2016 08 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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IN GÜLLE UND FÜLLE WASSERVERBRAUCH

Die versteckten Liter in unserem alltäglichen Konsum.

WASSERQUALITÄT

Mastvieh gefährdet Grund­ wasser in Niedersachsen.

WASSERGESCHICHTE

Vom Kampf gegen die Natur zum Kampf um ihre Privatisierung.


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Notizblock

6 Angespitzt 7

Qualität unterirdisch

Gülle bedroht die Trinkwasservorräte von Niedersachsen.

11 130 Liter pro Tasse

Unser ökologischer Fußabdruck kann tiefe Spuren hinterlassen.

14 Wer war eigentlich …? 15 Geschichte(n) am Wasser

Eine kleine norddeutsche Sozialgeschichte des Wassers.

18 Wir verlosen Karten für den Zoo und für das ADAC-Fahrtraining 19

Sprachlernklassen für Flüchtlinge

Wichtiger Baustein für die Integration

20 Und jetzt?

Neues Konzept für Raschplatz lässt Fragen offen.

22 Aus der Szene 23 Das muss mal gesagt werden 24 Aus dem Leben

von Asphalt-Verkäufer Manfred

26 Rund um Asphalt 29 Baron der Obdachlosen

Straßenzeitungsgründer John Bird ins britische Oberhaus berufen.

32 Die Lesebühne

Tobias Kunze: Narben

34 Buchtipps 35 August-Tipps 38 Impressum/Ihr Engagement 39 Silbenrätsel

Titelfoto: Hyrma/Fotolia

Das Asphalt-Prinzip

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und ver­ kaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung.


Wasser ist ein Menschenrecht – und darum Titelthema dieser Asphalt-Ausgabe. Jede und jeder von uns verbraucht täglich über 5.000 Liter. Niemals – sagen Sie? Wir sparen doch im Haushalt und unter der Dusche, unsere Industrie-Konzerne haben viel unternommen, um weniger wasserintensiv zu produzieren! Alles richtig, aber dennoch verbrauchen wir viel zu viel, und zwar das Wasser aus anderen Ländern. Ausgerechnet aus solchen, in denen das Trinkwasser zu versiegen droht und deren Bevölkerung häufig sehr arm ist. Fast alle liegen südlich des Äquators, in Afrika, Asien oder Lateinamerika. Wir verbrauchen ihr Wasser, weil wir Nahrungsmittel essen, die sie anbauen. Reis, Ölpflanzen, Oliven, Nüsse, Kaffee, Kakao zum Beispiel. Der Anbau dieser Feldfrüchte oder der von Baum­wolle für unsere T-Shirts ist besonders wasserintensiv. Genauso wie die Gewinnung von Lithium für unsere Smartphones und für Batterien. Die Menschen, die diese Produkte für unseren Konsum liefern, verbrauchen dafür ihr Wasser. Zuerst das Regenwasser, das sich in Flüssen und Seen sammelt, und wenn das nicht mehr reicht, das Grundwasser. Zurück bleiben verödete Flächen und Verseuchungen. Wir hinter­ lassen mit unseren Bedürfnissen dort Spuren. Einen Wasserfußabdruck, wie Menschenrechtler und Ökologen sagen, der übrigens Armut und ungerechte Verhältnisse in den erwähnten Ländern immens verstärkt. Keine Sorge, ich plädiere hier nicht für Konsumverzicht. Erstmal nur dafür, sich zu informieren. Über Wasserverschmutzung beispielsweise. Ihre Folgen sind verheerend. Gerade hat die UN daraufhin gewiesen, dass jeden Tag 1.000 Kinder auf der südlichen Erdhalbkugel an Durchfallerkrankungen sterben – weil sich ihre Eltern kein sauberes Trinkwasser leisten können und eine Entsorgung von Fäkalienabwasser nicht vorhanden ist. Wasserverschmutzung – ebenfalls Thema dieser Ausgabe – geschieht aber nicht nur in Südafrika oder Argentinien, sondern direkt vor unserer Haustür. Ganz vorn dabei: die Landwirtschaft. Wasser ist lebenswichtig und eine endliche Ressource. Wie wunderbar, dass wir hier so viel davon haben – und wie gut, dass wir so sorgsam damit umgehen. Tun wir doch, oder? Lesen Sie selbst … Ihre

Hanna Legatis · Asphalt-Mitherausgeberin

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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Foto: H.-C. Wöste/dpa

NOTIZBLOCK

Engagierte Jugend rettet Flüchtlinge Emden. »Nur durch ein konkretes Projekt wird die ›politische Ohnmacht‹ überwunden«, lautet das Credo von rund zehn jungen Studierenden angesichts der täglichen Flüchtlings­ katastrophen im Meer vor Europa. »Denn das passiert jetzt, genau jetzt, wir dürfen keine Woche verlieren«, sagt Pauline Schmidt (li. im Bild), sowas wie die Pressesprecherin der jungen Aktivisten. Daher haben sie einen Verein gegründet: »Jugend rettet.« Der hat über Spenden ein Schiff finanziert. Rund 200.000 Euro. Das Schiff haben sie überholt, gestrichen und mit medizinischem Gerät ausgerüstet. Eine Seemannsmission in Emden hatte Unterkünfte kostenlos zur Verfügung gestellt, viele Werftarbeiter arbeiteten ehrenamtlich am Schiff mit. Sogar 35 Rettungsinseln wurden komplett gespendet. Jüngst ist der einstige Fischtrawler aus Emden Richtung Mittelmeer ausgelaufen. Um Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten. Von der Idee bis zum Auslaufen verging nicht einmal Jahr. Das 50 Jahre alte Schiff, das zuletzt Bohrplattformen im Nordmeer bewachte, ist 33 Meter lang und 6,80 Meter breit. Für das Vorhaben sei es mit der tiefen Bordwand und vielen Crewkabinen prädestiniert, so Schmidt. Bis zu 100 Menschen könne die »Iuventa«, wie sie das Schiff getauft haben, an Bord nehmen. Im Mittelmeer zwischen Libyen und Italien werden Ärzte, erfahrene Nautiker und Seeleute die Jugendlichen unterstützen. Ehrenamtlich. Alle. Die schaffen das. Mehr unter www.jugendrettet.org. MAC

Brexit verunsichert Handel Hannover. Nach dem Votum für den Ausstieg Großbritanniens aus der EU erwarten deutlich mehr als die Hälfte aller niedersächsischen Unternehmen einen wesentlichen Handelsrückgang. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertags (NIHK). Demnach gaben rund 60 Prozent an, dass sie nach Abschluss der Austrittsverhandlungen in rund zwei Jahren einen erheblichen Rückgang des Außenhandels mit der Insel erwarten. Die größten Probleme sehen die Befragten in einem erhöhten Bürokratieaufwand und der unterschiedlichen Rechtssetzung. Etwa ein Drittel erwartet bereits schon während der Verhandlungsphase negative Auswirkungen auf Geschäfte mit Großbritannien. Insgesamt haben sich rund 400 Unternehmen an der Umfrage beteiligt. ME

Mehr Geld gegen Nazis Hannover. Mit einem mit jä hrlich 600.000 Euro ausgestatteten Programm will die rot-grüne Landesregierung die Verzahnung von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren im Kampf gegen Rechts verbessern. Das sei dringend nötig, so Justizministerin Niewisch-Lennartz. Allein im ersten Quartal 2016 seien landesweit 474 rechtsextreme Delikte registriert worden, davon 108 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Ein Plus von 47 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. »Angesichts der stark gestiegenen Zahlen ist die Einführung ein wichtiges Signal, dass Fremdenfeindlichkeit und Hass auf allen Ebenen entschieden entgegengetreten werden muss«, so Michael Höntsch, Sprecher der SPD-Fraktion. Die CDU-Opposition im Landtag kritisierte, dass nicht eben so viel Geld gegen Linksradikale eingesetzt würde. MAC


Hannover. Gegen Antibiotika resistente Bakterien in Krankenhäusern verändern sich. Das hat jetzt das Sozialministerium in Hannover mit­ geteilt. Bis zum Jahr 2010 war der MRSA-Anteil der Proben aus Krankenhäusern auf 25,0 Prozent angestiegen. Seitdem sei ein kontinuierlicher Rückgang der bedrohlichen Staphylokokken auf zuletzt 17,8 Prozent im Jahr 2015 zu beobachten gewesen. »Dennoch kann beim Thema Resistenzen keine Entwarnung gegeben werden. Wir müssen unser Augenmerk auf gramnegative Bakterien richten, bei denen wir zunehmend Resis­tenzen gegen mehrere Antibiotikagruppen feststellen«, so der Präsident des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes Matthias Pulz. Dazu zählten E.coli-Bakterien, die Harnwegsinfekte hervorrufen. 13 Prozent aller Proben sind mittlerweile resistent. Und die Lungenent­ zündung und Blutvergiftung her vorrufenden K.pneumonia und A.baumannii sind zu 8,4 und 9,1 Prozent resistent. Vor zehn Jahren startete in Niedersachsen – bundesweit bisher einmalig – das AntibiotikaResistenz-Monitoring ARMIN mit dem Ziel, die Resistenzentwicklung systematisch zu erfassen. MAC

Hannover. Eine zwölf köpfige »Kompetenzstelle Islamismusprävention« unter Führung des LKA soll künftig den Kampf gegen Islamismus in Niedersachsen koordinieren. Das hat das Landeskabi­ nett beschlossen. »Wir haben es mit der Länderspielabsage in Hannover im November 2015 am eigenen Leib erfahren: Der islamistische Terror macht vor Niedersachsen nicht Halt«, so Innenminister Boris Pistorius. Darum sollen alle bisher nebeneinander agierenden Stellen »gebündelt« werden. Wesentlich sind bisher die Beratungsstelle zur Prävention neo-salafistischer Radikalisierung, die Arbeitsgruppe islamistische Radika­ lisierung (AGiR), der Landespräventions­ rat, der Verfassungsschutz sowie die LKA-Abteilung Politisch Motivierte Kriminalität. »Wir müssen frühzeitig erkennen, wenn sich vor allem junge Menschen radikalisieren – im Internet oder auf andere Weise. Nur dann können sie noch rechtzeitig von ihrem Irrweg abgehalten werden«, so Pistorius. MAC

Die Niedersachsen haben laut Landesamt für Statistik 2013 durchschnittlich 316

Euro im

Monat für Nahrungsmittel, Getränke

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und Tabakwaren ausgegeben. 5

Jahre zuvor war die Summe etwa 10 % niedriger. In der Gesamtsumme fielen die Ausgaben für Fleisch und Fleischwaren mit 50 Euro am höchsten aus. Alkoholfreie Getränke schlugen mit 33 Euro zu Buche. Für Getränke mit

Alkohol wurden 26 Euro ausgegeben. Die Ausgaben für Tabakwaren sind gegen-

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geblieben.

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Kompetenz gegen Radikale

ZAHLENSPIEGEL »LEBENSMITTELKOSTEN«

Krankenhauskeime im Wandel

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ANGESPITZT

Zwei aktuelle Nachrichten zum Thema Wasser haben zunächst nicht viel miteinander zu tun, denn sie liegen etliche Milliarden Kilometer voneinander entfernt: 1. Den IT-Experten der Gruppe »Internetwache.org« ist es gelungen, mal eben übers Internet in die Steuerung einiger deutscher Wasserwerke einzudringen. Frei nach dem niedersächsischen Slogan »Wir klappen nachts nicht die Bürgersteige hoch, aber die Technik dazu hätten wir« wiesen sie gravierende Sicherheitsmängel nach. Und haben es dann freundlicherweise unterlassen, die Pumpanlagen zu drosseln, das Wasser zu vergiften oder Reparaturtrupps durch falsche Displayanzeigen in die Irre zu leiten. Aber die Technik dazu hätten sie! Und warnen nun: Internetgesteuerte Verseuchung des Trinkwassers ganzer Gemeinden ist längst kein Ding der Unmöglichkeit mehr.

»VENUS, ERDE UND DAS WASSER«

2. Auf unserem Nachbarplaneten Venus gibt es kein Wasser. Keinen Tropfen. Bisher glaubte man, das liege daran, dass es auf der Venus 440 Grad Celsius heiß ist. Ja, schon. Das ist natürlich ein Grund für Trockenheit. Aber man hat jetzt noch etwas Neues entdeckt. Den elektrischen Wind. NASAForscher zeigten sich schockiert, wie stark der elektrische Wind auf der Venus wirklich ist. Er soll mit schuld am Wassernotstand auf der Venus sein, denn er hat die böse Fähigkeit, H2O-Moleküle vom Boden wegzureißen und ins Universum zu schleudern. Aber vielleicht besteht doch ein Zusammenhang zwischen der ersten und der zweiten Nachricht? Vielleicht haben sich ja Hacker in das Wasserwerk der Venus eingeschleust und durch fiese Manipulationen den elektrischen Wind so stark entfacht, dass die Venus alles Wasser verlor? Und vielleicht sollte man diese Leute von »Internetwache.org« einfach nur ernstnehmen? JETZT. Also noch bevor die Erde so aussieht wie die Venus? Renate Schwarzbauer


