WINGbusiness Heft 01 2024

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ISSN 0256-7830; 57. Jahrgang, Österreichische Post AG, MZ 02Z033720 M Österreichischer Verband der Wirtschaftsingenieure, Kopernikusgasse 24, 8010 Graz 1/24 businessWING Innovative chemische Speichermedien für erneuerbare Energien 26 Integrierte Klima- und Energiesystemmodellierung 18 TU Graz Research Center for Energy Economics and Energy Analytics TU Graz Research Center for Energy Economics and Energy Analytics (ENERGETIC) 15

WING-KONGRESS 2024

INDUSTRIE IM WANDEL

Auswirkungen der nachhaltigen Energieund Mobilitätswende

Tauchen Sie ein in die Zukunft der Industrie!

Es geht um die nachhaltige Energie- und Mobilitätswende vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen und klimatischen Herausforderungen und sich verändernden Wertschöpfungsketten. Der diesjährige Kongress der Wirtschaftsingenieure bietet eine einzigartige Plattform, auf der führende Experten, Industrievertreter und 150 Entscheidungsträger zusammenkommen, um einen umfassenden Dialog über die Transformation der Industrie führen. Als inhaltlicher Schwerpunkt wird die Transformation von Energiesystemen diskutiert. Im Fokus stehen innovative Lösungen und zukunftsweisende Technologien.

Weiters widmen wir uns den sich wandelnden Produktionsprozessen. Industrie 4.0, Kreislaufwirtschaft, neue Mobilität – Experten aus einem breiten industriellen Spektrum zeigen welche Chancen sich ergeben und welche Veränderungen geplant sind, um Abläufe zu optimieren und Ressourceneffizienz zu steigern.

Referent:innen:

Christian Diewald, GF STADLER Austria

Christoph Fagschlunger, BMW Group

Reinhard Florey, CFO OMV

Josef Gaß, CTO Jungbunzlauer

Florian Haslauer, GF e-venture

Gerhard Krassnig, Partner SpencerStuart

Solveig Menard-Galli, COO CEE Wienerberger

Leonhard Schitter, CEO Energie AG

Oberösterreich

Peter Schwab, Mitglied des Vorstandes

Voestalpine

23.05.2024, 19:00 Uhr

Get-Together im s’Pfiff, Rathstraße 4, 1190 Wien

24.05.2024, 09:00 Uhr

Kongresstag im Festsaal der TU Wien, Karlsplatz 13

Anmeldung unter:

www.wing-online.at/veranstaltungen/kongress (Anmeldeschluss: 03 05 24)

www.wing-online.at
Bild: pixabaycom/analogicus

TU Graz Research Center for Energy Economics and Energy Analytics

Liebe Leser:innen,

Univ.-Prof. Dipl.Ing. Dr. techn. Sonja Wogrin, MSc

Leiterin des Instituts für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation, Technische Universität Graz

um der Klimakrise entgegenzutreten braucht es die nachhaltige Dekarbonisierung unserer Energiesysteme. Damit stehen wir vor noch nie dagewesenen regulatorischen, sozialen, wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen. Betroffen sind davon etwa Stromsysteme, Gas, Industrie, Verkehr und Mobilität, Wohnung und Wärme sowie die Landwirtschaft. Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, wurde im April 2023 das Research Center for Energy Economics and Energy Analytics – kurz ENERGETIC – an der TU Graz gegründet. ENERGETIC bündelt die Forschungsexpertise aller Fakultäten der TU Graz, und bringt die assoziierten Forscher:innen zusammen, um sich einem größeren, gemeinsamen Ziel zu widmen, und zwar dem Entwickeln von innovativen und interdisziplinären Lösungsansätzen, um den Transformationsprozess der Dekarbonisierung von Energiesystemen aktiv mitzugestalten. Dabei wird ENERGETIC zum unabhängigen Ansprechpartner für Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft. Nachhaltige und effiziente Energiesysteme sind wichtige Eckpfeiler, um die Klimaziele der EU und Österreichs

zu erreichen. Insbesondere braucht es umfassende Forschungsarbeit auf drei Ebenen: Auf System-Ebene werden Optimierungs- und Simulationsmodelle entwickelt, die die Dekarbonisierung von Energiesystemen abbilden und diese Transformation techno-ökonomisch unterstützen und bewerten. Auf Methodologie-Ebene geht es um die Auswertung von Datenmengen, die mittels künstlicher Intelligenz zur intelligenten Planung und Steuerung von Energiesystemen eingesetzt werden. Auf Hardware-Ebene wird wiederrum die bestehende Energieinfrastruktur analysiert, neue Speichertechnologien für Energie aus nachhaltigen Quellen entwickelt und technische Möglichkeiten geschaffen, um Energie effizienter einzusetzen und deren Verbrauch zu senken.

In diesem Heft präsentieren wir eine Auswahl an Beiträgen, die die Vielfalt der aktuellen Aktivitäten von ENERGETIC widerspiegeln und die breite Palette an Themen verdeutlichen, mit denen sich ENERGETIC befasst:

Der erste Beitrag stellt das Research Center vor. Die Beiträge danach beschreiben aktuelle Forschungsprojekte zur integrierten Klima- und Energiesystemmodellierung, zu Virtual Reality, und zu innovativen chemischen Speichermedien für erneuerbare Energie. Abschließend gibt es noch einen Bericht zum 18. Symposium Energieinnovation, einer Energiewirtschaftsfachtagung mit 700 Teilnehmer:innen aus Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft, welche im Februar von ENERGETIC mitorganisiert wurde.

Ein Dank an alle Mitwirkenden, Autorinnen und Autoren, und das Redaktionsteam.

Möge dieses Heft Freude beim Lesen bereiten und Inspiration für das berufliche Umfeld bringen.

Ihre Sonja Wogrin

3 WINGbusiness 1/2024 EDITORIAL
ENERGETIC Gruppenfoto (Credit: WEC)
4 WINGbusiness 1/2024 TOP-THEMA: TU Graz Research Center for Economics and Energy Analytics Sonja Wogrin TU Graz Research Center for Energy Economics and Energy Analytics (ENERGETIC) 15 Thomas Klatzer Integrierte Klima- und Energiesystemmodellierung 18 Matej Gustin, Christina J. Hopfe, Saeed Safikhani, Georg Arbesser-Rastburg, Johanna Pirker, Gerald Schweiger, Robert S. McLeod Revolutionising Building Physics Education: The "Beyond" Project's Journey into Immersive Learning with Virtual Reality 21 Viktor Hacker, Merit Bodner Innovative chemische Speichermedien für erneuerbare Energien 26 Peter Meusburger Wasserkraft als Integrator erneuerbarer Energien in das elektrische Versorgungssystem 31 Udo Bachhiesl 18. Symposium Energieinnovation an der TU Graz 35 „EUROPAS ENERGIEZUKUNFT – Sicher, sauber, leistbar!?“
5 WINGbusiness 1/2024 Inhaltsverzeichnis EDITORIAL TU Graz Research Center for Energy Economics and Energy Analytics 3 FÜHRUNG & PROFESSION Rudolf Grünbichler, Dominik Possert Der Kaufvertrag aus zivil-, unternehmens- und steuerrechtlicher Perspektive: Wichtige Aspekte für die Praxis 6 UNINACHRICHTEN Unlocking the Future of Deep Tech Entrepreneurship: The HEICE Initiative 25 Johannes Dirnberger-Wild Internationalisierung eines Hidden Champions 39 ERC Starting Grant: ein renommierter Forschungspreis für die Energiesysteme von morgen 41 WINGNET Franz Pilz WINGnet Graz-Exkursion ins GDK Mellach 40 IMPRESSUM Impressum 42

Der Kaufvertrag aus zivil-, unternehmens- und steuerrechtlicher Perspektive: Aspekte für die Praxis

Im Unternehmensalltag werden täglich Verträge abgeschlossen. Eine der wichtigsten Vertragsarten ist der Kaufvertrag. Obwohl täglich Kaufverträge abgeschlossen werden, stellen sich in der Praxis verschiedene Fragestellungen aus unterschiedlichen Rechtsbereichen. Es sind sowohl zivilrechtliche Normen, als auch das Unternehmensrecht und steuerrechtliche Aspekte zu beachten. In diesem Beitrag wird ein Überblick über die rechtliche Ausgestaltung und Abhandlung des Kaufvertrags gegeben und ein Anwendungsbeispiel angeführt.

1. Einleitung

Im österreichischen Zivilrecht ist das Schuldrecht im Zweiten Teil, zweite Abteilung, im siebzehnten Hauptstück des ABGB geregelt. Das Schuldrecht ist ein relatives Recht aufgrund dessen eine Person einer anderen Person zur Leistung verpflichtet ist, somit ihr etwas schuldet. Diese geschuldete Leistung kann in einem Tun oder auch in einem Unterlassen bestehen. § 859 ABGB legt fest, dass ein solches Schuldrecht durch „ gesetzliche Bestimmungen, wie beispielsweise Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 1035ff ABGB), ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 1041, 1431ff ABGB), „ durch unerlaubte Handlungen/ eine erlittene Beschädigung, die Schadenersatz auslösen (§§ 1293ff ABGB) oder

„ durch ein Rechtsgeschäft zustande kommen kann. In diesem Beitrag soll auf den Vertrag (§§ 861ff ABGB) als bedeutendstes Rechtsgeschäft eingegangen werden und ein grober Überblick darüber gegeben werden, worauf beim Abschluss eines Vertrages im geschäftlichen Verkehr geachtet werden sollte. [1] Der Vertrag lässt als zweiseitiges Rechtsgeschäft auf beiden Seiten Rechte und Pflichten entstehen. Es wird ein Überblick über den Kaufvertrag als wichtigste und am weitesten verbreitete Art des Vertrages gegeben. Darüber hinaus wird die unternehmens-, ertrag- und umsatzsteuerrechtliche Abhandlung angeführt. Bestimmte Unternehmer [2] sind nach § 190 UGB zur Führung von Büchern verpflichtet. Die unternehmensbezogenen Geschäfte, denen idR ein Kaufvertrag vorangeht, sind daher entsprechend zu erfassen (verbuchen), sodass dem Unternehmer

die Lage seines Vermögens ersichtlich ist. Unternehmer, die nicht zur Rechnungslegung nach UGB verpflichtet sind, ermitteln ihren Gewinn nach ertragsteuerlichen Vorschriften. [3] Darüber hinaus sind umsatzsteuerrechtliche Aspekte zu beachten. Der obere Teil der Abbildung 1 zeigt den zivilrechtlichen Anlauf von der Angebotseinholung mit Kostenvoranschlag über den Vorvertrag bis zum Vertrag. Nach Abschluss des Vertrages erfolgt die Leistungsdurchführung durch das leistungserbringende Unternehmen. Dieser Geschäftsvorfall muss in den Büchern entsprechend erfasst (verbucht) werden. Dabei sind sowohl ertrag- als auch umsatzsteuerrechtliche Aspekte zu beachten, die wiederrum von den Zahlungsmodalitäten abhängen können, welche im unteren Teil der Abbildung ersichtlich sind.

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Foto: ©Freepik

2. Der Kaufvertrag

Der Kaufvertrag begründet als zwei- oder mehrseitiger, entgeltlicher, synallagmatischer Konsensualvertrag Rechte und Pflichten für Käufer und Verkäufer. Aufgrund der Dispositivität des Zivilrechts kann er in vielerlei Hinsicht ausgestaltet werden. In diesem Kapitel wird auf Aspekte des Kostenvoranschlags, des Vorvertrags, auf ausgewählte Elemente der Vertragsgestaltung sowie auf die Zahlungsmodalitäten eingegangen.

2.1 Kostenvoranschlag

Es ist üblich, dass vor Abschluss eines Vertrages – insbesondere dann, wenn es um höhere Vertragsvolumina geht – ein Angebot eingeholt wird. Im österreichischen Zivilrecht ist das Angebot im Wesentlichen in der generellen Norm des § 1170a ABGB geregelt. Regelungen hinsichtlich des Kostenvoranschlags sind insbesondere dann notwendig, wenn sich im Laufe der Vertragserfüllung herausstellt, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Mehrkosten auflaufen.

Liegt dem Vertrag ein verbindlicher Kostenvoranschlag zugrunde, so kann der Unternehmer auch bei unvorhergesehener Größe oder Kostspieligkeit der veranschlagten Arbeiten keine Erhöhung seines Entgelts fordern. Liegt dem Vertrag ein unverbindlicher Kostenvoranschlag zugrunde und läuft eine beträchtliche Kostenüberschreitung auf, ist der Unternehmer zur Anzeige dieser Mehrkosten verpflichtet.

Der Besteller kann in diesem Fall vom Vertrag zurücktreten. Tut er das nicht, ist er zur Zahlung der Mehrkosten verpflichtet. Zeigt der Unternehmer seinerseits allerdings die Kostenüberschreitung nicht an, hat er selbst diese Mehrkosten zu tragen. [4] Kommt es zu Leistungsänderungswünschen des Bestellers und in weiterer Folge dadurch zu Mehrkosten, sind diese auch bei einem verbindlichen Kostenvoranschlag vom Besteller selbst zu tragen. Die qualifizierte Warnpflicht des Unternehmers entfällt in diesem Fall. [5]

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass § 1170a ABGB dispositives Recht, somit vertraglich abänderbar ist. [6]

§ 1170a ABGB enthält keine Regelung, ob ein Kostenvoranschlag, der eventuell mit umfangreichen Recherchen oder Vorbereitungstätigkeiten verbunden ist, kostenpflichtig oder kostenlos ist. Insofern ist auf § 1152 ABGB zu verweisen, der bestimmt, dass wenn keine Unentgeltlichkeit vereinbart wurde, ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt. [7]

Handelt es sich bei demjenigen, dem ein Kostenvoranschlag gelegt wird, um einen Verbraucher, sieht § 5 KSchG als speziellere Norm („lex specialis“) vor, dass der Unternehmer nur dann ein Entgelt verlangen kann, wenn er den Verbraucher explizit auf die Entgeltlichkeit hingewiesen hat. [8] Im unternehmerischen Kontext kann jedoch festgestellt werden, dass im Zweifelsfall keine Unentgeltlichkeit vorliegt und ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt.

2.2 Vorvertrag

Der Vorvertrag ist üblicherweise eine Vereinbarung, die darauf abzielt, die Absicht zu bekunden künftig einen Vertrag abschließen zu wollen. Eine grundsätzliche Haftung kann im Stadium vor Vertragsabschluss nicht angenommen werden. Vielmehr ist es ständige Rechtsprechung des österreichischen OGH, dass solange ein Vertrag noch nicht zustande gekommen ist, kein Partner darauf vertrauen kann, dass der Andere den Vertrag auch tatsächlich abschließen wird. Niemand ist verpflichtet einen Vertrag nur aus dem Grund abzuschließen, weil er vorvertragliche Verhandlungen hinsichtlich eines bestimmten Inhalts geführt hat.

[9] Eine solche vorvertragliche Verhandlung könnte etwa dann vorliegen, wenn der (potenzielle) Käufer bereits im Verkaufsraum ist und mit dem Verkäufer über den Preis einer Ware diskutiert.

Es entstehen somit keine Pflichten auf deren Einhaltung im Hauptvertrag der andere Vertragsteil klagen könnte. Die Vertragsparteien können einen Vorvertrag abschließen, dessen Inhalt es ist, den Hauptvertrag verpflichtend abzuschließen.

[10] Durch den Vorvertrag wird § 936 ABGB zum Vertragsinhalt. Entweder eine Partei oder mehrere Parteien verpflichten sich dadurch, den Hauptvertrag abzuschließen. Wenn die Umstände sich derart ändern, dass der Zweck des Vertrages vereitelt wird oder das Vertrauen eines Vertragspartners in den oder die Anderen, durch deren Verhalten verloren ist, kann der Vertrag aufgelöst werden. Der Anspruch, den der andere Teil auf den Abschluss des Vertrages hat, muss dieser innerhalb von einem Jahr geltend machen. [11] Die Frist beginnt ab den für den Abschluss des Hauptvertrages avisierten Zeitpunkt zu laufen.

Allerdings ist zu beachten, dass durch die Aufnahme des geschäftlichen Kontakts und unabhängig vom Zustandekommen des Vertrages eine Haftung nach dem Rechtsinstitut der „culpa in contrahendo“ (die Haftung vor oder bei Vertragsabschluss) entstehen

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[12] Abbildung 1: Übersicht über den Ablauf von der Angebotseinholung bis zur Zahlung

kann. [13] Der Schädiger haftet dem Geschädigten dabei wie ein Vertragspartner, obwohl noch gar kein Vertrag abgeschlossen worden ist, wenn gewisse Pflichten verletzt wurden. [14]

Eine solche Haftung besteht nur bei der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten, Schutzpflichten und Sorgfaltspflichten. Beispielsweise haftet der Geschäftsinhaber dafür, wenn der Kunde aufgrund einer kaputten Treppenstufe oder aufgrund eines unsachgemäß verlegten Kabels stürzt. Der Kunde hat zwar noch keinen Vertrag geschlossen, befindet sich aber im Anbahnungsstadium. [15] Aufklärungspflichten sind beispielsweise im Arzt-Patientenverhältnis, im Fern- und Auswärtsgeschäfte Gesetz (FAGG) oder im Pauschalreisegesetz festgelegt. [16]

Grundloses Nichtabschließen des Vertrages oder von vorneherein fehlender Abschlusswille, etwa wenn ein aufwendiger Kostenvoranschlag in der Absicht nie einen Vertrag abzuschließen angefordert wird, kann zu einer Schadenersatzpflicht bzw zur Pflicht der Bezahlung des angemessenen Entgelts führen. [17] Bei der „culpa in contrahendo“-Haftung ist der Vertrauensschaden zu ersetzen. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre. Je nach Verschuldensgrad ist entweder die Schadloshaltung oder der entgangene Gewinn zu ersetzen. [18]

Da der Kaufvertrag ein formfreier (daher mündlich, schriftlich, schlüssig abschließbarer) synallagmatischer Konsensualvertrag ist, muss Willensübereinkunft (=Konses) der beiden Vertragsparteien über Kaufpreis und Kaufsache (essentialia negotii) bestehen. [19] Hier ist im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu beachten, dass die unterfertigenden Personen mit ausreichend Vertretungsmacht zum Abschluss des Geschäfts ausgestattet sind.

Ein Konses hinsichtlich der Nebenpunkte wie beispielsweise Vertragserrichtungskosten, Verbücherungskosten, Steuern, Gebühren oder Finanzierungsbedingungen ist für

das gültige Zustandekommen des Vertrages grundsätzlich nicht notwendig, außer die Parteien haben den Vertrag von ebendiesen Nebenpunkten abhängig gemacht. Fehlen solche Nebenpunkte können diese im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung beigefügt werden. Mangels Parteienvereinbarung sind dann dispositive Bestimmungen oder bestehende Verkehrssitten anwendbar. [20] Beispielhaft für eine solche dispositive Bestimmung sei angeführt, dass ohne vertragliche Regelung die Kosten der Übergabe (z.B.: Übertragungsgebühren eines Grundstückes) der Verkäufer zu tragen hat, da die Abnahme der Ware eine seiner Obliegenheiten darstellt. [21] Beim Versendungskauf ist auf § 1063a ABGB hinzuweisen der bestimmt, dass die Kosten der Übergabe der verkauften Ware, dem Verkäufer zur Last fallen, die Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache an einen anderen Ort als den Erfüllungsort, der im Zweifel am Sitz des Lieferanten ist, aber den Käufer treffen. [22]

Der Kaufvertrag selbst ist allerdings nur der Titel, somit das Verpflichtungsgeschäft. Für den Eigentumsübergang der Kaufsache bedarf es noch des Verfügungsgeschäfts. Dieses ist bei beweglichen Sachen, die körperliche Übergabe, bei unbeweglichen Sachen, die Intabulations im Grundbuch. Bei der Zession, somit der Abtretung einer Forderung vom bisherigen Gläubiger (Zedenten) an den neuen Gläubiger (Zessionar) fallen Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft zusammen. [23]

2.3 Ausgewählte Elemente der Vertragsgestaltung zur Abschwächung oder Verstärkung von Verträgen

In der Gestaltung von Kaufverträgen bewegt sich der Vertragsersteller normalerweise im Rechtsrahmen des ABGB, das viele dispositive (=abänderbare) Bestimmungen vorsieht. Daher ist bereits vor dem Vertragsabschluss, also bei der Erstellung eines Vertrages von den Parteien zu überlegen, ob und wie sie in der Vertragsgestaltung vorgehen wollen. Insbesonde -

re Mittel zur Verstärkung oder Abschwächung von Verträgen können dem Willen der Vertragsparteien besonderen Ausdruck bzw Nachdruck verleihen. Zur Verstärkung oder Abschwächung von Verträgen sind insbesondere nachfolgende Mittel als üblich anzuführen.

