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Bezirk Affoltern
Freitag, 27. Januar 2017
Arm verstorben – Wertvolles hinterlassen Die Stiftung Rotenbirben nimmt sich dem Erbe Ernst Albert Suters an Nein, reich war Ernst Albert Suter nicht und es ist nach seinem Tod auch keine millionenschwere Bildersammlung aufgetaucht. Der Nachwelt hat er das vermacht, was ihm am Wertvollsten war und für das er sich zeitlebens eingesetzt hatte – sein Kulturland Rotenbirben in Bonstetten.
Rotenbirben interessiert. Später soll ein Lehrpfad zum Thema «Der Bauernstand im 19. und 20. Jahrhundert entstehen. Ambitionierter ist der Bau eines Treibhauses mit Solarzellen, welches ohne zusätzliche Energie von aussen auskommen soll. Hier wird die Stiftung auf die Zusammenarbeit mit Ingenieuren angewiesen sein, die willens sind, ihr Wissen für die gute Sache einzusetzen. Eine erschwingliche Beteiligung an der Rotenbirben, ist die Übernahme einer Patenschaft für einen der Obstbäume. Der Baumpate muss sich nicht einmal aktiv um die Baumpflege kümmern, aber erhält einen Teil des Ertrages an seinem Patenbaum.
................................................... von andrea bolliger Ernst Albert Suter, man nannte ihn Albert, erblickte am 15. Mai 1925 an der Rütistrasse 5 in Bonstetten das Licht der Welt. Im selben Haus ist er am 6. Januar 2016 auch verstorben. Zwar wanderte er mit 28 Jahren nach Neuseeland aus, wo er als Maler und Gipser tätig war, doch nach dem Tod seines Vaters, kehrte er 1986 nach Bonstetten zurück und übernahm den elterlichen Hof. Die Familie Suter stammte ursprünglich aus Herferswil, wo sie ein stattliches Bauerngut besessen hatte. Dieses verloren sie durch eine schiefgegangene Bürgschaft, die Albert Suters Grossvater übernommen hatte. Den Bauernhof mit Umland in Bonstetten hatte der Grossvater 1906 erworben. Schon damals war es ein ärmliches, altes Haus. Reich war die Familie nie. Albert Suter war die Erhaltung des Kulturlandes das Wichtigste. In den 1980er-Jahren wurde eine Revision des Zonenplans vorgenommen, das landwirtschaftlich genutzte Land der Rotenbirben wurde dabei zur Reservezone deklariert, um es jederzeit problemlos in Bauland umwandeln zu können. Er setzte sich vehement und erfolgreich dafür ein, dass sein Land wieder als landwirtschaftlich genutztes Kulturland eingetragen wurde. In seinem Testament verfügte Albert Suter deshalb, dass nach seinem Tod die Stiftung Rotenbirben zu gründen sei und sein gesamter Besitz in diese übergehen soll. Der Flurname Rotenbirben kommt nicht von ungefähr. Im Herbst färben sich die Birnbäume rot und «Birben» sind im alten Bonstetter Dialekt Birnen. Rund um den Hof stehen etliche dieser Bäume. Dass er den Hof und das Land der Gemeinde vermachen würde, kam für ihn nie in Frage. Nicht weil er einzelnen Behördenmitgliedern nicht vertraut hätte, sondern im Wissen, dass diese immer wieder wechseln. Von seiner Idee liess sich der gradlinige Mann nicht abbringen. So betraute er letztlich Pfarrerin Susanne Sauder-Rüegg damit, seinen Willen zu vollstrecken. Noch zu seinen Lebzeiten suchte sie geeignete Stiftungsräte und unterbreitete ihm eine Liste mit deren Namen. Ihr erster Auftrag war es, die Stiftung zu gründen und bis dahin sein Erbe mit bestem Wissen und Gewissen zu verwalten. Im Stiftungsrat wirkt sie aber nicht mit. Ein solches Engagement wäre für sie zeitlich nicht zu bewältigen. Ihr Mann Urs-Peter Sauder war ebenfalls mit Albert Suter befreundet und der Erblasser war mit ihm als Präsident des Stiftungsrates einverstanden. Als langjähriger Unter-
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Keine Barschaft hinterlassen
Die Rotenbirben im Winter. (Bild Andrea Bolliger)
Erneuerungsbedürftige Schindeln.
Das Haus wird noch heute mit dem Kachelofen beheizt. (Bilder zvg.)
nehmer ist Sauder mit Geschäftsführung ohnehin vertraut und hat die anspruchsvolle Aufgabe mit Freude und Engagement übernommen.
Bäume unter fachmännischer Anleitung geschnitten. Für die interessierte Bevölkerung wird ein Winterschnittkurs organisiert (siehe Info-Box). Im Frühjahr werden die Bäume mit Biodünger genährt, der direkt zu den Wurzeln gespritzt wird. Bio deshalb, weil in der Nähe ein Bienenhaus errichtet werden soll. Für die Bienenzucht und Bienenhaltung wird noch ein ausgebildeter Imker gesucht.
