2016 09 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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MOGELPACKUNG

Sozialer Wohnungsbau in Hannover nur angetäuscht

SYSTEMFEHLER

Niedersachsen gehen die Grundschulleiter aus

STANDPAUKE

Varoufakis rechnet ab mit Brüssel und Berlin


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Notizblock

6 Angespitzt 7

Systemfehler

In Niedersachsen fehlen 140 Grundschul­ leiterInnen, weil Geld, Entlastung und Struktur fehlen.

10 Standpauke

Im Interview: Yanis Varoufakis, der griechische Ex-Finanzminister, rechnet ab.

13 Historische Schätze

Aus Hobby-Archäologen werden wissenschaftliche Mitarbeiter.

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»Baut sozial!«

Wohnungsmarktexperte Eckart Güldenburg über fragwürdige Förderpolitik in Niedersachsen.

18 Friede den Hütten

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Der Asphalt-Schreibwettbewerb

Kein sozialer Wohnungsbau

Wohnen wird teuer: Hannover baut Obdachlosenheime statt Sozialwohnungen.

23 Das muss mal gesagt werden 25 Wer war eigentlich …? 26 Meine Worte

Texte aus der Asphalt-Schreibwerkstatt

28 Aus dem Leben

von Asphalt-Verkäuferin Heidi

30 Rund um Asphalt 32 Die Lesebühne

Rita Apel: Trotzige Engel

34 Buchtipps 35 September-Tipps 38 Impressum/Ihr Engagement 39 Silbenrätsel

Titelfoto: Harald Koch

Das Asphalt-Prinzip

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung.


in unseren Städten gibt es viel zu wenig Wohnungen, die erschwinglich sind. Neulich erst sprach ich mit einer Schwester von den Diakoniesozialstationen. Sie muss umziehen, »Eigenbedarf« sagt ihr Vermieter. Aber 800 Euro€Kaltmiete für eine 2 – 3 Zimmerwohnung – in der Südstadt Hannovers inzwischen normal – kann sie kaum aufbringen. Das erzeugt Frust. Noch größer ist die Frustration bei denen, die Hartz IV beziehen und wohnungslos sind. Sie haben es am schwersten auf dem Wohnungsmarkt. Davon können auch unsere Asphaltverkäuferinnen und -verkäufer berichten, wie Reiner auf dem Titel dieser Ausgabe. Ohne Wohnung wird alles schwierig. Gegenwärtig steigt die Zahl der wohnungslosen Menschen wieder. Wenn sich einige von ihnen auf öffentlichen Plätzen treffen, schwillt gerade in Kommunalwahlzeiten die Kritik an: »dreckig« und »unsicher« sei es dort, da gelte es zu handeln. Gleichzeitig wird aber Wohnungsloseneinrichtungen gekündigt. Dabei darf es nicht bleiben. Zu Recht ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ein wichtiges Thema im Wahlkampf, jahrelang wurde der soziale Wohnungsbau vernachlässigt. Jetzt sind gute Ideen gefragt und – es gibt sie: Bauunternehmen bauen kleine, kostengünstige Wohnungen, die mit öffentlichen Geldern gefördert werden. Soziale Einrichtungen wie etwa die Soziale Wohnraumhilfe in Hannover, ein Gemeinschaftsprojekt von Diakonie, Bauwirtschaft und anderen übernehmen diese und garantieren den Bauunternehmen 20 Jahre Mieter und Miete. (Mehr darüber finden Sie in diesem Heft.) Davon brauchen wir viel mehr. Und, das tut gut zu hören, es gibt viele private Vermieter, die zu günstigen und fairen Preisen vermieten. Aber auch hier gilt: Es könnten mehr sein. Denn eines kann nicht sein: Dass Menschen bei uns auf der Straße leben müssen. Doch das ist heute Realität, für immer mehr Menschen. Abhilfe tut dringend not.

Ihr

Rainer Müller-Brandes · Diakoniepastor und Mitherausgeber von Asphalt

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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Foto: Julian Jankowski

NOTIZBLOCK

Hannover. Mit 180 ausrangierten Betten haben Vertreter der niedersächsischen Krankenhäuser vor Hannovers Rathaus gegen die ihrer Meinung nach mangelhafte finanzielle Ausstattung der Kliniken im Land protestiert. Das Land habe bisher jährlich zu wenig Geld in den Erhalt und in die Ausstattung der Krankenhäuser investiert, obwohl es dazu gesetzlich verpflichtet sei, mahnte Helge Engelke, Verbandsdirektor der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG). Das jährliche Investitionsvolumen müsse dauerhaft den notwendigen Anforderungen entsprechen, sonst drohten Investitionsstau und Versorgungsprobleme. Zwischen dem Bedarf von jährlich 530 Millionen Euro und den vom Land bewilligten Investitionen von 260 Millionen Euro klaffe eine enorme Lücke. »Bei den Investitionen macht Niedersachsen jetzt einen großen Schritt nach vorne«, so Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt angesichts des unübersehbaren Protests. »Um den Investitionsstau an den Kliniken abzubauen, legt die Landesregierung gemeinsam mit den Kommunen ein großes Investitionsprogramm auf, so dass bis 2020 gut 1,3 Milliarden Euro für Niedersachsens Krankenhäuser bereitgestellt werden.« Obendrauf stelle das Land 100 Millionen Euro pro Jahr für bauliche Maßnahmen bereit. Der NKG geht die temporäre Sonderfinanzierung nicht weit genug. Ein einmaliger Zuschuss sei zwar nützlich, aber nicht dauerhaft hilfreich. Ministerin Rundt forderte von den Kliniken mehr Synergien und weniger Konkurrenzverhalten. MAC

Verfassungsrang für Saterfriesen? Hannover. Saterfriesisch soll nach dem Willen der FDP nun in die Verfassung des Landes Niedersachsen aufgenommen werden. Einen entsprechenden Antrag hat die Fraktion jüngst in den Landtag eingebracht. »Plattdeutsch und Saterfriesisch sind Teil unserer Landeskultur«, so der FDP-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen »Außerdem haben wir die europäische Charta für Regional- und Minderheitensprachen ratifiziert und sind damit völkerrechtliche Verpflichtungen eingegangen. Es ist also aus verschiedenen Gründen jetzt an der Zeit, die Förderung des Niederdeutschen als Staatsziel in unsere Verfassung aufzunehmen.« Wie jüngst berichtet, sprechen aktuell allenfalls 1.900 Menschen im Saterland bei Oldenburg diese bewiesenermaßen kleinste Sprache Europas. MAC

Kirche mahnt Islamvertrag an Leer/Hannover. Gegen das von Ministerpräsident Stephan Weil angekündigten Moratorium der Islamvertragsverhandlungen hat sich Martin Heimbucher, K i rchenprä sident der eva ngel ischreformierten Kirche, ausgesprochen. Bei allen Problemen sei die Idee richtig »und ihre Umsetzung nötiger denn je.« Die CDU hatte zunächst beschlossen, den Verhandlungen mit den muslimischen Verbänden fern zu bleiben. Weil der Verband Ditib von der Türkei aus gesteuert werde. Auch weite Teile der SPD sind mittlerweile gegen den Vertragsabschluss. Heimbucher fordert deshalb nun eine allgemeine Debatte unter der Überschrift »Welche Gesellschaft willst du eigentlich?« Und daran müssten sich auch Migranten beteiligen und beteiligen können. MAC


Mehr Weser für Schiffe

Hannover. Immer mehr Menschen in Niedersachsen sind auf Sozialhilfe angewiesen. Genau 42.201 Personen erhielten im vergangenen Jahr laut Statistikamt »Hilfe zum Lebensunterhalt« (Sozialhilfe). Das sind 2,4 Prozent mehr als in 2014. Besonders Ältere gehören zu den Hilfebedürftigen, das Durchschnittsalter liegt bei 48,9 Jahren. Mehr als zwei Drittel der Leistungsempfänger befanden sich in Einrichtungen wie Wohn- oder Pflegeheimen. Den größten Anteil an Sozialhilfeempfängern bezogen auf 10.000 Einwohner wies Wilhelmshaven mit 102 Personen auf, die niedrigsten Werte die Landkreise Vechta und Cloppenburg mit jeweils 31. UM

Hannover/Nienburg. Die Mittelweser soll auf einer Strecke zwischen Nienburg und Bremen ausgebaut werden. Das hat der Landtag beschlossen. Die Mittelweser verbindet den Mittellandkanal mit den Häfen in Bremen und Wilhelms­h aven. Vielfach werden auf dem Weg Kies, Baustoffe, Mineralölprodukte transportiert. Zudem Container. Rund 80 Meter lange und bis 2,80 Meter tiefe Güterschiffe können die Weser bisher befahren. Acht Staustufen zwischen Hameln und Bremen sorgen für den nötigen Wasserstand. »Könnten die Container mit größeren Schiffen transportiert werden, kommt es automatisch zu einem geringeren Verkehrsauf kommen – gut für die Natur und gut für die Anwohner entlang der Mittelweser«, begründete Uwe Santjer, Verkehrssprecher der SPDFraktion, die Entscheidung. Kritiker warnen, das Ausbaggern der Weser berge unkalkulierbare ökologische Folgen. Bessere Logistikketten und Hafenplanung erreichten das gleiche Ziel wie die beabsichtigte Verbreiterung. MAC

Im Geist von Yad Vashem

ZAHLENSPIEGEL »IM INTERNET«

Hannover. Knapp vier Millionen Euro will das Land in den kommenden zwei Jahren in die pädagogische Arbeit der Gedenkstätten stecken. Das ist Ergebnis eines gemeinsamen Beschlusses aller Fraktionen im Landtag auf Grundlage eines CDU-Antrags. Ziel ist, die Qualität der Arbeit der Gedenkstätten wie beispielsweise Bergen-Belsen zu verbessern und Schulfahrten zu den Stätten zu erleichtern. Lehrer sollen zudem entsprechend fortgebildet werden. Die Expertise dafür soll aus Yad Vashem, der großen zentralen Gedenkstätte in Israel, kommen. »Die erste Lehrkräftefortbildung in Yad Vashem wird bereits im September dieses Jahres stattfinden«, so Kultusministerin Frauke Heiligenstadt. MAC

Wie die Statistischen Ämter von Bund und Ländern informieren, surften im Jahr 2015 knapp

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49 % der Senioren (ab 65 Jahren) in Deutschland durch das World Wide Web. Im Alter zwischen 10 und 15 Jahren hatten nur 1,5 % keinen Bezug zum Internet. Am beliebtesten war das Senden und Empfangen von E-Mails –

fast

91 % der Internet-User setzten auf diese Art der Kommunikation. Sorgen um die Sicherheit privater Daten im Netz hatten die 10- bis 15-Jährigen mit 24 % kaum. User ab 65 Jahren waren

vorsichtiger: 49 % von ihnen gaben ihre Daten in Online-Netzwerken nicht preis.

Beratung sofort nach Beitritt! Jetzt Mitglied werden! Kompetente Hilfe bei allen Fragen zum Mietrecht. Herrenstraße 14 · 30159 Hannover Telefon: 0511–12106-0 Internet: www.dmb-hannover.de E-Mail: info@dmb-hannover.de Außenstellen: Nienburg, Hoya, Celle, Neustadt, Springe und Obernkirchen.

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Mehr Sozialhilfeempfänger

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ANGESPITZT

Kinder sollen Trinker vertreiben! Das hat Hannovers Oberbürger­ meister Stefan Schostok – von einigen Medien der Stadt ge­ trieben – jetzt verfügt. Chefsache! Ein städtischer Platz, innen­ stadtnah und seit Jahren verwaist, hatte zuletzt Gestrandete angezogen, die hier auf einigen der schönen Bänke der Tristesse des eigenen Lebens zu entfliehen suchen. Laut und ungehobelt zum Teil. Von 50 Personen am Platz wird berichtet. Gut, alle verfügbaren »Beweis«-Fotos der Tagesmedien zeigen vielleicht fünf, rechnet man die Kaffee-Trinker mit ein vielleicht gar zehn. Doch wollen wir da mal nicht so pedantisch sein. Wozu braucht eine ordentliche Kampagne heute noch Beweise?! Schostok will also auf dem hübschen Platz unweit der herrlichen Bänke unter Ranken alsbald einen Spielplatz bauen lassen. Die

»KINDER GEGEN TRINKER«

spielenden Kinder, so ist anzunehmen, sollen den Trinkern mit ihrer Lebensfreude den Fokus auf die eigene Tristesse vergällen. Singen, Quietschen, Hüpfen gegen Sitzen, Trinken, Pöbeln. Das ist moderne Stadtplanung. Das ist moderne Sozialpolitik! Suchthilfe? Unterkünfte? Jobangebote? Verzichtbar, solange Hannover nur ausreichend Kinder hat. Doch was, wenn in der Oststadt nicht genügend Kinder verfügbar sind? Hitzige Köpfe kreieren bereits die nächste Kampagne: »Wir brauchen mehr Kinder!« Wir sind gespannt, ob der Oberbürgermeister das auch zur Chefsache machen wird. Volker Macke


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Foto: J. Kießling

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Rund 140 niedersächsische Grundschulen haben keine Leitung. Woran liegt das? Warum wollen immer weniger Lehrerinnen und Lehrer diese Aufgabe über­ nehmen? Eine Suche nach Gründen.

