Behörden Spiegel August 2019

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Aktuelles Öffentlicher Dienst / Gesundheit

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Behörden Spiegel / August 2019

Zukunft Führung

Erste Einigung

Neue Kräfte in den Behörden entfalten

Autobahn GmbH: Übernahmeregelungen nehmen Formen an

(BS / Dr. Gerd Portugall) Eine besondere Herausforderung für Führungskräfte stelle der Umstand dar, dass sie (BS / jf) Der Manteltarifvertrag für die künftigen Beschäftigten der Autobahngesellschaft des Bundes (Autonach einer neueren Studie durchschnittlich nur 20 Minuten pro Woche mit je einem Mitarbeiter kommunizier- bahn GmbH) steht. Auch für den Wechsel der Beamten gibt es erste Anwendungsrichtlinien. Beiden Werken ten, so Ilona Vogel bei einer Tagung des Behörden Spiegel Anfang Juli in Königswinter. ist eins gemein: Der Bund lockt mit allen Möglichkeiten. Die Gewerkschaften sprechen trotzdem noch keine Empfehlung für den Wechsel aus.

Wolf Steinbrecher ist diplomierter Volkswirt und war 18 Jahre lang in einem Landratsamt tätig, ehe er sich als Berater selbstständig gemacht hat. Foto: BS / Portugall

Gerade Kommunikationsfähigkeit sei die “wichtigste Führungskompetenz”, so die Trainerin für den Öffentlichen Dienst, die selbst professionelle Coachin und Führungskraft in der Verwaltung ist. Mittels Austausches müsse zu jedem Untergebenen eine direkte Beziehung geschaffen werden, so Vogel. Je besser diese Kommunikation funktioniere, desto eher könne Arbeit bzw. Verantwortung delegiert werden – sei es individuell, sei es gegenüber einem Team. Diese Form der Zusammenarbeit sei Ausdruck sogenannter “agiler” Führung. Agilität kommt eigentlich aus der Software-Entwicklung und bedeutet im hier interessierenden Zusammenhang eigenini­ tiatives, vorausschauendes und flexibles Verwaltungshandeln.

Registraturordnung als Produkt der Stein-Hardenberg’schen Reformen des frühen 19. Jahrhunderts. Dieses Prinzip verlängere den Genehmigungsgang unnötigerweise. Alternativ dazu könnten sich alle Verwaltungsvertreter, über alle Abteilungsgrenzen hinweg, und zivilen Antragssteller bzw. Leistungskunden – d. h. die Betroffenen – “agil” gleichzeitig zusammensetzen, sich austauschen und sogenannte “cross-funktionale Teams” bilden. Die Treffen sollten in relativ kurzen Abständen stattfinden, um große Problemlagen in Einzelprobleme zu zerlegen und diese dann separat abzuarbeiten. So würden regelmäßig Teilergebnisse produziert, die in der Summe die vorgegebenen Aufgaben erfüllten.

Agile Verwaltung

Praktische Beispiele

Die Flüchtlingskrise des Jahres 2015 habe gezeigt, dass die staatliche Verwaltung bei komplexen Lagen schnell an ihre Leistungsgrenzen stoße, so Wolf Steinbrecher, Berater und Gründungsmitglied des “Forums Agile Verwaltung”. Jenes wurde 2016 von sechs “vernetzten Praktikern” in Karlsruhe mit dem Ziel gegründet, den Öffentlichen Dienst für die “Kultur der Agilität” zu öffnen. Je komplexer die Aufgabenstellung, desto überzeugender würden sich agile Methoden entfalten. Als fiktives Beispiel nannte Steinbrecher das Genehmigungsverfahren einer Windparkanlage. Das dabei zum Tragen kommende Einzelzuständigkeitsprinzip gehe zurück auf die preußische