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Foto: Frank Leonhardt/dpa

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IN NOT Gülle-Gefahr fürs Grundwasser in Niedersachsen: Mehr als die Hälfte der Trinkwasservorräte im Land sind in schlechtem Zustand. Hübsch sind sie nicht gerade. Farblos, augenlos und nur wenige schlechtem Zustand. Der Trinkwasserbericht des NiedersächZentimeter lang. Doch das macht ihnen nichts aus: Wenige sischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Meter unter der Erdoberfläche leben die Brunnenkrebse zusam- Naturschutz zeigt, dass an einem Drittel der Grundwassermen mit Würmern und anderen Kleinstlebewesen in ihrer eige- Messstellen in ganz Niedersachsen zu viel Nitrat im Grundnen Welt, einem riesigen System an großen und kleineren Hohl- wasser ist. An knapp 30 Prozent dieser Messstellen sind die räumen, die von Grundwasser durchflutet werden. Hier ist es Werte in den letzten Jahren sogar noch gestiegen. Besonders das ganze Jahr über dunkel, kühl, sauerstoff- und nahrungs- betroffen sind die Landkreise Cloppenburg und Vechta, wo arm. Als Teil des natürlichen Wasserkreislaufes übernehmen das Grundwasser im Jahr 2012 an mehr als jeder zweiten Messdie Lebewesen im Grundwasser einen wichtigen Beitrag. Sie stelle den Grenzwert für Nitrat überschritt. »Es gibt ein Riesenzersetzen Pflanzenreste und reinigen das Wasser von Keimen. problem in Niedersachsen«, sagt Rudolf Rantzau, Experte für Das kommt nicht nur Quellen, Flüssen und Seen zugute, son- Agrarumweltpolitik am niedersächsischen Landwirtschaftsdern auch uns Menschen. Unser Trinkwasser stammt größten- ministerium. »Der Hauptgrund ist die Ungleichverteilung der teils aus dem Grundwasser. Doch dieses System gerät zuneh- Tierhaltung: im Westen zu viel, im Osten wenig.« In den tiermend in Gefahr: Seit Jahren gelangen zu viele Düngemittel in haltungsintensiven Regionen im Westen fällt viel mehr Gülle den Boden, überzählige Nährstoffe wie Phosphate oder Stick- an als in anderen Regionen. Und gelangt auch in großer Menge auf die Felder. Doch Gülle, Jauche, Mist und Gärreste der Biostoff in Form von Nitrat versickern ins Grundwasser. Insgesamt ist laut dem niedersächsischen Umweltminis- gasanlagen sind als sogenannter Wirtschaftsdünger nur ein terium das Grundwasser unter 59 Prozent der Landesfläche in Teil des Problems. Daneben düngen die Landwirte noch mit


Foto: LUBW

etwa der gleichen Menge an industriell hergestelltem Mineraldünger. Zusammen werden dem aktuellen Nährstoffbericht der Landwirtschaftskammer zufolge landesweit etwa 80.000 Tonnen Stickstoff mehr gedüngt, als die Pflanzen benötigen. Leidtragende der Nitratbelastung sind die Lebewesen im Grundwasser und den Oberflächengewässern, die sich aus dem Grundwasser speisen. Stickstoff düngt auch Algen und Wasserpflanzen. Wachsen sie im Übermaß, nimmt das den Organismen am Gewässerboden Licht, die abgestorbene Algenmasse sorgt für Sauerstoffarmut im Wasser. Verschlechtert sich

Leistet wichtige Reinigungsarbeit: der Brunnenkrebs

die Qualität des Grundwassers weiter, wird auch unser Trinkwasser irgendwann aufwändig gereinigt werden müssen, bevor es aus dem Wasserhahn fließen darf. Dann wird das Wasser deutlich teurer.

Mehr Gülleverkehr Eigentlich regeln das Düngegesetz und eine Düngeverordnung, wie, wann und wie viel auf deutschen Feldern gedüngt werden darf. Landwirte müssen bei Kontrollen der Landwirtschaftskammer eine Bilanz vorlegen können, in der sie darlegen, wie viele Nährstoffe sie produzieren beziehungsweise zukaufen und wie viele sie in Form von landwirtschaftlichen Produkten oder Dünger abgeben. Für den Schutz des Grundwassers sorgt seit dem Jahr 2000 die europaweite Wasserrahmenrichtlinie mit einer speziellen Grundwasser-Tochterrichtlinie. Ziel war es, einen »guten chemischen Zustand« des Grundwassers bis zum Jahr 2015 zu erreichen. Doch für die niedersächsischen Gewässer sieht es nicht gut aus, wie Wissenschaftler des Thünen-Instituts

für Ländliche Räume, des Forschungszentums Jülich und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei kürzlich feststellten. »Wir sind bei unseren Berechnungen schon von einer positiven Entwicklung der Agrarproduktion und der Annahme ausgegangen, dass die bestehende Düngeverordnung eingehalten wird. Aber mit den bisherigen Maßnahmen kann das Ziel auch bis 2021 nicht flächendeckend erreicht werden«, sagt Agrarwissenschaftlerin Claudia Heidecke, Mitautorin der Studie. Für die Wissenschaftler ist die Lösung des Problems klar: »Insgesamt müssen Nährstoffe aus dem System herausgenommen werden«, sagt Heidecke. Wirtschaftsdünger soll landesweit verteilt, Mineraldünger im Gegenzug eingespart werden. Das hilft nicht nur der Umwelt, sondern spart auch Geld. Die Empfehlungen der Wissenschaftler finden sich in einem gerade gestarteten Projekt »Wirtschaftsdüngermanagement Niedersachsen« wieder, das die niedersächsischen Ministerien für Umwelt und Landwirtschaft gemeinsam finanzieren und die Landwirtschaftskammer koordiniert. Je 15 landwirtschaftliche Betriebe aus Regionen mit Überschuss beziehungsweise Bedarf an Wirtschaftsdünger werden in den nächsten drei Jahren daran teilnehmen. »In viehdichten Regionen soll Wirtschaftsdünger gesammelt und in vieharme Regionen transportiert werden«, erklärt Rudolf Rantzau vom Landwirtschaftsministerium das Prinzip. Die Betriebe sollen den Wirtschaftsdünger in Behältern sammeln und ihn dann gezielt einsetzen. Ein Gütesicherungssystem sorgt dafür, dass die Nährstoffe im Dünger gemessen werden, sodass jeder Landwirt über die Inhaltsstoffe informiert ist und bedarfsgerecht düngen kann. Agrarwissenschaftlerin Claudia Heidecke lobt den Ansatz: »Der Knackpunkt ist allerdings: Was passiert in den aufnehmenden Regionen? Hier muss man sich auch von naturwissenschaftlicher Seite ganz genau die Gewässerqualität anschauen, damit es dort nicht zu einer Verschlechterung kommt.« Das Verbundprojekt setzt zudem auf eine bessere Ausbringungstechnik. Bei der herkömmlichen Methode spritzt die Gülle aus einem Schlauch am Tank auf einen sogenannten Prallteller, von dem sie weit durch die Luft verteilt wird und dann auf dem Feld landet. Das stinkt nicht nur, sondern ist auch unwirtschaftlich. Mit neuerer Technik können die Landwirte den Dünger direkt in den Boden geben


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Quelle: Niedersächsisches Umweltministerium

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Bewertung des Grundwassers in Niedersachsen und angrenzenden Bundesländern guter Zustand schlechter Zustand

und sofort einarbeiten. »Das erfordert neue Geräte, aber mit der Einrichtung von Maschinenringen ist eine gemeinsame Nutzung kleinerer Landwirte möglich«, sagt Rantzau. »Es gibt Förderprogramme der EU, über die Landwirte schon heute Gelder für solche Anschaffungen beantragen können.«

Weniger Fleisch, sauberes Wasser Die Landwirte stehen dem Gewässerschutz grundsätzlich positiv gegenüber. »Wir wollen noch gewässerschonender wirtschaften und unsere Nährstoffüberschüsse reduzieren«, sagte im Mai der Vizepräsident des Landvolks Ulrich Löhr beim 3. Nährstoffsymposium in Hannover. Doch bräuchten die Landwirte zur Umsetzung auch finanzielle Unterstützung und angemessene Übergangsfristen. Um strengere Regeln einzuführen, ist das Land Niedersachsen jedoch auf die Bundesregierung angewiesen, die das Düngegesetz überarbeitet. Die Europäische Kommission übt seit längerem Druck auf Deutschland aus und hat im April wegen der anhaltenden Verunreinigung der deutschen Gewässer durch Nitrat vor dem Europäischen Gerichtshof Klage eingereicht. Mit der Novelle des Düngegesetzes soll es unter anderem für die Behörden leichter werden, die Bilanzen der Landwirte zu prüfen und auf Verstöße zu reagieren. Auch Verbraucher könn-

ten zum Grundwasserschutz beitragen. Die Wissenschaftler des Thünen-Instituts schlagen in ihrer Studie auch vor, den Viehbestand abzubauen. Weniger Vieh, weniger Gülle. Bewusster Fleischgenuss kann so nicht nur die Lebensbedingungen von Kühen, Schweinen und Hühnern verbessern, sondern hilft auch, den verborgenen Lebensraum der Brunnenkrebse und letztlich unser Trinkwasser zu schützen. Eva Maria Mentzel Anzeige

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Foto: Fotolia/noppharat

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130 LITER PRO TASSE Unser ökologischer Wasserfußabdruck kann tiefe Spuren hinterlassen. Eine Bewusstmachung. Wie viel Wasser verbrauchen wir für eine Tasse Kaffee? Oder für ein wachsweiches Frühstücksei? Weit mehr als den knappen Achtelliter, der in den Becher oder den Wasserkocher passt  – denn der direkte Wasserverbrauch in der heimischen Küche ist im Vergleich zum versteckten Verbrauch bei der Erzeugung dieser und anderer Produkte kaum mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Bei einer Tasse Kaffee fallen rund 130 Liter sogenanntes »virtuelles« Wasser an, bei einem 60-Gramm-Ei fast 200.

Der Begriff »virtuelles« Wasser wurde in den 1990er-Jahren vom britischen Wissenschaftler John Anthony Allan geprägt; Arjen Hoekstra aus den Niederlanden entwickelte das Konzept des Wasserfußabdrucks weiter: Als Wasserfußabdruck wird die Wassermenge bezeichnet, die eine Nation, eine Region, eine Konsumentengruppe oder ein Konsument direkt und indirekt verbrauchen oder die bei der Erzeugung und Verarbeitung von Produkten benötigt bzw. verschmutzt wird. Die Angaben, wie viel Wasser sich in einzelnen Lebensmitteln, Verbrauchs-


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und Industriegütern »versteckt«, variieren aller- fleisch mit knapp 6.000 Litern, Hühnerfleisch mit 4.325 Litern. dings je nach Wissenschaftler und Untersuchung. Für ein Kilo Weizen werden rund 1.830 Liter verbraucht, für ein Außerdem beeinflussen Faktoren wie klimatische Kilo Kartoffeln etwa 290 Liter. und Produktionsbedingungen, verwendetes SaatZu den besonders wasserintensiven Pflanzen zählen Kaffee gut, eingesetzte Düngemittel, Anbau-, Haltungs-, und Baumwolle. Im Durchschnitt sind laut waterfootprint.org Bewässerungs- und Herstellungsmethoden den 10.000 Liter Wasser nötig, um ein Kilogramm Baumwollstoff zu Wasserfußabdruck erheblich. produzieren. Die Spannweite reicht dabei von rund 6.000 Liter Nach einer 2009 veröffentlichten Studie des in China bis 22.500 Liter je Kilo bei Baumwolle aus Indien. WWF verbraucht jeder Deutsche täglich insgesamt Die absoluten Werte können jedoch täuschen. So ist der fast 5.300 Liter virtuelles Wasser – das sind etwa Wasserfußabdruck von einem Kilogramm thailändischem 25 Badewannenfüllungen. Mehr als die Hälfte Reis mit 3.400 Litern Wasser zwar deutlich höher als von Reis, davon durch importierte Produkte, und zwar oft der in Marokko angebaut wird (2.600 Liter). Allerdings werden aus Ländern oder Gebieten, in denen Wassermangel die marokkanischen Reisfelder überwiegend künstlich bewäsherrscht. sert, dagegen kommen die Reisbauern in Thailand dank der Ein Großteil des Wassers wird in der Land- tropischen Monsunregen weitgehend ohne künstliche Bewäswirtschaft verbraucht – vor allem um Fleisch und serung aus. Fleischprodukte zu erzeugen. Ein Kilogramm RindDeshalb wird zwischen grünem, blauem und grauem fleisch schlägt in der Wasserbilanz durchschnittlich Wasserfußabdruck unterschieden. Grünes Wasser ist Niedermit fast 15.500 Litern zu Buche, ein Kilo Schweine- schlagswasser: Es wird im Boden gebunden, von den Pflanzen direkt aufgenommen, verdunstet und kehrt wieder in den natürlichen Kreislauf zurück. Blaues Wasser wird zur Bewässerung von Feldern, zur Herstellung von Produkten oder zum Verbrauch in Haushalten aus Gewässern oder aus dem Grundwasser entnommen. Graues virtuelles Wasser ist die Wassermenge, die entweder bei der Herstellung eines Produkts oder direkt beim Verbraucher im Haushalt (Abwasser) verschmutzt wird – und daher nicht mehr genutzt werden kann – oder die nötig wäre, um verschmutztes Wasser so weit zu verdünnen, dass wieder eine akzeptable Wasserqualität erreicht wird. Der Verbrauch von grünem Wasser ist in der Regel unproblematisch – es fällt vom Himmel und kehrt wieder in den Kreislauf zurück. Die Nutzung von blauem Wasser kann dagegen erhebliche Umweltschäden wie das Absinken des Grundwasserspiegels, das Austrocknen von Flüssen und Seen oder die Versalzung des Bodens verursachen. Die riesigen Baumwoll­ felder in Usbekistan wurden jahrzehntelang mit Wasser aus den Zuflüssen des Aralsees bewässert. Der Anteil des blauen Wassers an der Baumwollproduktion liegt dort mit 88 Prozent weit über dem weltweiten Durchschnitt von 13 Prozent. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind katastrophal: Der Aralsee, einst mit rund 67.000 Quadratkilometern das viertgrößte Binnengewässer der Welt, schrumpfte zeitweise auf eine Fläche unter 11.000 Quadratkilometer und ist heute teilweise Wüste. Wasserraubbau ist auch in Europa ein Problem. In Spanien gibt es Schätzungen zufolge rund 500.000 illegal genutzte Brunnen. Weil Betriebe in der Nähe des Nationalparks Coto de Doñana jahrelang ihre Erdbeer- und Blaubeerfelder mit Wasser aus illegalen Brunnen bewässerten, droht das Feuchtgebiet nach einer 2012 veröffentlichten WWF-Studie auszutrocknen.


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Foto: Picture-Alliance/Photoshot

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Die Schiffe liegen auf dem Trockenen: Jahrzehntelange Nutzung der Aralsee-Zuflüsse für die Baumwollproduktion machte aus dem viertgrößten Binnengewässer der Welt eine Wüste.

