2016 10 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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IN DER FALLE ABSTURZ

Rentenpolitik schafft Armut statt Sicherheit im Alter.

AUFWIND

Gesundheitscheck per App voll im Trend.

ANTRIEB

Intendant Walburg über Kunst, Politik und Vertreibung.


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Notizblock

6 Angespitzt 7

EKG Okay?

Der Markt für Gesundheits-Apps boomt. Doch wie zuverlässig sind die neuen Hilfsmittel?

10 Mit der Rente in die Armut

Immer mehr Rentner müssen arbeiten oder den Weg zum Sozialamt antreten. Die Politik sieht weg.

14 Breite Front

Armutsforscher Christoph Butterwegge plädiert im Asphalt-Interview für mehr Lobbyarbeit zugunsten der Armen.

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Wer war eigentlich…?

18 Briefe an uns 19 Friede den Hütten

Asphalt lädt ein

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Unter den Nägeln

Lars Ole Walburg, Intendant am Schauspiel Hannover, über Georg Büchner, politische Kunst und Kunst als Politik.

22 Aus der Szene 23 Das muss mal gesagt werden 24 Zu viel Freiheit

Wenn Handicaps das Leben in der eigenen Wohnung unmöglich machen, hilft ein neues Wohnprojekt im Klinikum Wahrendorff.

26 Aus dem Leben

von Asphalt-Verkäuferin Natalie.

28 Wir verlosen Karten für den Zoo 28 Rund um Asphalt 32 Die Lesebühne

Robert Kayser: Zweites Leben – gedacht

34 Buchtipps 35 Oktober-Tipps 38 Ihr Engagement/Impressum

Titelfoto: Fotolia/De Visu

39 Silbenrätsel Das Asphalt-Prinzip

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung.


»Friede den Hütten! Krieg den Palästen!« So heißt die Ausstellung, die Asphalt gemeinsam mit dem Wohnungslosenzentrum Werkheim in diesem Monat samt Rahmenprogramm im Kulturzentrum Pavillon präsentiert. Mail-Art, Kunst im Postkartenformat gibt es dort zu sehen: Rund 200 Exponate. Alle setzen sich auf unterschiedliche Weise mit Georg Büchners berühmter Kampfparole auseinander. Norbert Koczorski, Künstler und zeitweise selbst obdachlos, hatte diese Ausstellung anlässlich des 200. Geburtstags von Georg Büchner in Hessen entwickelt und wird sein Projekt auch bei uns in Hannover persönlich begleiten. Mit »Friede den Hütten! Krieg den Palästen!« hatte Georg Büchner die von ihm 1834 herausgegebene Flugschrift »Hessischer Landbote« überschrieben. Darin rief die Landbevölkerung zur Revolution gegen die politische und soziale Unterdrückung im damaligen Großherzogtum Hessen auf. Der Mediziner und heute vor allem als Autor der Stücke »Woyzeck«, »Dantons Tod« und »Leonce und Lena« bekannte Büchner starb drei Jahre später im politischen Asyl in der Schweiz im Alter von 23 Jahren. Armut, Wohnungslosigkeit und soziale Ungleichheit sind weiterhin auf der Tagesordnung, auch wenn sie eine andere Gestalt als noch vor rund 200 Jahren angenommen haben. Dies ist Thema der vorliegenden Asphalt-Ausgabe. Was heißt Armut konkret, wenn man wegen Krankheit ohne Perspektive früh verrentet ist? Oder wenn die Altersrente trotz Arbeit die Grundsicherung nicht übersteigt? Wir haben mit Betroffenen gesprochen. Und Armutsforscher Christoph Butterwegge von der Universität Köln interviewt. Er weist in seinen Pub­li­ kationen unentwegt darauf hin, dass der von unseren großen politischen Parteien gestützte »Neoliberalismus« zu einem dramatischen Anstieg von Armut und sozialer Ungleichheit geführt habe. Niemand dürfe davon überrascht sein, wenn in Deutschland 2,5 Millionen Kinder in Armut leben. Denn überhaupt nur etwa 12 Prozent der Millionen Arbeitslosen und Hilfebe­dürftigen schaffen es heute, aus ihrer Armutslage wieder herauszukommen. Ich stimme Butterwegge zu, wenn er die Wohlfahrtsverbände auffordert, nicht allein zu beraten und zu betreuen, sondern noch deutlicher als ohnehin schon als politische Interessenvertretung zu wirken.

Ihr

Heiko Geiling · Mitherausgeber von Asphalt

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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Foto: L. Gildehaus

NOTIZBLOCK

Demo für mehr Mittendrin Hannover. Rund 7.000 Menschen mit und ohne Behinderung haben auf dem Opernplatz lautstark gegen den Entwurf des Bundesteilhabegesetzes (BTGH) demonstriert. Mit dem Gesetz sollten Rechte behinderter Menschen eigentlich gestärkt werden. Tenor: Teilhabe und Selbstbestimmung statt Fürsorge. »Aber nicht so!«, war die Antwort vieler Betroffener. Kritisiert wurde unter anderem die Einschränkung des leistungsberechtigten Personenkreises: Wer nicht in mindestens fünf von neun definierten Lebensbereichen wie beispielsweise Kommunikation, Mobilität, Lernen, Selbstversorgung beeinträchtigt sei, dem stehe künftig keine Unterstützung mehr zu. Problematisch sei außerdem, dass Pflege- und Teilhabeleistungen stärker getrennt würden. Betroffene, die alleine wohnen, sollen lediglich Pflegeleistungen, also Hilfe beim Anziehen, Waschen, Essen und der Haushaltsführung bekommen. Teilhabeleistungen wie Arbeit, Hobbys und Sport müssten extra beantragt werden. Im Zweifel müssten Behinderte in stationäre Einrichtungen umziehen, was viele von ihnen aber vermeiden wollen. »Diese Veranstaltung zeigt, dass die Politik das BTGH nicht über die Köpfe der Menschen mit Behinderung hinweg beschließen kann«, so Bernhard Sackarendt vom deutschen Sozialverband. LG

Hilfe für Wanderarbeiter Hannover/Braunschweig. Niedersachsens Wirtschafts- und Arbeitsminister Olaf Lies will den »Kampf gegen den systematischen Missbrauch von Werkverträgen« neu aufnehmen. Die vor einem Jahr beschlossene Selbstverpf lichtung der Branche drohe zu scheitern: In einigen Schlachtbetrieben im Land liege der Anteil von prekären Werkvertragsbeschäftigten immer noch bei 80 Prozent. Gerade in der Fleischindustrie sei es nach wie vor in einigen Betrieben die Regel, dass die anfallende Arbeit von Werkvertragsbeschäftigten und nicht von fest angestellten Arbeitern erledigt werde. »Die Behauptung aus Teilen der Branche, dass es aus wirtschaftlichen Gründen ohne Werkverträge nicht gehe, ist widerlegt«, so Lies. Er wolle sich für eine gesetzliche Regelung stark machen. Die 2013 eingeführten Beratungsstellen für ausländische Wanderarbeiter in Oldenburg, Hannover, Braunschweig und Lüneburg haben bisher rund 6.000 Beratungsgespräche geführt und 200 Arbeitsgerichtsverfahren auf den Weg gebracht. MAC

Die ärmsten Kinder Wilhelmshaven/Bremen. Immer mehr K inder in Niedersachsen leben in Armut, leben von Transferleistungen. Das geht aus einer Studie der Bertelsmann Stiftung hervor. Besonders viele sind es Wilhelmshaven und Delmenhorst. Rund jedes dritte Kind ist in diesen Orten arm. Besonders niedrig hingegen ist mit nur 8,1 Prozent die Kinderarmut im Emsland sowie im Landkreis Osnabrück. In Bremen sind mehr als 40 Prozent der Kinder von Armut betroffen. Das ist der absolut höchste Wert bundesweit. Im Durchschnitt sei in Deutschland jedes siebte Kind auf Grundsicherung angewiesen, so die Stiftung. Fast zwei Millionen Mädchen und Jungen insgesamt. MAC


Zu wenig Hausärzte

Hannover. Mehr direkte Mitbestimmung und Mitsprache will die rotgrüne Landesregierung Bürgern künftig ermöglichen. Das seit 1996 kaum veränderte Gesetz zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden soll im Oktober entsprechend erneuert werden. Doch die versprochene »deutliche Senkung« der Quoren werde »nur teilweise umgesetzt«, kritisiert Tim Weber, Geschäftsführer des Vereins »Mehr Demokratie e.V.«, die Gesetzesvorlage. »Auch die Themenausschlussliste bleibt unverändert.« Für ein Bürgerbegehren muss eine bestimmte Anzahl an Unterschriften vorgelegt werden, um die Relevanz des Themas zu demonstrieren. Dieses Unterschriftenquorum wird von 10 auf 7,5 Prozent aller jeweils Wahlberechtigten gesenkt. Das Zustimmungsquorum, die Anzahl der notwendigen »JaStimmen« soll von 25 auf 20 Prozent reduziert werden. »Die Reform ist gut, aber zu zaghaft«, so Weber. Kommunen und Städte befürchten hingegen einen Rückgang der Ratsmitglieder, wenn deren Entscheidungen durch Bürgerbegehren leichter ausgehebelt werden könnten. LG

Hannover. Ob Wesermarsch, Harzvorland oder Nienburger Land, in weiten Teilen Niedersachsens gibt es immer weniger Hausärzte. Aktuell sind laut der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen im Land rund 330 Praxen verwaist. Rund um Bremerhaven und Wolfsburg ist die Versorgungsquote bereits auf nur 75 Prozent gefallen. Sozialministerin Cornelia Rundt will nun Kleinstädte unterstützen, die die neue Möglichkeit zur Errichtung so genannter kommunaler Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) nutzen wollen. Diese Struktur komme »den Bedürfnissen vieler Nachwuchsmediziner nach Anstellung und Teamarbeit« entgegen, so Rundt. Die MVZ seien vor allem für Kommunen mit bis zu 50.000 Einwohnern interessant. Für die Gründung gibt es Zuschüsse. Die CDU fordert überdies, das Medizinstudium stärker auf die Hausarztausbildung auszurichten und besonders den Studierenden Stipendien zu finanzieren, die sich für eine ländliche Hausarztpraxis verpflichten. MAC

Insgesamt 1,97 % aller schulpflichtigen Kinder in Deutschland wiederholen eine Klasse – freiwillig oder weil sie sitzenbleiben. Hannover liegt

ZAHLENSPIEGEL »SITZENBLEIBEN«

im bundesweiten Schnitt und im Ranking aus 122 Städten auf Platz

51. Bremen auf Platz 81, Celle auf 76, Braunschweig auf 57, Hildesheim auf 22 und Oldenburg als Stadt mit

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den wenigsten Sitzenbleibern in Niedersachsen auf Rang 7. Bundesweit auf Platz 1 steht Flensburg mit gerade 0,9 %, Schlusslicht ist Coburg mit 3,8 %. Die meisten Wiederholer gibt es mit 4,9 % an Realschulen. Knapp dahinter die Hauptschulen mit 4,3 %. An Gymnasien

wiederholen 2,4 % aller Schüler eine Klasse.

Lediglich 0,6 % sind es an den Grundschulen. Der längere Schulverbleib kostet den Steuerzahler jährlich etwa 1,8

Milliarden Euro.

Beratung sofort nach Beitritt! Jetzt Mitglied werden! Kompetente Hilfe bei allen Fragen zum Mietrecht. Herrenstraße 14 · 30159 Hannover Telefon: 0511–12106-0 Internet: www.dmb-hannover.de E-Mail: info@dmb-hannover.de Außenstellen: Nienburg, Hoya, Celle, Neustadt, Springe und Obernkirchen.

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Direkte Demokratie wird leichter

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ANGESPITZT

In der Wirtschaft nimmt man ja gern Anleihen beim maritimen Jargon. Das schafft ungemein eingängige und beruhigende Bilder. Zum Beispiel das des Spitzenmanagers als Kapitän, der aufrecht am Kommandostand des Konzernschiffs stehend, den Blick in die Ferne gerichtet hält, dorthin, wo er den sicheren Hafen noch hinter dem Horizont verborgen weiß. Wir spüren es sofort: So einem gebührt Ehre. Und hoher Verdienst. Doch nun dies: Der CEO, der Kapitän eines Großkonzerns also, solle besser per Losentscheid bestimmt werden. Das empfiehlt jetzt der englische Ökonom und Verhaltensforscher Chengwei Liu. Der Unternehmenserfolg hänge schließlich generell mehr von Glück, als von besonderen Fähigkeiten dieser Top-Manager ab. Die habe man bislang völlig überschätzt. So ist das also. Da kommt einem doch unwillkürlich die Costa Concordia in den Sinn. Oder VW. Mannschaft wie Passagiere

»KEINE PANIK AUF DER TITANIC…«

vertrauen sich arglos ihrem Kapitän an, geblendet vom Glanz des Titels und der Uniformknöpfe. Und nach dem Schiffbruch fühlt sich keiner verantwortlich. Schon gar nicht der Schiffsführer. Der CEO. Vermutlich ist ein Konzern wie VW in Wahrheit auch gar nicht mehr steuerbar. Das würde zumindest einiges erklären. Fragt sich nur, welche Aufgabe der Kapitän dann überhaupt noch hatte. Vielleicht war es ja so: Ein erkennbar führungslos treibender Containerriese im vollbesetzten Hafenbecken der deutschen Wirtschaft könnte ja durchaus einige Unruhe an den Landungsbrücken auslösen. Darum muss eben einer den Steuerstand besetzen und den Kapitän wenigstens spielen. Aber wofür kassierte der ehemalige VW-Chef dann ein Jahres­ gehalt von bis zu 17 Millionen? Als Schweigegeld? Ulrich Matthias


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Foto: E. M. Mentzel

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APP STATT ARZT? Ob Apotheken-Suche, Blutdruck-Tagebuch, Hörtest oder EKG – der Markt für Gesundheits-Apps boomt. Doch wie zuverlässig sind sie wirklich? Ein Selbstversuch. Im ersten Moment bin ich erleichtert: »Normal« steht auf dem Display. »Es wurden keine Auffälligkeiten festgestellt.« Meine Daumen, die ich fest auf die beiden Metallkontakte auf der kreditkartengroßen, dünnen Plastikkarte gepresst hatte, entspannen sich. Das EKG hat nur eine Minute gedauert, ich wurde nicht verkabelt und brauchte keinen Arztbesuch. Ein Smartphone, eine spezielle Software und die Plastikkarte genüg-

ten. Auf dem Display des Smartphones kann ich mir jetzt das Zackenmuster meines EKGs anschauen. Ich kann es speichern, mit anderen teilen und wenn mir danach ist, eine weitere Untersuchung meines Herzrhythmus’ durchführen. Alles ohne Terminvereinbarung, Wartezimmer oder gestresstes Personal. Mit Gesundheits-Apps und kleinen Zusatzgeräten wie dem mobilen EKG werden Smartphones zu schnellen Ratgebern,


Foto: Fotolia/didesign

fliegen.« Matthias Berndt selbst nutzt Apps für die Dokumentation bei Hausbesuchen oder den schnellen Abruf von Laborwerten. Empfehlungen gibt er seinen Patienten aber nicht: »Dafür ist der Markt noch zu intransparent.« Verbraucherorganisationen raten ebenfalls zu Vorsicht. »Der Markt ist weitgehend unreguliert, abgesehen von einer kleinen Zahl an Apps, die als Medizinprodukt klassifiziert sind. Das heißt, er unterliegt der Eigenverantwortung der Ver­ braucherinnen und Verbraucher«, sagt Martin Schumacher vom Aktionforum Gesundheitsinformation (afgis) in Hannover, einer Organisation, die seit 1999 Gesundheitsportale im Internet prüft. Um aus der unüberschaubaren Anzahl an GesundheitsApps ein nützliches, vertrauenswürdiges Angebot zu finden, sind nämlich die Nutzer weitgehend auf sich allein gestellt.

