2019 05 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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ZEIT FÜR NEUES

25 JAHR

NEUSTART

NEULAND

NEUAUFLAGE

Lena Meyer-Landrut über Krise, Gefühle und Musik

Telemedizin soll Mangel an Landärzten ausgleichen

Asphalt sucht Zeitzeugen für Fotoprojekt

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Notizblock

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Angespitzt

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Weite Wege zum Doktor Rund 5.000 Hausärzte sorgen im Flächenland Niedersachsen noch für Gesundheit. Der Nachwuchs fehlt. Ein Bündel von Maßnahmen soll dagegenwirken. Eine Landpartie.

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Europäische Lösung FEANTSA, der europäische Dachverband der Wohnungslosenhilfe-Organisationen hat mit der Abbé Pierre Stiftung seinen vierten Bericht zur »Housing Exclusion« veröffentlicht.

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Selbst­findung Lena Meyer-Landrut bringt ihr fünftes Studioalbum, »Only Love, L«, heraus. Darauf hat sie eine persönliche Krise in tanzbare Rhythmen mit positiven Botschaften verwandelt.

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Wer war eigentlich ... Benno Ohnesorg?

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Briefe an uns Meine Worte Texte aus der Asphalt-Schreibwerkstatt

22 Aus der Szene 23 Das muss mal gesagt werden 24 Aus dem Leben von Asphalt-Verkäuferin Reghina

26 Rund um Asphalt 27 Impressum 28 30

Zukunftstag bei Asphalt Aus einer anderen Zeit Obdachlosenlager sind zum Glück Geschichte. Der Fotograf Thomas Deutschmann hat eines dieser Lager dokumentiert. Was ist aus den Bewohnern geworden?

34 Buchtipps 35 Mai-Tipps 38 Silbenrätsel 39 Brodowys Momentaufnahme

Titelbild: AVTG/iStock

Das Asphalt-Prinzip Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung. Spenden Sie bitte an: Asphalt gGmbH bei der Evangelische Bank eG, IBAN: DE35 5206 0410 0000 6022 30, BIC: GENODEF1EK1


sie ist ein Kind der Stadt. Hier geboren, hier groß geworden, hier zur Schule gegangen. Ein Star hannoverscher Prägung sozusagen. Hannover, mithin Niedersachsen, kann allemal stolz auf sie sein. Lena Johanna Therese Meyer-Landrut – heute einfach Lena – ist eine von hier und hat deshalb Asphalt ein Interview gegeben. Sprach mit uns nach Jahren der persönlichen Krisen über familiäre, platonische und romantische Liebe, ihr neues Album und die immer vorhandene Chance auf Neubeginn. Auch für Nicht-Fans ein erhellendes Gespräch, das ich Ihnen zur Lektüre empfehle. Ganz neu aufstellen muss das Land Niedersachsen auch seine ärztliche Versorgung. Gerade auf dem Lande. Einige Gegenden sind bereits minderversorgt. Von heute rund 5.000 Hausarztpraxen sind aktuell rund 350 nicht besetzt. Und wenn nicht effektiv gegengesteuert wird, werden in wenigen Jahren weitere 1.000 verwaist bleiben. Besonders im Emsland, um Delmenhorst, rund um Cuxhaven und auch in der Heide und östlich von Hannover. Wir haben uns umgesehen. Lesen Sie unser Ergebnis und die – gewiss nicht übertriebenen – Ansätze und Anreize der Politik zur Lösung des Problems. Und ganz vielleicht kennen Sie, liebe Leserinnen und Leser, noch die eine oder den anderen von denen, die damals, Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger Jahre, in der Obdachlosenunterkunft in Vinnhorst lebten. Was ist aus diesen Kindern aus den Baracken geworden? Wir wollen sie finden. Oder finden Sie sich gar selbst auf den Fotos im hinteren Teil dieses Heftes? Ein Suchaufruf in Asphalt. Wir würden uns riesig freuen.

Einen wunderbaren Mai wünscht Ihnen

Volker Macke · Redaktionsleiter

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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Resistente Keime

Grafik: Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung

Hannover. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Was­ serwirtschaft und Küstenschutz (NLWKN) hat Kläranlangen, Flüsse und Seen auf antibiotikaresistente Bakterien untersucht. An insgesamt 112 Stellen wurden Wasserproben entnommen. Die gute Nachricht: »Es gibt keine Hinweise auf akute Gesundheitsgefahren für die Allgemeinbevölkerung«, so das Umweltministerium bei der Vorstellung der Ergebnisse. Die weniger gute: Es wurden Bakterienstämme nachgewiesen, die bereits gegenüber drei oder sogar vier Antibiotikaklassen resistent sind. Nun müsse geklärt werden, »inwieweit durch das Vorkommen und die weitere Ausbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien und Antibiotikarückständen in Gewässern mittel- bis langfristig Risiken für die Umwelt und Gesundheit bestehen«, heißt es in dem Bericht. »Sowohl aus Sicht des Umwelt- als auch aus Sicht des Gesundheitsschutzes brauchen wir jetzt dringend bundeseinheitliche Standards bezüglich der Untersuchungsmethodik und der Risikobewertung«, forderte Umweltminister Olaf Lies. »Klar ist, dass unsere Umwelt ein Spiegelbild des Antibiotikaeinsatzes in der Human- und Veterinärmedizin ist. Deshalb ist ein sorgsamer Umgang mit Antibiotika erforderlich. Der Einsatz von Reserveantibiotika wie Colistin in der Veterinärmedizin muss massiv reduziert werden.« MAC

Hannover/Berlin. Eine neue Studie zur wirtschaftlichen und demografischen Entwicklung in Deutschland sieht Niedersachsen im Ranking der Bundesländer auf Platz 6 und Bremen auf Platz 13. Das Bundesland mit den meisten Chancen ist demnach Baden-Württemberg, den letzten Platz belegt Sachsen-Anhalt. Unter den bundesweit 20 Kreisen und kreisfreien Städten mit den schlechtesten Zukunftsaussichten befinden sich Emden, Wilhelms­ haven, Holzminden und Lüchow-Dannenberg, wie jüngst das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung bekannt gab. Besonders ungünstig sehen die Entwicklungschancen am Harzrand aus. Ein Bevölkerungswachstum gibt es nach der Untersuchung bis 2035 in Hannover, Bremen, Oldenburg, Osnabrück, Braunschweig und Wolfsburg. Auch im Hamburger Speckgürtel und dem Oldenburger Münsterland mit den Kreisen Vechta und Cloppenburg wird mit einem Anstieg der Einwohnerzahl gerechnet. Insgesamt wurden neben der demografischen Entwicklung die örtliche Wirtschaft, die Bildungschancen und die Familienfreundlichkeit in den Kreisen untersucht. »In den Wachstumsregionen mangelt es an Wohnraum, Kitas und Schulen. Wo aber die Einwohnerzahlen massiv zurückgehen, sind neue, unkonventionelle Ideen zur Daseinsvorsorge nötig, um die stark gealterte Bevölkerung gut zu versorgen«, sagt Manuel Slupina, Ressortleiter Demografie am Berlin-Institut. MAC

ZAHLENSPIEGEL »PRÖSTERCHEN«

Ungleiche Chancen im Land

Im Jahr 2018 wurden in Deutschland 186

Mio. Liter Alkohol versteuert. 4,9 % mehr als im Vorjahr. Gesamteinnahmen aus der Alkohol­steuer laut Destatis: 2,1

Mrd. Euro.

Im Kalenderjahr 2018 waren in Deutschland 14.671 Brennereien zugelassen. 1,3

Mio. Menschen sind bundesweit alkoholabhängig. Pro Jahr sterben 74.000 an den Folgen ihres Alkoholkonsums. Orientierungshilfe: Ein Mann sollte am Tag nicht mehr als 30

Gramm reinen Alkohol, also rund 0,75 l Bier trinken. Frauen sollten unter 20 Gramm, also unter 0,5 l Bier pro Tag bleiben. MAC


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Millionen Euro für Wohnungsbau Hannover. 400 Millionen Euro aus Eigenmitteln will das Land Niedersachsen für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Das ist das Ergebnis eines ›Bündnisses für bezahlbares Wohnen‹, sagte Bauminister Olaf Lies. Ziel des Bündnisses ist, bis zum Jahr 2030 rund 40.000 neue Sozialwohnungen zu schaffen. Die Landesregierung wolle deshalb die Zahl der geförderten Wohnungen auf 4.000 Sozialwohnungen pro Jahr steigern, so Lies. Bis 2023 könnte bei günstigem Verlauf ein Gesamtfördermittelvolumen von bis zu 1,7 Milliarden Euro in den geförderten Wohnungsbau investiert werden. »Wohnen ist elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge für die Menschen in unserem Land und inzwischen die soziale Frage«, so Lies. »Die Mittel, die wir jetzt zusätzlich für die Wohnraumförderung verwenden, sind ein klares Bekenntnis der Landesregierung zu diesem wichtigen Instrument der Wohnungspolitik.« Die Zusage der Landesregierung, nach mehr als 15 Jahren wieder mit eigenen Mitteln in den sozialen Wohnungsbau einzugreifen, ist nach Auffassung der Wohnungswirtschaft ein wichtiges sozialpolitisches Signal. Von einer »lang ersehnten Kehrtwende in der niedersächsischen Wohnungspolitik« sprach Heiner Pott, Verbandsdirektor der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen (vdw). Mit dem nun zur Verfügung stehenden Betrag können bis 2023 rund 14.000 neue Wohnungen gefördert werden. Um das von Ministerpräsident Stephan Weil und dem Bündnis formulierte Ziel, 40.000 neue bezahlbare Wohnungen bis 2030, zu erreichen, müssten abermals zusätzliche finanzielle Anstrengungen unternommen werden. Auch der Deutsche Mieterbund, ebenfalls im Bündnis, bewertet den Investitionsbeschluss positiv. Ein »Kraftakt, um das laut Ministerpräsident Stephan Weil ›Problem unserer Zeit – Wohnen‹ lösen zu können«, kommentierte DMB-Geschäftsführer Randolph Fries. Ende 2018 gab es in Niedersachsen noch 74.887 Sozialwohnungen. Das ist ein Rückgang von rund 23.000 Wohnungen seit 2012 (minus 23,42 %). Im Jahr 2022 werden es nur noch rund 40.000 Wohnungen sein. MAC

Vor 25 Jahren – Wie alles begann

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VON HAND GEZEICHNET

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Sie soll also »Asphalt« heißen, die neue Straßenzeitung für Hannover. Damals, im Mai 1994, wird sie auf diesen Namen »getauft«. Von den Vielen aus dem Fernroder Tunnel, aus dem DÜK, von hinterm Bahnhof. Hart, dunkel, manchmal lebensfeindlich ist Asphalt. So wie das Dasein von vielen Obdachlosen selbst. Und doch verbunden mit jeder Menge Hoffnung. Ohne Geld aber wird aus keiner Hoffnung, aus keiner Idee Wirklichkeit, auch wenn sie noch so bestechend klar und eindeutig ist. Das wissen alle Beteiligten, elf Aktive sind es mittlerweile. Druckkosten, Vertriebsstruktur, bestenfalls Asphaltmützen oder -taschen, damit die Verkäufer demnächst, wenn die Zeitung wirklich auf die Boulevards der Hannoveraner trifft, erkennbar sein werden: All das kostet. Aber wenn ein Teil der Gründungsgruppe aus der Diakonie kommt, was liegt da näher als bei befreundeten Institutionen zu fragen. Die Hanns-Lilje-Stiftung stattet Asphalt mit 20.000 Mark Gründungskapital aus. In der Schuhstraße in der hannoverschen Altstadt wird in Folge das Redaktions- und Vertriebsbüro halbwegs hergerichtet. Tische und Stühle kommen vom Sperrmüll, Drucker, PC, Schreibmaschine, Papier und Stifte sind Spenden. Das Redaktionsteam plant erste Rubriken, Interviews, Layoutentwürfe. Und H.I.o.B.-Chef Rolf Höpfner entwirft das Asphalt-Männchen für den Titel. Ein Freund von ihm aus der Szene steht quasi Modell, dieser wird wenige Wochen später der erste Asphalt-Verkäufer werden. Das Männchen selbst wandelt sich im Laufe der nächsten 25 Jahre zum immer wiederkehrenden Logo. Der Kern der Marke Asphalt aber bleibt … Fortsetzung in Asphalt 06/19

25 JAHR

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ANGESPITZT

Uns gehts doch gut. Wir sollten nicht auf diese Fridays for future-Kinder hören, die – allen voran diese renitente Göre aus Schweden – denken, sie könnten uns aus unserer bequemen Sofaecke aufscheuchen. Weil wir den Klimawandel stoppen sollen! »Welchen Klimawandel?«, sollten wir ihnen entgegenrufen. Klimawandel fällt nämlich aus, mindestens so sehr wie die Schule am Freitag. Ha! Glauben Sie nicht? Fragen Sie Erdogan. Oder Althusman. Egal. Der Erdogan hat ein Problem mit den Wahlergebnissen. Die sind nicht so, wie er sie haben will. Also wird neu gezählt oder gewählt. Aber nur dort, wo er verloren hat. Klar, sonst könnten ja wieder unliebsame Ergebnisse herauskommen. Denkt sich auch die CDU. Zu hohe Nitratbelastung des Grundwassers? Wundert keinen, bei der Gülleflut. Aber muss man das denn auch messen? Niedersachsens CDU-Chef Althusman weiß, wie es geht: es müsse neu gewählt, nein, gemessen werden! Und zwar nur dort, wo die Messwerte besonders schlecht ausgefallen

»MASSVOLL«

sind. Genial! Tja, liebe Kinder, Pech gehabt! Denn so werden wir das auch mit dem Klima­ wandel machen. Zweigradgrenze? Tauschen wir einfach vorher das Thermometer aus. Verseuchtes Trinkwasser? Wir saufen eh Bier! Steigende Meeresspiegel? Nach uns die Sintflut! Ulrich Matthias

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unsere highlights iM FrÜhJahr 2019 Faltsch Wagoni 01. Mai

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WEITE WEGE ZUM DOKTOR Foto: imageBROKER/picture alliance


Hilft Telemedizin? »Rund 9.000 Hausarztsitze in Niedersachsen sind abgebaut worden seit den 90er Jahren«, bestätigt Thomas Spieker von der Ärztekammer Niedersachsen.

