2018 04 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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TIER TUT GUT HEILSAM

STREITBAR

GEFÄHRLICH

Kranke profitieren von tiergestützter Therapie

Rollenspiel mit Waffe: Bundeswehr baut Übungsstadt

Rechtspopulismus nährt sich auch durch seine Gegner


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Notizblock

6 Angespitzt 7

Tierisch hilfreich Tiere sind schon lange in der Therapie von geistig und/oder körperlich behinderten Kindern oder Dementen anerkannt. Ein Überblick über verschiedene Therapieangebote in Niedersachsen.

11 Wer war eigentlich …? 12

Manöver­kritik 520 Gebäude, 4 Stadtviertel, Marktplatz, Rathaus und Gefängnis: In SachsenAnhalt baut die Bundeswehr Europas größte Übungsstadt.

16 Superboy Ein Gespräch mit Rea Garvey über Rock‘n‘Roll, seine Jugend in Irland und Bodenständigkeit.

19 »Sonst bist du verloren« Für junge Erwachsene, die kein Zuhause mehr haben, gibt es spezielle Hilfeangebote. Zum Beispiel die Anlaufstelle Straßensozialarbeit der Stadt Oldenburg. Ein Besuch vor Ort.

23 Das muss mal gesagt werden 24 Aus dem Leben von Asphalt-Verkäufer Tom

26 Aus der Szene 27 Rund um Asphalt 30 Die Erben des Sachzwangs Echte Probleme, falsche Antworten: Warum der Rechtspopulismus mit einfachen Mitteln Erfolge feiert und so schwierig zu bekämpfen ist. Ein Kurzessay.

34 Buchtipps 35 April-Tipps 38 Impressum/Ihr Engagement

Titelfoto: Zlatan Durakovic/fotolia.com

39 Silbenrätsel

Das Asphalt-Prinzip Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung.


dass es die rechtspopulistische AfD in relativ kurzer Zeit in unsere Parlamente geschafft hat, ist nicht nur an Stammtischen ein umstrittenes Thema. Asphalt setzt sich in der vorliegenden Ausgabe damit auseinander. In dem Beitrag gehen wir auch der Frage nach, warum es heute nicht immer einfach, aber unbedingt erforderlich ist, den Rechtspopulisten politisch entgegenzutreten. Nach meiner Auffassung haben unsere beiden regierenden Volksparteien CDU/CSU und SPD eine besondere Verantwortung, wenn es heute erneut um Probleme der gesellschaftlichen Integration (»Wiederherstellung eines Ganzen«) geht. Immerhin war es ihr Verdienst, in den Jahren nach 1945 die Nachkriegsgesellschaft auf demokratischem Weg zur politischen Integration geführt zu haben. Sie konnten ihren alten und nicht selten fundamentalistischen Charakter von Bekenntnis- und Gesinnungsparteien ablegen, sich zum neuen demokratischen und sozialen Bundesstaat bekennen und sich für neue Mitglieder und Wählerschaften öffnen, ohne sich dabei von ihren jeweiligen politischen Markenkernen verabschieden zu müssen. Die Markenkerne des konservativen »Keine Experimente wagen« und des sozialdemokratischen Anspruchs, Schutzmacht für die strukturell Benachteiligten in der Gesellschaft zu sein, scheinen heute verlorengegangen zu sein. Ebenso gilt dies für die typischen Organisations- und Kommunikationsformen erfolgreicher Volksparteien. Nachhal­ tige Volksparteien sind keine von oben gesteuerten Mitglieder- und Funktionärsparteien. Auf Grund ihrer Vielfältigkeit gesellschaftlich-politischer Interessen sind sie zerbrechliche Gebilde, die im Sinne beteiligungsorientierter Demokratie gepflegt werden müssen. Vor allem leben Volksparteien auch von ihren politischen Rändern, die einbezogen werden müssen in die innerparteilichen Debatten. Dazu gehört, dass sich innerhalb der Parteien die unterschiedlichen Fraktionen, Kreise und sozialen Milieus auf Augenhöhe begegnen können, und zwar immer mit Bezug auf einen parteitypischen Markenkern. Wenn unseren beiden kriselnden Volksparteien eine entsprechende Erneuerung gelingen sollte, trotz Großer Koalition, wird dies zur Einhegung des Rechtspopulismus beitragen können.