In Bordenau, einem Ortsteil von Neustadt am Rübenberge, scheint die Welt noch in Ordnung zu sein: Neben dem idyllischen Dorfteich liegen das Gemeindehaus, das Schützenhaus, der Kindergarten und mittendrin die Grundschule. Die räumliche Nähe ist nicht zufällig: Die kleine Schule mit ihren gut 100 Schülerinnen und Schülern ist ein integraler Bestandteil des Dorflebens. Es gibt eine Bibliothek, einen Schulgarten und nachmittags ist der Pausenhof ein beliebter Treffpunkt. »Hier haben wir eine Art heile Welt, in der man sich wohlfühlen kann«, sagt Schulleiterin Petra Ludwigs. Wie viel Arbeit dahinter steckt, ist auf den ersten Blick nicht zu sehen. Auch Petra

Ludwigs hat nicht geahnt, welche Aufgaben auf sie zukommen würden, als sie die Leitung der Grundschule übernahm. »Ich habe ganz naiv nach einer Stellenbeschreibung gefragt, aber so etwas gab es nicht«, sagt sie. Heute kann sie darüber lachen, vor sechs Jahren musste sie sich mit Hilfe der Schulleitungskollegen, der Landesschulbehörde und der Schulsekretärin mühsam in die vielfältigen Aufgaben und Rechts- und Verwaltungsvorschriften einarbeiten. Auch als Schulleiterin ist sie noch in erster Linie Lehrerin: 17,5 Stunden pro Woche unterrichtet Petra Ludwigs, dazu kommt die Zeit für Vor- und Nachbereitung. Daneben bleiben


Foto: E. Mentzel

tungskräfte gibt es nicht. Die Grundschule Bordenau hat zwar eine Sekretärin, die ist allerdings nur neun Stunden pro Woche in der Schule im Einsatz. Auch der Hausmeister ist nicht immer verfügbar. Er arbeitet noch im Kindergarten und in einer Unterkunft für Wohnungslose. Deshalb muss Petra Ludwigs zwischendurch auch selbst mal die Toiletten kontrollieren oder in den Ferien Umbauarbeiten begleiten. Eine offizielle Vertretung, zum Beispiel im Krankheitsfall, hat sie nicht: »Oft komme ich mit dem Kopf unter dem Arm in die Schule, weil ich weiß, wenn ich fehle, trifft es die eigenen Kollegen.«

»Erst muss sich etwas ändern«

Offiziell bewerben will sie sich nicht: Petra Ludwigs ist seit sechs Jahren kommissarische Grundschulleiterin.

ihr offiziell 10,5 Stunden, in denen sie Unterrichtsbesuche bei den Kollegen macht, Unterrichtskonzepte bespricht, Gremien einberuft, Teams einrichtet, Organisationspläne erstellt. »Der Tag wird immer anders als man denkt«, sagt Petra Ludwigs. Denn sie ist nicht nur für ihre Kollegen und Mitarbeiter Ansprechpartnerin, sondern auch für die Behörden, den Schulträger, Schulen in der Umgebung und natürlich die Eltern und Schüler. Mit neuen Konzepten wie etwa der »eigenverantwortlichen Schule« und der Inklusion kamen neue Aufgaben und Personal wie pädagogische Mitarbeiter und Förderlehrer dazu. »Es ist gut, dass wir die eigenverantwortliche Schule haben, aber es wäre schön, für die dazugekommenen Aufgaben mehr Zeit zu haben.« Jetzt muss die Schulleiterin zum Beispiel auch Personalentwicklungsgespräche führen und über ein Schulgirokonto Reisen und Fortbildungen selbstständig abrechnen. Zusätzliche Verwal-

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Muss man hören: Hertzliches Hannover das Wohnungslosen-Magazin. Immer am 2. Montag im Monat, 17 Uhr. ... auf UKW 106.5 oder Kabel 102.5 und bei www.leinehertz.de

Petra Ludwigs ist mit dieser Situation nicht allein. Grundschulleitungen stehen unter einer besonders hohen Arbeitsbelastung, die in vielen Fällen auch zu einer gesundheitlichen Belastung wird, sagen Gesundheitswissenschaftler der Leuphana Universität Lüneburg (siehe Interview). So ist es nicht verwunderlich, dass es seit Jahren bundesweit schwierig ist, neue GrundschulleiterInnen zu finden. In Niedersachsen fehlen an rund 140 der gut 1.700 Grundschulen die Schulleitungen. Einige Stellen müssen mehrfach ausgeschrieben werden, bevor sich überhaupt jemand bewirbt. Das kann viele Gründe haben, etwa weil Schulen gerade vor einer Umstrukturierung stehen oder der Standort nicht attraktiv ist. Petra Ludwigs sagt: »Ich kenne Kollegen, die sich gut als Schulleiter eignen würden, aber sie winken ab und sagen ‚Das tue ich mir nicht an, was du da alles machst‘.« Auch Petra Ludwigs macht den Job seit sechs Jahren nur kommissarisch. Offiziell bewerben will sie sich nicht. Aus Prinzip: »Erst muss sich etwas ändern.« Gewerkschaften und Lehrerverbände fordern, die Unterrichtsverpflichtung der Grundschulleiter solle gesenkt werden. Außerdem müsse es Vertreter geben und Verwaltungsmitarbeiter, die jeden Tag verfügbar sind. Wertschätzung ist Frank Stöber, dem Vorsitzenden des Schulleiterverbands Niedersachsen (SLVN), besonders wichtig – auch finanziell: »Sicher kann man sagen: ›A13 ist eine vernünftige Summe und einen sicheren Job habt ihr auch – warum jammert ihr?‹ Aber ich denke der Vergleich mit einem Förderschul- oder Gymnasiallehrer ist der entscheidende Aspekt.« Denn Grundschulleiter, die die Gesamtverantwortung für eine Schule übernehmen, sind in der Besoldung Förderschul-


Im Haushalt nicht vorgesehen Dieser Forderung wird das niedersächsische Kultusministerium wohl nicht nachkommen: »Eine Höherstufung würde eine dreistellige Millionensumme erfordern«, begründet das eine Sprecherin. Würden die Gehälter der Grundschulleitungen angehoben, müsste nach dem sogenannten Abstandsgebot auch die Besoldung anderer Beamter steigen. Das sei im Haushalt nicht darstellbar. Stattdessen baue das Ministerium im Rahmen einer »Zukunftsoffensive Bildung« den Service der

Schulbehörden und die Fortbildungsangebote für Schulleitungen aus. Zudem waren die 90.000 niedersächsischen Lehrerinnen und Lehrer, Schulleitungen und pädagogischen Mitarbeiter im Juni aufgerufen, in einer Online-Umfrage ihre Arbeitssituation zu schildern. »Ich werde im Lichte der Ergebnisse konkrete Verbesserungen mit den Verbänden und Gewerkschaften erörtern«, verspricht Kultusministerin Frauke Heiligenstadt. »Das Ziel dabei ist klar: Mehr Zeit für gute Schule zu haben!« Was das konkret für Petra Ludwigs und die anderen Grundschulleitungen in Niedersachsen bedeuten kann, wird sich frühestens im nächsten Frühjahr zeigen. Dann sollen die rund 10.300 ausgefüllten Fragebögen ausgewertet sein und der Schlussbericht vorliegen. Eva Mentzel

Hohe Arbeitsbelastung, emotional erschöpft Gesundheitswissenschaftler Kevin Dadaczynski von der Leuphana Universität Lüneburg hat in einer Studie 4.300 Schulleiter verschiedener Schulformen in vier Bundesländern befragt und den Zusammenhang von Arbeitsbelastung und Gesundheitszustand bei dieser Berufsgruppe mit umfassenden Daten belegt. Foto: privat

Was belastet Grundschulleiter besonders? Der Top-Belastungsfaktor ist die Arbeitsmenge, also das, was man täglich wegschaffen muss. Dann folgen die zahlreichen Verordnungen des Ministeriums und der nachgeordneten Behörden. Auch die administrativen Tätigkeiten werden als sehr belastend wahrgenommen. Grundschulleitungen haben zudem eine höhere Belastung durch Unterrichtstätigkeiten. Denn sie gelten im Vergleich zu anderen Schulformen eher einer Lehrkraft mit zusätzlichen Funktionen als einer reinen Leitungskraft. Bei der Vielzahl unterschiedlichster Aufgaben könnte man hinterfragen, wie all dies von einer Person wahrgenommen

werden soll. Insbesondere bei Grundschulleitungen, die ja häufig über keine oder lediglich eingeschränkte Delegationsmöglichkeiten verfügen. Wie bewältigen die Schulleiter die vielfältigen Aufgaben? Im Rahmen der Studie haben wir drei Bewältigungsstrategien untersucht. Dabei zeigte sich: Grundschulleiter neigen eher zu intensiverem Arbeiten als Leiter anderer Schulformen. Das bedeutet, dass sie beispielsweise Pausen ausfallen lassen. Zudem arbeiten sie auch länger. Diese Ausdehnung der Arbeitszeit ist hoch, aber nicht höher als zum Beispiel bei Gymnasialleitern. Wie wirkt sich das auf die Gesundheit aus? Grundschulleiter leiden häufiger unter emotionaler Erschöpfung, dem wichtigsten Anzeichen für einen drohenden Burnout. Sie fallen aber nicht öfter wegen Krankheit aus als andere Schulleiter. Alarmierend ist, dass sie offenbar oft zur Arbeit gehen, obwohl sie krank sind.

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und Gymnasiallehrern ohne Leitungsaufgaben gleichgestellt. Schulleiter kleiner Grundschulen verdienen sogar weniger. Der SLVN fordert daher eine Höherstufung für Grundschulleiter auf die Besoldungsgruppe A14, was beispielsweise der Besoldung von Oberstudienräten an Gymnasien und Gesamtschulen entspricht.

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Foto: Virginia Mayo/Picture-Alliance/AP Photo

»ES WIRD BRUTAL SEIN« Charismatisch, streitbar, verhasst und voller Hoffnung: Yanis Varoufakis, kürzlich noch griechischer Finanzminister, heute Begründer einer neuen proeuropäischen Linken. In Athen am Rande der Weltkonferenz der Straßenzeitungen haben wir ihn gesprochen. Unsere Gespräche mit den Menschen in Athen haben deut- Jenseits von Griechenland genießen Sie den Ruf als lich gemacht, dass Sie in Griechenland eine kontroverse Frauen­schwarm  … Persönlichkeit sind … Sie erwarten nicht wirklich, dass ich das kommentiere, oder? Die Elite hasst mich. Bei den Nicht-Eliten bin ich keine Hass­ figur. Unternehmen und Organisationen, die von Geld aus Brüssel abhängig sind, sehen natürlich als Gefahr, dass ich Opposition gegen Brüssel betreibe – ich bin gegen ihre Geldquellen. Sie wissen sehr gut, auf welcher Seite ihr Vorteil liegt. Und dann ist da noch der Rest.

Der Ausspruch, »der gut aussehende Herr Varoufakis«, war jedenfalls sehr gängig … Das war eine Überraschung für mich, und zwar keine angenehme. Immer wenn diese Boulevard-Berichte kursierten, wusste ich, dass die wahren Fragen nicht diskutiert wurden. Es war ein Versuch, die Probleme zu trivialisieren und die Auf-


Ein Jahr später, denken Sie da, dass der schlechte Ruf, den sich Deutschland während der Verhandlungen mit Griechenland erworben hatte, gerechtfertigt ist?

Sie haben den Geldgebern Griechenlands »finanzielles Waterboarding« vorgeworfen. Aber welche Veränderungs- Niemand verdient es verteufelt zu werden, aber die möglichkeiten sehen Sie? Den Regierungsapparat verklei- deutsche Regierung muss sich scharfe Kritik gefalnern, Steuerhinterziehung stoppen? len lassen, da sie sich der Realität verweigert. Dieses

Wie wird sich die aktuell groteske Obdachlosen­situation in Griechenland Ihrer Meinung nach entwickeln? Jedem, der jetzt auf die Armee der Wohnungslosen im Lande schaut, sage ich, dass sich die Lage in den kommenden zwölf Monaten noch deutlich verschlimmern wird, da in den nächsten drei bis vier Monaten die Zwangsversteigerungen beginnen werden. Es wird schnell, gemein und brutal geschehen. Im letzten Sommer hat sich unsere Regierung geschlagen gegeben, und nun wird das Problem der Obdachlosigkeit in Griechenland noch viel, viel schlimmer werden.

Foto: REUTERS/Yannis Behrakis

Seien wir ehrlich, wenn Sie nach Mykonos sehen, zahlt dort nie- Verleugnen kostet Menschenleben. Und ich hoffe, mand Steuern. Auf dieser Insel wird eine solche Menge Geld dass die Menschen in Deutschland diese Kritik teigemacht; und wann immer ein Steuerbeamter nach Mykonos len. Im Moment bekommen sie die Krise, die ihr kommt, weiß jeder dort im Voraus Bescheid, wer er ist und wann Parlament heraufbeschwört, noch nicht in vollem er ankommt. Wo immer er dann auftaucht, werden brav Quittungen ausgestellt, doch sobald er abreist, hört das wieder auf. Die einzige Möglichkeit wäre, die Geschäftsleute in Angst davor zu versetzen, dass ihr nächster Kunde ein verstecktes Mikrofon am Körper trägt. Man hat mich für diesen Vorschlag geschmäht. Griechenland aktuell Natürlich denke ich, dass man etwas tun könnte, doch es ist 1,6 Millionen Griechen leben derzeit in extremer schon ironisch, dass man mich gleichzeitig dafür angegriffen Armut. Extrem bedeutet laut der unabhängigen, hat, Reformen abzulehnen und Reformen vorzuschlagen. eher sozialliberal ausgerichteten, griechischen Organisation diaNEOsis, dass in Griechenland eine Einzelperson mit weniger als 182 Euro im Monat ausSie hatten doch Macht, warum haben Sie sie abgegeben? kommen muss. Insgesamt war das im Jahr 2009 bei Nein, ich hatte keine Macht, ich hatte ein Regierungsamt. Uns 2,2 Prozent der Bevölkerung der Fall, 2015 waren wurde ein gewisses Maß an Macht zugestanden, weil wir damit es 15 Prozent. Bei Kindern 17,6 Prozent, bei jungen drohten, einigen zentralen Steuerungsinstrumenten der EuroErwachsenen gar 24,4 Prozent. Die Arbeitslosenpäischen Zentralbank das Wasser abzugraben. Und darum quote liegt in Griechenland aktuell bei 26 Prozent. habe ich es mir erlaubt, ins Ministerium einzuziehen. Ich bin Die Kaufkraft ist landesweit um 30 Prozent gegennur in dieses Spiel eingestiegen, weil wir uns einig waren, dass über den Jahren vor der Krise gesunken. Weitere wir drei Dinge erreichen wollten: Wir wollten durch eine nachdiktierte Sparbemühungen werden die Situation haltige Struktur die Schulden beherrschbar machen. Damit armer griechischer Familien nach einer aktuellen würden wir ein Ende der Sparauflagen erreichen, um der grieEinschätzung der Organisation SOS-Kinderdörfer chischen Wirtschaft Raum zum Atmen zu verschaffen. Dann weiter verschlimmern. Ein Grund sei, dass vor allem würden wir Reformen einleiten. Wir hatten eine Vereinbarung die Rentenkürzungen nicht allein die Rentner betrefdarüber, uns für ein besseres Abkommen einzusetzen, das fen. Häufig leben ganze Großfamilien von der Penschlussendlich allen nutzen würde. Doch als es mir verboten sion der Großeltern, wenn die arbeitende Generawurde, diese Instrumente auch einzusetzen, haben wir kapitution arbeitslos wird. Denn Arbeitslosengeld wird liert. Jetzt haben wir eine völlig machtlose Regierung. Der Bürnur für ein Jahr bezahlt, danach gibt es nichts mehr. germeister eines nordirischen Dörfchens hat mehr Befugnisse Hartz-IV-ähnliche Transferleistungen gibt es in Grieals die griechische Regierung. Es wird per Email regiert: Die chenland nicht. Suppenküchen boomen. MAC Email kommt und es wird getan, was darin steht.