Den Initiativen zum Schutz des Naturparks und gegen den Wasserraub haben sich inzwischen auch einige große Supermarktketten angeschlossen. Die Coop eG beispielsweise unterstützt nach eigenen Angaben ihren wichtigsten Erdbeerlieferanten in Südspanien bei der Errichtung eines effizienten Bewässerungssystems. Dadurch sollen bis zu 30 Prozent Wasser – pro Jahr 234.000 Kubikmeter – eingespart werden. Verbraucher können bei Unternehmen nachfragen, ob sie den Wasserfußabdruck der von ihnen produzierten oder verkauften Produkte überhaupt analysieren und Maßnahmen ergreifen, um ihn zu reduzieren. Ihren persönlichen Wasserfußabdruck können Sie verbessern, indem Sie beispielsweise Erzeugnisse aus der Region und Obst und Gemüse der Saison bevorzugen, weniger Fleisch essen, Handelswaren aus Gebieten mit Wassermangel meiden und Produkte mit weniger Wasserverbrauch wählen. Zum Vergleich: Um ein Blatt Recycling-Papier herzustellen, wird 1/10 Liter Wasser benötigt, bei gewöhnlichem Papier sind es zehn Liter. Eva Walitzek-Schmidtko

Wieviel Wasser wofür?

Wasserverbrauch in Litern

1 Apfel

125

1 kg Tomaten

184

1 kg Kartoffeln

290 74

1 Glas Bier 1 Glas Milch 1 l Wein 1 Tasse Tee

255 872 27

1 kg Hühnerfleisch

4.325

1 kg Schweinefleisch

5.988

1 Jeans

9.350


WER WAR EIGENTLICH …

… JOHANN A. RÖBLING?

Fotos: WikiCommons

Er war ein Pionier der Brückentechnik, mit Stein und Stahl überwand Johann August Röbling reißende Ströme. Gleichzeitig war er überzeugt, dass Wasser die einzig wirksame Medizin für kranke Menschen ist. Seine größte Brücke, die Brooklyn Bridge über den East River in New York, ist ein Meisterwerk der Stahlseiltechnik und heute eines der großen architektonischen Symbole New Yorks. Aber sein Glaube an die Alleinheilkraft des Wassers brachte Röbling den frühen Tod. Geboren wurde Johann August Röbling 1806 in der thüringischen Stadt Mühlhausen, getauft in der dortigen Blasius-Kirche. Er ist das mathematisch und technisch begabteste der fünf Kinder des Tabakhändlers Polykarpus Röbling und darf in Berlin Ingenieurswesen studieren. hattan nach Brooklyn als Ersatz für den jahrhundertealten, im Wer einmal Röblings Geburtsstadt Mühlhausen besucht und Winter oft eingefrorenen Fährverkehr. Gesamtlänge der Brüim Anschluss New York (oder umgekehrt), wird sich wundern: cke: 1.834 Meter. Damals das größte Bauvorhaben der USA und Die gotischen Bögen der Blasius-Kirche finden sich in den cha- die längste Brücke der Welt. Als er alle Konstruktionszeichnunrakteristischen Granitbögen der Brooklyn Bridge wieder. Röb- gen aufs Genaueste verfasst und den Startschuss zu den Grundling hat sie zu einem der Kennzeichen seiner letzten und größ- pfeilerarbeiten gegeben hatte, bei denen viele der eingesetzten ten Brücke gemacht. Arbeiter schwere Schäden davontrugen, verletzte sich Röbling 1831 bestieg er in Bremen gemeinsam mit mehreren selbst auf der Baustelle. Sein Fuß musste amputiert werden, als Dutzend anderen Bürgern aus Mühlhausen das Schiff einzige Heilmaßnahme ließ er lediglich Tag und Nacht Wasser »August Eduard«. Sie alle sahen in Europa keine wirtschaft- über die Amputationswunde laufen. Die Warnungen der Ärzte schlug er in den Wind, innerhalb von zwei Wochen starb er an dem zu erwartenden Wundstarrkrampf. Das war im Juli 1869. Migrant und Meisteringenieur Sein Sohn Washington, ebenfalls studierter Ingenieur, liche Zukunft und wanderten nach Amerika aus. Die Mutter übernahm nun die Ausführung der Brooklyn Bridge, exakt Röblings stirbt vor Kummer über den Verlust des Sohnes nach nach den Plänen des Vaters. Später sagte er, er sei im Grunde der Ausfahrt des Schiffes an einem Herzanfall. mit seinem Vater zu einer einzigen Figur verschmolzen. Die In den USA angekommen, versuchte sich Röbling zunächst Öffentlichkeit habe ihn als verlängertes Leben seines Vaters mehrere Jahre als Farmer. Und scheiterte. Dann trat er in eine wahrgenommen, was eine schwere Last gewesen sei. Auch Firma für Kanalbau ein, wurde schließlich zum selbstständi- Washington Röbling erkrankte und starb infolge der Brookgen Unternehmer: Durch die Erfindung, Fertigung und den lyn-Bridge-Baustelle: Der lange Aufenthalt in den metallenen Vertrieb neuartiger, extrem belastbarer Drahtseile kam Röb- Überdruckkammern für die Pfeilerarbeiten am Flussboden ling zu Reichtum. Er wurde amerikanischer Staatsbürger, hei- führte bei ihm zur unheilbaren Caisson-Krankheit. Die letzratete, seinen ersten Sohn nannte er Washington aus Dankbar- ten Arbeiten an der Brücke sowie die feierliche Eröffnung 1883 keit gegenüber seiner neuen Heimat. leitete daher Washington Röblings Ehefrau Emily Röbling, die Röbling bekam nun Aufträge für Brücken an Stellen, die bis- Schwiegertochter Johann Augusts. her als unüberwindbar galten: Unter anderem durfte er mit seiDie Brooklyn Bridge erhielt schon kurz nach ihrer Eröffner Drahtseiltechnik eine Eisenbahnbrücke über den Niagara- nung den Beinamen »Das achte Weltwunder«. Seit 2009 wird Fluss nahe den tosenden Wasserfällen konstruieren. Dann der sie für mehrere hundert Millionen Dollar aufwendig renoviert. gigantische Auftrag: eine Brücke über den East River von Man- Renate Schwarzbauer


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Foto: Picture-Alliance/Quagga Illustrations

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GESCHICHTE(N) AM WASSER Unser Umgang mit dem Wasser verrät viel über die Grundlagen unserer Kultur und Gesellschaft. Es ist eine sehr wechselhafte Beziehung, die uns mit diesem Element verbindet. Einige Notizen zu einer norddeutschen Sozialgeschichte des Wassers. Siedeln Am Anfang unserer Geschichte war das Eis. Mächtige Gletscher formten während der Eiszeiten die norddeutsche Tiefebene. Ihre Schmelze ließ die Meeresspiegel steigen, bis ca. 6.500 vor Christi Geburt die Nordsee ihre heutige Ausdehnung erreichte. An der Küste entstand die amphibische Welt des Wattenmeers und der Marschwiesen, im Hinterland der Flüsse bildeten sich

ausgedehnte Moore und Sümpfe. Das war die Umwelt, mit der sich die frühen Siedler arrangieren mussten. Ein Reisender* aus dem fernen Rom berichtet im 1. Jahrhundert schaudernd von den »unglücklichen« Menschen an der Nordseeküste, die zum Schutz vor den Fluten »Erdhügel« anhäuften, auf denen sie wie »Schiffbrüchige« hockten. Sie trockneten »Schlamm«, mit dem sie Essen kochten und sich


wärmten. Mit etwas Fantasie erkennen wir in dieser Schilderung ein frühes Zeugnis der ersten Wurten und der Nutzung von Torf als Brennmaterial. Kulturtechniken einer Lebensweise, die später von den Friesen noch Jahrhunderte fortgeführt wurde. Das Wasser war unersetzliches Lebensmittel, reiches Jagdgebiet und nährte die Uferwiesen, auf denen das Vieh graste. Flüsse und Meere dienten als Verkehrswege und als natürlicher Schutz vor Angriffen. Doch schon die nächste Flut konnte das Verderben bringen. Der unberechenbaren Natur vermochten die Menschen jener Zeit wenig entgegenzusetzen. Sie mussten auf den Beistand der Götter und den Zusammenhalt ihrer Gemeinschaft vertrauen. Maritime Siedlungen bildeten gegenüber dem Land oft Traditionsinseln. Über den Seeweg knüpften sie jedoch schon früh überregionale Verbindungen, durch die neben Waren auch neue Ideen eingeführt wurden. Mit ihren weiträumigen Kontakten durchbrachen Großbauern, Fernkaufleute und Kapitäne die starre ständische Welt des Mittelalters. Im Hinterland der

Häfen blieb die Seefahrt bis ins 19. Jahrhundert eine soziale Praxis einzelner Dörfer, die sich über die Geschichten der Heimkehrer in den langen Wintermonaten stets erneuerte. Diese Traditionen erloschen, als die Fahrten ausgedehnter und die Seeleute in ihren Heimatorten von Nachbarn zu seltenen Besuchern wurden. Auch die Siedler im Binnenland orientierten sich am Wasser. Gute Plätze lagen möglichst nah an den Flüssen, Seen oder Brunnen, aber noch außerhalb der Überschwemmungsgebiete. Im frühen Mittelalter gab es keinen bedeutenden Ort, der sich nicht an schiffbaren Flüssen oder in unmittelbarer Nähe davon befand. Als vorherrschender Schiffstyp diente der Einbaum, der über geringe, aber damals noch ausreichende Ladekapazitäten (immerhin 0,25  – 1,5 Tonnen) verfügte. Mit seinem niedrigen Tiefgang von 40 Zentimetern konnte er auch kleinere Flüsse befahren.

Herrschen

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a m n e s t y a f t e r wo r k Schreiben Sie für die Menschenrechte – gegen Verfolgung, Gewalt und Folter

Gemeinsam für die Menschenrechte Sie können helfen: Wir laden Sie herzlich ein, uns montags zu besuchen. Lassen Sie Ihren Tag mit einer guten Tat bei Kaffee, Tee und Gebäck ausklingen, indem Sie sich mit Faxen, Petitionen oder Briefen gegen Menschenrechtsverletzungen in aller Welt einsetzen. Öffnungszeiten: Montag 18 bis 19 Uhr after work cafe Dienstag 11 bis 12 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 19.30 Uhr amnesty Bezirksbüro Hannover Fraunhoferstraße 15 · 30163 Hannover Telefon: 0511 66 72 63 · Fax: 0511 39 29 09 · www.ai-hannover.de Spenden an: IBAN: DE23370205000008090100 · BIC: BFSWDE33XXX Verwendungszweck: 1475

Die Klimaerwärmung im Mittelalter ermöglichte ein enormes Bevölkerungswachstum. Viele Höfe und Siedlungen wurden nun auch in weniger guten Lagen errichtet, die schlecht entwässert oder von Überschwemmungen bedroht waren. Der Mensch orientierte sich nun weniger am natürlichen Wasservorkommen, er begann der Natur zu trotzen. »Wer nicht will weichen, der muss deichen«, heißt es an der Küste nicht ohne Grund. Aus kleinen Dämmen, die anfangs nur um einzelne Wurten verliefen, entwickelte sich bis zum 13. Jahrhundert der »Goldene Ring« einer geschlossenen Deichkette um Friesland. Im Schutz der Deiche wurden nun auch niedrigere Gebiete bebaut, während die Anlage von Wurten allmählich eingestellt wurde. In den feuchten Marschen grassierte die Malaria und forderte viele Todesopfer. Der Deichbau hatte auch unerwartete Folgen: Vor den Wällen staute sich nun die Flut noch höher auf, während das Land dahinter durch Entwässerung absackte. Deichbrüche führten in den nun dicht besiedelten Niederungen zu verheerenden Katastrophen. In der Folge wurden die Anstrengungen im Küstenschutz noch verstärkt. Die Lohnarbeiter für die Großbaustellen rekrutierten sich vorwiegend aus den Reihen der armen Kleinbauern von den schlechteren Siedlungsplätzen, deren Erträge nicht zum Leben reichten.


Aneignen

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gen zur besseren Qualität des Trinkwassers beförderten. Doch erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts konnten Schutzmaßnahmen durchgesetzt werden, die auch Flüsse, Seen und die Meere mit einschlossen. Wasser wurde nun zunehmend wertvoller und zwar nicht nur als Trink- und Nutzwasser. Schon in der Aufklärung gegen Ende des 18. Jahrhunderts entstanden Badeanstalten für die bessere Gesellschaft, weil dem Wasser gesundheitsfördernde Eigenschaften zugeschrieben wurden. Als Freizeitvergnügen breiter Bevölkerungskreise kamen Bäder erst im 20. Jahrhundert in Mode. Inzwischen sind Wasserwelten als inszenierte Freizeit-, Wellnessund Erlebnisräume aus dem Tourismus und der Naherholung nicht mehr fortzudenken. Wie würde unser Reisender aus Rom heute die Nordseeküste betrachten? Vermutlich fände er sich staunend vor einem Zaun w ieder. Die Zeiten, in denen man übera l l i n Fr iesla nd u nentgelt l ich a n den Strand gehen konnte, sind vorbei. Auch an den Binnenseen wie am Stein huder Meer, sind weite Uferbereiche öf fent l ich nicht mehr zugänglich. Im ersten Fall wird eine Einnahmequelle geschützt, im zweiten die Exklusivität des Privatbesitzes. Beide erklären jedoch das Gemeingut Wasser zur Ware. Bestrebungen der EU-Kommission im Jahr 2013, auch die Privatisierung der öffentlichen Wasserversorgung vorzubereiten, riefen massenhafte Proteste hervor und konnten mit Hilfe der ersten europäischen Bürgerinitiative gebremst werden. Die Initiatoren sorgten sich um den künftigen freien Zugang zu sauberem und bezahlbarem Wasser und beriefen sich dabei auch auf eine Deklaration der UN von 2010: Wasser ist ein Menschenrecht. Ulrich Matthias

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Foto: Ingo Wagner/dpa

Der Naturraum Wasser wurde zum Kulturraum. Selbst die unfruchtbaren Moore blieben nicht vom Zugriff des Menschen verschont, aber erst die steigende Nachfrage nach Torf ließ ab dem 17. Jahrhundert eine großangelegte Kultivierung rentabel werden. Die erste ostfriesische Fehnsiedlung wurde 1633 von Emder Kaufleuten in Großefehn gegründet, andere Kolonien wurden vom Staat zur Grenzsicherung ausgewiesen. Die Parzellen lagen jedoch weit im Moor und waren zu klein, um einen ausreichenden Ertrag auf ihnen zu erwirtschaften. Nach Ablauf der Freijahre, in denen keine Abgaben gezahlt werden mussten, breitete sich unter den Kolonialisten bittere Armut aus. Während der nationalsozialistischen Diktatur gehörte das Elend der Moorarbeit schließlich zum unmenschlichen Kalkül. Die Zwangsarbeit in den berüchtigten Emslandlagern kostete bis zu 30.000 Menschen das Leben. Die Wasserräume wurden auch weit im Binnenland umgestaltet. Ein florierender Handel erlaubte den Einsatz größerer Schiffe und initiierte den Bau von Kaianlagen. Auf vielen kleinen Flüssen kam der Verkehr zum Erliegen. Besonders die Städte an den Kreuzungen von Schifffahrtswegen und Landstraßen erfuhren eine erhebliche Aufwertung. Zu ihrem Schutz wurden Flüsse begradigt und Befestigungen mit Wassergräben angelegt. Innerhalb des engen Gürtels der dicht besiedelten Städte entschied bald der soziale Status über den Zugang zu sauberem Wasser. Mangelnde Hygiene führte immer wieder zum Ausbruch von Seuchen in den ärmeren Vierteln. Auf den Innenhöfen lagen die Brunnen oft direkt neben den tiefen Abortschächten. Wasserleitungen galten als Luxus und sind für Bremen immerhin seit 1394, für Hannover seit 1512 und für Hamburg seit 1531 verbürgt, blieben jedoch den Honoratioren vorbehalten. Für die ärmeren Schichten änderte sich bis in das 19. oder 20. Jahrhundert nichts. Als in Braunschweig einer Typhusepidemie im 18. Jahrhundert erstaunlich viele Wohlhabende zum Opfer fielen, wurde ihnen ausgerechnet die vornehme Sitte des »stillen Örtchens« im eigenen Haus zum Verhängnis, da mangels Kanalisation die Erreger von den Fliegen auf das Essen übertragen wurden.

