Wehrtechnik
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Behörden Spiegel / April 2018
Neues aus der Wehrtechnik Mit “Network Computing Awards” ausgezeichnet
UK kündigt Programm-Rückkehr an
Rohde & Schwarz Cybersecurity
Rheinmetall
(BS) Die Cloud-Lösung “TrustedGate” des ITSicherheitsunternehmens Rohde & Schwarz Cybersecurity wurde Ende März in London mit dem “Network Computing Award” in der Kategorie “Security Product of the Year” ausgezeichnet. Mit “TrustedGate” können Behörden und Unternehmen mit virtualisierten Daten einerseits in einer “Public Cloud” transparent und sicher arbeiten und gleichzeitig andererseits diese datenschutzkonform vor Angriffen von innen oder außen schützen. Die “Network Computing Awards” werden vom “Network Computing Magazine” verliehen und würdigen herausragende Leistungen und Innovationen der Branche. Jährlich zeichnet der Preis diejenigen IT-Sicherheitslösungen aus, die Unternehmen helfen, ihre Daten umfassend zu schützen. Mit der “Deep Packet Inspection Software R&S PACE 2” belegte Rohde & Schwarz Cybersecurity außerdem in der Kategorie “Software Product
of the Year” den zweiten Platz. Die moderne SoftwareBibliothek bie tet feingranulare Einsicht in den IPbasierten Netzverkehr, klassifiziert Rohde & Schwarz Cybersecurity Tausende von Pro- ist sichtlich stolz auf die beiden tokollen und An- Preise. Grafik: BS/Rohde & Schwarz wendungen, bietet Content- und Metadaten-Extraktion und liefert Metriken und Heuristiken aus dem IP-Verkehr. Anbieter von Netzwerkmanagement-, Netzwerkanalyse- und Netzwerksicherheitslösungen können so ihre Produkte mit modernsten IP-Netzwerkanalysefunktionen ausstatten. Mehr Informationen unter https://cybersecurity. rohde-schwarz.com
(BS) Das Verteidigungsministerium in London hat angekündigt, über die europäische Rüstungsagentur OCCAR in das “Boxer”-Programm zurückkehren zu wollen. Dies ermöglicht die Beschaffung des Gepanzerten Transport-Kraftfahrzeugs (GTK) “Boxer” im Rüstungsprojekt “Mechanised Infantry Vehicle” (MIV). Der jetzt gewählte Ansatz kann dem Vereinigten Königreich eine Reihe von Vorteilen bringen – darunter die schnelle Auslieferung des einsatzerfahrenen “Boxers”, einen offenen und transparenten Beschaffungs- und Lieferprozess, Kompatibilität mit NATO-Verbündeten, Investitionen in die britische rüstungsindustrielle Basis sowie ein großes Potenzial für den internationalen Export von in Großbritannien gebauten “Boxern”. Die ARTEC ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Rheinmetall mit einem Anteil von 64 Prozent und von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) mit 36 Prozent, das mit der Lieferung von über 600 “Boxer”Fahrzeugen an die deutschen, niederländischen
und litauischen Streitkräfte sowie m i t U n t e r s t ü tzungsleistungen beauftragt ist. ARTEC und Rheinmetall führen bereits Gespräche mit einigen britischen Das Gepanzerte Transport-KraftPartnern über die fahrzeug “Boxer” im “UnionRealisierung des Jack”-Muster Foto: BS/Rheinmetall MIV-Programms, darunter mit BAE Systems, Thales UK, Raytheon, Rolls-Royce und Pearson Engineering. Dieser Ansatz soll substanziell Arbeitsplätze im gesamten Vereinigten Königreich sichern, um die britische “Boxer”-Flotte herzustellen und während ihrer Lebenszyklusphase zu erhalten und zu modernisieren. Mehr Informationen unter www.rheinmetall.com