Die Freiwillige Feuerwehr, ergänzte Thomas Michl – ebenfalls Berater und Gründungsmitglied des “Forums Agile Verwaltung” –, sei mit ihrem gewählten Kommandanten ein Musterbeispiel für eine schlanke, agile und basis­ demokratische Organisation. Ziel von Agilität sei letztlich, “nicht gemachte Arbeit zu maximieren”. Das bedeute, dass auf unnötige Arbeitsschritte von vorneherein verzichtet werden könne. Auch eine staatliche Großorganisation verfüge bereits über reichhaltige Erfahrungswerte mit Agilität: die Bundeswehr, so Steinbrecher. Mittels Auftragstaktik gebe der Kommandeur das Ziel für Untergebene vor, begründe dieses aber auch, was Einsicht

in das vorgegebene Ziel bewirke. Die konkrete Umsetzung bzw. Erreichung dieses Zieles obliege dann jedoch eigenverantwortlich der Ausführungsebene. Im Weißbuch der Bundesregierung von 2016 beschäftigt sich ein ganzes Unterkapitel mit Agilität, die ausdrücklich gesteigert werden solle: “Die Bundeswehr muss als agile Organisation in der Lage sein, flexibel und adaptionsfähig auf neue oder veränderte Anforderungen zu reagieren.” Steinbrecher nannte ergänzend noch ein transatlantisches Militärbeispiel: Dr. Jeff Sutherland habe die agile Projektmanagementmethode “Scrum” unter anderem aus seinen Erfahrungen als Kampf­pilot der US-Luftwaffe im Vietnamkrieg entwickelt. Damals erfolgte notgedrungen der teilweise Übergang von der Befehls- zur Auftragstaktik. Oberstes Ziel einer jeden agilen Organisation sei es, “Ergebnisverantwortung zu begünstigen und Entscheidungsgeschwindigkeit zu erhöhen”, so Marcel “Otto” Yon, CEO des “Cyber Innovation Hubs” (CIH) der Bundeswehr, und Anja Theurer, “Chief Financial ­Officer” (CFO) dieses Hubs, in einem Artikel auf Seite 25 in der Juli-Aus­ gabe des Behörden Spiegel.

Messverfahren Ein Messverfahren für personale Fähigkeiten mittels Fragebogen stellte Bettina Wiener, Coachin und Supervisorin, vor. Über Jahrzehn­te hin wurde der KODE-Fragebogen wissenschaftlich entwickelt, der in nur 20 Minuten ausgefüllt ist. KODE steht dabei für “Kompetenzdiagnostik und -entwicklung”. Er wird insbesondere im Rahmen der Personal- und Teamentwicklung eingesetzt. Gemessen werden dabei vier Grundkompetenzen: personale, aktivitätsbezogene, sozial-kommunikative und fachlich-methodische Kompetenzen. Unter “Kompetenz” werde in diesem Zusammenhang die Fähigkeit zur Selbstorganisation und zur Kreativität in völlig neuen Situati­ onen verstanden, so Wiener. Kompetenzen im Zusammenspiel mit Persönlichkeitseigenschaften, wie zum Beispiel vorhandenen Talenten, ergäben das Potenzial von Mitarbeitern im Allgemeinen und von Führungskräften im Besonderen.

“Der Manteltarifvertrag bringt für die von den Ländern zur Autobahngesellschaft wechselnden Beschäftigten eine Reihe deutlicher Verbesserungen”, sagte Wolfgang Pieper nach der Einigung. Der ­Leiter der Fachbereiche “Bund und Länder” sowie “Gemeinden” im Verdi-Bundesvorstand hat dabei nicht nur die Einführung eines vollen dreizehnten Monatsentgeltes für alle im Blick, sondern auch Überstundenzuschläge bei der Überschreitung der wöchent­lichen Arbeitszeit. Zudem gebe es verbesserte Regelungen bei Höhergruppierungen, Rufbereitschaft und für Dienstreisezeiten sowie einen Unternehmensbonus von zehn Prozent auf Basis der Entgeltgruppe 10, Stufe 3 – rund 800 Euro. Außerdem stehen schon jetzt die nächsten Tariferhöhungen fest, obwohl die Tarifrunde mit Bund und Kommunen erst im Herbst 2020 ansteht. Bis zur Entgeltgruppe 9c würden die Gehälter ab März 2020 um 3,5 Prozent erhöht, ab der Entgeltgruppe 10 gebe es zwei Prozent, erläutert Volker Geyer, stellvertretender Bundesvorsitzender im Deutschen Beamtenbund und Tarifunion (DBB) und Fachvorstand Tarifpolitik. Sollte der Tarifabschluss im Herbst zu höheren Steigerungen führen, würde die Differenz zusätzlich gezahlt, bei einem niedrigeren Abschluss würden die hier genannten Gehaltszuwächse bestehen bleiben. “Ein großer Fortschritt” ist laut Pieper die erstmalige Tarifierung von ausbildungs- und praxisintegrierten Studiengängen. Die Studierenden erhalten ein monatliches Studienentgelt in Höhe von 1.300 Euro.

