2018 12 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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SCHÖNE BESCHERUNG BESINNLICH

BEDENKLICH

BEACHTLICH

Asphalt-Verkäufer erzählen ihre Weihnachtsgeschichten

Viele Obdachlose müssen im Winter draußen bleiben

Star-Geiger David Garrett brilliert in allen Genres


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Notizblock

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Angespitzt

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Alle Jahre wieder … … kommt das Weihnachtsfest. Unsere Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer erinnern sich: an schreckliche, an fröhliche, an besondere Feste.

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Erste Geige David Garrett blickt mit seinem Album »Unlimited – Greatest Hits« auf zehn Jahre Crossover-Musik zurück.

15 Nix ist sicher In der monatlichen Polit-Talkreihe im hannoverschen ka:punkt hatte Klaus-Dieter Gleitze diesmal Lars Niggemeyer, Rentenexperte des DGB, zu Gast.

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Aus der Szene

18 Das muss mal gesagt werden 19

Im Spagat Hannovers Sozial- und Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf im Asphalt-Gespräch.

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Aus der Szene

23 Rund um Asphalt 25 Zoo-Rätsel 26 Aus dem Leben von Asphalt-Verkäufer Reiner

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Intensiv tätig Manch junger Straftäter in der JVA Bremen gehört schon zu den »schweren Jungs«. So wie Steven (17). Asphalt hat er seine Geschichte erzählt.

33 Briefe an uns 34 Buchtipps 35 Dezember-Tipps 38 Impressum/Ihr Engagement

Titelfoto: AlexeySulima/iStock.com

39 Silbenrätsel

Das Asphalt-Prinzip Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung.


Foto: Markus Lampe

Weihnachten steht vor der Tür. Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer erinnern sich in diesem Heft an eigene Weihnachtsfeste, an schöne, aber auch schwierige Heilig Abend Erlebnisse: Das reicht von erlebter Sprachlosigkeit in der Familie bis hin zur Wiedersehensfreude mit erwachsen gewordenen Kindern oder später auch Enkeln inklusive leuchtender Kinderaugen. Weihnachten berührt. Weihnachten, das »Fest der Liebe polarisiert. Wir alle haben unsere ganz eigenen Erinnerungen an diese besonderen Tage im Jahr. Nach der Schule hatte ich die Banklehre schon zugesagt, danach wollte ich Jura studieren, vorher stand für mich der Grundwehrdienst an. Heilig Abend lief ich Streife, während hinter dem Zaun die Lichter leuchteten. Bilder, die sich einprägen. Weihnachten sind Sehnsüchte da – nach einer anderen Welt, einer vielleicht besseren Welt, einer Welt, in der die Idee Gottes für uns Menschen Kontur gewinnt. Und so kam es beruflich bei mir anders, aus Banklehre und Jura wurde ein Theologiestudium. Den Heiligen Abend habe ich die letzten Jahre im Diakonischen Werk verbracht. Mit einem tollen ehrenamtlichen Team und gut hundert Gästen. Oft sind es Menschen von der Straße, die geradezu in den Saal strömen. Manchmal müssen wir dann sogar die Türen schließen, »denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge«. Es sind zu viele und wir erleben die Weihnachtsgeschichte näher am Original. Beim Lesen dieser Geschichte ist es sehr still im Raum. Nicht wenige gehen danach abends wieder raus, zum Teil in die städtischen Notunterkünfte. Draußen ist es kalt, dunkel, unwirtlich. Viele versuchen, irgendwie durch zu kommen. Es gibt Hilfsangebote in den Städten, auch in Hannover. Berichte, etwa über die Kältehilfe, finden Sie in diesem Heft. Momente, in denen es aufblitzt, wenn geholfen wird. Es gibt Hoffnung in dieser Welt. Aber es wird auch schnell und oft viel zu früh wieder dunkel. Deshalb: Gut, dass es Menschen wie Sie gibt. Die uns, die Asphalt unterstützen. Dass Sie ein schönes, ein gesegnetes Weihnachtsfest voller Lichtblicke erleben können, das wünschen wir alle Ihnen: Verkäuferinnen und Verkäufer mit allen, die Asphalt möglich machen. Und danach freuen wir uns auf ein Wiedersehen oder zumindest ein Wiederlesen im neuen Jahr! Herzliche Grüße Ihr

Rainer Müller-Brandes · Diakoniepastor

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Liebe Leserin, lieber Leser,

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Foto: G. Biele

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Arbeitsprogramm für Obdachlose Hannover. Mehr Hygiene, mehr Krankenversorgung, mehr spezielle Arbeitsgelegenheiten, mehr Unterstützung für Frauen und Junge: Eine große Mehrheit im Sozialausschuss des Landtages hat ein neues Programm für Obdach- und Wohnungslose in Niedersachsen auf den Weg gebracht. Unter anderem soll laut dem ursprünglich von CDU und SPD eingebrachten Antrag ein Pilotprojekt für spezielle Arbeitsgelegenheiten für Obdachlose entwickelt werden. Hintergrund: Viele Menschen aus der Wohnungslosenszene sind von den strengen Vorgaben und dem Sanktionsdruck üblicher Jobcenter-Maßnahmen überfordert und fallen daher regelmäßig aus dem System heraus. Für in Niedersachsen gestrandete Wanderarbeiter, die in den Städten verelenden, sollen zudem mit den Herkunftsländern Perspektiven ausgehandelt werden, damit diese meist osteuropäischen Obdachlosen »zügig nach Hause zurückkehren können«. Ein konkreter Finanzrahmen für die geforderten Verbesserungen wurde nicht beschlossen. Die Grünen hatten weitergehend gefordert, eine Wohnungslosenstatistik einzuführen, wie sie seit Jahren auch von vielen Hilfeverbänden angemahnt wird. Zudem sei die flächendeckende Einführung von Präventions-Fachstellen bei drohendem Wohnungsverlust hilfreich. Die große Koalition lehnte beides ab, Grüne und auch FDP verweigerten aber dennoch dem Ursprungsantrag nicht die Zustimmung. Nur die AfD enthielt sich. MAC

Plan für Suchthilfe Hannover. Ein Konzept für einen anderen Umgang mit drogensüchtigen Obdachlosen hat das Ampelbündnis aus SPD, Grünen und FDP im Rat der Landeshauptstadt beschlossen. Demnach soll die Stadt unter Federführung von Sozialdezernentin Kon­ stanze Beckedorf in den kommenden Jahren klären, wo die Hannoveraner Obdachlosigkeit und Drogensucht erdulden müssten, wie die Menschen gezielt auf Hilfsangebote hingewiesen und die bestehenden Angebote verbessert werden könnten. 250.000 Euro wurden dafür bereitgestellt. Zuletzt war die Zahl der Süchtigen und Obdachlosen rund um den Bahnhof stark angestiegen. Die Stadtspitze hatte mit massiver Personalaufstockung von Sicherheitsmitarbeitern und verstärkten Kontrollen reagiert, die zur Vertreibung der Menschen geführt hatte. Das allein sei nicht zielführend, hieß es jetzt seitens der Ampelpartner. MAC

Mehr Wohnungen gefordert Hannover. Die Landesarmutskonferenz (LAK) fordert eine massive Ausweitung des Wohnungsbaus. Auf ihrer Fachtagung am 13. November bilanzierte die LAK eine dramatische Zuspitzung im Land. So müssten 44 Prozent aller Haushalte in Oldenburg mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens allein für die Miete ausgeben. In Hannover seien es 43,3 Prozent. Insgesamt fehlten in Niedersachsen heute 110.000 bezahlbare Wohnungen. Die Zahl der Sozialwohnungen sei laut LAK von knapp 97.000 im Jahr 2012 auf 86.000 im Jahr 2016 zurückgegangen. In den kommenden Jahren werde sich der Schwund noch beschleunigen, da bei vielen Wohnungen die Sozialbindung auslaufe. So fielen von 2016 bis 2020 rund 31.100 Wohnungen aus der Bindung, in den darauffolgenden fünf Jahren weitere 21.000. Deshalb fordert die LAK eine Aufstockung auf mindestens 100.000 Sozialwohnungen. Besonders der Wohnungslosigkeit müsse entgegengewirkt und in den bestehenden Unterkünften menschenwürdige Verhältnisse geschaffen werden. Auf Bundesebene möge sich Niedersachsen für eine wirksame Mietpreisbremse und die Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit einsetzen. UM


Entwurzelte Kinder

Hannover/Braunschweig. Immer mehr Kinder und Jugendliche mit schweren chronischen Erkrankungen werden in Rehakliniken behandelt. In diesem Jahr hat die Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover 1.170 Heranwachsenden eine Therapie in einer auf junge Patienten spezialisierten Klinik ermöglicht. Das sei im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um acht Prozent. Besonders groß sei der Anstieg bei fettleibigen Kindern. Mittlerweile werden 22 Prozent der Patienten wegen Adipositas behandelt. Viele junge Menschen leiden zudem an Asthma Bronchiale oder an Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache. Adipositas und Asthma sind laut bundesweiten Erhebungen zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen – der so genannten KIGGS-Studie – Erkrankungen, die mit materieller Armut und sozialem Status in Zusammenhang stehen. MAC

Hannover. Besonders Kinder und Jugendliche leiden unter den Auswirkungen der Wohnungsnot in niedersächsischen Städten. Darauf hat der Landesvorsitzende des Kinderschutzbundes Johannes Schmidt hingewiesen. »Sie verlieren ihre gewohnte Umgebung, Freunde und Spielkameraden, wenn ihre Eltern aus Gründen unbezahlbarer Miete ihr Wohnumfeld verlassen müssen.« Das sei »brutal«. Eltern garantierten im Bewusstsein ihrer Kinder Sicherheit und Schutz und dazu gehöre eben besonders das Gefühl, in gesicherten Verhältnissen zu leben. Wenn neuerdings zusätzlich zur Stigmatisierung »Arme Kinder – Reiche Kinder« auch noch der Aspekt »Armer Stadtteil – Reicher Stadtteil« komme, betoniere die Gesellschaft eine Struktur »der gesellschaftlichen Spaltung bereits im Kindesalter«. »Wir warnen davor, dass hier der Damm bricht und eine völlig neue Dimension von Gettos entstehen kann«, so Schmidt. MAC

ZAHLENSPIEGEL »KINDER IN GEFAHR«

Die Jugendämter in Niedersachsen haben 2017

10.987 Mal eventuelle Gefährdung von Kindern überprüft. Laut Landesamt für Statistik ein Anstieg von 7,5 % gegenüber 2016. 1.517 (13,8 %) Verfahren wurden als »akute Kindeswohlgefährdung« bewertet. Die Zahl dieser

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Verfahren stieg um 18,2 % gegenüber 2016. Häufigster Grund: Vernachlässigung in 872 Fällen. Anzeichen für körperliche Misshandlungen gab es in

481 Fällen, Anzeichen für psychische Misshandlungen in 466 Fällen und Anzeichen für sexuelle Gewalt in 91 Fällen. In 1.473 Verfahren lag eine »latente Kindeswohlgefährdung« vor. In 3.918 Fällen haben die Jugendämter noch keine Gefährdung festgestellt, aber Hilfe für die Familien angeordnet. In 4.079 Verfahren (37,1 %) wurde keine Kindeswohlgefährdung festgestellt.

Beratung sofort nach Beitritt! Jetzt Mitglied werden! Kompetente Hilfe bei allen Fragen zum Mietrecht. Herrenstraße 14 · 30159 Hannover Telefon: 0511–12106-0 Internet: www.dmb-hannover.de E-Mail: info@dmb-hannover.de Außenstellen: Nienburg, Soltau, Hoya, Celle, Neustadt, Springe und Obernkirchen.

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Arme kranke Kinder

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ANGESPITZT

Verbindungen verlangen Weitsicht. Wenn wir von A nach B wollen, müssen wir vorausschauen. Damit sollte sich Ulf-Birger Franz auskennen. Denn der ist für Verbindungen (von A nach B) zuständig. Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz steht in Hannover für die Hochbahnsteige, die ULFOs (unglaublich lästige Fluch-Objekte), massive Betonriegel, die unsere Wege blockieren. Jedenfalls für Fußgänger, Radfahrer und Ästheten. Sein Ziel sei es, so Franz, den öffentlichen Nahverkehr (von A nach B) attraktiver zu machen und Autofahrer zum Umsteigen zu verleiten. Ohne Fahrkarten zu verbilligen. Durch »billigeren Nahverkehr steigt kaum jemand um«, weiß Franz. Falls der Bund jedoch einen kostenlosen Nahverkehr finanzieren würde (A),

»KEINE VERBINDUNG«

brächte das einen Kollaps, weiß Franz auch. Weil dann so viele umsteigen

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würden (B). Das sei zwar das Ziel, aber dazu darf es keinesfalls kommen und deshalb lehnt Franz auch die Verbindung des riesigen Neubaugebietes Wasserstadt Limmer (A) mit dem Stadtbahnnetz (B) ab. Die neuen Bewohner können dann mit ihrem Diesel (von A) in die City (B) fahren, wo laut Franz die »Parkflächen reduziert und verteuert werden« sollten. Und dann? Bricht der Autoverkehr zusammen und wir bleiben zu Hause (A). Denn einen ausgebauten Nahverkehr mit längeren Zügen kann es in Hannover auch nicht geben. Dafür sind die ULFOs zu kurz (kein Witz und kein B). Ulrich Matthias


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Auf der Straße: Wie ist das? Immer mehr Menschen sind wohnungslos in Deutschland, mehr als 50.000 leben sogar komplett auf der Straße. Darunter auch Tausende Kinder. Wie wird man obdachlos? Was sind die Gründe? Und warum sogar Kinder? Wir erklären es euch. Wie lebt man als Obdachloser? Wo bekommt man Hilfe? Und warum sind Hunde so wichtig? Wir haben für euch Betroffene und Helfer gesprochen. Wo organisieren sich Straßenkinder? Was hat das mit dem Handy zu tun? Und was können Straßenzeitungen bewirken? Wir erzählen es euch. Asphalt Kids, ab dem 17. Dezember für 4 Euro auf Straßen und Plätzen. Die Hälfte davon bekommt wie immer der Verkäufer.

Freundlicherweise gefördert durch

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Ab dem 17.12. n zu habe

festellen: il H , e d n u H r, e d Straßenkin ezial für Kinder p -S lt a h sp A r se n U . und Jugendliche

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ALLE JAHRE WIEDER … … kommt das Weihnachtsfest. Es kann dankbar, traurig, gesellig oder einsam machen. So vielfältig die Wahrnehmungen dieser speziellen Jahreszeit, so unterschiedlich sind auch die Erlebnisse. Unsere Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer erinnern sich: an schreckliche, an fröhliche, an besondere Feste.

