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Rück- und Ausblick .......................................................................... Seite

Die Stadtverwaltung entschloss sich 2019 dazu, das Problem der Dezentralität der Daten grundsätzlich zu beheben. Das große Ziel: Eine einheitliche, zentrale und digitale Datenablage, auf die alle abteilungs- und fachbereichsübergreifend zugreifen können. Technisch gesehen soll dafür eine zentrale BusinessIntelligence(BI)-Lösung geschaffen werden. Die Stadt bewarb sich beim BMVI für ein mFUNDProjekt. Das Förderprogramm mFUND unterstützt digitale Innovationen für eine Mobilität der Zukunft in Deutschland. Damit war sie fast die einzige Kommune, die dort als Hauptantragsteller auftrat.

Überwiegend bewerben sich hierfür Universitäten oder Unternehmen. Das Projekt wurde bewilligt und wird seit Nov. 2019 bis Ende 2022 mit 1,28 Millionen Euro gefördert (Förderlinie 2/ Datenzugang/Projekt BI-F2022). Die Stadt Flensburg testet damit als Blaupause für andere Kommunen erstmals, wie sich die vormals getrennten, heterogenen Datenquellen vereinen lassen. Auch andere Kommunen starten BI-Projekte. Sie fokussieren sich aber meist nur auf einen Bereich wie die Finanzen.

Datenschutz von Anfang an mitdenken

Der Flensburger Ansatz der zentral bereitgestellten Daten bietet zahlreiche Chancen: Zunächst können die internen Prozesse stark vereinfacht und beschleunigt werden. Der Datenschutz als zentraler Aspekt wird dabei von Anfang an mitgedacht. Über die BI-Lösung sollen Daten nur so nutzbar sein, dass der Datenschutz vollumfänglich eingehalten werden wird. Damit wird den Mitarbeitenden die bisherige große Verantwortung teilweise abgenommen. Neben den unmittelbar entstehenden, internen Nutzen sollen auch mittelbare, externe Vorteile entstehen. Denn auf der Datengrundlage können die Mitarbeitenden künftig besser “mit einer Stimme nach außen sprechen”. Die zentral bereitgestellten Daten sind einheitlich, für sie kann inhaltliche Verantwortung übernommen werden. Zudem können die Daten, die ja durch die Öffentlichkeit bereitgestellt und bezahlt werden, den Einwohnerinnen und Einwohnern oder Gewerbetreibenden anonymisiert leichter bereitgestellt werden (Open-Data-Ansatz). Abteilungsübergreifend können Use Cases entstehen, die Daten aus bisher verschiedenen Abteilungen nun zusammen in den Blick nehmen.

Flensburg macht mehr aus seinen Daten

Die Stadt liefert bis Ende 2022 eine Blaupause für ein zentrales BI-System

(BS/Dr. Thorben Kelling*) Die Stadt Flensburg hat in der Verwaltung sehr viele Fachverfahren, über die digital Daten erfasst und verarbeitet werden. In der Kernverwaltung sind ca. 1.500 Mitarbeitende in mehr als 40 Abteilungen tätig. Bisher arbeiten die Abteilungen digital getrennt voneinander. Jede erzeugt und pflegt “ihre” Daten. Möchte eine Mitarbeiterin auf Daten einer anderen Abteilung zugreifen, muss sie per Mail oder Telefon eine Anfrage an die Abteilung stellen und die Daten aufwendig beschaffen.

