Mit Arbeiten von ARATORA, Kira Balke, Sophia Berg, Carolin Bernhofer, Antonia Bisig, Cosima Dlugokinski, Matthias Koeppel, Christopher Lehmpfuhl, Ulrike Pisch, Sibylle Prange, Sophie Siebert, SOOKI, Frank Suplie, Dana Teifel, Kiriakos Tompolidis und Lieselotte Winkelmann.
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SommerCladow_Umschlag.indd Alle Seiten
102761
16 Euro [D]
ISBN 978-3-95410-276-1
www.bebra-wissenschaft.de
Ein Sommer in Neukladow Edition Neu-Cladow
Dieser Band dokumentiert mit reichem Bildmaterial die in Neukladow entstandenen Gemälde, Zeichnungen, Druckgrafiken und Fotografien und schlägt in lebendigen Texten die Brücke zwischen der bedeutenden Kulturhistorie des Ortes und der unmittelbaren Gegenwart, die sich in den Arbeiten des Pleinair im Park spiegelt.
Miriam-Esther Owesle
Im Sommer 2020 wurde der Gutspark Neukladow zum Freilichtatelier. In der Tradition des großen Impressionisten Max Slevogt stehend, der hier vor rund hundert Jahren im Freien malte, kamen auf Einladung der Guthmann Akademie sechzehn Berliner und Brandenburger Künstler*innen zum Malen und Zeichnen an die Havel, um das historische Gutshaus ebenso im Bilde festzuhalten wie den weitläufigen Park mit seinem großartigen Blick auf das Wasser und seinen verschwiegenen Winkeln inmitten üppiger Natur.
Ein Sommer in Neukladow
Guthmann Akademie (Hrsg.) – Miriam-Esther Owesle
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Edition Neu-Cladow Herausgegeben von der Guthmann Akademie gUG (haftungsbeschränkt) Band 3
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Miriam-Esther Owesle
Ein Sommer in Neukladow
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Das Titelbild zeigt einen Ausschnitt aus Christopher Lehmpfuhl: Sommertag am Gutshaus Neukladow, 2020 (Foto: Uwe Walter)
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abruf bar. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung auf DVDs, CD - ROMs, CDs, Videos, in weiteren elektronischen Systemen sowie für Internet-Plattformen. © be.bra wissenschaft verlag GmbH Berlin-Brandenburg, 2020 KulturBrauerei Haus 2 Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin post@bebraverlag.de Umschlag und Satz: typegerecht berlin Schrift: DTL Elzevir 11/15 pt Druck und Bindung: Finidr, Český Těšín ISBN 978 -3 -95410 -276 -1 www.bebra-wissenschaft.de
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Inhalt 7 9 11
GruĂ&#x;wort Vorwort Einleitung
19 25 31 37 43 49 53 59 63 67 73 77 83 91 95 99
ARATORA (Frank W. Weber)
103 108 109 111
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Kira Balke Sophia Berg Carolin Bernhofer Antonia Bisig Cosima Dlugokinski Matthias Koeppel Christopher Lehmpfuhl Ulrike Pisch Sibylle Prange Sophie Siebert SOOKI Frank Suplie Dana Teifel Kiriakos Tompolidis Lilo Winkelmann Biografien Ăœber die Autorin Bildnachweis Dank