Französisches Fahrrad … erzählt von Kalle (78) Ich erinnere mich gern an Weihnachten in meiner Kindheit, in Thüringen, auf unserem Bauernhof. Unsere Tanne haben wir immer selbst geschlagen und geschmückt. Meine Mutter hat mit meiner Großmutter gekocht. Entenbraten mit Klößen und geschmortem Rotkohl. An den Geschmack erinnere ich mich heute noch. Das war schön! Auch die Soßen! Mmmh. So lecker wie damals habe ich das nie wieder gegessen. Zuerst gingen wir aber immer in die Kirche. Als wir zurückkamen, mussten wir Kinder vor der Stube stehen bleiben und ein Weihnachtslied singen: »Stille Nacht« oder so, die alten Dinger. Das war ganz streng bei uns. Erst danach durften wir in die Stube, zum Weihnachtsbaum und den Geschenken. Viele gabs natürlich nicht, war ja kurz nach dem Krieg. Aber in einem Jahr, als ich acht Jahre alt war, habe ich ein besonderes Geschenk bekommen: ein modernes, französisches Fahrrad. Von meinem Adoptivvater. Er war Franzose. Mein Vater war ja im Krieg gestorben. In dem Jahr, als er mir das Fahrrad geschenkt hat, hat mein Adoptivvater das erste Mal mit uns Weihnachten verbracht. Er war ein Guter. Meine Mutter und er sind bis zum Tod zusammengeblieben. Und das Fahrrad, das habe ich ewig behalten – mindestens zwanzig Jahre lang.

Russische Weihnachten … erzählt von Natalie (48) Ich denke immer noch gern an unsere Weihnachten in Russland zurück. Dort bin ich nämlich geboren und aufgewachsen, nach Deutschland kam ich erst mit dreizehn Jahren. Weihnachten in Russland war ganz anders als hier und wurde auch später gefeiert, nämlich erst im Januar. Statt des Weihnachtmannes kam »Ded Moros« – »Väterchen Frost« – und er brachte seine Enkelin die Schneefrau »Snegurotschka« mit. Wir Kinder haben uns immer sehr auf das Fest gefreut. Wir verkleideten uns mit ganz verschiedenen Kostümen und jedes Kind musste ein Gedicht aufsagen. Ded Moros hat dann jedem Kind ein hübsch verpacktes Geschenk überreicht, es wurde weihnachtliche Musik gespielt und wir sind mit der Schneefrau um den Weihnachtsbaum im Kreis gegangen und haben gesungen: »Im Wald ist der Weihnachtsbaum geboren«. Dazu gab es natürlich auch Süßigkeiten für die Kinder. Das war wirklich schön.


… erzählt von Klaus (60) Ich bin ein Romantiker. Das habe ich wohl von meiner Mutter. Ich mag alles Gemütliche: Lichterketten und so. Und auch Weihnachtslieder! Zur Weihnachtszeit setze ich mich oft alleine hin und mache mir Musik an; zum Beispiel »Thank God it´s Christmas« von Queen. Freddie Mercury war ein toller Sänger. Einen Tannenbaum habe ich für mich alleine zwar nicht, aber immer ein Adventsgesteck, das ich mir jedes Jahr selbst gestalte. Das habe ich ja damals in der Gärtnerei gelernt. Eigentlich ist es komisch, dass ich Weihnachten so liebe, weil ich, wenn ich an meine Kindheit denke, gar keine guten Erinnerungen daran habe. In einem Jahr, da war ich ungefähr zwölf, hatte mein Vater eine richtige Krücke von Tanne besorgt. Oben hatte sie gar keine Äste! Meine Mutter liebte Weihnachten und hat immer versucht, uns Kindern ein schönes Fest zu bereiten. Sie war entsetzt, ist durchgedreht. Den Alten hat das natürlich nicht interessiert. Für ihn war das alles nur Kitsch! Das gab dann wieder richtig Krach, bis sie damit drohte, Schlaftabletten zu nehmen. Mein Vater war mal wieder besoffen, wie eigentlich immer. Er war starker Alkoholiker; hat sich ja letztendlich auch zu Tode gesoffen. Er hat dann oben einfach ein paar Löcher in den Stamm gebohrt und Äste von unten oben eingesetzt. Ihm war das alles egal. Hauptsache: Er konnte saufen. So hat er uns die Feste regelmäßig ruiniert. Wir waren immer froh, wenn er dann irgendwann eingepennt ist. Ich mag die Weihnachtszeit trotzdem. Mich überkommt dann immer so ein Wohlgefühl. Alles ist irgendwie ruhig, die Welt ist in Ordnung, alle Menschen lieben dich … so stelle ich mir das immer vor, auch wenn es totale Spinnerei ist, aber eine romantische Spinnerei.

Bestes Geschenk … erzählt von Tina (61) Das Wunder liegt schon etwas weiter zurück: Es war Weihnachten 1990. Mein Sohn war damals sieben Jahre alt. Ich habe ihn alleine großgezogen. Wir hatten damals ganz schön Pech mit unserer Wohnung, in der wir zur Untermiete gewohnt haben. Das war alles ganz schön komisch mit dem Vermieter. Wir hatten persönliche Differenzen. Er hat uns die Kündigung ausgesprochen und ab dem Zeitpunkt sogar die Toilette abgesperrt. Wir waren dann immer auf die Gutmütigkeit der Leute, die in der gegenüberliegenden Kneipe gearbeitet haben, angewiesen, um überhaupt auf Toilette gehen zu können. Bis zum Auszug haben wir keine neue Wohnung gefunden. Wir waren dann beim Wohnungsamt als wohnungssuchend/obdachlos gemeldet. Glücklicherweise haben uns meine Eltern vorrübergehend aufgenommen. Und dann haben wir ein richtiges Weihnachtswunder erlebt: Kurz vor den Feiertagen haben wir eine ganz schöne Wohnung bekommen – Neubau, Erstbezug, zwei Zimmer mit Balkon und Hinterhof. Was für ein Geschenk! Und es wurde noch besser. In die Wohnung sind wir dann sogar zu dritt gezogen. Bekannte haben uns eine Katze geschenkt. Micky. Ich hatte mir schon immer eine Katze gewünscht. Und mein Sohn war auch überglücklich. In der Wohnung sind wir zehn Jahre wohnen geblieben und schlussendlich auch nur ausgezogen, weil sie zu teuer wurde. Das war wirklich das schönste Weihnachten!

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Romantische Spinnerei

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Freudige Geduldsprobe … erzählt von Ha-Jo (51) Weihnachten – das verbinde ich immer mit gemütlichem Beisammensein, mit Singen und natürlich mit Geschenken für die Liebsten. Die Bescherung war bei uns damals, als ich ein Kind war, jedoch immer eine Geduldsprobe. Ich lebte nämlich in einer Pflegefamilie mit insgesamt elf Kindern. Wir gehörten zum Albert-Schweitzer-Kinderdorf in Uslar. Als meine Mutter starb, war ich noch ein Säugling. Unser Vater brachte meine Geschwister und mich zunächst in Heimen unter, aber als Dreijähriger kam ich dann in die Pflegefamilie im Kinderdorf. Zu Weihnachten besuchten uns noch Verwandte unserer Pflegeeltern mit ihren Kindern und wir feierten alle zusammen. Unter dem Weihnachtsbaum lagen für uns elf große Haufen an Geschenken und wir konnten es kaum erwarten, endlich alles auszupacken. Dafür mussten wir uns jedoch in Geduld üben, bis wir selbst an der Reihe waren. Es packte immer einer nach dem anderen aus, das konnte bei elf Kindern schon ganz schön lange dauern. Und erst wenn alle fertig waren, durften wir uns auch mit unseren Geschenken beschäftigen. Deshalb gab es bei uns die Bescherung auch immer erst am ersten Weihnachtstag, aus psychologischen Gründen nämlich. Denn so hatten wir noch den ganzen Tag, um mit unseren Geschenken zu spielen. Heilig Abend wäre es ja allein schon mit Auspacken spät geworden und keiner von uns hätte schlafen können, ohne vorher die neuen Spielsachen auszuprobieren. Nach der Bescherung haben wir unterm Weihnachtsbaum gesungen und schließlich die Gans gegessen, die meine Taufpatentante immer aus dem Nachbardorf besorgte. Das Warten hat sich immer gelohnt.

Verschwundene Eltern … erzählt von Bernd (59) Zu Weihnachten muss ich oft daran denken, wie meine Eltern verschwanden. Entweder der Vater oder die Mutter. Damals, in meiner Kindheit, wohnten wir in Hildesheim, meine Eltern hatten ein großes Restaurant mit 26 Angestellten. Dort aßen wir immer zusammen, meine Eltern und ich. Nur an Weihnachten nicht. Unsere Weihnachtsfeier fand zuhause in der Wohnung statt und traditionell gab es an Heilig Abend Bockwürstchen und Kartoffelsalat. Doch vorher musste der Weihnachtsbaum geschmückt werden und am Nachmittag ging es in die Kirche zum Gottesdienst. Da passierte es: auf einmal war meine Mutter fort oder mein Vater. Natürlich fragte ich mein verbliebenes Elternteil, wohin denn der jeweils andere entschwunden sei und jedes Mal gab es irgendeine unaufschiebbare Sache zu erledigen. Zeitungen kaufen zum Beispiel. Oder im Restaurant aufräumen. Ich glaube, als Kind machte ich mir darüber nicht so viele Gedanken, denn als wir zurück nach Hause kamen, erschien plötzlich der Weihnachtsmann und brachte die Geschenke. Das war immer aufregend! Einmal bekam ich einen Kaufmannsladen mit Regal und einer kleinen Theke, ein anderes Mal eine Carrera-Rennbahn, die ich mit meinem Vater aufgebaut habe. Bis spät in die Nacht hat es gedauert. Aber vorher haben wir Würstchen gegessen und da war auch Mutter oder Vater schon wieder da. »Du hast den Weihnachtsmann verpasst«, rief ich ihr oder ihm dann zu und wir lachten alle zusammen.


… erzählt von Hasso (53) Ich war der Weihnachtsmann. Das war sicherlich mein schönstes Erlebnis zu Weihnachten. Damals lebte ich in Berlin und arbeitete an einem Stand auf dem Weihnachtsmarkt. Eine Kollegin mit vier Kindern im Alter von vier bis elf Jahren hatte für das Fest zuhause einen Weihnachtsmanndarsteller engagiert. Doch der sagte kurz vor Heilig Abend ab. Ich hatte gerade zugesagt, für andere Kinder den Weihnachtsmann zu spielen und ließ mich dann überreden, vorher noch zu meiner Kollegin zu fahren. Als Weihnachtsmann. Die Auftritte waren leider an zwei entfernt voneinander liegenden Orten in Berlin. Ich dachte, nur schnell die Geschenke verteilen und danach weiter zur anderen Bescherung. Doch als ich zu meiner Kollegin und ihrer Familie kam, freuten sich die Kinder dermaßen über mein Erscheinen, dass ich total beeindruckt war. So etwas hatte ich noch nicht erlebt. Das war ein wirklich schönes Erlebnis, so eine Freude zu erfahren und dafür auch noch verantwortlich zu sein. Am Ende wollten mich die Kinder gar nicht mehr fortlassen und ich musste schon scherzhaft mit der Rute drohen. Schließlich wartete schon die nächste Familie auf mich. Einmal quer durch Berlin mit den Öffis wurde dann ganz schön stressig. Daher weiß ich nun, als Weihnachtsmann hat man es manchmal schön, aber nicht immer ganz leicht.

Bereichernde Löcher

Fotos: S. Kohl/Illustrationen: Auguste Lange/fotolia.com

… erzählt von Swen (42) Ich bin jetzt schon seit 2002 ohne festen Wohnsitz und viel rumgekommen – nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern. Das Wort Obdachlosigkeit passt aber nicht zu meiner Situation, denn ich habe mir das so ausgesucht. Ich bin frei, ausgestiegen aus dem gesellschaftlichen Hamsterrad. Ich lebe in günstigen Unterkünften, Wohnungslosenheimen und von Zeit zu Zeit auch auf Platte. In all den Jahren habe ich viele tolle Weihnachten auf der Straße erlebt. Ein Jahr ist mir aber besonders in Erinnerung geblieben. 2011 war das. Ich hatte damals eine tolle Frau kennengelernt. Sie war Sozialarbeiterin und hat mit einer Gruppe von Studenten ein Projekt zu Obdachlosigkeit gemacht. Ich lebte damals auf der Straße. Wir haben fünf tolle Monate zusammen verbracht und ganz verrückte Sachen gemacht, waren einfach verliebt. An Heiligabend waren wir in der Kirche. Nach dem Gottesdienst haben wir uns mit einigen Gemeindemitgliedern unterhalten – das war echt schön. Später waren sie ganz erstaunt, als sie hörten, dass ich keinen festen Wohnsitz habe. Dieses Weihnachten ist mir in besonderer Erinnerung geblieben. Auseinandergegangen ist unsere Beziehung, weil ich nicht wieder einsteigen wollte, meinen Lebensstil nicht ändern wollte. Ist das schade? Ja! Aber: Wer weiß, wie es dann weitergegangen wäre. Und: All die interessanten Erlebnisse, die ich danach hatte, all die Eindrücke, die ich in der weiten Welt sammeln konnte, hätte ich dann verpasst. Die Erinnerungen an unsere kurze, aber intensive gemeinsame Zeit bleiben mir. Und immer, wenn ich das Lied »Holes« von Passenger höre, in dem er singt, dass wir Löcher in den Taschen und Herzen … unseren Leben haben, aber trotzdem weitermachen, denke ich an sie – ein bisschen wehmütig, dankbar, aber ohne Reue.

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Beeindruckter Weihnachtsmann

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Foto: Pedro Becerra

ERSTE GEIGE Er ist der berühmteste Geiger der Gegenwart: David Garrett. Mit seinem Album »Unlimited – Greatest Hits« blickt der 38-jährige Deutsch-Amerikaner auf zehn Jahre Crossover-Musik zurück. Im Mai 2019 geht Garrett zusammen mit seiner Band und der Neuen Philharmonie Frankfurt auf Crossover-Tour. Vor zehn Jahren begannen Sie, Crossover-Platten aufzunehmen. Indem Sie bekannte Pop- und Rockstücke mit klassischer Instrumentierung einspielten, etablierten Sie eine völlig neue Art von Klassik. Finden Sie es nach wie vor reizvoll, Song-Denkmäler auf Ihre Weise neu zu interpretieren? Es waren so viele verschiedene Projekte im Crossover-Bereich! Das Album »Explosive« zum Beispiel enthielt fast 80 Prozent Eigenkompositionen. »Rock Revolution« war ein Themenalbum

zum Rock‘n‘Roll und »Music« genau das Gegenteil: Eine Mixtur aus Jazz, R‘n‘B, Rock, Klassik, Country. Auch im Crossover hat man eine riesige Bandbreite, selbst Filmmusik habe ich gemacht.