Internes und externes Know-how wurde aufgebaut Mit der Fördersumme wurden zusätzliche personelle Kapazitäten geschaffen, sodass den Mitarbeitenden nicht zusätzliche Arbeitslasten aufgelegt werden müssen. Eine neue Projektmitarbeiterin in der Organisationsabteilung beschäftigt sich ausschließlich mit der Bewertung der verbesserten Organisationsprozesse. Sie untersucht die bisherigen Arbeitsschritte und vergleicht diese mit den neuen Prozessen hinsichtlich Quantität und Qualität der Prozesse sowie der bereitgestellten Daten. Dieses Vorgehen soll sicherstellen, dass der Nutzen durch das BIProjekt auch anhand von Zahlen eindeutig bewertet werden kann. Zudem wurden externe, fachliche Partner hinzugezogen und technische Lösungen ausgewählt. Auf der wissenschaftlichen Seite ist dies die Hochschule der Stadt Flensburg. Prof. Dr. rer. pol. Jan Gerken, Professor am Fachbereich Wirtschaft, steuert dort das Projekt. Auf der technischen Umsetzungsseite hat sich die Stadt für die Firma akquinet AG mit Firmensitz in Hamburg entschieden, die sowohl im BISektor als auch im Bereich der öffentlichen Verwaltung Kunden und Projekte vorweisen konnte. Die regionale Nähe zu den Partnern war den Entscheidern trotz des digitalen Projektcharakters wichtig. Der IT-Partner akquinet brachte das BI-Know-how mit ein. Durch einen Auswahlprozess konnte ein geeignetes BI-Tool ausgewählt werden, das die hohen Anforderungen an den Datenschutz erfüllt. Außerdem kommt eine lokale Instanz des Systems losgelöst auf eigenen Servern der Stadt zum Einsatz. Es wird also nicht über eine Cloud-Technologie eingesetzt, wie es meist üblich ist. Projektfahrplan bis Ende 2022 Bisher wurden die Gesamtkonzeption des Projekts zur praktischen Umsetzung entwickelt, erste Daten geladen und Dashboards erstellt. Der nächste konkrete Schritt ist die Einrichtung einer datenschutzkonformen ETL-Strecke von der Extraktion, der Transformation bis zum Laden von Daten. Danach folgen 2022 als Meilensteine ein realer Testbetrieb des BI-Systems in den Abteilungen durch die Fachkräfte selbst, die Eingliederung von Geodaten sowie ein “Systemstress”. Das Projekt wird dann im Oktober 2022 mit der Veröffentlichung der Datenbankstrukturen und des Schlussberichts erfolgreich abgeschlossen. Beteiligte Abteilungen und Datenbestände Für das Projekt wurden zunächst einige der 40 Verwaltungsabteilungen ausgewählt, wie u. a. das Bildungsmanagement, die Jugend- und SozialhilfePlanung, die Statistikstelle, die Abteilung Strategische Projekte & Verkehr und Umwelt sowie die Organisationsabteilung. Alle Abteilungen haben interessante Datenbestände mit oft bereits sehr strukturierten Daten, mit denen zügig Ergebnisse erzielbar sind. Hierzu zählen als Bewegungsdaten unter anderem Verkehrsdaten oder Daten zu Geburten und Gestorbenen. Hinzu kommen Bestandsdaten aus dem Meldewesen wie Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner nach Alter, Geschlecht und Wohnsitz. Anhand solcher Daten können zum Beispiel frühe Entscheidungen für neue Schul- oder Sozialprojekte begleitet werden. Aber auch Daten aus externen Quellen fließen mit ein: Die Bundesagentur für Arbeit liefert Sozialdaten bzgl. Arbeitslosengeld- und Hartz-IVEmpfängern. Das Statistikamt Nord trägt Schuldaten wie die Anzahl der Schülerinnen und Schüler pro Schulart und Klassenzug bei. Zum eigenen Personal fließen Daten vom Statistikamt Nord ein. Aus dem Wirtschaftsressort werden schließlich teilweise Haushaltsdaten geliefert, z. B. die geplanten Investitionen der Stadt Flensburg.