2.3.1 Das Angeld: §908 ABGB

Durch das Angeld („als Zeichen“) kann der Abschluss des Vertrages bekräftigt und gleichzeitig der als Angeld geleistete Betrag als Sicherstellung betrachtet werden. Wenn der Vertrag ordnungsgemäß abgewickelt wird, ist das Angeld in die Geldleistung einzurechnen. Wenn der Vertrag nicht ordnungsgemäß abgewickelt wird, beispielsweise bei schuldhafter Nichterfüllung oder Schlechterfüllung hat die schuldlose Partei ein Wahlrecht. [24]

Sie kann entweder auf die Erfüllung des Vertrages dringen. Ist die Erfüllung nicht mehr möglich kann sie auf den Ersatz bestehen. Oder sie kann gemäß § 908 ABGB das Angeld behalten oder das doppelte Angeld zurückfordern. Darüber hinaus können auch schadenersatzrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden, in die das Angeld bzw das doppelte Angeld allerdings eingerechnet werden müssen. Der schuldlosen Partei kommt ebenfalls ein Rücktrittsrecht zu, das nach der Rechtsprechung nicht an die Voraussetzungen der §§ 918ff ABGB (=Rücktritt unter Nachfristsetzung) gebunden ist. [25]

Oftmals gestaltet sich die Abgrenzung zur Anzahlung schwierig, kann aber im Fall des Nichtzustandekommens bedeutend sein. Die Anzahlung ist die erste Teilzahlung aus der Zahlungsverpflichtung aus dem Vertrag, die auf den Gesamtpreis angerechnet wird. Sie soll anders als das Angeld keine Sicherungs- und Beweisfunktion. Bei einer Nichterfüllung des Vertrages kann sie daher nicht wie das Angeld einfach oder doppelt gefordert werden, sondern muss nach den Regeln des Bereicherungsrechts bei der Aufhebung des Vertrages zurückgestellt werden. Im Zweifelsfall ist nach der Rechtsprechung davon auszugehen, dass eine Anzahlung

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geleistet wurde und kein Angeld vereinbart wurde. [26] Nur Beträge bis zu 10% [27] des Gesamtpreises haben Angeldfunktion, über 10% spricht man grundsätzlich von einer Anzahlung. [28]

2.3.2 Das Reugeld: § 909 ABGB

Wenn im Vertrag ein Reugeld vereinbart ist, dann kann der Reuberechtigte statt den Vertrag zu erfüllen, durch Zahlung des vereinbarten Reubetrages vom Vertrag zurücktreten. Es handelt sich um ein einseitiges Gestaltungsrecht des Reuberechtigten. [29] Statt die geschuldete Leistung zu erbringen, bezahlt der Reuberechtigte das vertraglich vereinbarte Reugeld. Nach Rechtsprechung und Lehre handelt es sich daher nicht um eine Art des Schadenersatzes (=Vertragsstrafe), sondern um einen Entgeltersatz. [30] Reugeldklauseln treten in der Praxis relativ häufig auf, werden aber meistens nicht als solche, sondern als „Stornogebühr“, „Pönale“ oder „Vorfälligkeitsentschädigung“ bezeichnet. [31]

2.3.3 Die Vertragsstrafe (Konventionalstrafe): § 1336 ABGB

Kommt es zu Vertragsverletzungen einer Partei, kann dadurch der anderen Partei ein Schaden entstehen. Problematisch bei solchen Schadenersatzforderungen aufgrund von Vertragsverletzungen ist, dass der Geschädigte die Höhe des Schadens nachweist. [32] Die vereinbarte Vertragsstrafe fungiert als pauschaler Schadenersatz und kann ohne nachzuweisende Höhe des Schadens, sogar ohne tatsächlich eingetretenen Schaden vom anderen Vertragsteil verlangt werden. [33]

Im Zweifelsfall ist die Vertragsstrafe allerdings nur bei verschuldeter Nichterfüllung zu bezahlen, eine unverschuldete Nichterfüllung muss ausdrücklich vereinbart werden. [34] Geht der Schaden, der durch die Vertragsverletzung entstanden ist über die Zahlung der Konventionalstrafe hinaus, ist es möglich, dass die geschädigte Partei diese Schäden im Rahmen des Schadenersatzes geltend macht. [35] Es ist allerdings möglich und auch üblich, diese Vorgehensweise im Rahmen der Vertragsgestaltung

auszuschließen und zu vereinbaren, dass mit der Vertragsstrafe sämtliche Schadenersatzansprüche abgegolten sind.

Die Vertragsparteien vereinbaren die Umstände unter denen die Konventionalstrafe schlagend wird. Sie kann auch für immaterielle Schäden vereinbart werden. Zweck der Vertragsstrafe ist es auch, die Festigung oder Verstärkung der im Vertrag vereinbarten Verpflichtungen zu erreichen und einen zusätzlichen Erfüllungsdruck zu erzeugen. [36] Zu extreme Vertragsstrafe können allerdings sittenwidrig und damit nichtig sein. Es ist dabei der Gesamtcharakter der Klausel, somit der Inhalt der Beweggrund und der Zweck zu würdigen. Grundsätzlich ist von einer Sittenwidrigkeit auszugehen, wenn die Zahlung der Vertragsstrafe das wirtschaftliche Verderben der zahlungspflichtigen Partei bedeuten würde, ihre wirtschaftliche Bewegungsfreiheit übermäßig beeinträchtigt oder wenn eine geringfügige Überschreitung der Frist eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe nach sich zieht. [37]

Gemäß § 1336 Abs 2 ABGB unterliegen Vertragsstrafen, die sich als übermäßig erweisen, im Rahmen des richterlichen Mäßigungsrechts, allenfalls nach Einvernehmung von Sachverständigen, gemäß dem Grundsatz der Billigkeit zu mäßigen. Es soll damit der richterliche Schutz für den sozial Schwächeren gewahrt werden. Dieses richterliche Mäßigungsrecht wird zumeist aufgrund der Einwendungen des Schuldners der Konventionalstrafe ausgeübt. Das wichtigste Kriterium für die richterliche Mäßigung sind das Verhältnis der Vertragsstrafe zum tatsächlich eingetretenen Schaden. [38]

2.3.4 Zeitpunkt der Verbuchung Erbringung der Lieferung oder sonstigen Leistung Unternehmensrechtlich ist die Verbuchung der Ware mit der Übergabe (Gefahrenübergang) vorzunehmen, also jenem Zeitpunkt, ab dem der Käufer wirtschaftlich über den Gegenstand verfügen kann. [39] Wirtschaftsgüter, über die jemand die Herrschaft gleich einem Eigen -

tümer ausübt, werden diesem zugerechnet. [40]

In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass der wirtschaftliche Eigentümer auch der zivilrechtliche Eigentümer ist. Damit wirtschaftliches Eigentum vorliegt, bedarf es eines beide Vertragsparteien bindenden Verpflichtungsgeschäfts (=Kaufvertrag). Ein Kaufanbot oder eine Kaufoption reichen nicht aus. [41] Hat jedoch ein Anderer als der zivilrechtliche Eigentümer Rechte oder Verfügungsbefugnisse an der Sache und ist er in der Lage Dritte von der Einwirkung auf die Sache auszuschließen, kann das wirtschaftliche Eigentum und das zivilrechtliche Eigentum [42] auseinanderfallen. [43] Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen ist auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht auf die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts abzustellen. [44]

In der Praxis werden Belege unterjährig aus Wirtschaftlichkeitsgründen oftmals mit dem Rechnungsdatum verbucht. Um den Bilanzstichtag ist eine genaue Betrachtung der wirtschaftlichen Zurechnung erforderlich. Zur Bestimmung des Buchungszeitpunktes können auf internationaler Ebene die Incoterms herangezogen werden. [45] Geschäfte, die abgabenrechtlich als in Schwebe bezeichnet werden können, also Geschäftsvorfälle zwischen Vertragsabschluss und Übergabe, werden buchhalterisch grds nicht erfasst. Eine Ausnahme bildet das sogenannte Vorsichtsprinzip: Drohen aus einem Vertragsabschluss Verluste, so sind diese bereits vor der Realisierung zu erfassen. Lieferungen sind gem. § 3 UStG 1994 Leistungen, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, in eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Ort der Lieferung ist dort, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet (und nicht dort, wo die Verfügungsmacht verschafft wird). [46] Die Generalnorm nach § 3 Abs. 7 UStG besagt, dass eine Lieferung dort ausgeführt wird, wo sich der Ge -

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genstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Davon Abweichend gilt gem. § 3 Abs. 8 UStG bei Beförderung oder Versendung als dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Im Zivilrecht erfolgt der Besitzübergang im Regelfall durch die Übergabe der Ware an das Transportunternehmen. Damit trägt der Erwerber im Allgemeinen die Gefahr der Beschädigung auf dem Transportweg, wenn nicht anderes (dispositiv) vereinbart war und auch keine Verkehrsübung besteht. [47] Eine Sonderregel sieht das Verbraucherrecht vor: „Wenn der Unternehmer die Ware übersendet, geht die Gefahr für den Verlust oder die Beschädigung der Ware erst auf den Verbraucher über, sobald die Ware an den Verbraucher oder an einen von diesem bestimmten, vom Beförderer verschiedenen Dritten abgeliefert wird.“ [48]

Die Befähigung zur Verfügung wird nicht mit dem Verpflichtungsgeschäft eingeräumt, sondern erst, wenn der Gegenstand zur Disposition des Abnehmers steht, er somit real über seinen Nutzen verfügen kann. Übergabearten, die zivilrechtlich zum Erwerb des Eigentums und Besitzes ausreichen, sind auch umsatzsteuerlich zur Verschaffung der Verfügungsmacht ausreichend.

In Betracht kommt neben der körperlichen Übergabe die Übergabe durch Zeichen (Urkunden, Schlüssel, Anbringung von Merkmalen).

Die Übergabe eines Lagerscheines oder eines Ladescheines an den im Schein legitimierten Empfänger hat dieselbe Wirkung wie die Übergabe des Gutes selbst. Für Frachtbriefe ist diese Wirkung nicht vorgesehen.

[49] Der umsatzsteuerliche Begriff der Lieferung ist daher nicht mit dem alltagssprachlichen Begriff der Lieferung, der grds eine tatsächliche physische Bewegung eines Gegenstandes meint, zu verwechseln. Die tatsächlichen Transportvorgänge iSd Umsatzsteuerrechts sind die Beförderung oder die Versendung.

Die sonstigen Leistungen sind in § 3a UStG geregelt und sind als Leistungen definiert, die nicht in einer Lieferung bestehen. Die sonstige

Leistung wird am Empfängerort ausgeführt, wenn es sich um eine B2B-Leistung an einen anderen Unternehmer handelt [50], oder am Unternehmerort ausgeführt, wenn es sich um eine B2C-Leistung an einen Nichtunternehmer handelt. [51] Es sind jedoch Sonderregelungen zu beachten. [52]

2.4 Zahlungsmodalitäten

Die Zahlungsmodalitäten werden typischerweise im Kaufvertrag oder in den AGBs der Vertragspartner vereinbart. Es wird festgelegt, in welcher Höhe, in welchem Umfang und in welcher Art die Zahlungen zu erfolgen haben. Es können zB An-, Voraus- oder Teilzahlungen vereinbart werden.

Während bei der Anzahlung ein Teilbetrag und der Vorauszahlung der Gesamtbetrag vor der Lieferung oder sonstigen Leistung bezahlt wird, wurde bei der Teilzahlung bereits ein Teil der Lieferung oder sonstigen Leistung erbracht. Die umsatzsteuerliche Folgewirkung bei An- und Vorauszahlungen ist, dass auf Ebene des Verkäufers die Umsatzsteuerschuld mit dem Zufluss der Zahlung entsteht und auf Ebene des Käufers ein Anspruch auf Vorsteuer mit Abfluss der Zahlung besteht (§ 12 Abs. 1 UStG), sofern eine umsatzsteuerkonforme Rechnung vorliegt. Die Besteuerung erfolgt jedoch nur dann, wenn diese mit einer konkreten Leistung in Zusammenhang steht. Sie sind beim Empfänger auch dann steuerbar, wenn keine Rechnung vorliegt.

[53]

Für Anzahlungsrechnungen gilt § 11 Abs. 1 UStG sinngemäß. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Lieferung oder sonstigen Leistung ist der voraussichtliche Zeitpunkt oder Zeitraum anzugeben. Der An- oder Vorauszahlung muss eine zukünftige Lieferung oder sonstige Leistung gegenüberstehen, andernfalls besteht für den Leistungsempfänger kein Vorsteuerabzug. Um diesem Erfordernis zu entsprechen, empfehlen sich auf der Rechnung Bezeichnungen wie „Anzahlungsrechnung über den am xx.xx. vereinnahmten Teilbetrag“ oder „1. Teilrechnung über die vereinbarte

und am xx.xx. fällig werdende Abschlagszahlung“. Für die Schlussbzw. Endrechnung sind die Teilentgelte und Steuerbeträge gesondert auszuweisen. [54] Erfolgt dieser gesonderte Ausweis nicht, so schuldet der Rechnungsaussteller den (gesamten) auf der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag gem. § 11 Abs. 14 UStG.

2.4.1 Unternehmensrechtliche Behandlung von An- und Vorauszahlungen

An- und Vorauszahlungen kommen in der Praxis häufig vor. Während bei Anzahlungen nur ein Teil des Kaufpreises vor der Leistung bezahlt wird, wird bei der Vorauszahlung der Gesamtbetrag des Kaufpreises vor der Leistung bezahlt. Unternehmensrechtlich ist die Verbuchung von An- und Vorauszahlungen ident. Es wird lediglich zwischen erhaltenen und gegebenen Anzahlungen unterschieden. Käufer, die eine An- bzw. Vorauszahlung leisten, verbuchen in ihren Büchern eine Forderung (Kontenklasse 0, 1 oder 2) gegenüber dem Verkäufer. Verkäufer, die eine An- bzw. Vorauszahlung von ihrem Kunden erhalten, verbuchen eine Verbindlichkeit (Kontenklasse 3) gegenüber dem Käufer. [55]

2.4.2 Ertragsteuerliche Behandlung von An- und Vorauszahlungen

Unter Anzahlungen werden

„ Vorleistungen auf einen zukünftigen einmaligen, zeitpunktbezogenen Leistungsaustausch (zB Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäfte) und

„ Vorleistungen auf zukünftig beginnende Dauerschuldverhältnisse (zB Mietverhältnisse, Vereinbarungen über ein erst zu errichtendes Wirtschaftsgut) verstanden. [56]

Wird zum Erwerb eines Wirtschaftsgutes des notwendigen Betriebsvermögens eine Anzahlung geleistet, gehört die Forderung auf Lieferung des Wirtschaftsgutes, die sich aus der Anzahlung ergibt, zum notwendigen Betriebsvermögen. [57] Erhaltene Anzahlungen sind Betriebseinnahmen, gegebene

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Anzahlungen sind (außer sie betreffen Anlagevermögen) Betriebsausgaben. [58] Anzahlungen oder Vorauszahlungen für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind im Zeitpunkt der Leistung der Anzahlung voll als Betriebsausgabe absetzbar. [59]

Werden Vorauszahlungen [60] gem. § 4 Abs. 6 EStG 1988 bzw. § 19 Abs. 3 EStG 1988 geleistet und betreffen sie nicht nur das laufende und das folgende Jahr, so sind diese auf den Vorauszahlungszeitraum verteilt abzusetzen. Auf empfangende Vorauszahlungen sind diese Ausführungen nicht anwendbar. [61]

2.4.3 Umsatzsteuerliche Behandlung von An- und Vorauszahlungen Das UStG 1994 sieht bei Anzahlungen eine so genannte "MindestIst-Besteuerung" vor (§ 19 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994). Die Umsatzsteuerschuld entsteht in dem Monat der tatsächlichen Leistung der Anzahlung, wodurch es auch bei einer Sollbesteuerung des leistenden Unternehmers zu einer Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten kommt. Der Leistungsempfänger kann bei Vorliegen der Voraussetzungen (tatsächliche Zahlung und Rechnungslegung) die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen. Der Leistungsempfänger hat daher gegenüber dem Finanzamt eine Forderung auszuweisen. Die Höhe der geschuldeten Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer richtet sich nicht nach der vereinbarten Anzahlung, sondern nach der tatsächlich geleisteten Anzahlung, auch wenn die Rechnung über eine höhere Anzahlung gelegt wurde. Unabhängig von einer Rechnungsausstellung entsteht beim leistenden Unternehmer für die erhaltene Anzahlung die Steuerschuld. Dieser hat daher die vereinnahmte (Netto-)Anzahlung gegenüber dem die Anzahlung leistenden Unternehmer zu passivieren und den auf die Anzahlung entfallenden Umsatzsteuerbetrag als Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt auszuweisen. Im Zeitpunkt der tatsächlichen Leistungserbringung entsteht eine Forderung bzw. Verbindlichkeit nur noch in

um die Anzahlung verringerter Höhe. Auch die Umsatzsteuerschuld entsteht nur noch bezüglich des Differenzbetrages. In der Endrechnung ist auf die geleistete Anzahlung und die darauf entrichtete Umsatzsteuer in der Form hinzuweisen, dass die Anzahlung und die entrichtete Umsatzsteuer offen in der Endrechnung vom Gesamtentgelt und der darauf entfallenden Umsatzsteuer abzusetzen sind oder dass die Anzahlung und die darauf geleistete Umsatzsteuer gesondert in der Endrechnung oder in einem Anhang zur Endrechnung angegeben werden. [62]

2.4.4Die Veräußerung von Gutscheinen als Sonderfall der Anund Vorauszahlung Ein Gutschein im Sinne des Art. 30a MwSt-RL 2006/112/EG idF RL (EU) 2016/1065 ist ein Instrument, das den Unternehmer verpflichtet, es als Gegenleistung oder Teil einer Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen, wenn

„ die zu erbringende Leistung (Lieferung oder sonstige Leistung) oder

„ die Identität der möglichen leistenden Unternehmer und „ die Einlösungsbedingungen

auf dem Gutschein selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen angegeben sind. [63]

Obwohl Gutscheine sich bei Unternehmern und auch bei Verbrauchern großer Beliebtheit erfreuen, ist der Begriff des Gutscheins nicht legaldefiniert. Es kann zwischen Gutscheinen für eine gewisse Ware oder Dienstleistung (Warengutschein/Dienstleistungsgutschein), Gutscheinen, die auf einen gewissen Geldbetrag lauten (Wertgutschein) und Gutscheinen, die zu einer Inanspruchnahme einer ermäßigten Dienstleistung oder zum Bezug von ermäßigten Waren berechtigten (Werbegutschein) unterschieden werden.

Das charakteristische Merkmal aller Gutscheine ist der zeitliche Abstand zwischen dem verpflichtungsbegründenden Geschäft, nämlich dem Erwerb des Gutscheins und der tatsächlichen Leistungserfül -

lung durch Inanspruchnahme des Gutscheins. Die Urkunde des Gutscheins weist die Leistungsschuld des Ausstellenden und die Berechtigung der Inanspruchnahme einer Leistung für den Gutscheininhaber aus. [64]

Wenn keine anderslautende Frist vereinbart ist, verjährt die Forderung aus dem Gutschein innerhalb von 30 Jahren, somit ist der Gutschein 30 Jahre einlösbar. Eine Verkürzung dieser Frist kann jedenfalls individuell vereinbart werden. Diese Einschränkung unterliegt der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB. [65] Das bedeutet, dass die vor allem im AGB häufige anzutreffende Beschränkung der Gültigkeit von Gutscheinen nichtig ist, wenn diese Beschränkung den Vertragspartner gröblich benachteiligt. Werden Warengutscheine oder Wertgutscheine gekauft, sind diesbezüglich sowohl unternehmens- als auch ertrag- und umsatzsteuerrechtliche Aspekte zu berücksichtigen.

Unternehmensrechtlich handelt es sich beim Verkauf von Gutscheinen um einen verbrieften Leistungsanspruch, der nur geltend gemacht werden kann, wenn dieser vorgelegt wird. In den Büchern ist die Veräußerung der Gutscheine wie eine Anzahlung zu verbuchen, wobei auf umsatzsteuerrechtliche Vorgaben geachtet werden muss. Erfolgt der Verkauf des Gutscheins nicht (umsatz-)steuerbar, so wird der gesamte Gutscheinbetrag im Haben auf dem Konto (3) Verrechnungskonto Gutscheine nicht steuerbar verbucht. Bei einem umsatzsteuerpflichtigen Verkauf des Gutscheins erfolgt die Verbuchung des NettoGutscheinbetrags im Haben auf dem Konto (3) Erhaltene Anzahlungen 20 % (bzw. 10 %) und der Umsatzsteuerbetrag im Haben auf dem Konto (3) Umsatzsteuer. [66] Ertragsteuerrechtlich gelten bei einem Steuerpflichtigen die Einnahmen als zugeflossen, sobald er die volle Verfügungsmacht über sie erhält (VwGH 17.10.1984, 82/13/0266; VwGH 22.2.1993, 92/15/0048). Ein ertragsteuerlich wirksamer Zufluss liegt zudem bei Anzahlungen auf noch nicht erbrachte Leistungen, Akonto -

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zahlungen oder Vorauszahlungen vor (VwGH 15.6.1979, 0659/75; VwGH 31.7.1996, 92/13/0015). Bei Verkauf von Gutscheinen (Bons) ist der Zeitpunkt des Verkaufes der Gutscheine und nicht deren Einlösung durch den Empfänger der Gutscheine (Bons) für die Erfassung der Bargeldbewegung und somit des Zuflusses maßgeblich. [67] Umsatzsteuerrechtlich wird zwischen Einzweck- und MehrzweckGutschein unterschieden. Während bei ersterem der Ort der Leistung, auf die er sich bezieht, und die dafür geschuldete Umsatzsteuer feststeht, ist das bei zweiterem nicht der Fall und stellt damit keinen steuerbaren Vorgang dar. Bei Mehrzweck-Gutscheinen führt erst die tatsächliche Leistungserbringung zu einem steuerbaren Vorgang und zur Entstehung der Steuerschuld. Die Veräußerung von Einzweck-Gutscheinen durch den Unternehmer, die den Käufer zur Einlösung einer konkreten Lieferung oder sonstigen Leistung berechtigt, unterliegt somit der Umsatzsteuer, auch wenn dieser später nicht eingelöst wird. Die Veräußerung von MehrzweckGutscheinen durch Unternehmer, die zum späteren Bezug von Waren nach freier Wahl oder nicht konkretisierten Dienstleistungen berechtigen, stellt noch keinen steuerbaren Vorgang dar. Das Entgelt für die Veräußerung eines solchen Gutscheins unterliegt damit nicht der Anzahlungsbesteuerung. [68]

3 Anwendungsbeispiel

Die Alpha-Maschinen-ProduktionsgmbH (kurz: Alpha) fertigt individuelle Produktionsmaschinen. Der Unternehmenssitz ist in Graz. Das Unternehmen ist rechnungslegungspflichtig nach UGB und umsatzsteuerpflichtig nach UStG. Umsatzsteuerrechtlich erfolgt die Besteuerung nach vereinbartem Entgelt [Sollbesteuerung].