»Da ist die Politik gefragt.« Inzwischen habe das Wirtschaftsministerium angekündigt, die Forderung der Kammer nach 280 neuen Studienplätzen unterstützen zu wollen. »Bislang kann in Göttingen, Hannover und Oldenburg Medizin studiert werden, Osnabrück kommt als weiterer Standort in Betracht«, erklärt der Sprecher. Eine Chance biete da auch der Neubau der MHH. Ein Studienplatz ist nicht billig: Insgesamt kommen jeweils rund 250.000 Euro zusammen. Die Landesregierung plant nun mit Nachdruck den Ausbau der Telemedizin, letztlich also der Behandlung der Kranken mittels Ferndiagnose. Abgesehen davon, dass körperliche Untersuchungen nur unzureichend via Fernmeldekabel erfolgen könnten, sei Telemedizin zudem ungeeignet die Mängel im Gesundheitswesen zu beheben, warnt dagegen die Standesorganisation Freie Ärzteschaft. Der Arzt, der die Videosprechstunde mache, könne schlicht nicht gleichzeitig in der realen Sprechstunde Patienten behandeln, mahnt die Organisation. Gleichwohl ist die Hoffnung, die die Politik auf die künftige Videosprechstunde legt, groß. »Insgesamt bietet die Digitalisierung, gerade in einem Flächenland wie Niedersachsen, viele Chancen, weite Wege zu überwinden und unsere gute Versorgung zu erhalten und zu verbessern. So können wir die Wege für die Patientinnen und Patienten verkürzen und lange Wartezeiten vermeiden«, glaubt Sozialministerin Carola Reimann.

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Foto: Tom Figiel

Wer auf dem Land lebt, hat für Arztbesuche die Wahl: entweder sind lange Wege oder lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen. Wer kein Auto besitzt oder nicht mehr autofahren will oder kann, hat ein Problem. »Ich hätte mich für einen Termin zum Gesundheits-Check beim Allgemeinarzt in meinem Wohnort Winsen auf eine lange Warteliste setzen lassen müssen. Da bin ich lieber die 15 Kilometer nach Celle gefahren, wo ich nicht länger als eine Woche warten musste«, berichtet Petra Schüller. Winsen an der Aller ist mit 13.000 Einwohnern nicht gerade klein, es gibt sogar ein Gesundheitszentrum. Doch die Wartezeiten dort sind lang. Das Ausweichen auf den größeren Nachbarort aber wird nicht mehr lange so gehen, weiß sie. Die 67-Jährige will auf lange Sicht nicht mehr fahren und daher zum überlasteten örtlichen Arzt wechseln müssen. Wenn ein Kind der irakischen Familie, um die Schüller sich ehrenamtlich kümmert, zur Vorsorgeuntersuchung muss, macht sie immer schon ein halbes Jahr im Voraus einen Termin aus. Wartezeiten von drei Stunden sind keine Seltenheit. Als Schüllers irakische Freundin zum Augenarzt musste, bekam sie dort keinen Termin mehr; der Hausarzt übernahm die Behandlung. »Es liegt nicht an den Ärzten, die reißen sich ein Bein aus, um allen Patienten gerecht zu werden«, meint Schüller. »Sie sind einfach bloß zu wenige.«

Ein Drittel weniger Umsatzgarantien für Landpraxen könnten einen Anreiz für junge Mediziner bieten, doch aufs Land zu ziehen. Doch an Arbeit mithin genügend Einkommen fehlt es gar nicht immer. »Die Tätigkeit ist nicht nach acht Stunden beendet. Nach zehn bis zwölf Sprechstunden stand manchmal immer noch jemand vor der Tür«, erklärt Dr. Reinhard Weidner aus Edemissen-Abbensen im Peiner Land. Von 1974 bis 2006 hatte er in dem Dorf praktiziert, danach noch bis vor zwei Jahren einmal wöchentlich in Hannover ehrenamtlich Obdachlose behandelt.

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Rund 5.000 Hausärzte sorgen im Flächenland Niedersachsen noch für Gesundheit. 9.000 waren es mal. Bald werden 1.000 weitere fehlen. Weil der Nachwuchs fehlt. Unterversorgt sind schon jetzt einige Landstriche. Ein Bündel von Maßnahmen soll dagegenwirken. Eine Landpartie.

Sozialministerin Carola Reimann (SPD) setzt große Hoffnungen in Telemedizin zur Lösung der Landarztkrise.


Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Ein Shuttleservice in Leer holt Patienten von Zuhause ab, damit die Ärzte

Ärztenachwuchs fragt nach Infrastruktur Warum scheuen angehende Mediziner das Landleben? Materielle Gründe oder die Befürchtung, kulturell abgeschnitten zu sein, sind nach einer Umfrage der KVN unter Medizinstudenten offenbar keine Gründe, sich gegen die Übernahme einer Landpraxis zu entscheiden. Dagegen spielte eine intakte Infrastruktur eine entscheidende Rolle. »Danach stand an erster Stelle die Frage, ob auch der Partner oder die Partnerin eine adäquate Arbeit am Ort finden könne«, berichtet Detlef Haffke von der KVN. »Auf dem zweiten Platz rangierte die Frage nach der nächsten Kita oder der nächsten Schule, auf dem dritten die zusätzliche Belastung durch Not- und Bereitschaftsdienste.« Mehr als vier Dienste im Quartal wurden nicht erwünscht. Verdienstmöglichkeiten und Freizeitmöglich­ keiten standen nicht im Mittelpunkt. »Nach dem Einkommen und nach Kino oder Theater wurde gar nicht gefragt.« SZ

Foto: frotog/iStock

nicht rausfahren müssen.


haben wir über 40 Hausarztstellen geschaffen. Positiv wirkt sich auch aus, dass die Preise für Praxen in den vergangenen Jahren gefallen sind.« Sorgenkinder seien aber weiterhin der Raum Delmenhorst mit 14 offenen Hausarztsitzen, Leer und Meppen mit je 13 sowie Braunschweig, Cuxhaven und das Emsland. Dort, in den weiträumigen Regionen, kosten Hausbesuche »Nach zehn bis zwölf Sprechzusätzlich Zeit. Um Landärzten die Arbeit zu erleichtern und stunden stand manchmal immer Patienten lange Fahrten zum noch jemand vor der Tür.« Arzt zu ersparen, gehe die KVN Ex-Landarzt Dr. Reinhard Weidner im Schulterschluss mit dem Landkreis Leer beispielhaft nun neue Wege. »Wir haben uns gesagt: Warum den Arzt zum Patienten bringen, wenn es auch umgekehrt geht«, erklärt Haffke. Während eines zweijährigen Pilotprojekts bringt ein Patientenshuttle die Kranken zum Doktor. Sabine Szameitat

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Zuschüsse und Shuttle­ service »Im Schnitt 50 Stunden wöchentlich sind die niedersächsischen Ärzte in ihrer Praxis«, bestätigt Detlef Haffke von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). Es könne weniger sein, wenn die derzeit 355 offenen Hausarztsitze wiederbesetzt würden. Doch in den kommenden Jahren werden weitere 1.000 unbesetzte Hausarztpraxen hinzukommen. Denn von den derzeit 5.100 praktizierenden Hausärzten in Niedersachsen sind zwei Drittel älter als 50 und 1.600 sogar älter als 60 Jahre. Der Ruhestand für sie steht also unmittelbar bevor. KVN-Sprecher Haffke gibt sich dennoch optimistisch: »Wir haben zwar 355 offene Stellen, aber es waren auch schon einmal 380. Unsere Maßnahmen beginnen zu greifen.« So erhalten junge Mediziner von der KVN einen Zuschuss von bis zu 75.000 Euro für die Praxisübernahme in einer ländlichen Region. »Auf die Weise

Wahl des Europäischen Parlaments am 26. Mai 2019

Auch wohnungslose und obdachlose Bürger*innen sind wahlberechtigt. Wählen darf, wer am Wahltag • die deutsche Staatsbürgerschaft oder die Staatsbürgerschaft eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzt, • mindestens 18 Jahre alt und nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen ist, • seit drei Monaten in Hannover übernachtet hat. Bei Personen ohne Wohnung gilt der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts als Wohnung. Hannoveraner*innen, die sich hier ohne Melde­adresse gewöhnlich aufhalten, können sich in der Briefwahl-Außenstelle, im Kontakt­ laden „Mecki“ in das Verzeichnis der Wahlberechtigten („Wählerverzeichnis“) eintragen lassen und per Briefwahl wählen. Öffnungszeiten der Briefwahl-Außenstelle im Kontaktladen „Mecki“ • vom 7. bis zum 24. Mai 2019, • jeden Dienstag, Donnerstag und Freitag von 10 bis 11 Uhr

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In den letzten Jahren seiner Berufstätigkeit sei die Belastung immer stärker geworden, erinnert sich der engagierte Mediziner. »Zweimal die Woche habe ich Hausbesuche gemacht, dazu kamen Notfallbesuche. Die Fahrerei war natürlich anstrengend. Und manchmal haben auch nachts noch Patienten angerufen.« Weidner hat miterlebt, wie den immer älter werdenden Menschen in Edemissen, einer Gemeinde mit vierzehn Ortschaften, immer weniger Ärzte zur Verfügung standen. »Als ich die Praxis gegründet hatte, waren wir sechs. Heute praktizieren vier Kollegen, darunter ein Internist.« Zeitlebens habe er aber am Landarztberuf die Vielfältigkeit der Arbeit und die direkte Bindung an die Patienten geschätzt. Seiner Meinung nach sind Umsatzgarantien kein entscheidender Anreiz für junge MedizinstudentInnen. »Der Verdienst ist gut, aber man hat auch viel Arbeit. Dazu sind viele junge Ärzte nicht bereit.«

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Grafik: FEANTSA

EUROPÄISCHE LÖSUNG Notunterkünfte für Obdachlose produzieren Ausschlüsse, sie machen krank, sind teuer und lösen das Problem nicht. FEANTSA, der europäische Dachverband der Wohnungslosenhilfe-Organisationen hat gemeinsam mit der Abbé Pierre Stiftung seinen vierten Bericht zur »Housing Exclusion« veröffentlicht und fordert einen Kurswechsel in Europa. »In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Obdachlosen in fast allen Ländern der Europäischen Union alarmierend gestiegen«, stellt der Ende März veröffentlichte Bericht fest. FEANTSA geht von 700.000 Betroffenen aus, ein Anstieg um 70 Prozent. In der Folge sei der Bedarf nach Notunterkünften geradezu explodiert. Das Problem: Das Stufenmodell der Wohnungslosenhilfe funktioniere nicht, bzw. nicht gut genug. Obdachlose beginnen in Notschlafstellen und müssen Stufen der sozialen Rehabilitation durchlaufen, mit einem Mietvertrag als Ziel. Staut es sich im System, werden Notunterkünfte zum Daueraufenthalt. Winternotprogramme bildeten eine zusätzliche Härte – auch für HelferInnen –, am Ende des Winters stehe wieder die Obdachlosigkeit. Den Preis zahlen die Betroffenen, so FEANTSA, die ineffektive Bekämpfung von Obdachlosigkeit verursache jedoch auch reale Kosten. FEANTSA kritisiert, dass es europaweit Zugangsbeschränkungen und bürokratische Hürden zur Nutzung von Notunterkünften gebe, oft werde MigrantInnen der Zugang verwehrt.