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Grußwort Die Revitalisierung des Kunst- und Kulturstandortes im Gutspark Neukladow ist im Besonderen angewiesen auf Künstlerinnen und Künstler, die unser Kleinod im Spandauer Süden wiederentdecken und an die facettenreiche Vergangenheit anknüpfen. Die beeindruckenden Arbeiten der Guthmann Akademie im Rahmen des Projektes »Neu-Cladow – Ein Ort der Muße und der Musen« stehen für einen erfolgreichen Schritt in diesem Prozess. Und so ist es durch die Förderung dieses Projektes durch den Fond Dezentrale Kulturarbeit des Bezirksamtes Spandau gelungen, ein besonderes Zeichen zu setzen. Dies gilt es als Auftakt für mehr zu begreifen. Die Anlage des Gutsparkes Neukladow bietet schon jetzt eine weite Spanne an Möglichkeiten, die es zu entdecken und teilen gilt. Über Kunst und Kultur hinaus gibt es auch für einen neuen Tourismus, Gastronomie und natürlich für das tagtägliche Erleben einer vielfältigen Natur diverse Möglichkeiten. Die Wiederbelebung von Kunst und Kultur im Gutspark mit dem Gutshaus in seiner Mitte als ein Schwerpunkt wird von dem schrittweisen Wiederaufbau von Gebäuden und Grünanlagen begleitet. Und so wird es in den kommenden Jahren immer wieder Neues zu entdecken geben. Der Wiederaufbau des Gutsparkes Neukladow benötigt auch in Zukunft starke Partner und so danke ich allen beteiligten Künstlerinnen und Künstlern und insbesondere Frau Dr. Miriam-Esther Owesle für Ihren Beitrag für einen neuen Gutspark Neukladow. Gerhard Hanke Bezirksstadtrat für Wirtschaftsförderung, Soziales, Weiterbildung und Kultur Bezirksamt Spandau von Berlin
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Vorwort Als um 1800 das Gutshaus Neukladow für die Familie Mencken erbaut wurde, begann in der bildenden Kunst Europas die Wiederentdeckung der Natur. Und zwar einer vermeintlich freien, unverbildeten und von allem mythologischen Ballast befreiten Natur, die zum Spiegel eines neuen bürgerlichen Selbstverständnisses gegenüber den verkrusteten Strukturen eines alten, noch weitgehend feudal strukturierten Europa diente. Erstmals entstanden um die wachsenden Städte Potsdam und Berlin Landhäuser für wohlhabende Familien. Einige dieser Landhäuser verdankten ihren Lebensstandard noch immer Gutsbetrieben in ihrer Nähe, so auch in Neukladow. In den Jahren nach 1900 erlebte im Berlin-Potsdamer Umland diese Sehnsucht nach dem Landleben – so wie auch heute wieder – eine blühende Renaissance, wenn auch nun unter weit moderneren Vorzeichen. Ausgestattet mit einer gehörigen Portion Luxus und modernen Annehmlichkeiten richtete sich auch der Industriellensohn Johannes Guthmann mit seinem Lebenspartner Joachim Zimmermann in Neukladow ein solches ländliches Refugium ein, das zur Projektionsfläche zweier ausgeprägter Schöngeister und Kunstliebhaber avancierte. Die zeitgenössische Kunst spielte in dieser rundum optimierten Inszenierung des einfachen Landlebens über viele Jahre eine zentrale Rolle und namhafte Persönlichkeiten aus Musik, bildender Kunst, Theater und Wissenschaft waren regelmäßige Gäste auf Neukladow. Park und Gutshaus lieferten beispielsweise für Künstler wie Max Slevogt willkommene Motive, und Pleinair entstanden herausragende Zeugnisse dieses künstlerischen Musensitzes, die heute in wichtigen Museen des Landes zu bewundern sind. Als Miriam-Esther Owesle im Rahmen ihrer unermüdlichen und bewundernswerten Bemühungen um die Reaktivierung dieses architektonischen und kunsthistorischen Juwels am Wannsee im Sommer 2020 bildende Künstlerinnen und Künstler zum Pleinair nach Neukladow einlud, nahm sie eine Traditionslinie wieder auf, die in den Jahren zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und heute weitgehend in Vergessenheit geraten war. Um so freudiger folgten Maler*innen, Zeichner*innen und Grafiker*innen 9