Wie hart arbeiten Sie, bis z. B. ein Rocksong für die Geige funktioniert? Das kann man nicht in Stunden umrechnen. Ich muss erst einmal etwas finden, was für das Instrument funktioniert. Dann


Welche neuen Stücke sind auf Ihrem Crossover-Album »Unlimited - Greatest Hits« enthalten? Sechs brandneue und vier akustische Versionen von Sachen, die ich in vergangenen Jahren schon auf CD aufgenommen hatte. Diese Titel habe ich jetzt im Studio ganz minimalistisch nur mit meiner Band eingespielt. Ich habe mir Stücke ausgesucht, von denen ich genau weiß, dass da genug Rhythmus drin ist, damit sie auch in einem sehr dezimierten Arrangement funktionieren. Und ich habe Top-Musiker in meiner Band, die bringen ihre eigene Kreativität mit ein.

Wie perfektionistisch sind Sie das Album angegangen? Genauso perfektionistisch wie früher, nur dass ich mir heute mehr Zeit lasse. Ich will mir selber nicht mehr so viel Druck machen. Wir haben vier Songs unplugged Etwas von den Beatles zu arrangiert, darunter interpretieren ist in etwa die»Smooth Criminal«, selbe Herausforderung wie ein »Walk This Way«, Arrangement von Beethoven. Bachs »Air« und »Asturias«. Darüber hinaus gibt es sechs brandneue Stücke wie »She‘s Out Of My Life«, »Musica è«, »The Show Must Go On« und »Hey Jude«, weil eine CD auch von ganz neuem Material lebt.

»Hey Jude« gilt als das beste Lied der Beatles. Haben Sie etwas Neues in der Musik der Fab Four entdeckt? Mich reizt gerade, dass man diesen ikonischen Song in- und auswendig kennt. Etwas von den Beatles zu interpretieren ist in etwa dieselbe Herausforderung wie ein Arrangement von Beet­ hoven. Bei den Beatles war die Kombination aus Text, Stimme und Songwriting einfach perfekt. Deswegen waren sie auch so erfolgreich. Man muss einen Ansatz finden, der erstens fürs Instrument funktioniert und zweitens fürs Arrangement. Ich finde es spannend, von einer Band zur anderen zu hüpfen, so wird es für mich nie langweilig. Auch Freddy Mercury von Queen hatte eine phänomenale Bandbreite und hätte alles singen können. Und Prince war ein grandioses Improvisationstalent. Von den Songschreibern finde ich zum Beispiel Dr. John, Randy Newman und Harry Nilsson klasse.

Auf Ihrem letzten Studioalbum »Rock Revolution« interpretierten Sie u.a. Songs von Bruce Springsteen, Led Zeppelin, Prince und Queen. Kennen diese Stars Ihre Neufassungen?

Ist es schwer, immer wieder neue, interessante Rock- und Pop-Titel zu finden? Es ist eher schwer, neue Ansätze zu finden, um etwas wieder interessant zu machen. Natürlich gibt es viele gute Songs von Aerosmith, AC/DC oder Nirvana, aber die haben alle einen gewissen Sound. Für mich ist es manchmal ein bisschen schwierig, für ein Stück immer wieder einen neuen Sound zu entwickeln. Wenn ich eine zweite oder dritte Nummer von AC/DC machen würde, würde ich immer wieder denselben Sound benutzen. Das wäre für mich verkehrt, denn als Arrangeur darf man sich nicht wiederholen.

Auf der Standard-Version von Garretts neuem Albums »Unlimited - Greatest Hits« gibt zehn brandneue Stücke, auf der Deluxe-Version 16. Im Mai 2019 ist der Star-Geiger auf 19 Konzerten in Deutschland, Österreich und in der Schweiz zu sehen und zu hören. Zum ersten Mal spielt er auch unplugged, unter anderem auch in Norddeutschland. 17.05.19 Hannover – TUI-Arena 18.05.19 Braunschweig – Volkswagen Halle 21.05.19 Bremen – ÖVB Arena 22.05.19 Schwerin – Sport- und Kongresshalle 24.05.19 Kiel – Sparkassen Arena 25.05.19 Hamburg – Barclaycard-Arena

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Es bedarf bei einem neuen Arrangement immer der Zustimmung des Originalkomponisten, es sei denn, das Stück ist über 80 Jahre alt. Ich hole das Okay natürlich nicht persönlich ein, weil ich nicht deren Telefonnummern habe (lacht). In ein paar Fällen bekam ich aber Feedback. Coldplay zum Beispiel haben meine Version von »Viva La Vida« auf ihre Website gestellt. Bisher ist noch jede meiner Neufassungen abgesegnet worden. Allein das empfinde ich als Ritterschlag.

Foto: picture alliance/PIXSELL

kreiere ich ein orchestrales Arrangement und anschließend die Geigenstimme. Ich überlege mir, wie sehr ich die Originalmelodie variieren kann, ohne sie zu entfremden. Das alles dauert vielleicht einen Monat, weil viele kleine Details dabei sind.

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Welcher Rock- oder Popkünstler schreibt die anspruchsvollsten Songs? Hans Zimmer, Klaus Badelt, David Foster oder Quincy Jones haben schon tolle Sachen gemacht. Es ist aber eine andere Zeit. Die klassischen Komponisten, die wir heutzutage verehren - Bach, Beethoven, Brahms oder Rachmaninow - waren auch ihrer Zeit voraus und haben deswegen viel Kritik einstecken müssen. Aber all diesen Künstlern und Komponisten ist etwas gemeinsam: Sie haben immer in der Gegenwart gelebt. Ich kann mir vorstellen, dass sie auch in der heutigen Zeit etwas machen würden, was ein großes Publikum anspricht. Jeder von denen hatte einen hohen künstlerischen Anspruch, aber niemand wollte nur zehn Leute im Saal haben.

Alle wichtigen gegenwärtigen künstlerischen Impulse, alles, was neu, spannend, aufregend oder innovativ ist, kommt derzeit vom Hip-Hop. Könnten Sie sich vorstellen, auch mal einen Rap-Song zu covern? Das kommt drauf an. Der Rock‘n‘Roll hat sich aus dem Mainstream verabschiedet. Momentan ist Hip-Hop sehr populär, aber auch die elektronische Musik enthält interessante Elemente. Es gibt zwar immer noch gute Rock- und Popbands, die erreichen aber nicht mehr die Popularität wie in den 80er Jahren, weil die Jugend heute andere Musik hört.

Sind Sie in den Crossover-Bereich gegangen, weil das Klassikpublikum langsam ausstirbt? Ich hatte nie das Gefühl, dass das klassische Publikum ausstirbt. Ich beobachte mit großem Interesse, dass sich viele meiner jungen Klassikkollegen auf ihre Art und Weise bemühen, sich ein Publikum zu erspielen.

Stunden am Tag geht es nicht, sonst verliert man seine Fingerfertigkeit und Intonation. Ohne diese Übungseinheiten bleibt das Spiel nicht intuitiv. Ich habe zeitweise sogar noch viel mehr geübt, aber darunter leidet irgendwann der Körper.

Können Sie bei Ihrem Bekanntheitsgrad eigentlich noch in Ruhe auf die Straße gehen? Natürlich kann ich, will ich und mache ich. Dass Leute auf mich zukommen ist eine schöne Sache. Mit einer Geige weltweit so erfolgreich zu sein, hätte ich mir vor zehn Jahren nicht vorstellen können. Da ist es doch das wenigste, wenn jemand kommt und mich um ein Foto oder ein Autogramm bittet. Obwohl Autogramme gar nicht mehr so sehr gewünscht sind, es geht heute immer nur um Fotos. Wenn ich manchmal irgendwo jogge und gerade nicht fotografiert werden möchte, biete ich stattdessen immer ein Autogramm oder eine persönliche Widmung an. Das will aber niemand mehr. Interview: Olaf Neumann

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Gute Entscheidung für

Vermieter:

kaufmännisch klug, sozial verantwortungsvoll

Was ist das Besondere an Ihrer Stradivari-Geige? Sie hat eine gute Tonfarbe. Bei mikrofonierten Konzerten ist die Tonfarbe wichtiger als die Tragfähigkeit. Das Beißende einer Stradivari auf der E-Seite brauche ich bei mikrofonierten Cross­ over-Konzerten nicht. Eine Nicht-Stradivari klingt mit Mikrofon manchmal sogar besser als eine Stradivari.

Ist Ihnen schon mal ein Instrument gestohlen worden? Gestohlen nicht, aber bei einem Konzert sind mir mal zwei Bögen oben an der Spitze kaputt gegangen. Das war ein teurer Spaß. Damals habe ich für viele Konzerte sehr, sehr gute Bögen benutzt. Es lag aber nicht am Crossover, es waren Klassikkonzerte.

Üben Sie heute noch genauso viel wie in Ihrer Kindheit und Jugend? Leider Gottes kann ich mir bei meinem Instrument nicht erlauben, weniger zu üben. Ohne ein Fundament von zwei bis drei

12.000 Euro Zuschuss, Mietzahlungsgarantie, keine Nachmietersuche, kein Leerstandsrisiko. 5.000 Euro zusätzlich, wenn ich modernisiere. Ich habe für 15 Jahre an die SWH vermietet!

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Foto: V. Macke

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NIX IST SICHER Deutschlands Wirtschaft gilt als Weltmeister, doch Deutschlands Rentensystem sei ein Desaster. In der monatlichen Polit-Talkreihe im hannoverschen ka:punkt hatte Klaus-Dieter Gleitze von der Landesarmutskonferenz diesmal Lars Niggemeyer, Rentenexperte des DGB, zu Gast. Der Kampf scheint existenziell, im wörtlichen Sinne: Die den Lebensstandard sichernde Rente ist akut in Gefahr, betonte Lars Niggemeyer, Referent für Sozialpolitik beim DGB Niedersachsen (im Foto links). »Und damit die Würde im Alter« Mittlerweile hätten 17 Prozent aller Rentner eine Rente unterhalb der Armutsgrenze. »Im Jahr 2010 waren das noch elf Prozent.« Die Tendenz sei eindeutig, kommentierte Gleitze: »Altersarmut hat Konjunktur.« Zwei Faktoren seien entscheidend verantwortlich, so Niggemeyer: Zum einen immer mehr prekäre Beschäftigung und gebrochene Arbeitsbiographien, zum anderen die ständige Absenkung des Rentenniveaus. »Als Rente 60 Prozent des durchschnittlichen Lebenseinkommens, das war einmal. Und auch die aktuell 48 Prozent sollen nur bis zum Jahr 2025 gesichert werden, danach ist eine weitere Reduzierung auf 43 Prozent zu erwarten, das ist Massenverarmung per Gesetz, gewollt und programmiert«, wetterte der Experte. Die Lösung? »Man könnte es wie Österreich machen, dort gibt es eine Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen, Arbeitnehmer, Selbstständige und Beamte.« Das ewige Gejammer der Arbeitgeber in Deutschland über angeblich zu hohe Lohnnebenkosten sei angesichts des Erfolgs und der wirtschaftlichen Stabilität unseres Nachbarlandes geradezu absurd. Zudem sei für Menschen die gearbeitet haben das Gerechtigkeitsproblem gegenüber Menschen, die nie gearbeitet haben mittels einer Grundrente gelöst. Wer 25 Jahre lang ge-

arbeitet hat, bekommt garantiert 1.000 Euro Rente ausgezahlt, unabhängig von der Höhe der Verdienste. »Es heißt doch immer wir seien Exportweltmeister, das Bruttoinlandsprodukt steigt stetig, warum können wir das dann nicht? Wir sind die Weltmeister aber den anderen geht es besser.« Lachen. Die bittere Wahrheit, so Niggemeyer: Deutschland sei allein nur deshalb Exportweltmeister, weil es so niedrige Löhne und Renten habe. Der Durchschnitt der Renten in Industrieländern liege bei 1.600 Euro, in Deutschland bei 1.100. »Aber es heißt, mehr sei nicht drin, weil es immer weniger Arbeitnehmer, immer weniger Geburten in Deutschland gibt«, warf eine andere Zuhörerin ein. Mit dieser »Verdummungskampagne« müsse endlich mal aufgeräumt werden, so Niggemeyer. »Entscheidend sind nicht die Köpfe der Einzahler sondern deren Wirtschaftsleistung und die Leistung pro Stunde steigt kontinuierlich. Durch Einsatz von Maschinen, Computern durch Digitalisierung. Das weiß jeder Ökonom.« Fazit: »Das Rentensystem in Deutschland geht, wenn es so bleibt, kaputt.« Am Ende jenseits aller politischen Debatten noch ein pragmatischer Appell: Rund zehn Prozent aller Rentner hätten eigentlich Anspruch auf Grundsicherung, also eine Aufstockung der Rente, weil diese zu niedrig ist, aber nur drei Prozent nutzten ihn. »Also wenn Sie weniger als 900 Euro Rente beziehen, nutzen sie den Rechtsanspruch auf Aufstockung, schämen Sie sich nicht, lassen Sie sich beraten.« Volker Macke


AUS DER SZENE

Wohnungslose organisiert n

O-To

Asphalt-Verkäufer Hasso Diedrich: Unsere Selbst­ organisation Wohnungsloser und ehemaliger Wohnungsloser, die sich während der bundesweiten Treffen in Freistatt (Foto) gegründet hat, kann die Arbeit fortsetzen. Auf unserem Koordinierungstreffen im Oktober haben wir uns auf einen neuen Namen für unser bundesweites Projekt geeinigt. Es heißt nun »Selbstvertretung Wohnungsloser Menschen«. Aber auch in finanzieller Hinsicht sind wir einen Schritt weitergekommen. Die Finanzierung unserer Koordinierungsstelle konnte für die nächsten drei Jahre sichergestellt werden. Die Arbeit von Dr. Stefan Schneider wird dabei durch das Sozialministerium des Landes Niedersachsen unterstützt. Durch den Umbau des Kongress- und Veranstaltungshauses der Stiftung Bethel in Freistatt wird Platz geschaffen für den Umzug der Koordinierungsstelle und auch für die Einrichtung eines Mediencenters mit schnellem Internetzugang. Unter www.wohnungslosentreffen.de kann man mehr über uns erfahren und findet auch ein Spendenkonto.