… mit Einschränkungen

Die Gesundheits-App auf dem Smartphone oder Tablet kann viele nützliche Informationen erhalten, sollte jedoch einen Arztbesuch nicht ersetzen.

wenn es um die Gesundheit geht. Über 100.000 solcher Programme sind bereits auf dem Markt. Sie informieren über Krankheiten, helfen bei der Arztund Apothekensuche, fungieren als digitale Symptom-Tagebücher, diagnostizieren Krankheiten und werden sogar für die Therapie eingesetzt. Schon lange ist das Interesse an Gesundheitsthemen im Internet groß. Mit den Smartphone-Apps sind die Informationen jetzt jederzeit und überall abrufbar, auf persönliche Bedürfnisse zugeschnitten und geben eine Rückmeldung zur eigenen Gesundheit. Und das meistens kostenlos.

Gute Ergänzung … Auch Hausarzt Matthias Berndt aus Hannover, Vorsitzender des Niedersächsischen Hausärzteverbands, beobachtet, dass immer mehr Patienten ihre Smartphones für Gesundheit und Fitness nutzen: »Apps sind eine gute Ergänzung, um schnell an Informationen zu kommen, beispielsweise welcher Arzt gerade Notdienst hat oder welche Pollen

Neben den offenkundigen Vorteilen der mobilen Gesundheitshelfer gibt es auch eine Reihe von Risiken, die sich nicht beim ersten Blick auf die Produkt-Webseiten oder App-Stores zeigen. Das weiß Urs-Vito Albrecht zu berichten, der die Forschergruppe MedAppLab am P. L. Reichertz Insitut für Medizininformatik der Medizinischen Hochschule Hannover und der Technischen Universität Braunschweig leitet. Für das Bundesgesundheitsministerium hat der Arzt vor kurzem in einer 370-seitigen Studie zusammengefasst, was über den Nutzen und die Risiken der Apps bekannt ist. Er rät den Nutzern, sich zuerst zu überlegen, was sie von einer App erwarten, und dann die Beschreibungen aufmerksam zu lesen. »Der Nutzer ist auf die Information des Herstellers angewiesen. Seriöse Anbieter sind transparent in Bezug auf den Zweck der App, ihre Funktionen, ihren Nutzen«, sagt Albrecht. »Vor allem auch, wozu sie nicht gedacht ist und was sie nicht kann.« Solche Einschränkungen sind nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Die mobile EKG-App wirbt beispielsweise mit einer »einfachen Bedienung, überall und jederzeit einsetzbar, für professionelle Nutzer und Verbraucher« und mit einem preisgekrönten Design. Die Einschränkungen finden sich erst im Benutzerhandbuch: Hier warnt der Hersteller, dass er nicht garantieren könne, dass


Geprüft ist besser Ein anderes Risiko ist der Datenschutz. Die Ergebnisse von Untersuchungen in der Arztpraxis bleiben in der Krankenakte. Die Untersuchungsergebnisse der Handy-App sind mobiler. »Man muss wissen: Jede kostenlose App kauft man mit seinen Daten, die wie bei einer Postkarte offenliegen«, warnt Hausarzt Matthias Berndt. »Man muss sich fragen: Wie wichtig ist es mir, dass meine Daten möglicherweise nicht noch woanders landen?« Gerade kostenlose Apps wollen häufig mehr Rechte auf dem Smartphone, als sie tatsächlich für die Anwendung benötigen. So können sie Gesundheitsdaten mit anderen Daten verknüpfen und – beispielsweise für Marktforschungszwecke – sammeln. Andere App-Hersteller finanzieren sich über Sponsoren, etwa Pharmaunternehmen. »Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird«, sagt App-Forscher Albrecht. »Bei einer Gesundheits-App können das Inhalte sein, die durch den Sponsor gesteuert werden. So werden vielleicht kritische Inhalte ausgeblendet.« Wer vor dem Download prüft, wer die App finanziert hat, kann eher einschätzen, wie unabhängig die Informationen wahrscheinlich sind. Gibt eine App zur Apothekensuche eine falsche Adresse an, ist das ärgerlich. Macht eine Diabetes-App Fehler bei der Insulin-Berechnung, kann das für Patienten jedoch lebens­g efährlich werden. Deshalb gelten Apps, die Krankheiten diagnostizieren oder therapieren, als Medizinprodukt. Die Hersteller sind verpflichtet, sich einer staatlichen Prüfung zu unterziehen, um das CE-Kennzeichen zu erhalten. Doch nur wenige Apps tragen dieses Kennzeichen. Urs-Vito Albrecht: »Die Prüfung ist an gewisse Voraussetzungen geknüpft, die Herstel ler n im Medi zinprodu ktebereich bekannt sind, aber nicht den Hobby-Entwicklern oder Unternehmen, die sich primär mit anderen Themen beschäftigen. Das Verfahren ist nicht einfach, in jedem Fall zeitaufwändig und mitunter mit Kosten verbunden.« Daher umgehen manche Hersteller die Prüfung, indem sie die App nur als Spiel

oder für Trainingszwecke ein­stufen. Auch Organisationen wie die Initiative Präventionspartner oder das Zentrum für Telematik und Telemedizin testen Gesundheits-Apps. Doch die enorme Zahl an Apps und ihre raschen Entwicklungszyklen machen eine vollständige Übersicht unmöglich. Zumindest erhalten Interessierte hier einen ersten Überblick und Vergleichmöglichkeiten. Die Datenschutzbestimmungen und die Verlässlichkeit der Technik lassen sich vergleichsweise leicht herausfinden. Den medizinischen Mehrwert der Apps zu bestimmen, ist hin­gegen schwierig. »Eine klinische Studie zu planen und durchzuführen ist zeitaufwändig und teuer,« erklärt Mediziner Albrecht. »Bei dieser schnelllebigen Technologie sind die Studienergebnisse dann schon veraltet, wenn sie erscheinen. Das hält viele davon ab.« Daher gibt es bislang kaum Untersuchungen über den medizinischen Nutzen, sondern vor allem Untersuchungen über die Risiken der Apps. Die anfängliche Freude über mein unauffälliges HandyEKG ist langsam einer gewissen Skepsis gewichen. Sie würden sich nie auf die Diagnose eines Geräts verlassen, sagen die Ärzte Albrecht und Berndt. Matthias Berndt kann sich zwar vorstellen, eine solche App in ein paar Jahren für Hausbesuche einzusetzen, aber: »Die Apps sind nur Hilfen, man kann ihnen nicht blind vertrauen. Die Interpretation durch den Arzt ist entscheidend.« Daraufhin habe ich mein EKG doch noch von meinem Arzt prüfen lassen. Eva Maria Mentzel

Hilfe bei der App-Suche bieten Checklisten und Test-Portale im Internet: – Fact-Sheet des Aktionsforum Gesundheitsinformation (afgis): www.afgis.de/standards/gesundheits-app-fact-sheet – Checkliste des MedAppLab: www.plrimedapplab.de (unter »App-Synopsis«) – Checkliste und Tests der Initiative Präventionspartner: www.apps.healthon.de – App-Check der ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH: www.appcheck.de

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keine Herzrhythmusstörung vorliege, selbst wenn die App das EKG als normal einstufe. Träger von Herzschrittmachern und implantierten Defibrillatoren erfahren erst hier – also meist nach dem Kauf – dass sie die App besser nicht verwenden sollten.

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Foto: Picture-Alliance/Christoph Hardt/Geisler-Fotopress

MIT DER RENTE IN DIE ARMUT Alte Frauen und Männer, die sich bei den »Tafeln« mit Lebensmitteln versorgen und ihre kleine Rente mühsam mit Hilfsarbeiten aufbessern: Das ist ein Bild, das immer häufiger zu sehen ist. Kein Zweifel, die Altersarmut ist zurück in Deutschland. Für Sozialverbände und Gewerkschaften ist das ein Alarm­ signal: Inzwischen ist die Armutsquote von Rentnern und Pensionären auf 15,6 Prozent geklettert. Gegenüber 2005 ist das ein Anstieg um 45,8 Prozent. Die Altersarmut ist dabei, zu einem Massenphänomen zu werden. Das hat man lange nicht

mehr gekannt in Deutschland. Schon mehr als 512.000 Menschen müssen ihre Rente heute mit Leistungen der Grund­ sicherung aufstocken, gegenüber 2003 ist das eine Verdoppelung. Und die Zahlen der Rentenversicherungen belegen: Das ist erst der Anfang.


Nach Recht und Gesetz Auf welcher Grundlage zwingt man einen herz­ kranken 76-Jährigen in eine derartige Notsituation? »Auf Basis der 2005 komplett geänderten Sozial­ gesetze«, sagt Kristina Leben, Fachanwältin für Sozialrecht aus Hannover. »Man muss natürlich jeden Einzelfall genau prüfen, aber allgemein sieht das Gesetz seitdem vor, dass keine Zuschüsse mehr für Anschaffungen oder Mietkautionen gezahlt,

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Karl-Heinz Schrader ist 76 Jahre alt und kann erzählen, was es bedeutet, im Alter von Grundsicherung abhängig zu sein. Dabei sollte doch alles besser werden, damals, als er zwei Jahre vor dem Ende der DDR über die »schwarze Grenze in den Westen rübergemacht« hat. Da hatte er schon fast ein ganzes Arbeitsleben hinter sich: »Mehr als dreißig Jahre habe ich in der Landwirtschaft als Melker gearbeitet. Hier im Westen hatte ich noch einige Jahre eine Anstellung in der Pferdezucht, aber die haben nie Sozialversicherung für mich gezahlt«. Heute erhält Karl-Heinz Schrader eine Rente in Höhe von 401 Euro. Das steht jedenfalls in seinem Bescheid. Ausbezahlt werden ihm nur 355 Euro. Den Rest behält das Sozialamt ein und überweist auch direkt seine Miete. Die Abzüge seien dem Darlehen geschuldet, erklärt Schrader. Das habe er nämlich für die Mietkaution aufnehmen müssen. Und die wurde fällig, weil er umziehen musste. »Die Beine spielen nicht mehr mit, das liegt wohl an den Durchblutungsstörungen, es fiel mir immer schwerer, bis in den zweiten Stock zu meinem Zimmer zu steigen«. Nach mittlerweile zwei Herzinfarkten trägt er mehrere Bypässe. Immerhin, das Sozialamt wusste Abhilfe und verschaffte ihm eine kleine Wohnung, die er mit Fahrstuhl erreichen kann. Unterkunft und Heizung bezahlt das Amt, den Rest muss Schrader von seiner Rente selbst bestreiten, inklusive Strom. Aber auch die Mietsicherheit ging auf seine Rechnung, Geld, das er nicht hatte. Deshalb sprang das Sozialamt ein und streckte die Kaution vor. Nun muss Schrader den Betrag zurückzahlen, Monat für Monat in kleinen Raten, obwohl seine Rente noch unterhalb des Regelsatzes für die Grundsicherung in Höhe von 405 Euro liegt. Unterhalb des errechneten Existenzminimums also.

sondern höchstens Darlehen erteilt werden«. Und Darlehen müssen zurückgezahlt werden. Diese Gesetze waren Teil umfangreicher »Reformen«, mit denen die damalige rot-grüne Bundes­ regierung die sozialen Sicherungssysteme umgebaut hat. Seitdem ersetzt die Grundsicherung die Sozialhilfe, ihr Regelsatz beschreibt das »soziokulturelle Existenzminimum« und gilt sowohl für Hartz-IV-Empfänger, wie für Erwerbslose über 65 Jahre (und andere dauerhaft Erwerbsunfähige). Eingeführt wurde sie als Absicherung gegen eine vorübergehende Notlage. Daher hat man auch die Zuschüsse abgeschafft, die zuvor für notwendige Anschaffungen zur Verfügung standen. Grundsiche­ rungsbezieher müssen sich diese Ausgaben ansparen. Wie dies funktionieren soll, wenn man lediglich das Existenzminimum erhä lt, das steht nicht im Gesetz. A ls dauerha f te Renten­ ersatzleistung ist die Grundsicher u ng dagegen n icht gedacht und ist dafür auch v iel zu ger ing bemessen. Stattdessen sollten die Riester-Rente und eine verbesserte betriebliche Altersvorsorge die sinkenden Renten ausgleichen. »Heute Karl-Heinz Schraders ist klar – der Plan funktioniert nicht«, bilanziert Rente reicht kaum für Wolfgang Stadler, Vorsitzender der Arbeiterwohl- das Nötigste. Aber fahrt (AWO). Und Henry Kirch, Vorsitzender des klagen will er nicht. DGB-SeniorInnen-Arbeitskreises, sieht für die »Es muss ja weiterRiesterrente »keine Existenzberechtigung mehr. gehen«, sagt der Das ist nur noch eine Konjunkturmaßnahme für 76-Jährige. die Versicherungen«. Weil den sinkenden Rentenansprüchen auch noch eine Ausweitung prekärer Arbeit mit Niedrig­ löhnen gegenübersteht, die zu einem Abbau von Normalarbeitsverhältnissen und damit auch von beitragspf lichtiger Arbeit« geführt hat, wie der Sozialverband Deutschlands (SoVD) feststellt, sinkt das tatsächliche Rentenniveau kontinuierlich. Noch im Jahr 2000 erreichte die Nettostandardrente (drückt das Verhältnis von Renten zu Löhnen aus) vor Steuern ein Niveau von 52,6 Prozent, in 2015 waren es noch 47,1 Prozent und bis zum Jahr 2030 wird dieses durchschnittliche Rentenniveau auf 43 Prozent zurückgehen.

