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Brodowys Ausblick

Brodowys

Ausblick

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Wenderedungen

Grafik: Esenin Studio/shutterstock.com

Foto: Tomas Rodriguez Ich saß des Samstags vor dem Glotzophon und schaute Bundesliga. Zur Halbzeit sagte der Reporter: »Wir können davon ausgehen, dass Oliver Glasner wohl in der Pause mit der Mannschaft Tinnitus redet.« Damit hat er mich, ohne es zu merken, völlig in die Irre geführt. Wie heißt es richtig?

Kennen Sie das? Wenn Sie ein Sprichwort erst einmal verdreht haben, dann kann es passieren, dass Sie es nicht mehr hinbiegen können. Es ist so ein bisschen wie mit Namen, die einem im Mund liegen, aber man kommt nicht drauf. Heißt das überhaupt »im Mund liegen«? Egal. Es ist wie die Heunadel im Steckhaufen zu suchen und man ist total hinters Ohr geführt. Aber jetzt werden die Würfel neu gemischt, denn so kommen wir auf keinen grünen Nenner. Und ich will hier nicht den Teufel an die Wand werfen.

Rollen wir das Pferd doch mal von hinten auf: Wir saßen vor geraumer Zeit – es muss weit vor Corona gewesen sein – mit Freunden zusammen und auf einmal fiel der Satz »Da waren die Hände näher am Hemd als an der Hose!« Nee, dachten wir alle. Das geht doch anders. Aber wie? Die Hände in der Hose? Das Hemd in der Hose? Da ist die Hose schöner als das Hemd? Das Hemd ist wichtiger als die Hose? Die Lage war total verfahren und wir haben uns das Hirn zerbrochen und den Kopf zermartert. Also fragten wir Prof. Dr. Google, der uns tatsächlich helfen konnte. Wenn man ausdrücken möchte, dass jemandem die eigenen Interessen wichtiger sind als die Interessen der anderen, sagt das Sprichwort »Jemandem ist das Hemd näher als der Rock« oder in der modernen Variante »Jemandem ist das Hemd näher als die Hose«.

So ein verdrehtes Sprichwort kann einen wahnwitzig machen. Da wird der Hund in der Pfanne begraben und man ist zum nächsten verdrehten Sprichwort nur einen Katzenwurf entfernt. Obwohl man gleichzeitig denkt, es könne doch bleiben, wo der Pfeffer würzt. Haben Sie inzwischen auch Lunte geleckt? Oder grinsen Sie wie ein Süßstofftortenesel? Okay, ein Süßstofftortenesel ist kein verdrehtes Sprichwort, sondern vielmehr mein kalorienarmes Pendant zum Honigkuchenpferd. Das ist ja schließlich Teil meines Berufes, neue Wörter zu kreieren. Dieser Kelch bleibt immer an mir hängen. Aber ich bade gerne die Suppe aus und hole die Zitronen aus dem Feuer. Da reißt der Maus kein Faden ab. Um abschließend noch einmal auf Oliver Glasner zurückzukommen, der angeblich Tinnitus reden wolle: Tinnitus, Tacheles – egal. Hauptsache Italien! Wichtig ist, dass der Reporter jetzt nicht den Sand in den Kopf steckt, wir die Kirche im Wald lassen und einfach mal Nachtschicht üben, denn Besserwisserei ist definitiv ein zweigleisiges Schaf. Und das schlägt dem Fass die Krone weg. Vielleicht halten wir abschließend fest: Das Leben ist kein Ponyschlecken! So sehen wir betroffen den Fragen zu, der Vorhang offen.

Matthias Brodowy/Kabarettist und Asphalt-Mitherausgeber

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