Freiwillige für Kinderberatung gesucht Hannover. Kinder und Jugendliche leiden heute immer mehr unter psychischer Belastung. Das hat das Kinder- und Jugendtelefon Hannover (KJT) festgestellt. Und nicht immer finden sie für ihre Sorgen in Familie oder Schule Gehör. Beim KJT können sie jedoch anonym und ohne dass die Nummer auf der Telefonrechnung der Eltern zu sehen ist, Rat bekommen. Nun sucht das KJT Freiwillige, die sich zu Beratern schulen lassen möchten. Eine gründliche Qualifikation wird geboten. Die neuen Lehrgänge starten Anfang Januar 2019. Das KJT ist unter der EU-weit einheitlichen Nummer 116111 und der Festnetznummer 0800 111 0 333 montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr kostenlos zu erreichen. Oder unter www.nummergegenkummer.de. UM

Hannover. Obdachlosen besser helfen. Dafür hat sich die Obdachlosenhilfe Hannover neu aufgestellt und mit der Johann Jobst Wagenerschen Stiftung gleich einen wichtigen Kooperationspartner gefunden. Zudem hat sie sich auch als eingetragener Verein konstituiert. Mit der gleichnamigen (und gescheiterten) Initiative aus den Vorjahren hat der neue Verein nichts mehr gemein. Die gefestigten Strukturen sollen für Seriosität und Verlässlichkeit bürgen. Rund zwanzig Aktive um Asphalt-Verkäufer Mario Cordes verteilen nicht nur warme und kalte Speisen und Getränke an Obdachlose, sondern auch Hygieneartikel, Kleidung und Konserven. Und immer wieder auch gute Ratschläge für das Überleben auf der Straße. »Mit dem Verein können wir Obdachlosen jetzt dauerhaft helfen und die Arbeit auch auf mehrere Schultern verteilen«, sagt Cordes, der selbst schon seit mehreren Jahren in der Wohnungslosenhilfe

Foto: U. Matthias

Foto: H. Diedrich

Neustart Obdachlosenhilfe

aktiv ist. Die Johann Jobst Wagenersche Stiftung ließ sich von dem Konzept überzeugen und stellt seit November ihre Profiküche zur Verfügung. Bis zu 250 Essen können so jede Woche gekocht werden. Verteilt werden die gespendeten Lebensmittel und Kleider jeden Donnerstag ab 15.30 Uhr auf dem AndreasHermes-Platz hinter dem Pavillon. Mit Beginn der kalten Jahreszeit wollen die ehrenamtlichen Helfer wieder in den Abendstunden mit einem Bollerwagen gezielt die Nachtlager der Obdachlosen aufsuchen und ihnen warme Getränke anbieten. Vor allem Sachspenden aller Art, die das Überleben ohne Obdach ermöglichen, werden gern entgegengenommen. Kontakt über Mario Cordes mobil: 01575 54 33 509 oder auf Facebook: Obdachlosenhilfe Hannover e.V. UM


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CariHope: Der »Weckruf« Hannover. Es soll etwas bewegt werden, das wird sofort deutlich, wenn Ricarda und Udo Niedergerke über CariHope, das neue Projekt der Wohnungslosenhilfe unter dem Dach der Caritas sprechen. Das Problem liege auf der Straße, sagt Udo Niedergerke mit Blick auf die zunehmende Zahl Obdachloser in Hannover, aber: »Straße tötet«. Als Ärzte fühlten sie sich deshalb verpflichtet zu helfen und haben mit ihrer gleichnamigen Stiftung für eine Anschubfinanzierung von CariHope gesorgt. Das Projekt der Caritas soll einen schrittweisen Ausstieg aus der Wohnungslosigkeit ermöglichen. Dabei steht die sofortige Hilfe in der Not am Anfang, werden Obdachlose über Notunterkünfte informiert und auch mit Fahrkarten versorgt. Johanniter, Malteser und Caritas stimmen sich in der »Kältebrücke« ab, um Schutz vor Erfrierungen zu bieten. Ihr Hab und Gut können Obdachlose z.B. bei Behördengängen in neuen Spinden lagern. Aber CariHope möchte mehr bieten.

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2500 Euro-Spende an Kindertafel übergeben Gemeinsam stark! Johann-Friedrich Dempwolff, Geschäftsführer von 96plus-Hauptpartner Johnson Controls, hat zusammen mit 96-Geschäftsführer Björn Bremer einen Scheck in Höhe von 2500 Euro an die Kindertafel übergeben. Die Spenden stammen vom 96plus-Laternenumzug.

Foto: U. Matthias

Spenden vom großen 96plusLaternenumzug

»Es hilft nicht, jemanden in eine Wohnung zu vermitteln, der nicht wohnfähig ist«, sagt Tatjana Makarowski, Leiterin Soziale Dienste der Caritas. Unterstützung soll deshalb über Workshops, Beratung und auch Minijobs im Projekt erfolgen. CariHope versteht sich deshalb als Modellprojekt, das über die Einbeziehung der Betroffenen einen gleitenden Übergang von der Straße in die Wohnung schafft. Dafür will die Caritas auch aus ihrem Bestand im Stadtgebiet (rund 100 Wohnungen) Wohnraum zur Verfügung stellen. Viel Bewegung also, ausdrücklich auch gegen den Stillstand bei der Stadt, wie Udo Niedergerke betont. Insbesondere die Zusammenarbeit der Dezernate sei ausbaufähig. Die Wohnungslosenhilfe sei derzeit problematisch, weil sie nicht den Ausstieg aus der Wohnungslosigkeit schaffe, bestätigt Andreas Schubert, Vorstand der Caritas in Hannover. Makarowski verweist auf den unbefriedigenden Zustand der Notkünfte. Wenigstens die Standards der Flüchtlingshilfe sollten auch für Obdachlose gelten, das sei allerdings noch ein weiter Weg. Obdachlose dürften jedoch nicht schlechter gestellt werden als Flüchtlinge, mahnt auch Udo Niedergerke. Insofern sei CariHope vielleicht auch ein Weckruf für die Stadt. UM

So groß war der 96plus-Laternenumzug noch nie! Insgesamt 5000 Menschen, je zur Hälfte Kinder und Erwachsene, begleiteten in diesem Jahr den Laternenumzug am 8. November. Und wie vorher ausgelobt, spendete 96plus-Hauptpartner Johnson Controls für jedes teilnehmende Kind einen Euro an das Projekt Kindertafel der Hannöverschen Tafel. Johnson Con­ trols-Geschäftsführer Johann-Friedrich Dempwolff ließ es sich nicht nehmen die Kindertafel bei der Arbeit zu besuchen um bei der Gelegenheit den Scheck über 2500 Euro an Dr. Rosenmarie Wallbrecht, Vorsitzende der Hannöverschen Tafel, zu übergeben. Besonders das Engagement der ehrenamtlichen Helferinnen wurde beim Besuch an der Grundschule am Goetheplatz sehr gelobt.

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Das muss mal gesagt werden … Der Dezember ist tatsächlich auch für Obdachlose und arme Menschen ein schöner Monat, denn eine große Anzahl engagierter Bürgerinnen und Bürger bereitet für sie eine Weihnachtsfeier vor. Es wird gesammelt und gespendet, das reicht von warmer Kleindung bis zu vielen anderen nützlichen Utensilien, die, verpackt in bunten Weihnachtstüten, an Menschen, die nicht so betucht sind, verteilt werden. Und dann gibt es noch die vielen schönen Feiern. Sei es im HCC »Die Weihnachtsfeier«, die von Prominenten organisiert wird, oder die vielen Wärmestuben, wo liebevoll von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern eine Weihnachtsfeier gestaltet wird oder das Diakonische Werk, das am 24. Dezember Obdachlose zu einem gemütlichen Abend einlädt. Und natürlich denkt auch Asphalt an die Verkäuferinnen und Verkäufer und organisiert für sie eine schöne Weihnachtsfeier. Ich finde diese und auch die vielen anderen Aktionen in der Weihnachtszeit einfach nur wunderbar. Und ich finde die Akteure, die sich jedes Jahr wieder selbstlos so große Mühe geben, anderen Menschen eine Freude zu bereiten, wirklich bewundernswert. Ich möchte allen diesen Menschen von Herzen danke sagen. Wir sehen, hören, lesen wieder voneinander und übereinander in 2019. Ein schönes Weihnachtsfest, einen schönen Start ins neue Jahr wünscht Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.


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Fotos: Jelca Kollatsch

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IM SPAGAT 500 Menschen ohne Obdach, 5.000 ohne Wohnung. Und eine Stadt, die sich anschickt, Europas kulturelles Highlight werden zu wollen. Hannovers Sozial- und Kulturdezernentin Konstanze Beckedorf im Asphalt-Gespräch. Frau Beckedorf, 20 Euro muss man für eine Nacht auf einer Bank in der City von Dortmund neuerdings berappen. Bußgeld für die Ordnungswidrigkeit »Lagern«. Haben Obdachlose auch in Hannover künftig eine solche Härte zu erwarten? Ich sehe nicht, dass wir das tun werden. Die Aufgabe der Stadt ist doch, die Balance zwischen unterschiedlichen Ansprüchen der Menschen zu finden. Das ist nicht immer ganz einfach. Wir bekommen das aber meines Erachtens in der Regel gut hin. Dass wir in Hannover ein organisationsübergreifendes Sicherheits- und Ordnungskonzept haben, bei dem sich Sozial- und Ordnungsdezernat eng abstimmen, zeigt das. Auch, dass wir im vergangenen Jahr gemeinsam den Trinkraum Kompass in Betrieb genommen haben. Natürlich muss der Ordnungsdezernent qua Funktion deutlich für Ordnung sorgen, beispielsweise hinter dem Bahnhof. Aber eine solch drastische Maßnahme mit Bußgeldern ist in Hannover nicht zu erwarten.

Aber im Moment kann man schon den Eindruck bekommen, dass es vor allem um Aufräumen, wenn nicht gar um Vertreiben geht. Auf 50 Mann wird die Sicherheitsgruppe der Stadt jetzt aufgestockt. Maßnahmen aus dem Bereich Sicherheit und Ordnung werden prompt öffentlich wahrgenommen. Dass es da ein Übergewicht gäbe, stimmt aber nicht. Es gibt regelmäßige Treffen der sozialen Hilfeeinrichtungen wie Mecki und Step mit den städtischen Sozialarbeitern als auch mit den Ordnungskräften. Sie alle sind in dem Bahnhofsbereich engagiert. Wir haben immer die Möglichkeit, unsere Ansätze einzubringen. Auch wenn es im »realen Leben« manchmal schwierig ist. Zum Beispiel, wenn die Kollegen vom Ordnungsdienst hinter dem Bahnhof Menschen auffordern, die Bereiche an den Eingängen zu räumen, und unsere Sozialarbeiter, die schon Kontakt zu einigen dieser Personen geknüpft hatten, diese Klienten dann erstmal nicht mehr auffinden.


Im Rat gab es jüngst dazu eine aktuelle Stunde. Tenor: Es fehle eine Gesamtstrategie der Stadt im Umgang mit den Obdachlosen. Es ist sicherlich überall noch Luft nach oben. Aber man muss natürlich auch sehen, dass es der Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger ist, dass sich im Bereich Ordnung und Sicherheit etwas verbessert.

Dass die Bürger sich einfach wohler fühlen … Ja, genau, dass sie sich wohler fühlen. Das muss man anerkennen und akzeptieren. Nichtsdestotrotz ist es immer Überzeugung der Landeshauptstadt gewesen, dass wir Menschen nicht rigoros von Plätzen vertreiben wollen. Das ist und bleibt also ein Spannungsfeld.

In dem Reigen fehlt noch einer, nämlich der für die Unterbringung obdachloser Menschen zuständige Baudezernent Uwe Bodemann. In Köln gibt es, ganz neu, eine spezielle Unterkunft mit warmem Essen und Tagesangebot samt Beratung eigens für gestrandete EU-Ausländer, die sonst ja kaum Anrecht auf soziale Hilfen Ich strebe einen haben. Warum hat Hannover so etwas nicht? Masterplan für

den Fall extremer Temperaturen an.

Das Angebot in Köln ist ganz sicher umfänglicher als das, was wir mit dem Kompass bereitstellen. Wobei wir die anderen Tageseinrichtungen nicht vergessen dürfen. Aber: Ein solches Angebot wie das in Köln ist in Hannover derzeit nicht in Planung. Was aber nicht allein

eine Frage an die Unterbringung ist. Denn wir haben extrem wenig Möglichkeiten, Menschen aus Osteuropa ins Hilfesystem zu überführen. Die wenigsten wollen zurück in ihre Heimat, selbst wenn wir ihnen Rückfahrkarten anbieten. Sie geben die Hoffnung, hier Arbeit zu finden, nicht auf. In diesem Bereich dringen wir auf Lösungsansätze seitens der EU und des Bundes – und arbeiten an einer gesamtstädtischen Haltung. Man darf in dem Zusammenhang allerdings auch nicht verhehlen, dass man mit einem Angebot wie in Köln unter Umständen besondere Anreize zum Zuzug schafft.

Gleichwohl, die Kälte wird kommen. Vier Erfrorene gibt es schon bundesweit. Wie sieht die Kälteversorgung der Stadt in den kommenden Wochen aus? Werden endlich die Notschlafstellen während der eisigen Winterwochen für Obdachlose ganztägig geöffnet? Aktuell ist es ja noch so, dass die Menschen morgens um sieben wieder raus auf die Straße müssen. Im Winter sind die Sleep-ins länger geöffnet, wobei ich sehr hoffe, dass uns wenigstens eine umfänglich erweiterte, wenn nicht gar durchgängige Öffnung gelingt. Seitens der Sozialverwaltung eruieren wir gerade Möglichkeiten, wie die Menschen, die sich in der Innenstadt aufhalten, die Sleep-Ins beispielsweise am alten Flughafen in Vahrenheide besser erreichen können. Zudem wird das Angebot des Kältebusses der Johanniter aller Voraussicht nach finanziell besser ausgestattet. Und es gibt einen Antrag seitens der Politik, mit der Caritas einen weiteren Träger für das Kältebussystem einzubeziehen. Insgesamt strebe ich einen Masterplan aller Dezernate, aber auch gemeinsam mit Kirchen und Üstra, für den Fall extremer Temperaturen an.

Erst hatte es die AfD im Rat gefordert. Jetzt fordern auch andere den Bau so genannter »Little Homes«, drei Quad-


Als städtische Strategie nichts. Das ist eine private Initiative; Freiwillige bauen die Hütten, eine wirklich rührige Sache. Aber sicherlich können diese »Little Homes« kein offizielles Instrument der städtischen Sozialpolitik sein. Es fehlt ein sozialarbeiterisches Angebot, von Hygienefragen und Brandschutz ganz zu schweigen.

Es gibt andere Großstädte, Duisburg z.B., in denen die Zuständigkeit für Obdachlosenunterkünfte und die soziale Arbeit im Sozialdezernat gebündelt sind. Ein Modell für Hannover? Das ist eine Möglichkeit der Organisation. Wichtig ist, dass man kooperativ ist, solange es auf einzelne Verantwortungsbereiche verteilt ist.

Ihr Verantwortungsbereich ist jetzt auch kommissarisch das Kulturdezernat. Bei der Bewerbung um den Titel Europäische Kulturhauptstadt sehen wir bisher viele Gruppenfotos neu gegründeter Gremien, die alle irgendwie mitmachen sollen. Viele Könige, wenig Provinzen, könnte man meinen. Das sind mitnichten zu viele Mitstreiter. Wir haben von der Politik den Auftrag, die Bewerbung zu entwickeln. Das können und wollen wir aber nicht allein, sondern mit der ganzen Stadt. Die neu berufenen Gremien machen es uns glücklicherweise möglich, über diese Multiplikatoren in die Stadt hinein zu wirken und darüber eine möglichst große Beteiligung hinzubekommen.