Stattlicher Baumgarten mit seltenen Obstsorten Das Wohnhaus wurde inzwischen sanft renoviert und wird seit Oktober wieder bewohnt. Mieter mussten keine gesucht werden. Das junge Paar, das einzog, meldete sich selber beim Ehepaar Sauder, weil sie ein urtümliches und einfaches Leben führen möchten. Noch immer wird das Haus nur mit dem Kachelofen beheizt, nur einige zeitgemässe Haushaltgeräte, die bei der Renovation eingebaut wurden, sorgen für etwas Komfort. Zwei der Zimmer haben die neuen Mieter selber renoviert. Sie unterstützen die Idee des Stifters und wirken in der Öko-Gruppe aktiv mit. Zum Stiftungsinventar gehören nebst dem Bauernhaus mit Scheune und Waschhaus eine eigene Quelle und zirka 38 000 m², Agrarland. Der Stolz aber ist der Baumgarten mit gut einhundertfünfzig Hochstammbäumen mit Pro-Specie-Rara-Sorten. Dieser soll in seinem Zustand belassen und erhalten werden. Jetzt im Winter werden die
Es fehlt nicht an Ideen und Projekten Die Jugend sei sehr interessiert und helfe engagiert mit, sagt Urs-Peter Sauder. Die Schulkinder, die im vergangenen Herbst beim Obstpressen mitgemacht haben, hätten vom Erlebnis geschwärmt. Zusammen mit dem Projekt «Gartenkind» wird ein Schulgarten realisiert. Kinder von der 2. bis zur 5. Klasse können sich für den Gartenkurs anmelden. Dieser findet von Mitte März bis Ende September einmal pro Woche nach Schulschluss statt. Die Kinder bekommen so eine Vorstellung davon, woher Gemüse und Früchte kommen und sie erleben den Zyklus der Pflanze von der Keimung bis zur Ernte mit. Die Rotenbirben soll Begegnungsort mit Feuerstelle und Spielmöglich-
keit werden. Wenn die Scheune einmal von den gesammelten alten Landmaschinen und Werkzeugen befreit ist, sollen dort Begegnungs-, Seminarund Diskussionsräume entstehen. Ein erster öffentlicher Anlass findet am Wochenende vom 24. bis 26. März statt. Zur Eröffnung wird der Film «More than Honey» in der reformierten Kirche gezeigt. Tags darauf findet auf der Rotenbirben ein Frühlingsfest mit einem Mittagessen statt, wo die Stiftung ihre Projekte vorstellt. Tatsächlich hat sich auch schon ein Hochzeitspaar für eine Trauung auf der
Das Finanzielle wird eine grosse Herausforderung für die Stiftung. Der Erblasser, hinterliess nämlich nur wenig Barvermögen. Die Einnahmen bestehen derzeit aus der Miete des Wohnhauses und dem Baurechtszins des Bonstetter Feuerwehrgebäudes. Dieses Stück Land verkaufte der Erblasser nicht an die Gemeinde, sondern überliess es ihr nur im Baurecht. «Auch der Gemeinderat von Bonstetten signalisierte seine Anerkennung und sein Wohlwollen gegenüber unserer Stiftung», sagt Urs-Peter Sauder. «Wir sind deshalb zuversichtlich, dass wir in nächster Zeit eine Steuerbefreiung durch das Kantonale Steueramt Zürich zugesprochen erhalten.» Kopfzerbrechen bereiten allerdings die Schindeln am Wohnhaus, so Urs-Peter Sauder, «diese sollten in zwei bis fünf Jahren ersetzt werden und das wird gemäss Schätzung mehr als 200 000 Franken kosten. Damit die Hinterlassenschaft Albert Suters der Nachwelt erhalten bleibt, ist die Stiftung, nicht nur auf die freiwillige Mitarbeit der Bevölkerung, sondern auch auf breite Unterstützung durch Gönnerbeiträge angewiesen. «Der Worst Case,» so Urs-Peter Sauder, «wäre, wenn wir die Stiftung Rotenbirben aufgeben und in eine Stiftung mit mehr finanziellen Mitteln überführen müssten». Das Ziel sei, dass die Stiftung im Bezirk verankert bleibe. Das Bedürfnis scheint gross. Auch andere Bauern in ähnlicher Situation schauen gespannt und interessiert auf das neuartige Modell. Weitere Infos Telefon 043 818 71 76 oder E-Mail: susanne.sauder@zh.ref.ch. Fundraising im Internet: https://www.fundraiso.ch/sponsor/rotenbirbenstiftung/.
Winterschnittkurs Die Stiftung Rotenbirben organisiert an den Samstagen, 11. und 18. Februar, jeweils von 9 bis 16 Uhr einen Winterschnittkurs im Obstgarten «Rotenbirben». An verschiedenen Posten lernen die Teilnehmenden wie man Jungbäumen Erziehungsschnitte verpasst, wie man ältere Bäume vitalisiert und was es für Kronenformen gibt. Die Teilnehmenden
erfahren, wie ein Baum funktioniert und wie sich Sonnen- und Mondzyklen auf den Saftfluss im Baum auswirken. Zudem ist eine Werkzeugkunde vorgesehen. Kurskosten 40 Franken. inkl. Mittagessen und Zwischenverpflegung. Anmelden bis 8. Februar bei Jeremy Notz, jeremy.notz@hotmail.com. Infos bei Marco Bösch, Telefon 079 468 62 70.