Fakten, Hintergründe und Analysen für den Öffentlichen Dienst
ISSN 1437-8337
Nr. IV / 34. Jg / 15. Woche
Berlin und Bonn / April 2018
G 1805
www.behoerdenspiegel.de
Mehr Traum als Realität?!
Komfortabel, sicher und transparent
Management zum Wohl der Erde
Irmgard Badura über Barrierefreiheit
Jörn Riedel zur Digitalisierung
Nico Hickel über die Aufwertung
in der digitalen Welt ���������������������������������� Seite 36
der Verwaltung �����������������������������������������. Seite 42
von Öko-Bilanzen ..................................... Seite 51
Hilfen aufgestockt (BS/mfe) Die EU-Kommission hat ihre Mittel für humanitäre Hilfen in mehreren Fällen erhöht. So gibt es für die Soforthilfe für Flüchtlinge in Griechenland zusätzliche 180 Millionen Euro. Das Geld fließt unter anderem in ein Programm, das die Unterbringung von Migranten in Städten und ihre Versorgung mit regelmäßiger Bargeldhilfe fördert. Nun sollen bis Jahresende insgesamt 27.000 Wohnraumplätze geschaffen werden. Bis zu 2.000 davon sind auf den griechischen Inseln vorgesehen, der Rest auf dem Festland. Auch die Menschen im Bürgerkriegsland Jemen erhalten mehr Geld. Für sie stehen weitere 107,5 Millionen Euro zur Verfügung. Laut dem für humanitäre Hilfe zuständigen EUKommissar Christos Stylianides sollen die Mittel in die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten, Sanitäranlagen und Unterkünften fließen.
Hamburg wird besser (BS/mfe) Hamburgs Schüler können deutlich besser lesen als in den Vorjahren. Mittlerweile erfüllen 65 Prozent der dortigen Viertklässler in diesem Kompetenzbereich den Regelstandard. Damit erreicht die Hansestadt im Ländervergleich des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB)den Bundesdurchschnitt. Diesen hatte sie in der Vergangenheit mehrfach verfehlt. Zurückgeführt wird die Steigerung unter anderem auf den Umstand, dass in Hamburger Schulen deutlich häufiger Vergleichstests zu absolvieren sind als in anderen Bundesländern. Zudem sind die Schulen dort verpflichtet, den Aufsichtsbehörden nicht nur den Umfang des Unterrichtsausfalls zu melden, sondern auch anzugeben, welche Lehrkraft die Vertretung übernommen hat und welche Inhalte vermittelt wurden.
Zwischen den Ebenen Fall Bayern: Aufgabenerledigung zwischen Bund, Ländern und Kommunen (BS/Jörn Fieseler) Neben dem Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik beabsichtigt der Freistaat Bayern, ein eigenes Landesamt für Asyl und eine eigene Grenzpolizei einzurichten. Auch in Thüringen gibt es Überlegungen, an den Bund abgetretene Aufgaben in eigener Regie auszuführen. Was politisch opportun ist, muss im Behördlichen nicht zwangsläufig auch zielführend sein. Am Ende steht die Frage: Welche Verwaltungsstrukturen sind in Deutschland die effizientesten? “Wir bündeln Kompetenzen und Zuständigkeiten in einer Hand und beschleunigen so notwendige Abschiebungen rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber”, erläutert Ministerpräsident Markus Söder die Gründung des Landesamtes für Asyl. Ein legitimes Vorgehen, findet Prof. Dr. Arthur Benz, Mitglied der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL), schließlich gehe es um die Organisation einer Landesaufgabe. Schwieriger wird es bei der Gründung einer bayerischen Grenzpolizei. Der Grenzschutz ist Aufgabe des Bundes. Eigentlich. Denn mittels einer zwischen Bundespolizei und den Ländern abgeschlossenen Vereinbarung aus dem Jahr 2006 kann diese Tätigkeit an die Landespolizeien übertragen werden. Grenzkontrollen sind in der bayerischen Bevölkerung ein stark diskutiertes Thema. Da im Herbst Landtagswahlen sind, ist es nicht verwunderlich, dass die regierende CSU hier agiert. Zumal die Grenzkontrollen während des G7Gipfels in Elmau 2015 durchaus erfolgreich waren. Damals konnten während der Überprüfungen per Haftbefehl gesuchte Personen gefasst und die Organisierte Kriminalität, insbesondere das Schleuserwesen und der Drogenhandel, wirkungsvoll bekämpft werden. “Es ist zwar ungewöhnlich, dass ein Gliedstaat Teile
dass am Ende keine Parallelverwaltung aufgebaut wird, sondern Synergieeffekte erzielt werden. Diesbezüglich hat Benz bei der Errichtung des Landesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik seine Zweifel. Für den Leiter des ARL-Arbeitskreises “Neugliederung des Bundesgebietes – oder Kooperation der Bundesländer?” sind Synergieeffekte nicht erkennbar. Denn die Abwehr von Cyber-Angriffen sei kein spezifisches Länderproblem, sondern eine nationale, wenn nicht sogar internationale Aufgabe. Dezentralisierung sei grundsätzlich zu begrüßen, doch sie ziehe auch mehr Aufgabenverflechtungen nach sich. So können schärfere Grenzkontrollen in einem Land zur Verlagerung illegaler Grenzübertritte führen. Deswegen fordert der Wissenschaftler von der Technischen Universität Darmstadt anstelle Im