Es waren vor allem die Erkenntnisse aus der medizi- * Quellenangaben, Anmerkungen und Literaturtipps nischen Forschung, die bald wirksame Anstrengun- auf Asphalt-magazin.de

Vor diesem Zaun endet das freie Fries­ land. Die Proteste blieben erfolglos.


Hoffnungsträger

Gewinnsp

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Alarmierende Nachrichten aus der Wüste: Die Addax-Antilope steht kurz vor der Ausrottung. Kürzlich wurden noch genau drei wild lebende Tiere gezählt. Hoffnung, die majestätischen Tiere zu retten, besteht in der Zoo-Nachzucht: Seit 1985 werden in Zoos geborene Addax-Antilopen in Schutzgebieten wieder angesiedelt, um deren Nachkommen irgendwann wieder ganz in die Sahara auszuwildern. Zwei neue Hoffnungsträger für die Erhaltung der Art gibt es jetzt auch im Erlebnis-Zoo Hannover: die beiden süßen Böckchen wurden Ende Mai geboren. Möchten Sie den Addax-Nachwuchs in der Sambesi-Land­ schafts des Zoos gern besuchen? Dann beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Wie viele noch wild lebende AddaxAntilopen wurden kürzlich gezählt? Die Lösung unseres letzten Zoo-Rätsels lautete: am 18. April 2016.

Foto: Zoo Hannover

Asphalt verlost 10 x 2 Karten für den Zoo Hannover!

Schicken Sie uns eine Postkarte, eine E-Mail oder ein Fax mit Ihrer Antwort und dem Stichwort »Zoo« bis zum 31. August 2016 an: Asphalt-Redaktion, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Han­ n over, gewinne@asphalt-magazin.de, Fax: 0511 – 30 12 69-15. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

Asphalt verlost 3 x Fahrsicherheit für Senioren

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Gemeinsam mit dem ADAC Fahrsicherheits-Zentrum Hannover-Messe ver­ losen wir 3 Doppelpacks bestehend aus dem maßgeschneiderten »Sicher­ heits-Training« und »Technik leicht erfahren« im Wert von je 89 Euro! Wir drücken Ihnen die Daumen!

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Foto: ADAC/N. H. Müller

Mobil sein heißt: Kontakte pflegen, Besorgungen erledigen, Reisen unter­ nehmen, einfach selbstständig und aktiv am Leben teilnehmen. Mit zuneh­ mendem Alter lassen körperliche und geistige Funktionen teilweise nach, und bei vielen schwindet das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Deshalb bietet das ADAC Fahrsicherheits-Zentrum Hannover-Messe für alle, die im besten Alter sind und Freude am Autofahren haben, ein maß­ geschneidertes Fahrsicherheits-Training an. Das vierstündige Aktiv-Trai­ ning ermöglicht es Senioren, auch zukünftig sicher am immer hektischer werdenden Straßenverkehr teilzunehmen. Hier werden zusätzlich zum Wissen über die neusten Verkehrsregeln auch Bremstechniken und die Vermeidung von Gefahrensituationen vermittelt. In modernen Autos ist heutzutage zudem viel Technik verbaut, die Kom­ fort und Sicherheit bietet. Diese Fortschritte können schnell zur Heraus­ forderung werden. Deshalb gibt es jetzt zusätzlich das Training »Technik leicht erfahren«. Hier zeigen die erfahrenen ADAC Trainer den teilneh­ menden Senioren, was ihr Fahrzeug alles kann und wie sie diese Technik einfach für sich nutzen können. Bestandteile sind zum Beispiel ABS, ESP und weitere Assistenz-Systeme.


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LERNEN DÜRFEN Das Diakonische Werk Hannover engagiert sich bei den Sprachlernklassen für junge Flüchtlinge haben eine lange Flucht und den Verlust von Angehörigen hinter sich. Andere ausländische Schüler sind durch berufstätige Eltern hier in Hannover, ganz ohne Fluchtgeschichte. Viele Schulen stehen vor der Aufgabe, ganz unterschiedliche Schüler mit stark differierenden Vorkenntnissen zu unterrichten: Für minderjährige Flüchtlinge besteht genau wie für minderjährige Deutsche Schulpflicht. Gemeinsame Leidenschaft aller Schülerinnen und Schüler, egal woher sie kommen und auf welchem Leistungsstand sie sind, ist der Umgang mit dem Computer. Frank Enge: »Wir nutzen hervorragende Lernprogramme, um die Freude am Lernen zu unterstützen. Das Wichtigste bleibt aber immer die menschliche Zuwendung.« Renate Schwarzbauer

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Sprachlernklasse aus Hannover beim Ausflug nach Bremen. Sozialarbeiter Frank Enge (3.v.l., hinten): »Wir geben den Flüchtlingen Orientierung«.

creativteam.com

Foto: pro migration

Landauf, landab sind Sprachkurse für Flüchtlinge stark nachgefragt. Wie wichtig dieser Sprachunterricht ist, hat »pro migration«, eine Abteilung des Diakonischen Werkes Hannover, früh erkannt: »Unser Sprachunterricht feiert jetzt sein 15-jähriges Bestehen«, sagt Sozialarbeiter Frank Enge. Das Besondere: »pro migration« setzt bewusst auf die Mischung aus persönlicher Begegnung und computergestütztem Unterricht. Frank Enge: »Vor 15 Jahren kamen unsere ersten Schülerinnen und Schüler aus den Krisengebieten des Balkans, aus Albanien, Serbien, dem Kosovo. Dazu junge Aussiedler aus Russland. Seitdem sammeln wir Erfahrungen, wie man die hochmotivierten jungen Leute, die oftmals Schlimmes hinter sich haben, am besten unterrichtet.« Heute unterstützt »pro migration« Sprachlernklassen an der Bertha-von-Suttner-Schule, an der PeterUstinov-Schule und an Berufsbildenden Schulen der Region Hannover. Neben den Sprachunterricht treten Unternehmungen in der Gruppe, Sport, Einführungen in das Leben in Deutschland und Stadterkundungen in Hannover. Das Foto auf dieser Seite zeigt Schülerinnen und Schüler aus zehn Nationen bei einem Ausflug nach Bremen während des vergangenen Schuljahres. Frank Enge und auch seine Kollegin Petra Riedewald, die den Deutsch-Intensivkurs leitet, haben immer ein offenes Ohr, weit über den Sprachunterricht hinaus: »Die jungen Migrantinnen und Migranten wissen oft noch nicht, welche weiterführende Schule für sie die richtige ist, überhaupt, wie das deutsche Schulsystem funktioniert oder wie man eine Ausbildung machen und gleichzeitig auf die Berufsbildende Schule gehen kann.« Wolfgang Drücker, Direktor der Bertha-von-Suttner-Schule Hannover, ist froh über die Unterstützung durch das Diakonische Werk. Er will die Sprachlernklassen auf jeden Fall erhalten. Die meisten der Schülerinnen und Schüler stammen aus Syrien, Iran und Afghanistan. Einzelne kommen aus afrikanischen Ländern, auch sie


BELEBUNG AM RASCHPLATZ? Mit einem sommerlichen Musikprogramm will die Stadt die Aufenthaltsqualität auf dem Raschplatz verbessern. Für den wenig beliebten Ort gerät das sicher nicht zum Nachteil. Nur an dem eigentlichen Problem ändert sich dadurch nichts. »Summer in the City« nennt sich auf neudeutsch und metropolengerecht das Kulturprogramm für die Betonschüssel hinter dem Bahnhof. Vom 13. Juli bis 2. September treten nun junge hannoversche Künstler und Künstlerinnen auf einer Bühne auf, die gewiss nicht zufällig genau auf die vom Bahnhof hinab führende Treppe gerichtet ist. Dort, wir erinnern uns (siehe Asphalt Juli 2016), lenkte das Fehlverhalten weniger (Alkoholkonsum und »wildes Urinieren«) den Blick auf das viel größere soziale Problem osteuropäischer Zuwanderer.

Die Kultur ist so etwas wie das fünfte Rad am Vier-SäulenModell, das für den Innenstadtbereich entwickelt wurde. Das Modell ruht auf den Stützen »Sicherheit«, »Sauberkeit«, »Service« und »Soziale Hilfsangebote« und soll mit dem neuen Konzept auch auf den Raschplatz übertragen werden. Deshalb wird nun öfter kontrolliert und gewischt und die Sicherheitsdienste stehen auch besorgten Bürgern mit Rat und Tat zur Seite. Nur eine Ausweitung der sozialen Hilfsangebote ist nicht geplant. Statt dessen spielt nur die Musik.


Erforderlich wäre eine zentrale Anlaufstelle für Osteuropäer, wo der jeweilige Bedarf festgestellt und die Betroffenen gezielt weitervermittelt werden könnten. Doch das ist politisch nicht gewollt. Stadt und Region Hannover sperren sich gegen den Vorschlag und sehen sich nicht in der Pflicht, den »Problemgruppen« vom Raschplatz soziale Angebote zu machen. Das könnte sich herumsprechen. »So leid einem das tut«, sagt Stadtsprecherin Konstanze Kalmus, »wer keine Ansprüche besitzt, hat eben auch keine Anlaufstellen«. Es fehlt an Orientierung auf beiden Seiten. Viele EU-Migranten finden trotzdem den Weg in die Kleiderkammer der Diakonie in der Burgstraße. »Vor zwei Jahren fiel mir auf, dass wir dort eine Reihe von Leuten haben, die wir oben bei den Beratungsstellen nie sehen«, sagt Michael Schröder-Busch, von der »Sozialberatung für EU-Bürger«, ebenfalls Teil des mit EHAPMitteln geförderten Projekts. Heute bieten die Berater ihre Hilfe direkt bei der Kleiderausgabe an. Und der Bedarf ist hoch. Der Sozialarbeiter kann von einem über 70-jährigen Ehepaar berichten, das seit einem halben Jahr unter einer Leinebrücke lebt, obwohl die Frau auf einen Rollator angewiesen ist. Immerhin: Die Vernetzung der sozialen Hilfsleistungen schreitet voran, allerdings handelt es sich dabei um absolute »Nothilfen«. Reiner Müller-Brandes, Leiter der Diakonie in Hannover, sieht deshalb in dem jetzigen Arrangement noch keine Lösung. »Derzeit können wir nur ein absolutes Basis­ angebot machen«, aber das sei keine Perspektive: »Man kann sich doch nicht damit begnügen, die Leute irgendwie ruhig zu stellen«, sagt der Kirchenmann. Doch genau darum scheint es zu gehen. Um EU-Migranten entwickele sich derzeit in Deutschland eine Negativkonkurrenz, konstatierte die Wochenzeitung Die Zeit. Deshalb ist es so lästig, wenn dieses Problem punktuell sichtbar wird, wie am Raschplatz. Eine Vertreibung sei nicht gewollt, versichert die Stadt. Wirksame Hilfe aber auch nicht. Deshalb soll es die Kultur nun richten. Vielleicht funktioniert es sogar und irgendwann hört und sieht man von armen EU-Migranten nichts mehr. Inzwischen plant die Bundesregierung, EU-Migranten erst nach fünf Jahren Arbeit einen Anspruch auf soziale Leistungen zu gewähren. Das wäre dann die Kehrseite der Willkommenskultur. Und die Stadt Hannover? Kündigt für November 2016 einen Zwischenbericht zu den nun beginnenden Maßnahmen an. Mitte 2017 soll ein umfassendes Konzept für den öffentlichen Raum vorgelegt werden. Ein Konzept zur Sicherheit und Ordnung. Text und Foto: Ulrich Matthias (Das Bild zeigt den Raschplatz während des laufenden Kulturprogramms.)