3.1 Angabe

Am 3.4. schließt der dazu ausreichend bevollmächtigte Vertriebsmitarbeiter der Alpha mit dem Geschäftsführer der Beta-GmbH (kurz: Beta) einen Kaufvertrag

über eine Produktionsmaschine ab. Als Kaufpreis wird ein Betrag iHv € 100.000 zzgl. 20 % Umsatzsteuer vereinbart. Als Lieferzeitpunkt (= Rechnungsdatum) wir der 15.6. mit der Kondition „frei Haus“ vereinbart. Es wird eine Anzahlung über 30 % der Kaufsumme vereinbart, wofür am 10.4. eine Anzahlungsrechnung ausgestellt und noch am selben Tag von der Beta überwiesen wird. Der Restbetrag ist bis 20.6. zu leisten und wird von der Beta termingerecht überweisen.

3.2 Aufgabe

„ Nehmen Sie die zivilrechtliche Beurteilung des Geschäfts vor!

„ Nehmen Sie die unternehmensrechtliche Verbuchung des Geschäfts vor!

„ Erläutern Sie die umsatzsteuerlichen Konsequenzen aus diesem Geschäft!

3.3 Lösung

Zivilrechtliche Beurteilung des Geschäfts

Zivilrechtlich ist in erster Linie zu prüfen, ob ein gültiger Vertrag zustande gekommen ist. Im gegenständlichen Fall hat die Beta vom Vertriebsmitarbeiter der Alpha, eine Produktionsmaschine zum Kaufpreis von € 100.000,-- zzgl 20 % Umsatzsteuer erworben. Damit der Kaufvertrag gültig ist, bedarf es einer Willensübereinstimmung, also eines Konsens, hinsichtlich der „essentialia negotii“, somit hinsichtlich der Kaufsache und des Kaufpreises. Die Kaufsache ist die bezeichnete Produktionsmaschine, der Kaufpreis ist mit € 100.000,-zzgl. Umsatzsteuer festgesetzt. Die Zahlung von 30 % des Kaufpreises am 10.4. und die Zahlung der restlichen 70 % am 20.6. wurden vereinbart.

Die Alpha zieht zum Abschluss des Geschäfts den ausreichend bevollmächtigten Vertriebsmitarbeiter heran. Sie steht somit für das Handeln des Handelsvertreters wie für ihr eigenes ein, der Vertriebsmitarbeiter kann die Alpha wirksam berechtigen und verpflichten. Der Geschäftsführer der Beta hat schon aufgrund seiner Organstellung aus -

reichend Vertretungsmacht, um für die Beta den Kaufvertrag wirksam abzuschließen.

Somit kann festgestellt werden, dass ein Konsens hinsichtlich des Kaufpreises und der Kaufsache zwischen der Alpha und der Beta besteht und somit ein gültiger Kaufvertrag über die Produktionsmaschine vorliegt. Das aus der Angabe nicht hervorgeht wie der Vertrag geschlossen wurde, schadet seiner Gültigkeit nicht, denn Kaufverträge sind formfrei. Das bedeutet, sie sind gültig, gleich ob sie mündlich, schriftlich oder schlüssig abgeschlossen wurden. Bei einem Auftragsvolumen von € 100.000,-- ist zu einem schriftlichen Vertrag zu raten.

Ebenfalls ein Konsens liegt hinsichtlich des Nebenpunktes „Regelung der Kosten der Übergabe“ vor. Die Parteien haben vereinbart, dass die Produktionsmaschine unter der Kondition „frei Haus“ geliefert wird. Somit ist klar, dass die Alpha sämtliche Kosten der Übergabe/ Versendung trägt.

Hätten die Parteien nichts vereinbart würde die dispositive Bestimmung des § 1063a ABGB zu einem anderen Ergebnis kommen. Denn Erfüllungsort ist mangels anderslautender Vereinbarung gemäß § 429 ABGB am Sitz der Alpha. Für die Versendung an einen anderen Ort (=Sitz der Beta) als den Erfüllungsort (=Sitz der Alpha), wäre somit der Käufer (=Beta) verpflichtet. Ist allerdings eine „Lieferung frei Haus“ vereinbart, ist die Wohnoder Geschäftsadresse des Käufers der Erfüllungsort.

Zudem ist festzuhalten, dass mangels anderslautender Vereinbarung die Anzahlung von 30 % tatsächlich eine Anzahlung ist und keine Angeldfunktion besitzt. Nur Beträge bis zu 10% des Gesamtpreises haben Angeldfunktion, über 10% spricht man grundsätzlich von einer Anzahlung.

Unternehmensrechtliche Verbuchung (aus Sicht der Alpha), siehe Tabelle 1

Erläuterung der umsatzsteuerlichen Konsequenzen

Obwohl die Alpha umsatzsteuerrechtlich ihr Umsätze nach verein-

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Unternehmensrechtliche Verbuchung (aus Sicht der Alpha) 10.4. Verbuchung der Anzahlung

(2) Zahlungsmittelkonto (Bank) / (2) Forderungen aus L&L € 36.000

(2) Interimskonto erh. Anzahlungen € 36.000 / (3) Erh. Anzahlung € 30.000 / (3) Umsatzsteuer € 6.000

15.6. Verbuchung der Rechnung, der Gefahrenübergang erfolgt ebenso am 15.6. (Übergabe frei Haus)

(2) Forderungen aus L&L € 120.000 / (4) Umsatzerlöse € 100.000 / (3) Umsatzsteuer € 20.000

(3) Erh. Anzahlung € 30.000 / (2) Interimskonto erh. Anzahlungen € 36.000

(3) Umsatzsteuer € 6.000 /

20.6. Verbuchung der Restzahlung

(2) Zahlungsmittelkonto (Bank) / (2) Forderungen aus L&L € 84.000

bartem Entgelt (Sollbesteuerung) besteuert, kommt es bei Anzahlungen zur Besteuerung nach vereinnahmtem Entgelt (Istbesteuerung). Die Umsatzsteuerschuld entsteht mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Vereinnahmung erfolgte. Damit die Umsatzsteuer buchhalterisch an die Finanzbehörde abgeführt wird, wird ein Interimskonto (Verrechnungskonto) verwendet. Dieses Interimskonto wird nach Legen der Schlussrechnung wieder aufgelöst. Die umsatzsteuerrechtliche Konsequenz ist, dass die Umsatzsteuer für die Anzahlung richtigerweise bereits in der Umsatzsteuervoranmeldung im Monat April berücksichtigt wurde und im Juni nur noch die offene Umsatzsteuer (auf den Restbetrag) an die Finanzbehörde gemeldet wird.

4 Fazit

Im Unternehmensalltag werden täglich Verträge abgeschlossen. Eine der wichtigsten Vertragsarten ist der Kaufvertrag. Was in der Theorie so einfach erscheint – nämlich der Abschluss eines Kaufvertrages – kann in der Praxis zu vielen verschiedenen Fragestellungen aus unterschiedlichen Rechtsbereichen führen. Es sind sowohl zivilrechtliche Normen, also auch das Unternehmensrecht und steuerrechtliche Aspekte zu beachten. Beispielsweise hat bereits die Ausgestaltung von Zahlungsmodalitäten einen Einfluss darauf haben, ob eine Anzahlung Angeldfunktion hat oder nicht. Das hat bei nicht ordnungsgemäßer Abwicklung des Vertrages einen Einfluss auf die Möglichkeiten der schuldlosen Partei. Zudem hat die Ausgestaltung von Zahlungsmodalitäten wie „Lie -

ferung frei Haus“ Auswirkungen auf den Erfüllungsort, auf den Eigentumsübergang, die Gefahrtragung und auch auf die Rechnungslegung und Fälligkeit gegenüber der Finanzbehörde. Mit Mitteln der Vertragsgestaltung wie dem Angeld, dem Reugeld oder der Konventionalstrafe können die Vertragsparteien wesentlichen Einfluss auf ihre Rechtsposition in jenem Fall nehmen, in dem ein Vertrag nicht zur Zufriedenheit beider Parteien abgewickelt werden kann. Das hat zum einen Vorteile für denjenigen, dessen vertraglich zugesicherte Leistung beeinträchtigt wird, zum anderen kann derjenige, der seine Verpflichtung nicht in ausreichendem Maße einhalten kann leichter abschätzen, welche widrigen Folgen ihn treffen werden.

Festzuhalten ist, dass schon vor dem Vertragsabschluss die zivilrechtlichen, unternehmensrechtlichen und steuerrechtlichen Aspekte berücksichtigt werden müssen. Wie sich aus dem Beispiel ergibt: Ein Kaufvertrag ist schnell abgeschlossen, daraus ergeben sich allerdings selbst bei einfach erscheinenden Sachverhalten viele Rechtsfragen, die von der Gültigkeit des Vertrags, über die Ausgestaltung und Auslegung einzelner Vertragsklauseln, der steuerrechtlichen Einordnung bis hin zur ordnungsgemäßen unternehmensrechtlichen Verbuchung reichen. In diesem Beitrag wurde daher ein Überblick zum Kaufvertrag und ausgewählten Rechtsbereichen gegeben, um damit eine Sensibilisierung für dieses Thema zu erreichen.

Quellen:

[1] Wiebe in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.04 § 859 Rz 3 (Stand 2.1.2022).

[2] Darin umfasst sind die in § 189 UGB genannten Unternehmer, soweit nicht andere Rechtsnormen zur Führung von Büchern verpflichten.

[3] Das sind der Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG, die Einnah-

men-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder die vereinfachte Gewinnermittlung mittels Durchschnittssätzen nach § 17 Abs. 1 EStG.

[4] Krejci/Böhler in Rummel/Lukas/Geroldinger (Hrsg), ABGB4 § 1170a Rz 1 (Stand 1.8.2022).

[5] OGH 14.04.1999, 9 Ob 66/99t.

[6] Krejci/Böhler in Rummel/Lukas/Geroldinger (Hrsg), ABGB4 § 1170a Rz 3 (Stand 1.8.2022).

[7] Krejci/Böhler in Rummel/Lukas/Geroldinger (Hrsg), ABGB4 § 1170a Rz 44 (Stand 1.8.2022).

[8] Apathy/Frössel in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar5 (2021) § 5 KSchG Rz 2.

[9] Vgl. OGH 21.04.2010, 7 Ob 41/10w; OGH 22.03.2005, 10 Ob/05a; OGH 25.09.2002, 7 Ob 204/02d.

[10] Perner in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar Band 55 (2021) § 936 ABGB Rz 1f.

[11] Perner in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar Band 55 (2021) §

936 ABGB Rz 20f.

[12] RIS-Justiz RS0018812.

[13] Vgl. Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht6 (2019) 157; Karner in Koziol/ Bydlinski/Bollenberger (Hrsg), Kurzkommentar zum ABGB6 (2020) § 1294 Rz 5.

[14] Haglmüller, Culpa in contrahendo, in RDB Keywords1 (Stand 11. 10. 2021).

[15] Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht6 (2019) 157.

[16] Vgl. Haglmüller, Culpa in contrahendo, in RDB Keywords1 (Stand 11. 10. 2021) Rz 8f.

[17] Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht6 (2019) 158; Kletečka in Kletečka/ Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.04 § 1170a Rz 33 (Stand 1.8.2020).

[18] RIS-Justiz RS0016374.

[19] Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht6 (2019) 235; Jeremias, Kaufvertrag (Stand 31.10.2021, Lexis Briefings).

[20] Verschraegen in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.08 § 1054 Rz 4 (Stand 1.5.2020).

[21] Aicher in Rummel/Lukas (Hrsg), ABGB4 § 1061 (Stand 1.5.2017).

[22] Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1061 Rz 13 (Stand 1.5.2017).

[23] Vgl. Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht6 (2019) 235; Jeremias, Zession (Stand 05.4.2021, Lexis Briefings); Aicher in Rummel/Lukas (Hrsg), ABGB4 § 1054 Rz 2 (Stand 1.5.2017).

[24] Winner in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.05 § 908 Rz 16 (Stand 1.10.2018).

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[25] Vgl. Kirchmayr, Angeld, in RDB

Keywords1 (Stand 12.04.2023) Rz 6f; Winner in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.05 § 908 Rz 16.

[26] Arlt, Angeld und Anzahlung - eine Kurzdarstellung, FJ 2008, 45 (45).

[27] Es wird von einem Bereich von 8-12% ausgegangen.

[28] OGH 02.02.2021, 5 Ob 215/20h = EvBl 2021/13, 621 (Weixelbraun-Mohr); Nitsche/Possert, Skriptum Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht (2022), S 61.

[29] Winner in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.05 § 909 Rz 1 (Stand 1.10.2018).

[30] Reischauer in Rummel/Lukas (Hrsg), ABGB4 § 909 Rz 2 (Stand 1.11.2014).

[31] Winner in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.05 § 909 Rz 3 (Stand 1.10.2018).

[32] Nitsche/Possert, Skriptum Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht (2022), S 62; Perner/Spitzer/Kodek, Bürgerliches Recht6 (2019) 160.

[33] RIS-Justiz RS0032103.

[34] RIS-Justiz RS0017471; RIS-Justiz RS0016558.

[35] Weber, Konventionalstrafe (Stand 08.4.2023, Lexis Briefings).

[36] OGH 29.06.1999, 1 Ob 105/1999v = RdW 2000/11.

[37] Größ in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.05 § 1336 Rz 15 (Stand 1.1.2023).

[38] Größ in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.05 § 1336 Rz 25 (Stand 1.1.2023).

[39] Vgl VwGH 28.02.2012, 2009/15/0218; VwSlg 8700 F/2012: „Anschaffungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des Erwerbes des wirtschaftlichen Eigentums, also der Erlangung der betrieblichen Nutzungsmöglichkeit im Sinn der faktischen Verfügungsmöglichkeit über

das Wirtschaftsgut ist die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut gleich einem (zivilrechtlichen) Eigentümer zu verstehen. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht über einen Gegenstand wird regelmäßig mit der Lieferung (insbesondere durch den Übergang von Besitz, Nutzung und Lasten) erlangt; vor diesem Hintergrund kann im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse auch der Übergang der Preisgefahr in die Beurteilung miteinbezogen werden“.

[40] S. § 24 Abs. 1 lit. d. BAO.

[41] Brennsteiner in Fischerlehner/ Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 24 BAO Rz 2 (Stand 1.2.2021, rdb.at).

[42] Zum Beispiel der Eigentumsvorbehalt, ein Belastungs- und Veräußerungsverbot, das Recht des Gebrauchs, Verbrauchs, der Veränderung

[43] Brennsteiner in Fischerlehner/ Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 24 BAO Rz 1 (Stand 1.2.2021, rdb.at).

[44] S. § 21 Abs. 1 BAO.

[45] International Chamber of Commerce, Incoterms® 2020, abrufbar unter Incoterms® 2020 - ICC - International Chamber of Commerce (iccwbo.org).

[46] S. Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 (UStR) RZ 421 ff.

[47] Vgl Holzner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 429 (Stand 1.7.2016, rdb.at).

[48] § 7b KSchG.

[49] Vgl. Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz5 (2017) zu § 3 UStG RZ 38.

[50] S. § 3a Abs. 6 UStG 1994.

[51] S. § 3a Abs. 7 UStG 1994.

[52] Beispiele: Grundstücksleistungen, Vermittlungsleistungen an Nichtunternehmer etc.

[53] S. UStR RZ 2607.

[54] S. UStR RZ 1525.

[55] Vgl. Grbenic/Zunk, Buchhaltung Grundlagen², Linde Verlag, Kap. 7.5.

[56] S. Einkommensteuerrichtlinien 2000 (EStR) RZ 2396.

Rudolf Grünbichler

lehrt und forscht am Institut für Betriebswirtschaftslehre und Betriebssoziologie an der TU Graz

[57] S. EStR RZ 482.

[58] S. EStR RZ 666.

[59] S. EStR RZ 750.

[60] Das sind Vorauszahlungen von Beratungs-, Bürgschafts-, Fremdmittel-, Garantie-, Miet-, Treuhand-, Vermittlungs-, Vertriebs- und Verwaltungskosten.

[61] S. EStR RZ 676.

[62] S. EStR RZ 736.

[63] S. UStR RZ 4.

[64] Hopfgartner/Pülzl, Steuerliche und bilanzielle Behandlung von Gutscheinen, AFS 2016, 42.

[65] Vgl. Weber, Gutschein, in LexisNexis Briefings Zivilrecht (Stand September 2023).

[66] Vgl. Grbenic/Zunk, Buchhaltung Grundlagen², Linde Verlag, Kap. 7.6.

[67] S. EStR RZ 4617.

[68] S. UStR RZ 4.

Autoren:

Rudolf Grünbichle r

lehrt und forscht am Institut für Betriebswirtschaftslehre und Betriebssoziologie an der TU Graz. Er hat langjährige Erfahrung in der Steuer- und Unternehmensberatung, ist Autor zahlreicher facheinschlägiger Publikationen und Herausgeber des Buches Grundriss Wirtschaftsrecht. Sein Schwerpunkt in der Lehre liegt im Bereich des externen Rechnungswesens, insbesondere der Buchhaltung und Bilanzierung.

Dominik Possert ist für die Holding Graz Kommunale Dienstleistungen GmbH als Unterneh mensjurist in den Bereichen Gesellschafts- und Zivilrecht sowie im Datenschutzrecht tätig. Er trägt nebenberuflich als Lektor an der TU Graz vor

Dominik Possert

Unternehmensjurist, Holding Graz Kommunale Dienstleistungen GmbH

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TU Graz Research Center for Energy Economics and Energy Analytics (ENERGETIC)

Als Gesellschaft streben wir nach Netto-Null-Energiesystemen, und in der Europäischen Union setzen wir uns das Ziel, bis 2050 eine vollständige Dekarbonisierung zu erreichen. Österreich hat sogar noch ehrgeizigere Ziele, indem es bis 2030 die national bilanzielle Klimaneutralität im Stromsektor und bis 2040 die vollständige Dekarbonisierung anstrebt. Dies betrifft verschiedene Sektoren wie den Strom-, Gas-, Industrie-, Verkehrs-, Wohn- und Wärmesektor sowie die Landwirtschaft. Wir stehen vor noch nie dagewesenen regulatorischen, sozialen, wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen: darunter die effektive Kopplung der Strom-, Wärme- und Gassektoren, die Elektrifizierung des Verkehrs, die aktive Nachfragesteuerung und vieles mehr. Der anhaltende Krieg in der Ukraine und die damit verbundene drohende Unsicherheit der europäischen Gasversorgung haben den Weg zur Klimaneutralität erschwert. Sie haben jedoch auch deutlich gemacht, dass die Dekarbonisierung unserer Energiesysteme nur durch innovative interdisziplinäre Lösungsansätze gelingen kann.

Das TU Graz Research Center for Energy Economics and Energy Analytics (ENERGETIC) setzt solche interdisziplinäre Spitzenforschung um, die den Übergang der Energiesysteme auf dem Weg zur vollständigen Dekarbonisierung unterstützt. Zu diesem Zweck wurden drei Kernforschungsbereiche (Core Research Areas) definiert, die die Kernkompetenzen des Forschungszentrums identifizieren und in denen wir spezifische Forschungsfragen innerhalb der Energiesysteme auf dem Weg zur Dekarbonisierung durch ein interdisziplinäres, fakultätsübergreifendes Team von Forschenden angehen, um effektive Lösungen zu entwickeln.

Core Research Areas

Die Core Research Areas (CRAs) stellen die Kernkompetenzen des RC ENERGETIC dar und bilden die technischen Fachgebiete und notwendigen Werkzeuge, um die Forschungsfragen rund um dekarbonisierte Energiesysteme anzugehen. Um die Dekarbonisierung von Energiesystemen zu erreichen, benötigen wir eine gründliche wissenschaftliche system-, methoden-, daten- und hardwaregetriebene Forschung. Systemgetrieben: Entwicklung modernster

Optimierungs- und Simulationsmodelle integrierter, sektorgekoppelter Energiesysteme für Betrieb und Planung sowie techno-ökonomische Systemanalysen dekarbonisierter Energiesysteme. Methoden-/Daten-getrieben: Entwicklung von Methoden der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens für Energiesysteme. Hardware-getrieben: Entwicklung und Bewertung innovativer Technologien für Energieanlagen, für die Nutzung erneuerbarer Energien, für die Speicherung erneuerbarer Energien einschließlich des Einsatzes

neuer Speichermedien und für technologische Entwicklungen zur Reduzierung des Energieverbrauchs. Diese drei Forschungsbereiche sind in drei CRAs organisiert:

„ CRA 1: Energy System Modeling and Analysis

„ CRA 2: Digital Energy Systems

„ CRA 3: Innovative Technology Solutions

Die TU Graz beheimatet weltweit anerkannte Expert:innen in den entsprechenden CRAs, welche wir hier kurz vorstellen.