Ihr

Heiko Geiling · Mitherausgeber von Asphalt

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Liebe Leserinnen und Leser,

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Foto: Philipp Schulze/dpa

Pistorius gegen Salafisten

Bündnis für Bauen Hannover. Gemeinsam mit Vertretern der Bau- und Immobi­ lienwirtschaft hat das Land Niedersachsen im März ein »Bündnis für bezahlbares Wohnen in Niedersachsen« gegründet. »Wir brauchen mehr Wohnraum zu fairen Preisen in Niedersachsen, damit sich auch ältere Menschen und Familien, aber auch Auszubildende und Studierende weiterhin eine eigene Wohnung leisten können«, sagte Bauminister Olaf Lies (SPD). Das Bündnis solle schnell bezahlbaren, barrierefreien und klimaschonenden Wohnraum schaffen. In Niedersachsen ist der Bestand an geförderten Wohnungen vor allem durch das planmäßige Auslaufen der Sozialbindungen in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Allein in den Jahren 2018-2020 wird bei 27.600 Wohnungen die Sozialbindung wegfallen. Das Land und die Kommunen müssten künftig bei Baunormen und -vorschriften und Bedarfsanforderungen der Bauwirtschaft mehr entgegen kommen. Heiner Pott, Direktor des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft bekräftigte: »Ein Dach über dem Kopf sollte selbstverständlich sein. Es ist unerträglich, dass heute selbst Normalverdiener mit ihren Familien in unseren Städten große Schwierigkeiten haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Für ältere Menschen, Alleinerziehende, Familien, Berufsstarter und viele andere fehlen Wohnungen. Wir brauchen noch viele Jahre lang öffentliche Förderung. Und wir brauchen mehr Bauland zu günstigen Preisen.« Die Grünen warnten davor, die ökologischen Baustandards zugunsten günstigerer Baupreise zu senken. »Die geplante Absenkung von Baustandards darf nicht zulasten der Umwelt oder der Bürgerbeteiligung gehen«, so Anja Piel, Fraktionsvorsitzende und sozialpolitische Sprecherin. »Langfristig müssen wir beim sozialen Wohnungsbau aber die Abhängigkeit von der privaten Bauwirtschaft überwinden, indem wir genossenschaftliches Wohnen stärker fördern.« In Niedersachsen fehlen aktuell 150.000 Wohnungen. MAC

Hannover. Mit einer Gesetzesänderung will Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) die Straßenwerbung von islamistischen Gruppen erschweren. Städte und Gemeinden sollen via Änderung des Straßengesetzes künftig so genannte Koran-Verteilaktionen verhindern können. Bisher waren Verbote von Werbeaktionen salafistischer Gruppen nur schwer möglich, etwa dann wenn nachweislich der Straßenverkehr gestört wurde. In Innenstädten meist kaum der Fall. Nach der angestrebten Gesetzesänderung können Kommunen stets dann die Verteilaktionen verbieten, wenn Teilnehmer bei der Polizei bereits aktenkundig sind. MAC

Frische Luft naht Hannover/Hildesheim. Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) hält die baldige Unterschreitung der Grenzwerte für Stickoxide in Niedersachsens Städten für machbar, ganz ohne Fahrverbote. Das hat er jüngst anlässlich eines Treffens mit Vertretern aus Hannover, Oldenburg, Osnabrück, Hameln und Hildesheim gesagt. Demnach deuteten neue Modellrechnungen des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Hildesheim darauf hin, dass es möglich sein könnte, eine Grenzwertunterschreitung vor 2022 zu erreichen. Eine Durchsetzung von Fahrverboten in den Jahren 2019/2020 sei entsprechend nicht verhältnismäßig, so Lies. »Wir sind in Niedersachsen schon sehr weit. Die Stickstoffdioxidbelastung ist in unseren Städten im letzten Jahr deutlich zurückgegangen. Dieser Trend wird sich aufgrund der zu erwartenden Pkw-Flottenerneuerung, sowie laufender Software-Updates fortsetzen.« MAC


und unterstĂźtzen Sie mit Ihrer Spende.