Bürgerbeteiligung ist immer gut. Aber konkret: Was haben Fred, der Maurer aus Badenstedt, oder Ilse, die Pensionärin aus der List davon, wenn Hannover 2025 eine Kulturhauptstadt ist? Wir machen das nicht nur für das eine Jahr 2025. Wir planen nicht ein kulturelles Feuerwerk nach dem nächsten von Januar bis Dezember, sondern wir entwickeln eine nachhaltige Kulturstrategie. Im Grunde ist es Stadtentwicklung. Und es ist auch ein soziales Projekt, es geht ganz stark um Teilhabe von möglichst vielen. Dafür werden wir in die Quartiere gehen, um gerade diejenigen für Kultur zu begeistern, die bisher dazu kaum Nähe haben.

Also am Ende des Prozesses besucht Fred der Maurer eine kulturelle Veranstaltung mehr? Es geht also nicht darum, den Titel zu bekommen, weil es gut für das Stadtmarketing ist? Geht es um die, die da sind? Oder um die, die kommen sollen, um Touristen? Es geht um beides. Es geht um Angebote hier für Hannovera-

ner und um die Entwicklung von Hannover. Aber Kulturhauptstadt bedeutet auch, Antworten auf Fragen für vergleichbare Städte zu entwickeln, die dann zum Nachahmen dienen können.

Eine Stadt müsse für sie heikle Themen anfassen und in den Bewerbungsprozess integrieren, sagte jüngst die Expertin in Sachen Kulturhauptstädte, Professorin Elisabeth Leitner. Was sind Hannovers heikle Themen? Sie hat sogar gesagt, Kulturhauptstadt müsse weh tun. Ein heikles Thema ist definitiv der Wohnungsmarkt. Wir haben viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum und wir haben da auch enormen Zeitdruck. Zudem haben wir Fragen des Zusammenlebens in unserer Stadt zu beantworten. Hier leben Menschen Nicht zuletzt geht aus 180 Ländern zusammen es um unser Image, - wie können wir dieses Zusammenleben weiterentwium eine Identitäts­ ckeln, wie kann es zukünftig findung Hannovers. aussehen? Mobilität in der Stadt ist ein weiteres heikles Thema, bei dem der Ausgleich zwischen vielen Bedürfnissen gefunden werden muss - Parkplätze, Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger, zu viel oder zu wenig Autoverkehr, saubere Luft …

Auch ein soziales Thema, weil immer die Armen an den verpesteten Einfallstraßen wohnen. So ist es. Aber auch die Frage, wie gehen wir heute und morgen mit dem um, was gestern als zukunftsweisend galt, kann weh tun. Siehe das Ihmezentrum mit seiner besonderen Architektur. Nicht zuletzt geht es um unser Image – nicht als Marketingfrage, sondern im Sinne einer Identitätsfindung Hannovers. Was macht uns aus?

Hannover hat nichts, hieß es jüngst. Das war mit Augenzwinkern gesagt. Es wird um Nachbarschaft gehen. An dem konkreten Leitthema arbeiten wir ja gerade. Gemeinsam mit vielen Kulturschaffenden der Stadt. Deren Liebe zu dieser Stadt ist jedenfalls enorm beeindruckend, da ist jede Menge Potenzial.

In diesem Sinne. Vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Volker Macke

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ratmeter großen Holzhütten für Obdachlose. Was halten Sie davon?

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AUS DER SZENE

NICHT ALLEIN UNTERM BAUM Kirchengemeinden, Wohlfahrtsverbände sowie Beratungs- und Hilfestellen laden an Heiligabend und zwischen den Jahren ein. Offene Angebote für Wohnungslose Kontaktladen »Mecki« Raschplatz 8c 24.12.: 8-12 Uhr 27.12.: 8-11 Uhr 28.12.: 8-12 Uhr 29.12.: 8-10 Uhr 02.01.: 8-11 Uhr Essenausgabe Am Marstall 25 24.12.: 11-13 Uhr 27.-29.12.: 11-13 Uhr 31.12.: 11-13 Uhr 02.01.: 11-13 Uhr Arbeitsgemeinschaft Resohelp – Hilfe für Haftentlassene Hagenstraße 36 27.12.-28.12: 9-11 Uhr 31.12.: 9-11 Uhr (Notfallsprechstunde) 02.01.: 9-11 Uhr Zentrale Beratungsstelle Berliner Allee 8 27.-28.12.: 9-11 Uhr 02.01.: 9-11 Uhr Szenia – Tagestreff für Frauen Volgersweg 8 24.12.: 10-13 Uhr 27.-28.12.: 9-14 Uhr 02.01.: 9-14 Uhr

Treffpunkt Kötnerholzweg Kötnerholzweg 9 24.12.: 11-14 Uhr 27.-28.12.: 9-14 Uhr 02.01.: 9-14 Uhr Tagesaufenthalt Nordbahnhof Schulenburger Landstraße 34 23.12.: 10-14 Uhr 25.12.: 10-14 Uhr 27.12.: 12.30-17.30 Uhr 30.12.: 10-14 Uhr 02.01.: 12.30-17.30 Uhr Tagestreffpunkt »DüK« Berliner Allee 8 26.12.: 11-15 Uhr 27.-28.12.: 8.30-14 Uhr 02.01.: 8.30-12 Uhr »Saftladen« Podbielskistr. 136 27.12.: 10-16.Uhr 28.12.: 10-14 Uhr 02.01.: 12-16 Uhr Caritas Leibnizufer 13-15 27.-28.12.: 8.30-13 Uhr 02.01.: 8.30-17 Uhr »Kompass« Lister Meile 2 27.-28.12.: 11-18 Uhr 02.01.: 11-18 Uhr

Weihnachtsstuben am 24.12. Diakonisches Werk Haus der Diakonie (Mitte) Burgstraße 8/10 15-18 Uhr

medi terra Seniorenzentrum Hilde-Schneider-Allee 6 (Südstadt) 15-17.00 Uhr

Ka:punkt Grupenstraße 8 (Mitte) 18-20.30 Uhr ab 20 Uhr Andacht

Johanniter »Wohncafe« Pfarrlandstraße 5 (Linden-Nord) 15-19 Uhr

Die Heilsarmee Am Marstall 25 (Mitte) 14-15 Uhr (nur Andacht) Lister Johannes- und Matthäus-Kirchen­ gemeinde Gemeindezentrum Wöhlerstraße 13 (List) 15-20.30 Uhr Kirchengemeinde Vahrenwald (mit Landeskirchl. Gemeinschaft u. arabisch-deutsche evangelische Gemeinde) Vahrenwalder Straße 109 (Vahrenwald) 18.30-21 Uhr Titus-Kirchen­ gemeinde Weimarer Allee 60 (Vahrenheide) 19-22 Uhr

AWO Begegnungsstätte Ernst-Korte-Haus Posthornstraße 27 (Linden-Mitte) 14-19 Uhr Ev.-luth. Kirchengemeinde Linden-Nord Bethlehemplatz 1 (Linden-Nord) 15-20 Uhr Lindener Tisch e.V. Dunkelberggang 7 (Linden) 12.30-15 Uhr Stadtteilladen Stöcken Ithstraße 8 (Stöcken) 15-17 Uhr Kommunaler Seniorenservice Hannover Nachbarschaftstreff »Wohnen UmZu Ostland eG« Donaustr. 2 (Döhren) 15-18 Uhr

Privatinitiative in Firma Gundlach Seniorenwohnanlage Friedrich Otto Warburghof 1 15-21 Uhr Kommunaler Seniorenservice Hannover Begegnungsstätte für Senioren Rodewaldstr. 17 14-17 Uhr Misburger Begegnungsstätte (BGST) Waldstr. 9 14-16 Uhr SOS Bistro Neues Land e.V. Steintorfeldstr. 4 A 13-16 Uhr Drogenkontaktcafé Neues Land e.V. Bauwagen (unter Raschplatzbrücke) 13-16 Uhr Ev.-luth. Kirchengemeinde Timotheus Hanns-Lilje-Gemeindehaus Borriesstr. 24 15-17.30 Uhr


gesucht – gefunden

Foto: Mirja Mack

Verkäufer Michael [V-Nr. 1115]: Suche von Tolkien das Buch »Silmarillion«, möglichst preiswert oder geschenkt. Mit freundlichen Grüßen. Ach ja, fröhliche Weihnachten und alles erdenklich Gute im neuen Jahr! Kontakt: 0163–7910619.

Weihnachtsspektakel für Bedürftige Auf ein festliches Menü und buntes Programm können sich Bedürftige und Obdachlose auch in diesem Jahr wieder freuen, wenn am 2. Advent, um 14.30 Uhr, Die!!! Weihnachtsfeier im Hannover Congress Centrum startet. Rund 150 freiwillige Helfer sorgen dann dafür, dass auch die mittlerweile siebte Weihnachtsfeier für die rund 700 Erwachsenen und etwa 400 Kinder wieder zu einem ganz besonderen Erlebnis wird. Schirmherren seit der ersten Stunde sind Fury in the Slaughterhouse, die als Die beschissenen Sechs an diesem Abend neben Paso Doble, Geff Harrison und Plug & Play den musikalischen Rahmen bilden. Wer mag, der kann sich von Friseuren und Visagisten hübsch machen lassen, eine große Kleiderkammer hält neue Kleidung bereit. Für die kleinen Gäste gibt es eine Hüpfburg, jede Menge Spiele sowie Zauberer und Clowns. Eine kompetente Hundebetreuung kümmert sich liebevoll um die tierischen Begleiter der Gäste, Tierärzte bieten zudem Beratungen vor Ort an. Wie schon im letzten Jahr wird es auch für dieses Weihnachtsfest wieder einen Benefiz-Sampler geben. Die CD ist für 10 Euro erhältlich und unterstützt dieses Riesenprojekt des Trägervereins KrAssUnARTig. Wer die Feier durch Hilfen oder Sachspenden unterstützen möchte, kann sich unter www.weihnachtsfeier-für-hannover.de informieren. Außerdem wird es am 2. Dezember um 16 Uhr einen großen Geschenke-Flashmob am Lindener Marktplatz geben. GB

Verkäufer Wilhelm [V-Nr. 403] und Verkäufer Maik [V-Nr. 402] aus Leer: Wir wünschen allen treuen Lesern ein schönes Weihnachtsfest und ein gesundes Jahr 2019. Verkäufer Jörg [V-Nr. 2117]: Ich wünsche meinen Kunden ein frohes Weihnachtsfest. Ihr Verkäufer beim Rewe in der Karlsruher Str. und am Rathaus in Sarstedt. Verkäufer Micha [V-Nr. 1676]: Meiner Kundschaft ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr. Verkäufer Fred [V-Nr. 332]: Ich wünsche allen ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Jahr 2019. Ihr Verkäufer beim Edeka in Ricklingen. Verkäuferin Heidi [V-Nr. 1786]: Ich wünsche meinen Kundinnen und Kunden eine entspannte Adventszeit, harmonische Festtage und einen guten Rutsch. Auf diesem Weg bedanke ich mich ganz herzlich für Ihre Treue! Einen besonderen Dank an Angelika + Nelson, Kirsten und an Herrn + Frau Kratzke. Verkäufer Ha-Jo [V-Nr. 264]: Hallo an die vielen Asphalt-Kundinnen und Kunden, vielen herzlichen Dank für Ihre Unterstützung durch den Kauf einer Asphalt. Und weil Weihnachten bevorsteht, wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest und dass Sie alle gut ins Neue Jahr kommen. Verkäufer Michael [V-Nr. 1445]: Ich suche ein altes Smartphone oder ein Handy. Kontakt zwischen 8.30 und 12 Uhr: 0511–99040-21/20.

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RUND UM ASPHALT

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Foto: G. Biele

RUND UM ASPHALT

Kommen Sie mit – zum sozialen Stadtrundgang! Nächster Termin: 28. Dezember 2018, 15 Uhr. Treffpunkt: Asphalt, Hallerstr. 3, 30161 Hannover. Bitte anmelden unter: 0511 – 301269-20. Teilnahme auf Spendenbasis: ab 5 Euro pro Person. Gruppen vereinbaren bitte gesonderte Termine!

Briefing für Pressesprecher

Im Rahmen ihres neuen Gesundheitsprojektes haben die Asphalt-Verkaufenden gemeinsam mit Asphalt-Vertriebsleiter Thomas Eichler ihre erste Fitness-Einheit absolviert. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es unter der Anleitung von Trainer Nico vom Turn Klubb zu Hannover auch gleich mit einem kurzen Aufwärm-Programm los. Mithilfe von Hockern, Steppern und Matten wurden im Anschluss der Oberkörper, die Körpermitte und der untere Rücken trainiert. Neben Dehnung, Mobilisierung und Stabilisierung stand zudem die Verbesserung der Kraftausdauer im Fokus der Trainingseinheiten, was für viele gar nicht so einfach war. »Am Anfang sah das Ganze ja eher kinderleicht aus. Aber nach der einen Stunde war ich ganz schön kaputt«, erzählt Asphalt-Verkäufer Thomas schmunzelnd. Auch kaputt aber dennoch zufrieden zeigte sich Thomas Eichler: »Damit haben wir jetzt den ersten Schritt getan, das Selbstwertgefühl zu stärken und ein Wir-Gefühl zu erzeugen. Jedem unserer Teilnehmer ist bewusst geworden, wie wichtig die Ganzkörper-Fitness ist.« Trotz der Anstrengungen und des Muskelkaters werden alle Teilnehmer auch bei der nächsten Fitness-Einheit wieder dabei sein. Dann steht das Zirkeltraining auf dem Programm. Von Trainer Nico ganz individuell auf die Gruppe zugeschnitten. GB

Foto: V. Macke

Fitness für Asphalter

Nicht ganz alltäglicher Besuch: Rund 25 Pressesprecher von Jobcentern und Arbeitsagenturen in Niedersachsen haben anlässlich ihrer Jahrestagung bei Asphalt vorbeigeschaut. Haben sich zunächst von den beiden langjährigen Verkäufern und versierten Stadtführern Thomas und Hartmut bei dem sozialen Stadtrundgang von Asphalt die Treffpunkte und Hilfeeinrichtungen für Obdach- und Wohnungslose in der Landeshauptstadt zeigen lassen. Und haben sich im Anschluss von Geschäftsführer Georg Rinke und Redaktionsleiter Volker Macke Aufbau und

Alltag der Redaktionsarbeit sowie Zweck und Finanzierung des beinahe 25 Jahre alten Asphalt-Projekts erläutern lassen. Was sie erstaunt hat? Dass Asphalt neben den Kernthemen Obdachlosigkeit und Armut stets auch Wissenschaft, Kultur und Unterhaltung bietet. Was sie überhaupt nicht ahnten? Dass Asphalt seit Anbeginn ohne jede regelmäßige staatliche oder kirchliche Förderung auskommt – für die Unabhängigkeit setzt Asphalt allein auf Verkauf und Spenden. Was alle unisono empfahlen? Asphalt sei prädestiniert als Anbieter für einen künftigen so genannten dritten Arbeitsmarkt. Ein beiderseits gewinnbringender Besuch. RED


Zauberhafter Winter-Zoo

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Ein Winter-Wunderland erwartet die Besucher im Erlebnis-Zoo Hannover. Noch bis zum 3. Februar 2019 verwandelt sich Meyers Hof in eine funkelnde Winterwelt. Zwischen festlich beleuchteten Fachwerkhäusern lädt die große Open-Air-Eislaufbahn zum Dahingleiten oder auch zu Sprints auf den schmalen Kufen ein. Der Rodelberg lockt mit schwungvoller Reifen-Bahn und beliebten Porutschern. Gruppengaudi garantiert heißt es auf vier Bahnen beim Eisstockschießen und Curling (Reservierung erforderlich!), während zwei große Kinderkarussells Kindheitsträume wecken. Mit frischen Waffeln, Apfelstrudel und regionalen Spezialitäten lockt der Wintermarkt. Für die Durchgefrorenen gibt es heißen Kakao, Glühwein und Punsch zum Aufwärmen. Mit Asphalt können Sie zwei Tagestickets für den Zoo Hannover gewinnen! Beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Wie viele Kinderkarussells gibt es im Winter-Zoo Hannover?