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merksamkeit von den konkreten Vorschlägen abzulenken, von den praktischen Ansätzen zur Lösung der Probleme.

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Umfang zu spüren. Aber das kommt noch. Und wenn es soweit ist, wird es sehr schwierig.

Also werden die Deutschen auch betroffen sein? Das sind sie schon jetzt. Die Stimmanteile der AfD steigen, und negative Zinssätze schmälern das Sparvermögen der sprichwörtlichen schwäbischen Hausfrau. Man kann die Unzufriedenheit bereits spüren, wenn auch noch nicht so stark wie in Griechenland. Aber Länder mit einem finanziellen Polster sind immer verspätet betroffen.

Können Sie die Wut vieler Menschen auf die EU verstehen? Europäer wenden sich gegen die EU, weil sie scheinheilig ist. Wenn es den Machteliten gelegen ist, Einf luss zu nehmen, dann tun sie das in einer Weise, die einer Invasion nahekommt. Letztes Jahr brachte die EU unser Bankensystem zum Erliegen, um die Regierung zu Kürzungen zu zwingen. 1967 hatten wir einen Staatsstreich mit dem Einsatz von Panzern, letztes Jahr dann einen mit dem Einsatz von Banken. Es gibt

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keine größere Einmischung in das Leben eines Landes, als seine Banken zu schließen. Wenn es aber zu wirklich menschenverachtenden Übergriffen nationaler Regierungen kommt, die klar gegen EU-Recht verstoßen, wie wir es zurzeit in Ungarn, Polen oder Rumänien beobachten, ist trauriger Weise ein Einschreiten für die EU nicht so wichtig. Jedes Bündnis, das über solche Diskrepanzen hinwegsieht, wird sich schließlich dem Widerstand seiner Bürger gegenübersehen. Und ich sage das als jemand, der sich den Zerfall der EU nicht wünscht; ich sehe aber auch, dass es immer schwieriger wird, die Menschen davon zu überzeugen, dass wir ihren Untergang nicht hinnehmen sollten.

Wie erklären Sie den europaweiten Aufstieg rechtsextremer, populistischer Parteien? Es gibt eine direkte Kausalität zwischen einer Schulden- und Deflationskrise und dem Aufschwung von Nazis. Jedes Mal, wenn es eine Krise mit steigenden öffentlichen und privaten Schulden bei einem gleichzeitigen Verfall von Einkommen und Preisen gibt, schlüpft die Schlange aus dem Ei. In solchen Zeiten kann das Establishment die Notwendigkeit von radikaler Veränderung nur ableugnen, indem es immer autoritärer wird. Die Kombination aus Hoffnungslosigkeit, steigenden Schulden und zunehmendem Autoritarismus seitens des Staates führt zu einer Spaltung der Bevölkerung: Einige glauben der simplen Geschichte, in der die Ausländer die Sündenböcke sind; die anderen werden radikalisiert und folgen Leuten wie in den USA Sanders und in England Corbyn.

Fühlen Sie sich trotz Ihrer Ablehnung der Brüsseler Strukturen als Europäer?

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Wenn es nicht so wäre, würde ich mich nicht gegen den Brexit und den Grexit einsetzen. Ich bin »europäistisch«. Schauen Sie: Was hätte ein echter, engagierter Europäist in den 1920ern und 30ern getan? Ich glaube, damals hätte er sich den europäischen Mächten entgegenstellen sollen; denn Europäisten sind Humanisten, die nicht wollen, dass Europa auseinandergerissen wird. Und auch heute müssen wahre Europäisten gegen Brüssel, Frankfurt und die Machthaber kämpfen. Aber in einer Weise, die das Auseinanderfallen unseres Bündnisses nicht beschleunigt. An die EU-Bürger richte ich nur ein Wort: Seid regierungsungehorsam! Interview: Laura Kelly/www.INSP.ngo


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Foto: Friso Gentsch/dpa

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HISTORISCHE SCHÄTZE Das Land Niedersachsen setzt – bundesweit einmalig – auf die Leidenschaft von Hobby-Archäologen. Jedoch nicht ohne Kursus. Die Schatztruhe der Piraten, der Schatz der Nibelungen und Artenvielfalt« soll die Schwarmintelligenz der ambitionierten der im Silbersee, El Dorado oder das Bernsteinzimmer faszi- Hobbyforscher genutzt werden. Schatzsucher, die nicht mit nieren Kinder wie Erwachsene. Mit einem Metalldetektor sollte dem Gesetz in Konflikt kommen wollen, können sich in Niederes leicht sein, Gold und Silber in der Erde aufzuspüren. Aber sachsen ausbilden lassen. Ziel: Aus potentiellen Raubgräbern Raubgräberei ist illegal und zerstört unwiederbringlich den sollen wissenschaftliche Mitarbeiter werden. »Sie können uns als Bürgerwissenschaftler helfen, weitere Schatz an archäologischem Wissen über unsere Vergangenheit. »Statt abenteuerlustige Hobby-Archäologen zu Verbrechern zu Mosaiksteinchen zu finden, damit wir gemeinsam das Puzzle stempeln, wollen wir sie – anders als in anderen Bundeslän- der Vergangenheit vervollständigen können«, stellt Haßmann dern – einbinden«, erklärt Niedersachsens Landesarchäologe diesmal 30 abenteuerlustigen Schatzsuchern in Aussicht. Die Henning Haßmann. Die Naturschützer haben es vorgemacht; Sondengänger, wie sie korrekt heißen, sind aus dem ganzen ähnlich wie bei der »Stunde der Gartenvögel« und dem »Tag der Land ins Niedersächsische Landesamt für Denkmalpf lege


Foto: S. Szameitat

Florian Mikulle (von rechts) und Harmen-Irmfried Heineke beobachten Dirk Götting beim Graben nach einem Fundstück, das die Metallsonde angezeigt hat.

Sabotage und Zerstörung

Auch in Deutschland haben Raubgräber wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse aus Unkenntnis, Abenteuerlust oder Gier sabotiert. »Im Neuen Museum in Berlin wird der berühmte ›Berliner Goldhut‹ gezeigt. Das Museum hat ihn für viel Geld erworben, doch niemand weiß etwas über den Fundort, die Lage und andere Zusammenhänge«, erklärt Haßmann. »Wäre er von Archäologen sauber ausgegraben worden, hätte man sicherlich manche Frage zu seiner rätselhaften Funktion beantworten können.« In Niedersachsen wurden die »Sieben Steinhäuser« aus dem 3. Jahrtausend vor Christus Opfer von Neu- und Beutegier. Die meisten der im 19. Jahrhundert im Raum Uelzen kartierten Megalithgräber – volkstümlich »Hünengräber« genannt – und Grabhügel sind heute zerstört. Welchen Schaden ein krimineller Sondengänger in Süddeutschland anrichtete, können Wissenschaftler nur ahnen. Haßmann zeigt den Kursteilnehmern das Foto eines privaten Museums, das sich der Schatz­sucher mit Töpfen, Keramikscherben und Skelettteilen im Keller eingerichtet hatte. Immerhin können Raubgräber ihre Funde nicht mehr bei eBay anbieten. Das Internetauktionshaus hat sich dem Rat der Kommission »Illegale Archäologie« beim Verband der Landesarchäologen gefügt und verlangt für den Verkauf von antiken Stücken ein Pedigree, einen sauberen Herkunftsnachweis. Es geht auch anders: Bei der Erforschung eines Schlachtfelds am Harzhorn arbeiteten Sondengänger und Archäologen Hand in Hand. Mit Hilfe der unscheinbaren Münzen, Projektile, Sandalennägel und Ausrüstungsteile, die präzise dreidimensional eingemessen wurden, ließen sich die Kämpfe zwischen Römern und Germanen recht genau rekonstruieren – sogar die Positionen, die die Gegner damals im 3. Jahrhundert eingenommen hatten. Auf solche Highlights wagen die Teilnehmer des Son(NLD) in Hannover gekommen, um zwei Tage lang dengänger-Kurses, darunter vier Frauen, noch nicht zu lernen, wie sie verantwortungsvoll archäologi- zu hoffen. Aber gefunden haben sie schon einiges sche Detektivarbeit leisten können. Der Landesar- mit dem Metalldetektor: »Ich bin bei meiner Suche chäologe präsentiert ihnen gleich, wie es nicht an einem Badesee auf ein paar Euro- und Centmüngemacht werden sollte: Ein Dia aus dem Irak zeigt zen und daneben Kronkorken, Dosenverschlüsse, ein Stück durchlöcherte Wüste. »Die Menschen, ein kleines Spielzeugauto und ein Bleigewicht vom die dort nach Antiquitäten graben, sind bitterarm Angeln gestoßen«, berichtet Sascha Becker aus Ritund kaum zu verurteilen. Aber wer die Fundstü- terhude bei Bremen. Vorher hatte sich der 35-jähcke kauft, unterstützt damit den IS«, erläutert der rige gelernte Elektriker, wie es Vorschrift ist, bei der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Archäologe.


Gefahren erkennen lernen Ein wichtiges Thema bei dem NLD-Lehrgang ist Sicherheit, auch für die Sondengänger selbst. Mitunter lauern im Boden nämlich heimtückische Fundstücke, die das Suchgerät zum Piepsen bringen. Handgranaten und Munition aus dem 1. und 2. Weltkrieg müssen die Hobby-Archäologen identifizieren lernen, um rechtzeitig von der Fundstelle Abstand nehmen zu können. Diese wesentliche und ernüchternde Lektion der Schulung erteilt deshalb der Kampfmittelbeseitigungsdienst. Abgesehen von der Gefahr durch Sprengstoffe könnte deren Besitz auch gegen das Waffengesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen. Seit 2012 haben rund 300 Hobby-Archäologen den Lehrgang absolviert. Die Sondengänger lernen dabei wichtige Passagen aus dem Denkmalschutzgesetz kennen und erfahren, wie leicht sie sich einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat schuldig machen können. Das Thema Fundunterschlagung kommt ebenso zur Sprache wie die Paragrafen zu Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und Störung der Totenruhe. Wer auf einem Acker, in einer Baugrube oder mit dem Metallsuchgerät etwas archäologisch Interessantes findet, muss den Fund bei der Unteren Denkmalschutzbehörde melden und aufhören, zu graben. Besondere Funde von herausragendem wissenschaftlichen Wert gehören dem Staat, eventuell

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Osterholz-Scharmbeck schlau gemacht. »Wenn ich auf Acker- erhält der Finder jedoch eine Entschädigung. Über land suchen will, brauche ich dazu die Genehmigung des das Eigentumsrecht haben sich unsere Vorfahren Eigentümers und vom Denkmalschutz«, erklärt er. Die Erlaub- schon früh Gedanken gemacht: Im Sachsenspienis, in einem bestimmten Gebiet mit der Metallsonde unter- gel, einer mittelalterlichen Bilderhandschrift über wegs zu sein, ist an den Besuch des Lehrgangs in Hannover zeitgenössische Rechtsbräuche, ist festgelegt, dass ein Schatz im Boden, der tiefer liegt, als der Pflug gebunden. Auch Thorsten Sinnhuber, der bei Wolfsburg wohnt, will gelangt, dem König gehört. »Die Allgemeinheit wäre die Suche nach metallenen Zeugnissen der Vergangenheit legal empört, wenn sich jemand damit brüsten würde, betreiben. »Ich habe über einen alten Handelsweg zwischen Eier aus einem Seeadlernest genommen zu haben«, Lüneburg und Königslutter gelesen, der durch mein Dorf führt«, meint der Archäologe. »Sondengänger, die wertvolle berichtet der 42-jährige Fachinformatiker. »Bislang habe ich da Artefakte gefunden haben, genießen in der Öffentschon Musketenkugeln, Reichspfennige und andere Münzen lichkeit Respekt.« Dabei vergriffen sich skrupellose sowie Hufeisen gefunden.« Jetzt hofft er, vielleicht auch ein- Raubgräber und egoistische Sammler am kollekmal steinzeitliche Faustkeile zu finden. Die Metallsuchgeräte tiven Kulturerbe. »Die Geschichtsressourcen im orten zwar piepsend jeden Kronkorken, doch viele metallene Boden sind endlich, wachsen nicht nach und könFundstücke aus grauer Vorzeit sind vergangen. In dem Kurs nen nicht durch Ausgleichsmaßnahmen ersetzt und bei der Beschäftigung mit archäologischen Themen ent- werden«, erklärt Haßmann. Am sichersten seien sie wickeln die Bürger-Archäologen auch für nichtmetallische für kommende Generationen im Boden aufgehoben. Hinterlassenschaften der Vorfahren ein Gespür, denn einer Sabine Szameitat der bedeutendsten Schätze der Archäologie weltweit enthält weder Gold noch Silber – die Schöninger Speere. Sie stammen aus der Gegend von Helmstedt und sind die ältesten jemals gefundenen Holzspeere. Mit ihnen haben Steinzeitjäger vor 270.000 Jahren Wildpferde gejagt.