In Flensburg will man das Problem der Dezentralität der Daten mit dem Projekt BI-F2022 grundsätzlich angehen und beheben. Grafik: BS/Stadt Flensburg Auf Datenebene sind alle Kommunen vergleichbar

Auch wenn in anderen Kommunen die jeweiligen Abteilungen anders heißen oder aufgebaut sind, sind die Datenbestände selbst wahrscheinlich sehr ähnlich, insbesondere die Datenbestände in den weiteren 14 Kreisen und kreisfreien Städten Schleswig-Holsteins. Für BI-Projekte anderer Länder können die jeweiligen Landesgesetze zu leicht abweichenden Datenbeständen führen. Mit dem Projekt leistet die Stadt Flensburg eine wichtige Pionierarbeit. Die wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse werden andere Kommunen direkt in entsprechende Ausschreibungen und Verträge einbinden können. Die Corona-Pandemie hat ein großes Bewusstsein dafür geschaffen, dass die Digitalisierung in der Verwaltung vorangetrieben werden muss. Daraus resultierend werden hier sicherlich demnächst für solche BI-Projekte auch mehr Mittel geschaffen.

Weitere Informationen zum Projekt unter www.bmvi.de/Shared Docs/DE/Artikel/DG/mfund-pro jekte/bif2022.html

*Dr. Thorben Kelling ist Leiter des Projektes BI-F2022 bei der Stadt Flensburg.

Vor allem die Anforderungen an die digitale Infrastruktur waren durch Homeoffice und -schooling, Videotelefonie, Online-Einkauf, digitale Amtswege und Streamingdienste massiv erhöht. 45 Prozent der österreichischen Haushalte sind mit gigabitfähigen Anschlüssen ausgerüstet, hier hat sich der Ausbau einer leistungsfähigen Festnetzinfrastruktur in den letzten Jahren bezahlt gemacht. Bei der Versorgung mit 5G ist Österreich mit aktuell rund 58 Prozent der Haushalte an der europäischen Spitze. Und bis 2030 wollen wir Österreich flächendeckend mit festen und mobilen Gigabit-Anschlüssen für die digitale Transformation versorgen. In den letzten Monaten haben sich besonders die bereits umgesetzten Maßnahmen zur digitalen Transformation der Verwaltung bewährt. Erste Adresse für digitale Verwaltungswege sind in Österreich oesterreich.gv.at und die App “Digitales Amt”. Mit oesterreich.gv.at hat die Republik eine umfassende OnlinePlattform, auf der Bürgerinnen und Bürger zeit- und ortsunabhängig auf ihren Desktops oder mobilen Geräten Informationen abrufen sowie Amtswege erledigen können. 2020 verzeichnete oesterreich.gv.at über 40 Mio. Besuche, über 97 Mio. Seiten wurden aufgerufen. Noch mehr mobilen Komfort bei der Nutzung des Angebots von oesterreich.gv.at bietet die kostenlose App “Digitales Amt”. Seit dem Launch im März 2019 wurde die App über 300.000-mal aus den App Stores heruntergeladen. Über diesen zentralen MobileGovernment-Zugang ist das gesamte digitale Informationsangebot des Bundes uneingeschränkt zugänglich und es sind immer mehr Amtswege durchführbar. So wird beispielsweise fast jede vierte Wohnsitzänderung bereits via App erledigt.

