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DORNECK

Donnerstag, 23. Januar 2020 Nr. 04

SEEWEN

WITTERSWIL

Das emotionale Wechselspiel im Spiegel des Alltags

Weiterer Ausbau in Vorbereitung

Andrang: Pedro Lenz lockte mit seiner Lesung viele Personen ins Museum. Der Saal im Eingang des Museums für Musikautomaten in Seewen war zu klein für den kulturellen Leckerbissen vom Sonntagmorgen. Die Stühle reichten bei weitem nicht aus – aber das Ausharren auf einem Stehplatz war immer noch besser, als die Lesung von Pedro Lenz zu verpassen. bea. David Schönhaus, neuer Programmchef der Gesellschaft des Museums für Musikautomaten in Seewen (GMS), hatte sich einen überwältigenden Auftakt für das Veranstaltungsjahr 2020 gewünscht, wurde dann aber von der Anzahl Gäste schlicht überrumpelt. Der Eintrittspreis wurde geregelt über eine nachträgliche, freiwillige Gabe in den Topf. Lenz beherrscht das Spiel mit dem Sound der Sprache perfekt. Man könnte ihm stundenlang zuhören. Das Banale wird zum Aussergewöhnlichen, die Komplexität des Lebens kommt in einfachen Sätzen auf den Punkt, seine Geschichten animieren zum Sinnieren im positiven Sinn, und sie rufen die emotionale Achterbahn des Lebens ins Bewusstsein: Der Alltag ist geprägt von einem Wechselspiel von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. So, wie auch an diesem Sonntag die Bandbreite der Emotionen gross war. Man begann den Anlass im Gedenken an den Museumsgründer Heinrich Weiss, der letzte Woche im Alter von 99 Jahren verstorben war, und zeigte sich

FOTO: BEA ASPER

betroffen. Dann hörte man sich die Mundartgeschichten von Pedro Lenz an und war erheitert. Man fühlte sich angesprochen und fand manche Parodie köstlich: zum Beispiel jene über den Radiomoderatoren, dessen übertriebene Freundlichkeit den Eindruck erweckt, man sei nicht ganz bei Sinnen, oder über die Vorurteile, die einem in einem asiatischen Restaurant beim Lesen eines Inserates «Hund wird vermisst» einfach so überkommen. Man genoss die Gedankenwanderung beim «Schnell Gschwellti mache» und liess sich die Häppchen mit den Klischees vom Emmental (Heimat von Pedro Lenz als Sohn einer Spanierin und eines St. Gallers, heute wohnhaft in Olten) auf der Zunge zergehen. Die Zuhörerinnen und Zuhörer dankten es ihm mit herzlichem Applaus und sie stellten sich nach der Lesung in die Schlange, um ein Buch mit einer persönlichen Widmung zu erwerben. Die GMS hat in den nächsten Monaten weitere Highlights zu bieten. Als Mitglied (das kann man auch noch werden) kommt man in den Genuss von vielen Vergünstigungen und wird jeweils eingeladen zu Ausflügen und spannenden Reisen in die geheimnisvolle Betriebswelt von besonderen Schweizer Unternehmungen. Das Programm der Gesellschaft des Museums für Musikautomaten in Seewen ist unter www.gms-seewen.ch zu finden.

Grosse Pläne: (v. l.) Eugen Koller, Planer, die Mitglieder der Arbeitsgruppe Doris Weisskopf, Rolf Widmer, Markus Gamma und Max Rudin sowie Gemeinderat Toni Wyss. FOTO: BEA ASPER

Die Gemeinde Witterswil hat Grosses vor. Das halbe Dorf könnte am Fernwärmesystem angeschlossen werden und vom nachhaltigen Energiekonzept profitieren. Dieses setzt auf Buchenschnitzel aus dem eigenen Wald und bietet den Haushaltungen viele Vorteile. Bea Asper