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Foto: ©IEE, TU Graz

CRA 1 Energy System Modeling and Analysis

Das Keyword, das CRA1 definiert, ist system-driven , da der Schwerpunkt der Forschung auf der Entwicklung und Bewertung von Modellen integrierter, sektorgekoppelter Energiesysteme liegt. Energiesysteme (z. B. Stromsysteme, Gassysteme, Wärmesysteme usw.) sind an sich schon recht komplex. Damit sie reibungslos funktionieren, müssen sie wie eine gut geölte Maschinerie funktionieren: von den einzelnen Komponenten (z.B. Umrichter, elektrische Maschinen, Generatoren, Kabel usw.) bis hin zum Gesamtsystem, z.B. dem österreichischen Stromsystem. Die vollständige Dekarbonisierung erfordert grundlegende Änderungen der Funktionsweise bestehender Energie¬systeme, z. B. aufgrund der massiven Durchdringung mit variablen erneuerbaren Energie¬quellen und der Funktionsweise künftiger integrierter, sektorgekoppelter Energiesysteme. Um die Versorgungs¬sicherheit und die qualitativ hochwertige Leistung zukünftiger Energiesysteme unter neuen Be-

triebsparadigmen zu gewährleisten, müssen sowohl einzelne Komponenten als auch das System als Ganzes modelliert, simuliert, optimiert, getestet und gründlich analysiert werden.

Ein Beispiel eines aktuellen CRA1 Forschungsprojektes ist MILES - Mittel- und Langzeit-speichertechnologien auf dem Weg zu 100 % erneuerbarer Energie in Österreich (gefördert von der FFG - Energie.Frei.Raum). MILES ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt und eine Kollaboration des Instituts für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik und des Instituts für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation, in dem ein digitaler Zwilling des österreichischen Elektrizitätssystems verwendet wird um das notwendige Ausmaß an Speichertechnologien in 2030 zu ermitteln. Beispielergebnisse (Figure MILES: Realität (links) Modell (rechts)) zeigen wie nahe digitale Zwillinge an der Realität von Energiesystemen liegen können.

CRA 2 Digital Energy Systems

Die Keywords, die CRA2 definieren, sind methoden- und datengesteuert, da der Schwerpunkt der Forschung auf der Entwicklung neuartiger digitaler Methoden für Energiesysteme liegt. CRA2 befasst sich mit der digitalen Darstellung von Energiesystemen und der Anwendung von KI-Methoden für intelligente Analysen, Simulationen und Prognosen. Ein Schwerpunkt liegt in der Handhabung und Darstellung großer Datenmengen und deren Analyse. Zusätzlich nutzt CRA2 die Anwendungsfelder und Testbeds - wie das Living Lab Inffeld - um theoretische Konzepte/Methoden im Anwendungskontext zu testen.

Ein Beispiel eines aktuellen CRA2 Forschungsprojektes ist SMART2B. SMART2B zielt darauf ab

„ die Intelligenz bestehender Gebäude durch koordinierte Steuerung von Altgeräten und intelligenten Geräten zu verbessern, „ die Interoperabilität in zwei vorhandenen Cloud-basierten Plattformen zu implementieren, die derzeit auf dem europäischen Markt verfügbar sind, und dies als Ergebnis dieses Projekts in eine einzige Gebäudemanagementplattform zu integrieren, und

„ ein benutzerzentriertes Ökosystem zu schaffen, das die Bürger befähigt, indem es die Steuerung von Geräten vereinfacht und Informationen über die Gesamtenergieeffizienz bereitstellt.

Die Cloud-basierte Plattform wird die Verbesserung der Intelligenz bestehender Gebäude erleichtern und den Übergang von passiven Gebäuden zu aktiven Elementen des Energiesystems ermöglichen, indem neue Energie- und Nicht-Energiedienstleistungen wie eine höhere Energieeffizienz, ein verbesserter Komfort in Innenräumen sowie Flexibilität für die Bewohner angeboten werden.

CRA 3 Innovative Technology Solutions

Das Keyword, das CRA3 definiert, ist hardware-driven , da das Hauptaugenmerk der Forschung auf der Entwicklung und Verbreitung inno -

16 WINGbusiness 1/2024 TOP-THEMA
Abb. 1: MILES

vativer neuer Technologien und Geräte liegt, um die Dekarbonisierung zu ermöglichen und zu unterstützen. Österreich strebt mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) ambitionierte energie- und klimapolitische Ziele an und setzt damit den ersten Schritt in Richtung Klimaneutralität im Jahr 2040. CRA3 beschäftigt sich mit Technologien zur vollständigen Dekarbonisierung des Energiesystems, die auch mit einer Reduktion der Importabhängigkeit einhergehen. Die Arbeiten konzentrieren sich auf die Erforschung, Entwicklung und Bewertung innovativer und effizienter Technologien für die Nutzung erneuerbarer Energien einschließlich des Ausbaus und der Verbesserung der Stromnetze, für die Speicherung erneuerbarer Energien einschließlich des Einsatzes neuer Speichermedien sowie auf technologische Entwicklungen zur Reduzierung des Energieverbrauchs. Um die Schwankungen im Energieangebot aus erneuerbaren Ressourcen auszugleichen, ist sowohl die zentrale als auch die dezentrale Speicherung von Energie erforderlich. Darüber hinaus werden Technologien zur Kurz- und Langzeitspeicherung benötigt. Energiespeicher und die schnelle und sichere Verfügbarkeit von gespeicherter Energie sind daher wesentliche Bausteine für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in einem effizienten, nachhaltigen, wirtschaftlichen und importunabhängigen Energie- und Stromsystem. CRA3 initiiert und bewertet neue Technologieentwicklungen und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zu den technologischen Rahmenbedingungen für die Förderung des erneuerbaren Energiesystems und die Reduzierung des Energieverbrauchs.

- Transport und Heizung in Fusionsplasmen. Das Institut für Theoretische Physik - Computational Physics wickelt dieses Projekt im Rahmen des EUROfusion Konsortiums (Horizon Europe), welches die europäische Forschung auf dem Gebiet der Kernfusion koordiniert, ab. Die internationale Kernfusionsforschung hat die Entwicklung einer umweltverträglichen, sicheren und nachhaltigen Energiequelle zum Ziel. Dabei bündelt das Fusion@ÖAW Koordinationsbüro die diesbezüglichen Forschungs- und Entwicklungsprojekte österreichischer Forschungsinstitute und Unternehmen, wobei die TU Graz als Third Party involviert ist. Der Schwerpunkt der Arbeiten an der TU Graz liegt im Bereich der Theorie fusionsrelevanter Plasmen, der Erstellung von Modellen und deren numerischer Umsetzung, und der Simulation von Experimenten. Die Arbeiten dienen dem Verständnis von magnetisch eingeschlossenen Fusionsplasmen, die in einer Vielzahl europäischer und internationaler Experimente erforscht werden. Konkrete Arbeiten beziehen sich auf Teilchen- und Energietransport in solchen Plasmen und auf deren Heizung. Die Modelle und Codes verwenden dafür Konzepte der Teilchendynamik, der Magnetohydrodynamik und der kinetischen Theorie von Plasmen, wobei diese Grundlagen auch von uns weiterentwickelt werden.

Das Research Center ENERGETIC ist ein Knotenpunkt für innovative Forschung und Entwicklung. Es umfasst eine breite Palette von Aktivitäten, darunter die Veröffentlichung von wegweisenden Publikationen in angesehenen Fachzeitschriften und auf internationalen Konferenzen, die Teilnahme an hochkarätigen Forschungsprojekten sowie die Betreuung von Bachelor- und Master-

Ein Beispiel eines aktuellen CRA3 Forschungsprojektes ist EUROFusion Univ.-Prof.

arbeiten. Forschungsprojekte ermöglichen es dem Zentrum, komplexe Herausforderungen im Bereich Energy Economics und Energy Analytics anzugehen und innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Die Betreuung von Studierenden in ihren Abschlussarbeiten bietet eine einzigartige Gelegenheit zur Zusammenarbeit und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Insgesamt widmet sich das Research Center ENERGETIC leidenschaftlich den Fragen der Energiewende und der Dekarbonisierung von Energiesystemen, indem es Spitzenforschung betreibt und Studierende dazu inspiriert, sich diesen wichtigen Herausforderungen anzunehmen.

Autorin:

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Sonja Wogrin, MSc absolvierte ihr Studium mit einem Diplom in Technischer Mathematik an der TU Graz und erwarb anschließend den Master of Science in Computation for Design and Optimization am Massachusetts Institute of Technology. Ihre Promotion erfolgte am Instituto de Investigación Tecnológica der Universidad Pontificia Comillas, wo sie auch als außerordentliche Professorin in der Abteilung Industrielle Organisation tätig war. Seit August 2021 ist sie Leiterin des Instituts für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation an der TU Graz und gründete im April 2023 das Forschungszentrum ENERGETIC. Im selben Jahr erhielt sie den renommierten ERC Starting Grant sowie die Auszeichnung zur Österreicherin des Jahres in der Kategorie Klimainitiative. Ihre Forschungsinteressen konzentrieren sich auf Entscheidungsunterstützungssysteme im Energiesektor, Optimierung und insbesondere technoökonomische Analysen.

Sonja Wogrin, MSc

Leiterin des Instituts für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation, TU Graz und Sprecherin des Research Centers ENERGETIC

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Dipl.Ing. Dr. techn.

Integrierte Klima- und Energiesystemmodellierung

Der Energiesektor ist maßgeblicher Treiber des Klimawandels. Doch der voranschreitende Temperaturanstieg und die damit einhergehenden Wetterextreme haben auch massive Auswirkungen auf unsere Energiesysteme. Um diese zu untersuchen, wurde das dreijährige FFG-Forschungsprojekt iKlimEt–Optimierung und Machine Learning für integrierte Klima- und Energiesystemmodelle aufgesetzt.

In iKlimEt werden cutting-edge open-source Simulationstools zur integralen Energiesystemplanung unter Berücksichtigung von Klimawandelfolgen und Extremwetterereignissen entwickelt. Der innovative Ansatz, basierend auf Optimierung, Machine Learning und Energy Analytics Methoden, legt den Fokus auf die kritischen Schnittstellen zwischen Klimamodellen und Energiesystemmodellen auf der Erzeugungsseite (insbesondere Klimaszenarien und deren Auswirkung auf die Erzeugung durch erneuerbare Energiequellen) sowie Klimawandelfolgen und Klimapolitik auf der Bedarfsseite (Auswirkungen auf Energiebedarfe unterschiedlicher Sektoren). Dazu werden ein Klima- und Energiesystem Translator und ein Bedarfs-Szenario Tool entworfen. Zusammen ermöglichen diese die automatisierte Übersetzung von Klima- und Bedarfs-Szenarien in räumlich und zeitlich hochaufgelöste Zeitreihen von Kapazitätsfaktoren, Zuflüssen, Endenergieanwendungen sowie der Temperatur. Diese Zeitreihen dienen als Eingangsgrößen für ein flexibel und modular aufgebautes, sektorgekoppeltes Energiesystem-Optimierungsmodell, welches die Sektoren Strom, Gas, Wärme/Kälte und Verkehr, sowie Flexibilitäten durch Demand-side Management abbildet und optimale Ausbauund Betriebsentscheidungen der Energieinfrastruktur ermittelt. Die Validierung der Simulationstools erfolgt in einer Fallstudie des Energiesystems der Energienetze Steiermark GmbH (im österreichischen und europäischen Kontext) im Sinne der Klimaneutralität 2040. Durch diesen integralen Ansatz schließt iKlimEt die vorherrschende Lücke zwischen Klima- und Energiesystemmodellen und ermöglicht damit eine automatisierte und umfassende Analyse von Klimawandelanpassungen der Energieinfrastruktur.

Klima- und Energiesystemmodell

Translator

Klimamodelle generieren Datenmengen im Umfang von Petabytes. Diese Daten beinhalten unter anderem räumlich aufgelöste Zeitreihen zu Umgebungstemperaturen, Windgeschwindigkeiten, Einstrahlungsdaten und Niederschlägen. Doch Klimamodell ist nicht gleich Klimamodell und für gesamteuropäische Unter-

suchungen kommen andere Modelle zum Einsatz als für regionale – mit unterschiedlicher Daten-Granularität. Zudem müssen diese Daten so disaggregiert und übersetzt werden, dass sie ein Energiesystemmodell versteht – sprich in stündliche Kapazitätsfaktoren für PV-Anlagen und Windparks sowie Zuflüsse zu Lauf-, Speicher- und Pumpspeicherkraftwerken. Neben der angesprochenen Disaggregation ist es häufig auch not-

wendig, die Eingangsdaten für Energiesystemmodelle zeitlich und räumlich intelligent zu aggregieren. Hierzu werden Clustering-Methoden eingesetzt, welche repräsentative Zeitperioden ermitteln und wodurch der Rechenaufwand reduziert werden kann beziehungsweise komplexe Optimierungsprobleme erst lösbar werden.

Eines der Kernziele von iKlimEt ist es, die zeitintensive manuelle Arbeit dieser Übersetzungsschritte durch

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Foto: Robert Gaugl, TU Graz

einen Klima- und Energiesystemmodell Translator zu automatisieren. Der Translator ermöglicht es, kohärente Klima- und Wetterszenarien zu erstellen, diese Datensätze zeitlich und räumlich zu aggregieren sowie die Ergebnisse zu visualisieren (z.B. integrierte Darstellung der Einzugsgebiete von Umspannwerken, der Standorte von Erzeugungsanlagen und Kapazitätsfaktoren).

Bedarfs-Szenario Tool

Die Elektrifizierung von Endenergieanwendungen wird eine große Rolle in der Dekarbonisierung unseres Energiesystems einnehmen. Da es gilt, Stromverbrauch und -erzeugung jederzeit im Gleichgewicht zu halten, braucht es für eine robuste und akkurate Energiesystemplanung eine fundierte Abschätzung zukünftiger Bedarfszeitreihen (typischerweise in stündlicher Auflösung).

Hierzu wird ein Bedarfs-Szenario Tool entwickelt, welches mittels Machine Learning Methoden aus dem Bereich Non-intrusive Load Monitoring Umspannerlastgänge in Zeitreihen von Endenergieanwendungen disaggregiert. Dabei kommen unter anderem Soziodemographie, Gebäude- und Mobilfunkdaten zum Einsatz. Diese disaggregierten Zeitreihen werden dann mit Zeitreihen von neuen Technologien (z.B. Wärmepumpen oder Elektrofahrzeugen) und unter Berücksichtigung von Energieeffizienzmaßnahmen (z.B. Wärmedämmung), Mobilitätsverhalten, Ökonomie und Demographie sowie Klima- und Wetter im Sinne von zukünftigen Energieszenarien automatisiert aufbereitet.

Sektorgekoppeltes Energiesystemmodell

Herzstück des Projektes ist das am Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation (TU Graz) entwickelte sektorgekoppelte Energiesystemmodell LEGO, welches optimale Betriebs- und Ausbauentscheidungen der Erzeugungs-, Netzwerk- und Speicherinfrastruktur ermittelt. LEGO bildet aktuell die Sektoren Strom, Gas und Wasserstoff ab und soll im Zuge von iKlimEt um folgende Aspekte erweitert werden:

„ Berücksichtigung von Unsicherheiten durch Weiterentwicklung zu einem stochastischen bzw. robusten Optimierungsmodell

„ Integration des Wärme-/Kältesektors um die Dekarbonisierung in diesem Bereich abzubilden

„ Integration des Verkehrssektors durch Abbildung der Energiebedarfe und des Flexibilitätspotentials, z.B. durch Elektrofahrzeuge

„ Integration eines Demand-side Management Moduls um unter anderem Flexibilitäten in Industrieprozessen aggregiert abzubilden

Klimaneutrale Steiermark 2040

Österreich hat das erklärte Ziel, bis 2040 die Klimaneutralität zu erreichen. Das stellt unter anderem auch die Steiermark vor Herausforderungen, denn als starker Industriestandort und durch das große Potential für Photovoltaik- und Windkraftanlagen muss die Ener-

gieinfrastruktur zukunftsfit werden. Vor diesem Hintergrund werden die entwickelten Simulationstools in einer Fallstudie im sektorgekoppelten Energiesystem der Energienetze Steiermark GmbH demonstriert.

Als Rahmengerüst für die Fallstudie wird der Status Quo des steirischen Energiesystems abgebildet. Dies dient in erster Linie der Modellvalidierung und -kalibration. Eingangsdatensätze hierfür sind unter anderem Standorte von Umspannwerken inklusive deren Einzugsgebiet und die Topologien des 110-kV-Netzes inklusive Leitungs- und Umspannerkenndaten sowie Daten des Gasnetzes. Die aktuellen Strom- und Gasbedarfe werden anhand gemessener Umspannerlastgänge sowie der aggregierten Gasabgabe an Endkund:innen zeitlich und räumlich hochaufgelöst abgebildet. Erzeugungsanlagen werden anhand techno-ökonomischer Daten wie Nennleistung, Leistungssteigerungsrate, Wirkungsgrad, Brennstoffkosten, Betriebs- und Wartungskosten

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Abb. 1 Schematische Darstellung des Projektablaufs in iKlimEt

etc. modelliert und an die Umspannwerke verortet. Den dargebotsabhängigen Technologien Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft werden zusätzlich Kapazitätsfaktoren bzw. Zuflüsse zugewiesen. Zur Modellkalibrierung werden unter anderem die Jahreserzeugung je Technologie und die vom Modell ermittelten Lastflüsse (modelliert als DC-Lastfluss Approximation basierend auf Spannungswinkeln) mit jenen der Realität verglichen.

Für die Ausbauplanung 2040 werden mittels Klima- und Energiesystemmodell Translator automatisiert Zeitreihen des Dargebots Erneuerbarer erstellt sowie Energieszenarien formuliert, für welche mittels Bedarfs-Szenario Tool Zeitreihen erzeugt werden. Soweit möglich, wird bei der Erstellung der Energieszenarien auf bestehende Energiestrategien, z.B. die Sachprogramme für Photovoltaik und Windkraft, Szenarien für die steirische Energie- und Klimastrategie (in aktueller Version) etc., zurückgegriffen um konsistente, sektorübergreifende Transformationsszenarien zu entwickeln, die mit dem Ziel Klimaneutralität 2040 in Einklang stehen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden im Optimierungsmodell sowohl bereits bekannte Ausbauprojekte (Leitungsinfrastruktur und Erzeugung) hinterlegt, als auch ein Portfolio an Erzeugungs-, Speicher- und Power-to-X-Technologien und Netzbetriebsmitteln als Investitionskandidaten zur Verfügung gestellt. Basierend auf der Minimierung der Gesamtsystemkosten (was mit der Maximierung der sozialen Wohlfahrt gleichzusetzen ist) und unter Einhaltung einer Vielzahl tech-

nischer und politischer Nebenbedingungen erfolgen im Optimierungsmodell die endogenen Ausbau- und Betriebsentscheidungen je Technologie und Standort. Durch den hohen Flexibilitätsgrad des Optimierungsmodells können je nach Fokus einzelner Fallstudien technische Charakteristika von besonderem Interesse detaillierter modelliert werden. Sollen beispielsweise Untersuchungen im Gassektor erfolgen (Ausbau von Elektrolyseuren, Wasserstoffimporte etc.) kann die Flexibilität des Gasnetzes durch Linepack – also die Speicherung von Gas in einer Pipeline durch Druckerhöhung – im Detail modelliert werden, während beispielsweise Entscheidungen zur Kraftwerkseinsatzplanung als kontinuierlich behandelt werden können.

Durch den hohen Vermaschungsgrad des kontinentaleuropäischen Übertragungsnetzes muss auch die Transformationen des österreichischen und europäischen Umfelds in der Ausbauplanung der Steiermark Berücksichtigung finden. Dazu ist geplant, ein europäisches Rahmenszenario zu entwickeln, welches sich am Ten-Year Network Development Plan der ENTSO-E und einem ausgewählten europäischen Klimaszenario orientiert. Basierend darauf können Zeitreihen der Stromimporte bzw. -exporte und zugehöriger Preise abgeleitet werden, welche in den Detailstudien der Steiermark zur Quantifizierung der Flexibilität von Importen und Exporten herangezogen werden.

Breites Stakeholder-Interesse

Die in iKlimEt entwickelten Simulationstools sollen praxistauglich sein.

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wurde ein Projektbeirat mit Vertreter:innen von Energieversorgungsunternehmen, Netzbetreibern (Strom und Gas), Regulierungsbehörden und Interessensvertretungen ins Leben gerufen, deren Expertise und Anforderungen in der Entwicklungsphase Berücksichtigung finden sollen. Neben der Abfrage der Stakeholderanforderungen bei einem Workshop im Rahmen des 18. Symposium Energieinnovation an der TU Graz, wird es vor Projektende einen eintägigen Workshop zur hands-on Demonstration der Simulationstools geben. Im Anschluss werden die entwickelten Simulationstools open source verfügbar gemacht um ein Höchstmaß an Transparenz sicherzustellen. Interessierte Stakeholder sind herzlich eingeladen, sich am Forschungsprojekt zu beteiligen.

