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Nachhaltige Auszeit

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Human Resources

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Nachhaltige Auszeit auf der Alp

Es war einer meiner ganz grossen Träume: einen Sommer «z’Bärg». Jetzt ist es kein Traum mehr, sondern bereits Geschichte … Tauchen Sie mit mir in meinen unvergesslichen Sommer ein.

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Auf 1’738 m.ü.M., oberhalb von les Diablerets, befindet sich die Alp Marnex. Familie von Siebenthal geht dort seit über 30 Jahren jeden Sommer «z’Alp». Dieses Jahr hatte ich das grosse Glück und durfte sie begleiten. Ich war gut vorbereitet und wusste, auf was ich mich einlassen würde. Trotzdem wurden meine Erwartungen in jeglicher Hinsicht übertroffen. Es war viel anstrengender und schweisstreibender, aber auch viel beeindruckender und schöner als gedacht. Am Anfang kam ich schnell an meine Grenzen und am Schluss gab es keine Grenzen mehr! Dieser Sommer hat mir gezeigt: Wir sind zu allem fähig, wenn wir es nur wirklich wollen. Mein Körper wurde innerhalb weniger Tage vom «Bürogummi» zum «Älpler» und dies nur aus einem Grund: Ich wollte!

Aller Anfang ist schwer. Ja, so war es auch bei mir. Schon nach den ersten zwei Stunden des Tages war ich jeweils kaputt. Die Kühe pilgern über Nacht auf ca. 400 Höhenmeter oberhalb der Alphütte, denn da oben gibt es junges Gras und frische Kräuter. Das heisst, die erste Aufgabe des Tages ist es, die rund 30 Tiere vom Berg herunterzuholen. Einmal steil hoch, alle Tiere finden – bei Nebel eine schwierige Sache – und dann schnell hinunter. Der Schwung muss in der Herde bleiben, sonst kann es passieren, dass eine Kuh einen anderen Weg einschlägt. Es muss schnell gehen und man muss konzentriert arbeiten. Geht ein Tier oben auf dem Berg vergessen – alles nochmals von vorne. Klingt hart? Ist es auch. Aber die Blumenpracht, die Begegnungen mit Gemsen und Steinböcken sowie die Aussicht sind unbezahlbar und jeden Aufstieg wert.

Unten angekommen, sind wir alle durstig, trinken und dann werden die Kühe in den Stall gebracht. Jede Kuh kennt ihren Platz, die meisten Kühe gehen schon viele Sommer hier «z’Bärg». Gemolken wird in einem alten, engen Stall. Die Milch wird anschliessend zum «Chessi» gebracht, damit sie verkäst werden kann. Je später im Sommer, desto mehr Käslaibe liegen im Käsekeller und wollen täglich gesalzen und gewendet werden.

Bei schönem Wetter sind wir den ganzen Nachmittag bis spät abends mit Heuen im Tal beschäftigt. Das Heu bringen wir zum Heimbetrieb, und verräumen es mit dem Heukran in der Scheune. Am Ende des Sommers haben wir Heu bis unters Dach, so haben die Kühe genügend Futter für den bevorstehenden Winter.

Die Natur hat diesen Sommer alles gegeben – Regen, Hagel, Steinlawinen, wundervolle heisse Sommertage, die allerschönsten Sonnenuntergänge und das Herbsterwachen über dem Nebelmeer. flussen. Das heisst, stundenlang bei strömendem Regen Zäune aufbauen und tagelang bei hitzigen Temperaturen heuen. Denn was gemacht werden muss, muss eben gemacht werden.

Von Familie von Siebenthal konnte ich diesen Sommer nicht nur über die Landwirtschaft und Natur viel lernen, sondern vor allem haben sie mir gezeigt, auf was es wirklich ankommt im Leben. Diese Leute gehen seit Jahrzehnten jeden Sommer auf die Alp, arbeiten hart und lange und beklagen sich nie. Sie tun es, weil es ihre Leidenschaft ist und sie tun es für unsere Natur und das Wohl ihrer Tiere.

Geld, Kleider, ein schnelles Auto, teurer Schmuck … Das ist alles «nice to have», und ja, auch ich mag das gerne. Aber für mich bedeutet wirklicher Reichtum seit diesem Sommer etwas ganz anderes. Das Verständnis, dass ich nicht arbeite, damit ich am Ende des Monats Geld auf meinem Konto habe, sondern dass ich arbeite, weil ich es gerne tue. Der Lohn sollte stets die Belohnung sein für das, was man tut, aber nie der Grund.

Die Natur ist riesig und wir Menschen ganz klein. Das sollten wir nicht vergessen. Beklagt euch nicht, wenn es wieder einmal «zu heiss» oder «zu kalt» ist. Die Natur weiss schon, was sie tut und weshalb es Regen oder Sonne braucht. Seid froh, können wir nicht auch das noch beeinflussen.

Ich möchte mich ganz herzlich bei der Auwiesen Immobilien AG bedanken, dass ihr mir den unbezahlten Urlaub und all die unvergesslichen Momente ermöglicht habt. Der viermonatige Alpsommer 2021 wird ein Leben lang nachhaltig in meinen Erinnerungen bleiben.

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