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Donnerstag, 7. Mai 2015

Verlag und Redaktion: Kronenplatz 12, Postfach, 5600 Lenzburg 2 Telefon 058 200 5820, Fax 058 200 5821

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Lenzburger Woche

PP 5600 Lenzburg 1, Nummer 19, 116. Jahrgang Amtliches Publikationsorgan für den Bezirk Lenzburg und angrenzenden Gemeinden

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Tag der Energie

Zeitzeugen

Der Tag der Energie in Lenzburg vom kommenden Samstag hat nicht nur viel Information, sondern auch Unterhaltung parat.

Am 8. Mai 1945 war der Zweite Weltkrieg zu Ende. Gertrud Stutz aus Sarmenstorf und Traugott Berner aus Rupperswil erinnern sich.

«Hier berührt dich nur das Wasser beim Duschen» Im Hochsicherheitstrakt in der JVA Lenzburg sind Menschen gefangen, die für das Personal und die anderen Gefangenen eine Gefahr darstellen. Wer hier einsitzt, bekommt nie einen Mitgefangenen zu Gesicht.

www.wirz-kuechen.ch 5504 Othmarsingen Telefon 062 896 20 20

Jennifer Degen

R

oger Knecht arbeitet seit zwei Jahren im Hochsicherheitstrakt, SITRAK I, in der JVA Lenzburg. Er hat sich im Rahmen seiner Ausbildung zum Fachmann für Justizvollzug selbst in die Rolle des Gefangenen begeben und sich für eine Woche einsperren lassen. Als Roger Knecht im August 2014 in den SITRAK I eintritt, werden ihm sogleich Hand- und Fussfesseln angelegt. Begleitet von drei Vollzugsangestellten, ein vierter überwacht die Situation im Kommandoraum via Kamera, wird er nach einer Leibesvisitation auf seine Zelle geführt. Das Bett ist aus Beton gegossen, darauf liegt eine Matratze, auch Stuhl und Tisch sind aus Beton und unverrückbar befestigt. Persönliche Gegenstände gibt es fast keine, nicht einmal seine elektrische Zahnbürste, die er extra mitgebracht hat, darf er benutzen. Er könnte daraus eine Waffe basteln. Wenn er aus seiner Zelle austritt, warten immer drei Angestellte vor der Türe, um ihn in die Arbeitszelle, zum Spazieren oder zum Duschen zu führen. Obwohl Roger Knecht weiss, was ihn erwartet, macht ihm das Prozedere zu schaffen. «Die Hand- und Fussfesseln haben mich total überrumpelt», sagt er, «ich war froh, als sie mir auf der Zelle wieder abgenommen wurden. Ich fühlte mich schwach und hilflos.» Auch das Gefühl, nicht mehr selbst entscheiden zu kön-

Selbstversuch: Roger Knecht hat sich im Zuge seiner Ausbildung selber als Foto: zvg Gefangener in den Hochsicherheitstrakt begeben. nen, ist für ihn beklemmend. Als er zum Beispiel nach einer Salbe für seine juckenden Füsse fragt, dauert es eine Weile, bis der Vollzugsangestellte ihm diese durch die Klappe reichen kann. «Die Abhängigkeit und das Warten gaben mir ein schlechtes Gefühl.» Der Besuch rührt die Freundin zu Tränen Als er Besuch bekommt von seiner Freundin, sitzen sie sich durch eine Glasscheibe getrennt gegenüber. «Meine Freundin hatte Tränen in den Augen, so sehr hat sie diese Situation bewegt», sagt er. Immerhin kann er hier ein wenig reden, denn im SITRAK I gibt es nur wenig Gelegenheit für Gespräche. «Ich konnte mit den Angestellten durch die Klappe an der Zellentür ein wenig reden, aber sonst war ich alleine.» Auch Berührungen gibt es keine, ein direkter Kontakt wäre zu gefährlich. «Hier berührt dich nur der Wasserstrahl beim Duschen.»

Im SITRAK I hat es Platz für acht Gefangene, sie bleiben während sechs Monaten hier und danach wird neu über ihre Situation entschieden. Es gibt Gefangene, die so gewalttätig und fluchtgefährdet sind, dass sie ihr Leben lang in einem Hochsicherheitstrakt bleiben müssen. Roger Knecht ist erleichtert, als er nach einer Woche wieder in die Freiheit entlassen wird. Was er mitnimmt, ist das Bewusstsein, wie wichtig sein Verhalten als Angestellter gegenüber den Gefangenen ist. «Sie sind voll und ganz von uns abhängig.»

HINWEIS Im Zuge der Ausstellung des Museums Burghalde zum 150-Jahr-Jubiläum Justizvollzugsanstalt werden im Lenzburger Bezirks-Anzeiger jeden ersten Donnerstag im Monat Themen und Geschichten über das Leben hinter den Gefängnismauern publiziert. Nächstes Thema am 4. Juni: Renitenz in der JVA.

Salzkorn Galgenhumor Was haben Zwingen (BL), Buckten (BL) und Oensingen (SO) mit Staufen (AG) gemein? In ihrem Gemeindebann wurden früher Hingerichtete ausserhalb des Peter Buri kirchlich «geweihten» Friedhofes auf einem Stück Land beerdigt: auf dem Galgenacher oder -acker. Was unterscheidet die drei Dörfer von Staufen? Bei ihnen wird ein paar Leuten «zugemutet», am «Galgenackerweg», an der «Galgenackerstrasse» oder im «Galgenacher» zu wohnen. Der künftigen Bewohnerschaft der Staufner Bauzone «Galgenacher» soll dieses Schicksal erspart bleiben. Die Gemeinde hat beschlossen, der Flurname sei zu morbide, um ihn als Strassenname zu übernehmen. Stattdessen sollen die Leute dereinst am Tulpenweg wohnen dürfen. In Online-Kommentaren wurde diese Staufner Befindlichkeit harsch kritisiert: «Quatsch», «Ach wie bescheuert!», «Schwachsinn», «Oje, welche Mimosen!», «1. April verpasst». Es gab aber auch den konstruktiven Vorschlag, statt der Tulpe, die bekanntlich keine einheimische Wildpflanze ist, Bernhart-Matter-Weg als Strassenname zu wählen. Der legendäre Gauner wurde am 24. Mai 1854 bei den Fünflinden, unmittelbar neben dem Galgenacher, enthauptet. Seine umstrittene Hinrichtung führte dazu, dass in Lenzburg eine der damals europaweit modernsten Strafvollzugseinrichtungen begründet wurde. Man wäre wohl ein «Galgenvogel» (Pardon, ein Schelm), wenn man den Staufner Behörden unterstellen würde, dass sie mit ihrem Entscheid vor allem der Bauherrschaft das Immobilienmarketing erleichtern wollten. Die Immobilienbranche betreibt nämlich ihr Geschäft oft mit seltsam schönfärberischen Namensblüten: So wird an der Ammerswilerstrasse in Lenzburg die Überbauung, deren Betonflächen die zigtausend Blumen der Gärtnerei Rupp weichen mussten, ausgerechnet als «Florapark» vermarktet – nur weil sie am Floraweg liegt. Wenn das kein Galgenhumor ist. Peter Buri, Lenzburg


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