Foto: U. Matthias

Das Amt kürzt die Rente

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Foto: U. Matthias

Für Kirch steht fest: »Viele werden in die Alters- Ausgleich für die Kindererziehungszeiten kann den armut rutschen«. Nach heutigem Stand – das hat tatsächlichen Ausfall gar nicht kompensieren«. Das der DGB errechnet – käme ein 1963 Geborener alles schlägt sich in der Rente nieder. Gerade einmal mit einem durchschnittlichen Einkommen von 566 Euro erhalten Frauen in Westdeutschland 2.500 Euro brutto monatlich im Jahr 2030 auf eine durchschnittlich aus der Rentenversicherung, nur Rente von gerade einmal 800 Euro im Monat. Zum gut halb so viel wie Männer, die immerhin auf Vergleich: Die Armutsschwelle lag 2014 im Bundes- 1.022 Euro im Schnitt kommen. Anja kann selbst von solchen Beträgen nur träudurchschnitt bei 917 Euro. men. Laut Rentenversicherungsanstalt hat sie mit ihren 56 Jahren gegenwärtig einen Anspruch auf Alleinerziehend arm eine Rente von 260 Euro. Sollte sie auch den Rest So erschreckend diese Zahlen auch sind, die Wirk- ihres Erwerbslebens so weiterarbeiten wie in den lichkeit sieht vielfach noch düsterer aus. Denn letzten zehn Jahren käme sie auf eine Altersrente die Rechnungen gehen von der Annahme einer von maximal 510 Euro. Anjas Geschichte ist ein Beispiel für eine mehr40 – 45jä hrigen sozia lversicherungspf lichtigen Beschäftigung aus. Das schafft heute – aus den fach unterbrochene Erwerbsbiografie, wie sie heute unterschiedlichsten Gründen – kaum noch jemand. immer häufiger anzutreffen ist. In ihrem Fall wirkAusfallzeiten können heute selbst Normalverdie- ten sich zwei Zeiten der Selbstständigkeit zusätzlich ner zum Ende ihres Erwerbslebens in die Armut negativ auf ihre Rentenanwartschaft aus. Andere führen. Ein Szenario, das Arbeitslosen und klei- Minirenten sind oftmals eine Langzeitfolge von nen Selbstständigen droht, ebenso wie Alleinerzie- Arbeitslosigkeit. Deshalb plädiert Birgit Eckart für henden. Kinderpausen sind öffentliche Beschäftigungsmaßnahmen für Langimmer noch vielfach eine zeitarbeitslose, die dadurch Rentenansprüche w irksa me Ka rrierebremse. erwerben können: »Das können die Länder auch in Besonders alleinerziehende Eigenregie durchführen, anstatt immer nur auf den Frauen fallen dadurch oft Bund zu verweisen«. unter die A rmutsschwelle, weil sie nicht nur die KinderKrank und abgestraft erziehung weitgehend allein schultern müssen, sondern Altersarmut ist keine Randerscheinung mehr und immer noch weniger Lohn sie wird immer häufiger auch zum Schicksal derer, als Männer erhalten. Auch bei die aufgrund von Krankheit ihre Berufstätigkeit gleicher Arbeit. Zudem sind einschränken müssen oder gar nicht mehr arbeiten Frauen überdurchschnittlich können. Das ist keine zufällige Begleiterscheinung oft in Teilzeitjobs beschäftigt. der Rentenreformen. »Inzwischen ist die ArmutsAb 2001 hat der Gesetzgeber Abschläge für diequote bei A l leinerziehen- jenigen eingeführt, die vor ihrem 63. Lebensjahr den auf unglaubliche 46,6 Prozent angestiegen«, eine Erwerbsminderungsrente in Anspruch nehsagt Birgit Eckart, Vorsitzende des Paritätischen men müssen. Die Abschläge betragen dabei 0,3 ProWohlfahrtsverbandes Niedersachsen. »Das ist eine zent der Rente je Monat des vorgezogenen Rentenklare Folge familien- und sozialpolitischer Unter- eintritts, maximal 10,8 Prozent. Die durchschnittlassungen«. liche Höhe dieser Renten ist seither gesunken, vor Als Alleinerziehende sieht sich auch Anja Vorspel allem bei den Männern: Von 780 Euro im Jahr 2000 benachteiligt. »In meinem alten Betrieb habe ich bis auf 659 Euro in 2014. Dennoch sind die jüngeeinen Kollegen an­gelernt, der schon zu diesem Zeit- ren Erwerbsminderungsrentner bislang relativ selpunkt 1.000 Euro mehr als ich erhielt, weil er – wie ten auf Grundsicherung angewiesen, weil sie teils es zur Begründung hieß – eine Familie zu versorgen noch Einkommen, andernteils einen Partner haben, hat«. Dass Anja alleinerziehend mit ihrer Tochter der sie mitversorgt. Aber ihre Zahl steigt ebenfalls lebte, zählte da offensichtlich weniger. Aber es sei ja rapide an: Seit 2003 hat sich der Anteil der Erwerbsnicht nur der niedrigere Lohn: »Der bestehende minderungsrentner, die auf aufstockende Grund-

Die Rentenerhöhung wird Jens Steinmann gleich wieder von der Grundsicherung abgezogen. »Wer macht solche Gesetze?«, fragt er.


SOLIDARITÄT MIT ASPHALT.

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sicherung angewiesen sind, mehr als verdreifacht. seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Vor allem ärgert es ihn, »Ein Alarmsignal«, nennt dies der Paritätische dass er von den mageren Rentenerhöhungen nichts zu spüWohlfahrtsverband und bezeichnet die Abschläge ren bekommt. Ausgerechnet die Ärmsten gehen leer aus, weil als »Sanktionierung« von Menschen, die sich ihre ihnen jedes Rentenplus als zusätzliche Einnahme von der Grund­sicherung wieder ab­gezogen wird. Es sind diese RegeKrankheit schließlich nicht ausgesucht haben. So wie Jens Steinmann. Sein Leben begann für lungen, die den Paritätischen Wohlfahrtsverband das Fazit ihn im Alter von 6 Jahren eine unheilvolle Wendung ziehen lassen, »dass Armutsbekämpfung kein Ziel der Alters­ zu nehmen. Damals fingen die schweren Krampf- sicherungspolitik der Bundesregierung ist«. anfälle an, unter denen er noch bis zum 12. Lebens- Deshalb fordern immer mehr Verbände und Initiativen eine jahr zu leiden hatte. Geblieben sind ihm irreparable Korrektur. »Die Rentenanpassungsformel muss so verändert Hirnschäden, seitdem gilt er als »zurückgeblieben« werden, dass das Rentenniveau nicht weiter abgesenkt, sonund lernschwach. Dabei ist es nicht einmal das Ler- dern schrittweise wieder erhöht wird«, bekräftigt AWO-Chef nen selbst, das ihm Schwierigkeiten bereitet. Das Wolfgang Stadler. Soviel scheint klar: wenn das Rentensystem hat er auf der Förderschule in Nienburg bewiesen, nicht grundlegend neu justiert wird, wird sich das Problem wo er Anfang der 1990er Jahre seinen Hauptschul- der Altersarmut in den kommenden Jahren weiter verschärfen. abschluss ablegen konnte. »Dort hat man mich gut Experten des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sprechen unterstützt, die Lehrer und auch die Sozialarbeiter schon von einer »Lawine«, die auf Deutschland zurolle. Karl-Heinz Schrader kann auf die Politik nicht warten. Mit haben mir viel geholfen«. Mit der Hilfe war es auf dem freien Arbeitsmarkt dem Verkauf des Asphalt-Magazins versucht er seine Rente dann vorbei. Jens’ Problem ist die Geschwindig- wenigstens etwas aufzubessern. Obwohl die Beine nicht mehr keit, das zeigte sich auch während der Malerlehre. mitmachen und ihm das lange Stehen mitunter schwerfällt, »Ich konnte zwar alles hinkriegen, aber nicht möchte der 76-Jährige sich nicht beklagen. Manchmal sei es schnell genug, so wie die anderen Lehrlinge. Auch schon schwierig, räumt er ein, »immer wieder raus zu müssen«. in der Berufsschule bin ich nicht gut mitgekom- Aber irgendwie muss es schließlich weitergehen. »Wenn du nur men, weder dort noch auf der Arbeit hat mir jemand in der Bude hockst, wirst du krank und dann stirbst du noch geholfen«. Irgendwann begannen ihn die Mitschü- schneller«. ler und Kollegen zu hänseln und zu mobben. »Du Ulrich Matthias bist zu lahmarschig, mach das mal vernünftig«, hieß es. Bald bekam er Angst zur Arbeit zu gehen, entwickelte einen regelrechten Horror vor weiteren Demütigungen. A ls ihm der Ausbildungsvertrag aufgrund zunehmender Fehlzeiten gekündigt wurde, meldete er sich arbeitslos und versuchte sich zunächst in mehreren Hilfsjobs. Im Jahr 2001 begann er bei der Lebenshilfe in Seelze zu arbeiten, einer gemeinnützigen Einrichtung, die Menschen mit Handicaps beschäftigte. Dort fand er sich in der Gärtnerei zehn Jahre lang gut zurecht. Dann kamen die dunklen Stimmungen und die Ängste. »Ich traute mich kaum noch aus dem Haus. Viele Freunde haben sich in der Zeit von mir abgewandt«. Ein Neurologe diagnostizierte ihm schließlich eine schwere Depression und Die hannoverschen Gewerkschaften. Angstzustände. Im Jahr 2013 wurde Jens Steinmann im Alter von 39 Jahren eine Erwerbsminderungsrente von 487,57 Euro bewilligt, zu der er Grundsicherung für Unterkunft und Heizung erhielt. Nach Abzug von Strom, Versicherung, Telefon und neuerdings auch Kontoführung bleibt ihm nicht viel übrig, um

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Foto: Peter Steffen/dpa

BREITE FRONT Armen unter Reichen fehlt nicht nur Geld. Sondern auch das Selbstbewusstsein zur politischen Einflussnahme. Sagt Armutsforscher Christoph Butterwegge im Asphalt-Interview. Und plädiert für mehr Arbeit in der Lobby. Herr Butterwegge, Ihr jüngster Vortrag stand unter dem Titel »Warum die Regierenden eine unsoziale Politik machen«. Also warum ist das so? Weil mächtige Lobbygruppen eine gerechte Besteuerung verhindern. So wird beispielsweise in Bezug auf die Erbschaftssteuerreform dafür gesorgt, dass reiche Familien ihr Vermögen weitergeben können, ohne dass die Erben oder Beschenkten dafür nennenswert Steuern zahlen. Die Reichen sind eben auch meist einflussreich, und haben vielfältige Möglichkeiten, ihre Interessen durchzusetzen.

Arme Menschen haben diese Möglichkeit nicht?

Die Armen werden ja ruhiggestellt, beispielsweise durch Brot und Spiele, durch Fußballübertragungen von der FußballEM oder der Bundesliga. Zudem steigen Arme seltener auf die Barrikaden, weil sie andere Sorgen haben, als Widerstand zu leisten. Wenn man sich den Hartz IV-Regelsatz anguckt, dann ist dort – nur ein Beispiel – für die Kosten für Transport und Verkehr nicht so viel enthalten, dass man zu einer Demo nach Berlin fahren kann. Sondern man kann von den 25 Euro im Regelsatz noch nicht mal eine Monatskarte für den Bus kaufen. Das erschwert es den Armen natürlich auch, sich zu wehren. Zudem machen sie sich selbst verantwortlich für ihre soziale Misere, weil ihnen das seit Jahren so eingeredet wird.


Foto: A. Düllick

Das meritok ratische Dogma (1) dieser Gesell- Armen zu erheben in der Öffentlichkeit. Dazu eignet schaft heißt ja »Leistung lohnt sich«. Also derje- sich auch die kommende Landesarmutskonferenz nige steigt auf, der viel geleistet hat. Und der Arme in Hannover sehr gut. zeigt dadurch, dass er arm ist, dass er wenig oder Interview: Andreas Düllick gar nichts geleistet hat. Damit sind die Betreffenden dann auch gerecht bestraft. Das sei etwas, was (1) Das meritokratische Dogma behauptet, materieller sie sich selbst zuzuschreiben hätten. Und weil das Erfolg gründe in der Marktwirtschaft stets auf Leistung, sei Dogma so vehement propagiert wird, tun sie das also Entlohnung für Verdienste (Meriten). Im Umkehrschluss dann auch. Das führt natürlich nicht dazu, dass sei Misserfolg ein Zeichen von mangelnder Leistung. sie sich wehren, sondern eher dazu, dass sie resignieren, dass sie sich zurückziehen. Armut erzeugt zudem gesundheitliche Probleme, ruft psychosoziale Beeinträchtigungen hervor. Das alles zusamProf. Dr. Christoph Butterwegge, geb. 1951, lehrt Politikwismen führt letztlich dazu, dass so wenig Druck auf senschaft an der Universität zu Köln und ist Mitglied der dordie Regierenden ausgeübt wird. Dabei wäre eigenttigen Forschungsstelle für interkulturelle Studien. Er studierte lich nicht Reichtumsförderung sondern Armuts­ Sozialwissenschaft, Philosophie, Rechtswissenschaft und Psybekämpfung so dringend zu betreiben! chologie an der Ruhr-Universität Bochum. 1980 wurde er bei Detlev Albers an der Universität Bremen promoviert. Seine Forschungsschwerpunkte sind Sozialstaatsentwicklung und Armut, Aktuell tobt ein erbitterter Kampf um die Deu­ Rechtsextremismus, Rassismus und (Jugend-)Gewalt, Migration tungshoheit des Armutsbegriffes, auch und und Integration, Globalisierung, Neoliberalismus und demogerade durch einige sozialdemokratische Regie­ grafischer Wandel. Zuletzt rungspolitiker wie Andrea Nahles. Wie rea­ erschienen von ihm die Bücher gieren Sie als Armutsforscher darauf? »Krise und Zukunft des SozialIch fürchte, dass sich durch das, was fälschlicher staates« (2014), »Hartz IV und Weise Flüchtlingskrise genannt wird, dieser Trend die Folgen. Auf dem Weg in noch verschärfen wird. Möglicherweise wird der eine andere Republik?« (2015) Armutsbegriff im öffentlichen Diskurs in Deutschsowie »Reichtumsförderung land bald so verengt sein, dass nur noch derjenige stat t Armutsbekämpfung. als arm gilt, der wie die Flüchtlinge kaum mehr hat, Eine sozial- und steuerpolitials das, was er am Leibe trägt. Das würde für das sche Halbzeitbilanz der Grojetzt schon aktuelle Problem, dass für die Problemaßen Koalition« (2016). tik von Armut ohnehin schon so wenige Menschen sensibilisiert sind, extrem verhängnisvoll. Insofern müssen wir darauf hinwirken, dass ein weiter Armutsbegriff gilt, dass relative Armut in einem so reichen Land wie dem unsrigen anerkannt wird als Armut und nicht behauptet wird, die Hartz IVBezieher klagten auf hohem Niveau!