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ihrer Einladung und entwickelten über zwei Wochen zeitgenössische Annäherungen an diese große Tradition des Pleinairs, des künstlerischen Arbeitens vor und in der Natur. Entstanden sind faszinierende Arbeiten, die nun in einer Kabinett-Ausstellung im Gotischen Haus mitten in der Spandauer Altstadt zu bewundern sind. Sie lassen – vor allem vor dem Hintergrund der weltweiten Pandemie – einen besonderen Sommer an unserem Auge Revue passieren, in dem die wenigen noch möglichen Kulturveranstaltungen große Aufmerksamkeit erfuhren. Herrn Bezirksstadtrat Gerhard Hanke ist es zu verdanken, dass diese Publikation nun diesen Schlüsselmoment der Wiedereingliederung von Gutshaus und Park Neukladow in die Reihe der lebendigen Kulturinstitutionen am südlichen Wannsee dokumentiert. In den kommenden Jahren soll das Ensemble nach aufwändigen Restaurierungen der Gebäude und Rekonstruktionen des Gartens wieder zu einem Treffpunkt für Kunst und Kultur entwickelt werden. Die Künstlerinnen und Künstler des Pleinairs 2020 in Neukladow haben uns nicht nur deutlich gemacht, wie fruchtbar die Synthese von Kunst und Natur nach wie vor sein kann, sondern wie wichtig es überdies ist, auch in Zeiten der grundlegenden Transformation eines Ortes Zeichen zu setzen. Dafür gilt ihnen und der Kuratorin Frau Dr. MiriamEsther Owesle der herzliche Dank vieler begeisterter Besucher*innen und des Kulturamts Spandau. Ralf F. Hartmann Kulturamtsleiter Bezirksamt Spandau von Berlin
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Einleitung Als der Kunsthistoriker, Schriftsteller und Sammler Johannes Guthmann (1876 –1956) den impressionistischen Maler Max Slevogt im Juni 1911 beauftragte, für ihn einen Pavillon im Garten zu Neukladow auszumalen, war der Künstler von dem weitläufigen Gutspark mit seinem frühklassizistischen Herrenhaus so begeistert, dass er im Jahr darauf eine Reihe von Gemälden schuf, die uns heute als wichtige Zeugnisse für Erscheinungsbild und Atmosphäre Neukladows aus seiner Blütezeit vor rund hundert Jahren gelten. Mit Pinseln, Palette und Staffelei bezog der Künstler Aufstellung an verschiedenen Standorten im Park und Haus und hielt mit scharfem Blick und malerischer Verve das leuchtend gelbe Gutshaus und seine gastfreundliche Atmosphäre ebenso fest wie den panoramaartigen Blick über die Havel, die festlichen Abende auf der Veranda oder den konzertierenden Pianisten Conrad Ansorge im Musiksaal. Hätten wir Slevogts Gemälde nicht – wir wüssten wenig von jener Zeit, da Johannes Guthmann Neukladow als modernen Musenhof erdachte und zahlreiche Künstlerinnen und Künstler einlud, hier einige Tage oder Wochen zu verbringen, um sich zu erholen und neue Kraft für ihre schöpferische Tätigkeit zu sammeln. Dass während Slevogts Aufenthalten in Neukladow Zeugnisse von hohem künstlerischem und kulturhistorischem Wert entstanden, erlaubt es, Rückschlüsse auf die Inspiration durch einen Ort zu ziehen, der aufgrund seiner landschaftlichen und architektonischen Besonderheiten als einmalig in Berlin und weit darüber