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Berlin und Bonn / September 2021
KNAPP
Hartes Ringen erwartet
Wie lange reicht der Atem?
Tarifrunde der Länder hat begonnen
(BS/jf) Der Gewerkschaft Deut-
(BS/Jörn Fieseler) Fünf Prozent, mindestens 150 Euro bei zwölf Monaten Laufzeit und zahlreiche Erwartungen an die Arbeitgeber umfassen die Forderungen der Gewerkschaften für scher Lokomotivführer (GDL) die anstehende Tarifrunde mit den Ländern. Auch in Hessen haben die Verhandlungen begonnen. Beiderorts werden sie schwerer als sonst. Beide Seiten werfen sich vor, bei einem bläst aus verschiedenen Richwichtigen Thema zu blockieren. tungen der Wind ins Gesicht, im Der Forderungs- und Erwartungskatalog der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und des DBB Beamtenbunds und Tarifunion (DBB) ist nicht umfangreicher als sonst. Die finanziellen Bestandteile entsprechen den Forderungen der letzten Jahre, insbesondere der letzten Tarifrunde mit Bund und Kommunen. Dabei legen die Gewerkschaften mit dem Mindestbetrag den Fokus auf die Kernklientel, denn dieser wirkt bis maximal zur EG 8 und in der höchsten Erfahrungsstufe bis zur EG 3 (siehe Tabelle). 2019 haben Verdi und der DBB coronabedingt 4,8 Prozent und mindestens 150 Euro gefordert,sowie 100 Euro zusätzlich für Auszubildene und Praktikanten. Am Ende der Verhandlungen kamen für 2021 eine Erhöhung von 1,4 Prozent, mindestens aber 50 Euro sowie weitere 1,8 Prozent für 2022 raus. Wie die Verhandlungen in diesem Jahr ausgehen, hängt auch von den weiteren Erwartungen ab. So wollen Verdi und der DBB weitere strukturelle Verbesserungen bei der Eingruppierung, insbesondere der stufengleichen Höhergruppierung, erreichen. Zudem soll es einen separaten Verhandlungstisch für das Gesundheitswesen geben. Bereits 2019 angesprochene Details, wie die Erhöhung des Zeitzuschlags bei Wechsel- oder Schichtarbeit in Krankenhäusern oder die Einführung einer dynamischen Zulage für die Beschäftigten der ambulanten und stationären Pflege im Justiz- und Maßregelvollzug, sollen zum Abschluss gebracht werden. Des Weiteren pochen die Gewerkschaften auf die Einhaltung einer Verhandlungszusage der TdL von 2019. Dabei soll die Eingruppierung der Beschäftigten im Straßenbetriebsdienst und im
Konkret: fünf Prozent, mindestens 150 Euro Entgeltgruppe
Stud) akzeptieren. Und natürlich soll das Ergebnis inhalts- und zeitgleich auf die Beamten der Länder übertragen werden.
Erfahrungsstufe 1
2
3
4
5
6
15 Ü
297,79
330,54
361,62
382,00
387,02
0,00
15
244,03
271,22
272,06
306,48
332,55
342,52
14
220,95
237,64
251,34
272,06
303,81
312,92
13 Ü
219,26
230,96
251,34
272,06
303,81
312,92
13
203,72
219,26
230,96
253,68
285,09
293,65
12
183,60
196,54
223,94
248,00
279,08
287,45
11
177,66
189,61
203,22
223,94
254,02
261,64
10
171,38
183,11
196,54
210,24
236,31
243,85
9b
152,56
163,87
171,23
191,59
208,91
215,17
9a
152,56
163,87
166,32
171,23
191,59
197,27
8
143,31
154,85
160,49
166,32
172,77
176,26
7
134,84
145,63
153,74
159,88
164,79
169,08
6
132,57
143,24
149,19
155,27
159,26
163,56
5
127,38
137,89
143,84
149,49
154,04
157,11
4
121,63
132,23
139,67
143,84
148,01
150,69
3
120,08
130,45
133,42
138,18
142,05
145,33
2Ü
115,27
125,39
129,26
134,02
137,29
139,97
2
112,01
121,81
124,79
127,77
134,61
141,76
1
0,00
101,87
103,36
105,15
106,93
111,40
Basis: Entgelttabelle TV-L, allgemein gültig vom 1. Januar 2021 bis mindestens 30. September 2021. Grafik: BS, Quelle:Eigene Berechnungen
Straßenbau geregelt werden. Außerdem soll es für Auszubildende, Studierende und Praktikanten neben den erneut geforderten 100 Euro Entgeltzuschlag ein
kostenloses ÖPNV-Ticket geben. Darüber hinaus sollen die Arbeitgeber eine neue Verhandlungsverpflichtung über einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TV