Was können die Sozialverbände in dieser Situa­ tion leisten? Sie könnten versuchen, gemeinsam mit den Kirchen und mit Globalisierungskritikern wie Attac eine breite Front aufzubauen gegen die weitere Spaltung der Gesellschaft, gegen Verarmung, gegen Prekarisierung. Das ist meines Erachtens die Hauptaufgabe der Wohlfahrtsverbände. Nicht nur mit den betroffenen Menschen zu arbeiten, sie zu beraten und

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Muss man hören: Hertzliches Hannover das Wohnungslosen-Magazin. Immer am 2. Montag im Monat, 17 Uhr. ... auf UKW 106.5 oder Kabel 102.5 und bei www.leinehertz.de

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Die Ohnmacht der Armen ist also reine Glau­ zu betreuen, sondern auch als politische Interessenvertretungen zu wirken und die Stimme für die benssache?

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Das Fahrgastfernsehen. · Goethestraße 13 A · 30169 Hannover · (0511) 366 99 99 · redaktion@fahrgastfernsehen.de


… HEINRICH VOGELER?

Glühender Künstler und überzeugter Sozialist Vogelers bekannteste Bilder stammen aus der Zeit vor dem Krieg: Der »Frühling«, eine junge Frau im hellgrünen Reformkleid zwischen Birkenstämmen, die sinnend einen Vogel betrachtet, und das Gemälde »Wintermärchen« aus dem Jahr 1897 mit den Heiligen Drei Königen vor dem verschneiten Worpswede. Sein Bild »Das Konzert« (auch »Sommerabend«) von 1905 gilt als die Krönung seines Schaffens. Heinrich Vogeler und seine Frau Martha passten sich durch Biedermeier-Kleidung auch äußerlich seiner gemalten Traum-

welt an. Später stand er nicht mehr zu den Werken aus dieser Phase: »Sie war eine romantische Flucht aus der Wirklichkeit, und daher war sie auch wohl für den bürgerlichen Menschen eine erwünschte Ablenkung von den drohenden sozialen Fragen der Gegenwart.« Die Ehe überstand den Ersten Weltkrieg, kriselte aber bald. 1920 trennte sich das Paar, Martha zog mit den drei gemeinsamen Töchtern aus, blieb aber in Worpswede. Vogeler hatte begonnen, sich für die Arbeiterklasse einzusetzen, entwarf Serienmöbel für einkommensschwache Haushalte und kämpfte als Stadtplaner für bezahlbaren Wohnraum. Der Krieg hatte ihn zum radikalen Pazifisten werden lassen. Mit dem Engagement für die proletarische Revolution entwickelte er einen expressionistischen Malstil. Allerdings waren Bilder wie »Das Leiden der Frau im Kriege«, »Die Rote Metropole« oder »Hamburger Werftarbeiter« beim kauf kräftigen Großbürgertum nicht gefragt. Vogeler musste sich, seine zweite Frau Sonja und den gemeinsamen Sohn Jan zeitweise mit dem Malen von Reklameplakaten über Wasser halten. Immer wieder reiste Vogeler in die Sowjetunion, der er sich politisch verbunden fühlte. 1924 übergab er den Barkenhoff in die Trägerschaft der Roten Hilfe, die ein Kinderheim daraus machte. Familie Vogler siedelte 1931 endgültig nach Moskau um, wo Heinrich sich fortan im Auftrag staatlicher Stellen in den Bereichen Kunst und Literatur für den Sozialismus einsetzte. Er malte, zeichnete und publizierte, arbeitete an Filmarchitektur, Bühnenbildern und beim Rundfunk. 1941 marschierte die deutsche Wehrmacht in die Sowjetunion ein. Heinrich Vogeler, dessen Name auf der SS-Fahndungsliste »Erfassung führender Männer der Systemzeit« stand, wurde von den Sowjets zur Zwangsarbeit nach Kasachstan deportiert. Dort starb er am 14. Juni 1942 völlig entkräftet im Krankenhaus von Kornejewka. Seine Grabstätte ist unbekannt. Sabine Szameitat Foto: Wikimedia Commons (Selbstbildnis von 1909)

Um die Werke des Künstlers Heinrich Vogeler zu sehen, ist ein Museumsbesuch nicht unbedingt nötig. Eine Fahrt mit dem Moorexpress von Osterholz-Scharmbeck nach Worpswede tut es auch: Der Bahnhof in dem Künstlerdorf im Teufelsmoor ist eine besonders hübsche Hinterlassenschaft des vielseitigen Malers, Grafikers, Architekten, Pädagogen und Autors, der überzeugter Sozialist und aktiver Antifaschist war. Das bewegte Leben Vogelers fing gutbürgerlich an. Johann Heinrich wurde am 12. Dezember 1872 in Bremen a ls z weites von sieben Kindern des Eisenwarengroßhändlers Carl Eduard Vogeler und seiner Frau Marie Louise geboren. Nach der Schulzeit bereitete er sich nicht, wie vorgesehen, auf die Übernahme des väterlichen Geschäfts vor, sondern studierte an der Kunstakademie Düsseldorf. 1894 schloss er sich den Malern Fritz Mackensen, Hans am Ende, Otto Modersohn, Fritz Overbeck und Carl Vinnen in Worpswede an. Bereits im darauffolgenden Jahr erstand er eine Bauernkate, baute sie jugendstilgetreu aus und machte daraus den Barkenhoff, später wichtiger Treffpunkt der Künstlerkolonie. Nach dem Ersten Weltkrieg galt die Selbstversorger-Kommune mit angegliederter Arbeitsschule den Herrschenden als linksextremes Zentrum.

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WER WAR EIGENTLICH …

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BRIEFE AN UNS

Zur Juli-Ausgabe 2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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Gelungen!

Als langjähriger Asphalt-Leser bedanke ich mich für die JuliMEHMET GANZ ANDERS Ausgabe ganz besonders. Letztens ging ich über den Raschplatz und mich überkam ein unangenehmes Gefühl hinsichtlich des vielen grauen Betons; kein Angst­ gefühl, vielmehr faszinierte und zugleich verstörte mich die große, kalte Leere. Was ich in Ihrem ansonsten guten und aufschlussreichen Artikel vermisst habe, ist ein Bezug auf die Architektur und die verantwortlichen Entwickler dieser kürzlich erfolgten »Neugestaltung«. Außer der großen Betontreppe gibt es dort ja kaum Plätze zum Verweilen, weder für das Auge noch für das Hinterteil. Dazu fiel mir ein Platz unter der Hochbahn in New York ein, auf dem bunt lackierte Biergartenstühle und kleine Tische verteilt stehen und wo es Freude macht, sich niederzulassen. Die Aufgabe der Sozialarbeit und den Ordnungskräften allein zu überlassen, wird scheitern, wenn nicht alle Passanten sich eingeladen fühlen, Platz zu nehmen. Außerdem hat mich das Gespräch mit dem Asphalt-Verkäufer Reiner in seiner Klarheit und unaufgeregten Klag­losigkeit angerührt. Nicht minder bewegend der Text »Anni« und der Hinweis auf seine Schöpferin, Marlene Stamerjohanns. Klaus H. Koch, Celle MACHT PLATTEN Mehmet Scholl hat sein eigenes Musiklabel.

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WECKT ANGST

Die Pest ist heute noch hochgefährlich.

SCHAFFT UNMUT Hannover streitet um seinen Raschplatz.

Zum Vorwort von Asphalt-Mitherausgeber Heiko Geiling in der Juli-Ausgabe

Missverstandene AfD Leider mussten wir in der Ausgabe für Juli 2016 lesen, wie sie sich – ebenso wie die meisten großen Zeitungen – zur Hetze gegen die AfD mitreißen lassen haben. Wir sind wirklich sehr enttäuscht, dass Sie in dieser Weise gegen eine liberale und demokratisch gewählte Partei hetzen und damit in den antidemokratischen Gleichklang der ideologisierten Regierungspresse einstimmen. Wir haben etwas mehr soziale journalistische Kompetenz von Ihnen erwartet. Wir können uns dies nur so erklären, dass Sie die AfD nicht verstanden haben oder von der linksideologisierten Regierung profitieren, was jedoch das eigentlich Verwerfliche wäre, da Ihre Adressaten, die Ärmsten der Armen, genau durch diese produziert werden! Sollten Sie Ihre Darstellung nicht hinterfragen, sondern weiter verteidigen, müssen wir davon ausgehen, dass sie sich für die Wahrheit nicht interessieren. Dann werden wir künftig Abstand zu Ihrer Zeitschrift und Ihren Verkäufern nehmen und unsere Gründe werden wir allen Freunden und Bekannten ebenfalls mitteilen! Ina Klimpel, Leer Vielen Dank für Ihre Meinung! Die Redaktion behält sich vor, Briefe zur Veröffentlichung zu kürzen.


Ausstellung – Diskussion – Lesung und Songs  … Krieg den Palästen! Das waren nicht nur die wegweisenden Worte des jungen Georg Büchners. Am 17.10. eröffnet auch die gleichnamige Ausstellung im hannoverschen Pavillon. Der Tag ist nicht ohne Grund gewählt, ist er doch gleichzeitig auch der internationale Tag zur Bekämpfung der Armut. Auch wenn sich die Trennlinie zwischen Hütten und Palästen heute verschoben hat, gerecht geht anders. Eine Ausstellung im Pavillon samt Podiumsdiskussion, Lesung und Musik zeigt, was Büchners Kampfschrift uns heute sagt.

Die Vernissage Stephan Weil, Ministerpräsident Niedersachsens, hält zur Vernissage um 17 Uhr ein Grußwort. Die Bewohnerband BBC der Wohnungslosenunterkunft Werkheim in Hannover sorgt für die musikalische Unterhaltung.

Die Ausstellung

Die Podiumsdiskussion Wohnen ist die neue soziale Frage. Hier verdichtet sich der Streit um Armut und Gerechtigkeit. Eine Expertenrunde wird sich mit der aktuellen Wohnungsnot am 24.10.16 auseinandersetzen. Moderiert von Asphalt-Mitherausgeberin Hanna Legatis. Um 18 Uhr geht’s los. Auf dem Podium: Konstanze Beckedorf, Sozialdezernentin der LH Hannover, Dr. Frank Eretge, Geschäftsführer beim Bauunternehmen Gundlach, Prof. Dr. Heiko Geiling Armutsforscher, Prof. Dr. Eckart Güldenberg, Experte für Wohnungs­wesen und Städtebauförderung.

Der Abschluss Mit einer Finissage endet die Ausstellung am Samstag, 29.10.16. Um 11 Uhr werden die Gewinner des Asphalt-Schreibwettbewerbs bekannt gegeben. Schauspieler Martin-G. Kunze übernimmt die Lesung und Inszenierung der besten. Zudem sind kreative Beiträge aus der Asphalt-Schreibwerkstatt zu hören – der Blick unserer Verkäufer auf ihre und unsere Welt. Germaid, Gewinnerin des diesjährigen Asphalt-Protestsong-Contests, bildet den musikalischen Abschluss.

Bis zum 29.10. führt Aussteller Norbert Koczorski durch sein Mail-Art Projekt. Mehrere Workshops für Kinder und Jugendliche begleiten die Veranstaltungstage. Mit der gleichen Wut und Empörung wie der junge Büchner, will Koczorski aufmerksam machen für die Forderungen der Armen. Den unzureichenden Friede den Hütten! Krieg den Palästen! Reaktionen der Politik begegnen. 139 Künstler aus 25 Ländern Eine Veranstaltung von Asphalt und Werkheim e.V. haben auf seinen Aufruf geantwortet und mehr als 200 ver- 17. bis 29. Oktober 2016 Kulturzentrum Pavillon, Lister Meile 4, 30161 Hannover schiedene Beiträge gestaltet.

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FRIEDE DEN HÜTTEN

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UNTER DEN NÄGELN Lars-Ole Walburg ist Intendant am Schauspiel Hannover. Anlässlich unserer »Friede den Hütten«-Ausstellung ab Mitte Oktober im hannoverschen Pavillon haben wir ihn zum Gespräch getroffen. Über Büchner, Bloch, den Raschplatz und die eigenen Ansprüche? Herr Walburg, braucht man Büchner heute noch? Für mich hat Büchner einen ganz eigenen Stellenwert. Auch schon zu seiner Zeit. Das hat natürlich mit seinem kurzen aufsehenerregenden Leben zu tun. Aber auch sonst. Da war viel Aufruhr, viel Gegensatz. Das aufstrebende Bürgertum erkämpfte sich erstmals eine eigene Stimme. Der Vormärz war eine wahnsinnig interessante Zeit. Auch künstlerisch.

Hier am Schauspiel wurde der »Woyzeck« zuletzt außer­ ordentlich schrill mit viel Schweiß und Sex inszeniert. Weil er eben eigentlich so blutleer ist?