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Setzen Sie auf das richtige Blatt

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ANGESPITZT

Hannover möchte Europäische Kulturhauptstadt 2025 werden. So ein Titel strahlt aus, auf Europa, auf die Welt. Problem: Dafür braucht es auch eine Bewerbung von europäischer Strahlkraft mit einem eben­ solchen Leitspruch. Einen wie »Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit«. Der Oberbürgermeister machte die Bewerbung zur Chefsache. MottoVorschlag von Stefan Schostok: »In aller Bescheidenheit«. Nun ja ... Nachdem der OB erfahren musste, dass die Bewerbung nicht für ihn persönlich, sondern für die Stadt als Ganzes abzugeben sei, rief das die Rats-SPD auf den Plan. Sie präsentierte einen neuen Slogan. Irgendwas mit »Nachbarschaft«. Nachbarschaft? Ob diese Nachbarschaft nun bis Braunschweig reichen oder schon bei Peine ihr Ende finden soll? Man weiß es nicht. Im neu erschienenen Roman des chinesischen Autors Liu Cixin liegt unsere kosmische Nach­ barschaft ungefähr bei Alpha Centauri. Viel Gutes haben wir von dort – Liu zufolge – nicht zu erwarten. Überhaupt die Chinesen! In ihrem globalen Clinch mit den USA spielen

»HALLO NACHBAR!«

wir Europäer nur noch eine Nebenrolle. Auch weil Europa sich selbst zerlegt. Die Briten haben schon gekündigt, andere könnten folgen. Ganz zu schweigen von Katalonien. Das ist nicht kosmisch, sondern komisch. So eine Art europäischer Kindergarten, in dem jedes Balg den eigenen nationalen Kackahaufen im Töpfchen zum Mittelpunkt des Universums erklärt. So gesehen … passt es dann doch mit dem Slogan. So von Europäer zu Europäer, von Töpfchen zu Töpfchen: »Hallo Nachbar!« Ulrich Matthias


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Foto: cromary/fotolia.com

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TIERISCH HILFREICH Delfine, Pferde und Hunde sind schon lange in der Therapie von geistig und/oder körperlich behinderten Kindern oder Dementen anerkannt. Doch auch Hühner, Meerschweinchen, Kaninchen, Esel und Schafe helfen beim Gesundwerden. Ein Überblick über verschiedene Therapieangebote in Niedersachsen. Jeden zweiten Dienstagnachmittag stehen die Spielgeräte auf dem Gelände des Cochlear Implant Centums »Wilhelm Hirte« (CIC) in Hannover ungenutzt herum. Der Schafbock Henry, das Schaf Nolana, das zur Hälfte schwarz und zur Hälfte weiß ist, und die Riesenkaninchen Hans und Bella stehlen Klettergerüst und Rutsche die Schau. »Es gibt kein Kind, das nicht wenigstens von weitem die Tiere beobachtet«, erklärt Dr. Barbara Eßer-Ley-

ding, Leiterin des Centrums. »Für die Kinder, aber auch deren Mütter, ist der Besuch eine willkommene Abwechslung.« Finanziert wird die tiergestützte Therapie durch eine Stiftung. Die Babys und Kinder im CIC sind schwerhörig geboren oder durch eine Schädigung des Innenohrs ertaubt und haben in der Medizinischen Hochschule und anderen Krankenhäusern ein Cochlea-Implantat bekommen. Das elektronische Gerät mit


Foto: Svenja F. Grün

Foto: S. Szameitat

»Mäh«: Die Laute der Schafe imitiert Felix bereits. Und lernt da-

Die Nähe zu den Tieren hilft den Kindern dabei, Empathie zu ent­

durch Stück für Stück das Hören und Einordnen von Geräuschen.

wickeln und auf die Körpersprache zu achten.