Gleichzeitig werde der Anspruch auf Mindeststandards der Unterbringung, Sicherheit und Privatsphäre regelmäßig verfehlt. »Verstärkt durch Äußerungen von Politikern und ein weitverbreitetes Missverstehen der Problemlagen Wohnungsloser hält sich die Vorstellung, dass Menschen freiwillig die Notschlafstellen meiden.« FEANTSA fordert eine Erfassung prekärer Wohnversorgung und eine EU-weite Obdachlosenstatistik. Vor allem brauche es aber einen Kurswechsel. Vorbild könne Finnland sein, das einzige Land, das gegen den Trend rapide sinkende Obdachlosenzahlen verzeichnet. Statt kurzfristiger Notlösungen werden Obdachlose gemäß der »Housing First«-Grundsätze zuerst mit eigenem Wohnraum versorgt, von wo aus sie freiwillig Unterstützung in Anspruch nehmen können. »Wir müssen aufhören, über die ›Wohnfähigkeit‹ von Menschen zu befinden«, stellt der Bericht klar. »Es funktioniert nicht. Eine Wohnung ist keine Belohnung, sondern ein Recht.« Bastian Pütter


Asphal enden f u a k r e V

klassen

: e ß a r t S Auf der ? s a d t s i Wi e Immer mehr Menschen sind wohnungslos in Deutschland, mehr als 50.000 leben sogar komplett auf der Straße. Darunter auch Tausende Kinder. Wie wird man obdachlos? Was sind die Gründe? Und warum sogar Kinder? Wir erklären es euch. Wie lebt man als Obdachloser? Wo bekommt man Hilfe? Und warum sind Hunde so wichtig? Wir haben für euch Betroffene und Helfer gesprochen. Wo organisieren sich Straßenkinder? Was hat das mit dem Handy zu tun? Und was können Straßenzeitungen bewirken? Wir erzählen es euch. Asphalt Kids, ab sofort für 4 Euro auf Straßen und Plätzen. Die Hälfte davon bekommt wie immer der Verkäufer. Schulen bestellen bitte unter 0511 – 301269-0.

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Straßenkinder, Hunde, Hilfestellen: Unser Asphalt-Spezial für Kinder und Jugendliche.

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Foto: Geisler-Fotopress/picture alliance

SELBST­ FINDUNG

Lange mussten ihre Fans auf neue Songs warten. Jetzt bringt Lena Meyer-Landrut ihr fünftes Studioalbum, »Only Love, L«, auf den Markt. Die gebürtige Hannoveranerin hat eine persönliche Krise in tanzbare Rhythmen mit positiven Botschaften verwandelt. Es geht um Selbsterkenntnis, Stärke und Selbstliebe. »Only Love, L« ist Ihr fünftes Album. Haben Sie das Gefühl, sich als Künstlerin zu 100 Prozent verwirklichen zu können? Tja, das ist im Grunde genommen eine Fangfrage. Ich würde nicht sagen, dass dieses Album alles umfasst, aber ich kann mich damit für den Moment zu 100 Prozent identifizieren.

Album zu schreiben. Als es fast fertig war, habe ich es weggeschmissen, weil ich mich damit nicht wohl gefühlt habe. Ich hatte die eine oder andere persönliche Krise und das Album hatte auf einmal keinen authentischen Boden mehr. Nach einer Auszeit habe ich wieder angefangen, und es wurde mir klarer, worum es in dem Album gehen soll.

Worauf haben Sie bei dem Album besonderen Wert gelegt?

Worum denn?

Ich habe schon vor dreieinhalb Jahren angefangen, an dem

Um meine Geschichte und meine Gefühle. Ich habe gemerkt,


Es ist für mich kein Beruf, sondern Berufung. Durch die Musik habe ich gemerkt, dass es meine Bestimmung ist, für einige Menschen Sprachrohr zu sein. Das macht mich total happy.

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dass es für mich wichtig ist, zu mir selbst zurückzufinden und authentisch handeln zu können. Ich habe dann über Themen geschrieben, über die ich noch nie geschrieben habe.

Welche Themen sind das? Zum Beispiel über Autobiografisches und über echte, tiefe Gefühle. Über Veränderungen, die ich durchmache und sehr private Gedanken.

In welcher Stimmung haben Sie den berührenden Song »Private Thoughts« geschrieben? Ich war in LA in einem kleinen Studio mit zwei Songschreibern. Dort herrschte eine ganz angenehme Stimmung und wir konnten uns schnell darauf einigen, worüber wir einen Song machen wollten. Aber so was kann auch in die Hose gehen, weil man sich nicht vor jeder Person sofort öffnen kann. Deswegen genieße ich es auch, dass ich hier in Berlin eine absolute Sicherheit mit meinen Jungs und meinem vertrauten Produzententeam habe.

»Only Love, L« lautet Ihre Signatur, weil Sie der Meinung sind, dass man alles mit Liebe abschließen sollte. Haben Sie als Künstlerin einen poetischen Blick auf die Liebe? Mein Blick auf die Liebe verändert sich auf jeden Fall immer, weil er vom Moment abhängig ist. Es gibt familiäre, platonische und romantische Liebe; für mich war in den letzten Jahren die Selbstliebe super wichtig. Ich bin ein Fan davon, offen und transparent zu sein.

Wie schlimm war die Krise, in die Sie hineingeschlittert waren?

Fühlen Sie sich als Künstlerin verstanden? Ich glaube, man fühlt sich nie so richtig verstanden, weil es immer mindestens 18 verschiedene Meinungen über einen gibt. Ich kriege immer sehr viel Feedback. Ich fühle mich in dem Sinne verstanden, als dass ich mich im Moment wohl fühDurch die Musik habe le. Mehr kann ich nicht ich gemerkt, dass es machen. Ich kann nicht erwarten, dass das, was meine Bestimmung ist, ich ausdrücken will, für einige Menschen auch bei jedem Hörer Sprachrohr zu sein. ankommt. Eine Person des öffentlichen Lebens ist eine Projektionsfläche. Jeder sieht in ihr das, was er gerade braucht. Ich fühle mich von mir selbst verstanden, weil ich den Mut besitze, so ein ehrliches Album herauszubringen.

Welches ist das größte Missverständnis, das in der Öffentlichkeit über Sie existiert? Da gibt es so einige. Am meisten berührt mich die Voreingenommenheit, dass ich zickig und arrogant sei. Das habe ich aber gar nicht in mir! Ich habe mir in letzter Zeit viele Gedanken darüber gemacht und

Es war ermüdend. Ich war bedrückt und traurig. Der Spaß und die Freude an den Dingen stand bei mir nicht mehr im Vordergrund. Irgendwann habe ich die Reißleine gezogen, weil eine grundsätzliche Unzufriedenheit bei mir herrschte.

Mich hat herausgeholt, dass ich gerne das nächste Kapitel in meinem Leben anfangen wollte. Die Musik hat mir dabei definitiv geholfen. Mit ihrer Hilfe konnte ich meine persönlichen Themen verarbeiten – und damit auch ruhen lassen.

Sie singen auf dem Album über Liebe, Aufrichtigkeit und Verständnis – anderen und vor allem sich selbst gegenüber. Fühlen Sie sich als Künstlerin verstanden? Ich wurde durch eine Castingshow in die Branche hineingeworfen. Und jetzt habe ich mich gefragt, welches die Daseinsberechtigung für dieses Album ist. Wer bin ich und womit bin ich glücklich? Nach ein bisschen Abstand von allem habe ich gespürt, dass mir die Musik noch immer sehr viel Energie gibt.

Foto: Joerg Carstensen / picture alliance

Hat die Musik Sie aus dem Tief wieder herausgeholt?

28 Jahre nach Nicole holt Lena Meyer-Landrut 2010 den zweiten Sieg für Deutschland beim Eurovision Song Contest.

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bin zu dem Schluss gekommen, dass ich mich in der Vergangenheit wahrscheinlich so verhalten habe.

Warum haben Sie das getan? Die ganze Resonanz ist mir irgendwann über den Kopf gewachsen. Dieses ständige Feedback hat mich so sehr berührt, dass ich einen Schutzmechanismus aufgebaut habe. Diese Wand um mich herum sollte mich davor schützen, dass ich mir das ganze Feedback zu Herzen nehme. Diese Wand hat mich aber auch von anderen Menschen energetisch abgeschottet, weshalb ich manchmal kühl, genervt und gereizt war.

Am meisten berührt mich die Voreingenommenheit, dass ich zickig und arrogant sei.

Und heute? Ich bin froh, dass ich diese Wand aufbrechen konnte!

Sie bespielen die verschiedensten sozialen Medien. Lesen Sie die ganzen Kommentare auf Ihren Internetseiten?

Foto: Magdalena aka Sirius / Film-Universal Music GmbH

Es ist nicht zuträglich, sich zu viel durchzulesen. Das ist gefährlich, weil man sich damit selber vergiftet. Ich bin sehr aktiv im Netz, das heißt aber nicht, dass ich mir immer alle Kommentare durchlese.

Lena geht mit ihrem neuen Album auf Tour und kommt am 26. Juni für ein Konzert auch nach Hannover ins Capitol.

In »Thank you« beschreiben Sie, wie Sie die Hass-Kommentare und die Kritik an Ihrer Person während Ihrer Auszeit von der Musik verarbeitet haben. Ist das Ihre Art, mit Mobbing umzugehen? In dem Song bedanke ich mich bei all dem, was mir an Schlechtem so passiert ist. Auf diese Weise kann ich gelassener durchs Leben gehen. Ich sehe die Momente, in denen es mir schlecht ging und benutze sie, um daraus zu lernen. Sie sind für mich ein Wendepunkt, ein Neustart.

Ihre letzte Tour hieß »End Of Chapter One«. Beginnt für Sie jetzt ein neues Kapitel? Ich würde sagen, das zweite Kapitelchen hat jetzt angefangen. Vielleicht bin ich aber auch schon bei drei oder vier. Ich habe in den letzten anderthalb Jahren gleich ein paar Phasen durchgemacht.

Lena Meyer-Landrut wurde am 23. Mai 1991 in Hannover geboren und wuchs als Einzelkind bei ihrer Mutter auf. Sie ist die Enkelin des deutschen Diplomaten Andreas Meyer-Landrut. Ohne Bühnenerfahrung und ohne je Gesangsunterricht gehabt zu haben, vertrat sie Deutschland beim Eurovision Song Contest 2010, den sie mit dem Song »Satellite« auch gewann. Als musikalische Vorbilder nennt Meyer-Landrut unter anderem Clueso, Adele, Kate Nash, Vanessa Carlton und die deutsche Popgruppe Wir sind Helden. Aufgrund ihres eigenwilligen Stils wird sie zuweilen mit der isländischen Sängerin Björk verglichen. Bis heute hat Lena Meyer-Landrut fünf Alben aufgenommen und drei Nummer-Eins-Erfolge in den Media Control Charts erzielt. Als Sprecherin war sie in den beiden Giraffenaffenhörspielen »Wir sind da« und »Die Schatzsuche« von Cally Stronk und Steffen Herzberg sowie in dem Animationsfilm »Tarzan 3D« zu hören. 2017 wirkte sie an der vierten Staffel von »Sing meinen Song – das Tauschkonzert« mit und 2019 kehrte sie als Coach zu der Talentshow »The Voice Kids« zurück. ON


Ich fühle mich gut. Ich würde es aber nicht explizit als mein neues Lebensgefühl bezeichnen, sondern einfach als Entwicklung. Man ist ständig im Fluss.

An wen richtet sich der Song »Don‘t Lie To Me«? Der Song beschreibt eine private Situation, die mir passiert ist und die ich auf diese Weise verarbeite. Ich möchte damit das ganze Lügenthema von einer anderen Seite beleuchten.

Was haben Sie über das Lügen herausgefunden? So einiges. Eine Lüge kann man nie pauschal als Lüge bezeichnen. Es kommt immer auf die Situation an. Man muss jedes Puzzleteil einzeln betrachten. Für mich hat sich herausgestellt, dass ich ein Mensch bin, der nicht nachtragend ist. Man kann mit Menschen immer wieder neue Ebenen schaffen. Auch andere verändern sich ja.

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Also ein ganz neues Lebensgefühl?

Wie hart muss man arbeiten, um sich im Musikgeschäft auf Dauer zu halten? Man muss schon arbeiten! Man ist nicht irgendwo, weil man Glück hatte. Man kann zwar zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, aber das hält sich nicht über neun Jahre. Um die Frage zu beantworten: Ich arbeite viel. Ich war über Silvester im Urlaub und mein nächster richtiger Urlaub wird wieder über Silvester stattfinden. Ich habe keine Wochenenden und keine festen Arbeitszeiten, aber es ist ja auch mein Leben. Eigentlich arbeite ich immer.

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Wie würden Sie Ihren Ton, Ihre Persönlichkeit beschreiben? Ich fühle mich offen und weich und voller Energie und Freude. Interview: Olaf Neumann

Macht ein gebrochenes Herz kreativ? (lacht) Jedes Gefühl macht kreativ, vor allem, wenn man aufmerksam ist und Gefühle wie Schmerz und Freude sofort aufschreibt. Andernfalls würde man sie ganz schnell wieder vergessen.

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Sind Künstler sensibler als »normale« Menschen? Das würde ich so nicht sagen. Viele Menschen, die keine Künstler sind, sind hoch sensibel. Aber Sensibilität führt vielleicht dazu, dass ein Künstler sich viele Stunden des Tages mit sich selbst beschäftigt. Dadurch denkt er mehr über seine Emo­ tionen nach und wird höchstwahrscheinlich auch sensibler für andere Emotionen.

a m n e s t y a f t e r wo r k Schreiben Sie für die Menschenrechte – gegen Verfolgung, Gewalt und Folter

Wie viel sind Sie bereit, von sich preiszugeben? In der Musik kann ich viel offener sein als in Interviews. Wobei ich finde, dass ich da auch schon sehr offen bin, was meine Person angeht. Vorletztes Jahr habe ich zum Beispiel einen autobiografischen Song über meinen Vater veröffentlicht, »If I Wasn‘t Your Daughter«. Fragen zu meinem Vater sind mir zu intim, die möchte ich nicht beantworten. Aber in meiner Musik kann ich mir erlauben, meine Emotionen zu besingen.