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»BAUT SOZIAL!« Seit mehr als zehn Jahren steigt die Nachfrage nach preiswerten Wohnungen in den Städten, der Wohnungsbau stagniert jedoch. Asphalt sprach mit dem Experten für Wohnungspolitik Professor Eckart Güldenberg über steigende Mieten und die Förderpolitik in Bund und Land. Herr Professor Güldenberg, in den großen Städten explo- Gilt das denn auch für Niedersachsen? dieren die Mieten, bezahlbare Wohnungen werden zur Gerade auch für Niedersachsen! Seit 2001, seit also die Länder Mangelware. Wie ist es zu dieser Entwicklung gekommen? die Zuständigkeit für den sozialen Wohnungsbau übernomEinerseits gibt es aktuell eine starke Binnenwanderung von men haben, hat Niedersachsen nicht einen Cent an eigenen vorwiegend jüngeren Menschen in die Groß- und Universitäts- Haushaltsmitteln beigesteuert. städte. Andererseits schrumpft seit 1989 der Anteil der Sozialwohnungen in Deutschland, weil der Verlust durch auslau- Immerhin rühmt sich die Landesregierung, ein 400-Milfende Bindungen gegenwärtig nicht mit Neubauten kompen- lionen Euro Programm gegen die Wohnungsnot aufgelegt siert wird. Stattdessen haben wir in den letzten Jahren eine zu haben. enorme Verschleuderung öffentlichen Eigentums im Zuge der Sicher, das Land hat einen Fonds eingerichtet, über den die Privatisierungen erlebt. Börsennotierte Unternehmen nutzen derzeit noch laufenden Bundesmittel von der N-Bank durch die Mietspielräume ihrer Neuerwerbungen für höhere Rendi- Aufnahme von Krediten über die Europäische Investitionsten und entziehen die Wohnungen dem sozialen Wohnungs- bank EIB aufgestockt und verteilt werden. Eigene Haushaltsmarkt. mittel sind darin aber gar nicht enthalten, sogar die Kreditkosten gehen zulasten des Fondsvermögens. Ein eigentlich ungeheuerlicher Vorgang. Warum hat die Politik das zugelassen? Die Engpässe bei den preiswerten Wohnungen sind der Illusion geschuldet, der Wohnungsmarkt könnte sich weitgehend von Wie erklären sie sich denn diese Verweigerungshaltung selbst regeln. Aber das Dach über dem Kopf ist keine Ware, auf der Politik? die man auch verzichten könnte. Wohnungen sind nicht frei In Niedersachsen ist die Wohnungsnot kein großes Thema, da handelbar, sondern an bestimmte Orte gebunden. Zudem steht den wenigen großen Städten noch viele ländliche Gegenden die Langfristigkeit und die Höhe des Investments einem freien gegenüberstehen. Zu allem Überfluss hat Niedersachsen jetzt Handel im Wege. Aus Sicht der Investoren korrespondiert ihre auch noch die Förderung von Studentenwohnungen eingeRenditeerwartung daher nicht mit der Zahlungsfähigkeit vieler stellt, die bislang mit 3,5 Millionen €budgetiert war. Anstatt also Bewohner. Deshalb war die Aufgabe der Wohnungsgemeinnüt- räumliche und sachliche Schwerpunkte in der Wohnungspolizigkeit ein schwerer Fehler. tik zu setzen und den Mietwohnungsbau prioritär zu fördern, werden die Gelder auch für den ländlichen Bereich und den Die Bundesregierung hat die Fördermittel jetzt aufge- Eigenheimbau in den Vororten vergeben, obwohl dort keinerlei Engpässe existieren. Auf diese Weise wird auch noch die Substockt … Obwohl der Bund nach der Föderalismusreform I gar nicht urbanisierung gefördert. mehr zuständig ist, hat er seine auslaufenden Mittel für den sozialen Wohnungsbau inzwischen verdoppelt. Das politische Wo sollte man denn ihrer Ansicht nach zuerst ansetzen? Ziel müsste sein, die Bundesrahmenkompetenz im sozialen Erforderlich wäre auf Bundesebene zunächst die WiederherWohnungsbau wiederherzustellen, so wie sie bis 2001 bestan- stellung der Bundesrahmenkompetenz wie vor 2001. Dafür den hat. Der Bund ist nun vorgeprescht, weil er erkannt hat, wäre nur ein Federstrich nötig. Sofort möglich wäre es, Mittel dass die Länder ihrer Verpflichtung nicht nachkommen. für den sozialen Wohnungsbau so einzusetzen, dass sie zu dauerhaften Bindungen führen, indem entsprechende steuerliche


Und auf Länderebene? Niedersachsen sollte vor allem eigene Mittel aus dem Haushalt für die Wohnungsbauförderung bereitstellen und Schwerpunkte setzen, die sich auch an den Bedarfen orientieren. Neu zu bauende Flüchtlingsunterkünfte sollten nach einer gewissen Nutzungsdauer von vielleicht 3 Jahren so aus- bzw. umgebaut werden können, dass sie anschließend als Sozialwohnungen zur Verfügung stehen.

für einen Wohnfonds, der auch Mittel für Bodenbevorratung und Wohnraumförderung enthielte. Mit diesem Instrument könnten die Städte in entscheidendem Maße Handlungsfähigkeit gewinnen.

Wie optimistisch sind sie, dass sich eine Wende am Wohnungsmarkt einleiten lässt?

Insgesamt brauchen wir einen Paradigmenwechsel in der Wohnungsbauförderung. Man sollte die gegenseitige Situation mit der sogenannten Flüchtlingskrise, in der die öffentliche Hand Bereitschaft zeigt, sich zu engagieren, als Chance nutzen, um Sie sagen, die Zuständigkeit für den sozialen Wohnungs- einen gemeinwohlorientierten Marktanteil an bau liege eigentlich beim Land. Was können die Kommu- Wohnraum zu fördern. Grüne und SPD sollen sich in dieser Hinsicht bereits in konstruktiven Gespränen da überhaupt ausrichten? Einiges. Städte wie Hannover und Wolfsburg haben den poli- chen befinden. tischen Willen, sich für den Wohnungsbau zu engagieren. Die Text und Foto: Ulrich Matthias Städte füllen also die Lücken auf, die das Land durch sein fehlendes Engagement gerissen hat. Vom Ergebnis her ist dies jedoch bei weitem nicht effizient genug.

Das müssen sie näher erläutern. Viele Städte lassen sich auf Förderkonditionen ein, die für die Wohnungsunternehmen profitabler sind, als die Landesförderung. Das hat auch mit einer mangelhaften Verhandlungskultur zu tun. Man muss eben wissen, wie das Geschäft läuft und wie die Portfolios der einzelnen Unternehmen beschaffen sind. Wenn diese intimen Kenntnisse nicht vorhanden sind, bleiben die kommunalen Vertreter gegenüber der Wohnungswirtschaft relativ hilflos. Im Ergebnis lassen sich die Städte ins Boxhorn jagen und segnen unnötig hohe Baukosten ab.

Wie ließe sich eine effektive Förderung auf kommunaler Ebene denn etablieren? Sie sagen ja selbst, es fehlt an Fachleuten … Nun, Fachleute kann man ausbilden. Zum anderen sollten sich die niedersächsischen Städte ein Beispiel an anderen deutschen Großstädten nehmen und eine soziale Bodenordnung verabschieden, damit in die Bauleitplanung bereits die Schaffung eines 20 – 30-prozentigen Anteils sozialen Wohnungsbaus eingehen kann. Diese mühseligen Einzelverhandlungen wären dadurch überflüssig.

Und das reicht aus, um mehr preiswerte Wohnungen zu schaffen?

Prof. Eckart Güldenberg ist Dozent der Leibniz-Universität Hannover und ehemaliger Abteilungsleiter für Wohnungs-

Das wäre ein Fundament. Zweitens sollten die Städte ganz klar wesen und Städtebauförderung im Innenministerium ihre Priorität in den Geschosswohnungsbau setzen und auf von Schleswig-Holstein. Am 24. Oktober diskutiert er auf die Förderung offener Einfamilienhäuser verzichten. Drittens Einladung von Asphalt in einer Expertenrunde zu dem sollte die Stadtverwaltung Ihre Kompetenzen in der Bauland- Thema »Armut, Gerechtigkeit und Wohnungsnot« im leitung besser im Baudezernat bündeln. Viertens plädiere ich Pavillon Hannover.

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Vergünstigungen bzw. Abschreibungsmöglichkeiten eingeräumt werden.

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FRIEDE DEN HÜTTEN Asphalt lädt ein zum Schreibwettbewerb und zur Kunstausstellung Es ist schon eine ganze Weile her, es war 1834, als Georg Büchner seine Protestschrift »Der hessische Landbote« verfasste, um soziale Missstände anzuprangern. Damals auf Seite 1: Büchners Aufruf »Friede den Hütten! Krieg den Palästen!«. Auch heute, fast 200 Jahre später, ein oft verwendetes Zitat, wenn gegen soziale Ungerechtigkeiten protestiert wird.

Der Schreibwettbewerb Was ist gerecht? Das wollen wir wissen. Von Schülerinnen und Schülern weiterführender Schulen. Ob als EinzelautorInnen oder als Schulklasse. Gerne Kurzgeschichten oder ein Gedicht, ein Liedtext auch oder ein Interview zum Thema. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, dem Textumfang schon: Wir wün-

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a m n e s t y a f t e r wo r k Schreiben Sie für die Menschenrechte – gegen Verfolgung, Gewalt und Folter

schen uns maximal 5.000 Zeichen. Die besten fünf Einsendungen werden von uns gleich zweimal präsentiert. Im hannoverschen Pavillon – anlässlich unserer Kunstausstellung von Bildern zu Büchner im Oktober (siehe unten). Und auf Sonderseiten in unserer Dezember-Ausgabe. Rund 40.000 Mal. Mitmachen können alle zwischen 10 und 19 Jahren. Auf die Texte freut sich Asphalt-Redakteurin Jeanette Kießling unter kiessling@asphalt-magazin. de. Weitere Infos zum Wettbewerb gibt es auf unserer Internetseite www.asphalt-magazin.de.

Die Ausstellung

Gemeinsam für die Menschenrechte Sie können helfen: Wir laden Sie herzlich ein, uns montags zu besuchen. Lassen Sie Ihren Tag mit einer guten Tat bei Kaffee, Tee und Gebäck ausklingen, indem Sie sich mit Faxen, Petitionen oder Briefen gegen Menschenrechtsverletzungen in aller Welt einsetzen. Öffnungszeiten: Montag 18 bis 19 Uhr after work cafe Dienstag 11 bis 12 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 19.30 Uhr amnesty Bezirksbüro Hannover Fraunhoferstraße 15 · 30163 Hannover Telefon: 0511 66 72 63 · Fax: 0511 39 29 09 · www.ai-hannover.de Spenden an: IBAN: DE23370205000008090100 · BIC: BFSWDE33XXX Verwendungszweck: 1475

Norbert Koczorski, praxiserfahrener Überlebenskünstler, hatte anlässlich des 200. Geburtstags von Georg Büchner im Jahr 2013 weltweit Künstler zur Gestaltung von Postkarten aufgerufen. 139 Künstler aus 25 Ländern griffen das Büchner-Zitat »Friede den Hütten! Krieg den Palästen!« in 200 künstlerischen Beiträgen auf. Wir zeigen die Werke im Oktober im Pavillon Hannover in Zusammenarbeit mit dem Werkheim Hannover. Zusätzlich sind Workshops geplant, in denen der Künstler Schülern und Konfirmandengruppen die Möglichkeit zur eigenen Auseinandersetzung mit Armut und Gerechtigkeit bietet. Interessierte melden sich bei Asphalt-Mitarbeiterin Janne Birnstiel unter 0511– 30 12 69-0. 17. bis 29. Oktober 2016, Kulturzentrum Pavillon/ Foyer täglich von 9 bis 18 Uhr. Das Grußwort zur Vernissage am 17. Oktober ab 17 Uhr hält Ministerpräsident Stephan Weil.


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Foto: Ole Spata/dpa

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KEIN SOZIALER WOHNUNGSBAU Das Dach über dem Kopf ist ein elementares Grundbedürfnis. Kein Wunder, dass sich die Parteien in Wahlkampfzeiten gern ihrer Erfolge in der Wohnungspolitik rühmen. Das ist auch in Hannover zu beobachten. Nur sieht die Realität mitunter ganz anders aus, als manche Wahlplakate es vermuten lassen. Viel Beifall für Hannovers Wohnungspolitik: die Stadt reagierte auf die wachsende Wohnungsnot und ermöglichte den Bau von 15.730 Wohnungen binnen vier Jahren. Ein Befreiungsschlag zur Lösung eines drängenden sozialen Problems – jedenfalls war das in den Jahren 1927 – 1931 so, als dieses Programm tatsächlich umgesetzt wurde. Das bedeutete seinerzeit neuen Wohnraum für nahezu jeden sechsten Hannoveraner, wie Stadtarchivar Klaus Mlynek anerkennend notiert. Heute kann die Stadt in der Wohnungspolitik nicht mehr punkten. Im Gegenteil: In keinem anderen deutschen Ballungsraum mit vergleichbar stark steigender Wohnungsnachfrage wird

weniger gebaut als in Hannover. Das bleibt nicht ohne Folgen. Sofern kein ähnlich ambitioniertes Programm wie am Ende der Weimarer Republik aufgelegt wird, werden nach Berechnungen des Prognos-Institutes bis 2030 rund 54.000 Wohnungen in der Region fehlen. Seit dem Ausstieg aus dem sozialen Wohnungsbau wird in ganz Deutschland das Defizit an Wohnungen immer größer. Der Markt reagiert, wie Märkte auf einen Nachfrageüberhang eben reagieren: mit steigenden Preisen. Inzwischen haben sich die Mieten längst von der allgemeinen Preisentwicklung abgekoppelt, wie der Deutsche Mieterbund berichtet und zie-


hen mit durchschnittlich 1,8 % sechsmal so stark an wie die Inflationsrate (0,3 %). In Hannover ist die Durchschnittsmiete zwischen 2013 und 2015 sogar um 2,5 % nach oben geschnellt. Im bundes­ weiten Vergleich bewegt sie sich mit nunmehr 6,17 Euro/m² zwar noch auf einem moderaten Niveau, doch rasant steigende Immobilienpreise setzen auch hier die Mieten unter Druck. Inzwischen erreichen Kaltmieten in Hannover laut städtischem Immobilienbericht im Neubau schon Spitzenwerte von 14,50 Euro/m² (plus 7,4 % gegenüber 2013) und im Bestand bis zu 10,50 Euro/m² (+5 %).

