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Bezirk Affoltern
Dienstag, 17. September 2013
Familie Wäber – als Glaubensflüchtlinge von Rifferswil in die weite Welt Eine Serie über Familien, die während Jahrhunderten ansässig geblieben sind ................................................... von kurt graf In der Kirche Rifferswil vermählt sich 1621 Heinrich Weber mit Barbara Brunner aus Wädenswil. Er stammt ursprünglich aus dem Hausertal, wo noch heute Verwandte wohnen, hat aber 1619 in Oberrifferswil ein Haus gekauft samt zugehörigem Wirtepatent, der «Tavernengerechtigkeit». Nach kurzer Zeit im «Alten Engel» (heute Familie Roth) ziehen sie vom Oberdorf ins Unterdorf. Heinrich Wäber (damalige Schreibweise für Weber) hat nämlich den westlichen Hausteil an der Jonenbachstrasse 48 (Fam. Frick) gekauft und richtet sein Restaurant nun hier ein. Zwischen 1622 und 1638 kommen ihre sieben Kinder zur Welt. Wahrscheinlich ist das Wirtshaus später von einem seiner Söhne an die Engelgasse verlegt worden, ungefähr beim Engelweg 9 (Vollenweider). Die Berufe sind aber breit gefächert, man findet unter den Nachkommen mehrere Bäcker, Schneider und Küfer. Einer ergreift sogar zwei sehr unterschiedliche Berufe: Jacob Wäber ist 1710 als Schmied und Schneider auf dem elterlichen Heimwesen im Unterdorf registriert. Einer seiner Brüder heisst nicht nur Wäber, sondern betätigt sich hauptberuflich auch als Weber im östlichen Hausteil (Corrado-Frick). Am Webstuhl verarbeitet er Flachs zu Leintüchern und Kleiderstoff oder Schafwolle zu Wolldecken, währenddem sich seine Frau am Spinnrad abmüht. Bekanntlich sind früher viele Familien aus dem Knonauer Amt nach den USA ausgewandert, sei dies aus religiösen oder aus wirtschaftlichen Gründen. Darüber berichtet eine Abhandlung von H.-U. Pfister, W. Hatchell und anderen Autoren (2011) über «Switzerland to America: Wäber of Rifferswil 1599–1936». Darin wird geschildert, dass 1639 zwei Urenkel von Heinrich und Barbara Wäber-Brunner emigrieren, nämlich der 1715 geborene Johann Heinrich Weber und sein 10 Jahre jüngerer, 14-jähriger (!) Bru-
der Hans Jacob. Sie reisen via Rotterdam nach South Carolina und erwerben dort ein recht grosses Terrain zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Natürlich wird hier Englisch gesprochen, und darum nennt sich die Familie nun Weaver. Sohn Henry Weaver ergreift einen der traditionellen Berufe seiner Vorfahren: Baker. Spätere Nachkommen heissen zum Beispiel Samuel Weaver (1764 geboren) und Zachariah Weaver (1831–1915). Nach Pennsylvania ist übrigens 1739 auch via Rotterdam Johannes Wäber ausgewandert, ein weiterer Bruder von Johann Heinrich und Jacob. Auf jener Bordliste figurieren auch die Namen weiterer Rifferswiler Familien: Frick, Grob, Bär und Schleipfer. In den USA angelangt, arbeitet der 21-jährige Rudolf Schleipfer übrigens als Müller unter dem Namen Slifer.
Einschneidende Veränderungen Wenn wir die jüngere Familiengeschichte in Rifferswil weiterverfolgen, so treffen wir in einer Zeit des Umbruchs auf einschneidende Veränderungen. Webers sind zwar «Unterdörfler» geblieben. Doch 1837 befindet sich die Albisstrasse im Bau, und Johannes Weber errichtet am neu angelegten Strassenabschnitt durchs Unterdorf ein Bauernhaus mit Stall und Scheune (Haller). Er zieht also mit seiner Familie von der Strassenkreuzung weg, 300 Meter gegen Mettmenstetten hin. Seine Schwester heiratet 1838 Heinrich Sidler, der aus Ottenbach zuzieht (damalige Schreibweise: «Sydler»). Familie Sidler-Weber wohnt zwar noch bis 1894 in einem Doppelhaus neben dem angestammten Bauernhof. Aber dieses Bauernhaus, worin sie und Familie Urner wohnen, brennt 1894 nieder. Daraufhin verschieben Sidlers ihrerseits den Wohnsitz, und zwar gegen die Engelgasse hin. Auch Heinrich Webers Familie ändert ihren Aktionskreis und lässt 1869 einen weiteren Bauernhof an der Albisstrasse entstehen (heute Familie Müller).
Im hinteren Teil dieses Wohnhauses befand sich Familie Urners Sennerei, im vorderen Teil Familie Webers Gaststube und Schneideratelier. (Bilder zvg.)
Mehr als ein Dutzend Familien Bär Die Velorennfahrer Egli, Knecht und Pfenninger schrieben Geschichte des Radsports. Fritz und Louis Pfenninger fuhren zusammen erfolgreich Sechstagerennen, 1933 wurde Paul Egli Amateur-Radweltmeister und 1946 war Hans Knecht sogar ProfiWeltmeister. Die Herkunft ihrer Familien aus dem Zürcher Oberland wird momentan von Karl Manser in Wald untersucht (maeni.manser@hispeed.ch). In einem Kalender 2014 präsentiert er mit Bildern und Texten zwölf alteingesessene Familien: Egli, Halbheer, Honegger, Hürlimann, Kindlimann, Knecht, Pfenninger, Schaufelberger und Weber. In Rifferswil könnte man allein schon zum Namen Bär über mehr
als ein Dutzend Familien berichten, zum Beispiel Bär Johannesen, Bär Klyheinis, Bär Ratschreibers, Baer Salzer, Bär Viehärzte. Dazu noch kurz eine Anekdote, die von Alfred Schneiters Vater aus Hauptikon stammt: Vor etwas über 100 Jahren fanden sich an der militärischen Aushebung hintereinander drei angehende Rekruten Bär aus Rifferswil ein, so dass der Aushebungsoffizier leicht spöttisch die Frage stellte, ob der nächste Kandidat wieder Bär heisse. Man antwortete ihm wahrheitsgetreu, der nächste wäre kein Bär, sondern ein Wolf. Familie Wolf bewirtschaftete einen Bauernhof zwischen Hauptikon und Rifferswil im «Ambühl». (kg.)
Zwei Wappen der Familie Weber, welche symbolisch die Schiffchen des Webstuhls aufweisen.
Ein Webkeller vor 200 Jahren.
Am Spinnrad verbrachten Frauen und auch Kinder viele Stunden. Ölbild von Heinrich Gabriel.
Der Dorfschneider bei der Arbeit. Ein bekanntes Ölbild von Albert Anker.