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Foto: Zoo Hannover

Gewinnsp

Schicken Sie uns eine Postkarte, eine E-Mail oder ein Fax mit Ihrer Antwort und dem Stichwort »Zoo« bis zum 31. Dezember 2018 an: Asphalt-Redaktion, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover, gewinne@asphalt-magazin.de, Fax 0511 – 30126915. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Die Lösung unseres letzten Zoo-Rätsels lautet: »ein Ei«.

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»GUT IM GRIFF« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäufer Reiner (43).

Hallo Reiner, schön, dass wir noch mal zusammenkommen. Du planst ja deinen Umzug nach Cuxhaven, in deine Heimatstadt. Ist das noch aktuell? Für mich ist das ganz aktuell, aber ich habe noch keine Wohnung. Das liegt daran, dass ich mich nur auf die Gebiete beschränke, wo meine Schwester und meine Mutter wohnen.

Wie alt warst du, als du aus Cuxhaven weg bist? Ich bin mit elf ins Internat nach Hamburg. Beste Zeit überhaupt!

Warum willst du zurück? Ich ziehe aus gesundheitlichen Gründen zurück zu meiner Familie. Ich habe einen angeborenen grauen Star, deshalb war ich auch im Internat, weil ich nicht auf jede Schule gehen konnte. Gute zehn Jahre war meine verbliebene Sehkraft jetzt auf einem Punkt stehengeblieben, aber in letzter Zeit merke ich, dass es immer schlechter wird und da möchte ich mich früh genug Richtung Familie orientieren. Es kann passieren, dass ich abends ins Bett gehe und am nächsten Morgen sehe ich gar nichts mehr. Dazu kommt, dass ich in Hannover wenig Freunde habe. Ich bin trocken geworden, die anderen nicht – das funktionierte dann nicht mehr. In all den Jahren habe ich aber auch wenig neue Freunde gefunden.

Wie lange bist du schon trocken? Der 14. Oktober 2007 war mein erster Trockentag. Sieben Therapien sind gescheitert, am Ende habe ich es ohne professionelle Entgiftung zuhause geschafft. Seitdem ich trocken bin, lerne ich wieder richtig, was ein schönes Leben ist. Erst nachdem ich trocken war, habe ich mich selbst überhaupt wieder bewusst wahrgenommen. Vorher war mir alles egal. Ungefähr seit sechs Jahren komme ich jetzt wirklich gut mit mir aus. Dafür musste ich aber erst mal meine Vergangenheit aufarbeiten.

Wie lange hast du getrunken? Als ich das erste Mal gemerkt habe, dass ich Probleme mit Alkohol habe, war ich 13. Während der ganzen Internatszeit gab es keinen Tag, an dem ich nicht getrunken habe. Ich habe das auch psychologisch bearbeiten lassen und nach Jahren herausgefunden, dass der Ansatz die Kindheit war. Das Verhältnis zu meiner Familie war damals gar nicht in Ordnung. Wir waren vier Kinder – unzufrieden auf dem Dorf. Da gab es nichts für Jugendliche. In unserer ganzen Familie gehörte Alkohol außerdem einfach immer dazu. Und Alkohol bringt immer Gewalt mit. Auch mein Vater war schwer alkoholabhängig, hat aber immer alles für uns Kinder getan. Als ich 15 war, hat er sich umgebracht. Das Warum wurde nie geklärt. Das war eine harte Zeit. Das hat mich dann auch richtig in den Alkoholismus gezogen.

Jetzt ist dein Verhältnis zu deiner Familie besser? Inzwischen, ja. Ich habe aber jahrelang keinen Kontakt gehabt. Seit vier Jahren baue ich den langsam wieder auf. Die Überlegung zurückzuziehen, hat auch lange gedauert. Ich habe ganz, ganz viel mit meiner Familie gesprochen; über das, was früher passiert ist. Wir haben das aufgearbeitet. Jetzt kann ich mich auch wirklich auf meine Familie verlassen. Ich denke, mein Vorteil ist, dass ich seit elf Jahren immer Pädagogen um mich herum hatte. Ich habe davon sehr viel angenommen und wende das auch im Umgang mit anderen an. Zum Beispiel im Tages–treff für Obdachlose, wo ich ehrenamtlich gearbeitet habe. In Cuxhaven will ich mich auch bei Hilfeeinrichtungen engagieren. Ich habe mein Leben jetzt relativ gut im Griff, da will ich was zurückgeben. Ich habe solche Hilfeprojekte, als ich noch getrunken habe, auch gern in Anspruch genommen.

Toll! Hast du damals auch schon Asphalt verkauft? Ich verkaufe seit 13 Jahren, damals war ich noch nass. Später hat mir Asphalt dann geholfen, trocken zu bleiben: Ich hatte immer was zu tun. Außerdem tut mir der ständige Kundenkontakt unwahrscheinlich gut. Zu gehen, fällt mir deshalb sehr schwer. Ich plane aber, auch in Cuxhaven Asphalt zu verkaufen.

Wegen deines Augenfehlers kannst du ja auch gar nicht mehr arbeiten gehen, oder? Ich bekomme volle Erwerbsminderungsrente. Per Aktenlage wurde das entschieden. Bis dahin hatte ich schon 13 Ausbildungen angefangen. Maurer, Maler … Ich musste aber immer wieder feststellen, dass viele Berufe nichts für mich sind. Ich kann keine gerade Mauer bauen, keinen geraden Pinselstrich ziehen: Meine Augen machen dabei nicht mit. Im Endeffekt bin ich Möbeltischler geworden. Ich würde gerne arbeiten gehen, das hat mich damals nämlich erst mal ordentlich aus der Gesellschaft rausgezogen. Das war kurz nachdem ich richtig trocken war. Da hatte ich eigentlich gerade einen richtigen Aufschwung. Ich war ja gerade mal knapp über 30. Deshalb bin ich auch froh, dass ich durch Asphalt Teil der Gesellschaft geblieben bin.

Abgesehen vom Umzug: Hast du Ziele für 2019? Ich lasse die Ziele mich finden, gehe meinen Weg und gucke, wo er mich hinführt. Jeder Abschnitt hat seinen Sinn. Manchmal verläuft man sich – wie ich mit der Alkoholabhängigkeit. So lange ich aber immer wieder zurückfinde, ist das in Ordnung. Das sind Erfahrungen, die nehme ich gerne mit. Überhaupt nehme ich aus jedem Tag irgendwas Positives mit. Es gibt in meinem Rückleben keinen Tag, der nicht auch irgendwie schön war – trotz aller Probleme. Ich will keinen missen. Interview und Foto: Svea Kohl


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Reiner verkauft Asphalt vor Rewe in AltwarmbĂźchen.


INTENSIV TÄTIG Ein Hof im Hof der JVA. Mit Tieren, Nutzpflanzen und Kompost. Drumherum Stacheldraht, Kameras, vergitterte Türen. Junge Straftäter arbeiten hier für ihre Zeit nach der Haft. Auch an sich selbst. So wie Steven (17). Asphalt hat er seine Geschichte erzählt. Das zweite einer Reihe von Knast-Interviews.


Ich sitze hier in Bremen gerade meine letzten drei Monate ab. Zwei Jahre und acht Monate hatte ich bekommen.

Oh, das ist vergleichsweise viel für einen Jugendlichen. Was hast du angestellt? Schwere Räuberische Erpressung – hauptsächlich.

Das heißt konkret? Ich habe jemandem eine Waffe vors Gesicht gehalten, damit er uns seine Autoschlüssel gibt. Wir sind dann mit seinem Auto weggefahren. Stundenlang.

Du bist 17 jetzt, warst also zur Tatzeit 14 Jahre alt? Gerade 15 geworden.

Und dafür bekommt man mehr als zweieinhalb Jahre Jugendhaft? Nun ja, wir haben ihn zusätzlich auch noch etwas zurechtgestutzt. Ich mein, nur weil dir jemand sagt, dass du ihm sein Auto geben sollst, machst du das ja noch nicht gleich. So war das damals auch. Da ist das dann einfach passiert.

Zurechtgestutzt? Also verprügelt. Kann man so sagen. Das war aber nicht mein Plan. Das ist uns quasi einfach so passiert.

Uns? Ja, ich hatte einen Mittäter. Ich muss zugeben, dass die Sache mit dem Auto meine Idee war, aber nicht, dass es so ausartet dann. Das war ganz sicher nicht geplant. Aber die Dynamik der Situation, der aggressive Kumpel und so …

Ihr habt den Eigentümer misshandelt und seid dann mit dem Auto abgehauen. Hat dich die Polizei mit dem Auto auf frischer Tat geschnappt? Ein 15-Jähriger am Steuer fällt ja auf. Zwölf Stunden lang bin ich mit dem Wagen noch rumgefahren. Kreuz und quer. Irgendwann ist die Polizei dann auf uns aufmerksam geworden, als wir irgendwo hielten. Die haben mich dann zwar gleich mitgenommen. Weil ich aber alles geleugnet hatte und der Autoeigentümer eine schlechte Täterbeschreibung abgegeben hatte, ließen sie mich erst noch wieder gehen. Vier Tage später aber erfuhr ich, dass ein Haftbefehl gegen mich vorlag. Da bin ich abgehauen und habe mich in einem Flüchtlingsheim versteckt. Das war ein wirklich sehr schöner Abend da, die Flüchtlinge waren alle sehr nett zu mir, haben mich reich bekocht. Aber nachts um eins war die Polizei dann da. Ich habe noch versucht, mich zu wehren, aber die waren natürlich stärker.

Bei gut zweieinhalb Jahren Haft nehme ich mal an, dass du da nicht das erste Mal straffällig warst. Stimmt. Ich hatte schon vorher vieles gemacht. Ich hatte auch schonmal eine Verurteilung, hatte Sozialstunden bekommen, die ich aber nie abgeleistet hatte. Letztlich nennt man sowas wie mich glaube ich Intensivtäter. Ein Ding nach dem anderen, aber anfangs ja noch gar nicht strafmündig.

Wann fing das denn an? Früh. Mit elf vielleicht. Da war ich zu meinem Vater nach Schleswig gezogen. Eigentlich bin ich Bremer. Zumindest bis ich sechs Jahre alt war hatte ich bei meiner Mutter in Bremen gelebt. Dann kam ich in eine Ich hatte einfach Pflegefamilie in NiedersachLangeweile. sen. Das funktionierte da Das ist immer alles aber auch nicht so super, deshalb kam ich schon bald aus Langeweile in eine Kinder- und Jugendentstanden. einrichtung im Ammerland.

Der Staat hat dich also deiner Mutter weggenommen? Ja, aber ich will zum Warum nichts weiter sagen. Nur so viel: Sie war damals jedenfalls noch sehr jung, sie hat mich ja schon mit 17 bekommen. Und als ich in die Pflege kam, war mein Vater auch schon lange von ihr getrennt. Und es gab dann noch den Stiefvater.

Hat dein Vater sich deiner Meinung nach nicht gut um dich gekümmert, dass du so viele Straftaten begangen hast? Ich weiß nicht. Ich hatte einfach Langeweile. Das ist immer alles aus Langeweile entstanden. Ich hatte zum Tatzeitpunkt ja auch gar nicht mehr bei meinem Vater gewohnt. Von dort war ich einige Monate vorher abgehauen. Habe mal hier mal da bei Leuten gepennt, die ich beim Rumhängen und Saufen auf der Straße kennengelernt hatte.

In Schleswig-Holstein kamst du dann auch vor Gericht. Warum bist du jetzt hier in der JVA in Bremen? Ich habe mich hierher verlegen lassen. Das ging, weil meine Mutter hier lebt. Eigentlich wäre ich vielleicht sogar schon draußen gewesen da in Schleswig. Aber dann hatte ich doch dort noch Blödsinn gemacht.

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Hallo Steven, warum bist du hier im Gefängnis?

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In der Haft? Ich hatte schon Ausgang, aber einmal bin ich nicht rechtzeitig wieder zurück gewesen. Ich habe mich aber spät am selben Abend noch freiwillig gestellt.

Warum hast du das gemacht, wenn deine vorzeitige Entlassung doch kurz bevorstand? Ich wollte denen und mir selbst einfach zeigen, dass nur ich mich selbst in der Hand habe und nicht sie.

Ist dir das wichtig? Autonomie zu demonstrieren?

Kicken auf dem Freistundenhof.

Ja, schon. Ich demonstriere das aber nicht. Es ist so. Niemand hat mich in der Hand, nur ich selbst. Kann schon sein, dass viele Dinge die ich gemacht habe doof waren, aber da war ich ich selbst. Diesen Tag jedenfalls hatte ich super genossen, auch wenn das Ergebnis der Wegfall der vorzeitigen Entlassung und zwei Monate kompletter Einschluss waren.

Nun hast du dich vor einigen Monaten hierher verlegen lassen, weil deine Mutter hier wohnt. Besucht sie dich? Bisher leider nicht. Sie muss wohl immer arbeiten, wenn Besuchszeit ist.

Was macht das mit dir? Schade ist es schon. Aber ein Weltuntergang ist es auch nicht. Ich habe sie ja eh schon jahrelang nicht gesehen.

Du bist jetzt 17 Jahre alt. Wie alt würdest du dich selbst im Vergleich zu anderen in deinem Alter einschätzen? 22 bestimmt. Viel reifer und erfahrener halt.

Hast du einen Plan für die Zeit nach der Haft? Freiheit ist weit entfernt.

Zunächst eine Ausbildung machen. Ich habe mir von hier drinnen aus einen Ausbildungsplatz gesucht. Meinen Hauptschulabschluss habe ich ja schon im Gefängnis nachgeholt. Werde erstmal Bauhelfer sein und dann eine Ausbildung zum Betonbauer machen. Dafür habe ich schon den Vertrag. Die Sache habe ich ganz allein hingekriegt, habe mir Adressen von Firmen aus der Zeitung und aus Teletext rausgesucht, und Bewerbungen hingeschickt. Der Personaler hat mich dann hier auch zweimal besucht und ja, der gibt mir ne Chance.