Geringere Arbeitszeiten bei Autobahn GmbH Auch bei den Beamten will der Bund nicht nur mit finanziellen Anreizen locken. Laut den Anwendungsrichtlinien für beamtenrechtliche Regelungen in Zusammenhang mit dem Übergang von Beamten von den Bundesländern zum Fernstraßen-Bundesamt (FBA) und zur Autobahn GmbH sollen für weggefallene Stellenzulagen im Landesdienst Ausgleichszahlungen geleistet

werden. Darüber hinaus gilt bei der Autobahn GmbH für alle im Wechselschicht- und Schichtdienst beschäftigten Beamten eine Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche, für alle übrigen von 39 Stunden. Nur die Beamten im FBA müssen wie die übrigen Bundesbeamten 41 Stunden pro Woche arbeiten. Auch sollen bestehende Teilzeitmodelle und Arbeitszeitguthaben der Landesbeamten nicht unter dem Wechsel leiden und überführt werden können. Zudem erfolgt der Wechsel zum FBA nur auf freiwilliger Basis. “Sofern die Beamten nicht Landesbeamte bleiben und vom jeweiligen Land zur Autobahn

GmbH zugewiesen oder beurlaubt werden, werden sie durch die Versetzung zum FBA Bundesbeamte”, heißt es in der Präambel des Entwurfs einer Zuweisungsund Beurlaubungsvereinbarung. Trotz allem sprechen die Gewerkschaften noch keine Empfehlung aus. “Die Überleitung und damit der Bestandsschutz der Beschäftigten ist noch nicht geregelt, erst wenn dies unter Dach und Fach ist, besteht die Grundlage für eine Entscheidung der Beschäftigten”, sagt Geyer. “Es wäre wünschenswert, wenn die Verhandlungen spätestens Ende 2019 abgeschlossen sind”, so der Fachvorstand Tarifpolitik.

qanuun-aktuell Multi-Jobber von Rechtsanwältin Dr. Stefanie Lejeune In Deutschland stößt man überall auf Stellenangebote: in Schaufenstern, auf Fahrzeugen oder Plakaten am Straßenrand. Die bereits vor mehr als 40 Jahren prognostizierte demografische Entwicklung zeigt ihre Folgen. Sie ist nicht nur die Ursache für eine etwas zügigere, wenn auch noch keineswegs vollkommene Gleichberechtigung der Geschlechter im Arbeitsleben, sondern auch für eine in weiten Teilen der Bevölkerung akzeptierte oder gar geforderte Zuwanderung. Sie bedeutet zugleich bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter länger zu arbeiten sowie die Vielzahl an Aufgaben auf weniger Köpfe zu verteilen. Qualifizierte Beschäftigte werden seltener und der Kampf um sie größer. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich diese Entwicklung auf entgeltliche Nebentätigkeiten im Öffentli­ chen Dienst auswirken wird. Schon länger stehen sie im Fokus derjenigen, die ein Höchstmaß an Objektivität und Neutralität der Amtsträger fordern und die gut dotierte Nebentätigkeiten mit großer Skepsis betrachten. Sie vermuten, dass diejenigen, für die die Nebentätigkeit ausgeübt wird,

Dr. Stefanie Lejeune ist Präsidentin des Vereins qanuun – Institut für interdisziplinäre Korruptionsprävention in der Verwaltung e. V. In jeder Ausgabe des Behörden Spiegel kommentiert sie aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Compliance und Korruptionsprävention. Foto: BS / www.qanuun.org

irgendeinen Einfluss auf die Dienstausübung des Amtsträgers nehmen. Einerseits wäre zu erwarten, dass – trotz Digitalisierung – der Mangel an Nachwuchs dazu führen wird, dass genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten sich automatisch reduzieren, da die Freizeit angesichts der erforderlichen Überstunden schwinden wird. Andererseits könnten Nebentätigkeiten im Öffentlichen Dienst, die in der Regel unentgeltlich sind, für einige wenige Beschäftigte zunehmen, da der Staat auf deren “Multifunktionalität” angewiesen ist. Am Ende könnte sich das Thema der (entgeltlichen) Nebentätigkeiten unter diesem Aspekt relativieren.


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