hinaus zu betrachten ist. Das besondere Potential Neukladows als eines Ortes der Muße und der Musen erkannt zu haben, ist das Verdienst Johannes Guthmanns, an dessen Ideen für Neukladow die Guthmann Akademie seit mehreren Jahren im Rahmen von Konzerten und Ausstellungen, Lesungen und Vortragsreihen anknüpft und dabei insbesondere auch die Bedeutung deutlich zu machen sucht, die der Maler Max Slevogt für den Ort und der Ort für den Maler hatte! Wird Max Slevogt (1868 –1932) heute zusammen mit Max Liebermann und Lovis Corinth den führenden Vertretern der impressionistischen Stilrichtung in Deutschland zugerechnet, so bot Neukladow Slevogt 11
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Pleinair im Park – die Front des Gutshauses
Rechte Seite: Die Maler kommen
in idealer Weise die Möglichkeit, direkt vor der Natur zu malen – im vollen Licht, in freier Luft: en plein air! Der langgehegte Wunsch der Guthmann Akademie, hieran im Rahmen einer Sommerakademie mit einem Pleinair im Park anzuknüpfen, wurde durch die Förderung des Kulturamts Spandau von Berlin aus dem Fond Dezentrale Kulturarbeit und namentlich durch die wertvolle Unterstützung von Herrn Bezirksstadtrat Gerhard Hanke und Herrn Kulturamtsleiter Dr. Ralf Hartmann ermöglicht. Dabei ist die Sommerakademie 2020 Teil des bezirklich geförderten Jahresprogramms Neu-Cladow – Ein Ort der Muße und der Musen, mit dem die Guthmann Akademie auf das (re-)kreative Potential dieses besonderen Ortes aufmerksam zu machen sucht. Tatsächlich bietet Neukladow sowohl Möglichkeiten zur Rekreation als auch Inspiration zu kreativem Schaffen. Dies ist der Tenor der Stimmen jener Künstlerinnen und Künstler, die sich in den ersten beiden Juniwochen des Jahres 2020 zum Malen und Zeichnen in Neukladow einfanden. Renommierte Berliner und Brandenburger Künstler*innen wie ARATORA (Frank W. Weber), Antonia Bisig, Matthias Koeppel, Christopher Lehm 12
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Reminiszenz an Slevogt II
pfuhl, Ulrike Pisch, Sibylle Prange, SOOKI und Frank Suplie malten dabei Seit an Seit mit Studierenden der Universität der Künste, Berlin – unter ihnen Kira Balke, Sophia Berg, Carolin Bernhofer, Cosima Dlugokinski, Sophie Siebert und Kiriakos Tompolidis. Eingeladen war zudem mit Dana Teifel auch eine Schülerin der Martin-Buber-Oberschule mit Leistungskurs Kunst sowie Lilo Winkelmann, seit frühester Jugend malend und zeichnend aus Passion. Entstanden sind in der Zeit vom 2 . bis 5. Juni und vom 8. bis 12 . Juni 2020 über zweihundert Arbeiten, die allein schon durch die Vielfalt der künstlerischen Techniken beeindrucken. Gemälde in Öl und Acryl, mit Leimfarbe und Tempera stehen neben Aquarellen, Pastellen und Gouachen sowie einer Fülle von Zeichnungen mit Tusche, Kohle, Graphit, Bleistift oder Buntstift. Gearbeitet wurde darüber hinaus auch im Medium der Druckgrafik und der Fotografie. Ebenso vielfältig sind die stilistischen Ausdrucksformen: Impressionistisch aufgefasste Sujets stehen neben suprematistischen Werken. Expressiv aufgeladene Szenen neben zarten Landschaftsmeditationen. Phantastische Szenerien neben detaillierten Naturschilderungen. Feine Zeichnungen und Aquarelle im kleinen und kleinsten Format neben großformatigen Ölgemälden.
