einen Ausweg: ITTeams können sich mithilfe von maßgeschneiderten, hochwertigen und flexiblen Weiterbildungsangeboten für die IT-Zukunft fit machen. Das gilt auch für IT-Spezialisten, die eigenständig ihre Fachkenntnisse vertiefen und erweitern möchten.

Exakt hier setzt die heise Academy an. Dieses Angebot von Heise, Europas größtem IT-Verlag, stellt Unternehmen und IT-Fachleuten ein umfassendes Programm von deutschsprachigen Videokursen, Webinaren, Schulungen und Konferenzen zur Verfügung – natürlich in der gewohnten Heise-Qualität. In der heise Academy stehen mehr als 120 Lernthemen aus dem IT-Bereich, über 300 Live-Events und 120 digitale Kurse zur Wahl. Dieses Angebot wird kontinuierlich ausgebaut.

Ein wichtiger Aspekt bei allen Lerninhalten der heise Academy ist der Praxisbezug als Ergänzung der theoretischen Grundlagen. Beispielaufgaben aus dem beruflichen Alltag und Best Practices in Ver-

bindung mit Tests und Übungen stellen sicher, dass die Teilnehmer das erworbene Wissen sofort im Berufsalltag nutzen können.

Formate nach Wahl

Die heise Academy bietet die Lerninhalte live und „on demand“ über den heise Academy Campus an. Bereits während einer Schulung oder eines Webinars können die Teilnehmer die neu erworbenen Kenntnisse vertiefen, etwa mithilfe von Übungen, Aufgaben, Videos

heise Academy:

und Coding-Segmenten. So haben IT-Fachleute immer die Wahl, wann, wo und auf welche Weise sie die Weiterbildungsangebote nutzen. Somit setzt die heise Academy auf einen fokussierten, nutzbringenden Erfahrungsaustausch und zielgerichteten Know-how-Transfer – keine Einbahnstraße mit Inhalten von der Stange. Jedem Teilnehmer steht zudem eine individuelle Lernumgebung zur Verfügung. Über sie steuert er den Lernfort-

Das Wichtigste auf einen Blick

Zielgruppen:

IT-Experten, die ihr Fachwissen zielgerichtet erweitern wollen und Unternehmen, die hochwertige und flexible Weiterbildungslösungen für ihre IT-Teams benötigen.

Lernformate:

» Digitale Kurse: Videokurse zu aktuellen IT-Themen mit anschaulicher Wissensvermittlung und praxisnahen Übungen, jederzeit abrufbar.

» Webinare: Live-Veranstaltungen mit Experten und der Möglichkeit, Fragen zu stellen.

» Konferenzen: Praxisorientierte Fachvorträge auf Live- Veranstaltungen in ganz Deutschland.

» Schulungen: Praxisrelevantes Know-how mit thematischem Tiefgang – live und in kleinen Gruppen lernen.

schritt und kann dort Notizen und Fragen hinterlegen.

Academy Pass: Zugang zu 200 Angeboten

Besteht ein konkreter Weiterbildungsbedarf, können Interessenten einzelne Lerninhalte separat online buchen, etwa einen speziellen Kurs oder die Teilnahme an einem Webinar.

Für IT-Fachleute und Unternehmen, die mehrere Inhalte nutzen möchten, kommt der Academy Pass infrage. Gegen eine Jahresgebühr haben Nutzer die Möglichkeit, an über 200 digitalen Kursen, Webinaren und einer Auswahl an Online-Konferenzen teilzunehmen.

Ein Tipp: Interessenten können den Academy Pass 30 Tage lang kostenlos testen.

Fazit: Mit heise Academy den Wandel meistern Der Wandel in der IT beschleunigt sich immer weiter. Damit wird lebenslanges Lernen unverzichtbar – für IT-Profis, aber auch für technisch interessierte Nutzer. Ihnen eröffnet die heise Academy die Möglichkeit, erworbenes Wissen aufzufrischen und neues Knowhow aufzubauen. Damit sind die Nutzer von heise Academy bestens für die Zukunft – und den Wandel – gerüstet.

Themen der Weiterbildungsangebote:

IT-Security, Softwareentwicklung, Webtechnologien, Datenbanken & Data Science, Cloud-Technologien, Netzwerke & Systeme, IT- & Projektmanagement

heise Academy Pass:

Attraktive Jahresabonnements für Unternehmen und einzelne IT-Profis mit Zugang zu über 200 Lerninhalten, Kursen und Live-Events. Alternativ zum Academy Pass die Option, an einzelnen Schulungen, Konferenzen und Webinaren teilzunehmen.

www.heise-academy.de

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 23 Informationstechnologie
„Nichts
storage2day 2023 Mehr erfahren
für die Zukunft fit machen
„In Indien gibt es an einigen Stellen vollautomatisierte Führerscheinstrecken.“
Janina Kempf, Beraterin bei der GIZ

Digitale Verwaltung wird in Österreich mit enger und verwaltungsübergreifender Zusammenarbeit verbunden sowie effizient durch den Portalverbund ermöglicht. Über 125.000 Verwaltungsbedienstete und Personengruppen mit übertragenen Verwaltungsaufgaben haben damit Zugriff auf über 480 integrierte Anwendungen, darunter alle Querschnittsanwendungen der Bundesverwaltung. Durchschnittlich erfolgen ca. 350.000 Anmeldungen pro Tag. Bürger/-innen sowie Wirtschaftstreibende können schon heute Verwaltungswege nach Lebenslagen über das Serviceportal „oesterreich. gv.at“ bzw. die App „Digitales Amt“ sowie das Unternehmensserviceportal „USP.gv.at“ online erledigen. Das Zentrale Personenstandsregister ermöglicht den elektronischen Abruf von Urkunden, das Gewerbeinformationssystem von Gewerbescheinen (www-gisa.gv.at/abfrage) und das Zentrale Melderegister die An-Ab-Ummeldung vom Wohnsitz rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche. Laut dem D21 eGovernment MONITOR liegt die Nutzung in AT bei 72 Prozent (DE 54 Prozent).

Vor genau einem Jahr wurde mit der Regierungsumbildung in Österreich Florian Tursky als neuer Staatssekretär für Digitalisierung und Breitband im Bundesfinanzministerium von Bundespräsident Van der Bellen angelobt. Damit wanderte auch das Thema E-Government vom ehemaligen Bundesministerium für Digitales und Wirtschaft (nun neu Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft) zu ihm.

Nun wurde kürzlich die neue „EGovernment Strategie 2023“ (www. digitalaustria.gv.at/Strategien/E-Go-

Christian Rupp war von 2003–2018 als Exekutivsekretär

E-Government des Bundes und Sprecher der Plattform Digitales Österreich für die Strategie Österreichs im Bundeskanzleramt verantwortlich. Er ist Vorstand des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums in Berlin und CDO bei Prosoz Herten.

Foto: BS/Rupp

K leidungsstücke auswählen, zum Warenkorb gehen, nach Hause bestellen: Online-Shopping ist schnell und unkompliziert. Der Einkleidungsprozess bei der Bundeswehr hingegen ist aufwendiger, vor allem für Rekrutinnen und Rekruten. Für die Ersteinkleidung müssen nämlich alle Angehörigen der Streitkräfte vor Ort von einem Schneider oder einer Schneiderin vermessen werden. Dies erfolgt in einer der bundesweit 83 Servicestationen, die die Bekleidung für alle Einheiten vorhalten. Knapp 16.500 Rekrutinnen und Rekruten werden jedes Jahr eingekleidet und legen für die erforderliche An- und Abreise für das Maßnehmen und die Ausgabe der Bekleidung mehr als 500.000 Kilometer Fahrtweg zurück. Insgesamt nimmt dies jährlich über 560.000 Stunden Dienstzeit in Anspruch.

Manueller Prozess –hoher Aufwand

Ist die Kleidergröße einmal ermittelt, geht es an die Kleiderausgabe. Hierbei kann es vorkommen, dass die richtige Größe nicht verfügbar ist und nachbestellt werden muss – und die Rekrutinnen und Rekruten später erneut zur Servicestation fahren müssen. Zudem fallen die verschiedenen Kleidungsstücke oft unterschiedlich aus: Eine Feldbluse

Einheitlich, vernetzt, abgestimmt

Österreich veröffentlicht neue E-Government-Strategie und Digital Austria Act

(BS/Christian Rupp) Österreich hat vor Kurzem die „E-Government Strategie 2023“ und den „Digital Austria Act“ auf den Weg gebracht. Die Alpenrepublik hat mit dem Thema E-Government schon frühzeitig begonnen. Das Bürgerportal HELP. gv.at, FinanzOnline.bmf.gv.at und das Rechtsinformationssystem (RIS.bka.gv.at) gingen bereits 1997 online.

Unsere Vision – übergreifende Formulierung

1

Unsere Prinzipien

2

Bürger/-innen

umfasst alle Initiativen, die die Bürger/-innen betreffen.

Vision Bürger/-innen

Unternehmen

umfasst alle Initiativen, die die Unternehmen betreffen.

Vision Unternehmen

3

Verwaltung berücksichtigt die eigenen Mitarbeiter/ -innen sowie die verwaltungsübergreifenden Abläufe.

Vision Verwaltung

4

Gesamtarchitektur & Basiskomponenten unterstützen übergreifende Standardisierung & Bereitstellung von Basisdiensten/ -komponenten.

Vision Gesamtarchitektur & Basiskomponenten

Initiativen – unter Berücksichtigung der Prinzipien

Die E-Government-Strategie skizziert Vision, Prinzipien und Initiativen Grafik: BS/Vierheller; Quelle: BLSG/BMF Österreich

vernment-Strategie) veröffentlicht. Die intensive Kooperation zwischen Bund, Ländern, Städten und Gemeinden hat eine über zwanzigjährige Tradition (BLSG-Kooperation) und verfolgt das Ziel einer einheitlichen, vernetzten und abgestimmten Vorgehensweise im E-Government. Im Zentrum stehen organisatorische, rechtliche und technische Standards, die in einem gemeinsamen Entwicklungsprozess entstehen und die Grundlage für die Umsetzung von generischen Basisdiensten sowie spezifischen E-Government-Lösungen bilden. Alle relevanten Stakeholder werden in das jeweilige Thema so früh wie möglich eingebunden und informiert. Dabei wird auf eine möglichst breite Involvierung der IT-Vertreter der Wirtschaft auf fachlicher Ebene Wert gelegt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass dieses Strategiepapier eine gemeinsame Arbeit von mehr als 80 Personen ist.

Vision:

• Die Menschen nutzen vertrauenswürdige Services im digital souveränen Österreich.

• Der Mensch steht im Mittelpunkt der digitalen Angebote.

• Das gesamte digitale Serviceangebot steht über einen einfachen, vernetzten Zugang in einer zunehmend mobilen Gerätelandschaft mittels Authentifizierung über IDAustria für alle Zielgruppen bereit.

• In Kooperation zwischen Bund, Ländern, Städten und Gemeinden werden aktuelle technologische Möglichkeiten und Potenziale umgesetzt.

• Ständige Innovation erfüllt die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeiter an die Digitalisierung und steigert den Nutzen und die Verwaltungseffizienz.

Entsprechend der Vision wurden entlang von vier Wirkungsfeldern

18 Initiativen identifiziert, u. a.:

• proaktive, personalisierte Information – Aufbau eines digitalen Bürgerkontos (individualisierbaren Interessensgebiete und Überblick über die Verwendung der

BundesWEAR

eigenen Daten) sowie digitales Vertretungsmanagement,

• Privacy by Design und Intensivierung des Marketings der ID-Austria,

• Ausweitung des Bürger-Kontakts über Videokonferenz statt VorOrt-Termine,

• Vernetzung der Serviceportale und Erhöhung der Datennutzung und -qualität (Nutzung vorhandener Daten für schnellere und einfachere Verfahren),

• digitalisierungstaugliche Gesetzgebung,

• alle digitalen Services für eine Lebenslage sind behördenübergreifend und vernetzt anzubieten (einheitliche Formate, Leitlinien, Vorgehensweisen, Schnittstellen, technischen Systemen etc.),

• Stärkung der digitalen Souveränität (Erhebung und Evaluierung der Einsatzfelder von Open-SourceProdukten, im Risikomanagement werden Datenmigrations-Szenarien einkalkuliert),

• Aufbau eines kooperativen Architektur-Managements (Enterprise Architecture Management) und

Per App und KI zur passgenauen Bekleidung

(BS/René Tedeski*) Die Ersteinkleidung von Rekrutinnen und Rekruten ist mit hohem organisatorischem Aufwand verbunden: Es werden lange Strecken zu den Servicestationen der Bundeswehr zurückgelegt und die dortigen Prozesse erfolgen zumeist manuell. Mit der KI-gestützten App „BundesWEAR“ hat die BWI eine digitale Lösung entwickelt, die den gesamten Prozess beschleunigen und effizienter machen könnte.

in Größe M kann bestens passen, eine Jacke in der gleichen Größe aber zu eng sein. Doch Soldatinnen und Soldaten können schlecht sitzende Kleidungsstücke nicht einfach postalisch zurückschicken, sondern müssen sie zeit- und kostenintensiv vor Ort umtauschen. Ein weiteres

Problem: Lediglich 24 Stationen verfügen über einen Bekleidungspool für Frauen, was zusätzliche Wege erforderlich macht. Und während des gesamten Einkleidungsprozesses

erfasst das Personal in den Servicestationen jeden Bekleidungsartikel schriftlich und per Hand – ein enormer bürokratischer Aufwand.

Per KI zur passgenauen Bekleidung

Eine von der BWI-Innovationseinheit innoX gemeinsam mit dem Wehrwissenschaftlichen Institut für Werk- und Betriebsstoffe der Bundeswehr entwickelte App mit dem Namen „BundesWEAR“ könnte die Ersteinkleidung digitalisieren und damit schneller und effizienter gestalten. Sie setzt zunächst beim

Per Handyscan können sich Soldatinnen und Soldaten mit der App BundesWEAR vermessen lassen und passgenaue Dienstkleidung bestellen. Foto: BS/BWI GmbH

wichtigsten Punkt des Prozesses an: dem Maßnehmen. Anstatt in einer Servicestation manuell vermessen zu werden, scannen sich die Rekrutinnen und Rekruten zum Beispiel

Ermöglichung von Reallaboren (in Experimentierräumen mit „Regulatory Sandboxes“).

Zu vielen dieser Themen gibt es schon einen regen Austausch mit Deutschland. So zum Beispiel mit dem StMD zum Unternehmenskonto, mit NRW zum Once-Only-Prinzip –und der CIO des Bundes und Staatssekretär Markus Richter hat erst kürzlich eine Kooperation zum souveränen Arbeitsplatz mit Österreich unterfertigt. Auch zum Thema Verwaltungscloud und KI gibt es einen immer stärker werdenden Austausch. So war Staatssekretär a. D. Ammar Alkassar vom GovTech Campus Berlin der Keynoter bei der österreichischen E-Government Konferenz im Juni in Graz. Die E-Government-Strategie 2023 ist eingebettet in einen ebenso kürzlich veröffentlichten „Digital Austria Act“, welcher 117 Maßnahmen und 36 Digitalisierungsgrundsätze beinhaltet. Die Schwerpunkte des Digital Austria Acts sind ressortübergreifend Fokusthemen.

Beispiel Fokus Gesundheitswesen:

Wie im „Digitalen Kompass 2030“ der EU angestrebt, können schon heute alle Menschen in Österreich ihre Gesundheitsdaten, Medikationen und Impfungen sicher und auf einen Blick digital in der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA.gv.at) einsehen. Wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, dann sollen künftig beispielsweise bestimmte Gesundheits-Apps vom Arzt verschrieben werden können und die gewonnenen Daten auf Wunsch in der eigenen ELGA abgespeichert werden. Eine schnelle erste Abklärung am Telefon oder per Chat, der Zugriff auf Diagnosen, Laborwerte, Röntgenbilder und Ähnliches, die Möglichkeit, Veränderungen über Jahre zu verfolgen – das sind nur einige der Anwendungsmöglichkeiten. Auch die Gesundheitshotline 1450 soll deutlich ausgebaut werden. Beispiel Fokus Digital Kompetenz: Österreich hat bereits einen nationalen Kompetenzrahmen DigComp 2.3 AT (fit4internet.at) entsprechend dem EU DigComp und dazu passend Dig-Cert.at. Die Erfahrungen wurden in einem EU-TSI Projekt in den letzten 18 Monaten verstärkt mit der Staatskanzlei und dem MHKDB in NRW sowie dem StMD Bayern ausgetauscht.

zu Hause mit ihrem Smartphone selbst ein. Eine integrierte Künstliche Intelligenz gibt hierbei genaue Anweisungen, wie das Smartphone platziert werden soll und welche Positionen die Nutzerinnen und Nutzer einnehmen müssen. Anhand einer Videoaufzeichnung ermittelt die KI automatisch 13 verschiedene Körpermaße, vom Hüftumfang bis zur Beinlänge. In Verbindung mit allgemeinen Daten wie Alter und Gewicht kann die App damit die erforderlichen Größen für die jeweiligen Kleidungsstücke genau bestimmen. Diese Daten werden an ein Shopsystem übermittelt, mit dem sich die Rekrutinnen und Rekruten – ähnlich wie beim Online-Shopping – ihre Bestellungen entweder nach Hause oder in eine Kaserne schicken lassen können.

Effizienzsteigerung durch Digitalisierung BundesWEAR könnte nicht für gut passende Uniformen sorgen, sondern gleichzeitig auch Zeit und

Aufwand sparen. Zum einen lässt sich der gesamte Prozess der Ersteinkleidung von bislang mehreren Tagen auf nur wenige Minuten reduzieren: Dank eingebundener KI ist der Kamerascan nach nicht einmal zehn Sekunden beendet, der anschließende Bestellvorgang benötigt auch nicht mehr als zehn Minuten. Damit könnten die Rekrutinnen und Rekruten anders als bislang ihre Bekleidung bereits vor Dienstantritt erhalten. Zum anderen entfallen viele Wegstrecken zu den Servicestationen, ebenso das händische Vermessen und manuelle Dokumentieren der Kleidungsstücke.

Die Erprobungsphase hat BundesWEAR inzwischen in einem gemeinsamen Innovationsexperiment mit dem Wehrwissenschaftlichen Institut für Wehr- und Betriebsstoffe der Bundeswehr erfolgreich hinter sich gebracht. Derzeit prüft die Bundeswehr einen weiteren Einsatz der App. Dass BundesWEAR Potenzial hat, sehen auch andere so: Die App gewann im vergangenen Jahr die Goldmedaille in der Kategorie „Bestes Digitalisierungsprojekt“ beim 21. "eGovernment-Wettbewerb" unter der Schirmherrschaft der Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

*René Tedeski ist Experimentleiter „Digitales Einkleiden“ bei BWI innoX.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 24
Informationstechnologie

ImVorfeld der World Radio Conference steht in Deutschland ein Thema im Fokus der Debatte – die weitreichenden Frequenzen unterhalb von 700 MHz. Aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften sind diese auch für den Mobilfunk besonders gut geeignet. Bislang übertragen in diesem UHF-Spektrum einige TV-Sender ihr terrestrisches Antennensignal DVB-T2. Konzertund Eventveranstalter nutzen die Frequenzen zudem für Funkmikrofone, etwa auf kommerziellen Events wie Rock am Ring oder Wacken. Doch wie gerechtfertigt ist die Forderung nach null Veränderung? Und warum sehen wir einen höheren gesellschaftlichen Nutzen, wenn diese Frequenzen auch für den Mobilfunk freigegeben werden?

Digitale Lebensader

Leistungsfähige Mobilfunknetze sind die digitale Lebensader von Wirtschaft und Gesellschaft. Die wirtschaftliche Zukunft

Deutschlands hängt entscheidend von Fortschritten bei der Digitalisierung ab. Und diese lebt von mobilen Daten. Laptop, Tablet oder Smartphone stehen in ständigem Datenaustausch mit der Cloud. Auch Stromzähler, Ampeln, Rolltreppen, Fahrstühle und Luftmessstationen senden Daten über das Mobilfunknetz, jedes moderne Auto enthält heute mindestens eine eSim-Karte. Sicherheitsfunktionen, Serviceintervalle, Verkehrsdaten, Straßenkarten und Unterhaltungsmedien werden über Mobilfunkverbindungen bereitgestellt. Viele Zukunftsszenarien, wie das autonome Fahren oder TelemedizinAnwendungen, sind abhängig von mobilen Datenverbindungen mit

Drastisch steigende Datenmengen

Warum der Mobilfunk weitere Frequenzen braucht

(BS/Dirk Grewe) Die bestehenden Mobilfunknetze werden perspektivisch an ihre Grenzen stoßen, weil die Datenmengen exponentiell steigen. Bis 2030 erhöht sich das drahtlos übertragene Datenvolumen um den Faktor 20, das entspricht einer Steigerung von 1.000 Prozent. Um den Bedarf decken zu können, benötigt die Mobilfunkbranche weitere Frequenzbänder. No Change – so lautet dagegen die Forderung der Rundfunkvertreter.

hoher Bandbreite und schnellen Reaktionszeiten. Leistungsfähige

Mobilfunknetze sind unsere digitale Lebensader. Sie beschleunigen Verfahren, vereinfachen Prozesse und reduzieren Kosten. Je mobiler wir diese Infrastruktur gestalten, desto besser geht es Wirtschaft und Gesellschaft.