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Für Harald Bremer vom Karl Lemmermann Haus ist denn auch klar: »So wird die Stadt ihr Problem nicht los«. Der Raschplatz sei als Innenstadtplatz doch sehr unpersönlich und werde von Passanten vorwiegend als Transitstrecke genutzt. Für Migranten aus Osteuropa sei er aber schon wegen der Bahnhofsnähe ein natürlicher Treffpunkt. »Hier erfahren sie von anderen Zuwanderern, wohin sie sich wenden können, wo sie Unterschlupf für eine Nacht finden und ärztliche Versorgung«. Existentiell wichtige Informationen für diese Menschen. Alkoholmissbrauch ist nur eines der Symptome für die prekäre soziale Lage von Menschen, für die sich niemand verantwortlich fühlt. EU-Migranten hängen oft zwischen allen Stühlen. Hilfe, wie sie etwa Flüchtlingen aus Syrien gewährt wird, erhalten sie nicht. Um in Deutschland einen Anspruch auf Hartz IV oder einen Wohnheimplatz zu erhalten, müssen sie mehr als ein Jahr gearbeitet haben. Damit soll Armutswanderungen in der EU begegnet werden, die massenhafte Verelendung dieser Personengruppen soll als Abschreckung dienen und wird von der Bundespolitik in Kauf genommen. Etwas über 6.000 Menschen allein aus Rumänien und Bulgarien sind derzeit in Hannover gemeldet. Dazu kommt eine unbekannte Zahl von Arbeits­suchenden, die oft direkt in der Obdachlosigkeit landen. Ohne Postadresse ist es aber schwer, an Arbeit zu kommen, ein Teufelskreis. Die Kommunen sind gesetzlich verpf lichtet, diesen Menschen wenigstens vorübergehend ein Obdach zu verschaffen. In Hannover haben sich Stadt und Region Hannover nun mit sozialen Diensten wie Diakonie, Caritas, AWO oder Can Arkadas erfolgreich um Mittel aus dem Europäischen Hilfsfonds für besonders von Armut betroffene Personen (EHAP) bemüht. Die Gelder wurden für die Jahre 2016 bis 2018 bewilligt und sollen helfen, die drängendsten Probleme zu lindern. Mehr aber auch nicht. »Die Osteuropäer stellen inzwischen die größte Einzelgruppe in unserer Einrichtung«, sagt Nadine Haandrikman-Lampen von der Zentralen Beratungsstelle (ZBS) der Wohnungslosenhilfe. Da müssten zunächst Kultur- und Sprachbarrieren überwunden werden. »Wir erhalten aber kein Geld, um für diese zusätzlichen Dienste Personal einzustellen. Leidtragende sind die Wohnungslosen, die inzwischen bis zu vier Wochen auf eine Beratung warten«.

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AUS DER SZENE

Straßenambulanz in Not

City of Music?

Die Straßenambulanz der Caritas sucht dringend ehrenamtliche Mediziner. Der mobile Dienst sichert die ärztliche Versorgung für arme Menschen, die von den regulären Gesundheitsleistungen ausgeschlossen bleiben. Und die werden immer mehr. Inzwischen kommen längst nicht mehr nur Wohnungslose in die Sprechstunden. Senioren, die von der wachsenden Altersarmut betroffen sind und Flüchtlinge, besonders aus EU-Osteuropa, werden in zunehmendem Maße als Patienten vorstellig. Viele von ihnen können sich die Zuzahlungen nicht leisten, manche haben nicht einmal eine Krankenversicherung. Mit Sorge beobachten die Ärzte, dass auch immer mehr Kinder den Dienst in Anspruch nehmen müssen. UM

Mit seiner Fotoreportage »Straßenmusik! … was sonst?« will der hannoversche Fotograf Thomas Kurek ein Zeichen setzen zugunsten freier Straßenmusik in der Landeshauptstadt. Er mischt sich in die aktuelle Diskussion ein, ob Straßenmusiker störend sind für das Stadtbild, die Geschäfte und das Einkaufsklima. Kurek: »Straßenmusiker gehören zu einer leben­ digen Stadtkultur und der Plan der City-Kauf leutegemeinschaft, sie erst vorspielen zu lassen, um die Auswahl zu lenken und zu beschränken, ist unwürdig für eine Stadt, die den Titel ›Unesco City of Music‹ trägt«. Kurek arbeitet seit vielen Jahren mit wohnungslosen oder überschuldeten Menschen und sagt: »Diese Fotografien entstanden in den letzten drei Jahren. Es sind immer mehr Menschen aus den neuen EU-Ländern, die kommen, um auch am Wohlstandsversprechen teilzuhaben. Oft haben sie eine musikalische Ausbildung und konnten in ihrer Heimat bis vor einigen Jahren ihre Existenz als Musiker sichern. Durch die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen dort haben sie diese Möglichkeit verloren. Oft sind es aber auch arme Menschen, denen aufgrund ihrer Herkunft und Volkszugehörigkeit in ihrer Heimat jegliche Chance auf Bildung, Arbeit und Sicherheit verwehrt wird. Sie verdienen unseren Respekt. Sie bereichern unseren Alltag und machen die Innenstadt lebendiger.« Die Fotografien von Thomas Kurek sind bis zum 31. August täglich ab 10 Uhr im Kulturzentrum Pavillon, Lister Meile 4, zu sehen. Der Eintritt ist frei. Internet: www.kurek.info. SCH

Kommen Sie mit – zum sozialen Stadtrundgang! Asphalt zeigt Ihnen das andere Hannover. Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer führen Sie zu Orten, an denen Wohnungslose keine Randgruppe sind. Ein außergewöhnlicher Stadtrundgang – von ExpertInnen der Straße geführt!

Nächster Termin: 26. August 2016, 15 Uhr. Treffpunkt: Asphalt, Hallerstraße 3, 30161 Hannover. Bitte anmelden: 0511 – 30 12 69-20. Teilnahme auf Spendenbasis: ab 5 Euro pro Person. Gruppen vereinbaren bitte gesonderte Termine! Auf Nachfrage auch in englischer Sprache!


Ferienzeit – Urlaubszeit – darauf freuen sich Jung und Alt gleichermaßen. Sie könnte so unbeschwert und schön sein, die Sommerzeit, käme sie nicht für manche Menschen völlig überraschend; und so manch einer überlegt nicht lange: wohin mit dem geliebten Haustier? Und so passiert es Jahr für Jahr wieder, dass verantwortungslose Menschen ganz plötzlich ihrer Tiere überdrüssig sind. So traurig es auch ist, ein Tier einfach so abzuschieben, wäre ein Tierheim sicherlich die fürsorglichste Lösung. Aber tatsächlich werden jedes Jahr unzählige Tiere ausgesetzt, festgebunden auf Parkplätzen. Oder sie werden einfach aus dem Auto geworfen! Es scheint, als seien Tiere für Menschen nichts weiter als Wegwerfartikel, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Nicht eine Sekunde scheinen die Urlauber daran zu denken, dass ein Tier, wenn niemand es findet, unsäglich leiden muss, bevor es elendig verendet. Mir tut es weh, wenn ich an das Schicksal der Tiere denke. Aber es ist wohl sinnlos, diese Menschen zu bitten, nur ein bisschen zu überlegen, bevor sie sich ein Haustier anschaffen. Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden…

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»ICH WOLLTE ZWEIRAD­ MECHANIKER WERDEN« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäufer Manfred (57). Du kommst mit einer EM-Jacke zum Interview? Ja, weil ich die Jacke schön finde. War doch gerade Fußball EM. Da hab ich die gekauft für zehn Euro. Man muss sich auch mal was gönnen, find ich.

Bist du ein so großer Fußballfan? Nein, das nicht. Ich habe zwar so einige Spiele geschaut, aber ein richtiger Fan bin ich nicht. Und das ist auch nicht mein Hobby.

Was ist denn dein Hobby? Radfahren. Das mache ich echt gerne. Bin viel mit meinem Fahrrad unterwegs. Das ist daher auch immer in Schuss, leg’ ich Wert drauf. So in der Woche kommen schon 200 Kilometer zusammen, die ich abfahre.

Manfred, du bist weitestgehend gesund, hast keine Alkohol- oder Drogenprobleme oder bist mal auf die schiefe Bahn gekommen. Wie kommt es eigentlich, dass du auf so etwas wie Asphalt angewiesen bist? Ganz simpel: Ich bin nie so richtig in einem Beruf angekommen. Ich wollte immer Zweiradmechaniker werden. Aber es hat nie geklappt. In anderen Jobs klappte es nicht so recht. Auch das Arbeitsamt hat mir nicht geholfen. Die haben mich immer nur in irgendwelche Lehrgänge und Maßnahmen gesteckt, die überhaupt keinen Sinn machten. Naja, und irgendwann bin ich dann in einer Sackgasse gelandet. Sozialhilfe. Und da kommt man nicht so einfach wieder raus. Zum Glück habe ich lange Zeit bei meiner Mutter wohnen können, so dass ich wenigstens die Miete sparen konnte.

Was heißt lange Zeit? Das ist ordentlich. Sind das so Radtouren mit anderen?

Bis vor etwa 20 Jahren.

Nee, ich fahre lieber alleine. Da muss man weniger Rücksicht auf andere nehmen. Zum einen bin ich wegen Asphalt viel unterwegs. Zum anderen schau ich mir gerne Orte an, die ich nicht kenne. Da fahre ich dann halt hin.

Das heißt, du bist erst mit 37 Jahren bei deiner Mutter ausgezogen?

Bist du auch sonst eher der Einzelgänger? Nicht grundsätzlich. Aber ich mache schon recht viel allein. Ich habe aber auch Freunde, so ist es nicht. Viele von denen sind auch bei Asphalt.

Wie bist du denn zu Asphalt gekommen? Ein Freund hat mich damals mitgenommen. Das ist jetzt auch schon 18 Jahre her. Hätte nie gedacht, dass ich das solange machen würde. Aber es macht echt Spaß.

Du bist ja auch eine Art Pionier bei Asphalt. Du bist ja der Erste, der ganz offiziell als Verkäufer auch vor einem großen Unternehmen stehen darf – bei TUI. Wie ist das so? Toll. Einmal im Monat stehe ich da. Und die haben mich aufgenommen wie in eine Familie. Fast jeder kauft ne Zeitung, aber sie reden auch sehr viel mit mir und interessieren sich dafür, was mich so bewegt. Mit vielen bin ich mittlerweile per Du.

Also, Premiere geglückt? Ja, würde ich schon sagen. Jetzt brauchen wir halt nur noch mehr Firmen, die mitmachen. Ich bin da aber guter Dinge.

Ja, genau. Wir haben uns damals super verstanden und viel zusammen unternommen. Wir haben viele Reisen gemacht. Das war wirklich schön. Ich würd’ jetzt nicht sagen, dass sie meine beste Freundin war, das hab ich sehr wohl damals getrennt, Familie und Freunde, aber wir konnten einfach gut Zeit miteinander verbringen. Warum dann nicht auch weiterhin zusammenwohnen. Finanziell hat mich Hotel Mama in der Zeit ja auch über Wasser gehalten. Als sie vor 20 Jahren verstarb, bin ich allein in der Wohnung geblieben. Und mittlerweile bin ich auch gerne allein. Kann es mir eigentlich auch gar nicht mehr anders vorstellen.

Bist du denn glücklich? Ja, auf jeden Fall. Ich bin wirklich zufrieden mit meinem Leben.

Und wenn ich jetzt sagen würde: »Ok, Manfred, du hast drei Wünsche frei?« Dann würde ich zwar »Danke« sagen, aber auch, dass ich keine offenen Wünsche habe. Ich bin wirklich zufrieden. Interview und Foto: Mark Eickhorst


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Asphalt-Verkäufer Manfred steht vor C&A in der GeorgstraĂ&#x;e und jeden ersten Dienstag bei TUI in der Karl-Wiechert-Allee in Hannover.


Foto: Th. Eichler

RUND UM ASPHALT

Vom DRK gaben Auskunft: Leiter Andreas Jergentz (3.v.l.) sowie rechts neben ihm die Stationsleiterinnen Magdalena Gryglowicz und Desirée Farabella.

Man weiß nur, was man sieht Ein Angebot, das tiefe Erkenntnisse vermittelte: Auf Einladung des Deutschen Roten Kreuzes und der Stadt Hannover durften sich Asphalt-Verkaufende und -Mitarbeitende Ende Juni das Flüchtlingswohnheim im ehemaligen hannoverschen Oststadtkrankenhaus ansehen. Mit rund 700 Bewohnerinnen und Bewohnern aus 34 Nationen ist es die derzeit größte Flüchtlingsunterkunft in der Region Hannover. Die meisten Bewohner sind alleinstehende Männer, doch sind auch 110 Frauen mit 70 Kindern und Jugendlichen untergebracht. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge befinden sich dort nicht. Gleich der erste Eindruck: Das frühere Krankenhaus wirkt innen nüchtern und kahl, aber doch gepflegt. Der Bau ist von 1958, seit 2014 ist das Krankenhaus geschlossen. Die einführende Worte fanden im großen Saal der ehemaligen Intensivstation statt – das spezielle Krankenhausaroma liegt überall noch in

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Muss man hören: Hertzliches Hannover das Wohnungslosen-Magazin. Immer am 2. Montag im Monat, 17 Uhr. ... auf UKW 106.5 oder Kabel 102.5 und bei www.leinehertz.de

der Luft. Einige Personen aus der Asphalt-Gruppe erinnerten sich, dass sie früher als Patienten im Gebäude gewesen waren. Offen und ausführlich beantworteten der Heimleiter Andreas Jergentz sowie die Stationsleiterinnen Magdalena Gryglowicz und Desirée Farabellla – alle drei Mitarbeitende des DRK – Fragen zur Situation im Wohnheim. So war zum Beispiel vielen aus der Asphalt-Gruppe nicht bewusst, dass sich alle Bewohner selbst um ihr Essen kümmern müssen. In den Erstaufnahmelagern gibt es Kantinen, in den Wohnheimen nicht. Jeder Flüchtling erhält 330 Euro pro Monat für Essen, Mobilität, Kleidung und Telefonkontakte. Eingekauft werden muss selbst, auf jeder Etage gibt es Kochherde. Die Zimmer sind mit zwei bis vier Personen belegt. Ebenfalls eindrückliche Erkenntnis: Flüchtlinge haben keine Krankenversicherungskarte. Sie dürfen zwar bei akuten, schweren Problemen im Krankenhaus behandelt werden, alles andere muss aber im Einzelfall bürokratisch beantragt werden. Dadurch verschlimmern sich Krankheiten manchmal. Auch chronisch Erkrankte werden nicht automatisch regelmäßig behandelt. Psychotherapie gibt es überhaupt nicht, auch keine Traumatherapie. Aus Sicht des DRK wäre wenigstens eine Versicherungskarte für Flüchtlinge wünschenswert. Erhalten Flüchtlinge nach dem langen Asylverfahren ein Bleiberecht, so müssen sie das Wohnheim sofort verlassen und eine eigene Wohnung finden. Gelingt ihnen das nicht, sind sie obdachlos und haben zumindest ein Anrecht auf soziale Hilfen. Wer allerdings nicht anerkannt wird, muss mit sofortiger Abschiebung rechnen. Zur kritischen Frage eines Asphalt-Verkäufers: »Warum verlieren Flüchtlinge auf der Flucht ihren Pass, aber niemals ihr Handy?«, erklärten die DRK-Mitarbeitenden, ein verlorenes Handy könne durch ein anderes ersetzt werden, ein verlorener Pass aber sei durch nichts zu ersetzen. »Und warum stehen vor manchen Unterkünften richtig dicke Autos?« Keinesfalls die Autos von Flüchtlingen, so die Antwort, Führerscheine aus anderen Kontinenten werden hier in Europa nicht anerkannt. Viele Wohnungslose und Arme haben Angst, dass Flüchtlinge bevorzugt werden und vielleicht sogar besser wohnen als mancher Deutsche. Eine Führung, wie sie das DRK Asphalt nun anbot, kann dazu beitragen, Vorurteile abzubauen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass das DRK die Absicht hat, trotz der schlichten Umstände für die Flüchtlinge gut zu sorgen. SCH