Wenn Sie neue Musik schreiben, versuchen Sie dann, das Alte so weit wie möglich von sich wegzuschieben? Nicht aktiv. Ich versuche immer, den Moment zu betrachten. Der erste Song auf dem Album ist ein Brief an mich selbst. Das hätte ich gern gelesen, als ich 18 Jahre alt war. Am Ende der Songwriting-Session hat Joe Walter mich gefragt, ob ich den Brief abschicken würde. Da sagte ich: »Auf keinen Fall!« Denn dann wären ja alle Erfahrungen meines Lebens für die Katz und alles wäre einfacher gewesen. Es hatte schon alles seine Richtigkeit.

Gemeinsam für die Menschenrechte Sie können helfen: Wir laden Sie herzlich ein, uns montags zu besuchen. Lassen Sie Ihren Tag mit einer guten Tat bei Kaffee, Tee und Gebäck ausklingen, indem Sie sich mit Faxen, Petitionen oder Briefen gegen Menschenrechtsverletzungen in aller Welt einsetzen. Öffnungszeiten: Montag 18 bis 19 Uhr after work cafe Dienstag 11 bis 12 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 19.30 Uhr amnesty Bezirksbüro Hannover Fraunhoferstraße 15 · 30163 Hannover Telefon: 0511 66 72 63 · Fax: 0511 39 29 09 · www.ai-hannover.de Spenden an: IBAN: DE23370205000008090100 · BIC: BFSWDE33XXX Verwendungszweck: 1475


WER WAR EIGENTLICH …

Foto: picture-alliance/akg-images/Henschel

… BENNO OHNESORG? nächsten Tag dann ging er mit Es gibt Menschen, deren Tod seiner Frau Christa zur Demonsso einschneidend ist für die Getration gegen Mohammed Resa sellschaft, dass das Leben dieser Pahlewi, den Schah von Persien, Menschen immer im Schatten der mit seiner Frau Farah Diba des Lebensendes stehen wird. So in Deutschland auf Staatsbesuch war das auch bei Benno Ohneweilte. Linke Demonstranten auf sorg. Erschossen am 2. Juni 1967 der einen Seite, die als Jubelin Berlin, wurde er posthum zu eiperser betitelten regimetreuen ner Art Ikone der Linken, obwohl Schah-Unterstützer auf der andeer nicht zu deren Anführern geren – und dazwischen die Berliner hörte. Der Mord an Ohnesorg, er Polizei. Die Ohnesorgs hatten ein war Brandbeschleuniger für die Plakat dabei: »Autonomie für die Zerreißkämpfe zwischen linken Teheraner Universität« hatten sie Studierenden und dem tiefbraudarauf geschrieben. nen Establishment in DeutschÜber die letzten Minuten im land, einer Gesellschaft, immer Leben von Benno Ohnesorg gibt noch mit Nazis an führenden es manche Unklarheiten. Sicher Stellen und viel Schweigen über scheint: Mit seinem roten Hemd die Vergangenheit. Ohnesorgs und den Sandalen, die man daTodestag wurde sogar Namensmals Jesuslatschen nannte, ging Ohnesorg in einen Hinterhof geber einer terroristischen Gruppe – der Bewegung 2. Juni. Benno Paul Johann Ohnesorg wurde am 15. Oktober 1940 nahe der Oper, wollte schauen, ob er nicht helfen könne in der in Hannover geboren. Er hatte zwei Brüder, seine Mutter starb, undurchsichtigen, aufgeheizten Situation, die er dort wahrals der kleine Benno neun Jahre alt war. Daher wuchs er beim nahm. Zum weiteren Verlauf der Ereignisse blieben viele FraVater und dessen neuer Frau auf. Nach der Schule machte er gen offen. Als Polizisten längst die Gruppe um Ohnesorg gestellt die Lehre zum Schaufensterdekorateur, wollte aber mehr und hatten, fiel ein Schuss, der Ohnesorg in den Kopf traf. Ohnebewarb sich in Braunschweig am Kolleg, um das Abitur nach- sorg starb später im Krankenhaus Moabit an seinen schweren zuholen. Dort saß er in einer Klasse mit dem Schriftsteller Uwe Verletzungen. Den tödlichen Schuss feuerte ein Westberliner Timm, der die gemeinsame Zeit in der 2005 veröffentlichten Polizist ab, der Kriminalobermeister Karl-Heinz Kurras. Kurras Erzählung »Der Freund und der Fremde« verarbeitete. Timm berief sich auf Notwehr, er wurde zweimal freigesprochen. Die offenen Fragen wurden nicht wenibeschreibt den Schulfreund als zuger, als vor einigen Jahren bekannt rückhaltend und neugierig, zusammen lasen sie Sartre, Camus, Bloch, Ein Mord als Brandbeschleuniger wurde, dass Kurras ein Stasi-Agent war. Nietzsche. Mit dem nachgeholten gesellschaftlicher Kämpfe. Als Benno Ohnesorg starb, mit Abitur bewarb sich Ohnesorg an der gerade 26 Jahren, da war seine Frau Hochschule für bildende Künste in Berlin, und wurde abgelehnt. Ein Jahr später begann er an Christa schwanger. Sohn Lukas hat den Vater nie kennengeder FU in Berlin das Studium der Germanistik und Romanistik, lernt, er wurde vier Monate nach dem Tod des berühmten Vaters geboren. Eine Woche nach Ohnesorgs Tod kamen etwa wollte Gymnasiallehrer werden. Bis heute halten sich die Geschichten, Ohnesorg sei gänz- 7000 Besucher zur Trauerfeier nach Hannover. Sein Sarg wurde lich unpolitisch gewesen, ja, die Demonstration an seinem in einem schwarzen Cadillac-Leichenwagen zum Bothfelder Todestag sei seine erste überhaupt gewesen. Er war ein inte- Friedhof gebracht, wo Ohnesorg im Familienkreis beigesetzt ressierter, kritischer Beobachter der Welt, aber kein Freund wurde. Der Leichenwagen sollte Jahre später Marlene Dietrich einfacher Wahrheiten. Am Vortag seines Todes hörte er einen zu ihrer letzten Ruhestätte bringen. Vortrag von einem iranischen Regimekritiker an seiner Uni. Am Gerd Schild


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BRIEFE AN UNS

Zu Asphalt allgemein

Grenzenlos Zunächst möchte ich Ihnen erst einmal ein großes Kompliment für Ihr so gelungenes Magazin aussprechen. Ich finde den regionalen Aspekt so gut und wichtig und dass, obwohl ich gar nicht in Hannover wohne (mein Partner wohnt allerdings in Hannover und von daher bin ich häufiger in der Stadt). Wir haben bei zwei unterschiedlichen Verkäufern versucht, das Asphalt Kids Magazin zu bekommen, aber beide hatten leider das Kids Magazin nicht dabei. Können Sie mir dieses evtl. auf dem Post Weg zukommen lassen und kann ich Ihnen das Geld dafür überweisen? Ich freue mich auf jeden Fall sehr, in jedem Monat das aktuelle Magazin zu erwerben und bin auch froh, Ihre netten Verkäufer zu unterstützen. Cornelia Tausendfreund, Essen Anmerkung der Redaktion: Die Asphalt-Kids kann bei allen Verkäufern bestellt werden. Sofern das nicht möglich ist, versenden wir gern Hefte zum Verkaufspreis von 4 Euro zuzüglich Versandkosten. Bestellungen an: Asphalt-Magazin, Hallerstr. 3 (Hinterhof), 30161 Hannover oder per E-Mail an info@asphalt-magazin.de.

Zu Asphalt 3/19 »Das muss mal gesagt werden« 25 1994 –

2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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2019

JAHRE

Neusprech

Den kritischen Ausführungen von Karin Powser über die »geschlechtsgerechte VerwaltungsEINER FEHLT sprache« in Hannover ist zuzustimmen. Wissenschaftler weisen ja auch mittlerweile zu Recht auf den Unterschied zwischen dem natürlichen und dem grammatikalischen Geschlecht hin, d. h. das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Der Aufwand und die Zeit, die Stadtbedienstete dafür aufgewendet haben, wäre an anderer Stelle, für sinnvolle Zwecke besser eingesetzt worden, Stichworte: Obdachlose, Wohnungssuchende, Anwohner mit kaputten Straßen vor der Haustür, Eltern auf der Suche nach Betreuungsplätzen für ihre Kinder etc. Man wird durch derartige vorgegebene Sprachvorschriften unweigerlich erinnert an die »Neusprech« in George Orwells Roman »1984«. Sicher ist das Ganze mit bester Absicht durchgeführt worden. Allerdings ist an das auf Gottfried Benn zurückgehende Zitat hinzuweisen: »Das Gegenteil von gut ist gut gemeint«. Norbert Wertheim, Hannover OHNE DACH

OHNE GELD

OHNE HALT

Aus der Geschichte lernen gegen Obdachlosigkeit

Asphalt-VerkäuferInnen über die vielen Facetten von Armut

Michelle Hunziker über ihr Leben in der Sekte

Vielen Dank für Ihre Meinung! Die Redaktion behält sich vor, Briefe zur Veröffentlichung zu kürzen. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Absenderadresse anzugeben.

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Über 6000 Euro für Wohnungslose durch „Haste mal ‘ne Mark?“-Aktion Anfang Februar riefen die Schirmherren der Aktion „Haste mal ‘ne Mark?“, Ministerpräsident Stephan Weil, Dr. Margot Käßmann und 96-Pokalheld Jörg Sievers, dazu auf, alte D-MarkBestände zugunsten von Projekten für Wohnungslose zu spenden. Über sechs Wochen haben 96plus und das Diakonische Werk Hannover in den 96-Fanshops, in verschiedenen diakonischen Einrichtungen und im Werk von 96plus-Hauptpartner Johnson Controls gesammelt – nun wurde gezählt. Insgesamt 74 Kilogramm Münzgeld und Scheine fanden den Weg in eine der Spendenboxen und wurden nun zum Umtausch zur Bundesbank gebracht. Neben D-Mark und Euro wurden auch einige Fremdwährungsscheine, wie Schweizer Franken, gespendet, die auch bereits getauscht wurden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Insgesamt 6000 Euro hat die Aktion eingebracht, die nun für Wohnungslosenprojekte eingesetzt werden. Wir sagen vielen Dank an alle Unterstützerinnen und Unterstützer der Aktion.

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Meine Worte

Texte aus der Asphalt-Schreibwerkstatt. Diesmal: Fortsetzung der Reihe »Erlebnisse auf dem Verkaufsplatz« mit Texten von Micha und HaDe. Außerdem einige Zweizeiler von Inge-Lore und HaDe zu 25 Jahren Asphalt, inspiriert von Wilhelm Busch.

Wie der arme Poet zu mir kam Diese kleine Geschichte wäre eigentlich eine Weihnachtsgeschichte, aber ich glaube, man kann sie zu jeder Zeit erzählen. Damals, vor einigen Jahren, gab es noch einen Aldi in Limmer. Diese Filiale entwickelte sich allmählich zu einem wunderbaren Platz für einen Asphalt-Verkäufer. Viele Leute blieben oft auf einen kleinen

Foto: dieKLEINERT.de/picture alliance

Schnack stehen, nicht nur, um eine Asphalt-Aus-

Der arme Poet inspirierte nicht nur Spitzweg und unseren Micha, sondern auch manche Illustratoren zu zeitgemäßen Variationen wie auf diesem Bild.

gabe zu kaufen. Dabei kam ich auch mit einer lieben Stammkundin ins Gespräch. Irgendwie landeten wir dann beim Thema Kunst und Malerei. Ich erzählte ihr von meinem Lieblingsmaler Spitzweg. Nach ein paar Wochen, es war schon Dezember geworden, kam jene nette Frau zu mir und gab mir ein recht großes, aber flaches Paket mit dem Hinweis: »Bitte erst an Weihnachten öffnen!« Elende Neugier, die mich geplagt hat!!! Naja, es heißt ja, Neugier sei der erste Schritt zur Wissenschaft. Daher öffnete ich das Paket schon vorher. Donnerwetter!!! Was für ein Bild!!! Es war ein Druck vom »Armen Poeten«, mein Lieblingsbild von Spitzweg!

Ob dürre oder mit Kugelgestalt, bei Asphalt herrscht Modellvielfalt.

Nun hängt dieses Bild bei mir im Wohnzimmer, zur Freude und Erbauung von meiner Frau und mir. Dieses Bild erinnert mich jeden Morgen daran, dass es mir und meiner Frau doch recht gut

Die Schreibwerkstatt bei Asphalt, schuf schon so manche Lichtgestalt.

geht. Egal, wie der Tag auch anfängt, man muss es immer wieder probieren, dann wird es schon werden. Vielleicht habe ich auch deshalb fast immer gute Laune. Asphalt-Verkäufer Michael (1115)


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Was für ein herrlicher Tag Was für ein herrlicher Tag, dieser erste Freitag im Frühling. Darum fühlte ich mich heute nach anfänglichen Startschwierigkeiten doch recht gut, wollte auch dringend das schöne Wetter bei den erstmalig mit 20 Grad angekündigten Außentemperaturen nutzen. Mein innerstädtischer Verkaufsplatz nahe C&A hat eine Sockel-

Unter den Verkäufern von Asphalt, herrscht doch ne große Artenvielfalt.

kante am Schillerdenkmal, die ich in letzter Zeit auch durchaus zum Sitzen benötige. »Darf ich ihnen eine Bratwurst spendieren«, lautete die Frage eines Mannes, der dabei gleichzeitig zum Bratwurst-Glöckle hinwies.