Auslaufmodell terrestrisches TV

Die Übertragung von TV-Signalen ist ein Auslaufmodell. In Deutschland empfangen nur noch sechs Prozent der Haushalte ihr lineares Fernsehprogramm über eine Antenne. Dieser Anteil wird künftig weiter sinken. Moderne TV-Geräte und Set-Top-Boxen empfangen Inhalte über Datenverbindungen im IP-Format. Treiber sind Streaming-Dienste wie Netflix, doch auch Mediatheken und Livestreams der öffentlich-rechtlichen Sender gelangen auf diesem Weg auf heimische Bildschirme und mobile Endgeräte. Auch die Rundfunkanstalten würden somit von einer Nutzung des UHF-Bandes durch den Mobilfunk profitieren.

Gleichwertige Alternativen

Für die Kulturszene gibt es gleichwertige Alternativen. Bei Konzerten, Vorträgen oder Theaterstücken soll auch weiterhin moderne Funktech-

Über kurz oder Lang

– Für ein digitales Deutschland –

nik zum Einsatz kommen. Das ist beispielsweise über Duplexlücken, also ungenutzte Frequenzbereiche, gut möglich. Zudem existieren oberhalb von einem Gigahertz weitere Frequenzbänder für Funkmikrofone, die wegen der geringen erforderlichen Reichweite technisch gleichwertig sind.

Wir sehen sogar Vorteile für die Event- und Kulturbranche, wenn der Mobilfunk gestärkt wird. Ein Livestreaming von Veranstaltungen und Berichte auf Social-Media-Plattformen gehören heute dazu und benötigen eine leistungsfähige Mobilfunkinfrastruktur.

Versorgung ländlicher Regionen

Mit dem UHF-Band lassen sich ländliche Regionen effizient und umweltverträglich mit mobilem Breitband versorgen. Das Frequenzspektrum unter 700 MHz ist aufgrund seiner Ausbreitungseigenschaften sowohl für große Distanzen als auch leistungsstarke Verbindungen prädestiniert.

Insbesondere im ländlichen Raum, in dem einzelne Funkstationen größere Flächen versorgen, ist dieses Spektrum vorteilhaft. Weniger Funkmasten bedeuten auch weniger Eingriffe in die Umwelt. Mit dem Sub-700-Spektrum können wir im ländlichen Raum eine zeitgemäße

Public Money? Public Code!

Eine Kolumne von Christina Lang

Der Ansatz klingt logisch: Quellcode von Software, die mit öffentlichen Geldern finanziert ist, sollte öffentlich zugänglich und nachnutzbar sein. Das stärkt Vertrauen in digitale Angebote des Staates –und zahlt sich für die Verwaltung aus. Trotzdem hängt die Bundesrepublik noch weit hinter diesem Ideal zurück. Im OZG-Kontext wurden nur vereinzelt Lösungen offen entwickelt und noch weniger wird auf bestehenden Code aufgesetzt. Deshalb erlaube ich mir an dieser Stelle ein Plädoyer für “Public Money, Public Code.”!

„Public Money, Public Code“ ist der Leitsatz, unter dem die Diskussion rund um Softwareentwicklung im öffentlichen Sektor unter freien Software- und OpenSource-Lizenzen geführt wird. Ein Vorteil von Software ist, dass es sich bei Code nicht um ein Gut handelt, das stets nur ein Akteur nutzen kann. Vielmehr lässt sich Software mit geistigem Eigentum vergleichen. So können, ähnlich wie bei Patenten, Rechte zur Nachnutzung von Code vergeben werden. Die Nachnutzung kann eine direkte Kopie sein, je nach rechtlichem Rahmen kann der Code aber auch für andere Zwecke optimiert werden. Das lädt zu Vervielfältigung und Weiterentwicklung ein. In der Industrie wird Code häufig aus wettbewerblichen Gründen geschützt. Die Verwaltung hat jedoch dieses Interesse an proprietärem Schutz eigener Software-Lösungen nicht. Im Gegenteil: Die Offenlegung und systematische Nachnutzung könnte wesentlich dazu

Christina Lang ist Chief Executive Officer (CEO) des DigitalService.

Foto: BS/DigitalService

beitragen, dass wir bei der Verwaltungsdigitalisierung schneller und kostengünstiger vorankommen. Oftmals arbeiten verschiedene Behörden an ähnlichen Projekten, entwickeln aber separat voneinander eigene Lösungen. Wäre der Quellcode dieser Lösungen öffentlich, förderte dies Wiederverwendung und gemeinsame Weiterentwicklung. Das spart Zeit und rare Ressourcen und Kosten.

Auch die Verbindung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der Verwaltung kann durch OpenSource gestärkt werden. Es gibt in Deutschland eine digitale Zivilgesellschaft, die ein großes Interesse daran hat, Digitalisierungsprojekte der Verwaltung kritisch und konstruktiv zu begleiten. Open Sourcing könnte dazu beitragen, viele Bedenken zu entkräften. Denn mit dem Prinzip können digitale Lösungen des Staates ganzheitlich und transparent nachvollzogen werden: Datenerfassung und -verarbeitung, Entwicklungsprozess, IT-Sicher-

heit und Aktualität spielen hier eine maßgebliche Rolle, um Vertrauen zu fördern.

Das Offenlegen ermöglicht es auch, dass Dritte Verbesserungsvorschläge einreichen können. Beim DigitalService teilen wir unsere Erkenntnisse und unseren Code in sogenannten Repositories öffentlich – so sind wir schon in wertvollen Austausch mit kompetenten Akteuren aus der Zivilgesellschaft gekommen.

Insgesamt führt Open Sourcing dazu, dass Code sektorübergreifend immer schneller verbessert und weiterentwickelt wird. Durch Nachnutzung, Anpassung und Optimierung ergibt sich ein Prozess, der Innovation und Kollaborationen fördert.

Andere Länder haben dies bereits verstanden: Vorreiter wie Estland und Singapur, aber auch die USA, Großbritannien, Frankreich und Kanada entwickeln unter OpenSource-Lizenzen und setzen dabei auch auf erfolgreichen Lösungen aus anderen Ländern auf.

Jetzt gilt es zu verstehen, wie wir diesen Paradigmenwechsel auch in der deutschen Verwaltung vorantreiben können. Wie wir dem Konzept Leben einhauchen. Was braucht es, damit die Entwicklung unter offenen Lizenzen sichergestellt wird? Welche Hindernisse gibt es? Ich würde mich freuen, wenn wir von Euren praktischen Erfahrungen oder Fragen lernen können!

Mobilfunkverbindung für Menschen und Unternehmen anbieten. Wir befinden uns in einer historischen Transformation von der Industrie- zur Digitalgesellschaft. Doch die Ressourcen sind endlich. Deshalb ist es wichtig, die vorhandenen Kapazitäten möglichst effizient zu nutzen, sodass möglichst vie-

Dirk Grewe ist Director Regulatory Affairs bei o2 Telefónica.

Foto: BS/o2 Telefónica

le Menschen von ihnen profitieren. Dazu benötigen wir in Deutschland und Europa eine vorausschauende Frequenzpolitik. Neben dem Verzicht auf teure Frequenzauktionen ist die ko-primäre Nutzung des UHF-Spektrums durch den Mobilfunk ein wichtiger Schritt in unsere digitale Zukunft.

Unter Druck

Auf veränderte Arbeitswelt reagieren

(BS/lma) Die Zahlen, die Jan Strehmann auf dem Executive Forum Modern Workplace des Behörden Spiegel und Bechtle präsentiert, sind erschreckend. Der Referatsleiter des Deutschen Städte- und Gemeindebunds ist unter anderem für die Themen Mobilität, Ländliche Räume sowie Regional- und Strukturpolitik zuständig und hat eine Umfrage des kommunalen Spitzenverbands und des Digitalverbands Bitkom im Gepäck. Demnach sei Homeoffice in jeder zweiten Kommune nicht möglich. Auch nach der Corona-Pandemie wollen 37 Prozent der Kommunen ihren Beschäftigten grundsätzlich kein Homeoffice anbieten.

Diese Ergebnisse klingen aus der Zeit gefallen und sind es inzwischen wahrscheinlich auch. Die Umfrage stammt aus dem Jahr 2020. Trotzdem zeigen die Werte, unter welchem Handlungs- und Veränderungsdruck gerade kleinere Behörden in der neuen Arbeitswelt stehen. Der Druck, sich anzupassen, ist groß.

Nur so können in Zeiten des sich verschärfenden Fachkräftemangels neue Mitarbeitende gewonnen werden, die sich oft flexible und mobile Arbeitsmodelle wünschen.

„Bei diesem Thema müssen ganz viele verschiedene Bedürfnisse unter einen Hut gebracht werden“, erklärt Deirdre Burdy, die Leiterin des Amts für IT, Digitalisierung und Organisation des Kreises Siegen-Wittgenstein.

Es gebe Angestellte, die am liebsten vollständig orts- und zeitflexibel arbeiteten. Andere wiederum schätzten den festen Platz im Büro. „Inzwischen haben wir die technischen Möglichkeiten, auf die individuellen Stärken und Wünsche der Mitarbeitenden einzugehen“, so Burdy.

Ein moderner Arbeitsplatz muss deswegen technisch voll auf der Höhe der Zeit sein. Bei Bechtle muss er mehrere Anforderungen erfüllen, damit er wirklich als „modern“ gelten kann. „An oberster Stelle steht das Thema IT-Sicherheit“, sagt Frank Wrede, der Geschäftsführer des Bechtle IT-Systemhauses Dortmund. Spätestens seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine gebe es massive Cyber-Angriffe auf die Infrastruktur. Jedes neu eingeführte Verfahren müsse

deswegen absolut sicher sein. „Die zweite Anforderung, die wir an den Modern Workplace stellen, ist die uneingeschränkte Funktionalität an jedem Ort, wo es Internet gibt“, ergänzt Wrede. Auch solle der Arbeitsplatz geräteunabhängig sein. Des Weiteren müsse er für die Nutzerinnen und Nutzer attraktiv gestaltet sein, also intuitiv funktionieren. Ein anderes Kriterium ist die RundumVernetzung. Als letztes spielt laut Wrede auch die Teamfähigkeit eine Rolle. Der Arbeitsplatz müsse es ermöglichen, dass man ohne Hürden mit den Kolleginnen und Kollegen kommunizieren könne.

Personal im Blick behalten

Ein Aspekt bleibt wichtig: „Beim modernen Arbeitsplatz geht es nicht in erster Linie um die technische Ausstattung“, betont Amtsleiterin Burdy. Diese Ansicht bringt Daniel Sieveke, Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, auf den Punkt: „Der Mensch ist und bleibt der wichtigste Faktor. Wenn wir ihn aus dem Blick verlieren, werden wir scheitern.“ Der Staatssekretär sieht eine Gefahr, die auch den CIO Nordrhein-Westfalens, Prof. Andreas Meyer-Falcke, umtreibt. Der Kern der Befürchtung: Menschen könnten im Homeoffice unter Umständen auch zu viel arbeiten. Es müsse immer die Frage gestellt werden, was mobiles Arbeiten für den Arbeitsschutz bedeute, so Meyer-Falcke. „Hier wäre eine Kompetenzsteigerung bei Arbeitnehmern sinnvoll.“ Diese müssten in die Lage versetzt werden, zu erkennen, was gut für sie sei und was nicht. „Ansonsten besteht die Gefahr der Selbstausbeutung“, warnt der Landes-CIO.

Für Daniel Sieveke, Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, ist es wichtig, die Beschäftigten auch im Homeoffice nicht aus dem Blick zu verlieren.

Foto: BS/Lorenz

Führungskräfte gefordert Hier sehen sowohl Sieveke als auch Meyer-Falcke eine Aufgabe für die Führungskräfte der Verwaltung. „Sie müssen die Mitarbeitenden schützen und zum Beispiel dafür sorgen, dass auch mal Pausen gemacht werden“, fordert Sieveke. Dies bestätigt der gelernte Mediziner Meyer-Falcke, der sich vor seiner Tätigkeit als CIO auf Arbeitsmedizin spezialisiert hat. „Vorgesetzte müssen sich von sich aus zu dem Thema Gedanken machen und dürfen nicht warten, bis bei den Beschäftigten Probleme auftreten.“ Der Landes-CIO hofft, so um neue Verordnungen und Gesetze zu dem Thema herumzukommen.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 25
Informationstechnologie

Auf Anfrage des Behörden Spiegel bestätigte das BMI die Existenz einer gefälschten BMI-Seite: „Eine gefälschte Website des Bundesministeriums des Innern und für Heimat ist dem BMI seit dem 01.06.2023 bekannt.“ Das BMI habe sofort „Maßnahmen ergriffen, um die Verbreitung der Falschinformationen einzudämmen. So hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nach Kenntnisnahme umgehend die betroffenen Provider informiert und Takedown-Requests zur Deaktivierung der missbräuchlichen Inhalte gestellt“, berichtet das Ministerium.

Dabei habe sich das BMI mit dem Auswärtigen Amt (AA) und dem Bundespresseamt abgestimmt.

Ministerium hätte gewarnt sein können

Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes lässt sich schließen, dass es sich bei der Seite um russische Desinformation handelt.

Das ist also ein Akt der hybriden Kriegführung. Es ist nicht das erste Mal, dass eine gefakte Seite mit dem Logo des BMI auftaucht. Man hätte gewarnt sein können. Doch nun ist es wieder passiert.

„Das BMI nimmt die Bedrohung durch ausländische Einflussnahme und Manipulation im Informationsraum sehr ernst und tritt ausländischer Einflussnahme und Manipulation im Informationsraum entschlossen entgegen“, heißt es aus dem Ministerium.

Nach Behörden Spiegel-Informationen aus Sicherheitskreisen war eine Attribuierung lange nicht erfolgreich, die Verursacher konnten nicht ausfindig gemacht werden.

Doch die Inhalte sprechen nach Geheimdiensteinschätzung klar für russische Desinformation, also für Verursacher in Russland. Die gefälschte Seite präsentierte eine völlig erfundene Kampagne „Nachbarschaft auf Zeit“, wonach jede und jeder Deutsche ukrainische Flüchtlinge aufnehmen solle. Ungeklärt ist

Wie im Selbstversuch festgestellt, wird man von Gemeinden wie beispielsweise Rainau (Baden-Württemberg) oder Lindau (Bayern) dann auf eine Webseite der kommuna GmbH weitergeleitet, wo man zunächst ein einfaches Captcha bestehend aus vier Buchstaben bzw. Ziffern lösen muss. Sodann gelangt man auf eine Folgeseite, wo man Hinweise zum Datenschutz mit einem Häkchen an einer Box zur Kenntnis nehmen muss, um auf die eigentliche Anzeigeseite zu gelangen.

Dort gibt man einige Daten ein, wie den eigenen Namen, Anschrift, Geburtsdatum – allesamt Daten, die auch durch Dritte leicht ermittelbar sind. Weder die Seriennummer des Personalausweises/Reisepasses noch das Ausstelldatum oder das Ende der Gültigkeit sind Pflichtangaben. Dies ist wohl dem Umstand geschuldet, dass die meisten, die ihren Pass verloren haben, nicht mehr in ebendiesem Pass nachsehen können, wann er ausgestellt wurde und was die Seriennummer ist.

Wegwerfadresse reicht

Problematischer ist hingegen, was danach passiert: Sobald man diese Daten ausgefüllt hat und als Kontaktadresse eine ungeprüfte

Mailadresse angegeben hat, erhält man sowohl auf dem Bildschirm als auch per Mail eine Bestätigung, dass dieser „Antrag der zuständigen Behörde zur weiteren Bearbeitung übergeben“ wurde. Dabei stellt sich die Frage, was denn „weitere Bearbeitung“ bedeutet. Denn letztend-

BMI-Probleme mit Fake-Website

Desinformation mit starkem Schutz. Vermutlich sitzen die Fälscher in Russland

(BS/Uwe Proll) Es gab eine Internetseite, die der des Bundesinnenministeriums (BMI) verblüffend ähnlich war. Nicht ganz identisch, aber fast: Für den Normalnutzer war kein Unterschied zu erkennen. Auch ein Twitter-Kanal wurde unter dem Hashtag BMI eingerichtet. Hier waren die Unterschiede zum amtlichen Auftritt schon eher ersichtlich.

einzugeben, die geschützt werden soll. Dann bestätigt man dies mit einem Button und die Website ist extrem gut geschützt. Im aktuellen Fall versuchten das BSI und auch deutsche Geheimdienste, das Problem selbst zu bereinigen. Erfolglos. Die schnelle Erkenntnis war: Es geht nicht ohne den Anbieter dieser Programme selbst. Im aktuellen Fall verstrichen Tage, weil der Anbieter eben in den USA sitzt. Problem nur kurzfristig gelöst Das Problem wurde in diesem Fall mit dem Hersteller der Software gelöst, denn wenn der Website-Schutz wegfällt, ist die Internet-Seite zum Abschuss durch staatliche Akteure oder Hacker freigegeben. Doch das Problem wird sein – so vermuten Sicherheitsbehörden – dass die vermutlich russischen Stellen schnell einen anderen Anbieter finden werden, bei dem das Ganze anonym neu aufgesetzt wird. Hinzu kommt ein Datenschutzproblem. Besucherinnen und Besucher der vermeintlichen BMI-Seite könnten ihre Daten jetzt in russischen Datenbanken wiederfinden, was wiederum neue Angriffsszenarien eröffnet. Die Nutzenden der vermeintlichen BMI-Website können jetzt von russischen Trollen oder staatlichen Stellen direkt mit Falschinformationen adressiert werden.

Auf seiner Homepage informiert das Bundesinnenministerium über seine Politik. Eine Fälschung mit Propaganda könnte manche stark verunsichern. Screenshot/Montage: BS/Hilbricht/Hoffmann

die Frage, ob von den Besuchern der Seite Daten abgeflossen sind.

Stark geschützt

Für die Lösung des Problems war das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) berufen, nachdem im BMI die Alarmglocken schrillten. Doch die technische und organisatorische Lösung ließ auf sich warten, weil die gefakte Website mit einem der

effektivsten Internetseiten-Schutzprogramme aus den USA geschützt war. Dieses Programm nutzte auch das Robert-Koch-Institut (RKI), um sich gegen Angriffe aus dem Netz während der Corona-Pandemie zu schützen.

Kostenlos und anonym Etliche Hersteller bieten solche Programme zum Schutz von Seiten nicht nur kostenlos an, son-

dern man kann sie auch problemlos anonym herunterladen. Die meisten amerikanischen Anbieter begründen dies auch damit, dass Dissidenten in autokratischen oder diktatorischen Staaten auf diese Weise unerkannt kommunizieren könnten. Man geht auf die Homepage eines der Anbieter solcher Programme und gibt eine gefakte EMail-Adresse ein. Daraufhin erhält man eine Aufforderung, die URL

Gefährlich oder nutzlos?

Ein realer Online-Service für Bürgerinnen und Bürger

(BS/Prof. Dr. Robert Müller-Török/Prof. Dr. Alexander Prosser) Etliche Gemeinden, laut Auskunft des privaten Anbieters kommuna GmbH ca. 550 in Bayern und ca. 25 in Baden-Württemberg, bieten einen Online-Service an, bei dem der Bürger Personalausweise und Reisepässe als gestohlen bzw. verloren anzeigen kann. Hier gibt es jedoch gravierende Sicherheitslücken.