Auf Wohnungssuche in Hannover Immer weniger Wohnungssuchende können da noch mithalten. Torsten Schröder gehört zu jenen, die es besonders schwer haben auf dem Wohnungsmarkt. Der Asphaltverkäufer muss sich nach den Vorgaben des Jobcenters richten: bis zu 50 m² für höchstens 372 Euro inkl. Nebenkosten (ohne Heizung). Das ist der Bereich des Wohnungsmarktes, in dem die Konkurrenz ohnehin am höchsten ist. Und der Markt ist im Sommer 2016 weitgehend leergefegt. Der Spar- und Bauverein etwa hat derzeit (Mitte August) keine einzige 1- oder 2-ZimmerWohnung in Hannover verfügbar. Gerade zwei freie 1-Zimmer-Wohnungen vermeldet die Tageszeitung an einem Sonnabend, immerhin 25 ein stark frequentiertes Internetportal. Darunter finden sich jedoch auch WG-Zimmer für Studenten oder befristete Vermietungswünsche. In dringenden Fällen – und Torsten ist ein solcher Fall – hilft die Wohnungsvermittlung der Stadt in der Sallstraße. Wartezeit derzeit: ca. 6 Monate. So viel Zeit hat Torsten Schröder nicht mehr. »Die letzten drei Jahre konnte ich bei einer Freundin wohnen, aber die muss ihre Wohnung nun wegen einer Eigenbedarfskündigung aufgeben«. In ihrem neuen Domizil ist kein Platz für ihn, seither ist das Sondieren der Wohnungsanzeigen eine seiner Hauptbeschäftigungen. Bislang jedoch ohne Erfolg, noch im August muss er seine gegenwärtige Unterkunft räumen. Was dann werden soll, weiß er nicht. Nur ins Wohnheim will er nicht: »Mit einer solchen Adresse hat man es bei der Wohnungssuche noch schwerer«, sagt er und fürchtet, dort auf lange Zeit festzusitzen. Diese Befürchtung hegt er nicht zu Unrecht. »Wir bekommen die Leute kaum noch raus«, bestätigt Harald Bremer vom Karl Lemmermann Haus,

einem Wohnheim für Wohnungslose, das eigentlich nur als vorübergehende Unterkunft gedacht ist. Manche Bewohner fänden erst nach einem oder eineinhalb Jahren eine Wohnung, wenn überhaupt.

Der Markt versagt … Es sei eine Illusion zu glauben, Märkte könnten ohne staatliche Eingriffe »zu ökonomisch effizienten Ergebnissen« führen, mahnte der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph E. Stiglitz schon frühzeitig, als der Rückzug des Staates politisch immer mehr in Mode kam. Vor allem führten Märkte von selbst nicht zu sozial verträglichen Lösungen, ergänzt Matthias Günther vom Eduard Pestel Institut in Hannover. Mit ihrem Verzicht auf die notwendige Regulierung des Wohnungsmarktes stehle sich die Politik nur aus der Verantwortung, sie drücke sich »vor der Entscheidung, wie viel Wohnung Geringverdiener haben sollen, und lässt dies den Markt durch die Hintertür regeln«. Eine fatale Vorgehensweise, die viele Menschen in Not bringe, wie Professor Eckart Güldenberg betont. Der Wohnungsmarkt gehöre zu den sensibelsten Märkten, denn »auf das Dach über dem Kopf kann schließlich keiner verzichten«. Mindestens 770.000 Wohnungen fehlen nach Berechnungen des Pestel-Institutes in Deutschland und zwar vor allem in Großstädten, Ballungszentren und Universitätsstädten. Um dieses Defizit möglichst bald auszugleichen, müssten jedes Jahr 140.000 Wohnungen zusätzlich gebaut werden. »Davon sollten 80.000 Sozialwohnungen und 60.000 Einheiten im bezahlbaren Wohnungsbau entstehen«, präzisiert Institutsleiter Günther. Doch die Politik setze einseitig aufs Sparen, obwohl der Staat heute mit einer Kreditaufnahme sogar Geld verdienen könnte. Dabei flössen rund 50 Prozent der Fördermittel durch Steuereinnahmen wieder zurück«. Insgesamt nehme der Staat jedes Jahr rund 65 Mrd. Euro im Bereich Wohnen ein, da lasse sich mit einer Mrd. Fördergeld nicht viel bewegen. Inzwischen gehe die Bautätigkeit sogar wieder leicht zurück, sagt Günther.

… und die Politik kürzt die Förderung In der Wohnungsbauförderung gehe die Politik nur den Weg des geringsten Widerstandes, resümiert Güldenberg. Ein bedenkliches Beispiel sei die Weigerung des Landes, eigene Haushaltsmittel in die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zu investieren, obwohl dieser heute Ländersache sei (siehe Interview Seite 16 – 17). Dagegen werde der ländliche Raum überaus großzügig bedacht. Durch Verrechnung der städtischen Defizite mit dem ländlichen Plus erhalte das Land einen Mittelwert, der den Eindruck einer Bedarfs­deckung erwecke. Eine vergleichbare Rechnung diente der Landes­regierung jetzt als Begründung, auch noch die letzten Zuschüsse für den stu-


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Fotos: U. Matthias

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Das Thema Wohnen spielt auch im Wahlkampf eine herausragende Rolle.

dentischen Wohnheimbau zu streichen. Mit einer Nach einer zehnjährigen Beobachtungsphase hat sich die Stadt Unterbringungsquote von 6,3 Prozent gehört Han- nun zum Handeln entschlossen. In der »Hannoverschen Wohnover auch bundesweit zu den Schlusslichtern. Die nungsbauoffensive 2016« haben die Landeshauptstadt und die nicht versorgten Studenten vergrößern nun zusätz- Arbeitsgemeinschaft der Wohnungsunternehmen in der Stadt lich die Schar derer, die in Hannover nach preiswer- Hannover (ArGeWo) vereinbart, von 2016 – 2020 durchschnittlich 1.000 Wohnungen pro Jahr zu schaffen. Davon sollen ten Wohnungen suchen. jedoch nur rund 250 Wohnungen jährlich öffentlich gefördert werden. Diese teilen sich noch einmal in (Sozial-) Wohnungen Hannover: mehr Wohnungen mit städtischen Belegrechten, in Wohnungen für Geringverdiefür Gutverdiener ner und für Bezieher von mittleren Einkommen auf, wobei die Überraschend kommen die Engpässe auf dem Einkommensgrenzen teilweise bis zu 60 % überschritten werWohnungsmarkt nicht, auch wenn die Kommu- den dürfen. Der Großteil der Wohnungsförderung geht so in nen gern auf die unerwartet starke Zuwanderung den hochpreisigen Neubau. Sozialwohnungen sind nur für eine bestimmte Frist preisverweisen. »Die schwierige Wohnungsmarktsituation ist durch die Flüchtlinge nicht ausgelöst, son- lich gebunden. Jedes Jahr fallen Wohnungen aus dieser Bindern nur verschärft worden«, betont Günther. Seit dung heraus. Der Bestand schmilzt also, anstatt zu wachsen. dem Jahr 2005 erlebt Hannover einen Zuwachs Allein für die 82.000 Empfänger von Leistungen nach SGB II von 3.500  – 5.000 Einwohnern jährlich. Gleichzeitig und XII (Hartz IV und Sozialhilfe) bräuchte die Stadt Hannowurden jedoch nach Angaben der Stadt nur 3.200 ver rund 36.000 Sozialwohnungen, sagt Güldenberg, Geringneue Wohneinheiten gebaut. »Die Zahl der Haus- verdiener seien hier gar nicht eingerechnet. Im Bestand habe halte, die auf preisgünstigen Wohnraum angewie- die Stadt jedoch nur noch 18.000 Belegrechtswohnungen. sen sind (…) ist in Hannover in den letzten Jahren Davon gingen jedes Jahr noch knapp 400 wegen auslaufenstetig gewachsen und es ist damit zu rechnen, dass der Sozialbindung an den freien Markt verloren. Da decken die sich dieser Trend fortsetzt. Gleichzeitig ist die Zahl 100 – 200 Sozialwohnungen, deren Bau Hannover jährlich förder Wohnungen mit Belegrecht (…) in den letzten dern will, nicht einmal den gegenwärtigen Schwund. Für Irritationen sorgen nun Pläne der Stadt, 1.200 WohJahren kontinuierlich zurückgegangen« teilt die nungen aus der Freistellung zu nehmen und die Belegrechte Stadt mit.


»Jede Wohnung hilft«, auch Torsten Schröder.

für weitere rund 2.000 Wohnungen vor- die Vermittlerrolle übernimmt. Geschäftsführer übergehend nicht mehr auszuüben. Die Jürgen Schabram hofft, auf diesem Wege zusätzlich Verluste an Sozialwohnungen sollen 20 – 30 Menschen eine eigene Wohnung stellen zu mit Laufzeitverlängerungen und neuen können. »Es bleibt jedoch ein Tropfen auf dem heißen Belegrechten ausgeglichen werden. Wie dergestalt einer weiteren Verschärfung Stein«, sagt Bremer. Derzeit sei schlicht kein preisder Wohnungsnot noch Einhalt gebo- werter Wohnraum vorhanden. Für insgesamt ten werden kann, erschließt sich derzeit 180 Wohnungen hält die SWH derzeit die Belegnicht. Schließlich drängen in den kom- rechte und die Fluktuation ist gering. »Wir sind am menden Monaten außer den Studenten Limit«, sagt auch Schabram. Jahrelang sei in Hannoch rund 4.700 bisher in Heimen unter- nover nur für Gutverdiener gebaut worden. Die gebrachte Flüchtlinge neu auf den Woh- Wohnungspolitik leide an einem Systemfehler: »Der Markt hat sich nicht nach den Bedürfnissen der nungsmarkt. Gesellschaft gerichtet«.

»Jede Wohnung hilft«

Hinter all diesen Zahlen verbergen sich Schicksale, das sollte nicht aus dem Blick geraten, sagt Reiner MüllerBrandes, Leiter des Diakonischen Werkes in Hannover. In letzter Zeit wundere er sich über Wahlplakate, mit denen Parteien ihre Erfolge bei der Schaffung preiswerten Wohnraums feiern: »Das müssen viele doch als Hohn empfinden«. Die Situation auf dem hannoverschen Wohnungsmarkt stuft Müller-Brandes inzwischen als »dramatisch« ein, Gespräche mit Landespolitikern nährten jedoch die Hoffnung auf ein Umdenken in der Förderung. Das wäre zumindest ein Anfang. Aber bis die gegenwärtigen Versäumnisse aufgeholt werden können, werden Jahre vergehen. Zeit, die akut von Wohnungslosigkeit Bedrohte wie Torsten Schröder nicht haben. Rund 4.000 Wohnungslose gibt es bereits in Hannover, ungefähr 400 leben auf der Straße. Der Rest kommt notdürftig bei Freunden oder in Wohnheimen unter. Und die sind derzeit voll, wie Bremer bestätigt. Ein Rechtsanspruch auf Obdach lasse sich so kaum noch verwirklichen. Solange eine effektive Lösung der Wohnungsnot ausbleibt, hängt es vom Entgegenkommen privater Vermieter ab, ob einem Wohnungslosen eine neue Perspektive eröffnet werden kann. »Jede Wohnung hilft«, bekräftigt Müller-Brandes. In diesem Sinne haben sich jetzt Träger der Wohnungslosenhilfe in einem Bündnis mit Wohnungsbauunternehmen zusammengeschlossen. Die Idee klingt so simpel wie bestechend: die Unternehmen stellen Wohnraum für bislang Wohnungslose zur Verfügung und Sozialarbeiter unterstützen die neuen Mieter bei der Eingewöhnung. Erfahrung in dieser Praxis besitzt seit 25 Jahren die Soziale Wohnraumhilfe (SWH), die auch

Die Zeche zahlen die Schwächsten Die Kommunen sind gesetzlich verpf lichtet, den Wohnungslosen ein Obdach zu geben. Hinter dem Bahnhof wird jetzt eine weitere Unterkunft eingerichtet. Derweil zeichnet sich durch Vermittlung der Stadt auch eine Lösung für das DÜK ab, einen der beiden Tagestreffs für Obdachlose, die an ihren alten Standorten unlängst Kündigungen erhalten haben. Ein neues Obdach für die Obdachlosenhilfe. Für diese Erfolgsmeldung zeigt sich Müller-Brandes schon dankbar. Die Obdachlosenhilfe ist das unterste Fangnetz für jene, die auf dem Markt keine Chance mehr haben. So weit will es Torsten Schröder nicht kommen lassen. Schließlich hatte er gerade noch das Gefühl, endlich wieder Fuß gefasst zu haben. Nach dieser schwierigen Zeit, als erst die langjährige Beziehung zerbrach und er zunächst den Halt im Leben, bald darauf die Arbeit und schließlich auch seine Wohnung verlor. Daran mag er nicht gern zurückdenken. Zuletzt lief es jedoch gut, in den drei Jahren, die er bei seiner Freundin wohnen konnte, endlich bekam er sein Leben besser in den Griff. Aber ohne Wohnung stünde er wieder vor dem Nichts. Torsten Schröder ist nur einer von rund 4.000 Wohnungslosen in Hannover, von denen jeder seine ganz besondere Biografie hat. Doch seine Geschichte steht exemplarisch für eine Wohnungspolitik, die ihren sozialen Kompass offenbar verloren hat. Ulrich Matthias


Auch für meine kleine Kolumne gilt: Redaktionsschluss! Das bedeutet, dass zu der Zeit, als ich mir Gedanken über die Olympischen Spiele machte – beherrschten doch Erfolg oder Misserfolg der Deutschen die Medien –, diese noch nicht beendet waren. Es klingt so schön: »Olympische Spiele«, aber sind es denn tatsächlich Spiele, die uns da präsentiert werden? Sind es nicht viel eher Kämpfe, Muskelspiele der wohl­ habenden Nationen? Wer besitzt die wunderschönen Pferde, wer die tollen Fahrräder? Wer kann es sich leis­ ten, mit einem Pulk von Masseuren, Ärzten, Therapeuten im Olympischen Dorf zu wohnen? Was zählt denn noch ein vierter oder fünfter Platz? Und wer in Brasilien profitierte nun von diesen Spielen? Die arme Bevölkerung konnte sich noch nicht einmal ein Ticket leisten. Diese Menschen werden auch nicht die Nachmieter in den vielen neuen Wohnungen. Genau so wenig werden sie von den neu gebauten Stadien und Straßen profitieren. Es ist mir völlig schleierhaft, warum sich jemand darüber wundert, dass die Bevölkerung so wenig Anteil an dieser Schauveranstaltung nahm! Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden…

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… HELENE WEBER?