Sie verkauft so gerne die Asphalt, es ist ihr einziger Lebensinhalt.

»Wenn ich meinen Verkaufsplatz dazu nicht verlassen muss.« Wenige Minuten später hatte auch ich eine Bratwurst in der Hand

Reicht dir nicht dein Unterhalt, verkaufe lieber die Asphalt.

und einen netten Menschen neben mir sitzen, dessen Frau zuvor bei C&A eingekehrt war. Wir verbrachten gemeinsam die Wartezeit bis zu ihrer Rückkehr mit anregenden Gesprächen. Was denn meine Gründe zum Asphalt-Verkauf wären? Erfreut waren wir gleichsam beide darüber, dass mich nicht die oft

Die Asphalt, die lässt keinen kalt, sie gibt auch dem Verkäufer Halt.

bei uns Straßenverkäufern vermuteten Schicksalsschläge, sondern »nur« die Entwertung von Arbeitskraft, eine falsche Renten- bzw. Sozialpolitik auch mich altersbedingt in Hartz IV abgleiten ließ, ich

Zweizeiler von Asphalt-VerkäuferInnen

meinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Asphalt-Zeitungen

Inge-Lore (2013) und HaDe (1902).

anstelle von Flaschensammeln verbessere. Um über die auf den Straßen immer deutlicher sichtbare Armut etwas mehr zu erfahren, empfahl ich doch eine Teilnahme am Asführt »einen Einblick in die Hannoversche Szene bekommen«. Als »Nebenprodukt« des Verkaufs der – auch aus meiner Sicht absolut lesenswerten – Zeitung Asphalt bieten wir als Verkaufende Gespräche an, die wie im Text zuvor beschrieben, von vielen Kaufenden auch oft gesucht werden. An unseren Verkaufsplätzen, das bestätigen mir auch viele meiner Mitverkäufer, sind wir Verkäufer durchaus schon Bestandteil des jeweiligen Stadtteils, es wird durchaus auch nachfragt, wenn wir eine Weile nicht gesehen

Foto: Robert Kneschke/fotolia.com

phalt-Spaziergang. Dort kann man von erfahrenen Asphaltern ge-

wurden. Asphalt informiert eben nicht nur, sondern verbindet freundliche, am sozialen Leben interessierte Menschen. Asphalt-Verkäufer HaDe (1902)

Im Rahmen der Asphalt-Schreibwerkstatt können Asphalt-Verkäufer kreativ Texte produzieren, spielerisch Ausdrucksweise und Wortschatz pflegen und insgesamt ihre sprachlichen und literarischen Kompetenzen verbessern.

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AUS DER SZENE

Brücken bauen

Hunderte Zwangsräumungen, mehr Räumungsklagen

Hannover. Mit der »Orientierungsberatung für Menschen aus Süd-Osteuropa« schließt die Diakonie ein gefährliches Loch im sozialen Netz. Tausende Migranten aus den jüngeren EU-Beitrittsländern stranden immer wieder in unseren Großstädten, weil sich ihre Hoffnung auf Arbeit nicht erfüllt. Ohne Ansprüche auf staatliche Unterstützung beziehen sie weder Hartz-IV noch Sozialhilfe, haben nicht einmal ein Anrecht auf einen Wohnheimplatz. Deshalb landen viele auf der Straße, machen »Platte«. Besserung ist nicht in Sicht, dazu fehlen meist auch die deutschen Sprachkenntnisse. Genau hier setzt das Projekt an: »Wir starten jetzt mit Dolmetschern für bulgarisch und rumänisch und legen den Fokus auf Neuankömmlinge«, sagt Michael Schroeder-Busch von der Orientierungsberatung. Dabei gehe es zunächst um die Grundfragen: »Was ist los mit den jeweiligen Personen und welche Möglichkeit haben sie, hier Fuß zu fassen?« Neben Hinweisen auf das vorhandene Hilfesystem geben die Berater Tipps vor allem im Umgang mit Behörden und Alltagsfragen. Arbeit vermitteln dürfen sie jedoch nicht. Finanziert wird das Projekt aus EU- und Bundesmitteln unter dem Label »Brücke zur Integration«. Der Service ist im Haus der Diakonie in der Burgstr. 10 angesiedelt. Sprechstunden mit Dolmetscher sind für Bulgarisch montags von 13.30 – 16.30 Uhr und dienstags von 9 – 12 Uhr, für Rumänisch donnerstags von 14 – 17 Uhr und freitags von 08.30 – 11.30 Uhr. Gemeinsames Telefon: 0170 – 7 15 98 88 oder 0159 – 04 44 61 00. UM

Hannover. Jedes Jahr verlieren hunderte Mieter in Hannover ihre Wohnung, überwiegend wegen Mietschulden. Und immer mehr Menschen sind von Wohnungslosigkeit akut bedroht. So stieg die Zahl der Räumungsklagen allein wegen Mietschulden von 799 im Jahr 2017 auf 861 in 2018. Das ist eine Zunahme von 7,8 Prozent. In Hannover kümmert sich die Stelle für wohnungserhaltende Hilfen um die Fälle und versucht die drohende Wohnungslosigkeit zu verhindern. Die angesetzten Räumungstermine gingen gegenüber 2017 sogar zurück, von 466 auf 426 Fälle. In ihrer Antwort auf eine Anfrage der SPD-Ratsfraktion bezifferte die Stadt den Erfolg der wohnungserhaltenden Hilfen auf 32 Prozent aller betreuten Fälle im Jahr 2018 (gegenüber 37 Prozent in 2017). In 27 Prozent der Fälle konnte eine neue »Wohnung, bzw. Schlafstätte gefunden« werden. In mehr als einem Drittel der Fälle sei der »Aufenthalt nach Räumung unbekannt«. Was das in absoluten Zahlen bedeutet, hat Asphalt jetzt nachrecherchiert. So wurden in 2018 vom Amt 963 Fälle von drohendem Wohnungsverlust bearbeitet (nach 921 im Vorjahr), wovon mehr als ein Drittel zu Zwangsräumungen führte. Das sind für 2018 noch 326 Zwangsräumungen, nach 322 in 2017. Mehr als 300 Mal Schicksal »unbekannt«, Jahr für Jahr. UM

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kaufmännisch klug, sozial verantwortungsvoll 12.000 Euro Zuschuss, Mietzahlungsgarantie, keine Nachmietersuche, kein Leerstandsrisiko. 5.000 Euro zusätzlich, wenn ich modernisiere. Ich habe für 15 Jahre an die SWH vermietet!

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Ist unseren Politikern eigentlich das Gefühl für Peinlichkeit abhandengekommen? Jüngstes Beispiel: die glorreiche Idee unseres Bundesverkehrsministers, mit halbnackten Models Werbung für Fahrradhelme zu machen. Das Echo in den Medien fiel ja entsprechend aus, ich kann mich den Argumenten über die Unsinnigkeit einer derartigen Werbung nur anschließen. Wie tickt ein Minister, der glaubt, auf eine solch naive Weise junge Leute ansprechen zu können? Aber davon einmal abgesehen frage ich mich, ob ein Bundesverkehrs­ minister in der heutigen Zeit nichts weiter zu tun hat, als seine Zeit und unser Geld mit einem derartigen Unsinn zu vergeuden. Ich hätte wirklich geglaubt, dass ein Mann in dieser Position, mit einem derartigen Monatsgehalt, wenigstens annähernd in der Lage sein müsste, sich dem breiten Feld der Umwelt- und Verkehrsprobleme anzunehmen. Er hat wohl auch noch nie etwas von den Freitagsdemonstrationen gehört, sonst wüsste er, warum die jungen Leute inzwischen weltweit auf die Straße gehen. Und wie sie das tun – halbnackt mit Helm jedenfalls nicht!!!

Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden …

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»HEUTE REGEN, MORGEN SONNE« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäuferin Reghina (55).

Hallo Reghina. Du kommst ursprünglich nicht aus Deutschland. Wie lange bist du schon hier?

Der andere ist in Rumänien und die Zwillinge sind in Tsche­ chien geblieben. Sie sind schon 39, 37 und 35.

Fünf Jahre. Für ein Jahr war ich in Köln. Seit vier Jahren bin ich in Hannover.

Siehst du sie oft?

Hat es dir in Köln nicht gefallen? Dort ist schlecht mit Arbeit. Ich habe keine gefunden. Hier habe ich eine gefunden. Ich habe einen Mini-Job. Ich gehe putzen. Aber nicht so viele Stunden, wie ich möchte. Und ich verkaufe Asphalt seit drei Jahren. Ich mache das gern. So kann ich ein bisschen Geld verdienen und habe Kommunikation. Das brauche ich. Sonst bin ich einsam und werde traurig. Die Leute sind sehr nett zu mir am Verkaufsplatz. Das gefällt mir sehr gut!

Welches ist dein Heimatland? Rumänien.

Nein, leider nicht. Kein Geld, aber wir schreiben und telefonieren. Sie haben schon ihre eigenen Familien. Sieben Enkel habe ich.

Wie lebst du hier? Momentan bin ich in einer Notschlafstelle für Frauen und wohne mit einer Frau aus dem Irak in einem Zimmer. Jetzt ist es gut. Sie ist sehr gut. Wir können in Ruhe zusammenwohnen. Vorher habe ich schon mit anderen Frauen zusammengewohnt. Die waren schwierig. Sie haben Drogen genommen und getrunken. Ich mache das nicht! Sie haben nicht sauber gemacht, ich konnte nicht in Ruhe schlafen ... Ich hätte gern eine eigene kleine Wohnung.

Dort hast du bis vor fünf Jahren gelebt? Nein. Ich war lange in Tschechien. In Brünn. Von 1992 bis 2013. Da hat es mir gut gefallen. Ich spreche perfekt Tschechisch. Deutsch muss ich noch lernen. Das dauert. Für zehn Jahre habe ich in Brünn in einem Museum als Guide gearbeitet – im Museum der Roma-Kultur. Ich habe auch ein Buch von dem Museum. In dem Buch ist ein Bild von meinen Schwestern und mir. Die Arbeit da war sehr schön. Ich hatte viel Kommunikation. Mein Chef war auch zufrieden mit mir, aber ich habe so wenig verdient! Ich konnte da nicht bleiben. Einfach zu wenig Geld zum Leben. Ich hatte noch ein bisschen Geld und bin nach Deutschland gekommen, um Arbeit zu suchen. Jetzt hat mein Chef angerufen, ob ich bitte zurückkomme. Ich habe gesagt: Tut mir leid, es ist nicht genug Geld. Ich kann nicht. Ich bin jetzt in Deutschland.

Vermisst du deine Heimat? Tschechien vermisse ich, Rumänien nicht. Wir haben nicht gut gelebt in Rumänien: kleine Wohnung, viele Kinder. Ich habe sieben Schwestern und fünf Brüder. Zusammen sind wir 13! Mein Vater ist gestorben, als ich sieben Jahre war. Meine Mutter ist seit 20 Jahren tot. Wir sind Roma und hatten große Probleme mit Diskriminierung. Wir haben politisches Asyl in Tschechien bekommen. Da und in Deutschland hatte ich keine Probleme mit Diskriminierung.

Möchtest du hierbleiben? Ich liebe es hier. Ich möchte in Hannover bleiben, aber ich müsste mehr Arbeit finden. Ich suche!

Hast du hier Freunde gefunden? Hast du eine Familie? Ich habe vier Kinder. Sie sind schon groß. Zwei Jungs und zwei Mädchen – die Mädchen sind Zwillinge. Früher hatte ich auch einen Mann. Wir waren 25 Jahre zusammen. Er hatte dann eine andere Frau. Ich wollte nicht mit ihm zusammenbleiben. Seit 2003 sind wir getrennt. Jetzt bin ich allein.

Deine Kinder sind in Tschechien aufgewachsen? Ja, sie waren noch klein und sind da zur Schule gegangen.

Nein, aber die Leute, die bei mir Asphalt kaufen, sind mir wichtig. Wir unterhalten uns, das ist schön. So lerne ich auch besser Deutsch.

Was wünschst du dir für deine Zukunft? Keine Ahnung. Gott entscheidet, was in der Zukunft passiert. Heute Regen, morgen Sonne. Er entscheidet für mich, für alle Leute, für alles! Der Glaube an Gott ist wichtig für mich. Ich lebe einfach jeden Tag und nehme, was Gott mir gibt.

Sind sie in Tschechien geblieben? Oder wo leben sie jetzt? Einer in Köln. Bei ihm war ich, als ich nach Deutschland kam.

Interview und Fotos: Svea Kohl


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Reghina verkauft Asphalt vor »Aldi« in der Bürgerstraße im Stadtteil List in Hannover und vor »Netto« in der Hasselfeldstraße in der Region Seelze.