Foto:

lich hat man mit mehr oder minder allgemein verfügbaren oder leicht ermittelbaren Daten einer dritten

Person, auch möglicherweise einer/ einem exponierten Prominenten mit politischer und persönlicher Gegnerschaft, einen Pass als verloren oder gestohlen gemeldet. Und zwar

ohne dabei

• überhaupt eine eID als Identifikationsmittel einsetzen zu müssen,

• ohne eine qualifizierte oder auch nur fortgeschrittene Signatur zur Authentifizierung verwenden zu müssen;

• und dass mit einer Wegwerfmailadresse als einziger Kontaktangabe (persönlich getestet, „sandra1989@ramenmail. de“ von „muellmail.com“ reicht aus). Laut Auskunft des Gemeindeamts Rainau scheint das zumindest in dieser Gemeinde zu einer komplet-

ten Sperre des „verlorenen“ Passes zu führen. Die Anfrage lautete u.a.: „Wird der dann Ihrerseits in den entsprechenden Datenbanken, auch des Schengen-Informationssystems, gesperrt?“. Antwort-Zitat: „Tatsächlich wird ein Ausweisdokument unter anderem auf Grundlage der Verlustanzeige über unseren Online-Service von uns im System als verloren und ungültig eingetragen und gesperrt. Diese Meldung wird dann an alle Datenbanken übermittelt. Hier müssen Sie selbst also nichts Weiteres unternehmen. Nach diesem Schritt besteht allerdings keine Möglichkeit mehr, sich mit diesem Dokument auszuweisen und es muss persönlich ein neues Ausweisdokument beantragt werden, sofern man nicht bereits im Besitz eines anderen gültigen Ausweisdokuments ist.“ Es ist offensichtlich, dass man hier einem völlig unwissenden Dritten, sei es

aus persönlicher Gegnerschaft, sei es aus politischem Hass oder auch einfach aus Jux und Tollerei, aber auch als Mitarbeiter einer „Trollfabrik” in St. Petersburg, den Pass sperren lassen kann. Was dies bedeutet, wenn der Betroffene gerade im Urlaub ist und in Antalya, New York oder Hurghada einen Flieger zurück nach Deutschland besteigen möchte, ist einfach vorstellbar: Einige Tage in einem ägyptischen, US- oder türkischen Gefängnis sind ein realistisches Szenario.

Stadt kennt Konsequenzen nicht Ähnlich war die Antwort der bayerischen Stadt Lindau auf eine gleichlautende Anfrage, Zitat: „Bei Verlustmeldung durch unsere Online-Services wird das verloren gegangene Dokument im Passregister als Verlust eingetragen. Danach wird die örtliche Polizeibehörde benachrichtigt, soweit dies nicht schon durch den Bürger erfolgt ist. Wie der genaue Verfahrensablauf im Anschluss bei den Polizeibehörden ist, erfragen Sie bitte dort.“.Anscheinend ist der Stadt nicht bekannt, was die Konsequenz eines solchen Eintrags im Passregister ist. Die geltende Passverwaltungsvorschrift ist hier allerdings in 15.0.2.1 eindeutig: „Die Passbehörde unter-

Es ist ein neues Worst-Case-Szenario. So könnten in naher Zukunft immer wieder Regierungs-Websites auftreten werden, die von den offiziellen Seiten nicht unterscheidbar sind. Das ist laut Geheimdienstkreisen unmittelbar verstärkt zu erwarten. In dem Fall könnten sich das Bundeskanzleramt oder das Auswärtige Amt mit dem Problem einer echten und einer gefakten Seite herumschlagen müssen. Das wird eine besondere und neue Herausforderung im hybriden Krieg, der Deutschland auf diesem Weg endgültig erreicht hat.

richtet unverzüglich die örtlich zuständige Polizeidienststelle über jeden Verlust des Passes oder Passersatzes, damit eine Speicherung im INPOL-Fahndungssystem und im Schengener Informationssystem (SIS) vorgenommen werden kann.“ Somit bleibt es als Fazit, dass es in Deutschland, zumindest in Baden-Württemberg und Bayern, im Zuge der sogenannten Verwaltungsdigitalisierung möglich ist, einem Dritten den Reisepass sperren zu lassen und ihn so in unangenehme Situationen bringen zu können. Das Grundproblem dabei ist das Nichtvorhandensein einer weit verbreiteten digitalen Signatur und der dahinterstehenden Register. Dies zwingt die Behörden, „niedrigschwellige” Online-Services anzubieten, die zum Missbrauch geradezu einladen. Es bleibt zu hoffen, dass durch Implementierung des novellierten OZG und des Registermodernisierungsgesetzes derartige Missstände abgestellt werden. Inwieweit so ein Service, der letztendlich eine Verarbeitung nach DSGVO darstellt, vor Einsatz in einer der wenigstens 575 Behörden in Bayern und Baden-Württemberg einer Datenschutz-Folgeabschätzung unterzogen wurde, bleibt vom jeweiligen Landesdatenschutzbeauftragten zu prüfen. Nach Meinung der Autoren entsprechen solche „Services“ nicht den Anforderungen des Art. 32 DSGVO, da hier wohl kaum “geeignete technische und organisatorische Maßnahmen getroffen wurden, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten”.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 26 Informationstechnologie / IT-Sicherheit
Prof. Dr. Alexander Prosser ist Professor an der WU Wien Foto: BS/privat Prof. Dr. Robert Müller-Török lehrt an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg BS/privat

IT-Sicherheitstag Sachsen

In Japan gebe es jährlich am 1. September den Katastrophenvorsorgetag, erklärte Popp . Er sei dazu da, für den Notfall eines schweren Erdbebens – das in der Metropolregion Tokio etwa alle 70 Jahre vorkomme – vorbereitet zu sein. Eine ähnliche Aufmerksamkeit wie die der Japaner wünscht sich Popp für die Betreibenden von Kritischen Infrastrukturen (KRITIS): „Die Verwaltung ist klar darunter zu verstehen“, erklärte Sachsens CIO. Dennoch seien Feueralarmübungen immer noch verbreiteter als Übungen im Bereich der CyberSicherheit. „Dabei gibt es doch eine viel höhere Wahrscheinlichkeit für eine IT-Attacke als für ein Feuer“, konstatierte Popp

Prinzip Hoffnung funktioniert nicht

Kleinere Organisationen immer mehr im Fokus von Cyber-Kriminellen (BS/Paul Schubert/Benjamin Hilbricht) In der vierten Ausgabe des IT-Sicherheitstages Sachsen widmete sich der Schirmherr der Veranstaltung, Staatssekretär und CIO des Freistaats Prof. Thomas Popp, dem Thema der Notfallvorsorge. Das Prinzip der Hoffnung „funktioniere schon lange nicht mehr“ und auch die verbreitete Aussage, „dass kleinere Behörden bei einem Cyber-Angriff nicht das Ziel sind“, lehnte der Jurist ab. Auch BSI-Vize Dr. Gerhard Schabhüser räumte mit dem Vorurteil auf und berichtete, dass insbesondere kleine und mittlere Organisationen seit 2022 von Cyber-Angriffen getroffen würden.

des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Dr. Gerhard Schabhüser, möchte dafür eine bundesweite Rufnummer für das CSN schaffen. In Dresden sagte Schabhüser: „Wir sind gerade in Gesprächen mit dem Bundesinnenministerium, weil wir das Cyber-Sicherheitsnetzwerk gerne mit einer bundesweit einheitlichen Rufnummer hinterlegen würden.“ Solche Rufnummern gibt es schon für die Polizei (110), die Feuerwehr (112) und Behörden (115). In der Cyber-Sicherheit unterscheide sich die Rufnummer aber noch nach Bundesland.

Das „Prinzip Hoffnung“ sei keine Sicherheits- und Vorsorgestrategie, erklärte der Staatssekretär. Auch Aussagen wie: „Wir als kleine Kommune/Firma sind nicht das Ziel“, erteilte er eine Absage. Es sei eher die Frage zu stellen, wann ein An-

„Michschüttelt es, wenn ich das Wort ‚historisch gewachsen‘ höre“, brach es irgendwann aus Mike Zimmermann heraus. Er sprach über das Identitäts- und Rechte-Management des Universitätsklinikums Dresden. Dort ist er Beauftragter für IT-Sicherheit. Daher weiß er, wovon er spricht. Das UK Dresden verfügt über etwa 10.000 vernetzte IT-Medizinprodukte. Hinzu kommen die Computer, Drucker, Scanner, E-Mailsystem, Homepage, Verwaltungssysteme und was ein Krankenhaus noch so braucht. Zimmermann ist derjenige, der die Übersicht behalten muss. So habe sich das Klinikum entschlossen, ein zentrales Schwachstellenmanagement zu implementieren, berichtet der BfIS. Nicht, dass damit alle Probleme gelöst wären:

„Teilweise dürfen wir auf bestimmte Medizinprodukte nicht mal Software oder Updates aufspielen“, berichtete Zimmermann

Verwickelte Strukturen

Noch verwickeltere Strukturen haben die sächsischen Kommunen. Chemnitz ist eine mittlere Großstadt mit etwa 250.000 Einwohnern. „Ich bin seit Oktober 2022 Informationssicherheitsbeauftragter in Chemnitz“, stellte sich Jörg Naumann vor. „Die Beschaffung eines ISMS-Tools habe ich obenan gestellt“, sagte der Chemnitzer

griff erfolgen werde und nicht ob. Um die Awareness für IT-Sicherheitsmaßnahmen zu verbessern, führte Julia Schütze, Projektleiterin Cybersicherheitspolitik und Resilienz bei der Stiftung Neue Verantwortung, einen Workshop zu CyberSicherheitsübungen durch. Des Weiteren kritisierte Popp die Stimmen, die sich vor einigen Jahren gegen die schrittweise Digita-

lisierung der Verwaltung und die Etablierung des IT-Sicherheitsgesetzes eingesetzt hätten: „Die Mainstream-Presse hat die Digitalisierung als Arbeitsplatzvernichter kaputtgeschrien“, sagte er in Dresden. Schlussendlich motivierte er die Mitarbeitenden der öffentlichen Verwaltung dazu, gegenüber ihren Vorgesetzten die Dringlichkeit des Themas der IT-Sicherheit klar zu

kommunizieren: „Nerven Sie ihre Chefs damit“, forderte der Jurist. Damit die Mitarbeitenden der öffentlichen Verwaltung nicht die Aufgaben selbst in die Hand nehmen müssen, wurden Initiativen wie das Cyber-Sicherheitsnetzwerk (CSN) initiiert. Bei einem IT-Sicherheitsvorfall sollen sich hier qualifizierte Experten für eine IT-Vorfallsbearbeitung finden. Der Vizepräsident

Der Horror „historisch gewachsene“ IT

Kommunen und Krankenhäuser streben nach Übersicht (BS/Benjamin Hilbricht) Daseinsvorsorge ist komplex. Deswegen haben Kommunen und Krankenhäuser verwirrende Strukturen und eine zerklüftete IT-Landschaft. Doch je komplexer, desto unsicherer ist die IT. Sächsische Informationssicherheitsbeauftragte (BfIS) kämpfen um Übersicht im Datenwust.

BfIS. Ein ISMS-Tool dient dazu, die Informationssicherheit zu steuern, zu kontrollieren, aufrechtzuerhalten und im laufenden Betrieb zu verbessern. Dazu werden alle relevanten Daten in dem System hinterlegt. In Chemnitz gibt es mehrere betroffene Verbünde. Nachbargemeinden würden das Tool in Zukunft mitnutzen, berichtete Naumann, ebenso wie Schulen. Auch das Feuerwehrnetz sei benachbart. Wer so was implementiert, braucht also die Mitarbeit aller betroffenen Bereiche in seiner Kommune und das OK von dem oder der Datenschutz-Beauftragten. Deshalb habe sich die Stadt zwei Teststellungen geleistet, erzählt Naumann. Sogar die Datenschutzbeauftragte habe das ISMS-Tool ausprobiert. Es sei notwendig gewesen, die Datenschutzbeauftragte „abzuholen“,

Handfestes Change Management

In Chemnitz hat der Aufwand gefruchtet: „Wir haben uns für ein Tool entschieden, aber noch nicht unterschrieben“, sagt Naumann Die Suche nach dem ISMS-Tool hat

dabei einen positiven Nebeneffekt gehabt. Sie führte zur Entstehung eines Informationssicherheitsteams in Chemnitz. Mit dabei sind alle Verantwortlichen. Sie treffen sich in einem alle zwei Monate stattfindenden gemeinsamen Meeting. Organisationelle Herkunft und Zuständigkeit seien dabei irrelevant – BfIS Naumann rät anderen, ein ebensolches Team aufzubauen, das quer über die Verwaltungsstrukturen hinweggeht. Es gehe nicht nur um IT-Sicherheit oder ein ISMS-Tool. Es gehe um handfestes Change Management.

Kommunen mitreguliert

Darüber hinaus kommen Neuerungen wie die Novelle der Netzwerk- und Informationssicherheitsdirektive (NIS2) der EU auf die Verwaltung zu. Eine Streitfrage dabei: Sollen die Kommunen wie Kritische Infrastrukturen (KRITIS) reguliert werden? Die EU überlässt diese Entscheidung den Mitgliedsstaaten. Der Bund wäre zwar dafür, aber manche Länder stellen sich quer. Nicht so Sachsen, betont Bastian Fermer, Referent bei der Säch-

sischen Staatskanzlei: „Wir werden die Kommunen weiter in unserem Informationssicherheitsgesetz haben, auch wenn andere Länder sich dagegen entscheiden werden.“

NIS2-Umsetzung führt zu Anpassungen bei Bund und Land Die Unterstützung ist bitter nötig. Allein 2022 erstattete das Bundesamt mehr als 15 Millionen Meldungen zu Schadprogrammen an deutsche Messstellenbetreiber. Rund 116 Millionen neue Schadprogramme wurden im gleichen Zeitraum registriert. Neben dem CSN soll auch das seit einiger Zeit existierende Kooperationsprojekt UP KRITIS verstärkt werden: „Durch NIS2 werden wir da eine ordentliche Schippe drauflegen müssen, weil mehr Unternehmen und Behörden unter die Kritische Infrastruktur fallen werden“, so Schabhüser. UP KRITIS ist eine öffentlich-private Kooperation zwischen Betreibern von KRITIS, deren Verbänden und den zuständigen staatlichen Stellen. Auch Sachsens CIO beschäftigt sich eindringlich mit NIS2: „Wir müssen unser IT-Sicherheitsgesetz, das seit 2019 im Freistaat existiert, darauf überprüfen, welche Vorschriften wir verändern müssen“. Damit wolle Sachsen die Anforderungen der Richtlinie sicherstellen, erklärte Popp

die NIS2-Vorgaben nur in „homöopathischen Dosen“ dort ergänzen müsse. Es mangele nicht an Regulierung, stimmte Zimmermann zu. Auf einer Folie warf er die IT-Sicherheitsgesetze der letzten Jahre an die Wand. Es sind über 20. „Die IT-Sicherheitsgesetze bräuchte es eigentlich gar nicht, obwohl sie sehr gut sind“, provozierte der UKDresden-BfIS. Die Verantwortlichen in der Führungsetage seien schon durch weniger spezialisierte Gesetze dazu verpflichtet, den Krankenhausbetrieb abzusichern.

Das Sächsische Informationssicherheitsgesetz (SächsISiG) von 2019 reguliere die Informationssicherheit des Landes vollständig und die der Kommunen weitgehend, unterstrich Fermer. Die vorgeschriebenen Maßnahmen seien so durchgreifend, dass Sachsen

Vier Wochen hektische Aktivität „Niemand beim BSI oder anderswo würde ein Krankenhaus wegen IT-Sicherheitsmängeln schließen“, sagte Zimmermann. Audits und Zertifikate führten nur zu zwei Wochen hektischer Aktivität. In erster Linie gehe es bei KRITIS-Betrieben wie Krankenhäusern aber um die Kernleistung, also das Heilen von Kranken. Das dürften auch die ITSicherheitsverantwortlichen nicht vergessen und diesem Ziel gälten ihre Mühen. Bei Informationssicherheit gehe es um die dauerhafte Aufrechterhaltung des Betriebs. Die Leitung sei in der Verantwortung. „Die müssen einfach handeln“, forderte der Praktiker. Ein Eindruck bleibt vom IT-Sicherheitstag Sachsen: Die Operativkräfte wollen handeln.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 27
BSI-Vize Dr. Gerhard Schabhüser (links) und der CIO des Freistaats Sachsen, Prof. Thomas Popp, tauschen sich über Cyber-Sicherheitsmaßnahmen für den Schutz der Verwaltung aus. Foto: BS/Sächsische Staatskanzlei
„Wir möchten das CyberSicherheitsnetzwerk mit einer eigenen Rufnummer hinterlegen.“
Dr. Gerhard Schabhüser, Vizepräsident des BSI
„Die Verantwortlichen müssen einfach handeln.“
Mike
Zimmermann, UK Dresden

Münchner Cyber Dialog

„Unddann importiere ich nur noch diesen Teil in den Cookie-Editor in meinem Browser –“ Stephan Bail hielt kurz die Luft an, „– und bin drin.“ Der CEO und Gründer PWR Legal Tech GmbH zeigte ein Microsoft365-Interface. Nicht sein eigenes, sondern dass eines anderen Users. Bail hat gerade eine Man-in-the-Middle-Attacke demonstriert. Über einen Phishing-Link in Kombination mit der Software Evilginx hat er nicht nur den Account-Namen und das Passwort erbeutet, sondern auch ein Sitzungs-Token. Damit konnte er Microsoft vorgaukeln, dass seine gefälschte Anmeldeseite die echte Microsoft-Anmeldung sei. „Dieser Hack funktioniert mit Multi-FactorAuthentification“, betonte Bail. „Das ist wirklich gefährlich.“ Erstmal im

Ein bisschen böser Zauber

IT-Sicherheit krankt an schlecht programmierter Software

(BS/Benjamin Hilbricht) Es gibt geniale Cyber-Angriffe. Aber die meisten Attacken gelingen, weil die Software schlecht programmiert ist. Oder weil es einer Behörde an Mitteln und technischen Ressourcen fehlt. Auf dem Münchner Cyber Dialog tauschten sich Fachleute darüber aus, wie die deutsche Verwaltung sicherer werden kann.

System, hat der Hacker nicht nur Zugriff auf alle Daten, sondern auch auf die vertrauenswürdige Identität. Damit kann er dann noch mehr Schaden anrichten. Evilginx halt –ein bisschen böser Zauber.

Lasst nicht den Nachbarjungen programmieren

Der Cyber-Sicherheitsexperte Prof. Dr. Tobias Eggendorfer leitet bei der Cyberagentur die Abteilung „Sichere Systeme“. Er sieht das Hauptpro-

5. CyberSicherheitsForum

15. September 2023 in Stuttgart & online

www.cybersicherheitsforum-bw.de

Digitales Immunsystem

„Wir brauchen echtes Qualitätsmanagement bei der Software-Entwicklung.“

blem in schlechter Software-Entwicklung. Er beobachte es in der Praxis häufig, dass der Nachbarjunge eine Anwendung programmiere. „Wir brauchen eine gewisse Grundqualifikation von SoftwareEntwicklern“, forderte Eggendorfer „Es kann nicht mehr jemand durch Handauflegen zum Software-Entwickler werden.“ Nur so sei es zu erklären, dass Angriffe wie der Buffer-Overflow trotz fünfzigjährigem Jubiläum und etablierten Gegenmaßnahmen seit den 90er-Jahren immer noch funktionierten. „Was wir brauchen, wäre ein echtes Qualitätsmanagement bei der SoftwareEntwicklung“, forderte der Professor. So sollten Penetrationstests für neue Produkte verpflichtend sein. Software müsse zudem der Sachmängel- und Produkthaftung unterliegen.

Auch bei der Umsetzung von Cyber-Sicherheitsmaßnahmen bei Bundesbehörden hapert es. Der digitalpolitische Sprecher der CDU/ CSU-Fraktion im Bundestag. Dr. Reinhard Brandl, kritisierte: „Wir haben im Bundestag mit Unterstützung des Bundesrechnungshofs eine Untersuchung durchge-

führt. Diese hat gezeigt, dass 80 Prozent der Verwaltungsbehörden des Bundes die Mindestanforderungen des BMI an die IT-Sicherheit nicht erfüllen. Das liegt an fehlender Finanzierung sowie technischen Ressourcen. Deshalb kommen wir aus meiner Sicht um eine Zentralisierung nicht herum.“

Modernisierungsjahrzehnt ausgerufen

Seine Unionskollegin Nadine Schön (CDU, MdB) betonte, dass

der Staat seine IT weiter konsolidieren müsse. Die 2020er-Jahre seien ein „Modernisierungsjahrzehnt“. Sie plädierte dafür, den Staat zu verschlanken. Es gebe sehr viele gute Ansätze. Nun müssten das ITSicherheitsgesetz 1 und 2 sowie die entsprechenden EU- und LänderGesetzgebungen zusammengeführt werden. In diesem Zuge müsse das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu einer Zentralstelle in der Cyber-Sicherheit ausgebaut werden. Wenn nötig mit Opt-in-Option für die Länder. Diese wehren sich teilweise gegen das Vorhaben mit der Begründung, IT-Sicherheit sei eine Länderkompetenz. Schön unterstrich: „Wir müssen Fesseln lösen.“ Dabei dachte sie nicht nur an die kommende KI-Verordnung der EU, die zu restriktiv sei. „Die Zivilklausel ist in meinen Augen veraltet. Wir müssen Forschung und Innovation nutzen, um besser zu werden“, forderte die Unionspolitikerin.

