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01. Strukturen auf Bundesebene koordiniert vernetzen
Strukturen auf Bundesebene koordiniert vernetzen
Zur Bewältigung der aktuellen Herausforderungen brauchen die Strukturen und Arbeitsweisen der Bundesregierung ein Update, das Verantwortung eindeutig zuweist und zugleich auf mehr Kooperation und horizontale Vernetzung setzt.
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Problemdefinition
Die Regierungs- und Verwaltungsstrukturen auf Bundesebene haben sich bislang als leistungsfähig erwiesen. Die Bundesbehörden versammeln in Form ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein hohes Maß an Expertise und Kompetenz.
Gleichzeitig führen die vertikalen Strukturen innerhalb streng getrennter Ressorts sowie ihrer nachgeordneten Behörden und Instituten zu Silodenken und unzureichender Zusammenarbeit. Abstimmungen und Entscheidungen über Ressortgrenzen hinweg sind zeitraubend und ineffizient, was sich beispielsweise in der langsamen Digitalisierung der Verwaltung niederschlägt.
Die Herausforderungen von heute erfordern eine starke horizontale Vernetzung und Koordination der Bundesbehörden, insbesondere der Bundesministerien sowie eine stärkere Prozess- und Projektorientierung innerhalb von Ressorts und über Behördengrenzen hinweg.
Themen wie der demografische Wandel, der Weg zur Klimaneutralität oder die Digitalisierung liegen alle quer zum klassisch vertikalen Ressortzuschnitt und erfordern deshalb neue Formen der Zusammenarbeit auf Bundesebene.
Zielbild
Das Ziel der neuen Bundesregierung muss sein, verwaltungsinterne Zuständigkeiten, Hierarchien und Entscheidungsstrukturen zu modernisieren und Projektstrukturen als Standard zu etablieren.
Querschnittsthemen müssen stärker als solche hervorgehoben und bearbeitet werden. Dies gelingt nur im Rahmen stärker horizontal ausgerichteter Strukturen.
Außerdem dürfen nicht nur neue Strukturen in Form von Ministerien und nachgeordneten Behörden geschaffen werden, es müssen auch nicht mehr benötigte Strukturen abgeschafft werden, um über Kapazitäten für die neuen Aufgaben in Zeiten angespannter öffentlicher Haushalte zu verfügen.
Delivery Units in Großbritannien
Im Vereinigten Königreich wurde 2001 erstmals eine ‚Delivery Unit‘ eingerichtet. Dabei handelt es sich um ein kleines Team, das auf verschiedenen Ebenen die jeweilige politische Führung bei der Umsetzung priorisierter Ziele unterstützt. Das Gremium arbeitet partnerschaftlich mit verschiedenen Abteilungen der politischen Führung zusammen, um zu den ihm zugeteilten Themen kontinuierlich Daten und Kennzahlen zu erhalten. Darauf aufbauend kann die Delivery Unit beurteilen, ob die geplanten Ergebnisse tatsächlich erreicht werden. Bei drohenden Planabweichungen ergreift sie Maßnahmen, wie beispielsweise weiterführende Analysen, das Anbieten technischer Unterstützung oder das Zusammenbringen der relevanten Stakeholder für weitere Entscheidungen. Darüber hinaus fördert sie die Durchsetzungsfähigkeit proaktiv durch das Einbeziehen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Planung und deren fortlaufende Weiterqualifizierung.
Handlungsempfehlungen
Für die ersten 100 Tage
.Um Modernisierungs- und Transformationsbedarfe innerhalb der öffentlichen Verwaltung, insbesondere im Bereich der Digitalisierung, konsolidiert und entschieden vorantreiben zu können, führt an einer zentralen politischen Steuerung der Digitalisierung aber auch anderer wichtiger Querschnittsthemen kein Weg vorbei. Dafür sollte die neue Bundesregierung ein
Bundesministerium für die Digitalisierung von Verwaltung und Recht sowie für digitale Infrastruktur einrichten.