Vereinbarung über Luftverteidigungssystem
Wachstum und weitere Neueinstellungen
Raytheon
MBDA
(BS) Die polnische Regierung hat eine Vereinbarung über den Kauf des Luftverteidigungssystems “Patriot” von der US-Armee unterzeichnet. Das Abkommen, offiziell als “Letter of Offer and Acceptance” (LOA) bezeichnet, schafft die Voraussetzungen zur Aufnahme der Vertragsverhandlungen zwischen der Regierung in Washington und Raytheon. Derzeit nutzen die NATO-Nationen USA, Deutschland, Griechenland, die Niederlande und Spanien “Patriot”. Mit Rumänien unterzeichnete Ende November des vergangenen Jahres die sechste NATO-Nation einen LOA für die Beschaffung des Systems. Mit einem Beschluss des US-Kongresses wurde außerdem der Weg für einen möglichen “Patriot”-Verkauf nach Schweden freigemacht. “Polen wird Teil einer starken Gemeinschaft von mittlerweile 15 Nationen sein, die dem “Patriot”System vertrauen, um ihr Militär, ihre Bürger und damit schließlich ihre Souveränität zu verteidigen”, sagte Wes Kremer, Präsident von Raytheon Inte-
R
heinmetall empfiehlt sich als “Systemhaus für die gesamte bodengebundene Luftverteidigung” der Bundeswehr und innerhalb derer als “nationaler Partner von Raytheon für die künftige Weiterentwicklung des Waffensystems “Patriot””. Beim Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS) setzt das Düsseldorfer Unternehmen auf einen “EffektorenMix aus Kanone, Flugkörper und perspektivisch dem HochenergieLaser”. In der Kombination eines mobilen NNbS-Systems von Rheinmetall mit einem modernisierten “Patriot”-Waffensystem, ergänzt durch ein einheitliches, übergreifendes Führungssystem, könnte auf mittlere Sicht der komplette Bedarf im Bereich der weitreichenden bodengebundenen Luftverteidigung abgedeckt werden – sowohl mobil als auch stationär, unterstrich Mannheim. Dies sei von besonderer Bedeutung mit Blick auf Deutschlands Rolle als Anlehnungsnation für andere NATO-Partner und als Truppensteller der Eingreiftruppe VJTF 2023. Das Nächstbereichs-Schutzsystem (NBS) C-RAM (“CounterRocket, -Artillery, -Mortar”), das unter dem Namen MANTIS (“Modular, Automatic and Network capable Targeting and Interception System”) in der Bundeswehr eingeführt wurde, besitzt mit seiner 35-mm-Kanone eine Reichweite bis etwa 3,5 Kilometer. Aufgabe des ortsfesten FlugabwehrWaffensystems ist der Schutz von Objekten und Einrichtungen gegen jede Art von Bedrohungen aus der Luft. MANTIS ist seit Mai 2013 Bestandteil der Flugab-
grated Defense Systems. “Mit der Entscheidung Polens für das “Patriot”-System wird die transatlantische Sicherheit und Partnerschaft gestärkt, indem die Grund- Das bodengebundene Luftverteilagen für eine in- digungssystem “Patriot” tegrierte Luft- und Foto: BS/Portugall Raketenabwehr gelegt- und Arbeitsplätze in den USA und Polen geschaffen werden”, so Kremer weiter. Der LOA gehört zur Phase I von Polens zweiphasigem Beschaffungsprogramm “WISLA” für eine integrierte Mittelstrecken-Luft- und Raketenabwehr. Mehr Informationen unter www.raytheon.com