Der Münchner Cyber Dialog wurde von der Cyber Akademie mit Unterstützung von SoSafe, CrowdStrike, Quest und G4C ausgerichtet.

Big Data und Datenschutz

Schwierig miteinander zu vereinbaren, aber nicht unmöglich

(BS/sp) Big Data arbeitet mit umfangreichen und komplexen Datensätzen, die mit herkömmlichen Datenverarbeitungstools nicht bewältigt werden können. Durch die wertvollen Informationen, die die Datenpakete besitzen, stellen sie ein Angriffsziel für Cyber-Kriminelle dar. Neben der IT-Sicherheit gibt es mit dem Datenschutz ein weiteres Problem. Die großen Datenmengen mit den Richtlinien der DSGVO zu vereinen, ist schwer, aber machbar, meint Friederike Scholz, Rechtsanwältin für Datenschutz.

www.public-it-security.de

Als Big Data werden Daten bezeichnet, die in großer Vielfalt, Menge und in hoher Geschwindigkeit anfallen. Sie lassen sich auch als die drei „Vs“ klassifizieren. Die Velocity, also die Schnelligkeit, die Variabilität und das Volumen. Auf dem MCD diskutierten IT-Expertinnen und Experten über Chancen und Risiken der Technologie. Die Nutzung des Modells in Übereinstimmung mit dem Datenschutz zu bringen, sei schwierig, so Scholz: „Zuerst stellt sich die Frage, ob ich eine Rechtsgrundlage dafür habe, Big Data zu verarbeiten. Wenn ich mit anonymisierten Daten arbeite, brauche ich mich um die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht zu scheren.“ Big Data sei aber meist so strukturiert, dass sich durch die Verarbeitung eine Rückverfolgung ergebe und dort entstünden die Probleme, erklärte die Anwältin. Die Lösung sei Datenminimierung. Allerdings gestalte sich dies, eben wie der Name schon sage, bei Big Data schwierig.

Grundsätzlich solle man sich im Vorfeld Gedanken machen, welche Daten überhaupt verarbeitet werden sollten.

Datentransfers in Drittstaaten noch ein Problem

Ein anderes Problem, das allerdings nicht nur Big Data betreffe, seien Datentransfers in die Vereinigten Staaten oder andere Drittländer. Scholz forderte, die Kritikalität der Daten besser zu prüfen und ein verlässliches und anwendbares Regulatorium zu entwickeln:

„So, wie es im Moment geregelt ist, schwächt es den Wirtschaftsstandort Deutschland und Europa massiv“, resümiert Scholz Diese Einstellung teilte auch der Wirtschaftsvertreter. Manuel Bohe, CEO des Beratungsunternehmen

Concepture GmbH, bezeichnete den Datenschutz grundsätzlich

„als etwas Gutes“, kritisiert aber einige Regelungen: „Wenn ich eine Technologie, die aus einem anderen Land kommt, datenschutzrechtlich

bewerten möchte, kriege ich keine brauchbare Antwort von den Datenschutzbehörden“, bemängelt Bohe. Grundsätzlich sei die Antwort der Datenschützer, dass der Datentransfer problematisch sei und man es besser lassen solle.

Allen Widrigkeiten zum Trotz, Big Data habe riesige Chancen, die heute noch nicht richtig genutzt würden. Insbesondere der Mittelstand arbeite noch zu wenig damit. Durch KI und Automatisierung werde es immer mehr nutzbar gemacht, urteilt Bohe. Wenn die Datenschutzbehörden dann auch noch einen besseren Job machten, was den Datentransfer in nicht EU-Staaten betreffe, werde die Innovationsfähigkeit von Big Data bei jeder Behörde und jedem Unternehmen ankommen, erklärte der CEO. Und dann werde vielleicht weniger über Datenschutz als Hindernis geredet, sondern mehr darüber, was es eigentlich ist: die Wahrung eines Freiheitsrechts, das jeden betreffe, resümiert Scholz.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 28
„Wir müssen Fesseln lösen“, erklärte Nadine Schön (CDU, MdB). Screenshot: BS/Hilbricht
Fachkongress Deutschlands
IT-
Cyber-Sicherheit
Staat und Verwaltung
September 2023, Telekom Hauptstadtrepräsentanz Foto: © Inna, stock.adobe.com
Prof. Dr. Tobias Eggendorfer (Cyberagentur)
Der
für
und
bei
20.-21.

Sicherheitsbehörden

sehen sich steigenden Herausforderungen gegenüber, die eine Steigerung der Effektivität erfordern. Dazu zählen sinkende Personalressourcen sowie ein immer größeres Datenaufkommen. Diese Herausforderung wächst durch den weiteren Anstieg an Sensoren und mobilen Endgeräten. Weiterhin verlagern sich Kriminalitätsphänomene immer weiter in den digitalen Raum. Dies erfordert den Aufbau weiterer Behördenkompetenzen, u. a. in der digitalen Forensik und Open Source Intelligence. Es stellen sich technische Fragen nach Speicherkapazitäten, Rechenkapazitäten sowie geeigneter Software zur Auswertung von Daten.

KI kann auf allen Ebenen der (Massen-)Datenverarbeitung eingesetzt werden, insbesondere bei spezialisierten und sich wiederholenden Aufgaben. Das bedeutet, Daten zu erheben, zu speichern und zu analysieren. KI kann als digitale Assistenz dienen, Muster erkennen und eine Vorauswahl für eine finale menschliche Entscheidung treffen.

Grundsätze und Umsetzung stehen sich im Weg

Der Gesetzgeber schätzt KI in Sicherheitsbehörden als besonders risikoreich ein und versieht sie daher mit Auflagen, insbesondere wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden. Das damit verbundene Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist bei den meisten Anwendungen betroffen. Eingriffe in dieses Recht können auch dann vorliegen, wenn das Ergebnis einer Analyse einen „Nichttreffer“ erzeugt und die Daten umgehend gelöscht werden. Eine hohe Eingriffsintensität stellen in diesem Zusammenhang KI-Anwendungen dar, die verdachtslos und mit einer großen

Es mangelt an Erfahrungswerten

Zahllose KI-Möglichkeiten – begrenzter Einsatzrahmen

(BS/Stephan Ursuleac) In Deutschland findet der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) partiell im Bereich der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr statt. Zwar schränkte das Bundesverfassungsgericht unlängst die automatisierte Datenauswertung ein, die Systeme dürfen jedoch bei einer hinreichend konkretisierten Gefahr Verwendung finden. Der Einsatzrahmen ist damit gesetzt. Ausformung und Umsetzung der Technik in der Praxis bleiben aber Teil von Debatten.

Sicherheitsbehörden sehen sich steigenden Herausforderungen gegenüber, die eine Steigerung der Effektivität erfordern.

Richtlinien zu beachten. Demnach ist eine mittels KI automatisierte Entscheidungsfindung möglich. Ein Profiling, das natürliche Personen auf Basis definierter Datenkategorien diskriminiert, ist hingegen verboten. Die Europäische Union (EU) nimmt sich des Themas zudem im Rahmen des Artificial Intelligence Acts an, welcher voraussichtlich Ende 2023 verabschiedet wird.

stimmt und für einen optimierten Zugriff zur Verfügung stellt. Vor Gericht kann es sein, dass auf KI basierende Entscheidungen im Einzelfall vollständig nachvollziehbar sein müssen. Neben den KIAnwendungen sollten somit auch Techniken betrachtet werden, die deren Ergebnisse für Anwendende nachvollziehbar machen. Der Aufbau technischer Kompetenzen in der Polizei steht vor diversen Herausforderungen. Dazu zählen u. a. juristische und personelle Einschränkungen, aber auch der Zugang zu validen und verlässlichen Test- und Trainingsdaten. Orientierungspunkte im KI-Nebel Um den Sicherheitsbehörden einen schnelleren Zugriff auf technologische Entwicklungen zu ermöglichen, bedarf es klarer Ansprechstellen für KI-Themen. Potenzielle KI-Anwendungen sollten dann in handhabbare Fallgruppen kategorisiert werden. Einzelne Use Cases können so zielführender ethisch, rechtlich, sozial, aber auch technisch betrachtet werden, unter Einbeziehung eines Ökosystems aus Staat, Wirtschaft und Wissenschaft. Durch schnelle Leuchtturmprojekte können Erfahrungswerte für Folgeprojekte gesammelt und die zukünftige Akzeptanz für Lösungen gesteigert werden. Somit können KI-Lösungen für die Polizei zeitnah umgesetzt werden.

Streubreite agieren. Ebenso ist eine vollständige „Durchleuchtung“ von Personen nicht legitim. KI-Anwendungen in der Polizei müssen u. a. Aspekten des Datenschutzes und der Datensicherheit entsprechen, um gerichtsfest zu sein. Das verlangt eine Transparenz der Methodik, eine aktuelle Datenlage sowie eine reglementierte Verfügbarkeit der Daten für bestimmte

Personen. Daher sind vor und während der Einführung von KI-Anwendungen die Datenschutzbeauftragten einzubinden. Aktuell stellt die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Grundsätze Transparenz, Zweckbindung und Datenminimierung eine Herausforderung in der Praxis dar, die gegebenenfalls zu gesetzlichen Anpassungen führen muss. Schließlich sind europäische

Ein solides technisches Grundgerüst Daten in guter Qualität sind die Grundlage für erfolgreiche KI-Anwendungen. Unzureichende Datensätze führen zu einem verzerrten Lagebild oder zu unerwünschten menschlichen Einflüssen wie Diskriminierung. Die KI erfordert ein intelligentes Datenmanagement, das die Daten aufeinander ab-

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Behörden Spiegel / Juli 2023 IT-Sicherheit Seite 29
Für die Polizei ist Gesichtserkennung eine besonders interessante Einsatzmöglichkeit von Künstlicher Intelligenz. Doch der Gesetzgeber sieht darin ein hohes Risiko. Foto: BS/Gerd Altmann, pixabay.com Stephan Ursuleac ist Referent für Verteidigung und Öffentliche Sicherheit beim Bitkom e. V.. Foto: BS/Bitkom e. V.

Derrheinland-pfälzische Digitalisierungsminister Alexander Schweitzer (SPD) und der Landrat Clemens Körner (CDU) vom RheinPfalz-Kreis haben in Ludwigshafen eine Vereinbarung unterzeichnet. Das Land verpflichtet sich, die Kreisverwaltung bei der Stärkung der IT-Sicherheit zu unterstützen. Dem Kreis wird fortan vom Land zugesichert, dass die Informationssicherheit bei der Digitalisierung weit oben stehen werde.

Schweitzer sagte dazu, dass aus dem Vorfall im Rhein-Pfalz-Kreis umfassende Lehren für die IT-Sicherheitsstruktur gezogen wurden:

„Die Sicherheitspartnerschaft zwischen Land und Kommunen wurde weiter institutionalisiert, unter anderem durch die neu eingerichtete Arbeitsgruppe Informationssicherheit Kommunen.“ Dennoch gebe es gegen Cyber-Angriffe keinen absoluten Schutz, ergänzte der Minister. Landrat Körner erklärte, dass der Angriff aus dem letzten Jahr „ein Weckruf“ gewesen sei. Nun sei es die Aufgabe der Verwaltung, eine neue, zukunftsfähige IT-Umgebung aufzubauen und diese fortan laufend anzupassen. Im Oktober letzten Jahres wurden die IT-Systeme der Kreisverwaltung verschlüsselt und somit unbrauchbar gemacht. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls versprach der Digitalisierungsminister Schweitzer Unterstützung beim Wiederaufbau der betroffenen Infrastruktur. Diese wurde aus bestehenden Rahmenverträgen des Landes mit spezialisierten Dienstleistern der IT-Sicherheit gewährt.

Im Kern der Vereinbarung zwischen Landkreis und Land steht die Anwendung des IT-Grundschutzes. Der IT-Grundschutz ist der Goldstandard der IT-Sicherheit.

Kommunen zum Grundschutz bringen

Rhein-Pfalz-Kreis unterzeichnet Vereinbarung für mehr IT-Sicherheit

(BS/Paul Schubert/Benjamin Hilbricht) Der Rhein-Pfalz-Kreis wurde Ende letzten Jahres Opfer eines Ransomware-Angriffs. Er ist nur eines von vielen Beispielen. Die Länder, aber auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) versuchen, die Kommunen cyber-sicher zu machen. Im Werkzeugkoffer: Vereinbarungen und Einsteigerpakete für den IT-Grundschutz.

BSI die Gemeinden mit Checklisten, Prüffragen und Hilfsmitteln. Auf diese Weise könnten die Gemeinden die dringlichsten Maßnahmen selbst identifizieren und umsetzen. Das Ziel des WiBA ist, ein Schutzlevel aufzubauen, das die Kommunen dann nahtlos zum IT-Grundschutzprofil „Basis-Absicherung Kommunalverwaltung“ weiterentwickeln können. Niedrigschwellig. Praxisnah. IT-sicher?

Bedarfe der Kommunen abstimmen. Der nächste Schritt seien die Community Drafts. Dazu würden alle Dokumente veröffentlicht. Alle interessierten Parteien könnten dann daran mitarbeiten. Am Ende wollen sie und ihr Team die WiBADokumente in „zeitgemäße Formate“ bringen.

Er wird vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik herausgegeben. Das Werk ist modular aufgebaut und enthält Standards zur Absicherung von Informationssystemen. Für Kommunalverwaltungen steht das Profil „Basis-Absicherung Kommunalverwaltung“ zur Verfügung. Wie bei anderen Grundschutzprofilen haben Branchenvertreter es entwickelt. Ziel der Umsetzung ist es, ein Testat durch einen spezialisierten Dienstleister zu erhalten.

„Insbesondere für kleinere Kommunen ist die Umsetzung der ITGrundschutz-Standards des BSI zu komplex“, stellt BSI-Vizepräsident Dr. Gerhard Schabhüser allerdings fest. Doch das BSI will Kommunen sicherer machen. Deswegen bietet das Cyber-Amt ein neues Pilotprojekt an. Sechs Modellkommunen haben jüngst den „Weg in die Basis-Absicherung“ (WiBA) erprobt.

WiBA sei als Einstieg in den ITGrundschutz konzipiert, berichtet Schabhüser . Dazu versorge das

Die WiBA-Modellkommunen stellen einen Querschnitt durch die kommunale Landschaft dar. Zu ihnen gehören zwei Gemeinden, zwei mittelgroße Städte, eine größere Stadt sowie ein Landkreis. Unter anderem nehmen Balgheim, Markkleeberg, Rees, Regen und Schwerin teil. Das BSI hat die teilnehmenden Kommunen und Landkreise gemeinsam mit dem Deutschen Landkreistag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund ausgewählt. Über 130 Städte und Gemeinden hätten sich beworben, heißt es aus dem BSI. Im Mai und Juni veranstaltete das BSI nun dreitägige Workshops in den Modellstädten.

Gerade liefen die Gespräche mit der letzten Modellkommune in Sachsen, berichtete die BSI-Referatsleiterin Stefanie Euler auf dem IT-Sicherheitstag Sachsen. Mit dem Feedback der Gemeinden wolle das BSI nun die WiBA-Inhalte auf die

„Wir wollen Kommunen so niedrigschwellig, praxisnah und effektiv wie möglich unterstützen“, sagt BSI-Vize Schabhüser . Nach vielen verheerenden Cyber-Angriffen auf Kommunen sorgt er sich um ihre Sicherheit. Schließlich sind die Gemeinden oft der erste Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger. Anmeldungen, Ausweisdokumente, Baugenehmigungen und Sozialleistungen beantragen die Menschen in der Regel bei der Kommune. „Verlässliche kommunale Leistungen für die Menschen erfordern verlässliche und robuste IT-Systeme“, erklärt Schabhüser Gleichzeitig weist er darauf hin, dass WiBA ein freiwilliges Angebot sei. Es handele sich nicht um die Umsetzung rechtlicher Vorgaben. IT-Sicherheit ist und bleibt eben komplex. So sehr die Akteure auch versuchen, den Kommunen den Einstieg zu erleichtern, geht es am Ende doch nicht ohne Anstrengung.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 30 IT-sichere Kommune
Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern ist Modellkommune. Zusammen mit dem BSI testet die Stadt den „Weg in die Basis-Absicherung“. Foto: BS/Christoph Müller, pixabay.com

Sicherheit & Verteidigung

Housing: Deutschland wird Stationierungsmacht

(BS/Uwe Proll) 4.000 Soldatinnen und Soldaten sollen dauerhaft in Litauen stationiert werden. Direkt an einer möglichen Frontlinie zu Russland und Belarus. Das ist ein Paradigmenwechsel: Vorneverteidigung außer Landes.

„Nach dem Reinkommen in Litauen wurden wir auf der Fahrt hier zum Truppenübungsplatz von den Menschen am Straßenrand freudig begrüßt. Ganze Familien haben gewunken und uns gefilmt. Die Bevölkerung sieht uns gerne hier. Das ist ein gutes Gefühl“, sagt Hauptfeldwebel Peter (Nachname darf aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden). Er gehört einer Versorgungskompanie der Panzerbrigade 41 „Vorpommern“ an, die mit 1.000 Soldatinnen und Soldaten in Pabradė eine mehrwöchige Gefechtsübung namens Griffin Storm (Greifsturm) zusammen mit litauischen Einheiten durchführt. Es donnern 350 deutsche Gefechtsfahrzeuge, darunter Marder, Leopard 2, Berge-Leos, Minenräumer und -verleger durch den litauischen Sand, um durch einen Gegenangriff eingedrungene feindliche Truppen, aus östlicher Richtung kommend, zurückzuschlagen. Der Truppenübungsplatz ist nur 20 Kilometer von der belarussischen Grenze und 200 km von der russischen Enklave Kaliningrad entfernt. Eine Autostunde braucht es bis zur Hauptstadt Vilnius.

Dort hat sich schon vor dem NATO-Gipfel hoher Besuch eingefunden: neben Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius auch sein litauischer Amtskollege Arvydas Anušauskas, der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der Präsident des kleinen baltischen Staates, Gitanas Nausėda, und 30 Botschafterinnen und Botschafter des Nord-Atlantik-Rates, wichtigstes Entscheidungsgremium des Bündnisses.

Gerade aus dem Airbus der Flugbereitschaft gestiegen, kommt der Minister zum Wesentlichen und

sorgt am Folgetag in ganz Europa, ja selbst in den USA für Schlagzeilen: „Wir können uns vorstellen eine Brigade dauerhaft in Litauen zu stationieren“; er fügt – als wäre er selbst noch in Zweifel ob dieser Nachricht – hinzu: „Das sind 4.000 Soldaten und Soldatinnen, zuzüglich ihrer Familien.“ Das hatte die litauische Seite wiederholt gefordert, doch nur ein Stab von 50 Bundeswehrangehörigen war als Vorposten der versprochenen Brigade bisher im Lande. Die Brigade selbst befindet sich in Vorhaltung auf deutschem Boden. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern, wie schnell, bleibt jedoch unklar, denn während die litauische Seite die notwendige Infrastruktur in zwei Jahren errichtet haben will, zweifelt die deutsche Seite daran und betont der Aufbau der Brigade in Litauen hinge maßgeblich an der nutzbaren vorhandenen Infrastruktur. Also wird die erste dauerhafte Stationierung eines deutschen Truppenteils sukzessive erfolgen.

Im Tagesbefehl des Ministers und des Generalinspekteurs – normalerweise befiehlt laut Soldatengesetz einer! – vom 28. Juni werden zwei Voraussetzungen explizit genannt.

Da ist zum einen die Infrastruktur vor Ort: Wenn 4.000 deutsche Truppenkräfte permanent stationiert werden, braucht es Kasernen, Werkstätten und Lagerhallen, Ver-

waltungsgebäude und Straßen die diese miteinander verbinden. Hinzu kommen Wohnhäuser für Familien, Kindergärten, Schulen, ein Krankenhaus, Sport- und Freizeiteinrichtungen.

Der Minister weiß, dass, wenn es denn so kommen wird, diese Entscheidung noch Arbeit für seine Nachfolger im Amt bietet.