Autor:

Dipl.-Ing. Thomas Klatzer ist Universitätsassistent und PhD-Kandidat am Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation an der TU Graz. Er schloss ein Masterstudium in Elektrotechnik-Wirtschaft an der TU Graz ab und war bei Siemens als Projektleiter für die Netzanbindung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen tätig. Im Rahmen seiner Dissertation arbeitet er an der Modellierung und Optimierung von sektorgekoppelten Energiesystemen mit Fokus auf Strom und Gas. Seine Forschungsinteressen umfassen die Modellierung von Pipelinegasflüssen, Wasserstofftechnologien, die Profitabilität von Speichertechnologien sowie verwandte Themen.

Dipl.-Ing.

Thomas Klatzer Universitätsassistent am Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation der TU Graz und Projektleiter von iKlimEt

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Revolutionising Building Physics Education: The "Beyond" Project's Journey into Immersive Learning with Virtual Reality

The integration of virtual reality (VR) in education has emerged as a pivotal focus, driving disruptive advancements in experiential learning. Despite potential benefits, challenges such as cost considerations and technical limitations persist. The "Beyond" project at Graz University of Technology aimed to merge VR, building energy modelling, and machine learning to revolutionise the teaching of building physics. As part of the project, the VR game "Beyond Building Physics" was developed, offering a dynamic and immersive virtual learning experience for studying building physics. The game provides students with a safe space to apply their knowledge and tackle practical challenges in a controlled environment. The success of the Beyond project underscores VR's potential as a catalyst for educational advancement, shaping dynamic and interactive learning experiences across diverse disciplines.

1. Introduction to virtual reality in education

The integration of virtual reality (VR) in education has become a focal point for disruptive advancements in experiential learning. Ardiny and Khanmirza (2018) emphasise the rapid growth of technology and its significant impact on education, with Augmented Reality (AR) and VR offering substantial promise to make learning more attractive and effective through the creation of immersive experiences. Kavanagh et al. (2017) delve into the motivations driving educators to adopt VR technologies in education, revealing a notable trend of utilising VR to elevate students' intrinsic motivation.

Despite the potential academic benefits, challenges exist, as highlighted by Ardiny and Khanmirza (2018), including cost considerations and technical limitations. Kavanagh et al. (2017) echo these concerns, underscoring the need to first understand why educators choose to use VR, before addressing issues related to the technologies themselves. Moreover, the motivation behind VR adoption often lacks solid pedagogical reasoning, emphasising the need for a rationale grounded in the wider educational discourse.

Freina and Ott's (2015) review of VR in education provides detailed insights into the evolution of VR, distinguishing between non-immersive and immersive VR. Wherein, the lat-

ter is thought to hold immense potential to make learning more motivating and engaging. The review highlights that, historically, high costs and limited usability hindered the adoption of immersive VR in education. However, recent technical advancements in VR devices have begun to mitigate some of these barriers, expanding its potential application to a wide variety of educational contexts.

While cost considerations and technical limitations continue to present challenges to the widespread adoption of VR, highlighted by Kavanagh et al. (2017) and Freina and Ott (2015) highlight the potential for VR to reshape the future of learning experiences. This is particularly pertinent for disciplines like civil and

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Foto: © ISDS, TU Graz

mechanical engineering, and also architecture, where the visualization of complex structures and their interdependent scientific principles is crucial.

2. The Beyond project

The "Beyond" project, funded by the Austrian Research Promotion Agency (FFG), set out with the ambitious goal of gaining a comprehensive understanding of how user decisions impact a building’s performance (Gustin et al., 2022). This endeavour sought to merge cutting-edge VR technology with building energy modelling and machine learning (ML) techniques to provide real-time assessments of building energy performance while concurrently enriching immersive learning experiences.

At its essence, the project stemmed from a visionary quest to redefine the teaching and comprehension of building physics. Acknowledging the limitations of traditional teaching methods in building physics and environmental design (Hopfe et al., 2022; McLeod and Hopfe, 2021), the project aspires to create an educational landscape where students seamlessly transition between theoretical knowledge and its practical application. The focal point of this transformative vision is reconceptualising how architecture, civil, and mechanical engineering students engage with the intricacies of building physics, as well as sustainable and energy-efficient building design.

Developed collaboratively by three institutes of the Graz University of Technology – the Institute for Building Physics, Services and Construction (IBPSC), the Institute of Interactive Systems and Data Science (ISDS), and the Institute of Software Technology (IST) – the project's primary achievement is the creation of an educational VR game entitled “Beyond Building Physics”. This game was explicitly designed for students studying building physics as part of a civil engineering or architectural engineering degree program. This innovative approach transcends the boundaries of conventional pedagogy by enhancing engagement and providing a dynamic, immersive learning experience, allowing for a deeper understanding

of complex concepts. In addition to the university partners, two external collaborators, DiLT Analytics and EAM Systems, were involved in the project to assist with the Internet of Things (IoT) and Application Programming Interface (API).

3. Design of the educational virtual reality game for building physics

The educational VR game “Beyond Building Physics”, developed with the Unreal Engine 5 game development platform by the Institute of Interactive Systems and Data Science (ISDS), offers an immersive experience centred around building physics and energy simulation. Users find themselves in a VR escape room (i.e. a game where users must complete a series of tasks in order to escape the room and successfully finish it), challenged to complete tasks related to the model of a real office (located at the EBS Centre in the Inffeldgasse Campus of TU Graz), ultimately unlocking the exit. The learning activity involves assembling three different wall assemblies (masonry, reinforced concrete and timber) correctly, considering factors such as costs, structural integrity, mould risks, and the provision of sufficient insulation.

Visually, the game embraces a cyberpunk theme, with wood, glass, and metal dominating the architectural environment. Visual elements, object textures, and sound effects contribute to a visually rich and engaging thematic experience. The game takes place in both day and nighttime

settings, with appropriate lighting schemes deployed during the night.

The game comprises two virtual spaces: a minimalistic, dark entry area and a main room housing interactive machines essential for the completion of the task. Upon entering the main room, the door locks, initiating the immersive experience. A quest system coupled with a hint system guides players sequentially through the game, providing information about tasks and educational content.

To aid navigation, a guidance system utilises lights, paper hints, and audio hints. Lights are selectively used to illuminate areas relevant to completing tasks. Paper hints, featuring sketches describing interactions, can be picked up and later projected onto a canvas for reference. Audio hints, triggered by a device, visually similar to a Walkman, provide additional information about specific tasks and educational content.

The quest system involves major and minor quests, ranging from picking up items to assembling walls and optimising energy efficiency. Upon completing quests, players receive notifications, contributing to a sense of progression. The major quests involve challenges such as choosing the correct city, assembling timber, masonry, and concrete walls, and achieving specific energy efficiency and U-value targets, as well as mould risk, cost, and structural stability ratings.

Interactive machines in the game include a hint projector, information centre, layer spawner/destroyer, layer

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Figure 1: View of the main room during the daytime when standing next to the entry area door

designer, wall assembly machine, wall layout shelf, and a central table. These machines serve distinct purposes and are instrumental in completing quests. For example, the wall assembly machine allows players to create wall layouts, while the layer designer enables adjustments to the materials and thickness of wall layers.

The central table facilitates various interactions such as setting the time of day, orienting the office building correctly, and adjusting simulation parameters. The table also plays a crucial role in running building energy simulations and visualising results. The VR environment includes various devices which can be used to display information such as mould risk, U-value, cost rating, structural stability rating, and energy efficiency rating, together with the consumed annual energy for both heating and cooling. Achieving specific goals in each category is crucial for progress in the game.

The game culminates upon the completion of all quests, unlocking the final lock, and allowing players to return to the entry area, signalling the end of the educational VR experience. The combination of interactive machines, quest dynamics, and a visually rich environment makes this VR game a comprehensive and engaging tool for learning the fundamentals of building physics.

4. Building simulation and machine learning models behind the educational VR game

The Institute for Building Physics, Services, and Construction (IBPSC) spearheaded the development of the white-box models pivotal for the VR energy simulations. To accomplish this, the team utilised the open-source EnergyPlusTM software to simulate the energy consumption of the modelled office space within the virtual environment (VE).

To estimate the office's energy consumption over a broad range of operational conditions, dynamic hourly simulations were conducted by varying the source EnergyPlusTM file created in OpenStudio. Various parameters, including weather data, occupancy patterns, and internal gains, were configured to characterise the simulation model. The primary objective was to analyse the office's performance in relation to energy consumption for both space heating and cooling. The resultant parametric analyses involved running thousands of simulations, whilst repeatedly adjusting specific input parameters to observe their impact on energy usage.

In total, 12,348 EnergyPlusTM simulations were conducted in Python, manipulating factors such as external wall insulation thickness, window Uvalue, window Solar Heat Gain Coefficient, room thermostat settings,

cooling On/Off settings, and window shading levels. This multi-factorial analysis provides valuable insights into how different factors influence the energy performance of the office space.

To deliver real-time simulation results in VR, the Institute of Software Technology (IST) developed a machine learning (ML) model. This ML model, was trained on data from the (12,000+) pre-run white-box simulations in EnergyPlusTM , and is capable of rapidly estimating the simulation results in real-time, based on the input parameters chosen by the user in the VE. As a result, users in the VR environment have the freedom to choose values for the modelled input parameters of the building envelope within specified ranges. When a simulation is requested in the VE, the results are computed in real time through the API. This not only saves time but also contributes to a smoother and more enjoyable virtual experience.

5.

Conclusions and future outlook for VR games in education

In conclusion, the educational VR game “Beyond Building Physics” aims to bridge the pedagogical gaps outlined in the Introduction section. By immersing students in a VE centred around building physics and energy simulations, the game serves as a crucial bridge between theoretical knowledge, practical application and end-user experience. This allows students to actively engage with the VE and translate theoretical principles into tangible, real-world experiences. The game provides a hands-on, experiential dimension to theoretical concepts in building physics, where the visualisation of complex structures and their dynamic physical properties is crucial to a deeper understanding of the subject.

The interactive learning aspect of the VR game is enriched by the fact that students become active participants in building performance simulations, making decisions and observing real-time outcomes. Moreover, the incorporation of visual, haptic, and auditory feedback in the game creates a multi-sensory learning experience, enhancing memory retenti-

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Figure 2: Table with the attached wall sample and visualization results with different gadgets around the table: i) Cross-section with mould risk ii) Wall U-Value iii) Cost rating iv) Structural stability rating v) Annual energy consumption and energy efficiency rating (from left to right)

on and overall understanding of complex subject matters.

Looking towards the future, the educational VR game developed in the Beyond project sets a precedent for the continual innovation and adaptation of VR in higher education. It exemplifies VR's potential to become a central catalyst for educational advancement, paving the way for the development of more immersive and engaging educational experiences. As technology continues to evolve, the future outlook for educational VR games holds promise for further enhancing the learning process, creating dynamic and interactive educational environments that cater to the diverse needs of students across various disciplines. The success of Beyond Building Physics underscores the potential for VR to reshape the future of learning experiences in engineering and related disciplines, providing a blueprint for future developments in the realm of educational VR games. Further work will look at expanding the utility of this tool to incorporate further topics in building physics and architectural engineering.

6. Acknowledgements

This research was made possible by the Austrian Research Promotion Agency (FFG) under the 8th call City of the Future (Stadt der Zukunft), FFG Project Number FO999887002.

Literature:

Ardiny, H.; Khanmirza, E. (2018): The Role of AR and VR Technologies in Education Developments: Opportunities and Challenges. Published in: 2018 6th RSI International Conference on Robotics and Mechatronics (IcRoM). DOI: https://doi. org/10.1109/ICRoM.2018.8657615.

Freina, L.; Ott, M. (2015): A Literature Review on Immersive Virtual Reality in Education: State Of The Art and Perspectives. Institute for Educational Technology (CNR-ITD), Genova, Italy. DOI: https:// doi.org/10.12753/2066-026X-15-020.

Gustin, M.; Hopfe, C.J.; Schweiger, G.; Petrosino, S.; Safikhani, S.; Pirker, J.; Ebrahimi, M.; Wilfling, S., McLeod, R.S. (2022): A Novel Concept For Virtual Reality Enhanced Building Energy Modelling. Proceedings of the 9th BauSIM Conference 2022 in Weimar, Germany. DOI: https:// doi.org/10.26868/29761662.2022.31.

Hopfe, C.J.; McLeod, R.S.; Gustin, M.; Brembilla, E.; McElroy, L. (2022): Teaching data analysis for building performance simulation – Series: Building simulation and calculation tools in teaching, Bauphysik 44 (5), 285-290. DOI: https:// doi.org/10.1002/bapi.202200027.

Kavanagh, S., Luxton-Reilly, A., Wuensche, B. & Plimmer, B. (2017): A systematic review of Virtual Reality in education. Themes in Science and Technology Education, 10(2), 85-119. URL: https://www. learntechlib.org/p/182115/.

McLeod, R.S.; Hopfe, C.J. (2021): Experiential learning in building physics:

Dipl.-Ing. Dr. Matej Gustin

The icebox challenge. Journal of Building Physics 45 (3), 391-401. DOI: https://doi. org/10.1177/17442591211017948.

Author:

Dipl.-Ing. Dr. Matej Gustin, currently holds the position of University Project Assistant at the Institute for Building Physics, Services, and Construction at Graz University of Technology. In this capacity, he actively contributes to diverse research projects centered around data monitoring, advanced data analyses, building energy modelling and the development of forecasting models within the domain of building physics and the built environment.

After obtaining his BSc and MSc in Civil Engineering from the University of Trieste in Italy, he continued his academic pursuits with an MRes in Built Environment: Energy Demand Studies and a PhD with a specialised focus on developing overheating forecasting models applied to the built environment at Loughborough University in the UK.

Project Team: Christina J. Hopfe1, Saeed Safikhani2, Georg ArbesserRastburg2, Johanna Pirker2, Gerald Schweiger3 and Robert S. McLeod1

1 IBPSC, Graz University of Technology, Austria

2 ISDS, Graz University of Technology, Austria

3 IST, Graz University of Technology, Austria

University Project Assistant at the Institute for Building Physics, Services, and Construction

TU Graz

Heft 02/2024: "Kongressheft - „Industrie im Wandel: Auswirkungen der nachhaltigen Energie- und Mobilitätswende"
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2024
Die nächste Ausgabe WINGbusiness

Unlocking the Future of Deep Tech Entrepreneurship: The HEICE Initiative

Die Initiative "High Tech Entrepreneurship and Innovation Competences for Deep Tech Talents" trifft den Zeitgeist des rasanten Innovationsfortschritts und zielt darauf ab, den Unternehmergeist in den Deep-Tech-Sektoren Europas zu fördern, mit einem besonderen Fokus auf Österreich, Portugal und Serbien. In Partnerschaft mit Hochschuleinrichtungen hat es sich HEICE zur Aufgabe gemacht, eine neue Generation von Unternehmer:innen in den Branchen Gesundheit und Fertigung aufzubauen. HEICE stattet innerhalb von 15 Monaten in zwei Phasen Deep Tech Talents mit Fähigkeiten, Wissen und dem Netzwerk aus, um technologie-basierte Ideen erfolgreich in die Realität umzusetzen.

Der Kern von HEICE: Befähigung durch Bildung

HEICE verkörpert die Prinzipien von Bildung und Befähigung, um transformative Veränderungen in den Startup-Ökosystemen der Konsortialpartner voranzutreiben, mit dem strategischen Ziel, seinen Einfluss über deren Grenzen hinaus zu erweitern. Der Fokus liegt auf der Erschließung des unternehmerischen Potenzials im Deep-Tech-Talentpool, indem umfassende Bildung und Unterstützung für Studierende, akademisches sowie administratives Personal von Hochschuleinrichtungen bereitgestellt werden. Durch praktische Lernerfahrungen werden die Teilnehmer:innen mit unternehmerischen Fähigkeiten vertraut gemacht.

Erfolge und Meilensteine

Seit Projektbeginn im Mai 2023 hat HEICE bedeutende Fortschritte bei der Förderung des akademischen

Unternehmertums gemacht. Durch die Etablierung strategischer Partnerschaften und die Entwicklung neuer Bildungsformate in Form von Bildungstools und Infoabenden hat HEICE unternehmerische Schulungen für ein breites Publikum von Studierenden, Akademiker:innen und administrativen Fachkräften erfolgreich umgesetzt. Ein Höhepunkt der ersten Phase war ein vierwöchiges Acceleration-Programm, das zwölf Teams aus den drei Konsortialländern in einer dynamischen und interaktiven Online-Lernumgebung zusammenbrachte. Unter der Anleitung eines Netzwerks von 35 erfahrenen Mentor:innen und einer Reihe von sachkundigen Trainer:innen nahmen die Teilnehmer:innen an einer Reihe an Workshops teil, die sich mit Ansätzen aus der Lean-Startup Bewegung-, Marktanalyse, Prototyping, Pitch-Training sowie vielen weiteren Inhalten befassten, die für eine erfolgreiche Umsetzung von technologiebasierten Startup-Projekten erforderlich sind. Das HEICE Acceleration-Programm endete mit einem Final-PitchEvent, bei dem den beiden GewinnerTeams neben Geldpreisen auch eine herausragende Starthilfe für ihre unternehmerische Laufbahn geboten wurde.

Ausblick: Ausweitung der Wirkung

Während HEICE in die zweite Phase

eintritt, verlagert sich der Fokus auf die Vertiefung und Erweiterung praktischer Fähigkeiten.

Spezialisierte Workshops: HEICE organisiert aktiv Workshops, die darauf ausgelegt sind, den Teilnehmer:innen essenzielles theoretisches Wissen und praktische Einblicke in technologiebasiertem Unternehmertum und Innovation zu vermitteln. Zudem bietet HEICE eine dynamische Plattform, auf der erfolgreiche Unternehmer:innen ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen.

Accelerator-Programm: Das bevorstehende Accelerator-Programm bietet eine einzigartige Möglichkeit für Deep-Tech-Unternehmer:innen, ihre Startup-Ideen zu verbessern oder ein bestehendes Unternehmen zu skalieren. Das HEICE Acceleration Programm 2.0 beginnt am 22. April und endet am 14. Juni 2024. Der Aufruf zur Bewerbung ist bis zum 12. April offen, und alle wichtigen Informationen sowie das Bewerbungsformular befinden sich auf der HEICE-Website: www.heice-tech.org oder durch Scannen des QR-Codes unten zugänglich.

Mentorship: Für diejenigen, die ihr Know-How und Expertise an Unternehmer:innen weitergeben möchten, bietet die Beteiligung als Mentor/als Mentorin im HEICE Projekt die Möglichkeit, einen bedeutenden Beitrag zu leisten und gleichzeitig die eigene Sichtbarkeit im unternehmerischen Ökosystem zu erhöhen.

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Innovative chemische Speichermedien für erneuerbare Energien

Weltweit liegt der Bedarf an fossilen Brennstoffen bei etwa 86 Millionen Fässer Öl und 10,5 Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Tag. Um die Energiewende zu schaffen, gilt es nicht nur diese Energiemengen durch erneuerbare Ressourcen zu ersetzen, sondern, auch neue Wege zu finden, derartig große Energiemengen über weite Strecken zum Verbraucher zu transportieren. Investitionen in eine nachhaltige Energietransportinfrastruktur sind daher unerlässlich, um auch in Zukunft die gleiche Versorgungssicherheit bei vergleichbaren Kosten gewährleisten zu können. Der Energietransport im engeren Sinn erfolgt derzeit überwiegend über Öl- und Gaspipelines oder Frachtschiffe und in geringerem Umfang über das Stromnetz. Durch den Ausbau von erneuerbarer Energie müssen auch hier Alternativen geschaffen werden.

Mitknapp einem Euro pro Kilometer und kW ist der Investitions- und Betriebsaufwand für den Energietransport über 500-kVHochspannungsleitungen etwa dreihundertmal höher als der Transport von Rohöl per Frachtschiff, dreißigmal teurer als der Transport über eine Ölpipeline und fünfzehnmal teurer als eine Gaspipeline. Der Transport über eine Wasserstoffpipeline hingegen ist aktuell je nach Druckniveau nur fünf- bis zehnmal teurer als der Transport von Erdöl in Pipelines. Dies unterstreicht bereits den Bedarf eines (neuen) alternativen Sekundärenergieträgers, um die Energiewende voranzutreiben [1,2].

Die gegenwärtigen globalen Bemühungen der umfassenden Elektrifizierung mit grünem Strom stoßen nicht

nur auf wirtschaftliche, sondern auch auf technische und logistische Grenzen. Aktuelle elektrische Speichertechnologien sind nicht annähernd in der Lage, die erforderlichen enormen Speicherkapazitäten bereitzustellen, und die Effizienz des Transportsystems wird durch Verluste und Engpässe wesentlich beeinträchtigt werden.

Die genaue Höhe des Bedarfs an Speicherung und Transport von erneuerbarer Energie hängt von vielen Faktoren ab, darunter die Energieerzeugungskapazität aus erneuerbaren Quellen, die geografische Verteilung der erzeugten Energie, die Nachfrage nach Energie und die Verfügbarkeit von Speicher- und Transportsystemen. Laut Schätzungen und Progno -

sen der IEA wird bis 2026 die installierte Speicherkapazität weltweit auf ca. 270 GW ansteigen. Grund dafür ist die notwendige Flexibilisierung und die Integration von erneuerbaren Energien. Der größte Anteil entfällt dabei auf den Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken (ca. 200 GW/ Zuwachs von 40 GW seit 2020), wobei der größte Ausbau in China stattfinden wird und Batteriespeichern (60 GW/ Zuwachs 50 GW seit 2020) [3]. Der Speicherbedarf in Österreich wird im laufenden Sondierungsprojekt MILES in Kooperation mit dem Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation unter der Leitung von Sonja Wogrin erarbeitet. Die vorläufigen Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit von Speichertechnologien zur Vermeidung

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Foto © Lunghammer, TU Graz

Abbildung 1: Alkalische Elektrolyse

von Abregelungen, zeigen aber auch deutlich, dass für einen wirtschaftlich sinnvollen Betrieb vereinfachte Rahmenbedingungen und Förderungen notwendig sind.