Das Stück muss nicht zwangsläufig schrill sein. Aber das lässt sich darin lesen. Ernst Bloch hat sinngemäß mal gesagt, dass die Menschen erst zu trinken und zu essen haben müssen, bevor sie über ihre Lebensumstände nachdenken können. Das sehe ich im »Woyzeck« bis tief in die Abgründe der Sexuali»Es ist keine Kunst ein ehrlicher Mann zu sein, wenn man tät hinein gestaltet. Doch ich persönlich finde »Dantons Tod« täglich Suppe, Gemüse und Fleisch zu essen hat«, hat spannender. Das ist eine Collage von vielen geschichtlichen Büchner gesagt. Ist das nicht Kritik an diesem damals Zeugnissen der Zeit, die Büchner dort gesammelt und verarbeitet hat. Das Herzstück, die Rede von Saint-Just vor der Natioaufbegehrenden aber wohlhabenden Bürgertum? Ja, Büchner geht es nicht allein um die Rechte seiner Klasse. nalversammlung, könnte es so tatsächlich gegeben haben, ist Anders als seine meisten studentischen Zeitgenossen hatte er jedoch ein literarisches Zeugnis von Büchner selbst. Diesen tatsächlich schon sehr stark die Verteilungsgerechtigkeit im Versuch, die damals jüngste politische Geschichte in FrankFokus. Er war empört über die heute unvorstellbaren Lebens- reich zu interpretieren und auf einen menschlichen Hinterbedingungen des Großteils der Bevölkerung. Diese Stimme grund zu stellen, halte ich für sehr gelungen. Büchners, die Forderung nach einer solidarischen, sozialen Gesellschaft, zieht sich bis heute. Insofern ist Büchner immer Am Raschplatz in Hannover sollte jüngst Kunst, in dem noch bedeutsam. Denn Verteilungsgerechtigkeit ist mehr denn Fall Livemusik, trinkende Tagelöhner vom Platz vertrei­ je ein Thema, vor allem global. ben. Darf Kunst sich für politische Zwecke einspannen

lassen? Der Woyzeck selbst ist Inbegriff des Paria, ist ein Getrete­ Ich finde, das sind hilflose und undurchdachte Maßnahmen. ner und Geschlagener, aber eben auch ein roher Gewalt­ Und ich frage mich, wer da eigentlich geschützt werden soll? täter. Ist er Ihnen sympathisch? Man will ein Problem, von dem alle wissen, dass es da ist, aus Der »Woyzeck« ist als Stück nicht so meins. Die Figuren sind mir zu holzschnittartig, so prototypisch, zu wenig Personen aus Fleisch und Blut. Das Stück kommt mir eher vor wie eine didaktische Vorlage, ähnlich wie bei Brecht, wo die Aussage wichtiger ist als die handelnden Personen.

der Sichtweite des Bürgers entfernen. Ich war mal am Schauspielhaus in Hamburg engagiert. Irgendwann bekamen wir mit, dass die Polizei immer kurz vor Vorstellungsende den Platz davor, der ja gegenüber vom Bahnhof liegt, von Obdachlosen und Junkies gesäubert hat.


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Oh, wie hat sich das denn für Sie angefühlt? Es war ein Schock. Zumal wir großangelegte Stadtprojekte mit Christoph Schlingensief und Obdachlosen gemacht haben. Und dann wurde gleichzeitig draußen vor der Tür für den Bürger aufgeräumt? Das ging natürlich gar nicht, und der Intendant hat sofort interveniert. Und ein bisschen habe ich den Eindruck, dass das hier hinterm Bahnhof ähnlich motiviert ist. Ich will überhaupt nicht behaupten, ich wüsste, was da sinnvoll gemacht werden könnte. Aber solche Maßnahmen wie hier am Raschplatz sind völliger Quatsch. Dafür ist Kunst auch wirklich nicht da.

Deutschlands. Und wir sagen: Deutschland war nie homogen. Schon auf engstem Raum hier in Niedersachsen nicht. Das wird schon an den hiesigen Trachten deutlich, die unsere aktuelle Ensemblefotostrecke inspirierten. Der Blick zurück schafft vielleicht die Freiheit, sich unseren gegenwärtigen Problemen nicht mit Pessimismus und Angst zu nähern. Die Geschichte lehrt ja gerade, dass viele dieser Situationen nicht zum ersten Mal auftreten und auch in der Vergangenheit bewältigt wurden. Daraus zu lernen ohne zu belehren, das würde mir gefallen.

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Mal grundsätzlich: Wie politisch sollte Kunst denn sein? Wir hier im Schauspiel haben ganz klar einen gesellschaftspolitischen Anspruch. Das hat im Einzelfall nichts mit der Form zu tun, immer aber mit dem Inhalt. Zum Beispiel möchte ich bei einer Neuinterpretation eines Klassikers erst einmal wissen, warum ich das Stück heute nochmal sehen sollte und inwieweit es einen Bezug zu unserer Lebensrealität hat und bestenfalls diese auch beeinflussen könnte. Wir wenden uns als bürgerliche Institution natürlich erstmal an einen bestimmten Teil der Bevölkerung, der nicht direkt von Armut und Obdachlosigkeit betroffen ist, der aber als Kommunikator in der Lage ist, Dinge in der Gesellschaft zum Besseren zu verändern. Bewusstsein für Unrechtssituationen herstellen, das ist ganz oft Gegenstand von Theaterstücken. Auch wenn der Anteil an sozial schwachen Menschen im Publikum nur ein geringer ist.

Vielen Dank für das Gespräch. Interview: Volker Macke

Obwohl der Eintritt für Bedürftige über den Sozialpass extrem niedrig ist. Tja, aber das schließt den Kreis zu Büchner und Bloch: Vermutlich haben diese Menschen einfach viel zu viele andere Pro­ bleme, als sich ins Museum oder ins Theater zu begeben.

Das kann man nicht in einem Satz beantworten. Ich verstehe das Schauspiel als einen Ort, der offen sein soll für die Bewohner von Stadt und Region. Das sind in unserem Fall 1,1 Millionen sehr unterschiedliche Menschen. Da wäre es falsch, ein eindimensionales Programm zu machen. Sowohl ästhetisch als auch inhaltlich. Die vorhin angeführte Gesellschaftsrelevanz vorausgesetzt, sehe ich dabei keine Grenzen für Themen. Die aufzuspüren, ist jedes Jahr ein langer und spannender Prozess. Aus den Gesprächen in der Dramaturgie, dem »thinktank« des Theaters, entwickelt sich zunehmend ein Bild davon, was uns am meisten unter den Nägeln brennt. In dieser Spielzeit beschäftigen wir uns stark mit Gesellschaftsentwürfen des 20. Jahrhunderts und der angeblichen Homogenität

Foto: V. Macke

Wenn Sie als Institution einen gesellschaftspolitischen Anspruch haben. Was sind denn die Themen der Zeit, die Ihr Theater abbilden muss?


AUS DER SZENE

U.D.O. feiert Jubiläum

Hannover. Sonne und Gyros satt gab es am 8. September beim Hoffest an der Büttnerstraße. Das Wohnheim für a lleinstehende, wohnungslose Männer verwandelte sich zur Kulisse für ein buntes Mitmachfest. Rund 200 Gäste mischten sich unter die Bewohner, das Programm ließ vom Mega­k icker über Livemusik, einen Mitmach-Parcours aus Glücks- und Geschicklichkeitsspielen bis zu einem Trommelworkshop kaum einen Wunsch offen. »Wenn wir unseren Bewohnern eine Freude machen konnten, hat es sich gelohnt«, sagt WerkheimVorstand Andreas Sonnen­b erg. Ganz ungetrübt war die Stimmung jedoch nicht, dafür ist die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu kritisch. Einen Wunsch hätte Sonnenberg daher doch noch: »Hundert Wohnungen!« UM

Hannover. Das Projekt U.D.O. »Unterkunft für drogenab­ hängige Obdachlose« feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Zur Jubiläumsfeier waren mehr als 50 Gäste eingeladen. Darunter auch Angelika Walther, stellvertretende Präsidentin der Region Hannover. Sie lobte das Engagement der hauptund ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und würdigte die erfolgreiche Arbeit der Unterkunft. Thomas Hermann, erster Bürgermeister der Stadt, appellierte an die Gäste: »Alle müssen zusammen an einem Strang ziehen, um ein gesellschaftliches Problem angehen zu können.« U.D.O. sei dieses gelungen. Die verschiedenen Anliegen von Polizei, Anwohnern und Sozialarbeitern seien erfolgreich unter einen Hut gebracht worden. Im Vorfeld der Planungen zur Expo 2000 war das Projekt seinerzeit zur Entspannung der etablierten Drogenszene am Raschplatz ins Leben gerufen worden. Der Ansatz der akzeptierenden Drogenarbeit ist bundesweit einzigartig und zeigt Erfolg. »U.D.O. hat mich aufgefangen.«, erklärte denn auch Bewohner Dirk. LG

Foto: U. Matthias

Foto: L. Gildehaus

Hoffest bei Werkheim

gesucht – gefunden Verkäufer Bernd: Suche stabiles Damenrad 28 Zoll, Niedereinstieg. [V-Nr. 156] Kontakt: 0157 – 51 27 43 05 Verkäuferin Renate: Suche eine 1 – 2 Zi-Whg., ca. 40 – 45 qm, bis maximal 450 Euro Kaltmiete inkl. Nebenkosten. Die Wohnung sollte im Erdgeschoss liegen und ein Badezimmer mit Fenster haben. [V-Nr. 2025] Kontakt: 05721 – 897 68 70

Verkäufer Bernd: Wir haben Nachwuchs bekommen und suchen eine 3 Zi-Whg., Küche, Bad in Linden oder in einem anderen Stadtteil. [V-Nr. 2151] Kontakt: 0160 – 97 704 6 36 oder 0160 – 97 71 20 60. Verkäuferin Cordula: Suche ein Bett 140 x 200 cm mit Matratze, ein Reisebett und ein Handy (Klapp- oder Schiebehandy). [V-Nr. 1683] Kontakt: 0177 – 749 29 54


Die Debatten um die Wahlergebnisse der AfD nerven mich. Als Gründe für das gute Abschneiden gelten die Sorgen der Menschen, die diese Partei gewählt haben – weil die Kanzlerin den wohl am meisten zitierten Satz der letzten Monate gesagt hat: »Wir schaffen das«. Gemeint ist der Zuzug der Flüchtlinge. Hinterfragt man, wer wirklich Grund hat, besorgt zu sein, stellt man schnell fest: diejenigen, die den Mund am weitesten aufreißen, jedenfalls nicht. Keinem von denen geht es schlechter, weil Flüchtlinge hier sind. Sie sehen sie nicht, sie hören sie nicht, sie werden nicht mit deren Problemen konfrontiert. Es macht ihnen einfach Spaß, auf scheinbar Schwächere herabzuschauen und über sie zu hetzen. Wie abscheulich ist das?! Dass Integration nicht von heute auf morgen geht, begreifen nur die Allerdümmsten nicht. Meiner Meinung nach sind wir da auf einem sehr guten Weg, und ja, ich glaube auch: »Wir schaffen das«! Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden…

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Fotos: Klinikum Wahrendorff

LERNZIEL: WOHNEN Eigenverantwortung und Betreuung schließen sich im Projekt »WahrenWohnWelten« nicht aus. Personen mit seelischen und geistigen Behinderungen leben hier in betreuten Wohngemeinschaften. In diesem Umfeld lernen sie, ihren Alltag zu strukturieren. Ein selbstbestimmtes Leben in einer eigenen Wohnung ist ein schönes Ziel, doch für manche Menschen bleibt es schwer erreichbar. »Ich habe 17 Jahre in meiner Wohnung gewohnt, doch da bin ich nicht mehr allein zurechtgekommen«, berichtet Norbert. »Zum Schluss war ich ganz vereinsamt und verwahrlost.« Seit zwei Monaten ist der 55-Jährige in den »WahrenWohnWelten« des Klinikums Wahrendorff zuhause.

Einsam muss er da nicht sein. Es wird gemeinsam gekocht, gearbeitet und die Freizeit gestaltet. In den sieben ehemaligen »Wärterhäusern« leben seit März 2015 insgesamt sechs Frauen und 24 Männer in Dreier-Wohngemeinschaften. Im Durchschnitt sind sie 46 Jahre alt. Ziel ist die Vorbereitung auf ein eigenständiges Wohnen und die Verringerung des Suchtmittelkonsums. Derzeit 13 Mitarbeiter – Krankenschwestern, Sozial-


Freiheit in der Freizeit »Das Klinikum bietet in mehreren Werkstätten zwar tagesstrukturierende Maßnahmen an, aber manche der Bewohner lassen sich nur schwer motivieren oder mögen sich auch nicht in eine Gruppe integrieren«, berichtet Holger Heipl, der die »WohnWelten« leitet. Einige Menschen mit seelischen und geistigen Behinderungen sowie Suchtproblemen, die im Klinikum wohnten, trafen sich lieber an Supermärkten, Spielotheken, an der Kirche und der Tankstelle in Ilten und Sehnde. Die Beschwerden von Anwohnern häuften sich. »Langeweile führt dazu, dass vermehrt Alkohol und Drogen konsumiert werden«, erklärt Heipl. »Deshalb haben 2008 zwei Streetworker begonnen, die beliebten Treffpunkte anzufahren und die Menschen zum Klönen und Kaffeetrinken abzuholen. So eine aufsuchende Arbeit ist für Einrichtungen wie der unsrigen ziemlich selten, stellt jedoch einen wichtigen Aspekt unserer Arbeit dar.« In der Folge entstand die Idee des gemeinsamen Wohnens, Lebens und Arbeitens. Es gibt vielerlei Aktivitäten: Stühle wurden gemeinsam für die Zimmer gebaut und gestaltet, es gibt Grillabende, einen Flohmarkt, gemeinsames Angeln und bereits einen Nachtausflug. Auch der Garten wird gemeinsam gestaltet. Aktuell ist die Verwirklichung eines Teichprojekts in Planung. »Wir vertrauen den Bewohnern auch den Rasenmäher und die Benzinkanister an«, meint Heipl. Die Zimmer werden von jedem selbst in Ordnung gehalten. Beim Thema Sucht werde in den »WohnWelten« ein akzeptierender Ansatz verfolgt. »Weil eins unserer Ziele die Stärkung des Selbstbewusstseins ist, gibt es keine Reglementierungen, wenn jemand mal ein Bier trinkt.« Stattdessen werde im therapeutischen Gespräch versucht, die Ursachen des Suchtmittel­ konsums zu bearbeiten.