Zu klären ist erst mal die Personalgewinnung, deswegen eine gewichtige Frage, weil nach Ausbruch des Ukraine-Krieges glatt 7.000 Mann den Dienst quittiert haben, er Einsatz der deutschen Brigade an der möglichen Front zu Belarus und Kaliningrad keinen Zweifel an der Kampfbereitschaft zulässt. Daher findet Pistorius, dass mit der Zeitenwende auch die Freiwilligkeit des Auslandseinsatzes fallen könnte. Dass dies notwendig werden wird, zeigen die großen deutschen Lücken bei der deutsch-französischen Brigade im französischen Illkirch. Rechtliche wie völkerrechtliche Fragen folgen. In einer vertraglichen Vereinbarung zwischen NATO und Russland vom 27. Mai 1997 wurde festgehalten, dass keine „substanziellen Kampftruppen“ zusätzlich in ehemaligen Ostblock-Staaten dauerhaft stationiert werden dürfen. Pistorius sieht diesem Abkommen durch den Ukraine-Überfall die Geschäftsgrundlage entzogen. Zudem könne man auch Teilkon-

tingente dauerhaft einer Rotation unterziehen. Verteidigungspolitisch und eben rechtlich problematisch ist die Tatsache, dass wenn Litauen angegriffen würde, die deutsche Brigade automatisch mit rausginge und in Kriegshandlungen hineingezogen würde, ohne dass womöglich bis zu diesem Zeitpunkt der Verteidigungsfall nach Artikel 5 des NATOVertrags erklärt worden sein könnte.

Auch die Frage, wie mit irregulären militärischen Kräften umzugehen ist, stellt sich, nachdem bekannt wurde, dass sich die Söldner-Armee Wagner mit rund 7.000 Mann in drei Camps in Belarus niedergelassen hat.

Militärstrategisch stellt die Absicht der Auslandsstationierung die Bundeswehr und das gesamte Bündnis vor neue Aufgaben, denn zum Schutz der Brigade muss nicht nur die Luftwaffe, sondern auch die Planung für Divisions- und Korpstruppen neu gedacht werden. Unterstützungskapazitäten müssten unmittelbar herangeführt werden, um das Gefecht mit verbundenen Waffen führen zu können.

Natürlich geht es auch um Geld, besonders für die Errichtung der Infrastruktur. Deutschland wird das wegen strengerer Haushaltsvorgaben nicht alleine machen können, ebenso Litauen. Also wird zu

diskutieren sein, ob dies im Bündnis nicht durch Common Funding realisiert werden kann, also durch NATO-Infrastrukturmittel. Abzuwarten bleibt auch, wie die anderen Schutzmächte reagieren, die Kanadier (Lettland) und die Briten (Estland), ob sie nachziehen wollen und können. Boris Pistorius sieht das als Diskussionsprozess, am Ende könnten auch zwei multinationale Brigaden für das Baltikum stehen.

Dem Vorhaben zugestimmt hat der niederländische Admiral Rob Bauer, derzeit Vorsitzender des Militärausschusses der NATO. Mit der Zustimmung des SACEUR (Supreme Allied Commander Europe) wird ebenfalls gerechnet, wenn auch vermutlich mit dem Fingerzeig, nicht alle Verbände an den Grenzen zu fixieren, um Flexibilität und Agilität zu bewahren.

Hauptfeldwebel Peter sagt zum Abschluss nachdenklich: „Ja, wir üben hier an einer möglichen Front. Das macht nachdenklich, gibt aber mehr Spannung bei der Übung. Eigentlich mache ich mir aber nicht mehr Sorgen als zu Hause in Mecklenburg-Vorpommern.“ Das ist – noch – das jetzige Zuhause der Brigade.

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / Juli 2023 www.behoerdenspiegel.de
Kaliningrad 200 km Belarus 20 km Vilnius 50km
Hauptfeldwebel
„Eigentlich mache ich mir nicht mehr Sorgen als zu Hause in Mecklenburg-Vorpommern.“
Peter (Name geändert)
Grafik: BS/Spuling unter Verwendung von stock.adobe.com: AlexZel, Golden Sikorka, Katyuri Creative, sentavio, Taras, treter

Nachrichtendienst-Konferenz

DieNachrichtendienste fehlten in der Nationalen Sicherheitsstrategie, kritisiert der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) im Deutschen Bundestag Roderich Kiesewetter (CDU). Auf der Nachrichtendienst-Konferenz des Behörden Spiegel forderte er Nachbesserungen. Die Dienste erarbeiteten kein gemeinsames Lagebild. So sei es für Politikerinnen und Politiker schwer, ein Gesamtbild der Bedrohungslage zu bekommen. Deswegen forderte Kiesewetter, dass die Dienste die Aufgabe erhalten sollten, eine Bedrohungsgesamtrechnung aufzustellen.

Des Weiteren litten die Dienste unter der langwierigen, komplizierten Beschaffung. Hier biete sich ein schlankeres Vorgehen an. Der CDU-Sicherheitsspezialist empfiehlt der Bundesregierung, einen Technischen Nachrichtendienst zu schaffen. Dieser könne die Beschaffung von Ausstattung für alle Dienste übernehmen. Davon würden der Bundesnachrichtendienst (BND), der Militärische Abschirmdienst (BAMAD) sowie das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gleichermaßen profitieren.

Für die aus den Fugen geratene Welt

Technischer Nachrichtendienst und Aufklärungskampagnen gefordert (BS/Benjamin Hilbricht) Deutschland richtet seine Sicherheitspolitik neu aus. Die Nachrichtendienste als Frühwarnsystem der wehrhaften Demokratie sind jedoch durch eine unklare Gesetzeslage und die rasante technische Entwicklung herausgefordert. Sie müssen neue Wege gehen.

Auch Gerhard Schindler, BND-Präsident a. D., sprach sich für die Idee aus: „Wir brauchen einen Technischen Nachrichtendienst, um mit der rasanten technischen Entwicklung Schritt zu halten.“ Andere Länder wie Großbritannien und die USA hätten solche Dienste etabliert. Deutschland müsse hier mitziehen.

MitBlick auf den Amoklauf in Hamburg Anfang des Jahres titelte ein Magazin: „Zwei Anführungszeichen hätten womöglich acht Menschenleben gerettet.“ Die Waffenbehörde soll anonyme Hinweise auf einen Waffenbesitzer, den späteren Amokläufer, erhalten haben. Doch die Beamtinnen und Beamten konnten das vom Hinweisgeber ebenfalls erwähnte Buch des Täters nicht finden. Die Suche per Anführungszeichen auf Google war ihnen nicht bekannt.

Darüber hinaus ging aus der Berichterstattung hervor, dass den Mitarbeitenden weitere Versäumnisse unterliefen. Diese führten zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Generalstaatsanwaltschaft. Ob das Buch nicht gefunden oder einfach nicht gekauft wurde, ist nicht hundertprozentig geklärt. In jedem Fall zeigt dieses tragische Beispiel, dass Kenntnisse über simple Techniken der OnlineRecherche fehlen.

Nicht fähig zur Internetrecherche Wieso traut die Bevölkerung den Behörden und Organisationen mit

Dieser Technische Nachrichtendienst könne sowohl auf Bundesebene als auch gemeinsam mit den Ländern eingerichtet werden.

„Ich sehe nicht die Notwendigkeit für eine eigenständige, zusätzliche Behörde“, widersprach dagegen der Linken-Bundestagsabgeordnete Dr. André Hahn. Als Mitglied im PKGr findet er, man könne eher über neue Befugnisse und technische Fähigkeiten für die bestehenden Dienste reden.

BfV-Gesetz splitten

Derzeit stehen insbesondere die Fähigkeiten und Befugnisse des BfV zur Diskussion. Das Bundesverfassungsgericht hatte im November 2022 entschieden, dass das BfVGesetz reformiert werden solle. Die Übermittlungsbefugnisse seien zu unspezifisch. Also machte sich das Bundesinnenministerium (BMI) an die Arbeit. „Wir sind fertig, aber es ist alles schwieriger als gedacht“, schilderte der Abteilungsleiter für Öffentliche Sicherheit den Stand.

Dr. Christian Klos gab an, dass das neue Bundesverfassungsschutzgesetz bis Ende 2023 durch den Deutschen Bundestag müsse. Aus seiner Sicht sei es sinnvoll, diese Novelle in zwei Teile aufzuspalten.

Im ersten solle es um die Übermittlungsvorschriften gehen. Der zweite Teil könne „etwas weiterführender“ sein.

Klos betonte, dass es dem Nachrichtendienst möglich sein müsse, Informationen über Extremisten in der Bundeswehr oder Polizei an deren Dienstherren weiterzuleiten.

Zudem ist etwa eine Kontostammdatenabfrage seiner Ansicht nach kein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte. Deshalb sprach er sich gegen eine Genehmigung dieser Eingriffe durch den Unabhängigen Kontrollrat (UK-Rat) aus. Der UKRat ist eine oberste Bundesbehörde, die den BND kontrolliert.

Auch den BND will die Regierung reformieren. „Wir arbeiten jetzt an der sogenannten großen Lösung für den Bundesnachrichtendienst“, be-

Foto: BS/Hilbricht

richtet PKGr-Mitglied Ulrich Grötsch (SPD). „Dafür wollen wir uns Zeit nehmen“, sagte Grötsch. Seine Kolleginnen und Kollegen und er würden sich genau überlegen, was für einen Auslandsnachrichtendienst sie in „dieser aus den Fugen geratenen Welt“ bräuchten. Jeder Zuwachs an Fähigkeiten und Befugnissen werde aber mit mehr parlamentarischer Kontrolle einhergehen.

Verlorene Ressourcen Alle Nachrichtendienste unterliegen der Kontrolle. Doch der Kontakt mit den Kontrollinstanzen bindet Personal und Ressourcen. Deswegen plädierte der Thüringer Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer dafür, den Diensten weniger Kontrollpflichten aufzubürden Kramer forderte von der Ver gangenheitsbewältigung zur Gegenwart und Zukunft überzugehen. Natürlich sei der Fall des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zu einem Großteil das Ver-

Wenn Anführungszeichen Leben retten

Den deutschen Behörden fehlt es bei Open Source Intelligence an Grundlagen (BS/Samuel Lolagar*) Open Source Intelligence (OSINT) ist die entscheidende Methode zur Informationsbeschaffung aus öffentlich zugänglichen Daten. Sie gewinnt insbesondere für Sicherheitsbehörden zunehmend an Bedeutung. Trotzdem fehlt in weiten Teilen der Behörden noch das Wissen über deren Möglichkeiten.

Sicherheitsaufgaben (BOS) nicht zu, öffentlich zugängliche Informationen im Internet zu recherchieren? Es gibt Expertinnen und Experten, die beeindruckende digitale Ermittlungen durchführen und Informationen aus den Tiefen des Internets ausgraben. Aber diese sind rar gesät und oft überlastet.

Zu wenig Personal, um die Bedarfe zu decken.

OSINT gehört in die Breite! Jeder, der in einer BOS arbeitet, muss die Grundlagen der Internetrecherche kennen. So, wie es Teil der Polizeiausbildung ist, zu lernen, wie Fingerabdrücke gesichert werden. Wer glaubt, dass OSINT ausschließlich bei Straftaten im digitalen Raum eine Rolle spielt, irrt. Ganz davon abgesehen, dass Informationen aus Sozialen Netzwerken elementare Erkenntnisse

über Strukturen und Beziehungen im Bereich der organisierten Kriminalität liefern, kann selbst die Anfahrtszeit von Einsatzkräften zum Einsatzort gewinnbringend genutzt werden. Dies demonstrierte die Deutsche Hochschule der Polizei mit dem Forschungsprojekt Sentinel eindrucksvoll.

Grundsätzlich ist der Mangel an ausreichend qualifiziertem Personal ein organisatorisches Problem. Bemühungen um neues Personal sind zwar erkennbar, haben aber mäßige Erfolgsaussichten. Dies liegt einerseits daran, dass die Stellenprofile in den meisten Fällen zu starr auf einem IT-Hintergrund beharren. Selbstverständlich schadet eine Affinität zu Computern nicht, doch viele Personen mit herausragenden OSINT-Fähigkeiten haben keinen IT-Hintergrund. Andererseits kann

die angebotene Besoldung kaum mit dem Angebot auf dem freien Markt mithalten. Denn auch Unternehmen haben die Vorteile und Möglichkeiten von OSINT entdeckt.

OSINT in die Breite tragen

Zusätzlich zur Einstellung neuen Personals kann bereits vorhandenes geschult werden. Schulungen können grundlegende Methoden und Techniken vermitteln. OSINT erfordert jedoch Kreativität und Durchhaltevermögen, da insbesondere die Sozialen Netzwerke einem ständigen Wandel unterliegen. Erkenntnisse können häufig nur auf Umwegen oder durch logische Verknüpfungen gewonnen werden.

Lassen Sie uns OSINT bekannt machen, denn das Wissen um die Recherchemöglichkeiten kann Leben retten. Gleichzeitig kann Igno-

schulden des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz. Doch die Nachfragen nach Aktenvorlagen und Gesprächsvorladungen bänden kompetente Fachkräfte. „Das sind Ressourcen, die uns verloren gehen“, klagte Kramer „Der Blick zurück ist gerade in Deutschland wichtig“, bekräftigte die Brandenburger Landtagsabgeordnete Marlen Block (Die Linke). Sie fordert, immer auch die parlamentarische Kontrolle der Dienste auszubauen, wenn ihre Fähigkeiten und Befugnisse gestärkt werden. Im Gegenzug sei es sinnvoll, ein parlamentarisches Kontrollgremium so auszustatten, dass die Dienste diesem vertrauen könnten. Beispielsweise hätte der Landtag in Potsdam sicherheitsgeprüfte Referentinnen und Referenten für das Parlamentarische Kontrollgremium dort. Zudem hätten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen freiwillig eine Sicherheitsüberprüfung der Stufe 3 absolviert.

„Manche in den Diensten finden die Kontrolle lästig“, erwiderte Dr. André Hahn. Der Abgeordnete sitzt für Die Linke im PKGr. Er gibt zu, dass es eine Zersplitterung der Aufsichtsbehörden und Kontrollgremien für die Dienste gebe: „Es gibt mehr Kontrolleure als Dienste.“ Er kritisiert aber auch: „Die Dienste haben Fehler gemacht.“ Für ihren Ruf seien sie daher selbst verantwortlich.

Der ehemalige Leiter des Verfassungsschutzes Berlin, Bernd Palenda, plädierte für eine größere öffentliche Rolle der Nachrichtendienste Dies erhöhe das Vertrauen der Bevölkerung und entspreche ihrer Aufgabe. Mittlerweile Abteilungsleiter Zentrale Steuerung des Senats Berlin, betonte Palenda die Funktion der Dienste als Frühwarnsystem und Informationsdienst. Die Demokratie sei nur dann wehrhaft, wenn die Menschen gut informiert seien. Palenda forderte: „Die Nachrichtendienste müssen die Bürgerinnen und Bürger durch Aufklärungskampagnen warnen.“

ranz selbiger Leben kosten. Die Beispiele sind vielfältig: Erst kürzlich wurde über eine montenegrinische Gruppierung berichtet, die u. a. mithilfe von OSINT den untergetauchten Anführer einer verfeindeten Bande ausfindig machte und ihn anschließend ermordete. Kriminelle nutzen die ihnen zur Verfügung stehenden Quellen, um Objekte auszuspähen oder Opfer auszuwählen. Behörden müssen das Potenzial von OSINT verstehen, einschließlich der Nutzung durch Kriminelle, aber ebenso hinsichtlich der Ermittlungsmöglichkeiten, die es auszuschöpfen gilt.

*Samuel Lolagar ist studierter Kriminalbeamter und Dozent bei der Cyber Akademie. Die Cyber Akademie bietet zum Thema OSINT Schulungen mit Samuel Lolagar an. Termine und Anmeldungen finden Sie hier:

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 32
Die Nachrichtendienste spielten eine zu geringe Rolle in der Nationalen Sicherheitsstrategie, kritisierte Roderich Kiesewetter (CDU). Stephan Kramer, Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, würde gerne weniger Ressourcen für Kontrollgremien einsetzen. Foto: BS/Rainer Keuenhof

Welche Auswirkungen hat hybride Arbeit auf das „Voneinander-Lernen“ der Polizei, wenn sich aufgrund von Remote Work deutlich weniger (Zufalls-)Begegnungen in der Dienststelle ergeben? Wie gestaltet sich Führung, wenn in Videokonferenzen die Wahrnehmung von Leistungen, aber auch individuellen Charakteristika einzelner Mitarbeitender weniger wahrnehmbar werden? Für welche Tätigkeiten kommen Polizeiangehörige auch künftig ins Büro und wie müssen die Büroflächen, für ideale Rahmenbedingungen, ausgestaltet werden? Mit diesen Fragen beschäftigten sich die Polizeidirektionen Osnabrück und Göttingen in enger Abstimmung mit dem Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport und mit mehr als 20 Partnerorganisationen aus Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung im Verbundprojekt „Connected Work Innovation Hub“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Die Mission: Auf Basis wissenschaftlicher Expertise des Fraunho-

Erstmals erlaubt es die Einigung, Asylverfahren unmittelbar an Europas Außengrenzen durchzuführen. Dies betrifft allerdings nur einen Teil der nach Europa flüchtenden Menschen. Betroffen sind Personen aus Ländern, die im EU-Durchschnitt mit weniger als 20 Prozent als Asylsuchende anerkannt werden. Beispielsweise fallen Menschen aus der Türkei, Indien, Tunesien, Serbien oder Albanien unter diese Kategorie. Das Gros der Geflüchteten aus Ländern wie Syrien oder Afghanistan bleibt von der Regel verschont. Ebenfalls findet die Regel bei Geflüchteten aus der Ukraine keine Anwendung. Darüber hinaus legt das Positionspapier einen neuen Solidaritätsmechanismus vor. Dieser soll sowohl die Länder mit EU-Außengrenzen als auch die beliebtesten Zielländer unterstützen. Mitgliedsländern steht es frei, Solidaritätsmaßnahmen wie Übernahmen, Finanzbeiträge oder alternative Maßnahmen wie die Entsendung von Personal oder Maßnahmen mit Schwerpunkt auf Kapazitätsaufbau durchzuführen. Zusätzlich legt das Papier eine jährliche Mindestanzahl für Übernahmen aus Mitgliedsstaaten fest. Sie liegt bei 30.000 Personen.

Wandel der Arbeitswelt

New Work in der Polizei – digitaler Wandel schreitet voran

(BS/Thomas Wechsel) Der digitale Wandel in der Arbeitswelt ist im vollen Gange – auch bei der Polizei. Die mit der Corona-Pandemie begonnene Nutzung virtueller Formate und die Etablierung von Homeoffice und mobiler Arbeit sorgen dafür, dass Arbeitsorte und -zeiten immer mehr Flexibilisierung zulassen. In diesem Zuge haben sich auch die Erwartungen von Angehörigen der Polizei an die zukünftige Ausgestaltung ihrer Arbeit deutlich verändert.

fer IAO und der Praxiskompetenz der Partnerorganisationen sollten Ideen und Handlungsmodelle für eine neue Arbeitswelt entwickelt werden.

Viel kann auch hybrid erledigt werden

Im Rahmen einer Mitarbeitendenbefragung in den Polizeidirektionen wurde festgestellt, dass ein großer Teil der Arbeitstätigkeiten auch hy-

brid erfolgen kann. Dabei verstehen wir unter hybriden Arbeitsformen solche, die ortspräsente und -mobile Arbeit in großer Selbstverständlichkeit mischen, und zwar in synchroner als auch asynchroner Form. Die Erreichung dieser Art von Selbstverständlichkeit setzt jedoch eine Veränderung von (digitalen) Führungs- und Mitarbeitendenkompetenzen voraus. Während in der Umfrage die Aspekte „Vertrauen schenken“ sowie „empathisch und wertschätzend führen“ als wesentliche Führungskompetenzen der Zukunft hervorstechen, bedingt dieser Vertrauensvorschuss im Gegenzug auch Selbstorganisation und -verantwortung aufseiten der

Mitarbeitenden. Als Folge dieser Erkenntnisse wurden die Themen Hilfestellung zur Selbstreflektion der eigenen Präsenz, der Kommunikation und der Schaffung von Vertrauen im hybriden Kontext in der Führungskräftefortbildung der Polizeiakademie Niedersachsen etabliert. Zugleich stellte sich heraus, dass mehr als 70 Prozent der Umfrageteilnehmenden statt einer zentralen Vorgabe auf Landesebene eher wenige zentrale Regelungen für alle bevorzugen. Mit der Einführung einer sogenannten Teamcharta werden den unterschiedlichen Sachbereichen mehr Möglichkeiten der Mitgestaltung angeboten. So führt die Teamcharta zu einem Mehr an

BMI und Polizei haben noch keine konkreten Pläne zur EU-Asylreform

(BS/jb) Am 8. Juni einigten sich die Innenminister der Europäischen Union nach langem Ringen. Eine gemeinsame Verhandlungsposition zur Asylverfahrensverordnung und zur Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement liegt vor. An Kritik mangelt es nicht, aber an Ideen für die Umsetzung.