Und wenn es schwierig wird da draußen? Wenn man mal ein Auto braucht?

Mahlzeit im Disziplinarstrafen-Arrest.

Ne, ne, so läuft das nicht mehr. Ich habe hier einiges gelernt. Es gibt das sicherlich, dass einer rauskommt und gleich beim nächsten Anlass sofort wieder einem aufs Maul haut. So einer war ich früher sicher auch. Da habe ich jede Auseinandersetzung gesucht. Aber das ist vorbei. Ich bin auch keiner mehr, der schnell beleidigt ist. Wenn mich heute jemand beleidigt, sag ich


Ein bisschen wie eine WG? Naja, WG ist schon noch deutlich selbstbestimmter, oder? Selbstbestimmt bist du im Knast ja kaum. Hier ist alles von außen vorgegeben. Sehr strukturiert.

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nur Dankeschön und das war es dann. Das ist alles das Ergebnis der Sozialtherapie für Gewaltstraftäter in Schleswig, glaube ich. Das hat bei mir Klick gemacht. Das sehen die Beamten hier auch. Man vertraut mir mittlerweile soweit, dass ich nur noch über Nacht in der Zelle weggeschlossen werde. So kann man sich auf der Abteilung gegenseitig besuchen, klönen, zusammen eine rauchen oder auch zusammen essen.

Bei der Bundeswehr, konkret bei den deutschen Blauhelmen. In welchem Land das sein wird, das weiß man jetzt ja noch nicht.

Blauhelme? Alles genau geplant. Wenn ich mit der Ausbildung am Bau fertig bin, gehe ich zur Bundeswehr. Erstmal muss ich als Ex-Gefangener ja fünf Jahre warten, aber dann will ich da unbedingt hin. Und wenn ich da gute Arbeit leiste, dann werde ich irgendwann den Blauhelm tragen.

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Warum ist dir das so wichtig? Ist das dauerhaft furchtbar, so unfrei zu sein? Kein Kino, keine Feiern, keine Freundin, kein Sportverein? Nur die ersten Wochen, man gewöhnt sich schnell daran. Und eigentlich war es auch gut, dass ich rechtzeitig eingefahren bin. So verrückt im Kopf wie ich damals war, hätte ich womöglich noch jemanden umgebracht. Das Gefängnis war sozusagen meine Rettung.

Weil sie Streit schlichten. Ganz einfach. Streit schlichten.

Steven, vielen Dank für das Gespräch. Interview: Volker Macke/Fotos: Benjamin Eichler

Weil es dich erdet?

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In wörtlichen Sinn sogar. Ich bin nämlich eingeteilt für die Pflege der Tiere und Pflanzen auf dem kleinen Anstaltsbauernhof. Eine gute Arbeit ist das. Immer wieder mal was anderes.

Was machst du als Allererstes, wenn du rauskommst? Die Mutter meines Kindes suchen.

a m n e s t y a f t e r wo r k Schreiben Sie für die Menschenrechte – gegen Verfolgung, Gewalt und Folter

Deines Kindes? Ja, ich bin Vater. In zwei Monaten wird sie drei.

Hast du mit der Mutter während der Haft Kontakt gehalten? Nein, es gibt leider gar keinen. Wenn ich demnächst entlassen werde, will ich mal vorbeifahren und sehen, ob sie da wohl noch wohnt. Auch wenn das die alte Gegend ist, mit der ich eigentlich nichts mehr zu tun haben will. Aber ich möchte schon sehen, wie es den beiden geht.

Hattest du dein Kind überhaupt jemals gesehen? Ich war sogar bei der Geburt dabei und die ersten zwei Monate danach. Dann bin ich in Haft gekommen. Das aber hatte sie nicht mitbekommen. Wahrscheinlich hat sie gedacht, ich sei einfach abgehauen. Wieder mal. Aber das war ja nun ganz anders. Vielleicht verzeiht sie mir.

Wenn ich dich in zehn Jahren nochmal treffen möchte, um nachzuhaken wie es dir geht, wo suche ich dich dann? Auf der Baustelle, beim Autorennen, bei Frau und Kind oder doch wieder im Knast?

Gemeinsam für die Menschenrechte Sie können helfen: Wir laden Sie herzlich ein, uns montags zu besuchen. Lassen Sie Ihren Tag mit einer guten Tat bei Kaffee, Tee und Gebäck ausklingen, indem Sie sich mit Faxen, Petitionen oder Briefen gegen Menschenrechtsverletzungen in aller Welt einsetzen. Öffnungszeiten: Montag 18 bis 19 Uhr after work cafe Dienstag 11 bis 12 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 19.30 Uhr amnesty Bezirksbüro Hannover Fraunhoferstraße 15 · 30163 Hannover Telefon: 0511 66 72 63 · Fax: 0511 39 29 09 · www.ai-hannover.de Spenden an: IBAN: DE23370205000008090100 · BIC: BFSWDE33XXX Verwendungszweck: 1475


DIE FÜNF PROZENT Foto: Benjamin Eichler

Jugendkriminalität steigt wieder. Nach Jahren des kontinuierlichen Rückgangs. Ein Gutteil aller Delikte wird jedoch von den immer selben Tätern begangen. Von Intensivtätern.

»Jugendkriminalität ist ein Gradmesser für die Lage von Kindern und Jugendlichen in der Gesellschaft. Sie spiegelt in gewissem Maße die gesellschaftlichen Verhältnisse wider«, sagt das Niedersächsische Justizministerium. »Geht es Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden gut, bestehen gute Aussichten für die gesellschaftliche Entwicklung in der Zukunft.« Der Umkehrschluss: Geht es ihnen schlecht, bestehen schlechte Aussichten. Das stimmt nur bedingt: Grundsätzlich kommt Kriminalität bei jungen Menschen weit häufiger vor als bei Erwachsenen. Kriminologen sprechen von der »Normalität« der Jugendkriminalität. So waren im Jahr 2016 neun Prozent aller Tatverdächtigen jugendlich, der Anteil der Jugendlichen an der Wohnbevölkerung betrug hingegen lediglich 4,29 Prozent. Bei den Heranwachsenden lag der Anteil der Tatverdächtigen bei rund zehn Prozent, wohingegen sie nur mit einem Anteil von 3,3 Prozent an der Wohnbevölkerung vertreten waren. Und in Niedersachsen erreichten junge Männer zwischen 14 und 30 Jahren eine Quote von 9,3 Prozent aller Niedersachsen. Sie stellten aber enorme 52 Prozent aller Tatverdächtigen der aufgeklärten Fälle von Gewaltkriminalität. Manche der Täter, meist Jungen, werden zu Intensivtätern, also Tätern, die mehr als vier Straftaten in kurzer Zeit begehen. Ein relativ neuer Begriff für das, was früher Berufs- oder Gewohnheitsverbrecher oder Hangtäter genannt wurde. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter schätzt diese Intensivtäter auf gut fünf Prozent aller Jugendstraftäter, die aber für rund 50 Prozent aller registrierten Straftaten verantwortlich seien. Nach einer Umfrage durch das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) unter 15-jährigen Schülerinnen und Schülern hatten 4,3 Prozent aller Befragten schon in jungen Jahren fünf und mehr Gewaltstraftaten verübt.

Um möglichst schnell und umfassend Sanktion und Rehabilitation von Jugendlichen Tätern umsetzen zu können, plant das Land die Einrichtung so genannter »Häuser des Jugendrechts«, so steht es zumindest im Koalitionsvertrag von SPD und CDU. Als mögliche Standorte sind Osnabrück, Salzgitter und Oldenburg im Gespräch. Die Idee: In den »Häusern« sollen Staatsanwaltschaften, Polizei und Jugendgerichtshilfe in Bezug auf straffällig gewordene Jugendliche besonders eng zusammenarbeiten. Motto: Kurze Wege, schnelle Entscheidungen. Und die seien wichtig, damit Täter eben nicht zu Intensivtätern werden. 2010 veröffentlichte die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig den Bestseller »Das Ende der Geduld«. Aus Heisigs teils sehr desillusionierenden Beobachtungen ›an der Front‹ in Neukölln entstand das Neuköllner Modell und eben darauf gründet die Idee der künftigen »Häuser des Jugendrechts«. Manche Kriminologen betonen gleichwohl ganz andere Faktoren: Für einen Rückgang von Jugendkriminalität brauche es mehr höhere Schulabschlüsse, weniger Einsatz von Gewalt in der Erziehung, mehr Zuwendung, die Abwesenheit materieller Notlagen und – ganz wichtig – die richtigen Freunde. Nichts beeinflusse die jugendliche Entwicklung in Sachen Gewalt so stark, wie die so genannten peergroups. Wenn Kinder und Jugendliche mit »delinquenten Freunden« in Kontakt kommen, wenn im Freundeskreis Gewalt und Alkohol angesehen sind, dann habe das weit mehr Einfluss auf die Kinder als formelle soziale Kontrollen, Medienkonsum und Schule, so die Kriminologen Christian Pfeiffer und Dirk Baier in ihrer vom Institut für Delinquenz und Kriminalprävention in Zürich herausgegebenen Schwerpunktstudie zur Jugendgewalt. Volker Macke


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Zum Titel

Zum Interview »Im Vertrauen«

Containerdorf?

Herausfordernd

Wie wäre es mit einem Container-Dorf für Menschen ohne WÜRDE Obdach? Garantiert würde sich ein Landwirt finden, der ein Pachtgrundstück anbieten würde. Was sagt der Bürgermeister mit seinen Stadtvätern dazu? Ein Grundstück mit zwölf Containern wäre ein guter Anfang. Natürlich in erster Linie für Frauen mit Kindern. Als Einzelunterkünfte mit Pförtner, Sozialarbeitern und Pädagogen. Eigentlich bräuchte man nur drei Regeln. 1. Keine Gewalt. 2. Kein Alkohol. 3. Keine Narkotika. So könnte man allen obdachlosen Menschen in Niedersachsen nach und nach ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Vor Jahren gab es so etwas mal bei Lehrte. Warum kann Hannover so etwas nicht? Volker Rockinger, Hannover. KOSTBAR

Landtag will Beschäftigungsprogramm für Obdachlose

PLANBAR

SCHIFF(S)BAR

Wohnungsnot ist kein Schicksal: Wladimir Kaminer über Zeit zu handeln! Kreuzfahrten, Trump und Theken

Zur Verkäufer-Schreibwerkstatt 2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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Reimen verbindet

In der November-Ausgabe ent­ deckte ich die Seite »Meine JUGEND IM KNAST Worte«. Ein großes Lob für diese Schreibwerkstatt. Als ehemalige Lehrer haben meine Frau und ich es oft erfahren, wie Fantasie anregende Projekte Freude und Zufriedenheit spenden und zum Tun anregen. In diesem Fall hat es mich gleich gepackt und zum Reimen verführt: Es war mal eine Frau, so eitel wie ein Pfau, sie trug stets einen Fingerring, womit sie sich ‘nen Ringer fing. Die sah man dann am Abend beim Ringkampfe sich labend. Heinz Schoke, Hannover. VERURTEILT

VERSPROCHEN

VERARMT

Nach der Tat: Strafe als Chance?

Region Hannover: Millionen gegen Wohnungsnot

Prekäre Beschäftigung: Arbeit lohnt sich nicht

Vielen Dank für Ihre Meinung! Die Redaktion behält sich vor, Briefe zur Veröffentlichung zu kürzen. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Absenderadresse anzugeben.

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BRIEFE AN UNS

Vielen Dank für diese interessante Darstellung! Im Interview mit dem jugendlichen Straftäter kommt beides in guter Form zum Ausdruck: Beachtung der Würde seiner Person wie kritische Fragen zu seiner Tat. Die fremde Welt »Gefängnis« zu vermitteln, wenigstens annähernd – es bleibt eine Herausforderung. Ich merke nach fast vier Jahren Ausscheiden aus der JVA-Arbeit immer noch, wie sehr mich das Thema beschäftigt. Und ich denke oft: Es wäre und ist wichtig, dass eine differenzierte Auseinandersetzung damit stattfindet. Die meisten Medien allerdings sind dazu offenbar nicht bereit – Asphalt schon. Ulrich Tietze, Nordstemmen

Zum Titel

Beispielhaft ich kaufe »Asphalt« seit Längerem bei dem Verkäufer in Delmenhorst. Anfangs dachte ich, dass ich damit lediglich einen kleinen Beitrag für die obdachlosen Menschen leiste. Von den Inhalten des Magazins versprach ich mir eigentlich nichts, wurde dann aber schnell eines Besseren belehrt. Seitdem lese ich fast jeden Beitrag. Auch Ihre einleitenden Worte gefallen mir gut. Vor allem Ihre klare Position gegen Rechtspopulismus und Ausbeutung, die auch in vielen Artikeln zum Ausdruck kommen! Und in puncto Orthographie und Interpunktion kann sich manche Tageszeitung von Asphalt noch eine Scheibe abschneiden! Birgit Jansen, Delmenhorst

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BUCHTIPPS Radikalisierung Vorab: Der Debütroman von Lukas Rietzschel, geboren 1994 in der Lausitz, ist eine dichte, psychologisch präzise und gekonnt erzählte Milieustudie. Er handelt – in einem Satz – davon, wie in Ostsachsen in den 2000ern Jungs zu Nazis werden. Zum Text gehört aber auch die Rezeption, die nach den Ausschreitungen von Chemnitz den »Roman der Stunde« witterte, ostdeutsche Selbsterklärprosa. Nun ist es so, dass gute Literatur ganz wunderbar darin ist, Fragen zur gesellschaftlichen Gegenwart zu beantworten – wenn auch nicht zwingend die, die man an sie stellt. Die eingespielte Weltlage in »Mit der Faust…«, vom 11. September bis zur beginnenden »Flüchtlingskrise« 2015, liefert ein zeitliches Raster, einen Rhythmus, nicht mehr. Die Wegzüge und Selbstmorde, die Tristesse und die unterschwellige oder sehr manifeste Gewalt, das Abgehängtsein und die nicht verwundenen biografischen Brüche – das ist alles sehr präzise erzählt, eine einfache Erklärung will es nicht sein. Wir wissen will, wie z.B. in Sachsen beginnend in Vorwendezeiten der Neonazismus gleichzeitig attraktive Gegenkultur und jugendkultureller Mainstream wurde, gehätschelt, geschützt, ignoriert, integriert, findet die Antworten nicht hier. Hier gibt es nur einen wirklich guten Roman aus der ostdeutschen Provinz. Lukas Rietzschel | Mit der Faust in die Welt schlagen | Ullstein | 20 Euro

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Aus Sandra wird Resi

WohnGlück Mit Hannoverherz & Immobilienverstand begleiten wir Sie in eine lebens- & liebenswerte Zukunft.

hanova.de

»Wie schafft ihr das?« Der Abgrenzungssatz der eigenheimbesitzenden ehemaligen Freunde. Kein Kompliment, sondern »eine Umschreibung dafür, dass der Fragende denkt, es sei nicht zu schaffen –und auch dumm, es überhaupt zu versuchen«. Was Resi versucht, ist ein Leben zu führen als freie Schriftstellerin, mit einem Mann, der Künstler ist, und ihren vier Kindern. In Anke Stellings »Bodentiefe Fenster«, der im selben Milieu spielte, war die Protagonistin Sandra noch Teil der urbanen, linksliberalen Hausgemeinschaftsidylle – und ihr innerer Monolog einer der Verachtung. Resi hingegen gehört auch »objektiv« nicht mehr dazu, Freundschaft endet bei Besitz und mit Macht. »Wenn ich ‚ich‘ sage und anhand meines Beispiels etwas und mich selbst behaupte, dann geschieht das gegen Widerstände. Und erzählt deshalb von ihnen«, sagte Stelling jüngst bei einer Lesung. Das ist Definition von politischer Literatur. Die Bücher von Anke Stelling gehört zur besten, die wir haben. Anke Stelling | Schäfchen im Trockenen | Verbrecher | 22 Euro


Sonstiges

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KULTURTIPPS Workshop

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Menschenwürdig wohnen »Würde für alle – Obdachlosigkeit bekämpfen«, lautet der Titel der mittlerweile vierten Ausgabe der Polit-Talk-Reihe von Caritas, Asphalt und der Landesarmutskonferenz im ka:punkt. Diese Mal stellt sich Volker Macke, Redaktionsleiter vom Asphalt-Magazin, den kritischen Fragen von Klaus-Dieter Gleitze, Geschäftsführer der LAK Niedersachsen. Und auch das Publikum ist wieder herzlich zum Mitdiskutieren und Nachhaken eingeladen. Für die nötige Stärkung gibt es Kaffee und Kuchen kostenlos. Donnerstag, 13. Dezember, 16 – 17 Uhr, Treffpunkt ka:punkt, Grupenstr. 4, Hannover, Eintritt frei.