Archillesverse Arbeitsvorgang Keine Bereitschaft zur Verhandlung zeigen die Gewerkschaften beim Thema Arbeitsvorgang. Dieser soll ein Kernthema der Verhandlungen werden. “Es gibt Forderungen aus dem Arbeitgeberlager, durch Neubewertungen beim Arbeitsvorgang die Eingruppierung zu verändern. Die Folge wäre, dass für tausende Stellen zukünftig geringere Einkommen erzielt würden. Diesen Angriff auf die Bezahlung der Beschäftigten werden wir auf keinen Fall hinnehmen”, sagt Volker Geyer, stellvertretender Bundesvorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik beim DBB. Damit wolle die TdL den Gewerkschaften ein Ultimatum stellen. Nur wenn es beim Arbeitsvorgang ein Ergebnis gebe, werde es auch einen Tarifabschluss geben, so Geyer. Das sieht Niedersachsens Finanzminister und TdLVerhandlungsführer, Reinhold Hilbers (CDU) anders. Er wirft den Gewerkschaften vor, sich den Verhandlungen zu verweigern und betont: “Keiner will den Beschäftigten in die Tasche greifen. Wir wollen lediglich, dass dem ursprünglich mit den Gewerkschaften Vereinbarten wieder Geltung verschafft wird.” “Für die Beschäftigten geht es um viel: Ihre Leistungen in der Pandemie müssen anerkannt werden – die Folgen dürfen nicht auf ihre Kosten gehen”, sagt Christine Behle, stellvertretende Verdi-Vorsitzende und zuständig für die Tarifpolitik im Öffentlichen Dienst. Dem gegenüber verweist Hilbers auf die immensen Ausgaben der Länder im Zuge der Pandemie: “Wir
haben große Ausgaben getätigt, um das Gesundheitswesen zu stärken, die Wirtschaft zu stützen, Kommunen unter die Arme zu greifen und den Bürgern zu helfen. Gleichzeitig kommen strukturelle Steuermindereinnahmen auf uns zu.” Bei einem Personalkostenanteil von rund 50 Prozent am Steueraufkommen sei wenig Spielraum für Gehaltssteigerungen. Allein für die rund 900.000 Tarifbeschäftigten hätten die Forderungen ein Volumen von 2,4 Mrd. Euro. Bei einer Übertragung auf die Beamten müssten die Länder mit 7,5 Mrd. Euro für ihr Personal rechnen.
Hessen: Startschuss gefallen Ähnlich beurteilt Innenminister Peter Beuth (CDU) die Forderungen der Gewerkschaften für Hessen. Dort fordern diese ebenfalls fünf Prozent, mindestens jedoch 175 Euro. Grundsätzlich sei das Anliegen nach höheren Bezügen berechtigt, allerdings könne Hessen diesen nicht nachkommen. “Die Forderungen sind angesichts einer bundesweit angespannten Wirtschafts- und Finanzlage deutlich überzogen.” Inklusive Übertragung des Ergebnisses auf die hessischen Beamten wären dies mehr als 600 Mio. Euro pro Jahr. Hessen habe im letzten Jahr 2,3 Mrd. Euro neue Schulden aufgenommen, zeitgleich gehe die aktuelle Steuerschätzung von rund 6,3 Mrd. Euro weniger Steuereinnahmen für die Jahre 2020 bis 2024 aus. In Hessen ist die nächste Verhandlungsrunde für den 14. / 15. Oktober 2021 vorgesehen. Die TdL startet am 8. Oktober 2021. Die zweite und dritte Verhandlungsrunde sind für den 1. / 2. November sowie den 27. / 28. November angesetzt.
Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn (DB) wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Unterstützung gibt es hingegen vom DBB Beamtenbund und Tarifunion (DBB) – aber wie lange noch? Mitte August hat sich der DBB an einer Demonstration vor dem “Bahntower” in Berlin beteiligt und der Mitgliedsgewerkschaft GDL den Rücken gestärkt. “Der DBB ist eine Solidargemeinschaft. Wenn eine unserer Mitgliedsgewerkschaften in einen Streik gezwungen wird, wie jetzt die GDL vom DB-Management, dann stehen wir eng zusammen”, sagte der DBB-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach und forderte seinerzeit verhandlungsfähige Angebote. Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der GDL und stellvertretender Bundesvorsitzender im DBB, zeigte sich erfreut: “Wir sind Gegenwind gewöhnt. Aber Rückenwind ist natürlich besser.” Die Frage wird sein, wie lange dieser Rückenwind anhält. Schon beim letzten Streik der GDL vor sechs Jahren waren mit zunehmender Dauer kritische Gegenstimmen aus den anderen Mitgliedsgewerkschaften zu vernehmen.
Zukunft Dienstrecht
Arbeits-, tarif- und beamtenrechtliche Entwicklungen 17.-18. November 2021, Bonn Mit Beiträgen u. a. von:
Anke Schulte-Trux, Vorsitzende Richterin, Oberverwaltungsgericht Münster Dienstunfähigkeit im Beamtenrecht – neue Entwicklungen
Karin Spelge, Vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht (6. Senat) Aktuelle Rechtsprechung des 6. Senats
Dr. Rüdiger Linck, Vizepräsident, Bundesarbeitsgericht Neuere Rechtsprechung zum Entgelt und zur Entgeltfortzahlung Foto: BAG
Weitere Informationen zur Tagung „Zukunft Dienstrecht“ sowie das Anmeldeformular finden Sie unter: www.zukunft-dienstrecht.de Je nach Pandemielage wird die Tagung gegebenenfalls virtuell durchgeführt.
Eine Veranstaltung des