Selbstbewusstsein fördern Die Anfragen nach einem der insgesamt 38 Plätze kommen mittlerweile auch aus anderen Städten. Doch nicht alle der psychisch oder seelisch Kranken eignen sich für das Konzept. »Manche können mit der Verantwortung nicht umgehen und müssen in intensiver betreute Bereiche umziehen«, erklärt Heipl. Doch bei den meisten steigt mit der Übernahme von Verantwortung das Selbstbewusstsein. Viele bekochen sich und ihre Mitbewohner in den Wohngemeinschaften selbst. Die Lebensmittel dafür kaufen sie täglich frisch ein. Doch auch die, die das noch nicht schaffen, können sich darauf verlassen, dass mit ihnen gemeinsam eingekauft und gekocht wird. Thomas und Florian haben besonderen Spaß daran. »Heute gibt

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arbeiter, Alten- und Heilerziehungspfleger – sind rund um die Uhr für sie da.

es Chinapfanne«, kündigt Thomas an. »Die anderen sind immer zufrieden mit dem, was wir zubereiten.« Er genießt die Gemeinschaft: »Dass hier immer Leute um einen herum sind, ist schon sehr hilfreich.« In schwierigen Phasen helfen die Mitarbeiter, der Psychiater ist nicht weit. Kerstins Spezia lität ist Kuchen: »Saure-Sahne-Torte mit Smarties backe ich am liebsten, wenn jemand Geburtstag hat.« Die 33-Jährige, die im Kiosk auf dem Klinikgelände arbeitet, freut sich schon auf das nächste Lagerfeuer im

Garten hinter den Häusern. Ihre Mitbewohnerin Margit hat ihr Zimmer mit vielen Plüschtieren und Urkunden für Tischtennis- und andere Wettbewerbe individuell eingerichtet. Seit 1988 hat die 52-Jährige in der Klinik gewohnt, doch hier gefällt es ihr besser. »Jeder hat Zeit für mich, und in der WG kümmern sie sich um mich, wenn es mir mal nicht gut geht.« Das schätzt auch Norbert, der gerade zusammen mit einigen Mitbewohnern Möbel aus Europaletten baut. »Man ist nicht allein und kann auch mal was unternehmen«, meint er. Demnächst soll es ans Steinhuder Meer gehen. Früher wäre das für ihn undenkbar gewesen: »Allein macht man ja nicht solche Ausflüge.« Sabine Szameitat

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Die »WohnWelten«Gruppe lässt den Tag gemeinsam am Lager­ feuer ausklingen.


»HANNOVER IST MEINE MUTTER« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäuferin Natalie (46). Natalie, am 9. Oktober ist dein 46. Geburtstag: herzlichen Glückwunsch! Du hast drei Kinder, wie alt sind die? Der Große ist 21, der zweite neun, das Mädchen ist sieben Jahre alt. Die Kleinen leben in einer Erziehungsstelle.

alt war, hatte ich einen Unfall. Seitdem habe ich so schlimme Ängste gehabt, dass ich psychiatrisch behandelt werden musste. Ich habe schon so viel geweint, auch um meine Kinder, weil sie nicht bei mir leben können. Mein Glaube hat mich aus der Gosse rausgeholt.

Wie oft siehst du sie? Einmal im Monat, einen Tag lang. Da unternehme ich etwas mit meinen Kindern, aber einzeln. Meinen Sohn darf ich jetzt schon acht Stunden sehen. Ich arbeite daran, dass es noch mehr wird, auch für meine Tochter.

Wie war das mit dem Unfall damals?

Wir haben keinen Kontakt, aber ich mag nicht schlecht über ihn sprechen. Ich bin ein friedlicher Mensch. Manchmal, wenn ich auf jemanden sauer bin, das sage ich etwas Schlechtes und hinterher denke ich: Warum habe ich das gemacht? Ich habe meinen Glauben gewechselt, und bei uns ist es eine große Sünde, über jemanden zu lästern.

Ich bin in Russland aufgewachsen, meine Mutter war eine Deutsche. Deshalb wurde ich immer geärgert, sie haben mich gehauen und beschimpft. Dann bin ich nach Magdeburg gekommen, mit 13 Jahren. Und es ging umgekehrt weiter: Ich wurde geärgert, weil ich einen russischen Vater hatte. Sie bewarfen mich mit Steinen, und ich lief in Panik vor ein Motorrad. Ich hatte meine Mutter gebeten, mich aus der Schule ab­z uholen. ›Die beschimpfen mich, ich habe Angst‹, habe ich gesagt. Aber sie hat mir nicht geholfen. Niemand hat mich lieb gehabt. Aber ich will nicht schlecht über meine Eltern sprechen, das ist Sünde.

Was ist mit dem Vater der Kinder?

An was oder wen glaubst du jetzt?

Wie geht es dir heute gesundheitlich?

An Allah. Vorher war ich Christin, jetzt bin ich Muslimin. Dieser Glaube gibt mir unheimlich viel Kraft. Ich lerne auch gerade Arabisch, aber das ist sehr schwer.

Nicht so gut. Seelisch und körperlich. Ich habe eine Vorstufe zur Epilepsie. Außerdem musste meine Schilddrüse entfernt werden. Ich bekomme Rente, weil ich nicht mehr arbeiten kann.

Warum wolltest du eine andere Religion?

Beim Asphalt-Verkauf hast du immer einen Kinderwagen

Ich hatte Schwierigkeiten mit dem christlichen Glauben. Ich dabei, kannst du damit besser laufen? war in einer christlichen deutsch-afrikanischen Gemeinde, Das auch, aber ich nehme ihn auch zum Einkaufen. Beim weil der Vater meiner Kinder Afrikaner ist. Da war die Atmo- Asphalt-Verkauf sehen mich die Leute mit meinem Wagen bessphäre so kalt! Ich musste immer alleine an einem Tisch sitzen ser und freuen sich, dass ich die Zeitungen so gut darauf zeigen und essen, und dabei wollte ich doch Freundschaften schlie- kann. ßen. Ich habe dort gar keine Liebe gespürt.

Fühlst du dich wohl in Hannover? Wie lange bist du schon Muslimin? Ungefähr ein Jahr lang. Ich gehe in eine afrikanische Moschee. Manchmal trage ich auch ein Kopftuch – wenn ich Asphalt verkaufe aber nicht.

Warum nicht? Dann kaufen bei mir weniger Leute. Auch wenn ich mit meinen Kindern spazieren gehe, setze ich kein Kopftuch auf – die kennen das ja nicht und müssen sich erst noch daran gewöhnen.

Du trägst dein Kopftuch also situationsabhängig? Ja, ich würde es aber lieber öfter tragen. Es hilft mir irgendwie, stark zu sein und meine Ängste loszuwerden. Als ich 15 Jahre

Ich möchte in keiner anderen Stadt mehr leben. Wenn ich für einen Besuch nach Magdeburg zurückkehre, dann geht es mir jedes Mal ganz schlecht. Nach fünf Minuten auf dem Bahnhof schon. Ich bekomme Herzrasen und möchte schnell die Stadt wieder verlassen. Ich möchte dann zurück nach Hannover. Ich liebe es hier. Es ist, als ob Hannover meine Mutter ist.

Das klingt schön. Natalie, was wünschst du dir? Gesundheit. Und dass ich öfter mit meinen Kindern zusammen sein kann. Auch einen guten muslimischen Ehemann. Und dass alle in Frieden zusammenleben, egal welchen Glauben, egal welche Religion sie haben. Interview und Foto: Svea Kohl


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Asphalt-Verkäuferin Natalie steht in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade am Kröpcke bei »Ditsch«.


RUND UM ASPHALT

Grillfreude trotz Schauer geholfen haben, sondern auch gegrillt, geputzt, gebracht, leckeren Kuchen gebacken und köstliche Salate gemacht haben. Der Wurst-Basar spendete das wertvolle Grillgut: Bratwürste und Steaks zusammen mit Kartoffel- und Nudelsalat. Back- und Naschwerk Ekkenga beteiligte sich mit Brötchen, Baguette und Zuckerkuchen und Getränke Staude versorgte alle mit Limonade und Wasser. Asphalt-Verkäufer Hasso unterstützte tatkräftig die Vorbereitungen und Kollege Mario stand geduldig hinter dem Grill. Viele helfende Hände ergaben ein gelungenes Fest – Petrus werden wir künftig um mehr Unterstützung bitten! KIE

Fotos: Karin Powser

Plötzlich verdunkelte sich der Himmel und dicke Tropfen fielen auf die hübsch dekorierten Tische im Garten der Evangelischen Studentengemeinde. Ein kräftiger Schauer platzte mitten in unsere alljährliche Grillfeier für Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer. Der guten Stimmung tat das allerdings keinen Abbruch: Das leckere Essen wurde einfach für ein paar Minuten drinnen genossen, bevor alle wieder bei herrlichem Sonnenschein im Garten weiterfeiern konnten. Großer Dank gilt den AsphaltEhrenamtlichen, die nicht nur beim Auf- und Abbau

Meisterliche Griller: Asphalt-Verkäufer Mario (li.) und Stefan Winkler aus der Ehrenamtlichenrunde.

Asphalt verlost 10 x 2 Karten für den Zoo Hannover!

Wenn’s draußen regnet, ist es drinnen besonders gemütlich: Asphalt-VerkäuferInnen, -MitarbeiterInnen und -Ehrenamtliche.

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Bis jetzt ähnelten sie kleinen aufgeplatzten Daunenkissen – grau, ziemlich fusselig und ein wenig zerzaust. So langsam bekommen die beiden Schneeeulen-Küken aber endlich ihre charakteristischen Federn. Ende Juli pickten sich die Kleinen nach einer Brutzeit von etwa 33 Tagen aus ihren Eiern. Je älter sie werden, desto heller wird ihr Federkleid und verrät später auch ihr Geschlecht: Während Eulenmännchen schneeweiß sind, haben Weibchen dunkelgraue bis braune Tupfer und Sprenkel. Möchten Sie die beiden Jungeulen und ihre Eltern Harry und Hermine im Zoo Hannover besuchen? Dann beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Wie lange brüten Eulen? Die Lösung unseres letzten Zoo-Rätsels lautete: Drei wild lebende Addax-Antilopen.

Foto: Zoo Hannover

Aus Flusen werden Federn

Schicken Sie uns eine Postkarte, eine E-Mail oder ein Fax mit Ihrer Antwort und dem Stichwort »Zoo« bis zum 31. Ok­to­ber 2016 an: Asphalt-Redaktion, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover, gewinne@asphalt-magazin.de, Fax: 0511 – 30 12 69-15. Bitte vergessen Sie Ihre Absender­ adresse nicht! Viel Glück!


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Sause vom Sender

Foto: Antenne Niedersachsen/Frank Wilde

Hannover hat gefeiert. Und unsere Asphalter waren mittendrin. Ende August, Expo Plaza: Stars for free: Jamie Lee, Nena, Milow, Aura Dione und Comedy-König Matze Knop. Der Radiosender Antenne Niedersachsen hatte rund 17.000 Tickets für

die Sause verlost. Entsprechend voll war das Areal unweit vom Messegelände. 30 Tickets waren speziell für Asphalter reserviert. Eine feine Geste der Radioleute. Denn Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, einfach mal irgendwo mit dabei sein, das ist für Arme und Ausgegrenzte oft die größte Sehnsucht. »Das war schon eine ziemlich geniale Veranstaltung«, fasst Ver­käufer Tom zusammen. »Vorneweg natürlich Nena.« Mehr als 30 Jahre sind ihre »99 Luftballons« alt. So war das Konzert auch eine Reise in seine Jugend, als alles noch anders stand in seinem Leben. MAC

Fragwürdiges neues Straßenmagazin Seit April ist in Hamburg ein neues Straßenmagazin namens »Straßen Journal« im Umlauf. In seiner jungen Geschichte machte das Straßenmagazin bereits mit Urheberrechtsverletzungen Schlagzeilen. Das »Hamburger Abendblatt« hat aufgrund kopierter Artikel eine Unterlassungsklage eingereicht. Zudem beklagt das Straßenmagazin »Hinz & Kunzt«, dass die zumeist bulgarischen und rumänischen »Straßen Journal«-Verkäufer den eigenen Verkäufern massiv Konkurrenz machen. Auch in Oldenburg, Ganderkesee und der Wedemark, wo seit Jahren Asphalt verkauft wird, sind schon Verkäufer des neuen Magazins gesichtet worden. »Wir hoffen, dass es im AsphaltGebiet nicht zu einem offenen Konkurrenzkampf kommt. Unsere Verkäufer sind dazu angehalten, ihren Verkäuferausweis gut sichtbar zu tragen und Wechselgeld ungefragt herauszugeben. Beim Verkauf zu betteln, ist ein absolutes Tabu«, hält Geschäftsführer Reent Stade fest. SKO

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»Lesen und Gutes tun« Tina Voß, Unternehmerin

Asphalt ist für mich eine Herzens­ angelegenheit. Das Magazin ver­ knüpft interessante Berichte mit einer unglaublich tollen Möglich­ keit, Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu helfen. Ich kann jedes Mal, wenn ich einen Asphaltverkäufer sehe, mit viel Wertschätzung etwas Gutes tun. Und das wird mit einer breitge­ fächerten Lektüre belohnt.

Wussten Sie schon … … dass Asphalt seine soziale Arbeit ohne öffentliche Zuschüsse finanziert? Neben den Verkaufs- und Anzeigenerlösen sind die Spenden unserer Freunde und Förderer die wichtigste Stütze zur Gesamtfinanzierung. Unsere Bankverbindung für Ihre Spende: Asphalt-Magazin IBAN: DE35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1 Evangelische Bank

… mehr als eine gute Zeitung!

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RUND UM ASPHALT

10 JAHRE STADTRUNDGANG Informativ, persönlich und stets mit der nötigen Sensibilität: Seit 2006 führen Asphalt-Verkäufer durch Hannovers Drogen- und Obdachlosenszene und stellen dabei die sozialen Hilfestellen der Landeshauptstadt vor. Vor genau zehn Jahren führten die Asphalt-Ver­ käufer Hartmut und Wolfgang mit viel medialem Aufsehen den ersten Sozialen Stadtrundgang in der Geschichte der Stadt durch Hannover. Nach Hamburg war Hannover die zweite Stadt in Deutschland, die einen solch ehrlichen Blick auf die Drogen- und Obdachlosenszene bot. Bei genauerem Hinsehen erkennen die Teilnehmer entlang der Route aber etwas noch viel Wichtigeres: Unterstützung, Hoffnung, Zuversicht – die Chance auf ein besseres Leben. Mittlerweile führen sechs ausgewählte Verkäufer zehn bis zwölf Rundgänge pro Monat durch. 15.000 Personen haben dieses besondere Angebot bisher wahrgenommen. Neben Politprominenz wie Stephan Weil, Dirk Toepffer, Stefan Schostok, Matthias Waldraff und Sven Kindler sind es mittlerweile allen voran Schülergruppen aus dem Religions­u nterricht, der Bundesfreiwilligendienst, das Deutsche Rote Kreuz und Konfirmanden, die den Sozialen Stadtrundgang als feste Größe in ihr Exkursionsprogramm aufgenommen haben. Wer noch nicht dabei war, meldet sich unter 0511 –  30 12 69-0 mit Wunschtermin an! Text und Fotos: Svea Kohl

Geschäftsführer Reent Stade begrüßt eine Gruppe und berichtet von der sozialen Arbeit und den redaktionellen Prozessen, die die tägliche Arbeit des Asphalt-Magazins bestimmen.