M

it ihrer Schnitzelheizung und dem Fernwärmenetz zählt Witterswil bezüglich Nachhaltigkeit zu den Vorzeigegemeinden. Gerade das Leimental verzeichnete viele Trockenheitsschäden im Wald. Die betroffenen Buchen sorgen nun in Witterswil in den Wohnhäusern und öffentlichen Gebäuden für angenehme Wärme. Die Schnitzel können ohne Lagerung direkt dem neuen Ofen zugeführt werden, welcher das Herstück des zukunftsgerichteten Energiekonzepts von Witterswil bildet. «Die Idee dafür war 2014 als Vision

entstanden», erinnert sich Gemeinderat Toni Wyss, der das Projekt massgeblich vorangetrieben hat. Damals entschied sich der (bürgerlich dominierte) Gemeinderat, bei den öffentlichen Gebäuden von der Öl- auf eine Schnitzelheizung umzusteigen und ein Fernwärmesystem zu realisieren, an dem die Einwohner partizipieren können, ohne dass man eine AG gründet. Man beliess die Zuständigkeit bei der Gemeinde und regelte die Finanzierung über eine Sondervorlage. Begleitet wurde das Projekt von einer Arbeitsgruppe, die in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Planungsfirma Gunep für jeden Einzelfall die ideale Lösung suchte. Kein leichtes Unterfangen: «Ohne überdurchschnittliches Engagement wäre das alles nicht machbar gewesen», resümierte Planer Eugen Koller. Und Bürgerpräsident Max Rudin (Mitglied der Arbeitsgruppe) ergänzte: «Es brauchte einige Überzeugungsarbeit, möglich war dies nur im persönlichen Gespräch.» Besichtigung der Heizzentrale Am Samstag war die Öffentlichkeit zu einer Besichtigung der Heizzentrale eingeladen und hatte Gelegenheit, das Interesse für einen Anschluss zu deponieren. Dieser biete nebst der Nachhaltigkeit den Vorteil der längerfristig günstigen Heizkosten und den Wegfall des

VERANSTALTUNG

BÜREN

«Pelati Delicati» und eine Erzählung

Gemeinsam nach neuen Lösungen suchen

Nach einem erfolgreichen 10 Jahre-Festival im Jahr 2019 zeigen Pelati Delicati schon im Januar 2020 zwei ihrer Programme im neuestheater.ch. Dieses Mal steht die Musik der vergangenen 60 Jahren aus Italien im Vordergrund. Sie verführen die Gäste nach Bella Italia. «Ich muss Deutschland» «Ich muss Deutschland» basiert auf einer Erzählung von Catalin Dorian Florescu, die im Band «Der Nabel der Welt» erschienen ist. Der Text hat 2019 beim internationalen Literaturwettbewerb «Frontiere/Grenzen» den ersten Preis erhalten. Ein junger, rumänischer Grenzpolizist trifft einen syrischen Flüchtling auf der sogenannten «Balkan-Route» in den Westen. Ursina Greuel hat die Erzählung in Zusammenarbeit mit Catalin Dorian Florescu sanft dramatisiert. Sie ist bekannt dafür, literarische Texte mit grosser Schlichtheit und Intensität auf die Bühne zu bringen. Der Autor erzählt im Anschluss an die Aufführungen über seinen literarischen Zugang zum Thema Flucht. Eleni Foskett-Prelorentzos Pelati Delicati «Celentano arriviamo! Una storia d’amore per Adriano»: Samstag, 25. Januar, 19.30 Uhr Pelati Delicati «Volare – Über die unendliche Leichtigkeit des italienischen Schlagers»: Sonntag, 26. Januar, 18 Uhr «Ich muss Deutschland»: Mittwoch, 29. Januar, Freitag, 31. Januar und Samstag, 1. Februar, jeweils 19.30 Uhr