(BS) Im fünften aufeinanderfolgenden Jahr hat MBDA einen hohen Auftragseingang verbucht – zuletzt 2017 einen Auftragseingang im Wert von 4,2 Milliarden Euro und einen Umsatz von 3,1 Milliarden Euro. Der Auftragsbestand insgesamt erreichte damit zum Jahresende 2017 ein neues Rekordniveau von 16,8 Milliarden Euro. Der deutsch-französische Gipfel von Mitte Juli 2017 hat Perspektiven für eine Zusammenarbeit im Bereich Hubschrauberbewaffnung und der Entwicklung eines zukünftigen europäischen “Future Combat Air System” (FCAS) eröffnet. Die neuen Fähigkeiten dieser Plattform werden auch im Lenkflugkörperbereich Neuerungen mit sich bringen. Darüber hinaus haben sich 25 EU-Staaten der Initiative der “Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit” (engl. PESCO) angeschlossen. MBDA nimmt am ersten Forschungsprogramm im Bereich Verteidigung (Projekt “Ocean 2020”) teil, das vom neuen Europäischen Verteidigungsfonds finanziert
wird. Es hat zum Ziel, die zukünftigen maritimen Fernüberwachungstechnologien zu erforschen. Antoine Bouvier, CEO von MBDA, erklärte: “Die Gruppe macht weiterhin Fortschritte auf ihren drei strategischen Achsen: Sie garantiert ihren Heimatländern souveränen Zugriff auf Technologien im Lenkflugkörperbereich, sie führt die europäische Konsolidierung fort, sie baut ihre Aktivitäten im internationalen Markt aus. Diese drei Maßnahmen tragen dazu bei, dass MBDA seine kritische Größe sichert und sich damit – angesichts der internationalen Wettbewerber – langfristig weitentwickelt. Wir sehen weiterhin optimistisch in die Zukunft und streben für 2020 einen Umsatz von vier Milliarden Euro an. Nachdem in den Jahren 2016 und 2017 jeweils 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt wurden, beabsichtigt MBDA, in diesem Jahr weitere ca. 1.200 Personen einzustellen.” Mehr Informationen unter mbda-systems.com
Luftverteidigung der Bundeswehr Ganz im Zeichen deutsch-amerikanischer Zusammenarbeit (BS/Dr. Gerd Portugall) Die Unternehmen Rheinmetall aus Deutschland und Raytheon aus den USA deckten zusammen 100 Prozent der existierenden bodengebundenen Luftverteidigung für die deutschen Streitkräfte ab. Das sagte in einem Gespräch Mitte März in Berlin Harald Mannheim, Senior Vice President der Rheinmetall Electronics GmbH. James E. Monroe, Vice President der Raytheon International Inc., ergänzte, dass beide Konzerne neben der Flugabwehr auch bei Waffen und Munition, taktischen Fahrzeugen, Simulation und Ausbildung sowie Cyber weltweit kooperierten. wehrraketengruppe (FlaRakGrp) 61 im schleswig-holsteinischen Panker. Ein System dient der Ausbildung, das andere befindet sich aktuell im ersten Auslandseinsatz bei der UN-Friedensmission MINUSMA in Mali. Mit der Inbetriebnahme des Systems in der Konfiguration “Sense and Warn”, d. h. ohne Geschütze, wird der Schutz des Personals im deutschen Feld-lager Camp Castor sowie im angrenzenden UN-Camp in Gao weiter erhöht. Damit erfüllt die Bundeswehr eine Fähigkeitsforderung der Vereinten Nationen nach einem Warnsystem für die beiden Lager. Über einen Aktionsradius von bis zu sechs Kilometern verfügt das mobile Leichte Flugabwehrsystem (LeFlaSys) mit dem Waffenträger “Ozelot”, der die Flugabwehrrakete “Stinger” von Raytheon verschießt. Dessen Fähigkeitserhalt soll bis 2025 sichergestellt sein. Plattform hierfür ist der Luftlande-Waffenträger “Wiesel 2”. Während dieser Nächst- und Nahbereich von Produkten von Rheinmetall abgedeckt wird, ist für den Fernbereich das Flugabwehr-Raketensystem “Patriot” von Raytheon zuständig, dessen Flugkörper der Upgrade-Version PAC-3 (“Patriot Advanced Capability”) eine we-
anderen Worten: Hier zeichnet sich eine erhöhte multinationale Nachfrage ab.