Linke Seite: Reminiszenz an Slevogt I
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Dabei spiegelt sich in der Vielfalt der Motive das unerschöpflich scheinende Themenreservoir des Gutsparks. Die in Neukladow entstandenen Arbeiten zeigen, was offenkundig vor Augen liegt – sie machen aber auch sichtbar, was dem Auge verborgen ist. Entstanden sind dabei in keinem Fall pure Bestandsaufnahmen. Vielmehr liefern uns die Künstler*innen mit ihrem jeweiligen Bild von Neukladow neue Einsichten in einen Ort von historischer Relevanz und großer landschaftlicher Schönheit und laden dabei auch zur Reflexion über dessen Zukunft ein. Dass das Arbeiten in Neukladow im weitläufigen Park unter freiem Himmel möglich war, ist in der Zeit einer weltweiten Pandemie doppelt bedeutsam: es stellte die Kontinuität zum Leben vor der radikalen Zäsur her, die Covid-19 für uns alle bedeutet. Buchstäblich aufatmen konnte, wer nach Neukladow kam – um zu malen, zu zeichnen, zu spazieren oder einfach seinen Blick über die Havel schweifen zu lassen … Dass sich die Sommerakademie 2020 dabei mit Einschränkungen konfrontiert sah – geplante abendliche Vorträge konnten ebenso wenig stattfinden wie Konzerte im Musiksaal – nahm man gern in Kauf, war es doch möglich im weiten Park eine Freiheit erfahren, die in dieser Zeit nicht selbstverständlich ist. Dass ein Teil der während der Sommerakademie entstandenen Arbeiten vom 13. November 2020 bis zum 31. Januar 2021 im Gotischen Haus (Berlin-Spandau) zu sehen sein wird und die Bilder und Texte vorliegender Publikation die Arbeit von sechzehn Künstler*innen in Neukladow dokumentieren, vermag uns noch lange einen besonderen Sommer in Erinnerung zu rufen, von dem die vielgestaltigen Werke unseres Pleinair im Park auf eindrucksvolle Weise erzählen … Miriam-Esther Owesle Projektleiterin, Kuratorin Guthmann Akademie gUG (haftungsbeschränkt)
Linke Seite: Staffelei von Frank Suplie
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ARATORA (Frank W. Weber) ARATORA , der an zahlreichen internationalen Pleinairs teilgenommen
und viele selbst organisiert hat, kannte Neukladow »nur vom Hören, Sagen und Lesen« bevor er als Teilnehmer an der Sommerakademie 2020 an die Havel kam. Seinen ersten Eindruck vom Ort beschreibt er folgendermaßen: »Es war ein sehr heißer Sommermorgen, die Sonne stand über dem Wannsee und das Ockergelb des Gutshauses, mit hohen alten Bäumen an seinen Flanken leuchtete im Morgenlicht, ich dachte mir, ein interessanter Ort.« ARATORA hat für Neukladow eine emblematische Formel gefunden: Gleichsam aus der Vogelperspektive führt er uns die frühklassizistische Südfassade mit ihrem charakteristischen Rundgiebel ebenso vor Augen wie die aus der Zeit um 1910 stammende Ostfassade mit Veranda und Freitreppe. Dass Natur und Architektur zusammengehören, darauf verweisen grüne Farbwolken und -spritzer, die Ockergelb und leuchtendes Rot durchziehen und den raumgreifenden Gestus der üppigen Vegetation des Gutsparks augenfällig machen. Vor dem Hintergrund, dass sich ARATORA als Künstler nicht als »reiner ›Landschafter‹« sieht, verwundert es nicht, dass er das Gutshaus »als Kernstück der Parkanlage« gleich zuerst als Motiv wählt: »Als ›Suprematist‹ habe ich das Gebäude im Kopf sofort zerlegt und war von den architektonisch genutzten grafischen Grundelementen wie Dreieck, Halbkreis und Viereck begeistert. Ich hatte ein gutes Gefühl für den Ort.« Dabei fand ARATORAs »Gefühl für den Ort« zunächst Niederschlag in Skizzen, in denen der Künstler seine Motive rasant »vermisst«: »Ich ›inhaliere‹ die reale Situation in fast meditativer Form und habe dann die reale Situation in Minutenskizzen erfasst. Mit diesen sehr individuellen ›Stenogrammen‹, die es mir erlauben das Gesehene in seinen Proportionen gut wiederzugeben, kann ich im Atelier und an jedem Ort der Welt meine Ideen zum Thema in meiner Holztypendrucktechnik umsetzen.« Achtzehn großformatige Skizzenblätter und vier Holztypendrucke sind auf diese Weise entstanden: »Ich war daher immer einen Tag im Park und am anderen Tag