Mehrebenenverwaltungssytem von Bund, Ländern und Kommunen stellt sich immer wieder die Frage: Wer nimmt von neuen Behörden auf den die jeweiligen Aufgaben in welcher Struktur mit wie viel Personal wahr? Dabei gilt es, Synergien zu nutzen und nicht jeweiligen staatlichen Ebenen doppelte Strukturen aufzubauen, die – wie bei diesem Baumwipfelpfad – über das eigentliche Ziel hinausragen. vermehrte Kooperationen, in Foto: BS/© CSschmuck, Fotolia.com kleinen Ländern auch die Einrichtung gemeinsamer Behörden. der Grenze des Bundesstaates zen.” Auch Thüringen will eigene an zentraler Stelle Kenntnisse Und wenn Länder neue Verwalüberwacht”, sagt Prof. Dr. Peter Wege gehen und plant, eine Lan- über örtliche Besonderheiten tungsstrukturen einführen, sollBußjäger vom österreichischen desnetzanstalt einzurichten, um fehlen würden. “Der Umstand, ten sie diese als “Experimente” Institut für Föderalismus an der die Regulierungsaufgaben von der dass zwei Länder eigene Wege Leistungsvergleichen nach Art. Universität Innsbruck. “Aber Bundesnetzagentur (BNetzA) für gehen, ist ein Hinweis, dass sie 91d GG unterziehen. Dies gilt auch für den von Volwenn den Gliedern eines Föderal- die Gas- und Energieversorger mit der Aufgabenwahrnehmung staates ebenfalls Staatscharakter zu übernehmen, die ausschließ- durch den Bund nicht zufrieden ker Ullrich (CSU) gemachten Vorzukommt, ist es folgerichtig, dass lich innerhalb der Landesgren- sind. Das ist nicht verwerflich”, schlag, Abschiebungen in die Zusie die eigenen Grenzen schüt- zen tätig sind. Dies sei nötig, da so Bußjäger. Entscheidend sei, ständigkeit des Bundes zu geben.
Kommentar
Diskrepanz von Wort und Tat
Interkommunale Zusammenarbeit stärken
(BS) Nicht erst seit dem jüngsten Facebook-Skandal, bei dem die Daten von 87 Millionen Nutzern verkauft wurden, gibt es aus der Politik Forderungen nach einer Regulierung des Internetgiganten. Dieser und seine Mitbewerber wie Google oder Twitter entziehen sich einer solchen seit langem, sei es beim Thema Datenschutz oder bei Steuerzahlungen. Während also quer durch alle Parteien für eine staatliche Eingrenzung der Macht von Facebook geworben wird, zeigt sich die Janusköpfigkeit in der Debatte.
(BS/mfe) Sachsens Kommunen erhalten bis 2020 jährlich 500.000 Euro, um ihre Kooperation untereinander zu intensivieren. Das Dresdner Innenministerium fördert im Rahmen eines Pilotprojekts etwa gemeinsame Verwaltungseinrichtungen, die zu mehr Effizienz und größerer Bürgernähe beitragen. Aber auch soziale und kulturelle Angebote sind förderungsfähig. Staatssekretär Prof. Günther Schneider (CDU) erklärte dazu: “Die Staatsregierung nimmt die Förderung insbesondere des ländlichen Raums weiter in den Fokus.” Durch das Modellprojekt sollten die Regionen noch zielgerichteter und innovativer unterstützt werden. Vorhaben sind bei den regionalen Planungsverbänden anzumelden.
Von den 14 Ministerien des Bundes sind zehn mit eigenen Facebook-Seiten aktiv, mit prominenter Ausnahme des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat. Alle auf Facebook aktiven Ministerien betreiben dort einen reges Informationsangebot. Zusätzlich äußert sich die Bundesregierung gegenüber einer guten halben Million “Abonnenten” zur Umstellung auf die Sommerzeit, zu Ostern und Weihnachten. Natürlich sind auch Parteien und Politiker für ihre Anhänger auf Facebook da. Volksvertreter wie Justizministerin Katarina Barley, die in der Debatte um Facebook eine “deutliche Reaktion der europäischen Staaten” gefordert und Wahlwerbepraktiken auf der
Seite als “Gefahr für die Demokratie” gegeißelt hat, betreibt dort selber eine Seite mit mehr als 25.000 Abonnenten, deren IPAdressen allesamt im FacebookPool landen. Und so verhält es sich mit den meisten profilierten Kritikern an Mark Zuckerbergs Modell des Datenhandels! Dazu kommt nun auch noch eine Meldung, nach der die Bundesregierung eingestand, 2017 für fast fünf Millionen Euro Werbegelder allein bei Facebook, seinem Tochterunternehmen Instagram sowie Twitter ausgegeben zu haben. Im Lichte einer solchen Diskrepanz von Wort und Tat müssen sich Regierung und Ministerien nicht wundern, wenn viele Bürger den Aufklärungsbekundungen, den Warnungen
und Ankündigungen der Politik keinen Glauben schenken wollen. Die EU-Datenschutzgrundverordnung tritt am 25. Mai in Kraft. Deutsche Unternehmen und Behörden werden sich abmühen müssen, um die strengeren Regeln für den Datenschutz einzuhalten. Doch ob die globalen Datenkraken gebändigt werden können, bleibt zweifelhaft, besonders, wenn die Nutzer weiter freiwillig mit ihren personenbezogenen Daten “bezahlen” und auch noch Ministerien und Behörden durch ihre Facebook-Seiten dazu beitragen, dass das Geschäftsmodell Datenhandel weiter floriert (siehe ausführlichen Artikel hierzu auf Seite 3).
Wim Orth
Neues Landleben in digitaler Heimat