Digitalisierung sorgt in der Verwaltung für mehr Effizienz, wenn vorhandene Daten sinnvoll verknüpft und genutzt werden. Auf dieser Basis funktionieren No-Stop-Shops, von denen in Österreich bereits zwei Dienste zur Verfügung stehen. Eine Million Österreicherinnen und Österreicher profitieren bereits von der antragslosen Arbeitnehmer/innenveranlagung, in deren Rahmen Steuerpflichtige unabhängig von einem Antrag zu viel bezahlte Lohnsteuer automatisch zurückerstattet bekommen, wenn alle erforderlichen Daten vorhanden sind. Ähnlich erhielten bereits 1,5 Mio. Österreicher antragslos nach der Geburt eines Kindes automatisch die Familienbeihilfe. Diese Anwendung wurde bereits 2015 mit dem Österreichischen Verwaltungspreis und dem European Public Sector Award ausgezeichnet. Knapp 2,5 Mio. Personen nutzen die Handy-Signatur, das unterstreicht die Erfolgsgeschichte dieses digitalen Ausweises. Sowohl bei Steuererklärungen, Gewerbeanmeldungen, Kindergeld-Beantragungen oder “FinanzOnline”-Abfragen bietet die Handy-Signatur bereits mehrere 100 Formulare, die digital unterschrieben werden können. Die Signatur wird jetzt zur zukunftssicheren “ID Austria” weiterentwickelt, die es Menschen ermöglicht, sich online auszuweisen und damit digitale Services zu nutzen und Geschäfte abzuschließen. Zusätzlich zur vollen Datenhoheit und Rechtssicherheit bietet die ID Austria Schutz vor Identitätsdiebstahl und sie ist auch die Basis für die digitale Ausweisplattform, die in Zukunft als Sichtausweis wie etwa Führerschein oder Zulassungsschein genutzt werden kann. Eine Ausweitung der Nutzungsmöglichkeiten, auch auf privatwirtschaftliche Angebote, ist geplant. Das Projekt befindet sich derzeit in der Pilotphase und geht Ende 2021 in Betrieb. Mehr als 5,4 Mio. Menschen nutzen FinanzOnline, international ausgezeichnet und das wichtigste E-GovernmentPortal der Finanzverwaltung, das kostenlos rund um die Uhr zur Verfügung steht (finanzonline.bmf.gv.at). Damit können Steuererklärungen sowie andere Anträge jederzeit und bequem elektronisch erledigt werden. Im Jahr 2020 haben 2.6 Mio. Personen ihre Einkommensteuerveranlagung digital eingereicht. An Verwaltungskosten konnten damit seit 2003 rund 650 Mio. Euro eingespart werden. Das Unternehmensservice-Portal USP bietet mehr als dreitausend Informationsseiten und den direkten Zugang zu 70 Services (usp.gv.at). Um den Unternehmen noch bessere Übersichtlichkeit und eine leichtere Handhabung aller Features am USP zu bieten, wird laufend an der Optimierung gearbeitet. Damit bietet das USP Unternehmen eine übersichtlichere Möglichkeit, sich für den persönlichen Arbeitsplatz “Mein USP” anzumelden, zusätzlich optimiert für den mobilen Einsatz. Knapp 367.000 Unternehmen nutzen das Portal heute. Die positiven Effekte der genannten Maßnahmen lassen sich vor allem an der Verbesserung Österreichs im “Digital Economy and Society Index 2020” der Europäischen Kommission ablesen. Vor allem beim digitalen Angebot der Verwaltung erreicht Österreich überdurchschnittliche Ergebnisse: So belegt Österreich beim letzten E-Government Benchmark der EU gleichauf mit Lettland den dritten Platz von 36 untersuchten Ländern und gehört mit Malta und Estland zu den Top-3-Nationen in Europa.

Smart Country Convention

Die Republik Österreich ist 2021 und 2022 Partnerland der “Smart Country Convention”. Der Event findet in diesem Jahr vom 26.-27. Oktober pandemiebedingt erneut als reine Online-Veranstaltung statt. Der Behörden Spiegel ist Medienpartner und wird in der Oktober-Ausgabe einen Sonderteil “Smart Country Convention” veröffentlichen. Mehr zum Event unter: www.smartcountry.berlin

Nachhaltige Digitalisierung

Schlüssel für die Zukunft Österreichs

(BS/Dr. Margarete Schramböck) Die erfolgreiche digitale Transformation Österreichs und eine moderne digitale Verwaltung sind wichtige Kernpunkte unserer Politik und mir als Digitalisierungsministerin natürlich ein besonderes Anliegen. Auch bei den Herausforderungen der Corona-Krise haben sich die belastbare digitale Infrastruktur sowie die Digitalisierung von Verwaltungsservices besonders bewährt. Der Digitalisierungsgrad Österreichs wurde mit einem Schlag auf die Probe gestellt, die Netze haben gehalten und Österreich blieb in vollem Umfang arbeitsfähig.

Dr. Margarete Schramböck ist österreichische Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Foto: BS/BMDW