ARATORA: Guthmann villa, 2020, Holzt ypen druck, 19 × 19 cm
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ARATORA: Zeitlose Fügung im Park, 2020, Holztypendruck, 19 × 19 cm
im Atelier, da meine grafische Technik den räumlichen Schutz meines Arbeitsraumes bedarf.« Bei seiner Arbeit im Gutspark war der Künstler tatsächlich selten alleine. Gerade beim Skizzieren vor dem Gutshaus schauten ihm viele Parkbesucher über die Schulter und bewunderten die Geschwindigkeit und Präzision, mit der er sein Motiv festhielt. Wie hat Frank Weber den Besuch von Gästen im Park empfunden? »Für mich war es kein Hindernis bei der künstlerischen Arbeit. Als freiberuflicher Künstler bin ich es gewohnt, die ›Marke ARATORA‹ gut rüber zu bringen. Kunst ist auch Entertainment.« Die Gesprä20
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che, die dabei stattfinden, bringen ihm den Park und seine Geschichte näher. Was er über das Naturtheater, den Grabstein der einstigen Hausbewohner Johannes Guthmann und Joachim Zimmermann im Elsengrund sowie den von dem Berliner Bildhauer August Gaul (1869 –1921) für Guthmanns innig geliebte und früh verstorbene Schwester Else entworfenen Gedenkstein erfährt, beeinflusst sein Arbeiten bis ins Atelier hinein: »Mit solchem Gesprächsinput kann ich dann auch besser druckgrafisch arbeiten, das fließt dann in die Grafik mit ein.« Und dies sieht man seinen Werken an. Wenn er beispielsweise den Kubus des Elsensteins mit dem Guthmann’schen
ARATORA: Hecken theater, 2020, Holztypendruck, 19 × 19 cm
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ARATORA: E lsenstein – Quadratur im Park, 2020, Holzt ypendruck, 19 × 19 cm
Rechte Seite: ARATORA: Skizzen, 2020, Aquarellgraphit, 29,7 × 42 cm
Grabstein in seinem Holztypendruck Zeitlose Fügung im Gutspark ineinander verschränkt, so entspricht dies der engen Verwobenheit Guthmanns mit seiner Schwester ebenso wie mit Neukladow – einem Ort, dem sich Guthmann zeitlebens verbunden fühlte. In seinen 1955 erschienenen Lebenserinnerungen Goldene Frucht. Begegnungen mit Menschen, Gärten und Häusern betrachtet Guthmann den Elsenstein als seinen eigenen Gedenkstein im Park. Und welche Eindrücke und Erinnerungen nimmt ARATORA von Neukladow und der Sommerakademie 2020 mit? »Für mich war es eine gute Zeit zur künstlerischen Entspannung. Die ›Chemie‹ unter den Künstler*innen hat gestimmt, die unterschiedlichen künstlerischen Techniken und Arbeitsmethoden waren gute Basis zum Austausch. […]. Das Pleinair habe ich in guter Erinnerung, die Skizzen ermöglichen es mir weiter zum Thema druckgrafisch zu arbeiten.« Wir dürfen gespannt sein …