einem Magneten wird in den Knochen hinter dem Ohr eingepflanzt, der dazugehörige Soundprozessor außen am Kopf erfasst Geräusche und überträgt sie ins Gehirn. Schon kleine Kinder gewöhnen sich sehr schnell an das Gerät außen am Kopf, das nur durch einen Magneten gehalten wird, und reißen es sich nicht herunter. Doch die laute Welt ist nicht gleich verfügbar. Wer bislang nichts oder nur wenig hören konnte, muss das Hören erst lernen. Deshalb kommen die Kinder aus dem ganzen Bundesgebiet, die in der MHH oder woanders operiert worden sind, über einen »Tiere bieten Zeitraum von zwei bis drei Jahren tageweise zur Rehabilitation ins Sprechanlässe.« CIC. Hier bekommen sie TheraDr. Barbara Eßer-Leyding pien zur Hör- und Sprachförderung. Die Tiere sind dabei wichtige Helfer. »Sie sind natürlich keine Therapeuten, aber ein Katalysator«, meint Viktoria Dragun. Die Bildungswissenschaftlerin steckt in der Ausbildung zur Fachkraft für tiergestützte Intervention (Einsatz von Tieren in erzieherisch-pädagogisch-therapeutischen Praxisfeldern). Sie begleitet die Menagerie von deren Heimathof Lindwedel in der Wedemark ins CIC. »Am beliebtesten sind die großen Tiere wie Pferde, Esel und Schafe«, hat sie beobachtet. »Manche wollen aber lieber die Zwerghühner Frida und Lore streicheln oder nur

ein Kaninchen mit Karottenstücken füttern.« Felix, mit 21 Monaten einer der jüngsten CIC-Gäste, zeigt sich eher interessiert an einem der sieben Meerschweinchen, die ihm zu seiner Karre gebracht werden. Als Schafbock Henry seine sonore Stimme ertönen lässt, kommentiert Felix deutlich hörbar: »mäh«. Seine Mutter strahlt. Für sie ist die Lautäußerung ein Glücksmoment, wie ihn Eltern gleichaltriger, aber hörender Kinder kaum nachvollziehen können. Die Leiterin des Centrums kennt so etwas schon: »Tiere bieten Sprechanlässe. Wir beobachten immer wieder, dass zurückhaltende Kinder beim Zusammensein mit ihnen anfangen, mit den Müttern zu plappern.« Ein etwas größerer Junge, der geduldig das Kaninchen Hans füttert, scheint den Beweise führen zu wollen und spricht das Wort nach, das seine Therapeutin im Gespräch fallen gelassen hat: »Karotte«. Ganz nebenbei bringt sie ihm die Unterschiede von Maul, Schnauze und Schnabel bei.

Kommunikation ohne Worte Von dem Philosophen Immanuel Kant soll der Satz stammen: »Nicht sehen können trennt von den Dingen, nicht hören können von den Menschen.« Tatsächlich ist es für Eltern schwer, mit einem gehörlosen Kind Kontakt aufzunehmen. Man kann sie noch nicht einmal rufen, sie nach ihren Essenswünschen fragen oder ihnen Gefahren im Straßenverkehr erklären. Tiere benötigen keine Sprache und kommunizieren auf eine unmittelbare Weise. »Von ihnen lernen die Kinder, auf die Körper-


Foto: privat

etwas gemeinsam zu machen. Auch das ist etwas, das ihnen die Tiere beibringen. »Die Kinder streicheln sie und genießen die Wärme und das Gefühl, ihnen etwas Gutes zu tun. Auch grobe Kinder werden dabei ganz zart«, erklärt Eßer-Leyding. Manche Mütter führen die Heiltherapie anschließend auf eigene Kosten weiter. »Und zwei Familien, die hier waren, haben sich einen Hund angeschafft.« Ein eigenes Therapie-Tier wäre für die Menschen, denen Regina Richter geholfen hat, meist keine Option. Die 64-jährige Kommunikationstrainerin arbeitet mit Pferden. Auf ihrem Hof

»WO TIERE SIND, WIRD MANCHES LEICHTER« Ingrid Stephan ist Sozialpädagogin und leitet das »Institut für soziales Lernen mit Tieren« in Lindwedel. Die acht MitarbeiterInnen und drei PraktikantInnen besuchen mit Hunden, Eseln und Pferden sowie Kühen, Schafen und Ziegen Kindergärten, Schulklassen und Einrichtungen für behinderte Kinder und Jugendliche. Auch Schwäne, Gänse, Hühner, Kaninchen und Meerschweinchen sind im Einsatz. Familien mit körperlich oder geistig behinderten Kindern können in Lindwedel eine Kurzzeittherapie mit Haus- und Nutztieren machen. Außerdem bietet Stephan seit 2001 Weiterbildungen in der tiergestützten Therapie, Pädagogik und Fortbildung an.

Frau Stephan, wie sind Sie auf das Thema tiergestützte Intervention gekommen?

