Oberbaselbieter Zeitung vom 4. Juli 2019

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Nr. 27 21. Jahrgang Donnerstag, 4. Juli 2019

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Nur dank Lausen gabs Augusta Raurica

Jahresbericht Die Archäologie Baselland hat im vergangenen Jahr wieder Erstaunliches zutage gefördert MARC S CHAFFNER

Seit Generationen rätseln Archäologen und Interessierte darüber, warum sich die Römer ausgerechnet in Augusta Raurica angesiedelt haben und nicht am Standort des heutigen Basel. Der Archäologie Baselland ist es gelungen, ein weiteres Mosaiksteinchen zur Lösung des Rätsels zu setzen: Ein Stausee beim heutigen Lausen lieferte das Wasser, das die Römerstadt mit ihren Einwohnern, ihrem Gewerbe und den Thermen in Massen benötigte. Diese und andere Erkenntnisse sind im Jahresbericht 2018 der Archäologie Baselland nachzulesen. Vergangene Woche haben Kantonsarchäologe Reto Marti und Andreas Fischer, Leiter Archive und Öffentlichkeitsarbeit, den 170 Seiten starken, reich bebilderten Band den Medien vorgestellt – passend zur Thematik in der Kirche von Lausen. Der Standort der Kirche ist übrigens auch speziell, wie Reto Marti ausführte. Sie steht nicht mitten im Dorf, sondern etwas ausserhalb. Der Grund: Sie war das Zentrum der früheren Ortschaft Bettenach, die im 11./12. Jahrhundert verlassen wurde und deren Name auf das römische «Batiniacum» zurückgeht. Interessant aus archäologischer Sicht – sogar über die Region hinaus – ist die Kontinuität der Siedlungsgeschichte von der Bronze- über die Römerzeit bis ins Mittelalter. Und die Siedlungsgeschichte wiederum ist verknüpft mit dem Stausee. Dass Augusta Raurica mit Wasser aus dem Raum Lausen versorgt wurde, ist zwar bekannt. Reste einer sieben Kilometer langen Wasserleitung von Lausen via Liestal weisen darauf hin. Bisher wurde angenommen, dass die Leitung von den umliegenden Quellen gespiesen wurde. Nur: Die Kapazität war für eine riesige Menge von 24 Kubikmetern Wasser pro Tag ausgelegt. Die Hypothese, dass die Römer bei Lausen die Ergolz stauten, um diese Menge zu erreichen, sei vor etwa 15 Jahren aufgekommen, aber immer wieder bezweifelt worden, berichtete Reto

Die Kirche von Lausen stand in dem heute verschwundenen Dorf Bettenach. Links vom Bildausschnitt, unterhalb der Häuserzeile, befand sich ein Stausee aus der Römerzeit, der das Tal bis zur Gemeindegrenze mit Liestal ausfüllte. Dort – auf dem Bild auf der Höhe des hintersten Krans auf dem ehemaligen Cheddite-Gebiet – bildete eine quer verlaufende Gesteinsrippe ideale Voraussetzungen, um einen Damm zu bauen. Abzulesen ist diese Gesteinsrippe auch an den Föhren in der Bildmitte, die den trockeneren Boden bevorzugen. FOTOS: M. SCHAFFNER Marti. Seit letztem Jahr ist man jedoch einen Schritt weiter. Zum einen wurde aus Luftbildern eine 3D-Rekonstruktion des Geländes erstellt. Darin zeigt sich, dass genau an der Gemeindegrenze zwischen Lausen und Liestal, wo heute noch ein erhöhter Fussweg verläuft, eine Gesteinsrippe quer durchs Tal führt – eine ideale Voraussetzung, um einen Staudamm zu bauen. Sedimente weisen auf See hin Zum anderen kamen bei einer Baustellengrabung Sedimente zum Vorschein, die sich nur ablagern, wenn Wasser längere Zeit still steht – der Beweis, dass die Talenge zwischen Lausen und Liestal genutzt wurde, um das Wasser der Ergolz zurückzuhalten. Und hier zeigt sich wieder die Verbindung zur Sied-

Kantonsarchäologe Reto Marti präsentierte den Medien in der Lausner Kirche die letztjährigen Errungenschaften der Archäologie: auf der Leinwand die sanierte Ruine Witwald in Eptingen, auf dem Tischchen das bronzezeitliche Mondhorn von Reinach und in der Plastikbox am Boden der Münzschatz von Blauen.

lungsgeschichte von Bettenach, denn die jüngsten Sedimente stammen genau aus der Zeit, als das Dorf aufgegeben wurde. Der ehemalige See, den die Bettenacher noch genutzt hatten, vielleicht für die Fischzucht, verlandete langsam. Ein weiteres Indiz: Im 16. Jahrhundert taucht der Flurname «Am alten Weiher» auf – der See, der zur Römerzeit eine beträchtliche Fläche eingenommen hatte, war zum Weiher geschrumpft. Für Reto Marti ist es schlüssig, dass Augusta Raurica wegen der Wassersituation dort gebaut wurde, wo es stand. Am Standort Basel hätte das Wasser durch viel längere und aufwendigere Leitungen von Aesch und Pfeffingen hertransportiert werden müssen. Das Wasser im Rhein, fügte Marti hinzu, hätte den Römern übrigens nicht viel genützt, denn mit der damaligen Technik hätte es nicht über den Münsterhügel ins Siedlungszentrum geschafft werden können. Andreas Fischer hofft, dass bei der Baustelle der ehemaligen Cheddite noch weitere Hinweise auftauchen, etwa das Ende der Wasserleitung. Allerdings sei im ganzen Gebiet generell nicht mehr viel erhalten. Goldring und Mondhorn Mehr Glück hatte die Archäologie Baselland im Umfeld eines römischen Gutshofs im Gebiet Steinacker in Oberwil. Einem ehrenamtlichen Mitarbeiter gelang es, den wahrscheinlichen Standort des Hauptgebäudes zu eruieren und bei Untersuchungen wurde ein goldener Fingerring gefunden. Aus der Römerzeit stammen auch die 188 Münzen, die beim «Chremer-Kreuz» in Blauen im Boden lagen. Ein weiteres Fundstück ist ein sogenanntes Mondhorn aus der bronze- bis römerzeitlichen Kultstätte in Reinach