Foto: Elham Emambakhsh

Am 10. Dezember 1948 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Seit 13 Jahren nehmen der Rat der Religion und Amnesty International Hannover diesen Tag zum Anlass, mit einem Forum auf Menschenrechtsverletzungen weltweit hinzuweisen. In diesem Jahr lautet das Thema »Es geht um mehr als das Asylrecht – Die menschenrechtlichen Grundlagen Europas und die Realität«. Den passenden Vortrag dazu gibt es von Günter Burkhardt, Geschäftsführer und Mitbegründer von PRO ASYL. Montag, 10. Dezember, 19 bis 21 Uhr, Haus der Religion, Böhmerstraße 8, Hannover, Eintritt frei.

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Malerei zu Musik Musik als Inspiration nutzen. An zwei Tagen haben Interessierte die Möglichkeit, gemeinsam mit der professionellen Künstlerin Elham Emambakhsh eigene kleine künstlerische Werke zu verschiedenen Musikstücken zu entwickeln. Lautstärke, Rhythmus, Stimmung – all das kann Einfluss auf die Bilder haben, die entstehen. Wie sieht also eine Malerei zu klassischer persischer Musik aus? Was entsteht zu Deutschrap oder arabischem Rap? Der Workshop wird es zeigen. Dienstag, 11. Dezember und Mittwoch, 12. Dezember, jeweils 17 bis 19.30 Uhr, Atelier Faustgelände, Zur Bettenfabrik 3, Hannover, Anmeldung unter laura.heda@kargah.de, Teilnahme frei


Konzert Foto: Yvonne Berardi

Lesung

Around Christmas Stilsicher wandelt das Künstlerduo Ulrike Wahren und Peter Stolle auf dem Grat zwischen andächtiger und fröhlich mitreißender Musik, zwischen Tradition und Moderne, zwischen Wohlvertrautem und unbekannten Schätzen der Weihnachtsmusik: Ob englisches Christmas Carol, skandinavische Folklore, deutsches Weihnachtslied oder grooviger Popsong – das Künstlerduo verbindet die Songs unterschiedlichster Herkunft zu einem harmonischen Ganzen und stimmt auf das bevorstehende Weihnachtsfest ein. Dienstag, 11. Dezember, 20 Uhr, Lalu im HefeHof, Hefehof 2, Hameln, Eintritt 15 Euro, erm. 7,50 Euro.

Wohnzimmerkonzert

Roman einer Besessenheit In seinem neuen Roman »Im Feld« erzählt Joachim Zelter von der Parforce-Tour einer Rennrad-Gruppe zu Christi Himmelfahrt und von der Sogwirkung eines rastlosen Pelotons: dem Zusammenwirken von Fahrrad, Mensch und sozialer Gruppe. Es geht dabei nicht nur um Tempomachen, Höhenmeter, wachsende Distanzen und ein fortwährendes Weiter und immer weiter so. Am Ende handelt Zellers neuer Roman, der der Roman einer Besessenheit ist, von uns allen: von Anpassung und Bereitwilligkeit, von Leistungsdruck und subtiler Tempoverschärfung, von der Unfähigkeit, auch nur eine Pedalumdrehung auszulassen. Donnerstag, 06. Dezember, 19.30 Uhr, Literaturhaus Hannover, Sophienstraße 2, Hannover, Eintritt 12 Euro, erm. 6 Euro.

Zu einem Konzertvergnügen an einem außergewöhnlichen Ort lädt das Diakonische Werk Hannover. Künstlerinnen und Künstler wie Shanaya, Cream Flow und Singing Kids stehen im Kaufhaus König auf der Bühne und begeistern ihr Publikum mit Eigenkompositionen, Klassikern, Weihnachtsliedern u.v.m. Der vom Pop-Art-Künstler Della gestaltete Hannover-Beutel »respect« wird an diesem Abend zum ersten Mal verkauft und soll jedes Jahr ein neues Motiv bekommen. Initiator und Schirmherr der Aktion ist der Niedersächsische Landtagsabgeordnete für Hannover-Mitte Alptekin Kirci. Die Erlöse des Abends gehen an die Wohnungslosenhilfe des Diakonischen Werks Hannover. Freitag, 14. Dezember, 19 Uhr, Kaufhaus König, Lister Meile 35a (im Hinterhof), Hannover, Karten gibt es nur im Kaufhaus König, Eintritt 5 Euro.

Klangvolle Mischung Sie bedienen sich aus allem, was Blues, Soul, Pop und Rock zu bieten haben und drücken sowohl Klassikern als auch weniger bekannten Songs anglo-amerikanischer Musikkultur ihren eigenen Stempel auf. Darüber hinaus können It’s M.E. aus einem reichen Fundus selbstgeschriebener Songs schöpfen. Im Zentrum des Trios steht die dunkle Altstimme von Sängerin und Perkussionistin Martina Matschke. Das virtuose Pianospiel von Songwriter und Gründungsmitglied Ecki Hüdepohl und das dynamische Spiel von Drummer Alex Holtzmeyer liefern die unkonventionelle Grundlage. Samstag, 22. Dezember, 20 Uhr, Alter Bahnhof Anderten, An der Bahn 2, Hannover, Eintritt 12 Euro.


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Die zweite Prinzessin

Ständig dreht sich alles immer nur um die ältere Schwester: Beim königlichen Winken, beim Geschenkekriegen und überhaupt. Die zweite Prinzessin hat es satt, immer nur die Zweite zu sein. Deshalb heckt sie nun Rachepläne gegen ihre Schwester aus. So könnte die erste Prinzessin doch von einem bösen Wolf gefressen oder vom Zaubertrank einer Hexe zum Schrumpfen gebracht werden. Die humorvolle kleine Geschichte von Gertrud Pigor ist für Kinder ab vier Jahren und erzählt über große Nöte und von einer klugen Versöhnung. Freitag, 07. Dezember und Montag, 10. Dezember, jeweils 10 Uhr, Sonntag, 09. Dezember, 15 Uhr, KinderTheaterHaus Hannover, Kestnerstraße 18, Hannover, Reservierung unter 0511 – 816981 oder mail@kinderhaustheater-hannover.de, Eintritt 6 Euro.

Das letzte Einhorn Als es das Gespräch zweier Jäger im Zauberwald belauscht, erfährt das Einhorn, dass es das letzte seiner Art ist. Weil die anderen Einhörner aber nicht einfach so verschwunden sein können, begibt es sich auf eine abenteuerliche Suche nach seinen Artgenossen. Unterwegs muss sich das weiße Fabelwesen gegen Hexen und Räuber durchsetzen. Mit Hilfe seiner neu gefunden Freunde, dem tollpatschigen Zauberer Schmendrick, der Räuberbraut Molly Grue und dem Königssohn Lir gelingt es ihm am Ende, den grausamen König Haggard zu besiegen und die gefangenen Einhörner zu befreien. Sonntag, 16. Dezember, 16 Uhr, Kino im Sprengel, Klaus-Müller-Kilian-Weg 2, Hannover, Eintritt 5 Euro, mit AktivPass oder Behindertenausweis 2,50 Euro.

36 Am Lindener Berge 38 30449 Hannover · Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

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DEZEMBER 2018

Foto: Florian Arvanitoupolus

Foto: Mark Eichenseher

Für Kinder

Freitag, 07. Dezember Die Gesellschaft der Freunde des Jazz präsentiert NILS WÜLKER A Decade Live! Eintritt: 20 Euro Donnerstag, 13. Dezember Die Gesellschaft der Freunde des Jazz präsentiert B.B. & THE BLUES SHACKS 29th Anniversary Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Freitag, 14. Dezember B.B. & THE BLUES SHACKS 29th Anniversary Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Mittwoch, 19. Dezember Jazz Club by Gartenheim JOSCHO STEPHAN Gypsy Meets Christmas Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr


IHR ENGAGEMENT

Herausgeber: Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Geschäftsführung: Georg Rinke Redaktion: Volker Macke (Leitung), Grit Biele, Svea Kohl, Ulrich Matthias Fotografin/Kolumnistin: Karin Powser Gestaltung: Maren Tewes Freie Autoren in dieser Ausgabe: O. Neumann, B. Pütter, W. Stelljes, K. Zempel-Bley, H. Diedrich Anzeigen: Heike Meyer Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter) Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1 Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 25.000 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 26. November 2018 Für unaufgefordert eingesandte Manus­ kripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde. Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Unsere vollständige Datenschutzerklärung finden Sie auf www.asphalt-magazin.de/impressum. Alternativ liegt diese zur Ansicht oder Mitnahme in unserer Geschäftsstelle aus.

Machen Sie mit! Die Runde der Ehrenamt­lichen trifft sich an jedem letzten Dienstag im Monat in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstaltungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen. Wir freuen uns, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Rufen Sie uns einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-0. Im Dezember findet keine Runde der Ehrenamtlichen statt – wir treffen uns wieder im Januar 2019!

Verkäuferausweise

Foto: hakase420/fotolia.com

Impressum

Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei VerkäuferInnen mit gültigem Ausweis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Hellblau

In eigener Sache: Ihre Daten Liebe Leserinnen und Leser, bisher fanden Sie an dieser Stelle eine wunderbare Sammlung von Namen, von Menschen, die es gut mit Asphalt und den Asphaltern meinen. Menschen, die Asphalt mit Spenden in unterschiedlicher Höhe unterstützt haben. Die Namensliste war unser Dankeschön an Sie. Und auch irgendwie ein fortlaufendes Dokument einer großen Asphalt-Familie. Gerne hätten wir das weiter so gemacht. Aber nun gibt es die neue europäische Datenschutzrichtline DSGVO. Sie setzt uns – strafbewehrt – sehr enge Grenzen für die Verarbeitung personenbezogener Daten. Wenn Sie uns Geld spenden, dann ist Ihr Name gemäß DSGVO für die Ausstellung einer Spendenquittung nötig und die Verarbeitung dafür erlaubt. Für ein öffentliches Dankeschön unsererseits aber dürfen wir den Namen ohne explizites Einverständnis nicht mehr veröffentlichen. Deshalb hier ein großes Dankeschön an Sie alle. Volker Macke Anzeige

Muss man hören:

Gesellschafter:

Hertzliches Hannover das Wohnungslosen-Magazin immer am 5.Freitag im Monat von 19 bis 20 Uhr

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger

... auf UKW 106.5 und auf www.leinehertz.de


Aus den nachfolgenden Silben sind 20 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – eine Aufforderung ergeben (Autor unbekannt): ama – ar – ben – ben – borg – bruch – chen – dar – de – drin – du – eda – ein – en – ent – er – er – fer – fort – ge – gen – gen – halts – in – in – ku – land – läu – le – lei – lohn – lung – lung – mam – mer – mon – mu – mut – ne – nuss – phir – ren – ro – run – sa – sau – schung – sten – strand – täu – ter – treue – un – un – us – zah – zah – zin

1. Entgelt im Krankheitsfall 2. Vorname eines Komponisten 3. Edelstein 4. Vogel an der Küste 5. hungern, entbehren 6. Frauenname 7. unberechtigtes Betreten einer Wohnung 8. Landschaft in Nordrhein-Westfalen

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir viermal den Roman »Tram 83« von Fiston Mwanza Mujila. Eine heruntergekommene afrikanische Stadt – wer hierherkommt, hat ein Ziel: Geld machen, egal wie. Das Tram 83 ist hier der einzige Nachtclub, das pulsierende Zentrum. Hier, an diesem von Kriegen und Korruption gezeichneten Ort, treffen sich die zwei ungleichen Freunde Lucien und Requiem wieder. Insgesamt dreimal können Sie das Buch »Wir« gewinnen. »Wir« zu sagen, ein »Wir« zu bilden ist die politische Handlung par excellence. Wie aber konstituiert sich ein politisches Subjekt? Wie funktioniert diese Identitätsbildung? Und wie hat sie sich historisch in den letzten zwei Jahrhunderten entwickelt? Das sind die Fragen, denen Tristan Garcia in seinem neuen hochaktuellen Buch nachgeht. Außerdem verlosen wir viermal das Freundebuch »Superfreunde« zum Eintragen und Erinnern. Die Kritzeloptik macht das Erinnerungsalbum attraktiv für Jungen und Mädchen. Jeder Freund und jede Freundin darf sich auf einer eigenen Seite verewigen. Das Schulfreundealbum enthält nicht nur viel Platz für kreative Ideen, sondern auch für lustige Fragen und Witziges zum Ankreuzen. So hebt sich dieses Album von vielen anderen ab. Die Lösung des November-Rätsels lautet: Im Loslassen liegen die Flügel der Freiheit. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 301269-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 31. Dezember 2018. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

9. Memoiren 10. Käsesorte 11. römische Totengeister 12. unerfüllte Hoffnung 13. Kraftstoff 14. Gegenteil von Reichtum 15. Verrat 16. Geld als Götze 17. Geländemotorrad 18. Körperschaden 19. ein Gebäck 20. Alimente

ASPHALT 12/18

SILBENRÄTSEL

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