Stadtführer Thomas vor dem »Café Connection«. Drogenabhängige finden dort Zuflucht und Unterstützung.

Wie hier bei Stadtführer Bernd haben die Teil­ nehmer am Ende eines jeden Rundgangs die Möglichkeit, eine aktuelle Ausgabe zu kaufen.


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Die Bahnhofsmission ist eine der bekanntesten Hilfestellen für Bedürftige.

Von Beginn an dabei Asphalt-Stadtführer Hartmut über Gruppendynamik und respektvollen Abstand. Wenn Klienten davorstehen, ist es den Teilnehmern des Rundgangs verboten, Fotos zu machen. Da legen wir großen Wert drauf. Auch Asphalt-Geschäftsführer Reent Stade betont immer wieder, dass wir einen solchen Zoo-Effekt auf keinen Fall entwickeln wollen. Ab und Woran erkennst du, ob die Harmonie zwischen dir und zu gehen wir mal in den Kontaktladen »Mecki«, das ist dann aber vorab abgeeiner Gruppe stimmt? Das sind Erfahrungswerte. Schülern zum Beispiel, die im Rah- sprochen und dort bewegen wir uns auch nur in einem bestimmmen des Religionsunterrichts kommen, sieht man teilweise ten Bereich. Dann übergebe ich das Wort aber immer an Achim gleich an, dass sie keine Lust haben. Ich sage aber immer von Teuber, den Sozial­arbeiter des »Mecki«-Ladens. vornherein, dass sie während des Rundgangs nicht an ihren Handys herumspielen sollen: Handys sind bei mir verboten. Ist dir ein Rundgang in besonderer Erinnerung geblieben? Und wenn einer Quatsch machen will, soll er sich 20 Meter wei- Ja, das war super: eine Frauengruppe aus Lachendorf bei Celle. ter an die nächste Ecke stellen, um die, die es interessiert, und Das waren elf Damen von den Landfrauen – eine tolle Gruppe. Wir haben viele Späßchen gemacht und dann habe ich ihnen mich nicht zu stören. nicht nur die sozialen Ecken Hannovers gezeigt, sondern richtig Hast du manchmal das Gefühl, dass die Betroffenen durch ihren Stadtführer gespielt, weil sie sich in Hannover gar nicht auskannten. Das war wirklich ein toller Tag. Ich hatte mit keiner die Rundgänge wie eine Attraktion vorgeführt werden? Nein! Wir zeigen nur Gebäude – die sozialen Einrichtungen. Wir anderen Gruppe so viel Spaß wie mit diesen elf Frauen. Echt gehen dort nicht rein und halten einen respektvollen Abstand. super!

Warum bist du Stadtführer geworden? Es macht mir wahnsinnig Spaß, Leuten etwas zu vermitteln. Viele kennen Hannovers soziale Hilfestellen nicht, obwohl sie in Hannover oder gar nicht weit weg wohnen. Außerdem bekomme ich von den Teilnehmern immer ein Feedback – das finde ich interessant und bereichernd.


DIE LESEBÜHNE – POETEN IN ASPHALT

Zweites Leben – gedacht Von Robert Kayser

N E U L I C H

war Herr P. müde. Sein Hut war leer. Aber er hatte sowieso keine Lust, die Leute anzusehen und zu grüßen und danke zu sagen. Er saß nur da und war müde. Sein Leben schien ihm rückblickend insgesamt nicht so recht gelungen. Und der Blick nach vorn konnte ihn auch nicht aufmuntern. Als er jung war, hatte er sich das Leben irgendwie anders vorgestellt. Der Blick nach vorn war ein stetiger Quell der Freude gewesen. Wenn es mal nicht so gut lief, brauchte er nur nach vorn zu schauen, auf ein langes Leben voller Möglichkeiten. Nun wollte er wieder jung sein, frisch und voller Energie und Lebensdurst. Und vor allem wollte er zurück in die gute alte Zeit seiner Jugend. Heute würde er nicht jung sein wollen, in dieser überreizten, hektischen, grellen Gegenwart. Zurück in die klare Einfachheit wollte er: Zettel und Stift, Notizbücher vollkritzeln, Radiosendungen zuhören, Telefonnummern auswendig wissen. Das schwungvolle und doch beruhigende Drehen der Wählscheibe, Ausdruck von Stil, Indikator für Stimmung und Charakter. Jeder Mensch drehte die Wählscheibe anders, und Herr P. konnte an dieser kleinen Bewegung

mehr ablesen als so mancher Psychologe in einer ganzen Sitzung. Das Klackern in der Leitung, während die Scheibe zurückdreht, Ärgernis der Eiligen, der Effizienzprediger, aber vielmehr doch kurze Bedenkzeit für die nächste Ziffer und Stimulans für die Phantasie, ein Ruf ins unendliche Telefonnetz, das die Welt umspannte und bis an die entlegensten Orte reichte. Briefe schreiben! Und Anschriften auswendig wissen. Postleitzahlen nicht nachschlagen müssen, weil jede Stadt nur genau eine hat. Jede Nacht betete er vorm Einschlafen, er möge aufwachen als junger Mann mit Schulabschluss in der Hand. Weiter wollte er nicht zurück, denn den Abschluss würde er nicht mehr schaffen. Und im Elternhaus wohnen wollte er auch nicht mehr. Aber die Weisheit des Alters würde er schon gern behalten wollen. Das wäre zwar ein komisches Gefühl, mit seinem heutigen Geist wieder in einem jugendlichen Körper zu sein. Aber alles andere wäre ja sinnlos. Ohne seine Erfahrungen würde er ja wieder den gleichen Quatsch machen und nichts wäre anders. Im Alter säße er dann wieder auf der Straße vor einem leeren Hut und wäre müde. In seinem zweiten Leben würde er Postbeamter werden. In einer Zeit, als die Post noch in der Lage war, einen Brief auch dann zuzustellen, wenn er nur ungenau oder leicht fehlerhaft adressiert war.


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Foto: Enolabrain/fotolia

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und kaufte sich ein Wählscheibentelefon. Damit setzte er sich ans Hohe Ufer und wählte eine zufällige Nummer. Und wenn am anderen Ende jemand abnahm, würde Herr P. gern mal wissen wollen, wie glücklich derjenige wohl gerade sei, auf einer Skala von eins bis zehn. Und dann würde er ihm eine Postkarte schreiben, die er auch auf dem Flohmarkt kaufen und etwas unpräzise adressieren würde, mit einer alten Postleitzahl.

Robert Kayser kommt aus Hannover und hat 2008 angefangen, Kurzgeschichten zu schreiben. »Faulheit ist die Mutter der Kurzgeschichte«, sagt er. Selbsterlebt und unverfälscht. Damit ist er ein gern gesehener Gast auf Lesebühnen und Poetry Slams im ganzen Land. Sein erstes Buch »Guerillaspießer« ist kürzlich im Blaulicht-Verlag erschienen und im gut sortierten Buchhandel erhältlich.

Foto: privat

Er würde jede noch so wirr adressierte Postkarte ihrem designierten Empfänger zuführen. Besser als der Absender wüsste er, wohin ein Brief zugestellt werden wollte. Eine Beamtenlaufbahn! Ein ruhiger, gleichmäßiger, ebener Weg. Eine Lauf bahn führt nicht bergauf und bergab, sie ist ohne Hindernisse. Nur der Sold geht bergauf, langsam, aber stetig, und verlässlich vor allem! Und am Ende der Laufbahn steht eine verlässliche Pension, die er rechtzeitig antreten würde, bevor die ehrenwerte Bundespost sich in einen seelenlosen Konzern verwandelte. Ach Quatsch, dachte Herr P., so ein Quatsch! Er musste ein bisschen kichern ob seiner nostalgischen Verzückung. Postbeamter! Ha! Zurück in die Jugend, Mann, Mann, Mann. Er fing an zu lachen, was etwas holprig klang, weil er es lang nicht mehr getan hatte. Seine Lache war sozusagen eingerostet und er bekam einen Hustenanfall, der in ein immer lauteres Lachen überging. Die Passanten schauten komisch, aber Geld in den Hut werfen konnten sie jetzt eh nicht mehr, denn er hatte sich lachend aufgerichtet, seinen Hut geschnappt und auf den Kopf gesetzt, wo er hingehörte. Er ging zum Flohmarkt


BUCHTIPPS Hingeschaut. Reingeguckt. Mit seinem Buch »Die Leute vom Straßenrand: Gespräche mit Obdachlosen« gestaltet der Autor Peter Rösch ein informatives Schlüsselloch. Er gibt Einblicke in eine Welt, die vielen Menschen doch unbekannt ist. Auf einer Reise quer durch Deutschland befragt er die Leute der Gosse. Aus insgesamt 14 deutschen Städten erzählt er ihre Geschichten. Warum leben so viele Menschen auf der Straße? Und übernachten freiwillig auf Parkbänken? Wie kam es dazu? Peter Rösch – eigentlich Biologe und seit Jahren wohnhaft in der Nähe von Mannheim  – sucht Antworten auf diese Fragen. Er verbleibt dabei in seiner Position als Fragesteller und doch gelingt es ihm, nicht nur seine persönlichen Eindrücke zu schildern. Warmherzig und offen lässt er die Menschen, die ihm begegnen, ihre Geschichten erzählen. Von kurzen Anekdoten bis hin zu ganzen Lebensläufen. Von Hoffnung und Schicksalsschlägen, von Höhen und Tiefen. Obwohl er in einigen Städten auch mit Sozialämtern, Polizisten und Sozialarbeitern spricht, bleibt das Buch ohne klare Sozialkritik. Die richtigen Antworten zu finden bleibt dem Leser überlassen. LG Peter Rösch · Die Leute vom Straßenrand · BookOn­Demand · 12 Euro

Mord des Anderen

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Unsere Mieter wohnen

Wir haben mehr als 13.000 Wohnungen in Hannover – und begeisterte Mieter. Zum Beispiel durch Wohnen+ für Senioren und Menschen mit Handicap. Unsere Mieter freuen sich über das Wohncafé, gemeinsame Aktivitäten und weitere Serviceleistungen.

www.gbh-hannover.de

creativteam.com

EXTRA FLEXIBEL

Mitten in Hannover, an bekannten Orten und Plätzen, spielt dieser Krimi. Zwischen Kröpcke und Stadtrand, zwischen Maschsee und Eilenriede überschlagen sich die Ereignisse. Die Obdachlosen Icke und sein Kumpel Horst werden an den Ricklinger Kiesteichen von einer Gruppe Jugendlicher überfallen. Für Horst kommt jede Hilfe zu spät, sein Freund Icke überlebt nur schwer verletzt. Er kann sich an die Tat aber nicht erinnern. Oliver Hoffmann, ein schwuler Sozialarbeiter nimmt sich des Falles an und unterstützt Icke. Während die Ermittlungen um Hauptkommissar Werner laufen, kommt es zu immer mehr Verstrickungen im Fall. Mitten drin diskutieren Mittfünfzigerin Lea und ihre Tochter über verflossene Lieben. Alleinerziehende Mütter geraten an ihre Grenzen, Erziehung und Job unter einen Hut zu bekommen. Oliver erklärt die Nachteile des Andersseins in einer homogenen Gesellschaft. Viel mehr Klischee in einem Buch geht nicht. Dennoch: Den Leser überrascht nicht nur sein unerwartetes Ende, er gerät auch ins Nachdenken: über Normal sein und Anders sein, über Offenheit und Akzeptanz. LG I. Kloppmann · Anders. Hannover Krimi · BooksOnDemand · 9,50 Euro


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KULTURTIPPS Theater

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Corpus Delicti

Heinrich George

Deutschland – ein paar Jahrzehnte in der Zukunft: Der perfekte Überwachungsstaat zum Wohle jedes Einzelnen ist Wirklichkeit geworden. Rauschmittel sind streng verboten, körperliche Fitness Pflicht. Partnerwahl und Fortpflanzung sind zugunsten der Allgemeinheit geregelt, sämtliche Aktivitäten der Bürger werden minutiös überwacht. Einzig Mia bringt der Tod ihres Bruders in Konflikt mit den Regeln des Systems: Schon ihr Versuch, sich zum Nachdenken ins Private zurückzuziehen, wird als Vergehen gewertet. Das Rauchen einer Zigarette stellt ein Kapitalverbrechen dar. Das System in Gestalt des Journalisten Kramer eröffnet eine Hexenjagd auf Mia, zugleich versucht der Anwalt Rosentreter sie zu verteidigen. Juli Zeh hat mit »Corpus Delicti« eine Dystopie in der Tradition von George Orwells »1984« geschrieben. 31.10., 20 Uhr, Theater Hameln, Rathausplatz 5, Hameln. Eintritt: 15 bis 29 Euro, ermäßigt 7,50 bis 14,50 Euro.

Wie kaum ein anderer prägte Heinrich George das deutsche Theater- und Filmgeschehen der 1920er bis 1940er Jahre. Er war Theater- und Filmschauspieler, Hörfunksprecher, Intendant, Familienoberhaupt und Lebemann. Wuchtig und virtuos zugleich verkörperte er unzählige Figuren – in klassischen Dramen, aber auch in nationalsozialistischen Propagandafilmen. Welche Rollen spielte er auf der Bühne, vor der Kamera, im privaten und politischen Leben? Diesen Fragen will sich die Ausstellung annähern. Gezeigt werden Erinnerungsstücke aus dem Nachlass, Fotografien, Filmdokumentationen. Raum haben vor allem auch die Erinnerungen von Berta Drews, Georges Ehefrau und selbst Schauspielerin, seiner beiden Söhne Jan und Götz George, sowie seiner Künstlerkollegen. Angelegt als Spuren­suche und offene Recherche kann der Besucher das Material selbst befragen, aktiv stöbern und lauschen. Noch bis 11.12., Dienstag bis Freitag und Sonntag 14 – 19.30 Uhr, Theatermuseum (im Schauspielhaus), Prinzen­ straße 9, Hannover. Eintritt: 5 Euro, ermäßigt 3 Euro, mit Theaterkarte am Tag der Vorstellung Eintritt frei.