Mutter des Grundgesetzes Lyzeum in Köln. Dort traf sie auf den späteren Bundeskanzler Konrad Adenauer, damals noch Beigeordneter der Stadt Köln, der hoffte, die resolute Frau als erste Direktorin des Mädchengymnasiums gewinnen zu können. Doch Helene Weber lehnte ab. Ihr politisches Engagement war ihr wichtiger. Später würde Adenauer über sie sagen: »Diese Frau hat mehr Politik im kleinen Finger als mancher Mann in der ganzen Hand.« Unermüdlich setzte sich die Katholikin für die politischen Rechte der Frauen ein, kämpfte für das Frauenwahlrecht, kandidierte für die verfassungsgebende Nationalversamm-

lung und gewann ihren Düsseldorfer Wahlkreis. Dreißig Jahre später schrieb und beschloss Helene Weber das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland mit. Neben Wilhelm Heile und Paul Löbe gehört sie damit zu den einzigen Volksvertretern, die an beiden Verfassungen mitgewirkt haben. Die überzeugte Vertreterin des politischen Katholizismus teilte aus gegen Rechts wie Links und fand schon 1930 deutliche Worte gegen die NSDAP: »Möge uns die vernünftige Einsicht der Wähler von der Landplage dieser politischen Scharlatane, Fememörder, Hetzer und Zerstörer befreien!« Ihre Zentrumspartei konnte zwar Anhänger dazugewinnen, die NSDAP wurde aber stärker. Im Juni 1933 wurde Helene Weber wegen »politischer Unzuverlässigkeit« aus dem Staatsdienst entlassen, bekam ein Politikverbot und floh nach Marburg. In den folgenden Jahren wandte sie sich wieder stärker der Sozialarbeit zu. Nach Kriegsende kehrte Helene Weber sofort in die Politik zurück. Gemeinsam mit Konrad Adenauer setzte sie sich für die Gründung einer konfessionsübergreifenden Partei ein und trat der CDU bei. 1947 wurde sie als Abgeordnete in den Zonenbeirat der britischen Zone berufen. Der nordrhein-westfälische Landtag entsandte sie als einzige Frau aus der CDU in den Parlamentarischen Rat. Trotz katholischer Prägung setzte sie sich dort mit den anderen Müttern des Grundgesetzes, Elisabeth Selbert, Frieda Nadig und Helene Wessel, für die Gleichstellung der Geschlechter ein. In der eigenen Partei war sie Mitbegründerin und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Frauen, der heutigen Frauen Union. Trotz guter Kontakte zum Parteivorsitzenden und Bundeskanzler schaffte sie es jedoch erst in der vierten Legislaturperiode ein weibliches Kabinettsmitglied durchzusetzen: 1961 wurde Elisabeth Schwarzhaupt Deutschlands erste Gesundheitsministerin. Niklas Kleinwächter Quelle: Archiv des Katholischen Deutschen Frauenbundes e.V. (KDFB), Köln

Helene Weber war nicht mehr die Jüngste, als sie 1949 in den ersten Deutschen Bundestag einzog. Ihren Platz in der Unionsfraktion hatte sich die kleine, stämmige Frau aus dem Ruhrgebiet verdient: Mehr als 40 Jahre engagierte sie sich damals schon in der Politik. Im Bundestag flitzte sie durch die Bänke, machte Stimmungen aus, sicherte Mehrheiten. Ihre Handtasche war voll mit handgeschriebenen Notizen. Und auch eine Tafel Schokolade soll immer dabei gewesen sein – für die Nerven. Dass Frauen Politik machen, lag noch in weiter Ferne, als Helene Weber 1881 geboren w urde. Sie arbeitete zuerst als Volksschullehrerin, dann als Sozialarbeiterin. Ein Beruf war das zu dieser Zeit noch nicht. Vielmehr ein Ehrenamt für Frauen. Als der Katholische Frauenbund Deutschland 1916 eine Soziale Frauenschule in Köln gründete, wurde Helene Weber deren Leiterin. Später gründete sie einen Ableger in Aachen. Als sich die Universitäten für Frauen öffneten, begann Helene Weber ihr Studium: In Bonn und Grenoble studierte sie Geschichte, Philosophie, Romanistik und Sozialpolitik. 1909 wurde sie Lehrerin am

»Frauen in der Politik. Die Christdemokratinnen. Auf dem Weg zur Partnerschaft« Hg. Renate Hellweg (Seewald Verlag); »Ernte eines Lebens: Helene Weber« Hg. Elisabeth Prégardier und Anne Mohr (Plöger Verlag), beide antiquarisch erhältlich

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WER WAR EIGENTLICH …

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Meine Worte

Texte aus der Asphalt-Schreibwerkstatt. Diesmal: Dadaismus.

Trapp, trapp, trapp,

die Treppe hinab.

Schlürf, übern Hof … die Tauben gurren doof.

Peng Peng

Gurr, gurr, gurr und schlürf und kratz auf dem Papier,

gurr gurr

die ersten Laute stehen jetzt hier. Brumm, brumm,

Sh……. flatter flatter

ein Auto vor dem Hof,

es kuhgucken die Kuckucks.

Wuff

Zisch, rums, brr –

brumm

ein Auto lässt jack, jack heraus,

krächz

nicht gerade

ein Ohrenschmaus.

Zwitscher Kutter knirsch pieppiep

Rausch, braus, di du di du,

ratter ratter

quak, quak, so klingt es aus dem ganzen Park.

Lalü, lalü,

Tatütata

gurr

klingt es auch hier,

Asphalt-Verkäuferin Angela Thiem

nebenan das Polizeirevier. Ein Kleinkind mäht die Aschenbahn, dann muss es nicht

durch Kacke fahrn.

Das Gras wachsen höre ich nicht, zu laut ist dieser Rasen-Wicht.

Plock, plock, nicht Tennis wird gehört, zu hören ist ein Skaterbörd.

Uhu, Uhu,

Blumen zur zur schuu Schuu

Der

Sommerausflug

ist vorbei,

Vögelein Kra, Kra, Kraa

sortiert wird jetzt der Laute-Brei.

Bäumlein Schi, Schi,

Asphalt-Verkäufer HaDe

Klick Klick Schick Hu, Hu,

Sommer ist Uhu, Schuu, Schi, Schi Asphalt-Verkäufer Hasso Diedrich


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Foto: time/photocase

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t t a a T tü a Von Ferne solche mit Bum Bum mein, dein, du du ich, ruckekuck zuckruck, kratsch patsch,

brumm brumm, sing sing rundherum, rappzapp töff di töff, tschilp,

weit weg Hi Hi ein Kind Wau Wau der kleine Hund

Brr schon vorbei Kir Kir im schwarzen Kleid Gu Gu wo ist meine Frau Aü Aü mach Platz Schip Schip ich singe schön Klick Klack

Berg auf und ab.

Asphalt-Verkäufer Wolfgang Seeger

kra kra,

tatütata, tatapeng, gr gr gurr, röhr, ring ring,

aus. Asphalt-Verkäufer René Müller

Seit September 2015 gibt es eine regelmäßige kreative Schreibwerkstatt für Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer. In spielerischen Schreibübungen entstehen hier authentische Texte, von denen immer wieder einige im Asphalt-Magazin veröffentlicht werden. Die Schreibwerkstatt wird unterstützt von der Stiftung Sparda-Bank Hannover.


»EIN BISSCHEN MEHR GLÜCK« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäuferin Heidi (52). Heidi, schön, dass du Zeit gefunden hast. Du ziehst ja gerade um, warum eigentlich?

Du machst den Eindruck, als erinnerst du dich gern an deine Pflegemutter.

Es gab schon lange Probleme wegen Motte – meinem Hund. Im Mietvertrag sind Hunde verboten. Deshalb habe ich seit fast zwei Jahren nach einer neuen Wohnung gesucht. Dann rief meine neue Vermieterin bei Asphalt an und fragte, ob jemand eine Wohnung braucht. Das soll ein Neuanfang werden – mit ein bisschen mehr Glück als bisher. Ich will mit den ganzen alten Sachen abschließen. Ich hatte auch viel Pech in der alten Wohnung – zwei Wasserschäden, zwei Einbrüche. 12 Jahre habe ich da gelebt. Auch die alte Wohnung habe ich über Asphalt bekommen – gleich zu Beginn meiner Zeit als Verkäuferin.

Ja, wir haben uns gut verstanden und stehen bis heute in Kontakt. Sie wird jetzt schon 85. Ich möchte sie nächstes Jahr unbedingt wieder besuchen, man weiß ja nie, wie lange es noch geht. Meine Mutter – so nenne ich sie bis heute – war sehr dafür, dass wir Kinder alle eine Ausbildung machen und so habe ich eine Lehre zur Verkäuferin im Lebensmittelbereich gemacht und auch abgeschlossen.

Was bedeutet Asphalt für dich? Asphalt gibt mir viel Stabilität: Ich fühle mich akzeptiert und bin froh, dass ich Asphalt und die Kundschaft habe – die Kunden geben mir Kraft und bauen mich auf. Und vor allem tue ich was für mein Geld.

Wie würdest du dein bisheriges Leben beschreiben? Bei mir ist viel schiefgelaufen. Ich habe schon immer viel getrunken, aber auf Drogen bin ich erst spät gekommen, zu der Zeit war ich schon 33. In dem Alter haben die meisten das Ding schon rum. Ich habe Heroin genommen. Durch die Sucht wurde ich auch kriminell. Klauen konnte ich nicht und auf den Strich gehen auch nicht. Deshalb habe ich dann gedealt – Beschaffungskriminalität nennt man das ja. Und so kam ich dann in den Knast. Als ich entlassen wurde, bin ich in Hannover einfach aus dem Zug ausgestiegen. Ich weiß nicht mal mehr, wo ich ursprünglich hinwollte.

Wie sieht es heute aus? Ich nehme keine Drogen mehr und auch mit Alkohol komme ich besser klar. Ich habe das mittlerweile gut im Griff. Motte hilft mir dabei sehr und ich werde ja auch nicht jünger – der Körper macht das alles nicht mehr so gut mit. Ich hänge an meinem Leben.

Was ist dann schiefgelaufen? Mein Freund hat mich mit einer Freundin betrogen. Das hat mich ganz schön mitgenommen. So bin ich auf der Straße gelandet. Doch auch vorher schon: Wir waren mehr in der Kneipe als sonst irgendwo. Ich brauchte dann Abstand. Zuerst bin ich nach Goslar, zwischendurch nach Hamburg und am Ende bin ich in Hannover gelandet.

Hast du Kinder? Nein. Mein Vater war Alkoholiker und ich wollte meinen Kindern nicht das Gleiche antun wie mein Vater uns Kindern. Das hat mich sehr abgeschreckt. Meine Mutter hat uns abgegeben, als ich gerade ein halbes Jahr alt war. Angeblich hat mein Vater sie dazu gezwungen. Das glaube ich aber nicht. Man kann doch nicht einfach seine Kinder weggeben.

Kennst du deine leiblichen Eltern überhaupt? Meinen Vater nicht, der ist tot. Meine Mutter habe ich mal in Berlin besucht. Das war so scheiße. Unmöglich. Sie hat mir einfach nur die Hand gegeben. Wenn ich mir vorstelle, dass ich mein Kind nach Jahren wiedersehe, dann reiße ich das doch an mich, oder? Das war ganz kalt. Meine Mutter hat sich sowieso nie für ihre Kinder interessiert: Fünf hat sie bekommen und nur eins davon hat sie großgezogen, alle anderen kamen ins Heim.

Fehlt dir ein Partner? Eigentlich nicht. Ich bin so viel verarscht und ausgenutzt worden. Ich habe Motte. Sie tröstet mich und wenn es mal hart auf hart kommt, leckt sie mir auch die Tränen ab.

Wo kommst du ursprünglich her? Geboren bin ich in Berlin, aber aufgewachsen bin ich im SOS Kinderdorf bei Freiburg. Ich habe mit meinen zwei Schwestern und anderen Kindern bei einer Pf legemutter gelebt.

Wenn du für die Zukunft drei Wünsche frei hättest … Ein bisschen mehr Glück, einen netten Freundeskreis und Gesundheit. Aber ich muss trotzdem sagen: Ich möchte nichts missen. Das alles hat mich stärker gemacht. Interview und Fotos: Svea Kohl


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Asphalt-Verkäuferin Heidi verkauft in der Lister Meile.


RUND UM ASPHALT

Ein Auftakt nach Maß: Das 1. Wohnungslosencamp Freistatt stand ganz im Zeichen des Kennenlernens und engagierten Mitmachens. Nach acht gemeinsamen Tagen waren sich Teilnehmer und Organisatoren weitgehend einig: Das erste Camp soll nicht das letzte gewesen sein! Das kleine Dorf Freistatt bot mit dem Gelände der Bodelschwingschen Stiftungen einen schönen Rahmen für das Camp. Vom 24. bis 31. Juli trafen sich dort 77 derzeitige und ehemalige Wohnungslose um sich auszutauschen und Möglichkeiten einer Selbstorganisation zu erörtern. »Idealerweise entsteht daraus einmal ein politisches Netzwerk Wohnungsloser«, erklärt Initiator Dr. Stefan Schneider aus Berlin gegenüber Asphalt. Die Teilnehmer kamen vor allem aus Deutschland, aber auch aus den Niederlanden, Irland, Österreich, Dänemark und Finnland. Mit von der Partie waren auch fünf Asphaltverkäufer. Während des Camps wurden Arbeitsgruppen zu Themen wie Selbstorganisation, Kultur oder Frauen­ fragen gebildet. So gab es eine Schreibwerkstatt

Kommen Sie mit – zum sozialen Stadtrundgang! Asphalt zeigt Ihnen das andere Hannover. Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer führen Sie zu Orten, an denen Wohnungslose keine Randgruppe sind. Ein außergewöhnlicher Stadtrundgang – von ExpertInnen der Straße geführt! Nächster Termin: 30. September 2016, 15 Uhr. Treffpunkt: Asphalt, Hallerstraße 3, 30161 Hannover. Bitte anmelden: 0511 – 30 12 69-20. Teilnahme auf Spendenbasis: ab 5 Euro pro Person. Gruppen vereinbaren bitte gesonderte Termine! Auf Nachfrage auch in englischer Sprache!

Foto: privat

Campen und vernetzen

Starkes Team beim Sommercamp in Freistatt: Die Asphalt-Verkäufer Janina, Martina, Hasso, Markus und Fred (v.l.n.r.).