Selbst- und Teamverantwortung. Dabei handelt es sich um ein standardisiertes Workshop-Format, bei dem die individuellen und gemeinsamen Gestaltungsbereiche u. a. zum Grundverständnis von Arbeit „auf Distanz“, zu Erreichbarkeitsanforderungen, zu Terminmanagement bis hin zur Verantwortung zur Entgrenzungsprophylaxe erarbeitet werden. Beschäftigte wirken mit Durch den Ausbau digitaler Kompetenzen wird das Interesse für innovative Arbeitsformen geweckt. Die Mitarbeitenden wirken so an der erfolgreichen Gestaltung digitaler Arbeitsprozesse mit. Im Rahmen der ganzheitlichen Betrachtung sollen zukünftig vermehrt die Wechselwirkungen von Technologie, Kompetenzen, Organisationskultur, Führung und Werteveränderungen in den Fokus gestellt werden. Zu diesem Zweck wurden in der Polizeidirektion Osnabrück ein Schwerpunkt gesetzt und eine Stabsstelle zur Gestaltung des digitalen Wandels der Arbeitswelt pilotiert.

Zwar verfügt Deutschland über keine EU-Außengrenze, dennoch finden an deutschen Flughäfen Asylverfahren statt. Foto: BS/Alexas_Fotos, pixabay.com

Transitbereiche besonders betroffen

Zwar verfügt Deutschland nicht über eine EU-Außengrenze, dennoch könnte die Bundesrepublik an bestimmten Flughäfen die neuen Regelungen zur Anwendung bringen müssen. Artikel 18a des Asylgesetz

es(AsylG) regelt das sogenannte Flughafenverfahren an den Flughäfen. Es sieht vor, dass „bei Ausländern aus einem sicheren Herkunftsstaat […] das Asylverfahren vor der Entscheidung über die Einreise durchzuführen“ ist. Die Unterbringung der betroffenen Personen erfolgt dabei

auf dem Flughafengelände. Einzig medizinische Notwendigkeiten, die zu einem stationären Krankenhausaufenthalt zwingen, befreien von dieser Regelung. Das Gesetz ist für Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern anzuwenden. Folgerichtig sind die deutschen Behörden zu einem gewissen Grad bereits mit „Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen“ vertraut. Dies betrifft die Flughäfen Berlin-Brandenburg, Frankfurt/Main, Hamburg und München. Ob die Verfahren in Zukunft umfangreicher ausfallen werden, mehr Personen und mehr Flughäfen betroffen sein könnten, dazu geben das Bundesministerium des Inneren und für Heimat und auch die Bundespolizei keine Prognose ab. Auch können Polizei und BMI keine Einschätzung abgeben, inwiefern ein Personal- oder Mittelzuwachs notwendig sein wird. Man verweist zur Beantwortung der Frage

auf die Zukunft. „Die genaue Ausgestaltung und der Umfang dieser Verfahren hängt noch davon ab, worauf sich der Rat, das Europäische Parlament und die Kommission im Rahmen des Trilogs einigen“, erklärt Mehmet Ata vom Bundesministerium des Innern und für Heimat. Erst mit dem Abschluss des Gesetzgebungsprozesses auf europäischer Ebene wollen sich Polizei und Ministerium zur Umsetzung der Regel äußern.

Heftige Kritik an der Reform Zwar verweigern Bundespolizei und Innenministerium bisher eine Prognose, welche Auswirkungen die Entscheidung entfalten wird, dennoch ist bereits grundlegende Kritik am Vorgehen zu vernehmen. Der Rat für Migration, dem über 190 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angehören, bezweifelt, dass eine menschenrechtskonforme Umsetzung der Maßnahmen möglich ist. Es bestehe die Gefahr, dass Schutzsuchende „einer massenhaften und lang andauernden Inhaftierung“ ausgesetzt würden. Angesichts dieser Befürchtungen ist es bedauernswert, dass die deutschen BOS eine Einschätzung zu den Konsequenzen des Verfahrens vertagen.

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Behörden Spiegel / Juli 2023 Innere Sicherheit Seite 33
Thomas Wechsel ist Leiter des Dezernats 14 der Polizeidirektion Osnabrück. Foto: BS/Polizeidirektion Osnabrück
„Ausgestaltung und Umfang noch unklar“

So wie in diesem Szenario üben die Expertinnen und Experten unter Leitung des Havariekommandos die Schadstoffunfallbekämpfung auf See – eine gute Gelegenheit, um sich ein Bild davon zu machen, wie im Ernstfall vorzugehen ist. Mit voller Kraft voraus eilen die Schiffe an den Ort der Kollision. Auf dem Radar des Mehrzweckschiffes „Mellum“ sind ingesamt zehn Einheiten zu sehen. An Bord: über 100 Personen. Eine Besonderheit ist dabei die internationale Zusammenarbeit zwischen den drei Partnernationen Deutschland, Niederlande und Dänemark. Geübt wird in dieser Konstellation einmal im Jahr. Die Grundlage stellt das sogenannte DENGERNETH-Abkommen dar, in dem festgeschrieben ist, dass sich die Nationen bei Katastrophen wie Schadstoffunfällen auf See gegenseitig helfen und dafür auch in den Hoheitsgewässern der Partnerstaaten operieren dürfen. Auch bei der Luftraumüberwachung kooperieren die Nationen. „Darüber hinaus gibt es bestimmte Quick-Response-Zonen, in denen die Schiffe ohne diplomatische Abstimmung im Ernstfall sofort die Grenze übertreten können. Schadstoffunfälle auf dem Wasser kennen schließlich keine Grenzen“, erklärt Roland Müller. Der Nautiker ist einer von fünf On-Scene-Koordinatoren (OSC) des Havariekommandos und leitet die Übung. Die OSCs sind im Ernstfall am Einsatzort und übernehmen dort die Koordination. Die eigentliche Gesamteinsatzleitung liegt im Havariestab des Havariekommandos in Cuxhaven, der gebildet wird, sobald das Havariekommando die Einsatzleitung übernimmt. Dies ist immer bei sogenannten „komplexen Schadenslagen“ der Fall. Komplexe Schadenslagen können Schadstoffunfälle sein, beispielsweise aber auch Schiffskollisionen oder Brände. In diesen Fällen kann das Havariekommando dann Einheiten von verschiedenen Partnerbehörden, beispielsweise der Feuerwehr, anfordern und einsetzen. In unserem Fall unter anderem das Mehrzweckschiff „Mellum“ der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung. Es kann neben der Schadstoffunfallbekämpfung zum Beispiel auch zur Brandbekämpfung, zum Notschleppen, Eisbrechen oder zur Wahrnehmung schiffspolizeilicher Aufgaben eingesetzt werden.

Ist die Atmosphäre sicher?

Die „Mellum“ kommt als erstes im Übungsgebiet an und geht sofort in den sogenannten Gas- und Explosionsschutzbetrieb. „Öle und andere Schadstoffe können ausgasen. Deswegen testen wir die Atmosphäre mithilfe einer Gasspüranlage“, erläutert der Kapitän der „Mellum“, Frank Domininghaus. Um selbst geschützt zu sein, werden im Schiff alle Öffnungen verschlossen. Anschließend erzeugt das Schiff in seinen Innenräumen einen leichten Überdruck, sodass keine Luft mehr von außen ins Schiffsinnere gelangen kann. Auf der Brücke wird es

Popcorn für die „Mellum“

Wie die Vermeidung einer Ölpest in der Nordsee international beübt wird

(BS/Matthias Lorenz) Frühmorgens, 20 Seemeilen nordöstlich von Helgoland: Auf einer der viel befahrenen Seewege kollidiert ein Tanker mit einem Frachtschiff. Der Ladetank schlägt Leck, große Mengen Schweröl treten aus. Ein Horror, gerade für die Meereswelt und die geschützte Natur Helgolands, der einzigen Hochseeinsel Deutschlands. Um eine verheerende Ölpest zu verhindern, muss es schnell gehen: Das Havariekommando alarmiert Spezialschiffe aus Deutschland, den Niederlanden und Dänemark. Das ausgetretene Öl muss aufgenommen werden, bevor es zur Umweltkatastrophe kommt.

nun voll: Kein Besatzungsmitglied darf sich jetzt mehr draußen aufhalten.

In der Übungssituation ist heute alles sicher: Der Gas- und Explosionsschutzbetrieb wird aufgehoben, die anderen Einheiten können in das Übungsgebiet einfahren. Bevor es richtig losgeht, muss jedoch das Übungsmaterial ausgebracht werden, mit dem anstelle von Öl geübt wird – sieben Kubikmeter Popcorn, ungesalzen und ungesüßt. „Für uns stellt Popcorn ein sehr gutes Mittel dar, um den Einheiten auch plastisch zu zeigen, worauf sie sich konzentrieren müssen“, so Übungsleiter Müller.

Dann geht es los: Prinzipiell kann man eine Ölverschmutzung auf drei verschiedene Weisen bekämpfen. Das sogenannte In-Situ Burning, das Verbrennen des Öls auf der Wasseroberfläche, ist in Deutschland verboten. Auch die zweite Variante, bei der das Öl durch Zugabe von Dispergatoren chemisch in seine Bestandteile zerlegt und so in der Wassersäule vermischt wird, ist in Deutschland keine gängige Bekämpfungspraxis. Deswegen wird

heute die planmäßige Vorgehensweise – das mechanische Bekämpfen – erprobt. Hierzu nehmen die Einheiten bestimmte Formationen ein. An zwei Schiffen wird eine Ölsperre, der sogenannte Boom befestigt. Diese Schiffe ziehen den Boom U-förmig hinter sich her und sammeln so das Popcorn. Am Scheitelpunkt des Us gibt es eine Öffnung, durch die Popcorn strömt. Dahinter befindet sich eine dritte Einheit, welche dafür zuständig ist, den Schadstoff von der Wasseroberfläche abzusaugen. Das Mehrzweckschiff „Mellum“ ist dafür mit zwei Armen ausgestattet, die sowohl auf der Backbord- und Steuerbordseite des Schiffes ins Wasser gelassen werden können. Mit diesen „Sweeping Arms“ fängt die „Mellum“ den Schadstoff ein.

„Während dieses Vorgehens müssen die beteiligten Schiffe einiges beachten“, erklärt Müller . Beide Schiffe, welche die Ölsperre ziehen, dürfen weder zu langsam noch zu schnell fahren. Bei zu langsamer Fahrt würde der Boom seine UForm nicht halten, bei zu schneller Fahrt würde das Öl über die Sperre

Zur Simulation des Öls kommt bei der Übung Popcorn zum Einsatz. Sieben Kubikmeter bringt die deutsche „Gustav Meyer“ im oberen Bild aus.

Links zu sehen: Einer der beiden seitlichen „Sweeping Arms“ des Mehrzweckschiffes „Mellum“. Mit dieser Vorrichtung kann im Ernstfall Öl von der Wasseroberfläche aufgenommen werden. Fotos: BS/Lorenz

hinweggespült. Plötzlich herrscht auf der Brücke der "Mellum" am Funkgerät Aufregung: An einem Schiff reißt die Leine, an welcher der Boom befestigt ist – ein Schaden, der in der Übung glücklicherweise noch vor Ort repariert werden kann.

Geübt wird auch die Kommunikation zwischen den verschiedenen Einheiten, damit die Koordination im Einsatzfall reibungslos funktioniert. Gerade im internationalen Kontext der Übung stellt dies einen wichtigen Faktor dar. Normalerweise fahre er die Formation mit einem Schwesterschiff, erklärt der Kapitän der dänischen „Gunnar Thorson“, Nils Strandbygaard. „Heute üben wir mit der deutschen ‚Gustav Meyer‘, einem komplett anderen Schiff. Deswegen ist dies eine gute Gelegenheit für uns, auch unter veränderten Rahmenbedingungen unsere internen Abläufe zu proben“, so Strandbygaard. Die Übung wird so geplant, dass international gemischte Teams zusammenarbeiten. Die Einheiten kommunizieren auf Englisch.

Die nicht beeinflussbaren Bedingungen bei der Schadstoffunfall-

bekämpfung sind ebenso herausfordernd: Wind, Strömungen und Wellen beeinflussen, wohin das Öl im Ernstfall treibt. Auch die Tide spielt eine Rolle. „Anhand von Wetter- und Tidedaten kann das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie für uns hierzu genaue Berechnungen erstellen“, erklärt Müller. Bei der Übung scannen außerdem eine Drohne und zwei Aufklärungsflugzeuge die Meeresoberfläche, um den Popcornteppich im Blick zu behalten. Sind die Wellen zu hoch, können allerdings auch Profis nichts mehr ausrichten. Ab einem Wellengang von ca. 1,50 Meter werden Schadstoffe über Ölsperren und Sweeping Armes hinweg gespült. Außerdem zersetzt sich der Ölteppich unter solchen Umständen zu schnell, als dass er aufgenommen werden könnte. Der Übungsleiter konstatiert: „Da können wir dann nichts mehr gegen machen. Das ist höhere Gewalt.“ Gelänge dann Öl an die Küste, müsste man die Verschmutzung dort unter hohem Aufwand mit vielen Einsatzkräften und Spezialgerät bekämpfen.

und Kapitän Frank Domininghaus (rechts) achten auf funktionierende Kommunikation, die bei internationalen Einsätzen besonders wichtig ist.

Die Ölbekämpfung erfolgt in internationaler U-Formation. Die deutsche „Gustav Meyer“ (links) zieht gemeinsam mit der dänischen „Gunnar Thorson“ den Boom, während die niederländische „Arca“ für das Aufnehmen des Schadstoffes zuständig ist.

Ziel ist der Schutz der sensiblen Natur Helgolands, die einen wichtigen Lebensraum bspw. für den Basstölpel darstellt Fotos: BS/Lorenz

Behörden Spiegel / Juli 2023 Katastrophenschutz Seite 34
Übungleiter Roland Müller (Mitte)

Dies sei nicht immer so gewesen, erklärte Nathanael Liminski (CDU), Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes NordrheinWestfalen und Chef der Staatskanzlei, in Düsseldorf vor Angehörigen von Bundeswehr, Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten. Noch 2016 sei der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) für seine Konzeption Zivile Verteidigung belächelt worden. Doch jetzt stehe das Thema der ZivilMilitärischen-Zusammenarbeit auch im konjunkturgetriebenen Politikbetrieb auf der Tagesordnung, zeigte sich Liminski überzeugt. Auch sei die Thematik nun in der Gesellschaft im Hinblick auf die vergangenen eineinhalb Jahre angekommen.

„Dies ist eine gute Entwicklung, damit wir dieses Thema vorantreiben können. Mir ist ganz wichtig, dass die Bedeutung nicht nur intellektuell nachvollzogen wird, sondern vor allem auch gelebt wird. ‚Gelebt werden‘ heißt an dieser Stelle eingeübt werden“, so der Minister. Die beste ZMZ helfe nicht, wenn sie erst wieder in der Krise oder in der Katastrophe wiederentdeckt werde.

Verlass auf zivile Seite?

Dabei wies Liminski darauf hin, dass es bei der ZMZ nicht nur um die Amtshilfen durch die Bundeswehr im Katastrophenfall geht. Es dürfe nicht vergessen werden, dass die Amtshilfe auch in die andere Richtung funktioniere und nötig sei. ZMZ sei keine Einbahnstraße, betonte der Minister. Um ihre Aufträge zu erfüllen, brauche die Bundeswehr auch die zivile Seite. Die Kooperation von ziviler und militärischer Seite sei besonders bei flächigen Ereignissen gefordert. In der Flutkatastrophe und der Corona-Pandemie habe diese Zusammenarbeit hervorragend funktioniert und man habe bewiesen, dass sich die zivilen Stellen auf die Bundeswehr verlassen könnten. Liminski hofft, dass dies auch in einem Spannungsfall so gut funktioniere. Doch er mahnt an, dass dies eingeübt

Keine Einbahnstraße

Weiterentwicklung von ZMZ notwendig

(BS/bk) Das Thema der Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit (ZMZ) ist durch die vielfältigen Krisen, sicherheitspolitischen Entwicklungen und Katastrophen verstärkt in den Fokus gerückt. Davon zeigten sich alle Rednerinnen und Redner auf dem Pre-Event der Berliner Sicherheitskonferenz (BSC) in Düsseldorf überzeugt.

zuentwickeln, um auch in Zukunft handlungsfähig zu bleiben.

Rahmen veraltet

Auch Dr. Wolfram Geier, Abteilungspräsident im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), sieht ein verändertes Verständnis im Bezug auf die ZMZ, denn der Ukraine-Krieg habe die eigentliche und ursprüngliche Intention der ZMZ wieder offenbart: die zivile Unterstützung der Streitkräfte. Dennoch zeigt sich Geier als Vertreter einer Bundesbehörde selbstkritisch: „Wir haben uns keinen Gefallen getan, die Rahmenrichtlinien der Gesamtverteidigung, die aus dem Jahr 1989 stammen, nicht novelliert zu haben.“

Schutz von Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) als Gemeinschaftsaufgabe in den Mittelpunkt gestellt, erklärt Liminski. Doch bevor der Schutz tatsächlich organisiert werden könne, müsse erst definiert werden, welche Infrastrukturen schutzbedürftig seien, so der Minister. Der Europaminister verweist auf die Diskussion während der Corona-Pandemie: „Damals hatte man das Gefühl, dass alles Kritische Infrastruktur gewesen ist. So funktioniert aber das System nicht.“

Cyber-Raum als zusätzliche Dimension

werden müsse. „Das wird uns noch einiges abverlangen“, so der CDUPolitiker. Dies habe man daran gesehen, dass große Verlegungen von schwerem militärischem Gerät eine Herausforderung für alle Beteiligten darstellten. Dies sei im Kalten Krieg zwar häufiger vorgekommen, doch man dürfe nicht mit Plänen aus dieser Zeit arbeiten, da sich zum einen die Rahmenbedingungen und An-

wendungsfälle geändert hätten. Zum anderen sei viel Wissen auf ziviler und militärischer Seite verloren gegangen. Die zuletzt stattgefundenen Übungen böten nicht nur der militärischen Seite, sondern auch der zivilen Seite sowie der Gesellschaft Gelegenheit, hier Wissen zu erlangen. Es gelte sicherzustellen, die Strukturen auf beiden Seiten aufeinander abzustimmen und weiter-

Hier fehle eine große Grundlage, um den eigentlichen Kern der ZMZ in den Mittelpunkt zu stellen. Im Bereich der zivilen Krise konnte er in den vergangenen drei Jahren eine Enttabuisierung der ZMZ feststellen. Im Bereich der Zusammenarbeit im militärischen Krisenfall habe man aber immer noch viele Stolpersteine zu überwinden. So gebe es beispielsweise zu wenig Personal für den physischen Schutz von kritischen Objekten. Sowohl die Polizei als auch die Bundeswehr könnten dafür keine Leute abstellen. Ebenso sei im Verlauf des vergangenen Jahres klargeworden, dass die Kommunikation im VS-Grad NfD in der Fläche der Bundesverwaltung sowie zwischen Ländern und Kommunen nicht stemmbar sei. Diese Problematik sei erst mit dem Ukraine-Krieg bewusst geworden. Gerade die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Hacker-Angriffe hätten den

Wie wichtig diese Zusammenarbeit bei der Wiederherstellung von KRITIS sein kann, erklärt Sabine Griebsch, Managing Director GovThings und Krisenmanagement der Stadt Potsdam, im Hinblick auf den Cyber-Angriff auf den Landkreis Anhalt-Bitterfeld 2021, bei dem die Kommune um Amtshilfe der Bundeswehr gebeten hatte. Viele Dienstleistungen hättem damals nicht mehr gewährleistet werden können. Man habe nach der Ausrufung des Katastrophenfalls in Kontakt mit den verschiedenen Stellen wie dem Kreisverbindungsbüro und dem Landeskommando gestanden. Die zusätzliche Manpower habe damals ungemein geholfen. Diese ganze Lage habe aber gezeigt, dass man als Kommune auch in der Lage sein müsse, ZMZ bedienen zu können, so Griebsch. Für Geier ist klar, dass, wenn es in den Kommunen nicht funktioniere, eine Krisenbewältigung auf höherer Ebene nicht gelingen werde. Deswegen sollten Kommunen von höheren Stellen nicht belächelt werden. Dabei kritisiert Brigadegeneral Dieter Meyerhoff, dass aber genau dies bei vielen Kommunen der Fall sei.In der Corona-Pandemie sei er entsetzt gewesen über das Unvermögen mancher ziviler Stellen, sich selbst um „gescheites“ Personal zu bemühen. Dem kann sich Liminski anschließen und fordert, dass die zivilen Verwaltungen in der Lage dazu sein müssten, selbst Kräfte zu mobilisieren.

