WINGbusiness Heft 04 2016

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Fachartikel ser und Treiber waren das Ausnutzen der neuen technischen Möglichkeiten sowie die Konsolidierung von Branchen. Durch den horizontalen Zusammenschluss (also von Unternehmen der gleichen Branche) entstanden große Unternehmen, die ihre Branchen beherrschten. Damit konnten die technischen Möglichkeiten der Industriellen Revolution, die große Economies of Scale ermöglichten, ausgenutzt werden. Ziel war es einerseits, in den sehr unruhigen Zeiten den Wettbewerb zu stabilisieren und andererseits den Preiswettbewerb zu reduzieren. In der zweiten Merger-Welle (1916 bis 1929) entstanden v. a. vertikale Unternehmen durch den Zusammenschluss von Unternehmen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette. Auslöser und Treiber waren zum einen technologische Fortschritte im Transportwesen, die den Unternehmen die Möglichkeit zur überregionalen Ausdehnung gab und lokal abgeschottete Märkte unmöglich machten. Zum anderen machte die Verbreitung des Rundfunks auch überregionale Werbekampagnen möglich. Beides wurde durch entsprechende Unternehmensakquisitionen unterstützt. Während also in der ersten Merger-Welle der „merger for monopoly“ im Mittelpunkt stand, war dies in der zweiten Merger-Welle der „merger for oligopoly“.8 Die zweite Merger-Welle endete mit dem Börsenkrach im Oktober 1929. Die dritte Merger-Welle (1960er Jahre) war primär durch das Entstehen von Konglomeraten geprägt. Auslöser und Treiber waren meist defensive Motive wie v. a. der Versuch der Unternehmen, sich durch Diversifikation vor Umsatz- und Gewinnschwankungen zu schützen, ungünstige Wachstumsund Wettbewerbssituationen im Kerngeschäft zu kompensieren, technologische Defizite durch den Einkauf von Technologien aufzuholen und Unsicherheiten im Kerngeschäft zu umgehen.9 Es wurde bewusst in Branchen expandiert, die keinen Bezug zum bisherigen Kerngeschäft hatten. Die vierte Merger-Welle (1984 bis 1989) hatte ihren Ausgangspunkt in der Entflechtung der in der dritten 8 Vgl. Stigler, G. J. (1950), S. 23f. 9 Vgl. Weston, J. F./Mansinghka, S. K. (1971), S. 928. 40

Quelle: M&A Report Oktober 2016, Zephyr-Datenbank, Bureau van Dijk, Berechnung ZEW (Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung) Welle geschaffenen Konglomerate. Es die sich zu Beginn der kommerziellen setzte sich die Erkenntnis durch, dass Nutzung des Internets bildete. Wähsich Unternehmen auf ihre Kernkom- rend am Anfang dieser Merger-Welle petenzen konzentrieren sollten und feindliche Übernahmen im Mitteldass konglomerate Strukturen ineffizi- punkt standen, fanden später mehrheitent sind, da der einzelne Investor durch lich freundliche Übernahmen statt, bei den Erwerb verschiedener Wertpapiere denen sich gleichberechtigte Unternehverschiedener Unternehmen aus unter- men zusammenschlossen (Merger of schiedlichen Branchen und Regionen Equals). Die fünfte Merger-Welle wird sein Risiko selbst effizienter diversi- in der Literatur sehr kritisch gesehen, fizieren kann; eines diversifizierten da sie insgesamt Wert vernichtet hat.10 Unternehmens bedarf es dazu nicht. Mit dem Platzen der Internetblase im Ein weiterer Treiber waren finanzwirt- Jahr 2000 und den Anschlägen auf das schaftliche Überlegungen; Eigenkapi- World Trade Center am 11. September tal wurde verstärkt durch Fremdkapital 2001 endete die fünfte Merger-Welle; ersetzt und damit der Leverage-Effekt der M&A-Markt kam danach im Jahr ausgenutzt. In Europa kam mit der Ein- 2002 fast zum Erliegen und erreichte führung des Binnenmarktes und dem einen Tiefstand.11 daraus resultierenden Wunsch vieler Unternehmen, europaweit vertreten zu Auslöser und Treiber der sechsten sein, ein zusätzlicher Treiber in Form Merger-Welle (2003 bis 2008) schließeiner Verstärkung grenzüberschreiten- lich waren das verstärkte Auftreten von der Transaktionen hinzu. Die vierte Finanzinvestoren, die fortschreitende Merger-Welle endete mit der Rezession Globalisierung, das Aufstreben Chinas 1989/1990. als Weltwirtschaftsmacht sowie das zunehmende Akquisitionsinteresse von Im Zentrum der fünften Merger- Unternehmen aus Schwellenländern Welle (1995 bis 2000) standen die Tech- an Unternehmen aus Industrieländern. nologiebranchen selbst, insbesondere Im Mittelpunkt standen erneut stratedie Telekommunikations- und Com- gische Gründe wie insbesondere der puterindustrie sowie die Automobil- Einkauf von Technologien. industrie, die Pharmaindustrie und die Energiewirtschaft. Auslöser und Trei- 4. Aktuelle Entwicklung im M&Aber waren die fortschreitende Globali- Geschehen – Die siebente Mergersierung und die Deregulierung (diese Welle eröffnete v. a. Unternehmen in der Telekommunikationsbranche und in der Aktuell befinden wir uns nach Ansicht Energiewirtschat neue Chancen) be- vieler M&A-Experten – zumindest im gleitet von einer Konsolidierung v. a. in deutschsprachigen Raum – bereits in den Technologiebranchen. Häufig wird der siebenten Merger-Welle. Die Andie fünfte Merger-Welle auch mit der 10 Vgl. die Untersuchung von Moeller, S./SchlinInternetblase in Verbindung gebracht, gemann, F. P./Stulz, R. M. (2005), S. 757 ff. 11 Vgl. Ecker, M. (2008), S. 510. WINGbusiness 4/2016


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