RUND UM ASPHALT

Betteln mit Zeitungvorzeigen mag man das nennen, was aktuell am und um den Hauptbahnhof in Hannover mit Asphalt passiert. Menschen südosteuropäischer Herkunft sprechen an den Bahngleisen Reisende an, um ihnen vermeintlich eine letzte Asphalt oder eine andere Straßenzeitung verkaufen zu wollen. Gibt der Reisende Geld, entzieht sich die Person ohne das Heft auszuhändigen. Das ist Betrug. Wir stellen klar: Diese Personen sind keine Asphalt-VerkäuferInnen, auf dem gesamten Gelände der Deutschen Bahn in Hannover darf eh keine Straßenzeitung verkauft werden. Man erkennt Asphalt-Verkäufer an ihrem aktuell gelben Verkaufsausweis, der Nummer und Verkaufsplatz zeigt. Sicherlich sind diese Menschen vom Bahnhof arm, bedürftig, vermutlich sogar unter Druck durch ihren Clan-Chef. Sie könnten Asphaltverkäufer sein, wenn sie sich an unsere Verkaufsregeln hielten (Verkaufsplatz, Bettelverbot, kein aggressives Auftreten…). Nur ein paar von ihnen wollen das bisher. RED

gesucht – gefunden Verkäufer Michael: Ich suche das große Hobbit-Buch, einen Funkeninduktor der Firma Leybold und ein altes Weidezaungerät. Vielen Dank im Voraus! [V-Nr. 1115] Kontakt: 0160 – 92822576.

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Beratung sofort nach Beitritt! Jetzt Mitglied werden! Kompetente Hilfe bei allen Fragen zum Mietrecht. Herrenstraße 14 · 30159 Hannover Telefon: 0511–12106-0 Internet: www.dmb-hannover.de E-Mail: info@dmb-hannover.de Außenstellen: Nienburg, Soltau, Hoya, Celle, Neustadt, Springe und Obernkirchen.

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Foto: privat

Betrugsmasche mit Asphalt

Asphalt verlost 3 x 2 Karten für den Jazz Club Hannover

Jazz Night unter der Kuppel Seit über 50 Jahren lockt Deutschlands größtes Open-Air-Jazzfestival »enercity swinging hannover« zehntausende Menschen am Himmelfahrtstag vor das Neue Rathaus in Hannover, um dort die Größen des Jazz live zu erleben. Doch damit nicht genug: Traditionell findet einen Abend vor dem großen Jazzfestival die Jazz Night im HCC Kuppelsaal statt. In diesem Jahr startet das Programm swingend mit der Lothar Krist Hannover Big Band und den Singin‘ Birds. Der diesjährige »main act« ist Europas Funk-Fusion-Band Nr. 1 »Mezzoforte«, die im Jahr 1983 mit »Garden Party« ihren ersten Welthit landete. Gekrönt wird die Jazz Night unter der Kuppel schließlich dank MF Robots mit feinstem Dancefloor-Jazz aus London. Gewinnen Sie mit Asphalt zwei Tickets für das die Jazz Night im HCC Kuppelsaal, am 29. Mai, um 19 Uhr, Theodor-Heuss-Platz 1-3 in Hannover. Rufen Sie uns dafür am 23. Mai zwischen 12 und 13 Uhr unter der Telefonnummer 0511 – 301269-18 an und beantworten folgende Frage: Wie hieß der erste Welthit von Mezzoforte? Die ersten drei Anrufer mit der richtigen Antwort dürfen sich über die begehrten Tickets freuen.


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Machen Sie bei uns mit! Die Runde der Ehrenamt­lichen trifft sich an jedem letzten Dienstag im Monat in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstaltungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen. Wir freuen uns, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Rufen Sie uns einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-0. Das nächste Treffen ist am Dienstag, 28. Mai, um 17 Uhr.

Kommen Sie mit – zum sozialen Stadtrundgang! Asphalt zeigt Ihnen das andere Hannover. Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer führen Sie zu Orten, an denen Wohnungslose keine Randgruppe sind. Nächster Termin: 31. Mai 2019, 15 Uhr. Treffpunkt: Asphalt, Hallerstr. 3, 30161 Hannover. Bitte melden Sie sich an unter: 0511 – 301269-20. Teilnahme auf Spendenbasis: ab 5 Euro pro Person.

Verkäuferausweise Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei VerkäuferInnen mit gültigem Ausweis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Gelb

Foto: G. Biele

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Staffelstab an Asphalt übergeben Neuer Streckenrekord bei den Frauen, Rekordbeteiligung von über 25.000 Sportlern, hunderttausende Besucher und optimale Wetterbedingungen – das ist die Bilanz des diesjährigen Hannover Marathon. Organisiert wird das sportliche Großereignis seit nunmehr 18 Jahren von eichels: Event. Für Unternehmens­ chefin Stefanie Eichel geht es aber nicht nur um den Sport: »Wir sind jedes Jahr auf der Suche nach einem Sozialpartner, der uns das ganze Jahr über begleitet, mit dem wir gemeinsame Aktionen machen und der gut zu uns passt.« Dieser Partner wird für das kommende Jahr Asphalt sein. Dafür gab Clemens Brauner, Vorstand des Vereins Selbsthilfe nierenkranker Kinder und Jugendliche und letztjähriger Sozialpartner, symbolisch den Staffelstab an Georg Rinke, Geschäftsführer von Asphalt, weiter. »Asphalt ist das Material, auf dem wir laufen. Die Affinität zu diesem Begriff und dem Titel des Magazins und dieses herausragende Engagement haben uns überzeugt«, begründet Eichel ihre Wahl für Asphalt. Die Unternehmerin hat auch bereits Ideen: »Zum einen beginnen wir, mit der Online-Anmeldung Spenden zu sammeln. Und ich möchte einmal einen Tag die Asphalt verkaufen.« Und auch Georg Rinke hat schon Pläne: »Matthias Brodowy, hat mir bereits zugesagt, dass er eine Asphalt-Laufgruppe trainieren will, die dann beim Marathon 2020 an den Start gehen soll.« GB

Impressum Herausgeber: Matthias Brodowy, Dr. Margot Käßmann, Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Gesellschafter: Diakonisches Werk Hannover, H.I.o.B. e.V. Geschäftsführung: Georg Rinke Redaktion: Volker Macke (Leitung), Grit Biele, Svea Kohl, Ulrich Matthias Fotografin/Kolumnistin: Karin Powser Gestaltung: Maren Tewes Freie Autoren in dieser Ausgabe: O. Neumann, B. Pütter, G. Schild, W. Stelljes, S. Szameitat, K. Zempel-Bley

Anzeigen: Heike Meyer Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter) Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15

Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1 Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 22.500 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 15. April 2019

Für unaufgefordert eingesandte Manus­kripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde. Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weiter­ gegeben. Unsere vollständige Datenschutzerklärung finden Sie auf www.asphalt-magazin.de/impressum. Alternativ liegt diese zur Ansicht oder Mitnahme in unserer Geschäftsstelle aus.

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Foto: G. Biele

ZUKUNFTSTAG

Das Schreibtraining: »Bitte in möglichst kurzen Sätzen!«

Foto V. Macke

Foto V. Macke

Zukunftstag bei Asphalt. Sieben Mädchen und drei Jungs waren Ende März bei Asphalt zu Gast. Und haben kennen gelernt, was Asphalt ausmacht: Soziale Arbeit via professionellen Journalismus. Verkäufer Thomas zeigte beim Asphalt-Stadtrundgang wie und wo Obdachlosen geholfen wird. In Arbeitsgruppen lernten die Zukunftstag-Redakteurinnen und -Redakteure danach, das Erlebte und Gelernte in Wort und Fotoschnitt ins Blatt zu bringen. Hier das Ergebnis.

Das Fototraining: »Wisst ihr was der goldene Schnitt ist?«


Erste Adresse für Obdachlose Der Kontaktladen »Mecki« ist die zentrale Anlaufstelle für Obdachlose in Hannover. Dort, am Raschplatz hinter dem Bahnhof, helfen Sozialarbeiter mit Rat, Tat und Frühstück, eine Krankenschwester hilft bei Verletzungen, eine Ärztin bei Erkrankungen. Außerdem kommt regelmäßig das Zahnmobil hier vorbei, um Obdachlosen mit Zahnschmerzen zu helfen. Für Notfälle gibt es hier Schlafsäcke kostenlos. Text E. S. (12), Foto: Julia Wenzel (15)

Weichenstellung für Abhängige Das »Stellwerk« in der Nähe des Amtsgerichts dient täglich rund 80 Drogenkranken als Treffpunkt. In dieser Anlaufstelle von STEP können harte Drogen wie Heroin und Crack unter hygienischen Bedingungen konsumiert werden. 20 Minuten haben die Süchtigen dafür Zeit. Es gibt außerdem Duschen, Essen und Gespräche. Sozialarbeiter dieses niedrigschwelligen Angebots helfen den Betroffenen, den Willen zum Ausstieg aus der Sucht zu finden. »Der erste Schritt, um wieder unabhängig zu werden, ist der Wille, es auch zu wollen«, sagte Stadtführer Thomas. Text: Zora Otte (13), Foto: Michel zum Bild (13)

Ruhepol im Straßendschungel Unter der Raschplatzhochstraße in Hannover findet man das Kontaktcafé. Ein Angebot der christlichen Drogenhilfe »Neues Land«. Jeder irgendwie Abhängige kann nachmittags dort kostenlos Tee, Kaffee oder Kekse genießen. Kostenlos und ganz in Ruhe. Vor allem aber können die Süchtigen dort untereinander in Kontakt kommen und, so sie wollen, Infos und Unterstützung für ein Leben ohne Drogen erhalten. Fast alle Unterstützer arbeiten ehrenamtlich. Außerdem gibt es alle 14 Tage spezielle Gruppen für psychosoziale Arbeit. Text: Annabel Puscz (13), Foto: Charlotte Hellwig (12)

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Betten für Straßenkinder »Bed by Night« heißt die Notunterkunft für Kinder in Hannover. In den bunten Con­ tainern an der Celler Straße gibt es acht reguläre Schlafplätze, es gibt Essen, Waschmöglichkeiten und Second-Hand-Kleidung. Die Kinder im Alter von acht bis 18 Jahren sind meist wegen Streit oder Gewalt von Zuhause weggelaufen. Ausgebildete Sozialarbeiter stehen als Ansprechpartner zur Verfügung. Geöffnet ist rund um die Uhr. Und auch wenn die Plätze belegt sein sollten: »Im Notfall werden noch Matratzen geholt und im Aufenthaltsraum ausgelegt«, sagte Stadtführer Thomas. Text: Johanna Kassebeer (12), Foto: Paula Gardemin (14)

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Obdachlosenlager sind zum Glück Geschichte. Bis in die 70er Jahre wirkten sie wie Rückstände des NS-Lagersystems. Der Fotograf Thomas Deutschmann hat eines dieser Lager dokumentiert. Asphalt möchte wissen: Was ist aus den Bewohnern geworden? Der erste Tag war für Barbara Stratmann ein Schock. »Ich kam aus einer kleinen Stadt im Emsland und war überhaupt nicht darauf vorbereitet, was mich hier erwartete.« Die Erzieherin trat ihre neue Arbeitsstelle 1974 in einer Kindertagesstätte an, die mitten im Obdachlosenlager Vinnhorst lag, schräg gegenüber vom neu gebauten Gefängnis. Auch Jürgen Hohmann, ebenfalls Erzieher, aber damals in einer benachbarten Kita beschäftigt, erinnert sich noch gut: »Das Gelände war damals noch komplett eingezäunt, die Anlage war ein ehemaliges Fremdarbeiterlager aus der NS-Zeit, das sah man den Baracken auch an.« Ungewohnt erschien Stratmann auch das Verhalten der Kinder. »Die haben sich überhaupt nichts von mir sagen lassen. Nach dem ersten Tag wollte ich sofort wieder aufhören, aber die Kolleginnen haben mich überzeugt, weiterzumachen.« Schließlich sind daraus 16 Jahre geworden. Und ja, sie habe es nicht bereut, geblieben zu sein, sagt sie. 16 Jahre, in denen sich vieles verändert hat, in denen sich Erzieher und Bewohner des Lagers in Vinnhorst nähergekommen sind. »Wir haben ja auch alles Mögliche gemacht«, sagt Dunja Niksic, ebenfalls eine der ehemaligen Erzieherinnen aus der Kita, »den Kindern die Haare gewaschen, die Fingernägel geschnitten, sie morgens aus den Wohnungen abgeholt, versucht Streit zu schlichten, waren bei Arztterminen oder Elterngesprächen dabei und haben den Eltern bei Anfragen der Behörden geholfen.« Nicht zuletzt haben die Erzieher die Kinder auch bei Schulproblemen unterstützt, haben ihnen Lehrstellen vermittelt. Das wäre heute so nicht mehr denkbar. »Wir haben die Heranwachsenden ja noch bis zum 18. Lebensjahr begleitet«, sagt Hohmann. Und man sei eben vor Ort gewesen, mitten im Geschehen. »Im ersten Jahr sind in der Kita zwanzig Scheiben eingeworfen worden, drei Jahre später war es nur noch eine.« Ein deut-

liches Zeichen für die Erzieher, dass ihre Arbeit Früchte trug und auch anerkannt wurde. Keine Selbstverständlichkeit in der Zeit. »Die Bewohner des Lagers hatten bislang nur die Erfahrung gemacht, dass sie vom Staat nichts Gutes zu erwarten hatten«, meint Hohmann. Dementsprechend hätten sie sich auch oft verhalten. Auf der anderen Seite wäre aber auch ein starker Zusammenhalt spürbar gewesen, sobald einer mit der Welt außerhalb des Lagers Probleme bekommen hätte. Die Kindertagesstätte war in der ehemaligen Kommandantur des Fremdarbeiterlagers untergebracht, gleich hinter den (heute unter Denkmalschutz stehenden) Roten Häusern, die um 1923 gebaut wurden und bis heute ebenfalls als Obdachlosenunterkünfte genutzt werden. Von ihrer Lage her war die Kita also immer schon mitten drin, dass sie bald auch zum Leben der Bewohner dazugehörte, verdankte sie vor allem dem Engagement der Erzieher und Erzieherinnen. Die sahen in den Kindern nicht nur die Defizite, sondern vor allem auch die Potenziale. Außerhalb des Lagers war das damals noch anders, da herrschte mitunter ein Geist vor, der seine Herkunft aus dunklen Zeiten nicht verleugnen konnte. »Die Kinder wurden ja ausnahmslos auf die Sonderschule geschickt, ungeachtet ihrer persönlichen Fähigkeiten«, weiß Hohmann, »der Rektor der Sonderschule war erzreaktionär, der hat unsere Kinder als rassisch minderwertig bezeichnet und ihnen jede Chance abgesprochen.« Auch an der Grundschule habe ein ähnlicher Geist geherrscht, erst nach und nach seien die Kollegien fortschrittlicher geworden, hätten die Lehrer auch versucht, die Kinder zu fördern. Viele der alten Pauker hätten sich dem strikt verweigert, wollten die Kinder nicht in ihren Klassen haben. Hohmann erinnert sich noch an den Fall eines jungen Sinto oder Rom, der auf der Schule keine Chance bekam. »Wir haben für den einen Intelligenztest organisiert und in der Kita durch-