F

riedsam, der seit 1986 Angehöriger des THW ist, blickt auf eine 37 Jahre lange Karriere zurück. Eine beispiellose Karriere, wie Wolfgang Lindmüller, Bundessprecher des THW, sagt. Er habe sich im THW einmal komplett nach oben gearbeitet.

In seinen 37 Jahren habe er viele Umbrüche erlebt. Diese Umbrüche stehen auch sinnbildlich für die unterschiedlichen Herausforderungen, vor denen das THW stand und steht. Nach dem Fall der Mauer nahm die Bedeutung des Zivilschutzes als eine Aufgabe des THW ab. Auch die Entfernung der Freigestellten-Organisation und schließlich die Aussetzung der Wehrpflicht stellten Umbrüche dar, auf die das THW reagieren musste und hat. Eine neue Mitgliederwerbung musste her. Mit Blick auf den letzten Jahresbericht ist Friedsam dies auch gelungen. Auch die Coro-

Der Kapitän geht nach 37 Jahren von Bord

Friedsam über kommende THW-Herausforderungen

(BS/bk) „Der Kapitän verlässt ein bei voller Fahrt und voller Auslastung fahrendes Schiff“, sagte der Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV), Hermann Schreck, in seiner Laudatio zur Verabschiedung von Gerd Friedsam, Präsident des Technischen Hilfswerks (THW) – jetzt a. D. – in den Ruhestand. Zwar geht der prägende Kapitän von Bord des Schiffes, aber die Herausforderungen für das THW sind nicht weniger geworden. Dies wurde bei der Verabschiedung klar.

na-Pandemie oder die Auswirkungen des Klimawandels in Form der Flutkatastrophe 2021 prägten die Präsidentschaft Friedsams. Und er prägte in dieser Zeit das THW. Z. B. durch den Aufbau von Logistikzentren oder durch die Erneuerung der Ausstattung der THW-Ortsverbände. Im erst kürzlich überarbeiteten THW-Rahmenkonzept, welches unter seiner Regie entstand, sieht Friedsam eine neue Menge an Herausforderungen auf das THW zu kommen - ob nun den sich verstärkende Klimawandel, den Aufbau der Cyber-Hilfe als neue

Aufgabe des THW, dem Schutz Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) oder den durch den Ukraine-Krieg wieder in den Vordergrund gerückten Zivilschutz. „Die Zeitenwende spielt sich nicht nur im Militärischen ab“, betont Friedsam. Militär und die Zivile Verteidigung seien zwei Seiten einer Medaille, gibt der Präsident a. D. zu bedenken. Hier müsse nachgebessert werden – materiell und ein-

satztaktisch. Eine weitere Herausforderung sieht Friedsam im Aufbau der Kompetenzen der Cyber-Hilfe.

Diese Kompetenzen soll das THW nach dem Koalitionsvertrag 2021 aufbauen. Als allgemeine Lehre aus den vergangenen Krisen, die seine Präsidentschaft mitbestimmt hätten, zieht Friedsam, dass die Bevorratung in Deutschland besser werden müsse. Das Rahmenkonzept könne

als Richtschnur für die kommenden Jahre dienen. Dennoch bleibt er auch selbstkritisch. Auch wenn die Einsatzbereitschaft des THW zu keinem Zeitpunkt – auch nicht während der langen und großen Einsatzlagen wie der Corona-Pandemie oder der Ahrtal-Katastrophe – gefährdet gewesen sei, müsse die eigene Führungsfähigkeit und Kommunikation gestärkt werden. Es dürfe nicht noch mal vorkommen, dass Kräfte ungenutzt in einem Bereitstellungsraum auf ihren Einsatz warteten, wenn sie gebraucht würden. Auch beim Megathema Digitalisierung habe man einiges zu tun. „Hier haben wir aufzuholen, wenn wir als THW überholen wollen.“

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 35 Katastrophenschutz
Johann Saathoff (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, verabschiedete beim Festakt auf der Godesburg in Bonn Gerd Friedsam in den Ruhestand. Foto: BS/THW, Holste Wie kann die Zusammenarbeit zwischen ziviler und militärischer Seite bei Krisen und Katastrophen verbessert werden? Das Panel auf dem Pre-Event der BSC begab sich auf die Suche: (v. l. n. r.) Lucas Sy, Brigadegeneral Dieter Meyerhoff, Nathanael Liminski, Sabine Griebsch, Dr. Wolfram Geier und Dr. Eva-Charlotte Proll (Moderation). Der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), appelliert dafür, dass die ZMZ mehr gelebt werden müsse. Fotos: BS/Land NRW, Robin Teller

Explosive Altlasten

(BS) Vom 1. September 1939 bis zum 8. Mai 1945 flogen die Alliier ten über 1,4 Millionen Bomber-Sorties. Und obwohl das Ende des Zweiten Weltkriegs mittler weile 78 Jahre her ist, bergen die Kampfmittelräumdienste der Bundesländer weiterhin tonnenweise Munitionsaltlasten. Keine Baustelle, ohne vorher gründlich nach Bomben zu suchen. Kein Niedrigwasser, bei dem nicht Blindgänger zutage treten. Denn trotz ihres Alters ist die Munition keineswegs ungefährlich.

Schwerpunkte der alliierten Luftangriffe bis über 50 Prozent Zerstörungsgrad (Zahlen in Prozent)

Gefundene Munition am Beispiel des schwer getroffenen Nordrhein-Westfalens (Zahlen aus 2022)

Entschär fte und vernichtete Kampfmittelaltlasten (aktuellste Zahlen aus den Bundesländern sortiert nach Menge pro Jahr in Tonnen)

Konventionelle Munition in deutsc hen Meeren laut Angaben des Umweltbundesamtes mit Stand 2022

Nordsee 1,3 Mio. Tonnen

Ostsee 0,3 Mio. Tonnen

Kleiner Belt 5.000 Tonnen mit Tabun und Phosgen gefüllte Bomben und Granaten

Chemische Kampfstoffe in deutsc hen Meeren so genanntes „Helgoländer Loch“ 90 Tonnen mit Tabun gefüllte Artilleriegranaten

Behörden Spiegel / Juli 2023 Zahlen & Fakten Seite 36 Köln Bochum Hagen 51 50 50 52 59 54 60 61 60 64 64 61 67 69 75 80 83
050100 150200 250 300 350 Bremen Hamburg Baden-Württemberg Rheinland-Pfalz Berlin Sachsen-Anhalt Hessen MecklenburgVorpommern Nordrhein-Westfalen Thüringen Niedersachsen Bayern Sachsen Brandenburg 330 180 150 111 100 88 80 74 67 32,5 30 10 8 5,5
Bomben (alle Ar ten) 63,1 t 30,3 t 1.443 Granaten 2.812 16,2 t 1,6 t Munitionsteile Infanteriemunition Sprengmittel u. Ä. Handgranaten Minen 246 0,9 t 0,2 t 0,5 t 0,2 t 773 0,2 t 0,2 t 1,5 t 0,2 t 5,8 t 0,8 t Bruttomasse (Tonnen) Nettoexplosivstoffmasse (Tonnen) 457
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Illustration: BS/Beate Dach, unter Verwendung von: SkyLine, stock.adobe.com; rumruay, stock.adobe.com; bilderzwerg, stock.adobe.com; diplikaya, stock.adobe.com

Die Zukunft gehört nicht den fossilen Verbrennern, darin waren sich die meisten Unternehmen bei der Paris Air Show einig. Eine große Halle bei der Show war dem Weg hin zu einer CO2-neutralen Luftfahrt gewidmet. Unter dem Titel Paris Air Lab zeigten hier Industrie und Wissenschaft, wie dieser Weg aussehen könnte. So forscht etwa Airbus mit Schwerpunkt an zwei Antriebsmöglichkeiten: Brennstoffzelle sowie Wasserstoff als direkter fossiler Ersatz. Beides besitzt eigene Vorteile.

Vorteile des Wasserstoffs

Zur Nutzung von Brennstoffzellen sieht das aktuelle Design ein Flugzeug mit knapp 100 Passagieren und sechs durch Brennstoffzellen angetriebene Propeller vor. Dieses Flugzeug könnte Kurzstrecken bis zu drei Stunden bedienen, beschreibt Glenn Llewellyn, Vice President Zero Emission Aircraft bei Airbus. Für größere Entfernungen sei die Technologie bisher noch nicht geeignet. „Bei der Brennstoffzelle müssen wir zudem die Geschwindigkeit von PropellerMotoren akzeptieren“, sagt Llewellyn. Die verschiedenen Treibstoffe – Wasserstoff und Fossil – zeigten

Luftwaffen der Zukunft

Trends auf der Paris Air Show

(BS/Dorothee Frank) Die Paris Air Show brachte einen neuen Fokus auf die Luftwaffe der Zukunft. Zum einen setzte sich zwar der Trend zur unbemannten Fliegerei fort, zum anderen erhielten die Luftverteidigungssysteme einen Stellenwert im Display und in den Gesprächen, den sie in früheren Zeiten nicht besaßen. Interessant ist zudem die Entwicklung weg von fossilen Energieträgern.

spiegeln, ergibt zu viele Schwachstellen für einen militärischen Einsatz.

Luftverteidigung im Fokus

hingegen keine Limitierung in der Geschwindigkeit und anderen Parametern. „Unserer Ansicht nach hat Wasserstoff das Potenzial, die fossilen Brennstoffe zu ersetzen“, sagt Llewellyn. Dass Airbus aktuell vor allem gasförmigen Wasserstoff nutzt, hat dabei vor allem praktische Gründe: Die Versuchsträger sind mit den normalen, existierenden Tanks ausgestattet. Für flüssigen Wasserstoff müssten neue Tankbehälter entwickelt und gebaut werden.

Innerhalb von Airbus wird das Projekt Zero-Emission-Aircraft vor allem durch Spanien getrieben, das neben Deutschland und Frankreich zu den Gründern und Miteigentümern des Unternehmens zählt.

Spanien definierte nicht nur den Luftfahrtsektor als strategische Industrie, sondern stellte auch fünf Milliarden Euro zur Erforschung von Technologien für die Kohlendioxidreduzierung bereit. Und auch von den spanischen Vertretern vor Ort war zu hören: „Wasserstoff ist als Ersatz für die fossilen Brennstoffe am geeignetsten.“

zeigten bei der Paris Air Show starke Präsenz und setzten somit ein deutliches Signal des Zusammenhalts. Die Maschinen kamen fast alle aus NATO-Verpflichtungen in Europa.

Im Paris Air Lab zeigten verschiedene Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen, wie die Zukunft der Luftfahrt ohne Nutzung fossiler Energien aussehen könnte. Wobei immer nach Mission und möglichem Einsatzgebiet unterschieden werden muss. Jede Antriebsart, vom Strom bis zum Wasserstoff, bietet ihre eigenen Vorteile und so ist für die Zukunft ein deutlich größerer Mix zu erwarten, als er früher mit dem eingeengten Fokus auf die fossilen Energieträger herrschte.

Diese Antriebsmöglichkeiten sind dabei nicht nur für die bemannten, sondern auch die unbemannten Systeme interessant. So waren im Paris Air Lab vom Lastenträger bis zum mobilen Postboten zwar vor allem zivile Systeme mit alternativen Antrieben zu sehen, diese lassen sich allerdings auch auf militärische Flugzeuge übertragen.

Unbemannte Systeme im modernen Lufteinsatz

Viele Unternehmen zeigten Unmanned Aerial Systems (UAS), wobei der Begriff mittlerweile seine Trennschärfe verloren hat. Von der Mikrodrohne über Marschflugkörper und Flugzeuge bis hin zu großen Zeppelinen reichte die Bandbreite, welche unter dem Titel UAS in Paris zu finden war. Ebenso weitreichend waren die Nutzungsvorstellungen, die sich von einzelnen Überwachungssensoren bis hin zu Schwärmen inklusive Manned-Unmanned-Teaming zogen.

Exemplarisch für den zukünftigen Nutzen in modernen Luftwaffen kann das Konzept der Remote Car-

rier im deutsch-französisch-spanischen Kampfflugzeugprogramm FCAS dienen. Neue Fähigkeiten werden bei diesem Konzept nicht im Flugzeug, sondern in den Remote Carriern untergebracht. Und hiervon wird es verschiedenste Typen geben: Einmalsysteme, die den heutigen Lenk- oder Marschflugkörpern ähneln, und wiederverwendbare Systeme, welche eher Flugzeugen entsprechen.

Für jeden Einsatz wird dann der notwendige Mix an Fähigkeiten zusammengestellt. Sollte es sich beispielsweise um eine Aufklärungsmission handeln, kämen entsprechende UAS in das Team des bemannten Fighters. Wenn es allerdings gegen gegnerische Luftverteidigungen geht, kämen Störer im Rahmen der Elektronischen Kampfführung sowie Wirkmittel in den Verbund. Diese wirken dann in der Gefahrenzone, bevor sie vom bemannten Flieger passiert wird. Jedes Flugzeug wird somit Mehrrollen-fähig, ohne dass die Fähigkeiten in das Kampfflugzeug selber integriert werden müssten.

Die Möglichkeiten der Remote Carrier sind dabei nahezu unbegrenzt: Aufklärer, Störer, Bomber, Unterstützer, Router und sogar Tankflugzeug.

Internationaler Blick auf die UAS Alle diese Einsatzmöglichkeiten von UAS werden aktuell durch die Nationen ausprobiert – und nicht nur in Verbindung mit Menschen oder Kampfjets. Die USA sehen verschiedene Konzepte vor, wo die Drohnen – flexibel genutzt im Sinne der Remote Carrier – aus den Waffentubes von Hubschraubern gestartet werden, um dann im Manned-Unmanned-Teaming die Hub-

Turkish Aerospace Industries (TAI) zeigte auf seinem Display unter anderem die bewaffnete Drohne „Aksungur“. Sie besitzt eine Stehzeit von 50 Stunden. Als Kampfdrohne in der Ausstattung Bodenunterstützung oder Marinemission reduziert sich die Stehzeit auf zwölf Stunden bei einer möglichen Zuladung von bis zu 750 kg. Diese türkische Entwicklung besitzt sechs Waffenslots. Der Erstflug fand 2019 statt, die Einführung in die türkischen Streitkräfte folgte 2021.

Fotos: BS/Frank

schrauber zu begleiten bzw. ihre Missionen auszuführen.

Bei Boeing konnten die Besucher sich wiederum über die MQ-25 informieren. Diese Drohne eignet sich für verschiedene Missionen, unter anderem auch die Luftbetankung.

2019 war der Jungfernflug, 2021 folgten die ersten erfolgreichen Luftbetankungen. Das System führt die

Womit auch das nächste Thema in den Fokus rückt: die Luftverteidigung. Der Ukraine-Krieg zeigt die Bedeutung dieser zumindest in den deutschen Streitkräften lange Zeit nicht beachteten Fähigkeit auf. Zum Glück war sie nur bei den Streitkräften, nicht aber in der Industrie vernachlässigt worden. Dieser Weitblick der Unternehmen zeigte sich auf der Paris Air Show, wo etwa Diehl Defence über ihr System IRIS-T SL informierte, das seit Herbst 2022 Menschen in der Ukraine vor russischen Luftangriffen schützt – überaus erfolgreich. Am 14. Juni stimmte dann auch der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der Beschaffung dieses Luftverteidigungssystems für die Bundeswehr zu, am 22. Juni folgte der Vertrag für sechs Feuereinheiten IRIS-T SLM zwischen BAAINBw und Diehl Defence. Die ersten Systeme sollen bereits 2024 an die Deutsche Luftwaffe gehen. Gleichzeitig zeigen die westlichen Luftverteidigungssysteme in der Ukraine die Grenzen der UAS auf. Nur sehr wenige russische Drohnen fanden ihr Ziel, diese Technologie ist somit weitaus weniger erfolgreich als etwa die klassische Artillerie. Ohne Lufthoheit scheinen unbemannte Systeme nur wenig militärischen Nutzen zu besitzen. Und so beweist auch der UkraineKrieg die Bedeutung der Lufthoheit und somit der Luftwaffen für jeden militärischen Einsatz.

Der Stratobus von Thales erhält im Rahmen des europäischen „High Altitude Pseudo Satellites“(HAPS)-Programms neuen Schwung. Das Konzept befand sich bereits länger im Ideenstadium, durch HAPS wird es nun die Realisierung erfahren. Der Stratobus soll in der Stratosphäre Aufgaben etwa zur Aufklärung oder als Kommunikationsrelais übernehmen. Vorerst ist ein (kleinerer) Demonstrator von etwa 60 Metern Länge geplant, der 2025 oder 2026 zu ersten Flügen starten könnte.

Luftbetankung autonom durch und kann per vordefinierter Programmierung fliegen, aber ein Pilot ist zur Sicherheit (bisher noch) in the Loop. Obwohl sich teilweise schon die Frage stellt, ob die Maschinen nicht ohne Piloten sicherer fliegen, weil der Computer mittlerweile eine schnellere Reaktionszeit hat und präziser Lenken kann als der Mensch.

Kommunikation in der Cloud Ein Problem bleibt allerdings bei allen Drohnenschwärmen sowie Manned-Unmanned-Teaming: der Informationsfluss. Die meisten Nationen setzen hierbei auf die Cloud, doch die Umsetzung birgt durchaus Probleme. Eine komplett virtuelle Cloud würde zu hohen Datentransfer erfordern. Die UAS müssen also gewissermaßen vorsortieren, welche Daten wichtig und relevant sind, um nur diese in die Cloud zu geben. Doch genau dieses Sortieren, dieses Auswerten und Teilen der relevanten Daten, funktioniert aktuell noch nicht reibungslos.

Die Notwendigkeit der Datenübertragung ist auch der wichtigste Grund, warum überhaupt ein bemanntes Flugzeug als Begleitung der Remote Carrier mit in den Einsatz muss. Schließlich ist es komplex genug, innerhalb eines fliegenden Verbunds miteinander die Datenpakete auszutauschen. Diese dann auch noch zurück zur Heimatbasis und dann mit Aufgabenzuweisungen zurück zum UAS zu

Nur die Frage, warum die eigentlich (angeblich) so gut ausgerüstete russische Luftwaffe nicht zuerst und vor allem schnell die Lufthoheit über der Ukraine herstellte, um dann unter diesem Schutz ihre Bodenoperation zu beginnen, mochte auf der Paris Air Show kein Experte beantworten. Alle NATO-Staaten hatten bei ihren Einsätzen in der jüngeren Vergangenheit der Lufthoheit immer die erste und oberste Priorität eingeräumt, weshalb sie ihre Streitkräfte mit entsprechenden Fähigkeiten ausstatteten. Diese Vielfalt an Hochtechnologie war dann auch bei der Paris Air Show zu sehen. Und die Entwicklung ist noch lange nicht zu Ende.

Podcast

Über Remote Carrier sprach der Behörden Spiegel während der Paris Air Show mit Guido Brendler, Leiter Vertrieb und Geschäftsentwicklung bei MBDA Deutschland, der das Thema im deutschen FCAS-Programm von Anfang an begleitete. Der Podcast kann hier angehört werden:

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 37 Wehrtechnik
Die US-Streitkräfte

Wie diese Ausrichtung aussehen soll, legt das Deutsche Heer in seiner Broschüre „Zeitenwende Ukraine-Krieg – Modernisierung der Landstreitkräfte“ dar. Weitere Details erläuterte der Inspekteur Heer, Generalleutnant Alfons Mais, in der letzten Ausgabe des Behörden Spiegel, Seite 36. Doch die Forderungen der Politik gehen mittlerweile noch weiter. „Deutschland ist bereit, dauerhaft eine robuste Brigade in Litauen zu stationieren“, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius Ende Juni bei einem gemeinsamen Statement mit seinem litauischen Counterpart. Pistorius führte weiter aus: „Voraussetzung dafür ist – es ist angesprochen worden –, dass die entsprechende Infrastruktur vorhanden ist: Kasernen, Übungsmöglichkeiten und die genannten Depots.“

Eine robuste deutsche Brigade soll also nach Litauen, während das Heer sich gerade in der Nachbeschaffung der Abgaben an die Ukraine, der Ausbildung ukrainischer Soldaten, der Digitalisierung der Landstreitkräfte, der Integration der niederländischen Heereseinheiten in das deutsche Heer sowie in der NATO-Verpflichtung als VJTF befindet. Dabei mussten für die VJTF (L) 2023 bereits wieder einmal Systeme und Ausrüstung aus anderen Heeresteilen abgezogen werden. Die Waffenabgaben an die Ukraine hinterließen große, bisher ungeschlossene Lücken in den Einheiten. Und die Munition wird mittlerweile ebenfalls von der Ukraine benötigt.