Elektrolyse: Der erste Schritt zur chemischen Speicherung von grüner Energie

Die Energiespeicherung mittels Wasserstoffs wird insbesondere dann relevant, wenn überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind-, Solar- und Wasserkraft durch Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt werden kann. Die Elektrolysetechnologien werden in verschiedene Typen unterteilt, wobei die alkalische Elektrolyse mit Kalilauge als Elektrolyt und die Polymer-ElektrolytMembran-Elektrolyse (PEM) die technologisch ausgereiftesten Varianten darstellen. In beiden Fällen werden einzelne elektrochemische Zellen zu Stapeln zusammengefasst und bei Betriebstemperaturen unter 100 °C betrieben.

Die alkalische Elektrolyse (Abbildung 1) zeichnet sich durch die Möglichkeit aus, kostengünstige Materialien wie Kohlenstoff und Nickel für die Elektroden zu verwenden. Die Elektroden werden durch Separatoren getrennt. Als Elektrolyt dient üblicherweise Kalilauge oder Natronlauge. Aus dieser Materialkombination ergeben sich jedoch auch charakteristische Herausforderungen. So bilden die alkalischen Elektrolytlösungen bei Kontakt mit der Umgebungsluft oder anderen CO2Quellen Karbonatsalze und verlieren dadurch ihre Leitfähigkeit für Hydroxidionen. Die Verwendung flüssiger Elektrolyte führt in der Regel zu komplexen und trägen Systemen, was wiederum zu höheren Betriebskosten und Einschränkungen bei der Kopplung von alkalischen Elektrolyseuren mit erneuerbaren Energiequellen führt. Insbesondere in Anbetracht des großen Interesses an Wasserstoff als Speichermedium für die stark fluktuierenden erneuerbaren Energien ist dies ein wesentlicher Nachteil der alkalischen Elektrolyse [4].

Im Gegensatz dazu zeichnet sich die PEM-Elektrolyse (Abbildung 2) durch die ausgeprägte Fähigkeit aus, dynamische Lastwechsel abzufedern und ermöglicht einen stark dynamischen Betrieb [5]. Darüber hinaus ist es aufgrund des Festelektrolyten auch möglich, Wasserstoff direkt unter erhöhtem Druck zu erzeugen. Stapel und Systeme sind bei dieser Technologie entsprechend kompakter. Die Herausforderung liegt hingegen in der stark eingeschränkten Materialauswahl aufgrund der stark korrosiven, sauren und sauerstoffreichen Umgebung und der hohen Anodenpotentiale. Dies lässt beim derzeitigen Entwicklungsstand beinahe ausschließlich den Einsatz von Anodenkatalysatoren auf Basis des teuren und seltenen Iridiums zu [6].

Abbildung 2: PEM-Elektrolyse

Abbildung 3:

Ein Mittelweg zwischen diesen beiden Technologien ist die Anionenaustauschmembranelektrolyse (AAM). Diese Art der Elektrolyse basiert auf einem festen alkalischen Elektrolyten, wodurch der Einsatz kostengünstigerer Materialien weiterhin möglich ist, während gleichzeitig eine höhere Dynamik und der Betrieb unter Druck demonstriert werden konnte. Allerdings ist auch die alkalische Membran empfindlich gegenüber Kohlendioxid und kann dadurch deaktiviert werden. Die alkalische Membranelektrolyse ist technologisch weniger ausgereift, wird aber mit großem Interesse und Aufwand weiterentwickelt. Abbildung 3 zeigt den hohen Entwicklungsstand der alkalischen Elektrolyse (oranger Kreis) und ihr

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Technologien im Vergleich. Stand 2020 orange, Ziel 2024 blau, Ziel 2030 grün (Wasserstoff Brennwert 39,4 kWh/kg) [7]

relativ geringes Entwicklungspotential in den nächsten Jahren (blauer und grüner Kreis). Sowohl die PEMElektrolyse (Vierecke) als auch die AAM-Elektrolyse (Dreiecke) weisen beim derzeitigen Stand der Technik (orange) hohe Investitionskosten und einen hohen Energieverbrauch auf. Für die kommenden Jahre werden hier deutliche Reduktionen anvisiert; wobei die Ziele für 2030 aufgrund der beschriebenen Vorteile der AAMElektrolyse für diese Technologie am ambitioniertesten sind.

Alternative Energieträger: Ammoniak, Kohlenwasserstoffe, LOHC und Metalle

Bei der Speicherung von Wasserstoff werden zwei Ansätze unterschieden: physikalische und chemische Methoden. Bei der physikalischen Speicherung wird Wasserstoff entweder in gasförmigem Zustand (z.B. in Drucktanks) oder in flüssiger Form bei -252 °C gelagert. Die Herausforderungen dabei sind unter anderem die Risiken hoher Drücke bei Drucktanks, der energieintensive Prozess der Verflüssigung sowie der Wasserstoffverlust durch Boil-off (Ablassen des verdampften Wasserstoffs zur Druckreduzierung im Tank). Aus diesen Gründen wird verstärkt nach Alternativen zu diesen Methoden gesucht, wobei sich chemische Ansätze als vielversprechende Option etabliert haben.

Die chemische Speicherung basiert auf einer oder mehreren chemischen Reaktionen. Ein Beispiel sind Hydrierungs- und Dehydrierungsprozesse, bei denen die Reaktionspartner als Wasserstoffträger fungieren. Dazu gehören unter anderem die Umwandlung von Stickstoff zu Ammoniak, von Kohlendioxid zu Methanol und allgemein flüssigen organischen Wasserstoffträgern (Liquid Organic Hydrogen Carriers LOHC). Bei der

Speicherung mittels LOHC wird der Wasserstoff chemisch an das LOHC gebunden. Nachteilig ist, dass in diesem Fall eine Dehydrierung zwingend erforderlich ist, da das Produkt der Hydrierung im Gegensatz zu den beiden anderen genannten Verfahren nicht direkt genutzt werden kann. Dennoch bieten LOHC mit ihren Eigenschaften der hohen Energiedichte, der einfachen Handhabung und der Möglichkeit der Integration in bestehende Infrastrukturen gerade für den Energietransport Vorteile. Die Hydrierung ist der Prozess der Einlagerung, bei dem der Wasserstoffträger mit Wasserstoff reagiert und die einzulagernde Substanz sowie Wasser entsteht. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die entstehenden chemischen Verbindungen oft einfacher zu lagern sind als reiner Wasserstoff, da bereits bekannte Speichertechnologien genutzt werden können. Die Rückgewinnung des Wasserstoffs erfolgt durch Dehydrierung, die den Hydrierungsprozess umkehrt.

Im Rahmen des Sondierungsprojekts MILES wurde eine gründliche Literaturrecherche zu potenziellen Energiespeicher- und Wasserstoffspeichersystemen durchgeführt. Dabei lag der Schwerpunkt nicht nur auf der Erfassung des aktuellen Wissensstands, sondern auch auf einem detaillierten Vergleich der verschiedenen Technologien. Ziel dieses Projektes ist es, den zukünftigen Bedarf an Energiespeichern zu ermitteln und Möglichkeiten innerhalb Österreichs zu identifizieren, wie dieser Bedarf gedeckt werden kann. Bei der Bewertung von Wasserstoffspeichersystemen spielen verschiedene Kriterien eine Rolle, darunter der Technologie-Reifegrad (TRL), die Kosten, die Energiespeicherdichte und die Anlagensicherheit. Während physikalische Speichermethoden bereits einen hohen Technologie-Reifegrad aufweisen, da sie bereits in der Indus-

trie eingesetzt werden, sind für chemische Methoden noch weitere Forschungsarbeiten notwendig, um sie auf denselben technologischen Stand zu bringen. Einen einfachen Vergleich bietet auch die Energiespeicherdichte. Diese ist für die genannten physikalischen und chemischen Speichermethoden in Abbildung 4 dargestellt. Zusätzlich ist die Speicherdichte des HyLoop-Speichers ersichtlich, der im Gegensatz zu den genannten chemischen Speicherverfahren auf Reduktion- und Oxidationsreaktionen des Metalls Eisen beruht.

Metalloxide als Energieträger

Für die Speicherung und den Transport von Energie wurde am Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik der TU Graz ein spezieller Chemical Looping Prozess basierend auf dem Reformer-EisenDampf-Prozess (RESC) entwickelt [8,9]. Der RESC eignet sich für die dezentrale Erzeugung von grünem Wasserstoff im großen Maßstab und ermöglicht die Verwendung einer breiten Palette von Biobrennstoffen als Ausgangsmaterial, wodurch die Produktionskosten für Wasserstoff auf 2,27 EUR/kg (bzw. 4,6-6,2 EUR/ kgH2 unter Berücksichtigung der Kosten der Ausgangsstoffe) gesenkt werden konnten [10]. Außerdem kann das bei der Reformierung von Biogas anfallende Kohlendioxid aufgrund des zweistufigen Verfahrens leicht aus dem Abgasstrom abgetrennt werden. Wasserstoff wird bei Bedarf durch zyklische Oxidation und Reduktion von preiswertem und umweltfreundlichem Eisenoxid erzeugt, das am Ende seiner Lebensdauer von über 300 Zyklen durch metallurgische Prozesse wiederverwertet werden kann.

Der Reformer-Eisen-Dampf-Prozess wird bei erhöhter Temperatur von rund 800 °C in einem zweistufigen Verfahren zur sequentiellen Oxidation und Reduktion des eisenbasierten Sauerstoffträgermaterials betrieben (Abbildung 5). In der ersten Stufe wird im Reformersegment des Reaktors durch Dampfreformierung aus regenerativen Kohlenwasserstoffen, z. B. Biogas, Synthesegas, ein Gemisch aus Wasserstoff, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid erzeugt (Gl. 1). Das Synthesegas wird im nachfol-

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Abbildung 4: Vergleich der volumetrischen Speicherdichten

genden Reaktorsegment als Reduktionsmittel für den eisenbasierten Sauerstoffträger (OC) verwendet (Gl. 2 und Gl. 3). Im zweiten Prozessschritt wird das System mit einem Dampfstrom beaufschlagt, um das zuvor erzeugte metallische Eisen zu reoxidieren und gleichzeitig reinen Wasserstoff zu erzeugen (Gl. 4) Eine optionale Ergänzung der Oxidation mit Sauerstoff (z.B. aus der Luft) kann weitere exotherme Wärme freisetzen (Gl. 5). Nach der Oxidation und der Wasserstofferzeugung ist der Reaktor wieder bereit für die Reformierung/Reduktion. Dieser Prozess kann auch nach der Reduktion gestoppt werden, so dass die Wasserstofferzeugung bedarfsgerecht erst am Ort des Verbrauchers erfolgen kann und somit die Möglichkeit der Energiespeicherung und des Energietransports mit Hilfe dieses kostengünstigen und umweltfreundlichen Sauerstoffträgers auf Eisenoxidbasis besteht.

Alternativ kann der Prozess auch als reiner Wasserstoffspeicher (HyLoop) betrieben werden. In diesem Fall wird keine Reformereinheit benötigt. Der bereits vorhandene (Elektrolyse-) Wasserstoff wird direkt zur Reduktion des Sauerstoffträgermaterials genutzt (Gl. 2 und Gl. 3). Die Reformierungsreaktion entfällt. Die Freisetzungsreaktion mit Heißdampf oxidiert das Metall erneut, produziert reinen Wasserstoff und regeneriert das Metalloxid für den nächsten Beladungsschritt (Gl. 4).

Da die hohen Temperaturen und die zyklischen Reaktionen die Stabilität des Sauerstoffträgermaterials beeinträchtigen, stehen die Optimierung und die Entwicklung neuer Materialien im Mittelpunkt der Forschung im Projekt ACCEPTOR. Reines Eisenoxid versintert bereits nach wenigen Zyklen und verliert dabei massiv an aktiver Oberfläche. Insbesondere der Einsatz von hochschmelzenden keramischen Zusatzstoffen wie Aluminiumoxid trägt maßgeblich zur Stabilität der Kontaktmasse bei [11]. Da diese Materialien jedoch nicht an der energiespeichernden Redoxreaktion teilnehmen, gilt es hier ein optimales Mischungsverhältnis zu finden: zu wenig und es

Abbildung 5: Schema des Reformer-Eisen-Dampf-Prozesses und der chemischen Reaktionen

kommt zur schnellen Versinterung, was die aktive Oberfläche und damit die Effizienz vermindert; zu viel und die Menge an aktivem Eisenoxid ist limitiert, was direkt zu Lasten der Speicherdichte geht.

Die RESC-Technologie hat viele Vorteile gegenüber der konventionellen Wasserstoffspeicherung. Da durch die beschriebenen chemischen Reaktionen kein Wasserstoff gespeichert wird, sondern nur dessen chemische Energie in Form von reaktivem Eisen, treten praktisch keine Selbstentladungsverluste auf. Die Speichermaterialien sind ungiftig und der Speicher selbst wird nicht unter Druck betrieben, was die Risiken weiter minimiert. Der Oxidationsschritt kann jedoch unter erhöhtem Druck erfolgen, um bereits vorkomprimierten Wasserstoff bereitzustellen und so die Kosten für Druckwasserstoff zu senken [12].

Acknowledgement

Das Sondierungsprojekt MILES beschäftigt sich mit der Bewertung von Speichertechnologien und wird vom BMK im Rahmen des Programms Energie.Frei.Raum (FFG) gefördert. Im vom FWF geförderten Forschungsprojekt ACCEPTOR werden neue strukturierte Trägermaterialien als Sauerstoffträger entwickelt. Besonderer Dank gilt den wissenschaftlichen Projektmitarbeitenden DI Michael Lammer, DI Magdalena Pauritsch, DI Claudia

Pröll und DI Fabio Blaschke für ihre Beiträge.

Quellen

[1] Energy Institute, “Statistical Review of World Energy 2023”, 72th edition n.d. https://www.energyinst.org/statistical-review .

[2] Saadi FH, Lewis NS, McFarland EW. Relative costs of transporting electrical and chemical energy. Energy Environ Sci 2018;11:469–75. https://doi. org/10.1039/C7EE01987D.

[3] IEA (International Energy Agency). How rapidly will the global electricity storage market grow by 2026 2023. https://www.iea.org/articles/how-rapidlywill-the-global-electricity-storage-market-grow-by-2026.

[4] Bodner M, Hofer A, Hacker V. H2 generation from alkaline electrolyzer. Wiley Interdiscip Rev Energy Environ 2015;4:365–81. https://doi.org/10.1002/ wene.150.

[5] Kuhnert E, Mayer K, Heidinger M, Rienessel C, Hacker V, Bodner M. Impact of intermittent operation on photovoltaic-PEM electrolyzer systems: A degradation study based on accelerated stress testing. Int J Hydrogen Energy 2024;55:683–95. https://doi. org/10.1016/j.ijhydene.2023.11.249.

[6] Kuhnert E, Hacker V, Bodner M. A Review of Accelerated Stress Tests for Enhancing MEA Durability in PEM Water Electrolysis Cells. Int J Energy Res 2023;2023:1–23. https://doi. org/10.1155/2023/3183108.

[7] Clean Hydrogen JU. SRIA Key Performance Indicators n.d. https://www.

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clean-hydrogen.europa.eu/knowledgemanagement/strategy-map-and-key-performance-indicators/clean-hydrogen-jusria-key-performance-indicators-kpis_en.

[8] Stoppacher B, Bock S, Malli K, Lammer M, Hacker V. The influence of hydrogen sulfide contaminations on hydrogen production in chemical looping processes. Fuel 2022;307:121677. https:// doi.org/10.1016/j.fuel.2021.121677.

[9] Bock S, Zacharias R, Hacker V. High purity hydrogen production with a 10kWth RESC prototype system. Energy Convers Manag 2018;172:418–27. https://doi.org/10.1016/j.enconman.2018.07.020.

[10] Bock S, Stoppacher B, Malli K, Lammer M, Hacker V. Techno-economic analysis of fixed-bed chemical looping for decentralized, fuel-cell-grade hydrogen production coupled with a 3 MWth biogas digester. Energy Convers Manag 2021;250:114801. https://doi. org/10.1016/j.enconman.2021.114801.

[11] Blaschke F, Bele M, Bitschnau B, Hacker V. The effect of microscopic

phenomena on the performance of ironbased oxygen carriers of chemical looping hydrogen production. Appl Catal B Environ 2023;327:122434. https://doi. org/10.1016/j.apcatb.2023.122434.

[12] Zacharias R, Visentin S, Bock S, Hacker V. High-pressure hydrogen production with inherent sequestration of a pure carbon dioxide stream via fixed bed chemical looping. Int J Hydrogen Energy 2019;44:7943–57. https://doi. org/10.1016/j.ijhydene.2019.01.257.

AutorInnen:

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Viktor Hacker leitet als Professor für wasserstoffbasierte Technologien das Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik der TU Graz. Nach dem Studium Maschinenbau Wirtschaftsingenieurwesen und der Promotion an der Fakultät für Elektrotechnik leitete er erfolgreich ein Christian Doppler Labor und habilitierte sich auf dem Gebiet

Univ.-Prof. Dipl.-Ing Dr.techn. Viktor Hacker

Leiter des Instituts für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik, TU Graz

der elektrochemischen Energietechnik. Als Autor von mehr als hundert Fachartikeln zur Wasserstoffforschung wurde er auch mit dem bmvit Staatspreis für Wasserstoffmobilität ausgezeichnet.

Ass.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Merit Bodner, Bsc ist Assistenzprofessorin für Elektrochemische Verfahrenstechnik und leitet am Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik eine gleichnamige Arbeitsgruppe.

Nach den Studien der Chemie und Technischen Chemie und der Promotion in Verfahrenstechnik hatte Merit Bodner führende Positionen in der Privatwirtschaft im Ausland inne, bis sie 2021 an die TU Graz zurückkehrte.

Merit Bodner ist Autorin einer Vielzahl an wissenschaftlichen Veröffentlichungen und erhielt 2022 der Hydrogen Europe „Young Scientist Award –Usages Pillar“.

Ass.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Merit

Bodner, BSc

forscht am Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik, TU Graz

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Wasserkraft als Integrator erneuerbarer Energien in das elektrische Versorgungssystem

Die Korrelation der steigenden globalen Mitteltemperatur und des CO2-Gehaltes in unserer Atmosphäre ist wissenschaftlich unumstritten. Zwar gibt es weitere Treibhausgase mit zum Teil deutlich stärkerer Wirkung als Kohlendioxid, jedoch nimmt CO2 aufgrund der enormen ausgestoßenen Menge eine spezielle und vorrangige Rolle in der Diskussion zur Ursache des „global warming Effektes“ ein. Es ist bereits abzusehen, dass die derzeitige CO2 Konzentration in der Atmosphäre zu einer weiteren signifikanten Erwärmung und zum Verfehlen der Ziele des Pariser Klimaübereinkommens (COP 21) führen wird ([1]). Nachdem die gemessene CO2-Konzentration in der Atmosphäre gemeinsam mit der Verwendung fossiler Energieträger insbesondere in den letzten 150-200 Jahren seit der Industrialisierung rasant ansteigt, ist die Wechselbeziehung von CO2-Konzentration in der Luft und der Verbrennung fossiler Energie naheliegend. Global warming wird daher in der wissenschaftlichen und politischen Community jedenfalls größtenteils als anthropogener Effekt erkannt. Es wird daher von zentraler Bedeutung für die weitere Entwicklung des Weltklimas sein, wie die Transformation des gesamten Energiesystems von fossilen zu erneuerbaren Quellen umgesetzt werden kann. Denn nach wie vor nehmen fossile Energieträger den überwiegenden Anteil an unserer Energieversorgung ein, sowohl in der privaten und industriellen Wärme- und Stromversorgung, als auch im Mobilitätsbereich. Die Dekarbonisierung dieser Segmente wird mit größter Wahrscheinlichkeit zu einem steigenden Bedarf an elektrischem Strom führen, der aus überwiegend erneuerbaren Quellen, insbesondere Photovoltaik (PV) und Windkraft (Wind), erzeugt werden soll. Weil aber vor allem die Erzeugung aus Photovoltaik sehr volatil und nach wie vor nur schwer und ungenau prognostizierbar ist, werden effiziente und kostengünstige Energiespeichersysteme für die Energiewende benötigt. Neben den Technologien der Sektorenkopplung und der Batteriespeicher sind hier vor allem Pumpspeicherkraftwerke bestens geeignet, die sich gegenüber allen anderen derzeit bekannten großtechnischen Energiespeichern durch hervorragende Speicherwirkungsgrade wire-to-wire und ein einzigartiges Kostengefüge auszeichnen. Das Institut für Hydraulische Strömungsmaschinen der Technischen Universität Graz forscht seit Jahrzehnten im Bereich der Pumpspeicheranlagen und insbesondere der Flexibilisierung von Maschinensätzen, um diese für die Anforderungen aufgrund der ständig steigenden Einspeisung in das elektrische Netz aus schnell veränderlichen Quellen zu ertüchtigen.