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AUS EINER ANDEREN ZEIT

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führen lassen. Der schnitt mit über 130 ab, aber die Hauptschule hat ihm den Abschluss verweigert, weil eine Gutachterin ihm vorwarf, zu viel zu lachen.« Unterkriegen lassen habe er sich trotzdem nicht und den Abschluss später in der Werkstattschule nachgeholt. Barbara Stratmann, Dunja Niksic, Jürgen und Renate Hohmann wissen von vielen späteren Erfolgserlebnissen zu berichten, die den Kindern keineswegs in die Wiege gelegt wurden. Zum Beispiel die Geschichte von dem Jungen, dessen Mutter Analphabetin war. Nur wenige Jahre zuvor wäre die Sonderschullaufbahn für ihn ein sicheres Schicksal gewesen, aber er hatte inzwischen das Glück, auf eine junge, engagierte Lehrerin zu treffen, die ihm schließlich den Realschulabschluss ermöglichte. So wurde aus einem dieser Kinder, denen man anfangs nichts zutraute und die man lieber aus dem regulären Schulbetrieb dauerhaft verbannt hätte, nach seiner Facharbeiterprüfung auch noch ein Ausbildungsleiter. Karl Saatze war 20 Jahre lang Bezirksbürgermeister von Vinnhorst. An das Obdachlosenlager erinnert er sich noch gut: »Das war ja mein Revier. Ich musste dort immer Kuchen austragen.« Saatzes Eltern hatten eine Bäckerei und der Jugendliche bemerkte bei seinen Botengängen erstaunt, »wie lebenstüchtig die Kinder im Lager waren«. Sie mussten eben früh lernen, sich

durchzusetzen. So hat trotz dieser schlechten Bedingungen in einem ausgrenzenden Schulsystem mit vorurteilsbehafteten Lehrkräften, doch die Mehrzahl eine Lehrstelle und eine ordentliche Arbeit gefunden. Jedenfalls diejenigen, zu denen der Kontakt nicht abriss. »Die sind alle gut integriert und ihre Kinder konnten sich noch mal verbessern«, sagt Niksic. Deutschland befreite sich nach dem Zweiten Weltkrieg nur allmählich vom nationalsozialistischen Rassenwahn. Erst der Ausbau des Sozialstaats im Zuge des »Wirtschaftswunders« und die 68-Bewegung, die viele junge und engagierte Pädagogen und Erzieher ins Bildungssystem brachte, legte den Irrsinn dieser Ideologie bloß. Mit BaföG und Empathie wurden die angeblichen erblichen Hindernisse für einen ordentlichen Schulabschluss massenhaft aus dem Weg geräumt. Dieser Prozess zog sich aber noch bis tief in die 1970er Jahre hinein, bis in die Endphase des Obdachlosenlagers Vinnhorst. Der Fotograf Thomas Deutschmann kam 1971 ins Lager Vinnhorst. Er hatte sich einer Studentengruppe mit offener Jugendarbeit der damaligen Pädagogischen Hochschule Hannover angeschlossen und konnte auf diese Weise das Vertrauen der Bewohner gewinnen. Dabei ist eine einzigartige Fotoserie entstanden, aus der auch die Bilder auf diesen Seiten stammen. Wie eine Zeitkapsel fangen die Fotos das Leben in der kleinen


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Siedlung ein und ermöglichen uns einen Blick in eine Welt, die so seit mehr als vierzig Jahren nicht mehr existiert. Es war eine andere Zeit, in der das Leben noch offener gelebt wurde. Der nachbarschaftliche Zusammenhalt war vielerorts stärker, nicht nur im Lager. »Es war alles viel offener als heute«, bestätigt Niksic, »man bekam alles mit.« Im Guten wie im Schlechten. Die Fotos vermitteln viel vom Lebensgefühl aus dieser Zeit bis in unsere Gegenwart. Doch dazwischen liegt eine große Lücke, auch für Thomas Deutschmann. »Diese Fotoserie lagerte ja fast fünf Jahrzehnte in meinem Archiv. Jetzt erst im Ruhestand komme ich dazu, mich wieder mit ihr zu beschäftigen.« Seither lässt ihn eine Idee nicht mehr los: »Viele meiner Bilder portraitieren ja Kinder, zeigen sie beim Spiel oder mit ihren Familien. Ich würde gern wissen, was aus diesen Kindern geworden ist und ich möchte einige dieser Fotos noch einmal schießen, mit den gleichen Personen, jetzt, nach fast fünfzig Jahren.« Wenn alles gut läuft, soll es bald eine Ausstellung geben, mit alten und neuen Fotos und den Erinnerungen von Zeitzeugen. Dabei möchte Asphalt gern helfen, da die Stadt keine persönlichen Daten herausgeben darf. Erkennt sich jemand auf den Bildern oben schon wieder? Dann bitte melden! Text: Ulrich Matthias, Fotos: Thomas Deutschmann

Zeitzeugen gesucht Asphalt sucht ehemalige Bewohner des Obdachlosenlagers Vinnhorst. Auch am Gespräch mit Angehörigen, Freunden und Bekannten ehemaliger Bewohner sind wir interessiert sowie mit Jedem und Jeder, die uns etwas über das Lager und die damalige Zeit erzählen kann und vor allem, wie es den ehemaligen Bewohnern seither ergangen ist. Die Bereitschaft, sich fotografieren zu lassen, ist keine Voraussetzung, persönliche Daten behandeln wir auf Wunsch selbstverständlich vertraulich. Kontakt: Asphalt-Magazin, Ulrich Matthias, Hallerstr. 3, 30161 Hannover. Tel.: 0511 – 30 12 69 13, matthias@asphalt-magazin.de Thomas Deutschmann, Fotografie, Gieseckeweg 9, 30659 Hannover, Tel.: 0511 – 71 64 71, thomas@deutschmann-fotografie.de


BUCHTIPPS Migration und Handel Warum sind in Europa flächendeckend populistische Bewegungen auf dem Vormarsch – und warum unterscheiden sie sich so stark voneinander? Der Bremer Politikwissenschaftler Philip Manow beschreibt Populismus als Reaktion auf die je nach Region sehr unterschiedlichen Zumutungen der Globalisierung: Migration und Handel. In Mittel- und Nordeuropa mit ausgebauten Sozialstaaten, hoher Produktivität und Außenhandelsüberschüssen organisiert sich populistischer Protest gegen die Belastung der Sozialsysteme durch Fluchtmigration: Arbeitsmarkt-Insider wählen rechtspopulistische Parteien. In Großbritannien drängen Arbeitsmigranten auf wenig geschützte Arbeitsmärkte. Rechtspopulistische Mobilisierung erfolgt hier zum Schutz der eigenen, prekären Arbeitsplätze. In Südeuropa ist soziale Sicherung klientelistisch organisiert, Migranten arbeiten auf informellen Arbeitsmärkten und sind keine Bedrohung. Hier mobilisieren die Folgen von Freihandel und Austeritätspolitik linke populistische Bewegungen. Die »Politische Ökonomie« ist eine materialistische Theorie des Populismus und liefert durch ihre Wahl der Analyseebene eine neue Perspektive, alles erklärt sie trotz Manows grimmig formuliertem Alleinvertretungsanspruch nicht. BP Philip Manow | Die Politische Ökonomie des Populismus | Suhrkamp | 160 S. | 16 Euro

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Kein Ruhestand

WohnGlück Mit Hannoverherz & Immobilienverstand begleiten wir Sie in eine lebens- & liebenswerte Zukunft.

hanova.de

Die Münchener Ethnologin Irene Götz hat mit ihrer Forschungsgruppe im Rahmen eines Projektes der Deutschen Forschungsgemeinschaft Armutserfahrungen von Frauen im Rentenalter untersucht und zu einem spannenden Buch gemacht. Mit 50 Frauen zwischen 63 und 85 Jahren wurden Interviews geführt, 18 davon wurden für das Buch zu Fallporträts verdichtet. Dabei fällt auf, wie ethnologisches Arbeiten äußerlich dem journalistischen ähneln kann: Das Ergebnis sind atmosphärische »Reportagen« über ältere Frauen, die mit (zu) wenig Geld und der Angst vor weiterem Abstieg leben. Die Porträts bilden die Mitte des Buches. Im ersten Teil analysiert Götz essayistisch die gesellschaftlichen und biografischen Faktoren, die zu Altersarmut führen, die Bewältigungsstrategien von Zusatzarbeit bis zum Wirtschaften mit knappen Mitteln, die sozialen und kulturellen Ressourcen, die dabei helfen, sowie die (Zukunfts-)Ängste der Frauen. Der dritte Teil ist nicht weniger als ein Ratgeber. Titel: »Was tun, wenn die Rente nicht reicht?«. Mit Tipps und Adressen von Anlaufstellen für Betroffene. BP Irene Götz (Hg.) | Kein Ruhestand. Wie Frauen mit Altersarmut umgehen | Kunstmann | 320 S. | 20 Euro


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KULTURTIPPS Sonstiges

34 Wohnungslos: chancenlos?

Theater der 10.000 In einer gar nicht so weit entfernten Zukunft ist unsere Erde ein unbewohnbarer Planet geworden: Kriege, Dürre und Lebensmittelknappheit bestimmen den Alltag. Dieses fiktive Szenario ist Ausgangspunkt für eine bisher einmalige Theateraktion des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF), dem Theater der 10.000. Insgesamt 10.000 Menschen erhalten an 100 öffentlichen Orten in ganz Deutschland ihre Regieanweisungen über Kopfhörer und beginnen gleichzeitig zu rennen, sich in Zeitlupe zu bewegen, im gleichen Moment in die Luft zu springen oder einen Kreis zu bilden. Eine deutschlandweit synchrone Choreographie entsteht. Interessierte können sich noch bis zum 4. Mai unter www.theaterder10000.de anmelden und einer der 10.000 werden. Samstag, 11. Mai, 12.19 Uhr, Ballhofplatz, Hannover, Teilnahme frei.

Foto: Christy Lee Rogers

Tausende ohne Wohnung, Hunderte »auf Platte«. In Hannover im Frühjahr 2019. Was tun Stadt, Land und soziale Träger für Menschen ohne eigenes Dach überm Kopf? Wie nützlich sind die vielen privaten Initiativen und Projekte? In der monatlichen Talk-Stunde der Landesarmutskonferenz im hannoverschen ka:punkt gibt Asphalt-Redaktionsleiter Volker Macke Überblick und Einschätzungen. Donnerstag, 09. Mai, 16 bis 17 Uhr, Treffpunkt ka:punkt, Grupenstraße 8, Hannover, Eintritt frei.

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10 Jahre KunstFestSpiele Installationen, Performances, Konzerte und Kino – zu ihrem zehnten Geburtstag bieten die KunstFestSpiele Herrenhausen am ersten Festivalsonntag den Besuchern alles, was das Herz begehrt. Internationale Künstlerinnen und Künstler bespielen das gesamte Areal zwischen Schloss, Galerie und Orangerie und bahnen sich ihren Weg auch aus der Nordstadt, über die Herrenhäuser Allee bis auf das Festival-Gelände. Unter den Akteuren sind unter anderem die New Yorker Tanz- und Performancelegende Sylvia Palacios Whitman, der belgische Performancekünstler Louis Vanhaverbeke und der libanesische Klangkünstler Tarek Atoui mit einem besonderen inklusiven Projekt. Sonntag, 12. Mai, 14 bis 24 Uhr, Orangerie/Galerie/Arne Jacobsen Foyer/Ehrenhof/Großer Garten/Nordstadt/Allee im Georgengarten, Hannover, Eintritt frei.