Nord. Bis heute ist nicht klar, welchen Zweck diese Art von Objekten erfüllte. Die gängigste Erklärung ist, dass es sich um rituelle Gegenstände handelt. Mondhörner wurden oft absichtlich zerbrochen und in Gruben entsorgt, so auch das tönerne Mondhorn aus Reinach, was darauf hinweist, dass es sich um einen ehemals kultischen Gegenstand handelte, der das Ende seiner Lebensdauer erreicht hatte und «entheiligt» wurde. Andere Erklärungsversuche, etwa dass es sich bei Mondhörnern um Nackenstützen, Giebelverzierungen oder gar Grillspiess-Auflagen handelt, weist Reto Marti zurück. Das Reinacher Mondhorn wäre als Nackenstütze ziemlich unbequem gewesen und der Witterung hätte es aufgrund des Materials nicht standgehalten. Unwissen beseitigt «So weit der Stand des Unwissens» war ein Satz, den Reto Marti an der Medienkonferenz mehrmals scherzhaft äusserte. Wo die Archäologie jedoch eine Portion Un- beziehungsweise Falschwissen beseitigen konnte, war beim vermeintlich neuzeitlichen Gebäude an der Hauptstrasse 25 in Muttenz. Sie konnte es auf 1471 bis 1473 zurückdatieren – damit ist es das älteste noch stehende Bauernhaus im Baselbiet. Zum Schluss erzählte Andreas Fischer eine kleine Anekdote: Im Protokoll des Kleinen Rates von Basel aus dem Jahr 1792 steht in einer Randnotiz, dass die Hochwacht bei Pratteln gebrannt habe, weil der Wind das Feuer zur Ofentür hinausgeweht habe. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter der Archäologie hat letztes Jahr in diesem Gebiet Uniformknöpfe, Schuhschnallen und eine Taschensonnenuhr gefunden – und die Einfassung der besagten Ofentür. archaeologie.bl.ch

Kolumne

Julifrucht: Aprikose Die Aprikosensaison beginnt zwar schon im Juni, aber die «armenische Pflaume» (prunum Armeniacum) erobert vor allem im heissen Juli die Herzen und Münder der Schweizerinnen und Schweizer. Irrtümlicherweise glaubte man im 17. Jahrhundert, Aprikose komme von «in aprico coctus» («im Sonnigen gereift») ab. Das tönt zwar schön, ist aber nicht die korrekte Herleitung. Das Wort Aprikose geht auf das lateinische praecox (frühreif) zurück. Über das byzantinische prekókkia gelangte das Wort ins Arabische, wo es in Kombination mit dem Artikel zu al-barquq wurde. Vom portugiesischen albricoque bis zum französischen abricot war es nicht mehr weit. Die Aprikose ist also ein frühreifes Früchtchen. In Basel sagen die alten Leute immer noch Barèlleli dazu; östlich von der Schweiz heisst sie Marille. In einem alten Wörterbuch steht: «Ammarellen od. berilleli; sind kleine goldgäle früezeitige pfersichli.» Ursprünglich kommt die Aprikose, die Schwester des Pfirsichs aus der Familie der Rosengewächse, von viel weit östlicher als Armenien, nämlich aus China, wo sie schon 4000 bis 5000 v. Chr. kultiviert wurde. Am meisten Aprikosen produzieren heute Usbekistan, die Türkei und der Iran. Punkto Symbolik und Aberglauben gibt die Aprikose dagegen wenig her. Wahrscheinlich weil man sich früher nie ganz entscheiden konnte, ob sie nun ein Pfirsich oder eine Pflaume sei. In China ist die Aprikose Symbol für die weibliche Schönheit und für den Wunsch nach Kindern. In Europa wurde die Aprikose dagegen lange als Frucht mit aphrodisierender Wirkung angesehen. So weist die Elfenkönigin Titania in Shakespeare’s «Sommernachtstraum» ihre Elfen an, dem Weber Nick Bottom Aprikosen zu reichen, um ihn in sie verliebt zu machen. Titania sagt zu den Elfen: «Sucht Aprikos’ ihm auf und schwarze Beer’n …». Wenn man die Buchstaben von «Aprikosen» umstellt, ergibt das übrigens «Eros-Panik»! THOMAS BRUNNSCHWEILER

Stadtfest Liestal: buntes Programm Über 80 Darbietungen und über 70 Beizli und Stände sind für das Stadtfest Liestal vom 6. bis 8. September angemeldet. Das ganze Programm kann nun auf stadtfest-liestal.ch heruntergeladen werden. Die 40 000 erwarteten Gäste können sich bei Konzerten auf zwei Bühnen und an verschiedenen Orten im Stedtli vergügen, in der Open-Air-Disco beim Törli tanzen, am «Beach» entspannen oder in der Skihütte feiern. Eine grosse Parade und eine Lightshow am Törli zählen zu den Hauptattraktionen, daneben gibt es Poetry-Slam, sportliche Showeinlagen zum Staunen und Mitmachen, Linedance, Orgel-, Chor- Blasund Guggenmusik, bosnischer Volkstanz oder eine Zirkuswerkstatt. OBZ


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