1. Einleitung – Transformation des Energiesystems

Aktuell stammen ca. 78 % der weltweit benötigten Primärenergie aus den fossilen Energieträgern Kohle, Gas und Erdöl. Deren Anteil an der

Primärenergieaufbringung ist seit ca. 1850 zunächst langsam und seit den 1950er Jahren dramatisch angestiegen (Abbildung 1). Dabei wird die Energie – zumindest in Österreich – gemäß [2] zu knapp 37 % für Mobilität und Verkehr (117 TWh), zu 26 % für

Raumwärme (83 TWh) und zu etwas mehr als 37 % in der Industrie (118 TWh) verbraucht. Aktuell beträgt der Anteil der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen in Österreich rd. 55 TWh (siehe Abbildung 2). Das entspricht einem Anteil von rd. 17,3 %

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Foto: © Kidston Clean Energy Hub, pv-magazine-australia.com

Quelle: Global primary energy consumption by source (ourworldindata.org), 26.2.24

Abbildung 1: Weltweite Primärenergieaufbringung 2022

des Gesamtenergieaufwandes (ca. 1150 PJ) und stammt zum überwiegenden Teil aus Wasserkraft (derzeit ca. 50 TWh).

Um diesen Anteil nennenswert zu steigern, ist ein signifikanter Ausbau der Erzeugung aus Erneuerbaren erforderlich. Das Ausbaupotential der Wasserkraft wird auf Basis der aktuellen umweltpolitischen Rahmenbedingungen mit ca. 10 TWh abgeschätzt. Das Optimierungspotential der bestehenden Kraftwerksanlagen beträgt rd. 1 TWh nach [3].

Es ist also augenscheinlich, dass die Steigerung der Erzeugungsmenge an erneuerbarer elektrischer Energie von rd. 90 % gegenüber dem Wert von 2020 auf rd. 140 TWh durch den Ausbau von Photovoltaik und Windkraft erfolgen wird müssen (siehe Abbildung 2).

Grundsätzlich zeichnen sich beide Erzeugungstechnologien, Photovoltaik und Wind, sowohl durch geringe Grenzkosten als auch durch die begrenzte Vorhersagbarkeit der Produktion aus. Zwar wurden hier insbesondere in der kurzfristigen Prognosesicherheit der Windkraft in den letzten Jahrzehnten deutliche Verbesserungen erzielt. Jedoch ist die Qualität der Vorhersage der Stromerzeugung aus Photovoltaik noch immer sehr gering und zudem können durch lokale Wolkenfelder sehr steile positive und negative Leistungsgradienten von bis zu 100 %

der installierten PV-Leistung innerhalb weniger Sekunden in isolierten, klein strukturierten Netzbereichen entstehen. Die steigende PV-Leistung – in Österreich wird in [2] eine installierte PV-Erzeugungsleistung von ca. 30 GW prognostiziert bis 2040, das entspricht einer Leistungssteigerung von rd. 180 % gegenüber dem derzeitigen Bestand – führt also zu einem deutlich steigenden Bedarf an kurzfristigen Ausgleichsmaßnahmen zur Speicherung elektrischer Energie, um den Bedarf und die Erzeugung elektrischer Energie auszugleichen und das elektrische Netz zu stabilisieren.

Übergeordnete, gesamteuropäische Studien zeigen, dass zudem eine

dramatische Veränderung des aktuellen Stromaufbringungsportfolios zu erwarten ist: demnach wird die Grundlast bis 2050 komplett aus dem Markt verschwinden und durch einen Erzeugungsüberschuss aus Photovoltaik und Windenergie ersetzt. Dies führt zu einem steigenden Bedarf kurzfristiger Speicherkapazität bis zu einem Zeithorizont von Wochen bzw. Monaten sowie zu einem weiteren Anstieg der erforderlichen Speicherleistung, insbesondere bei sogenannten Mittellastanlagen.

2. Speichertechnologien

Zur Stabilisierung der elektrischen Netze stehen grundsätzlich verschiedene Speichertechnologien und auch das verbraucherseitige Lastmanagement zur Verfügung. Vor allem die Technologien zur Energiewandlung bzw. -speicherung entwickeln sich im Augenblick sehr dynamisch, sodass neben den bereits seit einigen Jahrzehnten erprobten Pumpspeicherkraftwerken auch Batteriespeicher sowie die Sektorenkopplung zur Verfügung stehen.

Dabei ist die Sektorenkopplung vor allem in einem Überschussszenario eine vernünftige Variante zur Energiespeicherung. In Zeiten hoher Erzeugung aus PV und Wind kann überschüssiger Strom in Wärme (Power-to-Heat, P2H) oder synthetisches Gas (Power-to-Gas, P2G) bzw. flüssige Energieträger transformiert werden. Dadurch lassen sich theoretisch zwar die Wärmeversor-

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Abbildung 2: Entwicklung Stromerzeugung in Österreich [2]

gung und u.U. auch der Verkehrsbereich dekarbonisieren, diese Vorgänge sind aber aktuell kaum umkehrbar und wenn, dann nur mit sehr geringen Kreislaufwirkungsgraden wireto-wire (also von eingespeichertem zu ausgespeichertem Strom). Es stellt sich also schon die Frage, ob es in der derzeitigen Versorgungssituation wirklich sinnvoll ist Strom als synthetisch erzeugtes Gas im Gasversorgungssystem zwischenzuspeichern. Synthetisch erzeugtes Gas (synthetic natural gas SNG) wird in naher Zukunft wohl zu wertvoll sein und zudem in der Industrie dringender benötigt, um es mit hohen Verlusten wieder zu verstromen oder als Treibstoff für Fahrzeuge einzusetzen. P2H bietet zwar höhere Wandelwirkungsgrade als P2G und ist daher für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung prinzipiell gut geeignet. Doch auch hier ist der Vorgang praktisch irreversibel. Deshalb kann nicht wirklich von einer Speichertechnologie gesprochen werden. Viel mehr ist P2H eine Möglichkeit fossile Energieträger mit überschüssigem Strom aus dem Wärmebereitstellungsportfolio zu verdrängen. Angesichts des hohen derzeit überwiegend fossil bereitgestellten Energiebedarfes für Wärme wird P2H deshalb wohl eine zentrale Technologie zur Dekarbonisierung des Energiesystems sein.

Batteriespeicher vermeiden diese Nachteile, sie lassen sich mit hohen Speicherwirkungsgraden realisieren und sind vollständig reversibel. Zudem haben Batteriespeicher extrem kurze Reaktionszeiten und sind so eine ideale Ergänzung zu Pumpspeichern bei sehr steilen Residuallastgradienten im elektrischen Netz. Allerdings sind Batteriespeicher noch deutlich teurer sowohl hinsichtlich der spezifischen Leistungs- als auch der spezifischen Speicherkapazitätskosten, was u.a. auch an der vergleichsweise kurzen Nutzungsdauer liegt. Und auch die Energiedichte ist gem. [5] deutlich geringer im Vergleich mit Pumpspeichern, sodass für den gleichen Energieinhalt deutlich größere Flächen für die Errichtung in Anspruch genommen werden müssten.

Nach wie vor ist die Wasserkraft daher die ressourcenschonendste erneuerbare Energieform mit der

höchsten Amortisationsrate und die einzige großtechnisch erprobte Möglichkeit zur Speicherung großer Energiemengen. Die Technologie befindet sich in ihrer Reifephase und hat sich als langfristig rentabel erwiesen ([6]). Sie ist vollständig in den Strommärkten integriert und es sind höchste Wandelwirkungsgrade in den Maschinen von deutlich über 90 % Stand der Technik, sodass Wälz- bzw. Speicherwirkungsgrade wire-to-wire von deutlich über 80 % quasi mühelos erreichbar sind.

Gegenüber allen anderen Speichertechnologien zur Dekarbonisierung des Energiesystems weist die Wasserkraft äußerst geringe Kapitalkosten bei gleichzeitig geringsten Wandlungsverlusten auf (siehe Abbildung

3). Zur Integration der volatilen erneuerbaren Erzeugung sind jedoch spezielle Anlagen- und Maschinenkonfigurationen erforderlich, die sowohl einen dynamisch veränderlichen Betrieb als auch den Dauerbetrieb der Maschinen abseits des Optimums bis hin zur extrem tiefen Teillast erlauben.

3. Forschungsschwerpunkte des Institutes

Die Analyse und Optimierung von Wasserkraftwerksanlagen – bestehend aus Maschinen, Absperrorganen und Rohrleitungen sowie den dazugehörigen Komponenten – sind wesentliche Arbeitsschwerpunkte des

Institutes. Obwohl die Kosten für Maschinen üblicherweise nur einen geringen Teil der Gesamtinvestition einer Kraftwerksanlage darstellen, ist die richtige Maschinenwahl dennoch entscheidend für den Betrieb der Anlage und die damit erzielbare Jahresarbeit. Insbesondere bei stark veränderlicher Belastung und einer erhöhten Betriebsdauer abseits des Bestpunktes, die aufgrund der aktuellen energiewirtschaftlichen Entwicklungen zunehmend an Bedeutung gewinnen, sind geeignete Maschinenkonzepte für dynamische Laständerungen und dauerhaften Betrieb abseits des Optimums erforderlich. Neben dem Wirkungsgrad sind noch weitere Betriebsparameter, wie die Laufruhe und das Schwingungsverhalten, die Kavitation und nicht zuletzt der betriebliche Wartungsaufwand für die Optimierung der Gesamtwirtschaftlichkeit einer Anlage zu beachten. Diese Themen stehen aktuell im Zentrum der Forschungstätigkeiten des Institutes für Hydraulische Strömungsmaschinen.

Dafür stehen numerische Simulationen und physikalische Prüfstandversuche an maßstäblich verkleinerten Maschinenmodellen zur Verfügung. Die numerische Simulation hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem zentralen Element in der strömungstechnischen Analyse und Forschung entwickelt, erlaubt sie doch einen detaillierten Blick in die Strömungsvorgänge von Maschinen und Ab -

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Abbildung 3: Transformationswirkungsgrade Speichertechnologien ([6])

sperrorganen. Mit ihr als Hilfsmittel können Bereiche von Maschinen für die strömungstechnische Analyse zugänglich gemacht werden, die in hydraulischen Modellversuchen bisher verborgen geblieben sind.

Auch sehr komplexe mehrphasige Vorgänge, wie Kavitation oder die Strahlausbildung, die Strömungsberechnung in Laufrädern von Peltonturbinen oder die Fluid-Struktur-Interaktion lassen sich in der heutigen Zeit mit leistungsstarken Computern sehr realitätsnah und entsprechend exakt nachbilden. Numerische Strömungssimulationen – sowohl ein- als auch dreidimensionale – ermöglichen in stationärer und transienter Betrachtungsweise eine effiziente, zielgerichtete Analyse und Optimierung von hydraulischen Maschinen und kompletten Systemen.

Durch den Quervergleich zwischen experimentellen und den mit Hilfe unserer numerischen Werkzeuge berechneten Ergebnissen ist eine Evaluierung der Qualität der numerischen Berechnungswerkzeuge möglich. Das Institut für Hydraulische Strömungsmaschinen der Technischen Universität Graz verfügt über einen leistungsfähigen, IEC-konformen 4-Quadranten-Modellprüfstand zur wissenschaftlichen Wirkungsgradmessung von Turbinen

und Pumpen. An diversen Kleinprüfständen, die jeweils nach Bedarf an die gegebenen Anforderungen angepasst werden können, werden Detailprobleme labortechnisch untersucht.

Im Rahmen der realisierten Modell-

versuche testen wir neueste Fertigungstechnologien im Wasserkrafteinsatz. Es kommen sowohl 3D-gedruckte als auch lasergesinterte Laufräder sowie Spiralen und Verteilrohrleitungen aus Verbundwerkstoffen zum Einsatz, die ihre Tauglichkeit absolut bewiesen haben.

Literatur:

[1] Steurer R.: Bestandsaufnahme zur Klimakrise: Mit Scheinklimaschutz in die Katastrophe – oder kapieren wir es doch noch? Gastvortag in der Bibliothek der TU Graz, 18.10.23

[2] Österreichs Weg in eine klimaneutrale Energiezukunft. Österreichs Energie, September 2022.

[3] Wasserkraftpotenzialstudie Österreich, Pöyry, Österreichs Energie, August 2018.

[4] Energiewirtschaftliche Bewertung von Pumpspeicherwerken und anderen Speichern im zukünftigen Stromversorgungssystem. Endbericht. Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik, Kassel, Februar 2010.

[5] Richter W. et al.: Economic and Sustainable Energy Transition Enabled by Pumped-Storage Hydropower Plants, Hydro 2020, France.

[6] Wasserkraft für ein nachhaltiges Europa. Österreichs E-Wirtschaft. Eurelectric Factsheet Februar 2013.

Autor:

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Peter Meusburger hat an der Technischen Universität in Graz Maschinenbau, Wahlfachkatalog Energietechnik studiert. Nach dem Diplomstudium war er dort zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Ausbildung und später als Universitätsassistent am Institut für Hydraulische Strömungsmaschinen tätig, wo er im Juni 2009 auch sein Doktoratsstudium abschloss. Seit 1. Dezember 2020 leitet er den Lehrstuhl für Hydraulische Strömungsmaschinen an der TU Graz.

Ab 2008 arbeitete Dr. Meusburger als Projektingenieur in der Abteilung Maschinenbau, Engineering Services der Vorarlberger Illwerke AG, der er ab 2012 als Abteilungsleiter vorstand. Seine Arbeitsschwerpunkte waren die 3D numerische Simulation von Maschinen und Anlagen sowie die 1D transiente numerische Berechnung komplexer hydraulischer Systeme. Zwischen 2008 und 2017 wurde unter seiner verantwortlichen Leitung eine Vielzahl von Wasserkraftprojekten geplant und ausgeführt. Diese Projekte umfassten sowohl Überholungs- und Instandsetzungsarbeiten als auch die Planung und Errichtung komplett neuer Pumpspeicherkraftwerke.

Dr. Meusburger ist geprüfter Ingenieurkonsulent für Maschinenbau und allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Pumpen, Turbinen und industrielle Rohrleitungssysteme.

Univ.-Prof.

Peter Meusburger Leiter des Institutes und Professor für Hydraulische Strömungsmaschinen, TU Graz

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Francis Turbine Teillastwirbel
Dipl.-Ing. Dr.techn.

Udo Bachhiesl

18. Symposium Energieinnovation an der TU Graz

„EUROPAS ENERGIEZUKUNFT – Sicher, sauber, leistbar!?“

Das 18. Symposium Energieinnovation fand vom 14. bis 16. Februar 2024 an der Technischen Universität Graz statt.

Veranstalter war das Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation (IEE) der TU Graz gemeinsam mit den Mitveranstaltenden Österreichischer Verband für Elektrotechnik (OVE), Oesterreichs Energie und dem Österreichischen Nationalkomitee des Weltenergierates (WEC-Austria). Das Symposium stand unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie des Landes Steiermark und der Stadt Graz.

Thema und Ziel des Symposiums

Die energiewirtschaftliche Welt befindet sich im rasanten Wandel und vor allem Europa steht diesbezüglich vor enormen Herausforderungen. Im August 2023 wurden die Verhandlungen der BRICS-Staaten u.a. zur Einführung einer neuen goldbasierten Währung intensiviert und über 40 weitere Staaten der Welt haben ihr Interesse an einer Mitwirkung geäußert. Es ist aktuell noch schwer abzuschätzen, wie sich dieser Prozess weiterentwickeln wird und vor allem welche Konsequenzen sich daraus für die weltweiten Energie- und Rohstoffmärkte und somit für Europa ergeben werden. Im September 2023 wurde auf Einladung der United Nations in New York zur aktuellen Entwicklung der Sustainable Development Goals (SDG) beraten. Im Hinblick auf die

Reduktion der Treibhausgasemissionen zeigte sich einmal mehr die Schwierigkeit, weltweit möglichst gerechte und verbindliche Zielsetzungen und Maßnahmen insbesondere mit den größten Emittentenländern der Welt zu vereinbaren und umzusetzen. Für Europa steht aktuell der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine im Vordergrund, wobei sich die Situation für die europäische Energieversorgung durch die Sprengung einer der zentralsten europäischen Erdgasinfrastruktur (Nord Stream 1&2) im September 2022 verschärft hat. Als Konsequenz ergab sich u.a. im letzten Winter eine für Europa seit langem nicht mehr dagewesene sehr unsichere Situation im Hinblick auf die Erdgas- und Stromversorgung. Diese Entwicklungen haben darüber hinaus zu massiven Preissteigerungen im gesamten Energiebereich geführt,

welche die europäische Bevölkerung und Volkswirtschaften bis heute enorm belasten und die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas gefährden. Europa und die europäische Energiewirtschaft hat es über viele Jahrzehnte gut gemeistert die (sich oftmals diametral gegenüberstehenden) klassischen energiewirtschaftlichen Zielsetzungen einer sicheren, leistbaren und sauberen Energieversorgung für Gesellschaft und Wirtschaft zu erreichen. Vor dem Hintergrund der skizzierten globalen Entwicklungen stellt sich allerdings die zentrale Frage, wie sich die europäische Energiewirtschaft weiterentwickeln sollte? Obwohl Europa seit jeher über geringe Energie- und Rohstoffreserven verfügt, ist die Frage der Energieversorgungssicherheit aktueller denn je und beschäftigt die Menschen als auch Wirtschaft gleichermaßen. Neben

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Alle Fotos: © IEE/TU Graz

technischen Aspekten einer sicheren Energieversorgung rückt aber auch die Frage der Leistbarkeit der Energie stärker in den Vordergrund und erste Effekte der aktuell und künftig auch zu erwartenden hohen Energiepreise machen sich intensiv bemerkbar. Aus Sicht des Umweltschutzes stellt sich die Frage, ob und wie die aktuellen Zielsetzungen zu erreichen sind, aber auch wie die in Europa für die Errichtung der erforderlichen Energieinfrastrukturen umweltrelevanten und sozialen Fragen adressiert werden können. Europa muss sich diesen Fragen proaktiv widmen und offen sowie faktenbasiert Lösungsansätze erarbeiten. Von entscheidender Bedeutung ist aber auch, dass zur Realisierung der dazu auf allen Ebenen notwendigen Innovationen auch genügend (junge) Menschen entsprechend qualifiziert und ausgebildet werden.

Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft, NGOs, Verbände sowie Politik und Verwaltung sind daher aufgefordert, entsprechende Beiträge im Sinne einer gedeihlichen Entwicklung der europäischen Energiewirtschaft und Gesellschaft zu leisten und diese wurden im Rahmen des Symposiums präsentiert und intensiv diskutiert.

250 Vortäge und 707 Teilnehmende

Das aus 58 ausgewiesenen Fachexpertinnen und Fachexperten bestehende internationale Reviewing-Komitee hat aus der Vielzahl an eingereichten

Beiträgen insgesamt 250 Beiträge selektiert und für eine Aufnahme in das Programm empfohlen. Etwa 80 % der Beiträge kamen direkt aus dem Bereich Wissenschaft und Forschung (Universitäten, Fachhochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen) und ca. 20 % aus der Energie- und Elektrizitätswirtschaft sowie von Behörden und der Verwaltung. Knapp die Hälfte der Vorträge waren nicht-österreichische Beiträge, was die Bedeutung des Symposiums im DACH-Raum und die entsprechende Reichweite unterstreicht. Neben den Teilnehmenden aus dem Wissenschaftsbereich, besuchten sehr viele Teilnehmende aus dem Bereich Elektrizitätswirtschaft und Industrie das Symposium. Der wissenschaftliche Charakter des Symposiums wurde einerseits durch die hohe Zahl an Beiträgen sowie Teilnehmenden aus dem Bereich Wissenschaft, Forschung unterstrichen, andererseits aber auch durch die große Anzahl der vertretenen unterschiedlichen Universitäten sowie Forschungseinrichtungen und -institutionen aus dem In- und Ausland belegt.

Eröffnung und inhaltliche Ausgestaltung

Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch den Sympoisumsleiter Udo Bachhiesl und einer Videobotschaft von Ministerin Leonore Gewessler wurde das Symposium durch den Rektor der TU Graz Horst Bischof eröffnet. Rektor Bischof

hat in seinen Grußworten insbesondere auf die aktuelle Bedeutung des Themas des Symposiums und auf die bedeutende Rolle der Forschung und der Energieinnovation zur Lösung der kommenden energiewirtschaftlichen Herausforderungen hingewiesen und den Teilnehmenden ein interessantes Symposium gewünscht.

Im hochkarätig besetzten und vom Rektor der TU Graz geleiteten Eröffnungs-Plenum präsentierte Christian Holzleitner von der Europäischen Kommission aktuelle Entwicklungen im Energie- und Klimabereich und berichtete über aktuell angedachte Maßnahmen insbesondere in Bezug auf die Erreichung der Klimaneutralität in Europa. Der Präsident von OesterreichsEnergie Michael Strugl ging in seinem Plenarvortrag insbesondere aus der Sicht der österreichischen Energie- und Elektrizitätswirtschaft auf die Herausforderungen zur Umsetzung der Energiewende ein und unterstrich dabei insbesondere den erforderlichen beschleunigten Ausbau der Netzinfrastrukturen auf allen Ebenen als Basis der Energiewende und thematisierte auch Fragen der Genehmigung und Akzeptanz bei der Realisierung der künftig zu errichtenden Energieinfrastrukturen. Die Institutsleiterin des IEE Sonja Wogrin unterstrich in ihrem Vortag vor allem die Rolle der Forschung und Wissenschaft bei der Bewältigung der noch bestehenden Hemmnisse zur Energiewende und untermauerte dabei anschaulich die Bedeutung der Modellierung und Simulation von En-

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Eröffnung des Symposiums durch Rektor Bischof und hochkarätig besetztes Eröffnungs-Plenum (vrnl: Christian Holzleitner, Michael Strugl, Sonja Wogrin) Die Kaffeepausen im Foyer des Energiezentrum Graz wurden zur Stärkung aber auch zum intensiven Gedankenaustausch und Networking genutzt.

ergiesystemen anhand anschaulicher konkreter Anwendungsbeispiele.