(Mediengruppe), in der Beiträge für die Freistädter Online Zeitung erstellt, aber auch Medienleute (z.B. vom NDR) betreut wurden. Andere Workshops drehten sich um Trommel und Akustik oder auch Siebdruck. Andere handelten von den Rechten eines Hartz-IV-Empfängers, der neunten Überarbeitung des SGB II und der Frage, was man als Betroffener gegen Sanktionen machen kann. Jeden Tag fand abends Kultur statt. So trat am Montag das Duo »Arrestet Amtsbrüder« auf. Eine Musikgruppe auf hohem Niveau mit irischer Folklore, deutschen Schlagern und französischer Musik. Am Donnerstag las die Autorin Katrin Hartmann aus München aus ihrem Buch »Wir müssen draußen bleiben. Die neue Armut in der Konsumgesellschaft« vor. Sie schreibt sozialkritische Texte. Die Lesung ging den Anwesenden sehr zu Herzen und löste ein lebhaftes Gespräch aus. Auf der schönen Abschlussparty am Samstag trat Lutz Drenkwitz aus Bremen auf. Er nennt sich »Lutz der Dienstleister mit Gitarre« und macht Musik mit sozialkritischen Texten und amerikanischem Country. Das war der Höhepunkt der gemeinsamen Woche. Das 1. Wohnungslosencamp Freistatt wurde von Jürgen Schneider vom Armutsnetzwerk, von Peter Szynka vom Diakonischen Werk Niedersachsen, Frank Kruse von der Wohnungslosenhilfe Bethel und Dr. Stefan Schneider, Wissenschaftler aus Berlin organisiert. Mittel zur Finanzierung stellten die Aktion Mensch, das Diakonische Werk Niedersachsen, das Sozialministerium Niedersachsen und die Stiftung Bethel bereit. Für alle Teilnehmer war es eine schöne und wertvolle Erfahrung. Die Idee, ein selbstorganisiertes Netzwerk für Wohnungslose zu gründen, konnte leider noch nicht umgesetzt werden. Im nächsten Jahr soll jedoch ein neuer Anlauf erfolgen. Hasso Diedrich


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gesucht – gefunden Verkäuferin Cordula: Ich suche einen Elektroherd mit Ceranfeld 60 x 60 cm oder 50 x 60 cm. [V-Nr. 1683] Kontakt: 0177 – 749 29 54 Verkäufer Olaf: Wer verschenkt ca. 6 Jahre alten Laptop? [V-Nr. 1612] Kontakt: 0157 – 8765367 Verkäufer Jörg: Ich suche ein Telefon mit einem Faxgerät und einen Hundekorb. Mit freundlichen Grüßen, Verkäufer Jörg. [V-Nr. 2117] Kontakt: 0171 – 195 78 89 Verkäufer Klaus: Ich suche eine (Mini-) Anlage mit CD-Player und ein Smartphone mit Touchscreen. Kann gern auch im Vertrieb abgegeben werden. [V-Nr. 1418] Kontakt: 01520 – 599 56 82

Abschied nach 18 Jahren Asphalt war gerade mal aus den Windeln heraus, da übernahm sie das Banner der Sozialberichterstattung in Hannover. Im Sommer 1998 stieß Renate Schwarzbauer zur Straßenzeitung, um fortan wie kaum eine zweite das Soziale in und um Hannover in den Blick zu nehmen. Parteiisch für die Armen aber immer fair und professionell im Umgang mit Politik und Verbänden. Zwischenzeitlich als Chefredakteurin, später voll und ganz als Sozial­redakteurin hat sie die Kernkompetenz unseres Straßenmagazins Monat für Monat unter Beweis gestellt. Nach 18 Jahren wendet sich Renate Schwarzbauer nun anderen Aufgaben zu. Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes würdigte zum Abschied ihre gewissenhafte Recherche und ihre politische Schärfe. Mit Blumenstrauß und dem Jesus-Zitat »Habt Salz in Euch und haltet Frieden!« verabschiedete er die vorbildliche Journalistin. MAC

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»Eine Zeitung ohne Gossip!« CPunkt Stein-Schneider, Gitarrist

Asphalt ist die letzte Zeitung, die ich noch lese. Mich interessieren soziale Themen und kein Gossip. Außerdem mag ich es, wenn ich denjenigen kenne, von dem ich etwas erwerbe. Vielen Dank. Auf viele weitere Jahre.

Wussten Sie schon … … dass Asphalt seine soziale Arbeit ohne öffentliche Zuschüsse finanziert? Neben den Verkaufs- und Anzeigenerlösen sind die Spenden unserer Freunde und Förderer die wichtigste Stütze zur Gesamtfinanzierung.

Foto: U. Matthias

Unsere Bankverbindung für Ihre Spende: Asphalt-Magazin IBAN: DE35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1 Evangelische Bank

… mehr als eine gute Zeitung!

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DIE LESEBÜHNE – POETEN IN ASPHALT

Trotzige Engel

Von Rita Apel

N E U L I C H

las ich, dass Forscher der Universität von Toronto herausfanden, dass Menschen, die sich ausgegrenzt fühlen, die Temperatur ihrer Umgebung niedriger einschätzen als Menschen, die sich akzeptiert fühlen. Eine interessante Tat­ sache, spricht man doch oft von »sozialer Kälte«. Deshalb halte ich auch so viel von einer Organisation, die sich die »Suppen­engel« nennen und ich möchte dazu ermuntern, öfter mal etwas Geld für die Suppenengel zu spenden. Sie versuchen nicht nur, Obdachlosen mit Nahrung zu helfen, sie verteilen auch Wärme in Form von Suppe. Man könnte ja auch Butterbrote verteilen, aber Suppe ist schon etwas Besonderes. Seit der Steinzeit, also kurz nach der Domestizierung des Feuers, bereitet der Mensch Suppen zu. Schnell erkannte man, was das Gute an Suppe ist: Sie reicht immer für alle. Ein altes Sprichwort sagt: »Fünf sind geladen, zehn sind gekommen. Tu’ Wasser zur Suppe, heiß alle willkommen.« Wahrscheinlich ist mit der Suppe die Gastfreundschaft entstanden, weil es ja viel einfacher ist, Wasser zur Suppe zu geben als noch mal loszuziehen und ein weiteres Mammut zu erlegen. Suppe ist immer noch ein schöner Willkommensgruß, wenn man Gäste hat. Suppe als Vorspeise passt immer, auf Speisekarten steht sie weit vorne. In letzter Zeit fiel mir aber auf, dass viele Restaurants keine Suppen mehr anbieten, son-

dern nur noch Süppchen. Im Moritz Kunstcafé gibt es Cremiges Pastinaken-Süppchen, mit Zimtbutter vollendet, dazu Rote-Bete-Chips. Das Schlossparkhotel Sallgast bietet den Zungenbrecher BlaukrautSauerkirsch-Süppchen mit grünem Apfelschaum, und Goldschmidts Park, das besondere Restaurant in Sowieso, offeriert Süppchen vom Hokaidokürbis mit Chili und Curryblättern, dazu gebeiztes Red King Salmonfilet. Mal davon abgesehen, dass Salmonfilet ein unglücklich zusammengeschustertes zweisprachiges Ungeheuer ist, so ungefähr wie der Name Britney-Angelique, habt ihr vielleicht auch bemerkt, dass Süppchen einen anderen Zweck haben als Suppen. Süppchen sind da für Leute, die eigentlich keinen Hunger haben. Süppchen sind feine Vor­ speisen. Suppen aber sind etwas Größeres, Suppe kochen heißt, riesige Töpfe zu benutzen. Und Suppe ist nicht nur Nahrung, sondern auch Wärme und Liebe. Ja, natürlich Liebe. Wenn ein guter Freund krank ist, dann sagt man doch: »Leg du dich hin, ich koche dir eine Hühnersuppe.«, oder hat man je gehört,


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Foto: Photocase

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Freut euch, wenn ihr demnächst wieder den alten Karnevalsschlager hört: »Es ist noch Suppe da!«, denkt an die rührende Hilfsbereitschaft und an hilfsbereites Rühren. Und damit immer genug zum Rühren da ist, tut bitte den Suppenengeln öfter mal was in den Topf!

Rita Apel kommt aus Bremen und nimmt seit vielen Jahren erfolgreich an Poetry Slams teil. Im Oktober 2014 gewann sie die Landesmeisterschaft Bremen/ Niedersachsen, im Jahre 2015 wurde sie Vizemeisterin. Ihre Texte sind oft lustig, aber auch nachdenklich und verarbeiten den ganz normalen Wahnsinn in ihrer Umgebung. Sie war jahrzehntelang Grundschullehrerin, hat das Vorlesen in jeder Frühstückspause geübt. Wenn sie mal reich und berühmt ist und ihr Leben verfilmt wird, möchte sie nicht von Veronika Ferres gespielt werden. Foto: privat

dass einer sagt: »Oh Schatz, du siehst elend aus, warte, ich mach dir schnell ein getrüffeltes Ziegenkäserisotto?« Suppe hilft zum Glück nicht nur gegen Hunger, sondern auch gegen Kälte. Und die Suppe der Suppenengel ist vor allem gedacht für Menschen, die frostiger Atmosphäre ausgesetzt sind, die eisige Blicke ertragen müssen, denen die kalte Schulter gezeigt wird, die schon manchen unterkühlten Empfang erleben durften und oftmals eiskalt angeschwiegen werden. In den letzten Jahren wächst die Zahl der Menschen, die ihre Umgebung als gefühlskalt und kaltschnäuzig erleben. Und es gibt auch immer mehr Menschen, die kalte Füße bekommen haben, weil sie fürchten, auch bald zu den eiskalt Abservierten zu gehören. Und wenn ich daran denke, dass wir immer nur die Spitze des Eisbergs sehen, dann läuft es mir kalt den Rücken hinunter. Ganz warm ums Herz wird mir aber, wenn ich höre, dass es Menschen gibt, die das nicht kalt lässt, die das Eis brechen, und die Hilfe nicht lange auf Eis legen. Menschen, die Suppe kochen gegen zwischenmenschliche Vergletscherung. Bei den Suppenengeln gibt es keine Süppchen für den kleinen Hunger zwischendurch, sondern Nahrung, Wärme und Nächstenliebe. Da können sich die Süppchen mal warm anziehen! Das, was die Suppenengel tun, könnten Süppchenengelchen niemals schaffen.


BUCHTIPPS Der Autokrat Cigdem Akyol wuchs im Ruhrgebiet auf. War taz-Journalistin und lebt inzwischen in Istanbul als Korrespondentin. Mit »Generation Erdogan« porträtierte sie im vergangenen Jahr die Türkei als ein zerrissenes Land. Ihr aktuelles Buch ist eine kritische Biografie. Akyol beschreibt den Aufstieg des Straßenkinds aus dem Istanbuler Viertel Kasimpasa zum Bürgermeister der Metropole, zum Partei­g ründer, charismatischen Reformer und anti-intellektuellen Re-Islamisierer. Anschaulich erklärt Akyol, wie Erdogan der Gegenentwurf zum kemalistischen Establishment und Anführer der »schwarzen Türkei«, der Türkei der einfachen Leute, wurde. Er selbst musste als Kind Sesamkringel verkaufen, um sich das Schulgeld leisten zu können. Sie benennt die Erfolge und das politische Talent und liefert doch das Psychogramm eines skrupellosen Populisten, der vor allem seit den Gezi-Protesten 2013 alles daran setzt, unangreifbar zu werden. Die absurde Prunksucht etwa oder der Jähzorn, der aus seinen Hunderten Privatklagen gegen Kritiker spricht, sind nur Facetten eines Machtpolitikers, »der aus dem Bauch heraus handelt und dessen Agenda heißt: Recep Tayyip Erdogan.« Und »es gibt niemanden, der ihn stoppen könnte«, so Akyols Fazit. BP Cigdem Akyol · Erdogan. Die Biografie · Herder · 24,99 Euro

Wo stehst du?

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Unsere Mieter wohnen

Wir haben mehr als 13.000 Wohnungen in Hannover – und begeisterte Mieter. Zum Beispiel, weil wir bei Bedarf sofort zur Stelle sind. Unsere Objekte sind top modernisiert, attraktiv und energiesparend. Für Singles, Paare, Familien und Senioren. In allen Größen und vielen Stadtgebieten.

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VOLL ENTSPANNT

Es ist ein ungewöhnliches Buch, das die Journalistin Düzen Tekkal da geschrieben hat. Das beginnt nicht beim alarmistischen Titel – der Sachbuchmarkt will es so –, sondern mit dem ersten Kapitel: Tekkal beschreibt ihre Reise in die kurdischen Gebiete im Irak, von wo sie 2014 Hilferufe aus der jesidischen Minderheit erreichen, die ungeschützt Opfer der Islamisten des Daesh wird. Tekkal ist selbst Jesidin, Hannoveraner »Gastarbeiter«-Kind. Als Fernsehjournalistin drehte sie den Dokumentarfilm: »Hawar – Meine Reise in den Genozid«. Diese Erfahrungen sind Ausgangspunkt für ihr zwischen Autobiografie und politischer Streitschrift changierendes Buch. Die 37-Jährige beschreibt ihr Aufwachsen in ihrer kurdischen Großfamilie und ihren Kampf für klare Haltungen in der Zuwanderungsgesellschaft: »Wir müssen uns als neue und alte Deutsche gemeinsam neu definieren. Wir müssen Entschlossenheit zeigen gegenüber den bösen Zwillingen, den rechtsextremen wie den islamistischen Feinden der Demokratie. Wir müssen aufhören, unpolitisch zu sein.« Sie kritisiert scharf die Rolle der Islamverbände und das Desinteresse der Mehrheitsgesellschaft an verbindlichen Werten für alle: »›Wo kommst du her?‹, ist daher fast immer die falsche Frage. Die richtige Frage lautet: ›Wo stehst du?‹« BP Düzen Tekkal · Deutschland ist bedroht · Berlin Verlag · 16,99 Euro


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KULTURTIPPS Musik

Theater

35 Jahre »Linke Lieder gegen den rechten Ton«

Schmidt’s Katzen: »Im Wortgefecht«

Der DGB-Chor Hannover singt seit 1981 linke Lieder gegen den rechten Ton und ist mittlerweile ein fester Bestandteil der Hannoverschen Kulturszene. Frei nach dem Gewerkschafts-Motto »35 Stunden sind genug, 35 Jahre noch lange nicht«, feiert der Chor Mitte des Monats gemeinsam mit befreundeten Chören und Gruppen aus Hamburg, Oldenburg, Wolfsburg und Hannover sein rundes Jubiläum, bei dem es neben dem Singen und Musizieren auch darum gehen soll, warum die Stimme des Chores weiterhin gebraucht wird. 10.9., 18 Uhr, Kulturzentrum Faust, Waren­an­nah­­me, Zur Bettfedernfabrik 3, Hannover. Eintritt frei (um Spenden wird gebeten).

Es gibt Arbeit auf dem Satzbau. Begleitet von LiveMusik und immer der Publikumsnase nach wird die Bühne an diesem Abend zum Literaturmischer, aus dem sich kübelweise Lesenswertes und Improvisationstheater bis zum Anschlag ergießen. Ungesiebt und scharfkantig stopfen sich die Katzen das Literarische zwischen die Zeilen, bis der Wälzer kracht. Ob zerfledderte Schundliteratur oder die großen Dichter in Hochglanz – das Publikum darf alles, was die Heimbibliothek hergibt, zuhause in die Schubkarre packen und herkarren! 23.9., 20 Uhr, KulturFabrik Löseke, Langer Garten 1, Hildesheim. Eintritt: VVK 14,40 Euro, ermäßigt 11,10 Euro (inklusive VVK-Gebühr), AK 15 Euro, ermäßigt 12 Euro.