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Mit Asphalt auf dem Rad Diesmal gab’s bei unserer Radtour eine handfeste Premiere: Statt Muskelkraft sorgten die Motoren von E-Bikes für die nötige Fahrt. Sehr zur Freude der elf »Mitradelnden«. Zunächst noch etwas ungewohnt und mit einigen Beinah-Unfällen ging es dann aber doch reibungslos zum Würmsee in Burgwedel. Rund 25 Kilometer Fahrtsrecke, die in der Vergangenheit bei dem einen oder anderen für große Probleme sorgten. Fazit des Fahrradausflugs: Die E-Bikes sorgten für Begeisterung und haben endlich dafür gesorgt, dass es kein Leistungsgefälle der Radler mehr gibt. Alle sind sich einig, dass die nächsten Radtouren am besten immer auf E-Bikes stattfinden sollten. ME

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»Asphalt gehört einfach dazu!«

Foto: C. Ahring

Ingo Siegner, Kinderbuchautor

Stärkung am Würmsee.

gesucht – gefunden Verkäufer Torsten: Ich suche dringend eine Wohnung (1 – 2 Zimmer) im Raum Hannover. Vielen Dank im Voraus. [V-Nr. 2194] Kontakt: 0152 – 57 66 03 93 Verkäufer Thomas: Suche jemanden, der Ahnung von einem Motorroller (2-Takt-Motor) hat und mir hilft, ihn zu reparieren (Vergasereinstellung). Außerdem suche ich noch einen kleinen Wohnzimmerschrank. Danke. [V-Nr. 1909] Kontakt: 0152 – 55438452 Verkäufer Mario: Suche Laptop und einen Toplader. [V-Nr. 1970] Kontakt: 0157 – 55 43 35 09 Verkäuferin Angela: Ich suche einen Kondenstrockner, eine Kühl+Gefrierkombi, einen Rollator und einen Korbstuhl. [V-Nr. 2158] Kontakt: 0178 – 819 44 49 Sozialarbeiter Christian Ahring in eigener Sache: Die AsphaltFahrradwerkstatt sucht noch gut erhaltene Fahrräder zur Weitervermittlung an unsere Verkäufer. Kontakt: 0171 – 623 62 10

Für mich gehört Asphalt zur festen Lektüre, genauso wie die Tagesund Wochenzeitung. Asphalt schaut genau hin und mischt sich ein, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht. Von meiner Stamm­ verkäuferin weiß ich, dass ihr Asphalt hilft ihren Tag sinnvoll zu gestalten. Damit das so bleibt, unterstütze ich Asphalt gerne mit regelmäßigen Spenden.

Wussten Sie schon … … dass Asphalt seine soziale Arbeit ohne öffentliche Zuschüsse finanziert? Neben den Verkaufs- und Anzeigenerlösen sind die Spenden unserer Freunde und Förderer die wichtigste Stütze zur Gesamtfinanzierung. Unsere Bankverbindung für Ihre Spende: Asphalt-Magazin IBAN: DE35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1 Evangelische Bank

… mehr als eine gute Zeitung!

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RUND UM ASPHALT

Schreibwettbewerb: Was ist gerecht? Es ist schon eine ganze Weile her, es war 1834, als Georg Büchner seine Protestschrift »Der hessische Landbote« verfasste, um soziale Missstände anzuprangern. Damals auf Seite 1: Büchners Aufruf »Friede den Hütten! Krieg den Palästen!«. Auch heute, fast 200 Jahre später, ein oft verwendetes Zitat, wenn gegen soziale Ungerechtigkeiten protestiert wird. Asphalt ist immer aktiv gegen soziale Ungerechtigkeiten – und ihr könnt mitmachen! Ob ihr einzeln schreibt oder als Schulklasse, egal. Vielleicht schreibt ihr ein Gedicht oder eine Kurzgeschichte, vielleicht führt ihr ein Interview oder fertigt ein imaginäres Tagebuch an … Eurer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, eurem Textumfang schon: Wir wünschen uns maximal 5.000 Zeichen. Die besten fünf Einsendungen werden von uns gleich zweimal präsentiert. Im hannoverschen Pavillon – anlässlich unserer Kunstausstellung von Bildern zu Büchner im Oktober. Und in unserer Dezember-Ausgabe auf dann Euren Sonderseiten. Rund 40.000 Mal. Mitmachen könnt ihr, wenn ihr zwischen 10 und 19 Jahre alt seid. Alles Weitere auf unserer Internetseite www.asphalt-magazin.de. RED

Chili-Koch-Duell: Köche gesucht! Am 3. September, zwischen 15 und 18 Uhr, brodeln in Hannover-Linden die Töpfe. Chili-Koch Klaus Schüring (www.schueringschili.com) aus Hamburg lädt zum Koch-Event der besonderen Art ein. Fünf Teams haben beim Limmerstraßen-Fest die Chance, ihr bestes Chili zu kochen und anschließend einer fünfköpfigen Jury zu präsentieren. REWE aus der Limmerstraße sponsert alle grundlegenden Zutaten und stellt den Veranstaltungsort. »Geheime Zutaten«, frisches Gemüse und das nötige Kochzubehör müssen die Teams aufgrund der Individualität selbst mitbringen. Naschen ausdrücklich erwünscht: Zuschauer werden herzlich dazu eingeladen, dem Chili-Duell beizuwohnen und die köstlichen Gerichte gegen eine kleine Spende, die für Asphalt bestimmt ist, zu verkosten. Wie die Jury sind auch sie zur Bewertung der Speisen aufgerufen. Für die ersten drei Siegerteams gibt es tolle Preise zu gewinnen. Klaus Schüring und Asphalt freuen sich auf Ihren Besuch und Ihre Team-Anmeldung zum Chili Cook-Off. Gerne nehmen wir Ihre Bewerbung unter redaktion@asphalt-magazin.de entgegen: Erzählen Sie uns einfach, warum Ihr Chili ein Gewinner-Chili ist. Nähere Informationen finden Sie unter www.asphalt-magazin.de. SKO

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Treffen Sie uns auf dem „Fest der Kulturen“ 27.08.2016, Trammplatz Fraktion

nnover eshauptstadt Ha im Rat der Land


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Foto: Linda Nylind

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»ZUR NOT LAUT« John Bird, der Gründer von The Big Issue, der Mutter aller Straßenzeitungen, wurde ins Oberhaus des britischen Parlaments berufen. Welch Ehre. Welch Aufstieg. Hinterm Londoner Bahnhof Paddington haben wir ihn zum Gespräch getroffen. Baron Bird of Notting Hill, für einen Lord haben Sie eine ungewöhnliche Kindheit gehabt. Ja, in der Tat. Ich stamme aus einer irischen Familie, die sich in London ansiedelte. Als meine Eltern heirateten, begannen die Probleme. Weil die beiden nicht mit Geld umgehen konnten. Sie hätten sich maximal ein Kind leisten können, hatten aber sechs. Ihre kargen Finanzen flossen nicht in den Nachwuchs, sondern in Alkohol und Zigaretten. Ich wuchs in einem Slum auf. Zusammen mit anderen Menschen, die sich vom Leben besiegt fühlten. Und als meine Eltern die Miete nicht mehr zahlen konnten, verloren wir sogar dieses magere Dach über dem Kopf. Meine ersten Jahre waren von Gewalt gegen Frauen und gegen Kinder geprägt. Als Teenager begann ich Drogen zu nehmen und wurde zu einem starken Trinker.

Gaben Sie Ihren Eltern die Schuld dafür? Nein. Mir wurde der katholische Glaube eingetrichtert und der besagte, dass meine Lebensumstände von Jesus gewollt waren. Allzu christlich war meine Familie allerdings nicht. In meinem Umfeld gehörte es zum guten Ton, Schwarze, Juden oder Inder zu beschimpfen. Mit 21 Jahren f lüchtete ich vor der Polizei nach Paris, wo ich zum Marxisten wurde. Jedoch erst als ich mir selbst das Druckerhandwerk beibrachte, begann ich mein Leben wirklich zu ändern. Erst nach meinem 30. Geburtstag dämmerte es mir, wie viele Menschen froh wären, hätten sie – so wie ich – die Gelegenheit, eigenes Geld zu verdienen.

Gab es in Ihrem Leben so etwas wie einen Wendepunkt?


Foto: REUTERS/Alastair Grant/Pool

bei jeder Gelegenheit daran – natürlich mit einem Lächeln –, dass er es war, der den Erfolg von The Big Issue ermöglicht hat.

Und was antworten Sie ihm? Dass er seine Glaubwürdigkeit und seinen guten Ruf mir verdankt. Wir haben nicht nur The Big Issue, sondern – zusammen mit weiteren Partnern – auch den INSP gegründet, das Internationale Netzwerk der Strassenmagazine.

Wie ist es überhaupt zu Ihrer Freundschaft mit Gordon Roddick gekommen?

Das House of Lords samt Queen und nun auch John Bird.

Mit 16 Jahren lernte ich in einem Jugendgefängnis zu lesen und zu schreiben. Das hat mir enorm geholfen. Ohne diese Fähigkeiten wäre nichts aus mir geworden.

Wir sind uns begegnet als ich 21-jährig und er noch weit davon entfernt war, ein Multimillionär zu sein. Ich versteckte mich damals vor der Polizei, aber auch vor meiner ersten Frau und dem Sozialamt. Gordon war in dieser Zeit ein Kumpel. Danach habe ich ihn 20 Jahre lang aus den Augen verloren. Als wir uns wieder begegneten, war er schwerreich. Also belästigte ich ihn mit einigen meiner Ideen. Mir schwebte unter anderem ein Magazin für die Arbeiterklasse vor. Doch dann ist alles anders gekommen.

Nach 25 Jahren lässt sich sagen: The Big Issue ist eine Erfolgsgeschichte.

Dazu waren viele kleine Schritte nötig. Das wusste Als Gordon Roddick, der Ehemann von Body- ich aus dem Jugendgefängnis. Dort stellte man mich Shop-Gründerin Anita Roddick, 1991 mit der auf ein riesiges Feld, das ich alleine beackern sollte. Idee auf Sie zukam, ein Straßenmagazin zu Dies in der Hoffnung, dass ich davonlaufe und man gründen, wollten Sie zunächst nichts davon wis- mich in eine schlimmere Institution abschieben kann. Doch dieses Mal harrte ich aus. Und teilte das sen. Warum? Weil ich nie ein Gutmensch war. Ich verspüre gegen- Feld in kleine Quadrate ein, um die enorme Fläche über den Armen keine sentimentalen Gefühle. Ich auf ein Maß zu reduzieren, das ich mir vorstellen bin der Auffassung, dass viele Arme böse und konnte. Genau so ging ich auch beim Konzept für gemein sind, denn: Wer in schlechten Zeiten zur The Big Issue vor. Ich entwarf diesen anmaßenWelt kommt, in Slums vegetiert und vernachlässigt den Plan, der darauf abzielte, die Armutspolitik der wird, benimmt sich gegenüber anderen in der Regel Regierung völlig zu verändern. Danach unterteilte nicht sonderlich nett. Schon damals begegnete ich ich meine Utopie in einzelne Schritte, die sich verimmer wieder Menschen, die mit den Armen sym- wirklichen ließen. So konnte ich The Big Issue innerpathisierten. Doch warum gibt es eigentlich so viele halb von drei Monaten auf die Straßen von London Leute, die zwar Mitleid mit den Armen haben, aber bringen. nicht das Geringste gegen die Armut unternehmen? Als Gordon mir die Idee eines Straßenma- Das klingt nach einer unglaublich kurzen Vorgazin schmackhaft machen wollte, sagte ich: »Von bereitungszeit. mir erhalten die Armen eine Chance, nichts ande- Gordon Roddick hat mich deswegen für verrückt res.« Er fand meine Haltung lächerlich. Schliess- erklärt. Und weil ich tatsächlich ziemlich verrückt lich war und ist er ein Geschäftsmann. Und will ein bin, haben wir es geschafft. Obwohl es anfangs gar Geschäftsmann beweisen, dass er Herz hat, dann nicht so einfach war, Obdachlose aufzutreiben, die verschenkt er etwas. Gordon Roddick erinnert mich das Magazin verkaufen wollten.


Wie steht es denn um die Auflage des Magazins? Am meisten Magazine haben wir in der Zeit vor 9/11 verkauft. Nach den Anschlägen in New York hielten sich die Menschen auch in Großbritannien deutlich seltener im öffentlichen Raum auf. Das hätte uns beinahe das Genick gebrochen. Heute erreichen wir wieder rund 60 Prozent der damaligen Auflage, also gut 125.000 Hefte pro Woche. Allerdings zeigen die Zahlen seit Längerem wieder nach oben. Das bedeutet, dass die Armut wieder wächst. Es ist ganz wie beim Bestatter. Dieser wird reich, wenn tödliche Krankheiten umgehen. Im Fall von The Big Issue handelt es sich um eine soziale Krankheit.

The Big Issue hat ganz oft Stars und Sternchen im Heft. Nicht mehr so viel Politisches wie Asphalt, wie mir scheint. Natürlich hat sich die Rolle unseres Magazins stark verändert. Alleine deshalb, weil wir anno 1991 das einzige Heft waren, das auf den britischen Straße Präsenz markierte. Heute stehen wir in Konkurrenz mit gleich drei Gratisblättern. Nicht zuletzt deshalb denke ich, dass sich der Magazininhalt drastisch verändern muss und wird. Die Texte sind mir oft zu vage und sollten deutlich mehr Biss haben. Doch sobald wir einen Text veröffentlichen, der aneckt, sinkt die Auflage. Hieven wir hin­gegen  – wie kürzlich – eine Katze aufs Cover, verkaufen wir locker 10.000 Exemplare mehr.