Sieben thematische Streams mit 48 Fach-Sessionen

Die einzelnen Fachbeiträge waren in insgesamt sieben thematische Streams gegliedert, und innerhalb der Streams in entsprechenden Sessionen zusammengefasst. Besonders interessante Beiträge wurden in insgesamt fünf Plenar-Sessionen einem größeren Zuhörerkreis präsentiert.

Stream A stand im Zeichen der „Energiesysteme im (Klima-)Wandel“ und befasste sich schwerpunktmäßig mit den Themen Wetter-Einflüsse und Aspekte der Dekarbonisierung des Energiesystems sowie Energiesystemsimulation, -planung, -optimierung und -prognosen und der Entwicklung des Strommarktes und der Strompreise.

Sichere Elektrizitätssysteme sowie regulatorische Aspekte wurden in Stream B behandelt. Es wurden dabei Aspekte der Regulierung und Tarifierung, Resource Adequacy, Reserve- und Ausgleichsenergie, Engpassmanagement aber auch Kabel- und DC-Systeme intensiv diskutiert.

Ein weiteres zentrales Element für die Energiewende bilden die Verteilernetze, welche intensiv im Stream C behandelt wurden. Neben allgemeinen Querschnittsthemen wurde insbesondere auf die Ausbauplanung sowie Regelungs-, Schutz- und operative Aspekte sowie auf die Themen Schwarzstart und Inselnetze eingegangen.

In Stream D wurden intensiv erneuerbare Energien und das Thema Wasserstoff behandelt. Einen Schwerpunkt bildete dabei das Thema Photovoltaik und im Bereich Wasserstoff waren insbesondere die Themen Elektrolyseure, systemische aber auch ökonomische Aspekte von Relevanz.

KIassische Energiekonsumenten der Vergangenheit entwickeln sich zunehmend zu Prosumer der Zukunft, welche sich vermehrt in Energiegemeinschaften organisieren. Dieser sehr aktuelle Themenbereich wurde im Rahmen von zwei Sessionen behandelt. Neben Speicherfragen ist insbesondere das Thema der Flexibilisierung von zentraler Bedeutung für das Gelingen der Energiewende. Auch dieses Themengebiet wurde im Stream E aus dezentraler, industrieller aber auch systemischer Sicht intensiv beleuchtet.

Neben dem Bereich der elektrischen Energie spielt auch der Wärmebereich eine zentrale Rolle und wurde im Stream F „(Fern-)Wärmeversorgung und Energieeffizienz“ thematisiert. Hierbei wurde auf regionale bzw. lokale Wärmeversorgungen, Fern- und Abwärmebereitstellung, Energieversorgung von Quartieren sowie Wärmepumpen und Wärme und Kälte in Gebäuden eingegangen.

Stream G behandelte die Themen „Energiespeicherung und Mobilitätszukunft“. Es wurde dabei sowohl auf allgemeine systemische Aspekte als auch auf Batteriesysteme im Speziellen eingegangen. Im Bereich der Zukunftsmobilität

wird einerseits die Elektromobilität inklusive der entsprechenden Ladeinfrastruktur eine wesentliche Rolle spielen aber andererseits auch andere alternative Mobilitätskonzepte und auch der ÖPNV, welche intensiv in diesem Stream diskutiert wurden.

Das umfassende Rahmenprogramm

Im Rahmen des Symposiums wurde auch zu zwei Abendveranstaltungen geladen. Auf Einladung des Landeshauptmannes der Steiermark begrüßte Frau Landesrätin Simone Schmiedtbauer die Teilnehmenden in den festlichen Räumlichkeiten der „Aula der Alten Universität Graz“ mit inspirierenden und weitblickenden Grußworten.

Den Höhepunkt des Symposiums bildete die von der Stadt Graz unterstützte zweite Abendveranstaltung in der Nikola-Tesla-Hochspannungshalle der TU Graz. In der stilvoll ausgeleuchteten Hochspannungshalle wurde den Teilnehmenden ein umfangreiches Abendprogramm geboten. Nach der Begrüßung der Teilnehmenden durch den Hausherren Uwe Schichler, erzählte er den begeisterten Anwesenden über die Geschichte von Nikola Tesla an der TU Graz und die Entwicklung sowie die Ausstattung der Hochspannungshalle. Den wissenschaftlichen Höhepunkt stellte die Verleihung der vom Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) gestifteten Nachwuchsförderpreise an insgesamt zehn ausgezeichnete Nachwuchsforschende dar, welche von Frau Andrea Höglinger (Vize -

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Abendveranstaltung auf Einladung des Landes Steiermark und Begrüßung durch Landesrätin Simone Schmiedtbauer Wissenschaftlicher und kultureller Höhepunkt in der NikolaTesla-Hochspannungshalle der TU Graz mit der Verleihung der vom BMK gesponserten Nachwuchsförderpreise

rektorin für Forschung der TU Graz) sowie Herrn Hannes Bauer (Ministerialrat im BMK) vorgenommen wurde. Im anschließenden Abendvortrag unterstrich Heinz Kurz (Schumpeter Centre Graz) die Bedeutung von Innovationen für Energie und Umwelt.

Abschluss Runder Tisch

Das Abschlußplenum zum 18. Symposium Energieinnovation wurde als Runder Tisch zum Thema „Europas Energiezukunft: Ready, Set, Go!“ abgehalten. Die Teilnehmenden am runden Tisch waren Martin Graf (Energie Steiermark AG), Alfons Haber (E-Control), Judith Neyer (BMK), Berhard Painz

(AGGM), Karlheinz Rink (IV Steiermark) und die Moderation wurde von Sonja Wogrin und Viktor Hacker durchgeführt. Es wurden dabei in mehreren Fragerunden beispielsweise Themen wie Flaschenhälse für die Energiewende, die künftige Rolle und Kosten von Energiespeicher und Wasserstoff inkl. Elektrolyseuren aus Sicht der unterschiedlichen Akteure im Energiemarkt diskutiert und auch auf Fragen der Teilnehmerschaft eingegangen. Den Schlusspunkt bildete ein Ausblick der Diskutierenden auf die nächsten konkreten erforderlichen Schritte in den jeweiligen Bereichen.

Unterstützt wurde das Symposium durch Austrian Power Grid AG, Energie Steiermark AG, KNG-Kärnten Netz Gmbh, EnergieAG Oberösterreich, Andritz Hydro GmbH, EVN AG und der Holding Graz als Mobilitätspartnerin. Eine umfassende Nachbereitung des Symposiums inklusive Downloadmöglichkeit aller verfügbaren Unterlagen (Kurzfassungen, Langfassungen, Präsentati-

onen) sowie zahlreicher Fotos bzw. Videos ist auf der Tagungs-Homepage unter www.EnInnov.TUGraz. at kostenfrei zu finden. Das nächste - dann nunmehr 19. Symposium Energieinnovation - wird Mitte Februar 2026 wieder an der TU Graz stattfinden.

Autor:

Assoz.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Udo Bachhiesl absolvierte das Studium Wirtschaftsingenieurwesen-Maschinenbau im Fachgebiet Energie- und Umwelttechnik an der TU Graz. Er wirkte am Aufbau des damals neu gegründeten Institutes für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation während der Erarbeitung seiner Dissertation im Fachgebiet Energieinnovation in Forschung und Lehre intensiv mit.

Nach externen Erfahrungen im Energiebereich des Landes Steiermark kehrte Dr. Bachhiesl an die TU Graz zurück und habilitierte sich im Fachgebiet Energiewirtschaft mit Forschungsaufenthalten in der Schweiz und Frankreich. Parallel dazu wurde das zweijährlich an der TU Graz stattfindende Symposium Energieinnovation stetig weiterentwickelt, welches sich nunmehr zu einem der größten universitären Energiesymposien im DACH-Raum entwickelt hat. Seine Forschungsinteressen umfassen schwerpunktmäßig die Fachbereiche Energiewirtschaft, Energieinnovation und erneuerbare Energien.

Assoz.Prof. Dipl.Ing. Dr.techn. Udo Bachhiesl

Stellvertretender Institutsleiter am Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation, TU Graz

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Schlussplenum (sitzend v.l.n.r.): Karlheinz Rink (IV Steiermark), Berhard Painz (AGGM), Alfons Haber (E-Control), Martin Graf (Energie Steiermark AG), Judith Neyer (BMK); Moderation: Sonja Wogrin und Viktor Hacker (beide TU Graz)

Johannes Dirnberger-Wild Internationalisierung eines Hidden Champions

Unter diesem Motto war Dr. Friedrich Santner, CEO von Anton Paar, am 28.02.2024 zu Gast im Audimax der FH JOANNEUM in Kapfenberg.

Mit über 85 Vorträgen und 8.500 Teilnehmer:innen in 25 Jahren hat sich die öffentliche Vortragsreihe „Unternehmensführung in der Praxis“ des Instituts Industrial Management fest im steirischen Bildungsprogramm etabliert. Nach Vorträgen zu den Themen „Nachhaltigkeit“ von Top-Managerin Sabine Herlitschka (CEO Infineon Austria) und „Digitalisierung“ von voestalpine High Performance Metals CDO Michael Eder im Vorjahr geht die Vortragsreihe mit hochkarätigen Vorträgen in die nächste Runde.

"Viskosimetrie", "Polarimetrie und Refraktometrie", "FTIR- und Raman-Spektroskopie" und viele mehr – Spezialbegriffe für messtechnischen Verfahren, mit denen Anton Paar ein unglaubliches Wachstum geschafft hat, sind nur Expert:innen und Wirtschaftsingenieur:innen ein Begriff. Zur öffentlichen Bekanntheit des Hidden Champions Anton Paar tragen eher deren Anwendungen bei: beispielsweise Brauereien und Getränkehersteller benötigen diese hochspezialisierten Messverfahren und -geräte für ihre Qualität in der Produktion. Besonders staunten die über 100 Besucher:innen, als Santner von

einer Anton-Paar-Fußballsimulationsanlage beim FC Bayern München oder der Analyse von Kosmetika wie Zahnpasta erzählte.

Im Herzen sei Anton Paar immer noch ein Handwerksbetrieb, wie zu seinen Anfängen vor über 100 Jahren, betonte Santner. Wie konnte sich das Unternehmen zum global agierenden Weltmarktführer mit einem Umsatz von 621 Millionen Euro entwickeln?

„Wenn man nicht Weltmarktführer ist, gibt es jemanden, der die Kundenbedürfnisse besser erfüllt als wir“, so Santner im O-Ton. Für alle Produktlinien, in denen man noch nicht Weltmarktführer sei, gelte daher die Devise "Streben nach Perfektion". Von 100 ausgelieferten Geräten müssen 100 funktionieren, 100 % Qualität ist der Anspruch. Und dieser brachte Anton Paar von einem 80-PersonenBetrieb im Jahr 1986, als Friedrich Santner als ausgebildeter Pädagoge und Psychologe in das Unternehmen eintrat, zu einem weltweit agierenden Unternehmen mit über 4.400 Mitarbeiter:innen.

Ein weiterer Erfolgsfaktor: der Aufbau direkter Vertriebsstrukturen und vertrauensvolle lokale CEOs. Und Friedrich Santner ist seit seinem

Beginnen im Unternehmen für Vertrieb zuständig. Seine Antwort auf die Frage, wie er seine CEOs in den Vertriebsregionen, beispielsweise Vietnam oder Peru, um die zwei neuesten zu nennen, kontrolliere: „Wenn man einen CEO in einem anderen Land hat, den man kontrollieren muss, dann hat man den falschen CEO“.

Auch andere interessante Aspekte der Internationalisierung von Anton Paar, gespickt mit zahlreichen Anekdoten und Management-Erfahrungen, teilte Santner mit dem Auditorium. Seine Einschätzung des asiatischen Marktes, der für Anton Paar bald zum Hauptmarkt werden und laut Santner Europa in puncto Geschwindigkeit und Erfolgshunger überholen wird, führte zu einer angeregten Frage-Antwort-Diskussion mit dem Publikum. Beim anschließenden Networking waren sich die Teilnehmer:innen über den wertvollen Input und die gelungene Veranstaltung einig. Übrigens viele Teilnehmer:innen waren Studierende des Wirtschaftsingenieurwesens, denen er mit auf den Weg gab: „Großartige Ausbildung, sehr gutes Fundament für die berufliche Karriere. Sie sind am richtigen Weg!“

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Foto: © Abigail Garcia; Anton Paar überreicht dem Institut Industrial Management ein Dichtemessgerät sowie ein Refraktometer aus dem Consumer-Segment für die Alkoholermittlung in der Bierbrau-Übung der Lehrveranstaltung „Verfahrenstechnik“. V. l. n. r.: Dr. Martin Tschandl (Institutsleiter Industrial Management), DI Stefan Wallner (Forscher im Smart Production Lab Kapfenberg), Dr. Christine Körner (General Manager bei Anton Paar ConsumerTec GmbH), Dr. Friedrich Santner (CEO Anton Paar)

WINGnet Graz-Exkursion ins GDK Mellach

Am 23.10.2023 durfte eine Delegation des WINGnet Graz das größte thermische Kraftwerk Österreichs besuchen.

Nacheiner freundlichen Begrüßung ging es auch direkt los. Eine Präsentation über die Geschichte des Kraftwerksstandorts und den Betrieb des Kraftwerks konnte bereits einige Fragen klären. Erwähnt wurde auch der innovative neue Roboter „Zerberus“, der mit modernster Messtechnik ausgestattet ist und damit Rundgänge durch die Anlage und das Werksgelände absolviert. Damit soll das Personal entlastet werden und auch notwendig werdende Reparaturen frühzeitig erkannt werden.

Bei der anschließenden Führung durch die Anlage konnten wir Zerberus direkt zu Beginn auch Live miterleben. Problemlos kann er sich im kompakten Design der Anlage auf den Lichtgitterstiegen und Pfaden bewegen.

Nun ging es auf 30m Höhe. Von dort werden die Ausmaße des Standpunktes klar. Vorbei an den Trommelabscheidern im Dampfkraftteil des Kraftwerkes, durch ein brandgeschütztes Stiegenhaus bis zum Generator. Dort konnten wir auch die über

30 Meter lange Welle begutachten. Direkt dahinter die Gasturbine. Hier wurde uns die Wichtigkeit der Luftfilterung bei solchen Anlagen nähergebracht. Feinstaubtechnisch ist das Abgas sauberer als die angesaugte Luft.

Nach der Tour konnten noch letzte Fragen in gemütlicher Runde bei Brötchen und Kaltgetränken diskutiert werden.

Abschließend möchte ich mich bei allen Beteiligten der Verbund AG für die interessanten Einblicke in das Kraftwerk Mellach bedanken.

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Alle Fotos: © WINGnet Graz Zerberus WINGnet Graz

ERC Starting Grant: ein renommierter Forschungspreis für die Energiesysteme von morgen

Sonja Wogrin hat einen der begehrten ERC Starting Grants erworben. Mit ihrem Projekt möchte sie die Modellierung von Elektrizitätssystemen so gestalten, dass eine treffsicherere und effizientere Planung möglich ist.

2023 war ein besonders erfolgreiches Jahr für Sonja Wogrin: Mit ihrem auf fünf Jahre ausgelegten Projekt „Optimization and data aggregation for net-zero power systems“ gelang es ihr, einen der begehrten mit rund 1,5 Mio. Euro dotierten Starting Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) einzuwerben.

Der Grund hierfür ist wenig überraschend, immerhin will Wogrin eine der größten Herausforderungen der europäischen Elektrizitätssysteme bewältigen. Diese sollen in den kommenden Jahren aus- bzw. umgebaut werden, damit sie zugleich stabil und klimaneutral sind. Für die Entscheidungsfindung werden komplexe Optimierungsmodelle eingesetzt. Besagte Modelle sind allerdings derart umfangreich, dass sie selbst Supercomputer an ihre Leistungsgrenze bringen.

Aus diesem Grund wird ein großer Teil der Eingangsdaten aggregiert, also zusammengefasst, wodurch die Modelle zwar numerisch lösbar, aber gleichzeitig ungenauer sind. Dazu kommt, dass der Fokus in den vorwiegend angewendeten Aggregationsmethoden ausschließlich auf den Da-

ten liegt, während die Besonderheiten der einzelnen Optimierungsmodelle oft unbeachtet bleiben. Die Nichtbeachtung dieses Potentials führt nicht zuletzt dazu, dass der Umbau der Energiesysteme deutlich teurer ausfallen könnte als notwendig, da aufgrund der ungenauen Datenlage suboptimale Investitionsentscheidungen getroffen werden.

An diesem Punkt setzt Sonja Wogrin an: Sie möchte zum einen die Datenaggregation an sich verbessern und zum anderen Methoden entwickeln, mit denen Forschende bei gleicher Rechenleistung Modelle mit höherer Aussagekraft erstellen können. Wogrin zufolge wurde die Größe des Stromerzeugungsmarktes im Jahr 2022 auf 1,8 Billionen US-Dollar geschätzt. Demnach haben selbst Entscheidungen aufgrund einer besseren Datenlage im einstelligen Prozentbereich gewaltige Auswirkungen.

Zudem möchte Sonja Wogrin in ihrem Projekt die Zeiträume der Auslastungssituationen differenzierter analysieren. Liegt der Fokus auf einzelnen repräsentativen Zeiträumen, kann es passieren, dass Phasen, in denen es zu einer Unterversorgung

kommt, in den Daten nicht aufscheinen. Dies erschwert wiederum eine zuverlässige Planung. Stattdessen will Sonja Wogrin Phasen mit ähnlicher Versorgungslage zusammenfassen.

Die entwickelten Modelle und Methoden sollen letztendlich Wissenschafter*innen auf der ganzen Welt zur Verfügung gestellt werden – eine sinnvolle Entscheidung, denn Datenaggregation ist in vielen Forschungsbereichen relevant. Sonja Wogrin und ihr hochmotiviertes Team sind also auf dem besten Weg, einen entscheidenden Grundstein für eine nachhaltige funktionierende Energieversorgung zu legen.

Zur Person:

Sonja Wogrin leitet seit 2021 das Institut für Elektrizitätswirtschaft und Energieinnovation und seit 2023 das fakultätsübergreifende Research Center ENERGETIC der TU Graz. Zu ihren zentralen Forschungszielen gehören Optimierungsmodelle für komplexe Systeme, Energy Analytics und die Dekarbonisierung von Energiesystemen.

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Foto: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Sonja Wogrin, MSc; © Lunghammer, TU Graz

WING to your success

…wir sind für Sie garantiert von Nutzen … Gerade in Zeiten wie diesen stellen ein reizvoller Workshop, das Verteilen von lukrativen Flyern oder eine interessante Firmenpräsentation effiziente und kostengünstige Möglichkeiten zur Werbung für Unternehmen in Fachkreisen dar. Hervorzuheben ist der Zugang zur Technischen Universität als Innovations- und Forschungsstandort der besonderen Art, denn im Zuge von Bachelor- und/oder Masterarbeiten können Sie Studenten in Ideen für Ihre Firma miteinbeziehen und mit ihnen innovative Lösungen ausarbeiten. Nicht zuletzt wird auf diesem Weg auch für die Zukunft vorgesorgt.

Denn schließlich sind es die heutigen Studenten der Technischen Universität, die morgen als Ihre Kunden, Händler oder Lieferanten fungieren. Mit WINGnet-Werbemöglichkeiten kann man diese nun schon vor dem Eintritt in das Berufsleben von sich und seiner Firma überzeugen und somit eine gute Basis für eine langfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit schaffen. WINGnet Wien veranstaltet mit Ihrer Unterstützung Firmenpräsentationen, Workshops, Exkursionen sowie individuelle Events passend zu Ihrem Unternehmen. WINGnet Wien bieten den Studierenden die Möglichkeit- zur Orientierung, zum Kennenlernen interessanter Unternehmen und Arbeitsplätze sowie zur Verbesserung und Erweiterungdes universitären Ausbildungsweges. Organisiert für Studenten von Studenten.Darüber hinaus bietet WINGnet Wien als aktives Mitglied von ESTIEM (European Students of Industrial Engineering and Ma-

nagement) internationale Veranstaltungen und Netzwerke. In 24 verschiedenen Ländern arbeiten 66 Hochschulgruppen bei verschiedenen Aktivitäten zusammen und treten so sowohl untereinander als auch zu Unternehmen in intensiven Kontakt. Um unser Ziel - die Förderung von Studenten - zu erreichen, benötigen wir Semester für Semester engagierte Unternehmen, die uns auf verschiedene Arten unterstützen und denen wir im Gegenzug eine Möglichkeit der Firmenpräsenz bieten. Die Events können sowohl in den Räumlichkeiten der TU Wien als auch an dem von Ihnen gewünschten Veranstaltungsort stattfinden. Weiters können Sie die Zielgruppe individuell bestimmen. Sowohl alle Studienrichtungen als auch z.B. eine Festlegung auf Wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen ist möglich. Außerdem besteht die Möglichkeit eine Vorauswahl der Teilnehmer, mittels Ihnen vorab zugesandten Lebensläufen, zu treffen.

Auf unserer Webseite http://www.wing-online.at/de/ wingnet-wien/ finden Sie eine Auswahl an vorangegangenen Events sowie detaillierte Informationen zu unserem Leistungsumfang

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42 WINGbusiness 1/2024 IMPRESSUM

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