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Kira Balke Wer eine fotorealistische Abbildung des Gutsparks und Gutshauses unter den rund dreißig Arbeiten von Kira Balke sucht, die während neun Tagen Pleinair im Park entstanden sind, wird nicht fündig werden. Vielmehr schildert die Kunststudentin mit expressivem Gestus und in leuchtenden Farben ihre eigene Sicht auf einen Ort, der ihr von Kindesbeinen an vertraut ist: »Als Kladowerin erinnere ich mich aus meiner Kindheit noch an viele Ausflüge in den Gutspark. Schlittenfahren im Winter und am Wasser spielen im Sommer. Neben der idyllischen Landschaft sind es in erster Linie meine starken Erinnerungen, die ich mir als Motiv vorgenommen habe.« Der zweiwöchige Aufenthalt im Park hat Kiras Erinnerungen wiederbelebt, sie jedoch auch ihr »kindliches idyllisches Bild vom Gutspark« ablegen und die Dimensionen erweitern lassen, in denen sie Neukladow bis dahin wahrgenommen hatte. Ihre während der Sommerakademie entstandenen Arbeiten haben dabei viele Facetten: »So vielschichtig wie der Ort war auch mein technisches Repertoire. Neben Zeichnungen und Malereien sind auch fotografische und grafische Arbeiten entstanden, die wohl verschiedener nicht sein könnten, um eben genau diese Vielschichtigkeit des Gutsparks aufzugreifen.« Allen Arbeiten von Kira ist gemein, dass es weniger das äußere Erscheinungsbild von Gutshaus und -park ist, das die Kunststudentin zur Darstellung reizt, als vielmehr ihre Empfindung von den Motiven, deren Besonderheiten sie intuitiv erfasst. Für sie hat die für Neukladow charakteristische Koexistenz von Altem und Neuem, von Zerfall und Erneuerung eine »starke Symbolik«: »Gebäude die restauriert wurden und wiederbelebt werden/wurden und Teile der Anlage, die immer noch zerstört oder verschollen sind, existieren nebeneinander. Uralte Bäume haben die Zeiten überdauert. Sie sind ein Teil vom Hier und Jetzt, aber auch vom Damals. Als Besucher*in bewegt man sich zwischen den Zuständen hin und her.« Ihre Sicht auf Neukladow vermittelte Kira auch den Besucher*innen des Pleinairs: »Besonders war natürlich der enge Austausch mit Gästen, die alle auch ihre eigenen
Kira Balke: Stufen, 2020, Aquarell, Acryl, Kohle, 59,4 × 42,0 cm
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Geschichten zu diesem Ort zu teilen hatten. Umso interessanter fand ich es zu sehen, dass einige meiner Arbeiten den Blickwinkel einiger Besucher komplett veränderten.« Sie selbst hält das Gutshaus aus ungewöhnlicher Perspektive fest, wenn sie rücklings auf dem Boden vor der Veranda liegend deren massive dorische Säulen ganz leicht und duftig in den Himmel stürmen lässt und die geschwungene Freitreppe zur Veranda ebenso wie die Fenster des Gutshauses in der Farbe Blau sieht und diese Sichtweise durch einen pastosen Farbauftrag in der Kombination von Aquarell- und Acrylfarbe betont. Dabei hat sie sich zu ihrer kraftvoll bunten Gestaltungsweise bisweilen auch durch die zahlreichen Graffiti im Park inspirieren lassen. Wenn sich die Farbe Blau gleichsam als roter Faden durch Kiras Neukladower Arbeiten zieht, so erinnert dies an romantische Topoi, derer sich auch der einstige Hausherr Johannes Guthmann bediente, um seine Sicht auf Neukladow kenntlich zu machen: »Du bist Orplid – mein Land!« beschreibt Johannes Guthmann mit den Worten des romantischen Dichters Eduard Mörike sein Verständnis von Neukladow als eines Ortes, an dem die suchende Seele zur Ruhe kommt. Kira Balke empfindet den Ort ähnlich, wenn sie ihn als »eine Art Heterotopie« beschreibt: als einen »Ort, der sich der Zeit vielleicht nicht so beugt und so ein bisschen sein eigenes Leben hat und unsterblich ist.« Kira Balke beim Zeichnen
Kira Balke: Terrassenblick, 2020, Aquarell, Acryl, Kohle, 59,4 × 42,0 cm
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Kira Balke: Im Gras, 2020, Aquarell, 14,8 × 21,0 cm
Kira Balke: Wasserläufer, 2020, Zeichnung, 14,8 × 21,0 cm
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Kira Balke: Spuren, 2020, Digitalprint, 75 × 50 cm
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