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privaten Unterhalts (Kontrolle und Reparatur), argumentierte Rudin. Im Moment konzentrieren sich die über 30 Anschlüsse auf das Gebiet rund um die Bahnhofstrasse. Da diese saniert wurde, konnten Synergien genutzt werden. Der nächste Ausbau für das Fernwärmesystem ist aber bereits in Planung, gab Wyss zu verstehen. Die aktuelle Klimadebatte spricht für das erklärte Ziel, dass im Jahre 2030 das halbe Dorf das heisse Wasser fürs Heizen und Duschen vom nachhaltigen Heizsystem der Gemeinde beziehen könnte. Aktuell stehen in der Zentrale zwei Holzschnitzelkessel mit 750 kW im Einsatz und das Netz beträgt 1,5 Kilometer. Nebst den Leitungen für das heisse Wasser wurde ein Kommunikationssystem verlegt. Dieses meldet der elektronischen Zentrale, mit welcher Temperatur das Wasser unterwegs ist und ankommt. Je mehr Haushaltungen angeschlossen sind, desto geringer wird der Verlust bei den weit entfernten Liegenschaften sein. Im Moment beträgt der Temperaturverlust nur zwei bis drei Grad Celsius, war von Wyss zu erfahren. Wie er ausführte, wird die Gemeinde Witterswil für ihr zukunftsgerichtetes Energiekonzept von der Stiftung «Klimaschutz und CO2Kompensation (KLIK)» mit Fördergeldern von rund 350 000 Franken unterstützt.

gwa. Es sind viele Fragen, welche die Gemeindepolitik bewegen können. Da sind zum Beispiel der Umgang mit dem Sozialwesen, dem zweitgrössten Posten eines Gemeindebudgets, die neuen Herausforderungen mit der immer älter werdenden Bevölkerung oder der Sinn einer Zusammenarbeit mit einer Nachbarsgemeinde. Das Forum Schwarzbubenland lud zur jährlichen Konferenz der Gemeinderäte ein, um solche Fragen zu diskutieren und durch Kurzvorträge neue Inputs zu geben. Gemeindepräsidentinnen, Gemeinderäte, Gemeindeschreiberinnen und Beiräte des Schwarzbubenlandes reisten letzte Woche nach Büren, um sich im Oberstufenzentrum auszutauschen. Vier Themen standen zur Auswahl, zwei davon konnten gewählt und vertieft werden. Überleben mit 986 Franken Doris Zobrist und Christoph Merkx von der Sozialregion Dorneck beziehungsweise Thierstein zeigten die Einflussmöglichkeiten und den Spielraum der Gemeinden im Bereich der Sozialhilfe auf. Es stellte sich bald heraus, dass doch viele Vorurteile das Thema behaften. Gegensteuer könne erreicht werden durch mehr Informationen und Transparenz, folgerten die Teilnehmenden. So erstaunte, dass eine alleinstehende Person ihren Grundbedarf mit 986 Franken pro Monat bestreiten muss. Wobei noch 1000 Franken fürs Wohnen sowie die

Konferenz der Gemeinderäte: Doris Zobrist von der Sozialregion Dorneck erklärt die Einflussmöglichkeiten der Gemeinden im Bereich der Sozialhilfe. FOTO: GABY WALTHER Finanzierung der Krankenkasse und eventuell des Zahnarztes von der zuständigen Gemeinde vergütet werden. Wer ein Auto besitzt und fährt, dem werden 500 Franken pro Monat abgezogen. Als Vermögen darf der Sozialhilfebezüger höchstens 2000 Franken besitzen. Ein Anwesender schlug als Lösungsansatz vor, die Zusammenarbeit mit dem Gewerbe zu stärken, um die Personen wieder in den Arbeitsprozess einfügen zu können.

Pflichten im Alter Die Altersstruktur wird sich in 20 Jahren verändert haben. Es wird viel mehr Menschen im Pensionsalter und mit sehr hohem Alter geben. Deshalb fordert Claudia Hänzi, Leiterin des Amtes für soziale Sicherheit, die Gemeinden auf, weiter zu denken als nur für die Dauer der Legislaturperiode. Dass es schwierig sei, in einem kleinen Dorf, in dem Post, Einkaufsladen, Bank und Restaurant fehlen, einen attraktiven

Wohnraum fürs Alter zu schaffen, war man sich schnell einig. Altersheime aus der Peripherie ins Zentrum holen, Pflichten auch von alten Menschen einfordern, Eigenverantwortung fördern oder neue Wohngedanken anstossen, waren einige der Ideen, welche in der Atelierrunde diskutiert wurden. Beim anschliessenden Apéro wurden die Ideen der Atelierrunden weitergesponnen und der Kontakt unter den Gemeinden gepflegt.


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