Parlamentarischer Abend
Wirkungsteil des Leichten Flugabwehr-Systems (LeFlaSys): der Waffenträger “Ozelot” mit “Stinger”-Raketen von Raytheon auf dem “Wiesel 2” von Rheinmetall Foto: BS/Portugall
sentlich größere Reichweite hat. Begonnen hat die Modernisierung auf “Patriot Config 3+”. Rheinmetall und Raytheon propagieren im Anschluss die Hochrüstung auf die “Next Generation Patriot”. Hierdurch soll das Luftverteidigungssystem auch die Fähigkeit zur Rundumüberwachung (“360-Grad-Radar”) sowie eine moderne rollen- und ebenenbasierte Architektur erhalten. Manager Mannheim verwies in diesem Zusammenhang jedoch auf die existierende Fähigkeitslücke im mobilen Nah- und
Nächstbereichsschutz (NNbS), die entstanden sei durch die Ausmusterung der Flugabwehrsysteme “Gepard” (Kanone) von KMW und “Roland” (Lenkflugkörper). Letzteres war ein deutsch-französisches Projekt von Messerschmitt-Bölkow-Blohm und Aérospatiale gewesen. Die Schließung dieser Lücke sei das “vordringlichste Programm” für die deutsche Luftverteidigung, aber nicht nur hier. Auch bei vielen Partnerarmeen gebe es diese Lücke im Nah- und Nächstbereich, so der Rheinmetall-Manager. Mit
Wie multinational die Rheinmetall AG bei der Wehrtechnik agiert, machte deren Vorstandsvorsitzender Armin Papperger am Vorabend in der Parlamentarischen Gesellschaft deutlich. Gerade am Tag zuvor habe die australische Regierung 200 Exemplare des Radspähpanzers GTK “Boxer” im Wert von rund zwei Milliarden Euro öffentlich zur Beschaffung vorgeschlagen. Außerdem nannte der Rheinmetall-CEO Kooperationen mit Großbritannien (Munition) und Rumänien (Fahrzeugsystem). Das ARTEC-Konsortium der Mutterkonzerne KMW und Rheinmetall hat Anfang Februar mit den britischen Verteidigungsunternehmen BAE Systems, Pearson Engineering und Thales UK Vereinbarungen zur Fertigung des “Boxers” unterzeichnet. Nun warte man auf die Auswahlentscheidung des Londoner Verteidigungsministeriums. Sollte das gepanzerte Radfahrzeug von der britischen Armee ausgewählt werden, würde die Endmontage des “Boxers” im Vereinigten Königreich stattfinden. Dann würde
aus dem deutschen ein europäisches Produkt, so Papperger. Darüber hinausgehend bestünden mit Frankreich wie mit den USA regelrechte industrielle “Achsen” der bilateralen Zusammenarbeit. Zwar stelle einerseits die deutsch-französische Achse ein “europäisches Gravitationszentrum” dar, andererseits könne man aber “nicht immer” nur Projekte in jenem Rahmen verfolgen, so der RheinmetallVorstandsvorsitzende. Bei der gleichen Abendveranstaltung, an der u. a. der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, der SPD-Abgeordnete Wolfgang Hellmich, sowie der Inspekteur Heer, Generalleutnant Jörg Vollmer, teilnahmen, sprach auch John D. Harris, Vice President Business Development und CEO von Raytheon International Inc. Der Amerikaner wies darauf hin, dass mit der Gründung der Raytheon Anschütz GmbH gemeinsam auf 100 Jahre deutsche Industriegeschichte zurückgeblickt werden könne. Heute arbeiteten rund 1.000 Menschen in Deutschland direkt für Raytheon sowie 3.000 bei Partnerunternehmen hierzulande. “Wir sind zusammen stärker”, betonte Harris, und: “Raytheon ist hier, um zu bleiben.” Weder transatlantische noch innereuropäische Rüstungskooperation könnten jedoch tatsächlich funktionieren “ohne eine gemeinsame Exportpolitik” der an den jeweiligen Projekten beteiligten Staaten, so Papperger. Diese sei ein “absolutes Muss”, um künftig wirtschaftlich agieren zu können.