… fragil … In der Ausstellung der Gruppe »fotoBlicK7« geht es um Fragilität in all ihren Facetten. Hierfür haben sich die elf beteiligten Künstler und Künstlerinnen mit verschiedenen Fragestellungen auseinandergesetzt und so eine jeweils ganz eigene Sichtweise entwickelt. Die Palette reicht dabei von von der Beschäftigung mit Formen über Lebenssituationen bis hin zu inneren und äußeren Balancen, die in 45 abstrakten und konkreten Fotoarbeiten zum Ausdruck kommen. Noch bis 27.10., Montag bis Freitag 7.30 Uhr bis 20 Uhr, Samstag 7.30 Uhr bis 18 Uhr, Werkhof Hannover Nordstadt, Schaufelder Straße 11, Hannover. Eintritt frei.

Foto: Heinrich George, Anfang der 1920er Jahre © Foto FRA ULM

Ausstellung

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Verschiedenes

Punkt, Punkt, Komma, Strich

Ein großes Miteinander

Unsere alltägliche Umgebung ist voller Formen und Geometrie. Die Tänzerin Birgitta Martin zeigt Kindern ab sechs Jahren auf spielerische Art, wie sie mit ihren Körpern alle erdenklichen Figuren bilden und tanzen können. Die Heranwachsenden können so die Lust an Bewegung entdecken und sich dabei in einen Punkt, eine Linie, einen Kreis oder ein Quadrat verwandeln. Interessierte können sich vorab per E-Mail an info@kindermuseum-hannover.de oder telefonisch unter 0511 – 89 73 34 66 oder -67 anmelden. 16.10., 11 bis 13 Uhr, Kindermuseum Zinnober, Badenstedter Straße 48, Hannover. Eintritt: 5 Euro (inklusive Ausstellung), mit Hannover Aktiv Pass 2,50 Euro, Kinder mit Hannover Aktiv Pass Eintritt frei.

»MiteinANDERS« heißt die gemeinsame Veranstaltungsreihe vom Down-Syndrom Hannover e. V. und dem Verein Mittendrin. Bereits zum sechsten Mal finden nun die Aktionstage »MiteinANDERS« statt, die mit einem Markt der Möglichkeiten rund um Inklusion beginnen. Neben diversen Kinderaktionen und einer Tombola gibt es bei Kaffee und Kuchen Gelegenheit zum Gespräch. Am Donnerstagabend läuft im Kino am Raschplatz der Film »Vielfalt macht Schule«. Die Eigenproduktion von Mittendrin zeigt am Beispiel von fünf Schulen aus der Region Hannover, wie diese sich auf den Weg zur Inklusion gemacht haben. Im inklusiven »Ensemble auf dem Weg« musizieren Jugendliche mit und ohne Behinderung gemeinsam am Donnerstagnachmittag im neuen Kulturcafé Anna Blume. Zudem finden ein ökumenischer Familiengottesdienst, zwei Vorträge und eine Lesung von Janis McDavid statt. Weitere Infos auf www.mittendrin-hannover.de. 22.10., 15 bis 18 Uhr, Markt der Möglichkeiten, Haus der Region, Hildesheimer Straße 18, Hannover. Eintritt frei. 26.10., 18.30 Uhr, Filmvorführung im Kino am Raschplatz, Raschplatz 5, Hannover. Eintritt 6 Euro, erm. 5 Euro. 29.10., 16 bis 18 Uhr, Musik und Begegnung, Café Anna Blume, Stöckener Straße 58, Hannover. Eintritt frei (Spenden erwünscht).

Musik Cogans Bluff Die 2003 in Rostock gegründe Band hat sich einen eigenen Platz in einer zum Platzen gefüllten Schublade erkämpft, die gern den Stempel »Retro« trägt. Favoriten kommen aus den goldenen 70er Jahren, man wühlt in Kisten mit Krautrock, Progressive, Fusion aber auch Space-, Psychedelic-, Stoner- oder Blues-Rock. Die Koordinaten sind bekannt, doch kann man lange blättern, um aktuelle Bands zu finden, die vergleichbar klingen. Im Gepäck hat das Quintett sein aktuelles Album »Flying To The Stars«. Im Vorprogramm heizen Brother Grimm aus Berlin mit psychedelisch angehauchtem Indie-Blues-Rock die Stimmung an. 27.10., 20 Uhr, Mephisto, Kulturzentrum Faust, Zur Bettfedernfabrik 3, Hannover. Eintritt: 10 Euro zzgl. Gebühren (VVK), 13 Euro (AK), mit Hannover-Aktiv-Pass 5 Euro (nur bei Ticketerwerb im VVK vor Ort).

Foto: 123rf.com/Denys Kuvaie

Kinder


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Fachtagung: Armut. Macht. Flucht. Globale Ungleichheit produziert Migration. Menschen flüchten auch zu uns und das verändert unseren Alltag. Ein Alltag, der ohnehin geprägt ist von einer wachsenden Spaltung zwischen Arm und Reich. Am Weltarmutstag widmet sich die Fachtagung »Armut. Macht. Flucht« deshalb der Frage, wie globale Armut und Migration unseren Alltag verändern. Im Mittelpunkt stehen dabei Überlegungen, wie der Zugang zu einer sinnvollen und menschenwürdigen Arbeit ermöglicht oder wie gutes und gemeinsames Wohnen sichergestellt werden kann. Daneben soll es auch darum gehen, wie eine gute medizinische Versorgung für Menschen mit und ohne Papiere sichergestellt werden kann und wie unsere Gesellschaft aussehen muss, damit ein gutes Leben für alle Menschen hier möglich ist. Anmeldung bis zum 10. Oktober per E-Mail an merten@rosalux.de oder telefonisch unter 0511 – 27 90 93 4. 17.10., 10 bis 16 Uhr, Ver.di Veranstaltungszentrum, Goseriede 10, Hannover. Eintritt frei, kostenloser Imbiss inklusive.

36 Am Lindener Berge 38 30449 Hannover Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

Oktober 2016 Freitag, 7. Oktober Die Gesellschaft der Freunde des Jazz präsentiert: MAGNUS ÖSTRÖM CD-Release „Parachute“ Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Samstag, 15. Oktober

5. Festival der Philosophie Unter dem Motto: »Schönheit ist Freiheit« (Friedrich Schiller) und mit mehr als 60 Veranstaltungen in der Stadt, in der Region Hannover und in der Metropolregion Hannover, Braunschweig, Göttingen, Wolfsburg findet Ende Oktober das 5. Festival der Philosophie statt. Zu den Höhepunkten zählen die Eröffnung in der Marktkirche mit dem Vortrag »Das gefährliche Schöne« von Simone Mahrenholz und Andor Izsák an der Orgel, die Kunstausstellung »Bilder der Freiheit« mit begleitenden Vorträgen im Hildesheimer Roemer- und Pelizaeus-Museum und der Vortrag »Die Schönheit der Schwarzen Löcher: Töne von der dunklen Seite des Universums« des Physikers Karsten Danzmann an der Leibniz Universität. 26.10., 18 Uhr, Eröffnung, Marktkirche, Hannover, Eintritt frei. Noch bis 22.1.2017, Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Bilder der Freiheit, Roemer-und Pelizaeus-Museum Hildesheim, Am Steine 1, Hildesheim. Eintritt 10 Euro, ermäßigt 8 Euro. 29.10., 11.30 Uhr, Großer Physikhörsaal, Raum e214, Hauptgebäude, Fakultät für Mathematik und Physik, Leibniz Universität, Welfengarten 1, Hannover. Eintritt frei.

Die Sparkasse Hannover präsentiert: JASON MARSALIS VIBES QUARTET THE 21ST CENTURY TRAD BAND LIVE! Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Dienstag, 18. Oktober THE YELLOWJACKETS CD-Release „Cohearence“ Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Samstag, 22. Oktober Die Gesellschaft der Freunde des Jazz präsentiert: MISSISSIPPI HEAT Vintage Blues straight out of Chicago! Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Montag, 24. Oktober Die Jazzmusikerinitiative Jmi präsentiert: NILS WOGRAM’S NOSTAGIA TRIO FEAT. DEJAN TERZIC UND ARNO KRIJGER Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Samstag, 29. Oktober JACOB KARLZON CD-Release „Now“ Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro

Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

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IHR ENGAGEMENT

Machen Sie mit! Impressum

Herausgeber: Prof. Dr. Heiko Geiling, Hanna Legatis, Rainer Müller-Brandes

Gründungsherausgeber: Walter Lampe

Geschäftsführer: Reent Stade

Redaktion: Volker Macke (Leitung), Jeanette Kießling, Svea Kohl, Ulrich Matthias

Fotografin/Kolumnistin: Karin Powser

Freie Mitarbeit dieser Ausgabe: A. Düllick, L. Gildehaus, R. Kayser, E. M. Mentzel, L. Stegner, W. Stelljes, S. Szameitat Anzeigen: Heike Meyer

An jedem letzten Dienstag im Monat trifft sich die Runde der Ehren­­ amtlichen in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstal­tungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäufe­rin­nen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen – und ich freue mich, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Das nächste Treffen ist am Dienstag, Dienstag, 25. Oktober 2016, um 17 Uhr. Rufen Sie mich einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-26. Herzlichst, Ihr Reent Stade, Asphalt-Geschäftsführer

Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer

Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter)

Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1

Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Herstellung: eindruck, Hannover

Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 25.000

Asphalt erscheint monatlich.

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 23. September 2016

Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde.

Asphalt dankt: D. Schulze, K. + B. Westphal, G. Weber, D. Wirries, Nds. Landtag, C. Isken, Convanced GmbH, T. Ernst, R. Ahrndt, REWE Markt GmbH, Basargemeinschaft der Frauen hannoverscher Freimaurer, Bust Steuerberatungsgesellschaft, L. Sallee, H. Hirsch, Fam. Ecklebe, V. Schwarzer, Ev.-luth. Michaelisgemeinde, S. Bojunga, U. Blickle, U. Kment, H. + J. Schiering, M. Lancier, R. Zierott, I. + F. Keil, G. + M. Pelikan, H. Lukat, C. Spintig, H. Stainko, K. + H.-D. Nolte, S. + D. Grell, M. Rohloff, D. Rehn, M. + Prof. Dr. R. Schnuell, A. + M. Rawohl, H. Steltmann, W. Etrich, E. Osieka, H.-H. Gothe, G. Wendorff, F. Kreitz, S. Sprickmann-Kerkerinck, H. Mueller-Lampe, W. Bothe, H. Kriewald, M. Nonnast, G. Pfaff, I. Strubbe, W. Klingelhoefer, H. Bartling, A. Westermann, W. Koehl, C. Michels, K. Hoernicke, A. Datta, G. + A. Janke, H. Dubenkropp, G. Osswald, T. Wiesenberg, A. Stelter, F. + W. Koch, R. Siemers, R. Lueters, D. + H. Klose, I. Moehlmann, U. Kantha, H. Melchinger, R. Brede, M. + H. Olschewski, L. Hartich, C. ReineckeSchendel, M. + L. Menk, I. Tehnzen-Heinrich, H. Kehlert, M. Humpe, D. Stuckenschmidt, G. + R. Toerfler, H. Mueller, E. Held, K.-L. + M. Schulze, R. Mieschner, J. v. Stuckrad-Barre, M. Struss, R. Stenner, S. Fiedler, G. Anlauf, R. Binder, D. + R. Meintke, P. + M. Schweizer, F. Joosten, F. Mueller, M. Schaeper, A. Credner, I. Schubert, H. Schendel, B. Kaehler, B. Kieschnick, H. Grundmann, V. Beck, H. Muegge, B. Nienhaus, W. Morgenthal, G. Seide, M. + H. Diekmeyer, P. Scheroki sowie allen anonymen Spendern und allen Asphalt-Patinnen und -Paten.

Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger

Verkäuferausweise

Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Ver­käuferInnen mit gültigem Aus­weis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Rosa


Aus den nachfolgenden Silben sind 19 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben (Achtung: ch = 1 Buchstabe) – jeweils von oben nach unten gelesen – ein Zitat von Hölderlin ergeben: ag – an – aus – bei – ber – bes – big – chat – de – de – den – der – di – die – ein – ent – er – er – er – fe – feu – fin – ge – gie – gun – gut – irr – kan – kel – las – mann – me – na – nah – no – pe – pfe – re – rei – sal – se – sei – sicht – sinn – statt – strüm – ta – ta – te – ten – tu – tung – woll

1. Beinbekleidung für kalte Tage 2. eine Neuerung schaffen 3. Gefasel 4. unrechtmäßige Beute 5. als Ersatz 6. kostbarer Stoff 7. Pfefferfresser

Unter allen Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir viermal das Sachbuch »Architekten der Arbeit – Positionen, Entwürfe, Kontroversen«. Arbeit dient längst nicht mehr dem Broterwerb allein, sie ist auch Teil der eigenen Identität. Sie soll sich lohnen, Erfüllung bieten und den eigenen Wohlstand ebenso wie den des Landes mehren. Autor und Arbeitsforscher Sven Rahner traf sich mit 18 interessanten Interviewpartnern – darunter Spitzenpolitiker aller Parteien – und sammelte Ideen. Dreimal haben wir den Thriller »Gänsehaut« von Ross Macdonald für Sie. Am Morgen nach der Hochzeitsnacht verschwindet die junge, hübsche, frischgebackene Ehefrau Dolly. Ihr Mann Alex beauftragt Privatdetektiv Lew Archer, der sie zwar bald wiederfindet, doch fortan selber in Schwierigkeiten steckt. Er wird in zwei Mordfälle verstrickt, von denen der eine zwanzig Jahre her ist, während bei dem anderen das Blut noch trocknet. Und ebenfalls dreimal verlosen wir den Kinderroman »Fett Kohle« von Dorit Linke. Niklas kann sein Glück kaum fassen: Eine Tasche voller Geld landet direkt vor seinen Füßen! Wenn das mal nicht alle seine Sorgen löst … Weit gefehlt! Die Beute aus einem Banküberfall sorgt bald dafür, dass ihm die Gangster, die Polizei und sein eigenes schlechtes Gewissen auf den Fersen sind. (Für Kinder ab 10 Jahren.) Die Lösung des September-Rätsels lautete: Anstrengung ist die Gemüsebeilage zum Glück. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de Einsendeschluss: 31. Oktober 2016. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

8. falsche Annahme 9. Erleichterung 10. Vorstellung von der Hölle 11. Heilkraut 12. Wandbekleidung 13. Ertrag 14. blaublühendes Kraut 15. ertragreich 16. Erkennen einer Krankheit 17. Fernblick 18. im internet diskutieren 19. Aufbewahrungsort für das Allerheiligste

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SILBENRÄTSEL

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