Regionsentdeckertag Am ersten Sonntag des Monats ist wieder Entdecker-Tag. Das bedeutet: Alle Menschen können günstig Ausflüge machen. Zur Wahl stehen insgesamt 35 Touren und neun Ausflugs-Ziele – darunter auch Alfeld (Leine), Hameln und Celle. Erkundungswillige können mit einem GVH-Tagesticket (1 Zone) den ganzen Tag über alle öffentlichen Verkehrsmittel in der Region und darüber hinaus bis zu den angeführten Zielorten nutzen. Außerdem gibt es eine Rad-Tour durch den Naturpark Südheide (Anmeldung erforderlich) und eine Wanderung von Pattensen bis zum Opernplatz. In Hannovers Innenstadt präsentieren sich an über 100 Ständen Kommunen, Initiativen, Vereine und weitere Anbieter aus der Region. Auf acht Bühnen gibt’s großes Programm. 4.9., 10 bis 19 Uhr, Treffpunkt Opernplatz, Hannover. Eintritt frei.

Foto: Bilderraum

Ausflug

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Theaterfest zur Saisoneröffnung

Theater Charlie Chaplin lebt weiter Mit Slapstick, Sentimentalität und Selbstironie taucht der Pantomime Peter Mim in die Welt des 1977 verstorbenen Komik-Altmeisters Charlie Chaplin ein. Der ewige Clown, dessen Figur eine der beliebtesten unserer Zeit ist, animiert, amüsiert, karikiert, flirtet und spielt, zieht geschickt das Publikum in seine Alltagsgeschichten mit ein, immer mit dem nötigen Feingefühl, mit sehr viel Eleganz, mit einem unwiderstehlichen Charme. Dabei ist der von Peter Mim dargestellte Charlie keinesfalls nur ein brillanter Doppelgänger. Mit viel Esprit, Präzision und exzellenter Körpersprache spielt Mim echte Szenen und Motive aus Chaplins Stummfilmen nach: etwa die berühmte Rasierszene aus »The Great Dictator«, Charlies Frühstück und der Tanz mit den Brötchen aus »The Kid« und »The Circus«, den Schuh-Eintopf aus »Goldrausch« und viele mehr. 5.9., 20 Uhr, Kulturzelt Isernhagen, Im Wietzepark, Landwehrdamm 1, Isernhagen. Eintritt: VVK 12 Euro, AK 12 Euro, ermäßigt 10 Euro.

Nach der Sommerpause eröffnet das Theater Hameln am Wahlsonntag mit einem großen Fest die neue Saison. Führungen und Aktionen im ganzen Haus ermöglichen Einblicke in die spannende Welt des Theaters. Das Figurentheater Josephine und Parzival des Buchfink Theaters unterhält Kinder ab fünf Jahren. Ein Tanzworkshop für Acht- bis 88-Jährige und ein Theaterworkshop für Jugendliche ab 16 Jahren bieten Gelegenheit, sich selbst auf der Bühne zu probieren. Tierisch wird es mit dem Baby-Elefanten auf dem Theater-Vorplatz, der selten das macht, was sein Dompteur möchte. Solisten des Landestheaters Detmold und die »Pädagogian Harmonists« verwöhnen die Besucher musikalisch. Literarisches wird von Buchhändlerin Cornelie v. Blum und Dramaturgin Ilka Voß geboten, ebenso wie von Theaterdirektor Wolfgang Haendeler und seinem Überraschungsgast. Traute Römisch gibt Kostproben aus ihren Programmen. Und die längste Kaffee- und Kuchentafel zwischen Theater und Kunstkreis sorgt wie immer für das leibliche Wohl. 11.9., 14 bis 18 Uhr, Theater Hameln, Rathausplatz 5, Hameln. Eintritt frei.

Literatur »Der Reichtum der Fremden« Sie bringen großen Reichtum mit – die Menschen, die gerade Schutz in Deutschland suchen: ihre Kultur, ihre Musik, ihr Theater und ihre Literatur. Diesen poetischen Reichtum präsentieren Rosa und Hanna Legatis auf ihren beiden Lesungen im September. Und entdecken dabei nicht nur Schmerz, sondern vor allem große sprachliche Kunst, Humor, die Pracht der Worte, die Kraft der Gefühle, der Träume. Auf dem Programm stehen dabei klassische und moderne Gedichte und Texte von Faraj Bayrakdar, Tahere Asghary, Rose Ausländer, Hilde Domin, Semiya Simsek, Luc Degla, Heinrich Heine, Shumona Sinha, Mascha Kaleko, Yahya Hassan und anderen. 23.9., 19 Uhr, Kloster Walsrode, Kirchplatz 2, Walsrode und 29.9., 17.30 Uhr, Neues Rathaus, Trammplatz 2, Hannover. Eintritt frei.


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Verschiedenes Chili für Asphalt Fünf Teams haben beim Limmerstraßen-Fest die Chance, ihr bestes Chili zu kochen und anschließend einer fünfköpfigen Jury zu präsentieren. Gastgeber der Chili-Challenge ist Chili-Koch Klaus Schüring (www.schuerings­ chili.com) aus Hamburg. Dabei ist Naschen ausdrücklich erwünscht: Flaneure sind herzlich dazu eingeladen, die köstlichen Gerichte gegen eine kleine Spende, die für Asphalt bestimmt ist, zu verkosten. Wie die Jury sind auch sie zur Bewertung der Speisen aufgerufen. 3.9., 15 bis 18 Uhr, Limmerstraße, Hannover. Eintritt frei.

36 Am Lindener Berge 38 30449 Hannover Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

September 2016

Benefiz-Gala im GOP Die »Ricarda und Udo Niedergerke Stiftung« bittet bereits zum dritten Mal zur großen Benefizveranstaltung zugunsten von Wohnungs- und Obdachlosen und Menschen in Not in Hannover und der Region. Moderator und Entertainer Desimo führt die Zuschauer durch ein buntes Programm mit flotten Klängen von »FmF«, Clownereien von »Monsieur Momo«, artistischer Jonglage von Nils F. Müller, Rollstuhlakrobatik von »Fate Fusion« und Schlager-Hits von »Herzen in Terzen«. Das GOP präsentiert zudem einen Ausschnitt aus seinem aktuellen Programm »Impulse«. Der Erlös des Abends – darunter der Erlös aus dem Verkauf der Eintrittskarten – geht an die Straßenambulanz der Caritas Hannover, an den Kontaktladen »Mecki« der Diakonie und an Hilfesuchende, die sich unmittelbar an die Stiftung wenden können. 19.9., 20 Uhr, Georgstraße 36, Hannover. Eintritt: 39 Euro (weitere Spenden willkommen).

Secondhand-Basar des Lions Club Viktoria Luise Auf ihrem alljährlichen Secondhand-Basar bieten die Damen des Lions Club Viktoria Luise neben allerlei Flohmarkt-Kleinoden auch wieder hochwertige Damen- und Herrenmode an. Für das kulinarische Wohlbefinden ist auch gesorgt: Besucher können zwischen diversen selbst gebackenen Kuchenspezialitäten wählen. Alle Einnahmen kommen erneut sozialen Einrichtungen zugute. In diesem Jahr wollen die Charity-Ladies schwerpunktmäßig das »Leckerhaus« unterstützen. In der Stöckener Einrichtung erhalten Kinder nach der täglichen Schule Mittagessen und Hausaufgabenhilfe. 25.9., 10 bis 15 Uhr, Freizeitheim Döhren, Hildesheimer Straße 293, Hannover. Eintritt frei.

Donnerstag, 22. September DIE GESELLSCHAFT DER FREUNDE DES JAZZ PRÄSENTIERT Peter Schwebs – Aki Ishiguro – Rodrigo Recabarren CD-Release „Mural“ Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Freitag, 23. September NIGHT OF JAZZ GUITARS Martin Taylor – Ulf Wakenius – Andreas Dombert – Paulo Morello Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Freitag, 30. September DIE GESELLSCHAFT DER FREUNDE DES JAZZ PRÄSENTIERT Stephan Abel – Philipp Kacza Quartett The Music Of Gerry Mulligan & Chet Baker Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro

Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

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Herausgeber: Prof. Dr. Heiko Geiling, Hanna Legatis, Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Geschäftsführer: Reent Stade Redaktion: Volker Macke (Leitung), Jeanette Kießling, Svea Kohl, Ulrich Matthias Fotografin: Karin Powser Freie Mitarbeit dieser Ausgabe: R. Apel, H. Diedrich, N. Kleinwächter, E. Mentzel, K. Powser, B. Pütter, L. Stegner, W. Stelljes, S. Szameitat, K. Zempel-Bley Anzeigen: Heike Meyer Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter) Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1 Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Herstellung: eindruck, Hannover Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 25.000 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 19. August 2016 Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde. Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger

An jedem letzten Dienstag im Monat trifft sich die Runde der Ehren­­ amtlichen in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstal­tungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäufe­rin­nen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen – und ich freue mich, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Das nächste Treffen ist am Dienstag, 27. September 2016, um 17 Uhr. Rufen Sie mich einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-26. Herzlichst, Ihr Reent Stade, Asphalt-Geschäftsführer

Asphalt dankt: U. Neumann, J. Streibel, G. Stein, H. G. Ronald, M. Hartig, R. + H. Flohr, F. Stemwedel, Dres. I. + W. Lukatis, B. + D. Heimann, K.-U. Hoff, S. Prasse, L. Mey, F. Sojka, H.-J. Smidt, H. Brakemeier, S. Holtz, A. Toenjes, U. Habermann, A. + S. Wolynski, S. Klingelhoefer, B. Thiel, T. Hoermann, G. Haucke, W. Schuldig, G. Glavecke, J. Schulz, M. + R. Rabe, W. Beismann, A. B. Nagel, H. Baller, P. + K. Goerrissen, S. Tolxdorff, M. Ehlers, L. Stadler, I.-B. Luedeck, M. + C. Pruessner, E. Scholz, H. + L. Poehnisch, B. DietrichFischer, A. Lindemann, R. Wessel, R. + D. Greulich, J. Wilhelms-Rath, W. Gwinner, T. Toborg-Grund, A. Mayer, H. + J. Eggers, L. Born, M. Stock, D. Gruszczynski, M. Matthey, F. + H. Logemann, U. Diener, J. Zabel, R. + P. Reinfelder, U. Huenerjaeger, R. Hennig, A. + J. Meyerhoff, D. + K.-H. Mittendorf, R. + S. Mesch, A. + V. Huehne, A. Huendorf-Richter, B. Kreitz, H. Ruhnke, W. Brix, B. + R. Kamieth, D. Janschek, P. Beckmann, I. Bielert, M. Seidel, K. + U. Dahms, C. Froehlich, W. + H. Daues, S. Kamp, G. Schippers, D. Hundert, N. Radeck, H. Schoen, B. + R. Kamieth, S. Schneider, M. Wiegmann, A. Lange-Kaluza  + H. Lange, A. B. Nagel, U. Bomnueter, D. Hundert, L. Priess, U. Wiesner, W. Heilgermann, I. Luedicke V. Wessels, W. + S. Siemund, SPD Ortsverein List, G. Ressel, I. + K.-F. Uloth, W. Schrader, R. Begemann, A. + S. Haenssel, E.-M. Horst, I. Kempe, M. Bandt, I. Behnke, H. Springhorn, G. Koschnik, I. Mueller, K. Wolting, R. Maertens, A. Specht, R. + Dr. H. Jauer, C. Koopmann, H. Zander, I. Gast, H. Seehafer, U. Schimpf, A. Hasert, G. Kilian, E. + J.-P. Kruse, E. Bleckmann, M. Priesner sowie allen anonymen Spendern und allen Asphalt-Patinnen und -Paten.

Verkäuferausweise

Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Ver­käuferInnen mit gültigem Aus­weis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Rosa


Aus den nachfolgenden Silben sind 20 Wörter zu bilden, deren erste und fünfte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – ein Zitat von Xenophon ergeben: al – an – bau – be – bee – ben – bra – bus – den – di – dick – dung – ent – ent – erd – geln – glas – go – gra – gue – gung – ide – in – lin – mel – mu – ne – neu – no – noer – nor – ren – rhom – schae – schwung – sik – sor – spon – te – ton – trom – um – voll – wied – zenz – zuen

1. Erweiterung eines Hauses 2. Himmelsrichtung 3. Förderer 4. Gewichtseinheit 5. Raute 6. Sommerobst 7. Kreisstadt am Rhein 8. Franz. Wandteppich

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir viermal den Erzählband »Meine Katzen« von Doris Lessing. Mit Leidenschaft und Zärtlichkeit schrieb die große Autorin über die Marotten von Katzen und Menschen. Drei der schönsten Katzengeschichten erinnern in diesem Band daran, wie raffiniert und kultiviert diese Tiere sind, und was sie für uns Menschen bedeuten können. Dreimal verlosen wir den hinreißenden Roman »Makarionissi oder Die Insel der Seligen«. Mit großer Fabulierlust und überschäumender Komik erzählt Vea Kaiser von der Glückssuche einer griechischen Familie und folgenreichen Katastrophen – und das alles nur, weil Yiayia Maria in ihrem griechischen Bergdorf die Zeichen falsch gedeutet hat … Ebenfalls dreimal haben wir das Hörbuch »Layers« als mp3-CD für Sie. Der atemberaubende Jugendthriller von Ursula Poznanski greift brisante aktuelle Entwicklungen auf und wirft einen Blick in eine vielleicht nicht allzu ferne Zukunft: Straßenjunge Dorian soll versiegelte Werbegeschenke verteilen. Als er eines für sich behält, gerät sein Leben in Gefahr.

9. braune Erdfarbe 10. an allem etwas aussetzen 11. freundliche Gesinnung 12. Papstname 13. lebhaft, bewegt 14. Schlaginstrument 15. Material für Autoscheiben 16. erstrebenswertes Ziel

Die Lösung des August-Rätsels lautete: Ein Eichhorn macht keine tauben Nüsse auf. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de Einsendeschluss: 30. September 2016. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

17. Folge einer Wunde 18. lange schmale Erdvertiefung 19. Ausgleich für erlittenen Schaden 20. Klangfolgen

ASPHALT 09/16

SILBENRÄTSEL

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