– Dieses muss die zentrale Koordination von Vorhaben übernehmen, wie z. B. des Onlinezugangsgesetzes (OZG) und der IT-Konsolidierung des
Bundes. – Dies kann nur mithilfe einer klaren Aufgaben- und Entscheidungsabgrenzung zu anderen Ministerien sowie einem eigenen Budget gelingen. Das zu gründende Ministerium muss z. B. im Rahmen der IT-Konsolidierung klare Entscheidungsbefugnisse über alle anderen Ressorts hinweg sowie
Umsetzungsverantwortung erhalten.
– Analog zum Finanzministerium sollten alle größeren Digitalvorhaben der einzelnen Ressorts unter einem Digitalvorbehalt des neuen Ministeriums stehen. So kann sichergestellt werden, dass jedes
Digitalvorhaben mit den bundeseinheitlichen Planungen harmoniert und die Ziele wirksam und praxistauglich umgesetzt werden. – Das zu gründende Ministerium sollte sich explizit nicht nur auf die Digitalisierung der Verwaltung fokussieren, sondern die Transformation der Verwaltung insgesamt vorantreiben. – Da diese Transformation auch die Dienst- und
Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes betrifft, sollte die Gestaltung der entsprechenden rechtlichen Grundlagen ebenfalls ins Ressort des neu zu gründenden Ministeriums fallen (Personal gezielt fördern und Fähigkeiten erweitern). – Des Weiteren übernimmt das Ressort auch die interdisziplinäre Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller anderen Ministerien und fungiert als gemeinsame Schnittstelle aller Ministerien zum Statistischen Bundesamt. In dieser Rolle übernimmt das Haus auch die Fach- und Rechtsaufsicht über das Statistische Bundesamt sowie die Verantwortung für die Modernisierung und Interoperabilität staatlicher Register. – An zentraler Stelle im neuen Ressort sollte zudem die Funktion der/des derzeit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) zugeordnete Bundes-CIO angesiedelt werden.
Diese wäre zur Koordination über Ressortgrenzen hinweg eine starke Ergänzung des neuen Ressorts.
.Um vollständig leistungsfähig zu sein, sollte das neue zentral koordinierende Bundesressort außerdem rasch durch eine leistungsstarke Durchführungsinstitution in Form einer Digitalagentur unterstützt werden. Dabei ist unbedingt auf die Bündelung von
Kompetenzen und ein gutes Zusammenspiel mit bestehenden Organisationen wie der FITKO oder dem ITZBund zu achten.
Bis zum Ende der Legislaturperiode
Mittelfristig muss eine Reduzierung der 963 Behörden und Institutionen des Bundes angestrebt und umgesetzt werden. Dies kann durch die Zusammenfassung von Aufgaben und Zuständigkeiten geschehen, aber auch durch die regelmäßige Überprüfung und Neubewertung staatlicher Aufgaben und der dazu notwendigen Strukturen.
Die „Digital Transformation Agency“ in Australien
Die australische Regierungsbehörde Digital Transformation Agency (DTA) wurde mit dem Ziel etabliert, die Dienstleistungserbringung der öffentlichen Verwaltung stärker im Interesse von Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen zu gestalten. Um das Ziel der Nutzerorientierung zu erreichen, nimmt die DTA eine zentrale Rolle bei der Koordinierung von Themen rund um die Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) ein. Die Behörde fungiert als Beraterin für die Regierung unter anderem für Investitionsvorhaben im Zusammenhang mit IKT, monitort die Digitalstrategie, Investitionen und das gesamte digitale Portfolio. Durch gemeinsame Strategien, Standards und Plattformen sowie eine zentral koordinierte Beschaffung und Personalqualifizierung soll die Vernetzung und die Fähigkeiten der australischen Behörden gesteigert werden. Das Ziel der DTA: schnelle und transparente Prozesse für die Kundinnen und Kunden der Verwaltung. Fragt man die Australierinnen und Australier scheint dieses Ziel aufzugehen: Vier von fünf Befragten sind der Meinung, dass die digitalen Dienste der australischen Regierung besser oder gleichwertig mit denen des privaten Sektors sind.