Das Konzept der Mittleren Kräfte Trotz all dieser Herausforderungen will der Inspekteur Heer ein neues Konzept einführen. Nicht weil das Heer zu wenig Aufgaben hät-

Schutz durch Geschwindigkeit

Anpassungen im Deutschen Heer

(BS/Dorothee Frank) Das Heer ist der Hauptträger der Landesverteidigung, das zeigt die Verteidigung der Ukraine. Doch die Ausstattung und Modernisierung dieser Teilstreitkraft wurde im Rahmen der Friedensdividende stark vernachlässigt, die Ausrüstung von Kleinstkontingenten für Auslandseinsätze musste reichen, die Finanzen wurden anderweitig gebraucht. Nun muss sich das Deutsche Heer in einem Kraftakt neu ausrichten.

Boxer ist, zeigte Krauss-Maffei Wegmann (KMW) bei den KMW Tech Days in München. „Wir stellen hier das vor, was verfügbar ist“, sagte Dipl.-Ing. Ralf Ketzel, Vorsitzender der Geschäftsführung von KMW. „Wir sprechen hier nicht von Entwicklungsdekaden, sondern wir zeigen, was wir den Kunden direkt auf den Hof stellen können.“

te, sondern weil die Umgestaltung und der Aufbau der Mittleren Kräfte notwendig sind. In der heutigen Zeit braucht es agile Fähigkeiten, bei denen die Geschwindigkeit der Bewegung gleichzeitig Schutz bedeuten. Dies lässt sich nur auf Rad realisieren.

„Das Heer besteht aus bereits vorhandenen leichten, infanteristischen Kräften, die durch ihre Luftbeweglichkeit sehr schnell verlegt werden können, sowie schweren Kräften, die im Kern aus Kampfund Schützenpanzern bestehen“, beschreibt das Deutsche Heer in seiner oben genannten Broschüre.

„Schwere Kräfte verfügen über den höchsten Schutz und die höchste

Feuerkraft. Jedoch sind sie aufgrund ihres hohen Gewichts und des Kettenantriebs vergleichsweise aufwendig und langsam zu verlegen. Mittlere Kräfte bezeichnet eine neue Kräftekategorie, in der Infanterie auf radbeweglichen Gefechtsfahrzeugen mit den notwendigen Kräften zur Unterstützung in Großverbänden des Heeres zusammengefasst sind. Sie zeichnet besonders aus, dass sie entlang von Straßen und Wegen aus eigener Kraft schnell in ein Einsatzgebiet verlegen können. Sie bieten eine ausgewogene Kombination aus Wirkungsmöglichkeiten, Mobilität und Schutz.“

Was das Heer hierfür benötigt, welche Systemforderungen es an die

politische Führung stellen muss, ist ebenfalls definiert: „Um dem Merkmal der eigenbeweglichen Verlegbarkeit gerecht zu werden, brauchen Mittlere Kräfte neue Fahrzeuge, welche die benötigten Fähigkeiten auf radbeweglichen Plattformen abbilden. Wesentliche Projekte sind die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zur Sicherstellung der Führungsfähigkeit. Des Weiteren werden Radschützenpanzer, Radhaubitzen, Mörsersysteme, Loitering-Munition sowie spezifische radbewegliche Pionierfähigkeiten, zum Beispiel zum Anlegen oder Beseitigen von Sperren, benötigt. Mittlere Kräfte müssen feindliche Ziele früh identifizieren und lokalisieren sowie möglichst weit entfernt bekämpfen können (abstandsfähiger Aufklärungs- und Wirkmittelverbund). Sie benötigen Sperr- sowie Flugabwehrfähigkeiten, um auch gegen starke Feindkräfte verteidigen zu können. Das Heer verfügt über konkrete Zahlen des zu beschaffenden Materials, als Beispiel seien 160 Radhaubitzen und 150 Radschützenpanzer genannt.“

Systeme für die neuen Einheiten Durch den Radpanzer Boxer verfügt die Bundeswehr bereits über eine sehr flexible Plattform, in die sich die genannten Fähigkeiten integrieren lassen. Wie vielseitig der

Powerpoint-Folien suchte man dementsprechend vergeblich, stattdessen fuhren Radpanzer mit unterschiedlichsten Modulen vor die Bühne. So präsentierte KMW den Boxer RCT 30 – intern auch PuBo (Puma-Boxer) genannt. Hierbei handelt es sich um den PumaTurm, der in einen Boxer integriert wurde. Synergien ergeben sich in Wartung, Logistik und Ausbildung. So könnten etwa die Schützen zwischen Puma und PuBo wechseln, ohne dass eine zusätzliche Ausbildung notwendig sei.

Ebenfalls von großem Interesse für die Mittleren Kräfte ist der Boxer RCH 155, der die automatisierte Artillerie der Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000) auf den Boxer bringt und damit die erste Radartillerie schafft, die aus der Fahrt schießen kann. Und die bereits durch die Ukraine beschafft wurde. Gerade im Bereich der Mittleren Kräfte stehen die Systeme also tatsächlich bereit zum Kauf, um die Feuerkraft der Schweren Kräfte mit der Beweglichkeit der Radplattformen zu kombinieren.

Zu den technologischen Neuheiten und Entwicklungen sprach der Behörden Spiegel während der KMW Tech Days mit Ralf Ketzel. Der Podcast kann hier abgerufen werden.

INVICTUS GAMES 2023

Die Invictus Games werden 2023 erstmals in Deutschland stattfinden. 22 Nationenteams nehmen an diesem internationalen Sportfestival teil. Die Athletinnen und Athleten messen sich in zehn Disziplinen. Auch ein ukrainisches Team tritt an.

Die 6. Invictus Games haben das Ziel, an Seele und Körper verwundeten, verletzten und erkrankten Soldatinnen und Soldaten eine größere Wahrnehmung und Anerkennung in der Gesellschaft teilwerden zu lassen. Darüber hinaus wird ihre Rehabilitation unterstützt.

Die Behörden Spiegel-Stiftung unterstützt die ukrainischen Teilnehmenden mit Ausrüstung, Kleidung und modernem Sportgerät und freut sich auf Ihre Spenden.

Bankverbindung

IBAN: DE76 3806 0186 5205 5500 13

BIC: GENODED1BRS

spendenaufruf@ behoerdenspiegel.de

Behörden Spiegel / Juli 2023 Wehrtechnik Seite 38
Fotos: BS/flickr.com/invictusgamesgermany Die INVICTUS GAMES 2023 werden vom 9. BIS 16. SEPTEMBER 2023 in Düsseldorf ausgetragen www.invictusgames23.de
Der PuBo vereint die Feuerkraft des Pumas mit der Radmobilität des Boxers, was zudem Vorteile bei der Wartung, Logistik und Ausbildung mit sich bringt. Foto: BS/Frank

„MeinTelefon hört nicht mehr auf zu klingeln“ – Seit Beginn des Ukraine-Kriegs erreicht den Jugendoffizier ein Antrag nach dem anderen. Lehrkräfte aus den verschiedensten Fachbereichen laden ihn ein, mit ihren Schülerinnen und Schülern über das Kriegsgeschehen zu sprechen. Der Dienstwagen, den die Bundeswehr Matei stellt, gleicht mittlerweile einem fahrenden Kleiderschrank. Fünf Hemden hat er dabei, um sich zwischen den Besuchen in verschiedenen Klassen umzuziehen, wenn er wieder eine Doppelstunde nach der anderen hält.

„Die jungen Leute sind heute weitaus interessierter an Politik als ich es in dem Alter war“, erklärt er. Hätte man ihm damals gesagt, dass er mal in Uniform vor der Klasse stehen und über Sicherheitspolitik aufklären würde, er hätte es wohl selbst nicht geglaubt. Kurz vor seinem Abitur bekam er einen Brief von der Bundeswehr. Er müsse seinen Wehrdienst antreten und solle sich beim Kreiswehrersatzamt melden, stand dort geschrieben. Für den jungen Mann keine Option.

Auf Umwegen

„Ich habe noch versucht, mich zu drücken“, erklärt er. Doch das war nicht mehr nötig. Fest entschlossen, keinen Wehrdienst zu leisten, kontaktierte Matei das Kreiswehrersatzamt. Am Telefon erklärte man ihm, der Brief sei irrelevant geworden, die Wehrpflicht werde im Frühjahr ausgesetzt. Matei war noch einmal davongekommen, das Thema Bundeswehr war vom Tisch – zumindest vorerst. Einige Wochen vergingen und während seine Mitschülerinnen und Mitschüler bereits Pläne geschmiedet hatten, wurde ihm klar, dass er noch keine Ahnung hatte, was er in Zukunft machen wollte. Hauptsache raus von zu Hause und Geld verdienen – aber womit?

Es kam, wie es kommen musste. Beim Zimmeraufräumen fiel dem jungen Mann der Brief von der Bundeswehr wieder in die Hände. Kurzentschlossen rief er nochmal beim Kreiswehrersatzamt an und fragte nach, ob er doch zur Bundeswehr kommen könne. Zwei Wochen später erhielt er wieder einen Brief: Er hatte den letzten freien Platz bei der Gebirgstruppe bekommen.

Ab in die Berge Gleich nach dem bestandenen Abitur ging es los. Die Grundausbildung absolvierte Matei in BadReichenhall im Berchtesgadener Land, dann ging es zum Studium an die Universität der Bundeswehr in München. Der Soldat machte seinen Bachelor in Wirtschaft und Journalismus, anschließend den Master in Management und Medien. Dann kehrte er zurück zu den Gebirgsjägern nach Bad-Reichenhall. Trotz anfänglicher Vorbehalte gegen Kälte und Schnee kann er heute sa-

Klassenzimmer statt Bergtour

Politische Bildung aus erster Hand

(BS/Ann Kathrin Herweg) Was machen deutsche Panzer in der Ukraine? Was machen deutsche Kriegsschiffe an der Küste Chinas? Und was machen Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten den ganzen Tag hinterm Kasernenzaun? All das sind Fragen, die Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern meist nicht beantworten können. Hauptmann David Matei schon. Der Stuttgarter Jugendoffizier fährt von Schule zu Schule. Sein Ziel: Mit jungen Menschen in Austausch über Sicherheitspolitik kommen.

berichten. Werbung für die Bundeswehr macht er allerdings nicht. Es stört den Hauptmann, dass immer wieder der Vorwurf im Raum steht, er gehöre zum „Werbetrupp“. Seine Aufgabe ist es, neutral zu berichten. Nachwuchsrekrutierung und Karriereberatung gehören nicht zu den Tätigkeiten eines Jugendoffiziers, dafür gibt es Karriereberatungsoffiziere.

Kleine Abenteuer

gen: „Mit den Jungs im Wald, Iglus graben, Ski fahren, klettern – all das hat mir großen Spaß gemacht. Ich war super zufrieden bei den Gebirgsjägern.“ Sein Bildungsweg war damit aber noch nicht zu Ende, Anfang des Jahres hat er ein Fernstudium in Theologie abgeschlossen und nun absolviert er neben der Arbeit seinen Master of Bussiness Administration an der Universität der Bundeswehr München.

Eine neue Richtung Rund zehn Jahre war Matei Gebirgsjäger – im Herzen ist er das immer noch. Während dieser Zeit lernte der Hauptmann seine Frau kennen, die beiden heirateten, bekamen eine Tochter. Für Matei sein großes Glück und gleichzeitig der Grund für eine Karriereveränderung. „Ich habe nachts im Wald geschlafen, statt meine Tochter ins Bett zu bringen“, erinnert sich der junge Vater. Für seine Frau und Tochter Marie sei diese Zeit sehr anspruchsvoll gewesen. Die Entscheidung, dass die Zeit für eine familienfreundlichere Verwendung bei der Bundeswehr gekommen war, traf man gemeinsam.

Zufällig lief Matei einige Zeit später am Büro seines Kommandeurs vorbei. Der bat den Hauptmann zu sich. Es galt, eine Stelle als nebenamtlichen Jugendoffizier zu besetzen und die Wahl war auf Matei gefallen. Der junge Soldat war zunächst alles andere als glücklich mit dieser Idee, wollte den Lehrgang zum Jugendoffizier nicht an-

treten. Doch es führte kein Weg daran vorbei und so machte sich der Bayer widerwillig auf den Weg nach Straußberg nordöstlich von Berlin, wo ein dreiwöchiger Lehrgang für Jugendoffiziere stattfand.

„Ich wurde zu meinem Glück gezwungen“, sagt der Jugendoffizier im Rückblick. In Straußberg angekommen erkannte er schnell, wie professionell dort Wissen vermittelt wurde. Matei war begeistert. „Ich habe ganz neu für mich erkannt, wie viel Spaß es mir macht, diese politischen Dinge zu vermitteln.“

Ganz unbekannt war ihm diese Aufgabe nicht. Gleich nach dem Studium wurde er Ausbildungsoffizier bei den Gebirgsjägern und bekam schnell Personalverantwortung übertragen. Er war zuständig für die militärische, aber auch die persönliche und charakterliche Ausbildung der Kameradinnen und Kameraden. Politische Bildung gehörte schon hier zu seinem Tätigkeitsfeld.

Vor zwei Jahren wurde Matei Jugendoffizier in Stuttgart, der Heimat seiner Frau. Zwischen Heilbronn im Norden und Tübingen im Süden ist er nun unterwegs und besucht Schulklassen ab Jahrgangsstufe neun – von der Sonderschule bis hin zum Privatgymnasium.

Persönliche Zeitenwende

„Kein Tag ist wie der andere, es ist jedes Mal eine Wundertüte“, erzählt Matei. Ein Erlebnis, dass ihm besonders in Erinnerung geblieben ist, ist die Begegnung mit einem Jugendlichen etwa drei Wochen nach Kriegsbeginn in der Ukraine. Der Saharastaub hatte Deutschland erreicht und färbte den Nieselregen rötlich. Es war neblig, als Matei auf den Schulhof eines Gymnasiums fuhr. Als der Jugendliche den Bundeswehrangehörigen sah, rannte er los, wollte wissen, was passiert sei und erkundigte sich, ob Putin jetzt den roten Knopf gedrückt habe. „Während wir uns so unterhalten, stelle ich fest, der dachte wirklich, dass diese rötliche Saharastaubwolke die Folge eines atomaren Angriffs auf Deutschland wäre“, erinnert sich Matei. Der gebürtige Nürnberger konnte Entwarnung geben, doch dieser Moment war für ihn seine persönliche Zeitenwende. „Das hat mir zum ersten Mal gezeigt: Diese Selbstverständ-

In

Screenshot: BS/Herweg

lichkeit des Friedens, in der ich aufgewachsen bin, und all diese zivilisatorischen Errungenschaften, die wir nach dem zweiten Weltkrieg in Europa erreicht haben, sind gar nicht mehr so selbstverständlich und werden von Russland mit den Füßen getreten.“

Echte Einblicke Den Austausch mit der jungen Generation hält Matei für besonders wertvoll, es ist der Teil seiner Arbeit, der ihm am meisten Freude bereitet. Eines der Themen, über das er bei seinen Besuchen in Schulklassen spricht, ist der Bundeswehreinsatz in Mali. Matei erklärt Zusammenhänge und Hintergründe, in einer Liveschalte ermöglicht er es Schülerinnen und Schülern manchmal sogar, selbst mit Soldatinnen und Soldaten vor Ort zu sprechen. Von „Was macht ihr da in der Wüste?“ bis hin zu „Wie ist das Essen da drüben?“ – die Jugendlichen bekommen Antworten auf die Fragen, die sie beschäftigen. In mehrtägigen Politiksimulationen können die Jugendlichen außerdem in die Rolle von Staatsoberhäuptern schlüpfen und entdecken, wie es ist, selbst Weltpolitik zu machen. Auch für Lehrkräfte hat der Jugendoffizier einiges im Angebot, unternimmt mit ihnen z. B. Seminarreisen ins Europaparlament. Wie Sicherheitspolitik funktioniert, das kann Matei aus erster Hand

Matei ist immer noch viel unterwegs, doch die Verwendung als Jugendoffizier hat es ihm – wie erhofft – möglich gemacht, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Gemeinsam mit seiner Frau und der kleinen Tochter, die bald ihren vierten Geburtstag feiert, ist der junge Vater gerne mit dem Camper unterwegs, um sogenannte Mikroabenteuer, wie ein verlängertes Wochenende auf dem Bauernhof, zu erleben. Außerdem darf Sport in seiner Freizeit nicht fehlen. Bevor der Bayer nach Stuttgart kam, hat er Bergsport betrieben. „Man hat mir gesagt, bei Stuttgart gibt es auch Berge. Die suche ich immer noch“, lacht er. Stattdessen läuft er nun oder fährt mit dem Rennrad. Auch nach Feierabend beschäftigt Matei das Thema Sicherheitspolitik: In den sozialen Medien veröffentlicht er kurze Clips, in denen er aktuelle Geschehnisse kommentiert oder auch die Körpersprache von Regierungschefs deutet oder hinterfragt, ob eine Wiedereinführung der Wehrpflicht sinnvoll ist. Das Interesse daran ist groß und so konnte der 30-Jährige allein auf der Plattform TikTok bereits über 25.700 Follower gewinnen. Wie bei seiner Arbeit dominiert auch hier ein Thema: Der Ukraine-Krieg. „Mir war von Anfang an wichtig, dass ich diese Plattform nicht Verschwörungstheoretikern oder Möchtegern-Experten überlassen möchte, sondern dass ich dort mein Wissen, meine Erfahrungen und Erlebnisse teilen kann.“ Vor allem junge Menschen schauen sich die Videos an. Bei all den Falschnachrichten und Spekulationen im Internet sind sie dankbar, hier seriöse Informationen zu bekommen. Im Videointerview bei Future4Public spricht David Matei über seine Videos zu Sicherheitspolitik auf Social Media und zeigt einige Beispiele.

Jugendoffizier

Seit 1958 gibt es bei der Bundeswehr die Funktion des Jugendoffiziers. Die Hauptaufgabe der männlichen und weiblichen Jugendoffiziere ist es, Schulklassen der Jahrgangsstufen neun bis dreizehn zu besuchen und dort sicherheitspolitische Zusammenhänge zu vermitteln. Die Referentinnen und Referenten greifen auf breites Fachwissen und eigene Erfahrungen zurück. Werbung für die Bundeswehr machen sie dabei nicht. Laut Kooperationsvertrag mit dem Kultusministerium sind sie zu Neutralität verpflichtet. Neben ihren Einsätzen an Schulen werden sie z. B. auch von politischen Bildungsträgern, Universitäten, Fachkreisen, Parteien, Vereinen und Kirchen eingeladen, um über Sicherheitspolitik zu berichten. Organisatorisch sind die Jugendoffiziere in dem Landeskommando ihres Bundeslandes aufgehängt. Die Landeskommandos sind dem Territorialen Führungskommando der Bundeswehr unterstellt.

Behörden Spiegel / Juli 2023 Seite 39 Letzte Seite
„Schickt mich überall hin, nur nicht dahin, wo es kalt ist und Schnee liegt“, das war Mateis Wunsch. Gelandet ist er dann ausgerechnet bei den Gebirgsjägern. Foto: BS/Bundeswehr kurzen Videos auf Social Media spricht David Matei über Sicherheitspolitik. In einer Schulstunde erklärt Jugendoffizier David Matei Zusammenhänge und Hintergründe des Bundeswehreinsatzes in Mali. Per Liveschalte ermöglicht er den Schülerinnen und Schülern das direkte Gespräch mit Soldatinnen und Soldaten vor Ort. Foto: BS/Bundeswehr

DIE RICHTIGE WAHL FÜR DEUTSCHLAND

Der H-47 Chinook steht schon heute als risikoarme und zuverlässige Lösung für Deutschlands SchwerlastMissionen bereit. Über 6 Millionen absolvierte Flugstunden und mehr als 950 Chinooks im weltweiten Einsatz belegen seine Erschwinglichkeit und unerreichte Einsatzvielfalt. Der Chinook kann unter den härtesten Bedingungen und in den anspruchsvollsten Umgebungen fliegen und somit auch die herausforderndsten Missionen der deutschen Bundeswehr problemlos erfüllen. Ein weiterer Vorteil ist die hohe Interoperabilität mit den insgesamt 20 internationalen Betreibern, darunter 8 NATO Nationen, bei denen der Chinook weltweit im Einsatz ist.

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The Boeing Company @BoeingDACH boeing.de/chinook S:285 mm S:430 mm

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