Also wie politisch sollte ein Straßenmagazin sein? Das bleibt das große Rätsel für mich. Gerade, weil ich mich als überaus sozialen und politischen Menschen sehe. Ich mag weder die traditionelle Linke noch die traditionelle Rechte. Müsste ich meine politische Einstellung beschreiben, dann würde ich mich am ehesten als katholischen Post-Marxisten einstufen. Die Frage ist aber eine andere: Machen wir The Big Issue, um den Obdachlosen eine legale Gelegenheit zu verschaffen, Geld zu verdienen? Oder machen wir das Heft, weil

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Wir hatten mit fünf begonnen. Doch das Medieninteresse an unserem Projekt war 1991 riesig. Darum haben wir unser Quintett am ersten Tag immer wieder an andere Verkaufsorte geschickt und anders gekleidet. Damit man dachte, wir hätten an die fünfzig Verkaufende. Danach tat die Mund-zuMund-Propaganda das Ihrige. Nach bloß einem Monat verkauften alleine in London 700 Menschen The Big Issue. Das war mörderisch. Christen, Anhänger der rechtsgerichteten National Front und selbst Marxisten versuchten, sich bei uns breit zu machen. Sie alle wollten uns weismachen, dass wir das Projekt völlig falsch betreiben würden. Heute hat sich die Situation beruhigt. Mittlerweile stehen gut 2.000 Verkaufende in ganz Grossbritannien im Einsatz.

wir in der Verantwortung stehen, den gesellschaftlichen Status Quo zu verändern? Es ist eine Gratwanderung. Einerseits setzen wir auf verdauliche Themen, von denen sich die Käuferschar angesprochen fühlt, und andererseits streben wir den sozialen Wandel an. Heute bin ich der Auffassung, dass letzterer Punkt entscheidend ist. Aber sozialer Wandel lässt sich nicht mit einem Straßenmagazin erzielen, dafür braucht es andere Kanäle. Das ist einer der Gründe, warum ich die Wahl zum Lord akzeptiert habe. Dadurch gehöre ich jetzt dem House of Lords an, dem Oberhaus des britischen Parlaments. Ein guter Ort, um für den sozialen Wandel zu werben. Wenn nötig, auch lautstark. Interview: Michael Gasser

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www.thebigissue.com www.insp.ngo/news

John Bird wurde 1946 im Londoner Stadtteil Notting Hill geboren. Mit fünf Jahren wurde er samt Familie obdachlos. Zwischen seinem siebten und zehnten Lebensjahr kam er in ein Waisenheim. Als Jugendlicher jobbte er als Aushilfskraft eines Metzgers und besserte sein Gehalt immer wieder durch Diebstahl auf. Erst nach diversen Gefängnisaufenthalten lernte der irischstämmige Brite Lesen und Schreiben. Später besuchte er die Chelsea School of Art. Bevor er sich selbst das Druckerhandwerk beibrachte, lebte er nochmals längere Zeit obdachlos. 1991 gründete er mit finanzieller Hilfe des Bodyshop-Unternehmers Gordon Roddick das Straßenmagazin The Big Issue, das Vorbild für alle europäischen Straßenzeitungen wie auch Asphalt war. Heute verkaufen Woche für Woche rund 2.000 Verkäuferinnen und Verkäufer das Heft. Über die jüngste Neugründung Big Issue Invest unterstützt Bird mittlerweile kleinere Initiativen, die Obdachlosigkeit vermeiden helfen. Jüngst wurde der Sozialunternehmer ins britische Oberhaus berufen – als parteiloser Crossbencher Baron Bird. Seine Antrittsrede gibt es auf youtube (Suchworte: John Bird, House of Lords) zu sehen. Foto: Lucy Kane

Wie viele Verkaufende hatte The Big Issue denn am ersten Tag, wie viele sind es heute?


DIE LESEBÜHNE – POETEN IN ASPHALT

Narben Von Tobias Kunze

N E U L I C H

erinnerten wir uns, als wir unvorbereitet nass wurden im Schauer eines unberechenbaren Sommers, zurück.

Wir rissen (& fickten) uns die Löcher in die Knie. Unsere Mütter flickten uns die Löcher in den Knien. Pflaster bedeckten die Wunden, ein Pusten heilte den Schmerz, wir gesundeten und eilten lichtwärts. Wir warteten auf Wärme, aus Kälte schnitten wir Schnee, aus Sonne schmiedeten wir Pläne, und aus Regen gründeten wir Seen und Segen und Segel und segelten selig verwegen dahin.

Heiße Kriege, kalte Kriege, die Kuba-Krise, Tschernobyl, die Wiedervereinigung, den Balkankrieg, den Nahostkonflikt, den elften September, Irak, Afghanistan und die Handystrahlung. Doch wir hatten verloren: unsere Unschuld, unsere Naivität, unsere Phantasie und unsere Spontanität. Wir widmeten uns Alltagen, Fahrkarten und Falschparken – Hauptsache Halbschatten – und lahmen Unterhaltungssparten. Um die Zeit der kurzen Tage so auszufüllen, wie man es uns gesagt hatte: mit Antworten und Arbeiten, mit allen gebotenen Regelmäßigkeiten und mit Ernst. Und erst als eine Null im Raum stand, bemerkten wir, dass wir keine drei mehr waren, keine sieben mehr, keine elf, keine vierzehn.

Sehnsucht kam erst viel später. Als wir die Zeit bemerkten, als wir die Pflichten kennen lernten und dass Tage ein Ende haben, das immer viel zu schnell kam.

Wir tragen Hemden und Verantwortung, Helme und Hausordnung.

Wir waren nicht arm, wir gaben und nahmen. Die Tage waren warm, und wir haben noch Narben von ersten Erfahrungen mit Dingen, die härter waren als wir, aber wir hatten überstanden.

Wir steigern das Bruttosozialprodukt durch Radiohören. Werfen uns die Bälle nicht mehr zu, sondern lesen Zeitung. Diskutieren durch Handys und lassen Laptops unsere Schöße erobern statt Träume. Spielen nicht mehr Räuber und Gen-


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Foto: fotolia/Haz

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Öde Leiern und dröge Feiern statt Blödeleien: schöne Zeiten. Wir richten uns in Katalogsortimenten ein als Vorzeige-Frischhaltefolienfamilien. Gefährliche Klischees bauen sich als wütende Wogen im toten Winkel auf und branden an den Fransen unserer Teppiche. Unsere Ideale knäulen sich als Zivilisation von Staubmäusen tief unter der Realität der Sofagarnitur. Der Bauschaum der Evolution landet als Sahne auf der Geburtstagstorte unserer unterdrückten Sehnsüchte. Wo Abenteuer waren: Narben. Wo Ideen waren: Terminkalender. Wo Sehnsüchte waren: Ausflüchte. Wir hatten so lange gewartet, bis wir nicht mehr wussten auf was. Nun waren wir nass – aber so richtig traurig waren wir nie, weil uns bei allem Sinn, aller Sinn- und Besinnungslosigkeit, nicht in den Sinn kommt, was wir vermissen: den Unsinn. Das Zelebrieren der Momente zarten Schauderns einer unbewusst erfüllten Sehnsucht.

Tobias Kunze, 1981 geboren in Hannover, hat als Performance-Poet, Rapper, Autor, Moderator und Veranstalter mehr als 1.000 Auftritte hinter sich. Er las auf Bühnen in ganz Deutschland sowie auf Zypern, in Paris, Straßburg und Reims, Luxemburg, Barcelona, Bozen, Tallinn und Tartu, Ischewsk, Zürich, Basel und Wien. Seine Auftritte sind wie ein Graffiti: laut, bunt, wild, chaotisch – und prägend. In Hannover ist er bekannt als Teil der Lesebühne Nachtbarden im Theater am Küchengarten sowie der Rap-Band BIG TUNE. Kunze gibt zudem Slam-Workshops und Schreibseminare für Kinder und Jugendliche. Derzeit entwickelt er eine deutschtürkische Poesie­ werkstatt und krea­ tive Lerntechniken gegen Analphabetismus. Foto: Jan Blachura

darm, haben Probleme mit Rheuma und Gedärm, zitieren aus der Zeitung statt aus der Phantasie, zittern wegen Börsenkursen, haben Apathie.


BUCHTIPPS Geschichte eines Vorurteils Der Historiker Wolfgang Wippermann forscht seit Langem zur Volksgruppe der Roma. N un hat er mit »Niemand ist ein Zigeuner« einen Essay über die größte Minderheit in Europa vorgelegt, der fast unakademisch daherkommt. Wippermanns Aufruf »zur Ächtung eines europäischen Vorurteils« ist ein persönlicher, ja, ein zorniger Text. Gleichzeitig – und das ist seine Leistung – bieten die 250 Seiten eine sehr gut lesbare Einführung in die Geschichte und Gegenwart einer Volksgruppe, deren systematische Verfolgung bereits im 15. Jahrhundert einsetzt, angetrieben von der strukturellen Abwertung der europäischen Roma, dem Antiziganismus. Dieser führt in den Porajmos, den Holocaust an den europäischen Roma im Nationalsozialismus. 500.000 werden ermordet. Und er setzt sich nach 1945 fort, ohne Wiedergutmachung und bis in die tagesaktuellen Diskurse um bulgarische »Sozialtouristen« und »Asylbetrüger« vom Westbalkan. BP Wolfgang Wippermann · Niemand ist ein Zigeuner · Edition Körber-Stiftung · 17 Euro

Der Traum von Olympia Reinhard Kleists Graphic Novel »Der Traum von Olympia« erzählt die wahre Geschichte der somalischen Sprinterin Samia Yusuf Omar. Und mit ihrer kurzen Biografie die schrecklichen Widersprüche einer globalisierten Welt, in der das Sterben an Grenzen zum Alltag geworden ist. Samia trägt die Flagge Somalias bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking. Chancenlos – die Ungleichheit der Trainingsbedingungen – aber umjubelt läuft sie die 200 Meter. Zurück in Mogadischu, unter dem Terror der Al-Shabaab-Miliz, der auch ihr Vater zum Opfer gefallen ist, reift der Entschluss zur Flucht nach Europa. Sie möchte trainieren und 2012 in London ein zweites Mal bei Olympia antreten. Samia ertrinkt wenige Monate vor den Spielen im Alter von 21 Jahren im Mittelmeer, vor den Mauern der Festung Europa. Eine intensiv recherchierte, beeindruckende und so klar wie respektvoll erzählte Würdigung. Und eine Anklage. BP Reinhard Kleist · Der Traum von Olympia · Carlsen · 17,90 Euro

Bitte teilnehmen Dieses Buch sollte man kaufen. Nicht nur wegen des tollen Titels. Autor Hans Zippert gehört zu den ehemaligen Titanic-Chefredakteuren, die nicht über das Europäische Parlament alimentiert werden. Zippert schreibt stattdessen u.a. für die Welt am Sonntag preisgekrönte Kolumnen. Außerdem ist »Würden Sie an einer Tortengrafik teilnehmen« in Klaus Bittermanns großartiger »Edition Tiamat« erschienen, womit Zippert im Verlagsregal neben Wiglaf Droste, Hunter S. Thompson, Mark Fisher, Wolfgang Pohrt steht. Das adelt. Man könnte das Buch auch bedenkenlos wegen seines Inhalts kaufen, der – erstens – beinahe ohne Tortengrafiken auskommt und – zweitens – sehr, sehr lustig ist. Wenn Sie wissen wollen: Gehört der Wolf zu Deutschland? Kriegen die in Dresden überhaupt irgendwas geregelt? Müssen wirklich alle Züge in Hamm geteilt werden? Sind Physiklehrer mit Kopftuch Respektspersonen? Ist Sigmar nur ein anderes Wort für Niederlage? Wieviel versteckte Fette sind in Butter? Hier steht´s drin. BP Hans Zippert | Würden Sie an einer Tortengrafik teilnehmen? | Edition Tiamat | 14 Euro


Musik The Casualties

Sechs Bühnen, 80 Bands, zwei DJ-Areas und über 100.000 Besucher: Im Hochsommer versetzt das Pflasterfest die Rattenfängerstadt wieder drei Tage lang in den Ausnahmezustand. Zu den Highlights in diesem Jahr zählen die Auftritte der Düsseldorfer Cover-Kultband »Fresh Music Live« und »Prime Circle«, die mit ihren Songs bereits mehrfach Platinstatus in Südafrika erreicht haben. Eine heiße Black-, Latin- und House-Area vereint die Top-DJs der Region, während vom Pflasterfest-Tower aus luftiger Höhe satter Sound einsetzt. Natürlich werden auch die Kids nicht vergessen: Aqua Balls, Karussell, Bungee, das Zappeltier und vieles mehr sorgen auf der Festmeile für Abwechslung. 19. bis 21.8., 15 Uhr, Altstadt, Hameln. Eintritt frei.

»The Casualties« zählen zur Speerspitze der späten Streetpunk-Generation aus New York. Gegründet 1990, orientieren sich die Protest-Punks vor allem an der frühen britischen Hardcore-Bewegung und deren Protagonisten »The Exploited«, »Varukers« und »GBH«. Mit ihrem aktuellen Album »Chaos Sound« spielt das Quartett um Gründungsmitglied und Sänger Jorge Herrera Mitte des Monats in Lindens Kult-Keller Béi Chéz Heinz zum zünftigen Pogo auf. 10.8., 21 Uhr, Béi Chéz Heinz, Liepmannstraße 7B, Hannover. Eintritt: 16,50 (VVK), 18 Euro (AK).