Open Air

Ausflug

»Gemeinsam für Europa«, so lautet das Motto einer gemeinsamen Veranstaltung von Landeshauptstadt Hannover, Region Hannover und dem Europäischen Informations-Zentrum Niedersachsen im Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung. Mit einem bunten Programm für Groß und KIein soll den Bürgerinnen und Bürgern die Vielfalt Europas in der Region Hannovers nähergebracht und die Bedeutung der Europawahl am 26. Mai verdeutlicht werden. Für musikalische Unterhaltung sorgen unter anderem Passepartout mit französischem Hip Hop und arte e musica mit italienischer Volksmusik. Samstag, 11. Mai, 12 bis 20 Uhr, Opernplatz, Hannover, Eintritt frei.

Masala Markt Wenn Klänge, Farben, Gerüche und Leckereien den Weißekreuzplatz am Kulturzentrum Pavillon in einen bunten Basar verwandeln, dann ist wieder Masala Weltmarkt-Wochenende. Auf zwei Bühnen präsentieren Musikerinnen und Musiker aus den UNESCO Cities of Music und internationale Tanzgruppen Musik und Tanz aus ihren Heimatkulturen. Für die kleinen Gäste gibt es in ihrem eigenen Kinderbereich viele Möglichkeiten zum Basteln, Malen und Jonglieren. An zahlreichen Ständen werden zudem kulinarische Spezialitäten für den kleinen und den großen Hunger geboten. Freitag, 24. Mai, bis Sonntag, 26. Mai, Weißekreuzplatz, Hannover, Eintritt frei.

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Foto: Wilfried Rave

Europafest

Tümpeltag im Moor Auf und unter Wasser leben zahlreiche Tiere und Pflanzen. Sie haben sich perfekt an ihren nassen Lebensraum angepasst. Eintauchen und Augen auf, heißt es am Tümpeltag. Es wird der Auftritt der kleinen Unterwasserartisten beobachtet und so manches Geheimnis dieser verborgenen Lebewesen gelüftet. Die Veranstaltung ist ein Naturerlebnis für die ganze Familie. Samstag, 25. Mai, 10.30 bis 12 Uhr, Treffpunkt: Moorgarten Hagenburg, Schlossstraße 23, Hagenburg, Anmeldung unter 05033 – 939-134, Teilnahme: Erwachsene 3 Euro, Kinder 1,50 Euro.

Himmelfahrt auf Hof Warnecke Ein buntes Programm und viel Live-Musik für die ganze Familie – auch in diesem Jahr lädt der Warnecke-Hof an Christi Himmelfahrt wieder zum traditionellen Frühschoppen ein. Mit den Hitgiganten der letzten 50 Jahre und den besten Titeln aus den Charts heizen »The Jetlags« den Besuchern ordentlich ein. Um die kleinen Gäste kümmert sich Horst Schneider alias Clown Fidolo. Mit Witz und kleinen Zaubertricks sorgt er für jede Menge Spaß und bringt Kinderaugen zum Leuchten. Und all diejenigen, die sich für die Herstellung von Likören und Schnäpsen interessieren, erfahren bei einer fachkundlichen Führung durch die Kornbrennerei wie das Korn zum Korn wird. Donnerstag, 30. Mai, ab 11 Uhr, Ortskern Bredenbeck, Deisterstraße 4, Bredenbeck, Eintritt frei.


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Konzert Historical Crossover Duo Lautensang – das sind Astrid Heldmaier und Reiner Köhler. Das gut aufeinander eingespielte Team kombiniert Lieder, meist deutsch oder englisch gesungen, und Folk-Melodien aus verschiedenen Epochen innerhalb der Sets zu einem stimmigen Programm. Durch die wechselnden Musikinstrumente und die frische Mischung aus Songs und Instrumentalstücken entsteht eine weite klangliche Vielfalt. Die aus Hannover stammenden Musiker nehmen ihr Publikum mit auf eine Reise durch die Zeit im Historical Crossover. Freitag, 10. Mai, 20 Uhr, Kulturtreff Plantage, Plantagen­ straße 22 (Seiteneingang Bildungszentrum), Hannover, Eintritt 10 Euro, erm. 8 Euro, AktivPass 3 Euro.

36 Am Lindener Berge 38 30449 Hannover · Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

MAI 2019 Mittwoch, 01. Mai | 11:00 Uhr ACCENT Jazz Frühschoppen Eintritt: 18 Euro/erm. 13 Euro Freitag, 03. Mai MURAL FEAT. BEN KRAEF Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro

Aufregende Fusion Das Quartett Le Gimp entstand 2017 in Berlin infolge experimenteller Jamsessions. Schnell fanden die vier Musiker durch ihre gemeinsame Liebe zum Jazz und verschiedenen anderen Musikkulturen zu einer ganz eigenen musikalischen Sprache. Diese zeichnet sich besonders durch stark inspirierte Kompositionen, hypnotischen Groove und offene Formen aus. Damit kreiert Le Gimp mit Saxophon, Gitarre, Kontrabass und Schlagzeug eine aufregende Fusion aus Jazzrock, Groove- und Weltmusik.

Montag, 06. Mai DAVID MOHR QUARTETT UND HOT CLUB DE LINDEN Bachelorkonzert in Kooperation mit der Hochschule für Musik und Theater Hannover Eintritt: 15 Euro/erm. 10 Euro Donnerstag, 09. Mai NICE BRAZIL GROUP FEAT. PORTINHO Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro

Foto: Nadja Hoehfeld

Samstag, 11. Mai DANIEL GARCÍA TRIO „Alba“ Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro

Freitag, 17. Mai, 20 Uhr, Tonhalle Hannover, Fischerstraße 1A, Hannover, Eintritt 15 Euro, VVK 12,50 Euro, erm. 10 Euro.

Montag, 13. Mai STEPHAN ABEL/LUTZ KRAJENSKI QUARTET „The New Standard“ Karten: 25 Euro/erm. 15 Euro Mittwoch, 29. Mai | 19:00 Uhr ENERCITY SWINGING HANNOVER 2019 Jazznight im HCC/Kuppelsaal Eintritt: 30 Euro/erm. 25 Euro Donnerstag, 30. Mai | 11:00 Uhr ENERCITY SWINGING HANNOVER 2019 Open Air Jazzfestival – Trammplatz Eintritt: frei

Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

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SILBENRÄTSEL Aus den nachfolgenden Silben sind 20 Wörter zu bilden, deren erste und fünfte Buchstaben (Achtung: ch = 1 Buchstabe) – jeweils von oben nach unten gelesen – den Titel eines Buches eines zeitgenössischen US-amerikanischen Autors ergeben:

1. Behälter für Stimmzettel

an – ar – bau – ben – bes – burg – de – del – dre – en – er – er – flucht – gel – ger – ibe – land – land – ma – mie – mun – na – ne – ne – nen – nen – ner – nien – nor – oka – pi – rat – rech – rer – ro – rol – rung – sa – satz – schen – se – sen – spru – ti – ti – tig – un – ur – wahl – wald – wie

3. Begriff der Grammatik

2. auf mathematischem Wege eine Lösung finden

4. Festlegung bestimmter Einheiten und Maße 5. eine Tätigkeit des Landwirts 6. nicht gehorsam 7. Giraffenart 8. Frauenname

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir dreimal das Kinderbuch »Krakonos« von Wieland Freund. In einer hochtechnisierten Welt entdecken die Brüder Nik und Levi bei einem ihrer nächtlichen Streifzüge einen Raben, der sich als geheimnisvoller Gestaltenwandler entpuppt. Er wird erbarmungslos gejagt und gilt als unberechenbar. Niemand weiß, was er vorhat. Mit ihm geraten Nik und Levi ebenfalls ins Visier der Verfolger. Insgesamt viermal können Sie den erschütternden Roman »Am Tag davor« von Sorj Chalandon gewinnen. Der 16-jährige Michel fährt mit seinem geliebten Bruder Joseph auf dem Moped durch die Straßen seiner Heimatstadt. Am Tag darauf stirbt Joseph bei einem Grubenunglück aufgrund eines fatalen Fehlers der Werksleitung. Michel flüchtet sich nach Paris, aber sein Schmerz vergeht nicht. Jahre später beginnt er einen Rachefeldzug. Das Buch »Die Stadt der Zukunft« gibt es dreimal zu gewinnen. Die Stadt ist ein soziokulturelles System, in dem sich die Themen unserer Zeit spiegeln: Von Gentrifizierung, Migration, Verödung der Innenstädte bis zum urban gardening und den Auswirkungen des globalen Klimawandels. Robert Kaltenbrunner und Peter Jakubowski zeichnen ein spannendes Mosaik der Stadt und rufen dazu auf, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.

9. französische Stadt am Mittelmeer

Die Lösung des April-Rätsels lautet: Das Schaf ist verloren das sich beim Wolf Rat holt.

17. Abwanderung aus den Dörfern

Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 31. Mai 2019. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

10. Metallstift 11. Sammelname für verschiedene Stämme 12. ein Gebäude errichten 13. Kreisstadt an der Weser 14. ein Gebirge im Osten Österreichs 15. spanische Urbevölkerung 16. oberster Beamter eines Landkreises

18. landwirtschaftliches Gerät 19. österreichisches Bundesland 20. Mineralwasser


Foto: Tomas Rodriguez

n f u a t n Mome

»Wirst Du dieses Jahr 50?« fragte mich eine Bekannte und kicherte. »Wieso?« Da dämmerte es mir. Ich hatte ihr gerade erzählt, dass ich demnächst einen Halbmarathon liefe. Um es vorweg zu nehmen, ich werde dieses Jahr erst 47. Und den Halbmarathon hatte ich mir wieder als erneutes Ziel gesetzt, um regelmäßig Sport zu machen und weiter langsam abzunehmen. Die Frage nach dem 50. Geburtstag hatte natürlich einen ganz klar schelmischen Hintergrund, kommt es doch nicht selten vor, dass Männer in der Midlife Crisis plötzlich anfangen, extreme Dinge zu machen, wie zum Beispiel Marathon zu laufen. Jahrelang sind sie mit dem Auto zum nahe gelegenen Briefkasten gefahren und auf einmal können sie gar nicht genug Kilometer rennend hinter sich bringen. Ich gehöre hingegen zu der Kategorie Menschen, die seit Jahren davon träumen, abzunehmen. Der Vorteil am »davon träumen« ist: Am besten gelingt das auf dem Sofa mit einem Riegel Schokolade. Der Nachteil: Vom »davon träumen« auf dem Sofa mit einem Riegel Schokolade nimmt man halt tendenziell nicht ab. Dann reden alle auf Dich ein und machen Dir Diätvorschläge: Glyxdiät, Mayr-Kur, Mittelmeer-Diät, LowFat, Low-Carb, Paleo, Rohkost, Trennkost … Trennkost, muss ich sagen, ist sehr effektiv. Da essen Sie das Brot im Flur, Butter in der Küche, Käse im Wohnzimmer. Jeder Gang macht schlank! Spannend ist, wie dogmatisch die Jünger der jeweiligen Ernährungstheorie sind. Die richtige Ernährung scheint eine religiöse Dimension zu haben. Inklusive einer Reihe von Verboten: »Du darfst kein Dies essen und erst recht kein Das! Und ja nicht nach 18 Uhr und nicht vor Sonnenaufgang! Und Frühstück ja oder aber in gar keinem Fall! Bei Vollmond dreimal um den Tisch tanzen und bei Neumond den Teller gegen den Uhrzeigersinn ablecken!« Die jeweiligen Ernährungsverfechter stehen sich dabei feindlich gegenüber und es dauert nicht mehr lange, dann rufen sie nach der Inquisition, um nach reiner Lehre unzählige Kalorien zu verbrennen. Ein Milliardenmarkt! Sport hingegen ist kostenlos! Und macht Spaß! Vor allem in Gemeinschaft! Im Jahr 2020 wird »Asphalt« der Sozialpartner des Hannover-Marathons sein und ich habe mir gedacht, dass wir uns schon in diesem Jahr gemeinsam auf dieses Ereignis vorbereiten können. Deshalb werde ich spätestens ab Juni einen regelmäßigen Asphalt-Lauftreff anbieten, bei dem alle herzlich eingeladen sind, in gemütlichem Tempo die verschiedensten Orte Hannovers laufend zu erkunden. Und dann schauen wir mal, wieviele Einzel- und Staffelläufer dann für unser Magazin an den Start gehen, um am Schluss die Medaille in Empfang zu nehmen und sagen zu können: »Läuft bei uns!« Matthias Brodowy/Kabarettist und Asphalt-Mitherausgeber

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s y w o Brod ahme

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enercity swinging hannover

Mezzoforte (Europas Funk-Fusion-Band Nr.1) MF Robots (Soul und Dancefloor aus London) Lothar Krist Big Band & Singin’Birds

Jazz Night

Open Air

Beginn 19:00 Uhr

Beginn 11:00 Uhr

29. Mai 2019 30. Mai 2019 Hannover Congress Centrum Im Foyer: Elmar BraĂ&#x; & Friends

enercity.de/jazz

Neues Rathaus Trammplatz Eintritt frei


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