Leftöver Cracks Die »Leftöver Cracks« vereinen Death-Metal-, Hardcore-Punk- und Ska-Elemente in ihrer Musik, selbst Violinen, Geigen und Orgeln kommen bei dem schrägen Quintett zum Einsatz. Dabei spielen die New Yorker gegen alles an, was den USA heilig ist, sind gegen die Polizei, gegen Waffenbesitz, gegen den Staat und die Religion, geben sich antiamerikanisch und schmücken sich mit satanistischen Symbolen. Ihr Album »Fuck World Trade” wurde 2004 von mehreren Musikläden und Sendern boykottiert und erschien schließlich auf Jello Biafras Label Alternative Tentacles. Im Gepäck haben die CrossoverPunks neben alten Klassikern auch ihr aktuelles Werk »Volume III: Constructs of the State«. 27.8., 20 Uhr, 60er-Jahre-Halle, Kulturzentrum Faust, Zur Bettfedernfabrik 3, Hannover. Eintritt: 16 Euro zzgl. Gebühren (VVK), 20 Euro (AK). Mit HannoverAktivPass: 8 Euro (nur bei Ticketerwerb im VVK vor Ort).

Foto: JZACrew.com

Pflasterfest

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KULTURTIPPS

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Foto: Theater für Niedersachsen

Theater Avenue Q Princeton hat gerade seinen Universitätsabschluss im Fach Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis gemacht. Jetzt sucht er verzweifelt nach seiner ersten eigenen Wohnung. In der Avenue Q wird er schließlich fündig. Puppen und Menschen leben hier Tür an Tür und erleben die zwischenmenschlichen Geschichten, die Fernsehserien so erfolgreich und das normale Leben so abwechslungsreich machen. Avenue Q ist ein garantiert nicht jugendfreies Musical aus New York. Schräg und schmutzig, beschäftigt es sich mit den großen Themen des Lebens und ähnelt dabei sehr der berühmten Muppet-Show. 19.8. und 27.8., 19.30 Uhr, Theater für Niedersachsen, Theaterstraße 6, Hildesheim. Eintritt: 10 bis 35 Euro, ermäßigt ab 3,50 Euro, mit Kulturticket 2 Euro.

Der süßeste Wahnsinn Im »Palm Beach Royal Hotel« laufen die Vorbereitungen für eine Benefiz-Veranstaltung zugunsten der US-Armee. Organisatorin Mrs. Osgood freut sich über einen ganz außergewöhnlichen Coup: Ihrem Wohltätigkeitsverein ist es nämlich gelungen, auch die zwei großen Diven des Showgeschäfts für diesen Abend zu gewinnen. Allerdings entgeht ihr völlig, dass sich schon am Nachmittag vor der Show in der Präsidenten-Suite Gefechte anbahnen, gegen die sich die Feindgänge, von denen sich die eingeladenen nationalen Kämpfer im Hotel erholen sollen, eher wie Scharmützel ausnehmen. Denn Diva Athena Sinclair und Diva Claudia McFadden pflegen seit Jahren eine mit Inbrunst geführte Fehde, die nicht nur materielle Opfer fordert. »Der süßeste Wahnsinn« von Michael McKeever ist eine Boulevardkomödie im besten Sinne, in der mit hohem Tempo eine Pointe die nächste jagt. Ab 13.8, 19.30 Uhr, Die kleine Bühne, Dessauerstraße 2, Hannover. Eintritt: 12 Euro, ermäßigt 9 Euro. Kartenreservierung unter 0511 – 848 96 45 (Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr, AB).

Kino Open Air: Oscar Shorts 2016 Das Sprengel-Kino zeigt wieder oscar-nominierte Kurzfilme vor der Alten Grammophon-Fabrik. Fünf Trickfilme waren dieses Jahr für die Kategorie »Animated Shortfilm« nominiert, drei weitere Arbeiten schafften es immerhin in die Vorauswahl. Gezeigt werden »Sanjay’s Superteam«, »The loneliest Stoplight«, »Bear Story«, »Prologue«, »We can’t live with­ out Cosmos«, »World of Tomorrow«, »If I was God …« und »Catch it«. Kino-Liebhaber dürfen sich dabei auf einen bunten Mix unterschiedlicher Animationsstile und überraschender Charaktere freuen. Mal geht es ab ins All, mal zweitausend Jahre zurück, dann wieder ist jemand aus der Zukunft zu Gast. Der Zuschauerbereich ist überdacht, sodass die Veranstaltung auch bei Regen stattfinden kann. 20.8., 21 Uhr, Open-Air-Kino – Alte Grammophon, Edwin-Oppler-Weg, Hannover. Eintritt: 5 Euro, mit HannoverAktivPass 2,50 Euro.


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Verschiedenes

Kinder

Muslimischer Feminismus

Pippi Langstrumpf

Debatten über Muslime kreisen oft um das Thema Gleichstellung von Mann und Frau. So kursiert etwa die weitverbreitete Annahme, Kopftücher seien ein Beweis für Unterdrücktheit. Dabei wird oft übersehen, dass es auch zahlreiche feministische Musliminnen und eine Gleichstellungsdebatte im Islam gibt. Die Referentin Reyyan Ö. stellt muslimische Feministinnen wie Tawakkul Karman, Katajun Amirpur und Sema Yilmaz vor. Dabei wirft sie auch einen Blick auf die Frau im Islam und beleuchtet gängige Vorurteile. 31.8.,19.30 Uhr, Kulturzentrum Pavillon, Lister Meile 4, Hannover. Eintritt frei.

Wer kennt nicht die Geschichte des starken rothaarigen Mädchens? Mit Sack, Pack, Äffchen und Pferd zieht Pippi in die alte verlassene Villa Kunterbunt ein und sorgt für ordentlich Wirbel im ansonsten ruhigen, schwedischen Dörfchen. Sie freundet sich mit den Nachbarskindern Tommy und Annika an und möchte am liebsten den ganzen Tag bloß singen, tanzen und Quatsch machen. Das ruft allerdings nur wenig später die etwas überfürsorgliche Waisenratsvorsitzende Frau Prysselius auf den Plan, die die kleine Pippi unbedingt in ein Waisenhaus bringen möchte. 2.8., 13.8. und 14.8., 16 Uhr, Waldbühne Otternhagen, An der Waldbühne, Neustadt am Rübenberge. Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 5 Euro. Kartenreservierung unter 05032 – 93 99 03 (AB) oder per E-Mail karten@waldbuehne-otternhagen.de.

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Textilkunstmarkt: Feine Stiche Gewebtes, Gefilztes, Genähtes, schicke Hüte und Mützen sowie handgenähte Taschen, Lederwaren, Schmuck und Wohnaccessoires: Rund 50 professionelle moderne Textilschaffende aus ganz Deutschland stellen auf dem vierten Textilkunstmarkt auf dem idyllischen Klosterhügel Brunshausen ihre Waren aus. Der Themenschwerpunkt ist diesmal der Margaretenspitze gewidmet. Während der beiden Veranstaltungstage gibt es kostenlose Kurzführungen durch die Dauerausstellung historischer Textilien in der Klosterkirche und die Sonderausstellung »Römer und Germanen im Kloster Brunshausen – Neufunde vom Schlachtfeld am Harzhorn«. Junge Besucher können in Workshops unter anderem das germanische Brettchenweben ausprobieren. 13. und 14.8., 11 bis 18 Uhr, Sommerschloss Brunshausen, Brunshausen 7, Bad Gandersheim. Eintritt: 2 Euro (Tageskarte).

Hannover

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Kommunalwahl 2016 Wahl der Regionsversammlung Wahl des Rates Wahl der Stadtbezirksräte am 11. September 2016

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Bürgerinnen

sind wAhlBerechtigt.

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Bürger

Wählen darf, wer am Wahltag • die deutsche oder eine EU Staatsbürgerschaft besitzt, • mindestens 16 Jahre alt und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen ist, • seit drei Monaten in Hannover übernachtet hat. Bei Personen ohne Wohnung gilt der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts als Wohnung. Hannoveranerinnen und Hannoveraner, die sich hier ohne Melde­ adresse gewöhnlich aufhalten, können sich in der Brief wahl­ außenstelle, im Kontaktladen „Mecki“ in das Wähler verzeichnis eintragen lassen und per Briefwahl wählen. Öffnungszeiten der Briefwahl-Außenstelle im Kontaktladen „Mecki“ von Dienstag, den 23. August bis Freitag, den 9. September 2016, von 10 bis 11 Uhr, außer montags und mittwochs.


IHR ENGAGEMENT

Machen Sie mit! Impressum

Herausgeber: Prof. Dr. Heiko Geiling, Hanna Legatis, Rainer Müller-Brandes

Gründungsherausgeber: Walter Lampe

Geschäftsführer: Reent Stade

Redaktion: Volker Macke (Leitung), Jeanette Kießling, Svea Kohl, Ulrich Matthias, Renate Schwarzbauer Fotografin: Karin Powser

Freie Mitarbeit dieser Ausgabe: T. Kunze, E. M. Mentzel, K. Powser, B. Pütter, L.Stegner, W. Stelljes, E. Walitzek-Schmidtko, K. Zempel-Bley Anzeigen: Heike Meyer

An jedem letzten Dienstag im Monat trifft sich die Runde der Ehren­­ amtlichen in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstal­tungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäufe­rin­nen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen – und ich freue mich, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Das nächste Treffen ist am Dienstag, 30. August 2016, um 17 Uhr. Rufen Sie mich einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-26. Herzlichst, Ihr Reent Stade, Asphalt-Geschäftsführer

Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer

Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter)

Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1

Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Herstellung: eindruck, Hannover

Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 25.000

Asphalt erscheint monatlich.

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 21. Juli 2016

Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde.

Asphalt dankt: P.-S. Guenther, I. Baxmann, G. + R. Langer, R. Koehler-Oeztanil, W. Seegers, E.A. Koenig, E. Raether, C. + O. Stehling, C. Toll, M. Henke, A. + H. Buening, G. Czesnik-Oltrog, H. Zick, H. Badstueber, E.-M. MickleySielmann, G. Seifert, R. Joachim, J. Wieduwilt, H. Schweder, B. SchwabThiessen, C. Giesecke, H. + J. Eppinger, N. Derben, H.-J. Mikeska, W. Ruecker, E. Bulmahn, R. Ruge, P. Scholtissek, E. Friese, J. Jordan, M. Weiss, K. Grueneklee, R.-D. Winkler, H. Kaebitz, B. Frank, H. Bormann, H. + H. Knoche, D. Goehner, W. + E. Kreimeyer von Morstein, M. Schoekel, U. Karmann, R. Engelmann, A. Bode, C. Thiemann, R. Tebel-Bartels, F. Brucker, M. Bode, I. Pierdel, A. Halbig, I. Freund, M. + H. Papenberg, V. Bargmann, U. Sattelmacher, M. Pfeiffer, A. Massing, J. Wagner, A. + H.-R. Kloppenburg, H. Grobe, E. Buchholz, J. Podleska, G. Brinkmann, E. Barkhausen, H. + C. Jansen, E. Ahke, G. + G. Buschmann, R. Beddiges, U. Stamm, J. Faupel, M. Kruse, A. Braemer, M. Hempel, H. Eagan, S. Ziesing, J. + M. Scholz, C. Hakim, H. Weihrauch, H. Renner, A. Eikemeier, H. Bleumer, U. Hasan-Boehme, U. Mayer, S. Remmers, A. + S. Buckschewski, C. Deissner, C. Peil, D. Birck-Baronesse von Bistram, D. Hannes, R. Gramann, U. Jelitko-Furch, E. Totzh, W. Hansen, F. Leupold, C. + S. Graetsch, W. Moede, B. Lauff, F.-J. Guester, W. + A. Seifert, I. Strugalla, A. Schrewe, A. Firus, E. Volker, H. + R. Liekefett, R. Hohmann, K. + M. Behnsen, B. Ermerling, W. + S. Neumann, O.-G. Holze-Staeblein, I. Hinze sowie allen anonymen Spendern und allen Asphalt-Patinnen und -Paten.

Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger

Verkäuferausweise

Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Ver­käuferInnen mit gültigem Aus­weis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Rosa


Aus den nachfolgenden Silben sind 18 Wörter zu bilden, deren erste und 1. eine Neuheit schaffen vierte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – eine Bauernweisheit aus dem Buch »Die schönsten Bauernweisheiten« (Verlag Gond2. russischer Mädchenname rom) ergeben: arns – ber – ber – berg – bu – bus – coes – crou – den – emp – er – er – feld – fin – find – ge – ger – gung – he – hen – her – hu – im – iri – kad – keit – ku – ku – la – lich – ma – mo – mo – na – ne – ne – ni – nie – no – oden – on – pier – rei – sel – ste – tan – te – ti – ti – tri – tus – wald – zar

3. Geldschein oder Zeichen in der Musik 4. etwas erwerben 5. Einschreibung an der Universität 6. Gehilfe des Spielbankhalters (französisch) 7. Trainer der deutschen Fußballnational­ mannschaft (1949 – 64)

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir viermal das Hörbuch »Der Hut des Präsidenten«. Der charmante Roman von Antoine Laurain ist voller Überraschungen und handelt von großen Zielen und vielen glücklichen Wendungen: Als der Präsident seinen Hut in der Brasserie vergisst, ändert sich schlagartig das Leben seines Tischnachbarn – der setzt den Hut nämlich auf … Ebenfalls viermal verlosen wir das Buch »Niemand ist ein Zigeuner« des Historikers Wolfgang Wippermann, der Gerechtigkeit und gesellschaftliche Anerkennung für Sinti und Roma fordert. Tief sitzen die Vorurteile gegen Menschen, die früher »Zigeuner« genannt wurden. Der Autor differenziert religiöse, soziale, romantisierende und rassistische Motive, um dem Antiziganismus auf den Grund zu gehen. Und noch vier Gewinne haben wir für Sie, passend zum Schwerpunktthema dieser Ausgabe: »Strandgut aus Plastik und anderer Meeresmüll«. Jennifer Timrott hat über vierzig typische Strandfunde gesammelt (Joghurtbecher, Einkaufstüten, Getränkeflaschen, Spielzeugautos) und stellt in ihrem Buch folgende Fragen: Woher kommt all dieser Müll? Wie lange schwimmt er schon im Meer? Wird er jemals wieder verschwinden? Die Lösung des Juli-Rätsels lautete: Talent bedeutet Energie und Ausdauer.

Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de Einsendeschluss: 31. August 2016. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht!

8. Vorherrschaft 9. Bergland zwischen Rheinebene und Main 10. Säuberung 11. König von Babylon (605 – 562 v. Chr.) 12. Nebenfluss des Rheins 13. Stadt im Hochsauerlandkreis 14. Stadt im Münsterland 15. Patron der Jäger 16. chemisches Element 17. Würfel 18. Sensibilität

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SILBENRÄTSEL

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