Worauf führen Sie die Wirkung der tiergestützten Intervention zurück?

Meine Eltern hatten Landwirtschaft, ich bin also mit Tieren aufgewachsen. Anfang der 90er Jahre habe ich festgestellt: Wo Tiere sind, wird manches leichter. In jüngster Zeit beweisen ja auch die Erfahrungen mit Klassenhunden in der Schule, dass die Kinder soziale Kompetenz lernen, sie nehmen Rücksicht und zeigen weniger Aggressionen. Vor 15 Jahren habe ich eine Scheune mit Backhaus gekauft, davor hatte ich eine kleine Weide in der Wedemark mit Pferd, Pony, Esel und zwei Ziegen.

Tiere haben eine ruhige Ausstrahlung, und sie haben keine Erwartung, sondern genießen die Zuwendung der Menschen. Das erklärt auch den Erfolg von Vereinen wie »Tiere helfen Menschen« und »Leben mit Tieren«, die Altenheime besuchen.

Kühe, Schwäne, und Kaninchen: Sie arbeiten mit unterschiedlichsten Tieren. Warum?

Sie sind ganz wirksame Brücken, um an die eigenen Gefühle heranzukommen und zwanglos miteinander in Kontakt zu treten. In so einer Familienwoche geht es darum, an das Leben vor dem Einsatz anzuknüpfen und darum, dass die PartnerInnen und Kinder einen normalen Urlaub in normalen Situationen erleben.

Manche Kinder, die in der Stadt aufgewachsen sind, haben Scheu vor großen Tieren, genießen es aber, sich um Kaninchen oder Meerschweinchen kümmern zu können. Auf der anderen Seite lassen sich aber auch einige autistische Kinder auf größere Tiere ein.

Mit Ihnen als Kooperationspartner finden auch Kurzzeittherapiewochen für SoldatInnen mit Posttraumatischen Belastungsstörungen und ihre Familien statt. Was bewirken die Tiere?

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sprache zu achten und sie entwickeln im Umgang mit ihnen Empathie. Vor allem stärken sie ihr Selbstbewusstsein, wenn sie ein Kaninchen füttern oder gar ein Pferd herumführen dürfen«, berichtet Barbara Eßer-Leyding. Tiere helfen den kleinen Gästen im CIC bereits seit zehn Jahren, den Umgang mit Mitmenschen zu lernen. »Kinder, die nicht hören, nehmen anderen das Spielzeug weg, weil sie ja den Protest nicht bemerken, oder sie rempeln Spielkameraden an, wenn sie deren Aufmerksamkeit wecken wollen.« Im CIC lernen sie – unter anderem in der Bewegungstherapie – soziales Miteinander und wie es ist,

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Foto: Ingrid Stephan

Pferd legen und zusehen, wie sie sich entspannen, während sich Erwachsene auf dem Pferderücken automatisch aufrichten«, sagt Richter. Durch die Bewegungen des Tiers wird die Tiefenmuskulatur bewegt. Die Pferdefreundin besucht Kindergärten und Einrichtungen in sozialen Brennpunkten in Hannover, Uetze und Umgebung und hält Seminare für Mitarbeiter im Jugendhilfebereich ab.

Kuscheln gegen Depressionen

Das Hormon Oxytocin, das beim Streicheln freigesetzt wird, senkt den Blutdruck und hilft dabei, Stress abzubauen.

in Altmerdingsen bei Uetze (Landkreis Hannover) stehen neun: vom Shetlandpony bis zum Friesen – bereit, körperlich, geistig oder seelisch eingeschränkten oder traumatisierten Kindern und Jugendlichen zu helfen. »Das heilpädagogische Reiten nützt ADHS- und ADS-Kindern und solchen, die ein bisschen langsamer als andere sind, ebenso wie Jugendlichen, die Gewalt erfahren haben. Es hilft bei mangelndem Selbstwertgefühl und Gefühlsstörungen«, beschreibt die Trainerin. »Pferde sind konstant und vorurteilsfrei, sie strahlen Stärke aus, sind warm und riechen gut, und man kann sich an sie anlehnen. Deshalb können beim Striegeln und Herumführen auch Jugendliche, die misstrauisch gegenüber Erwachsenen geworden sind, die Seele baumeln lassen. Ich habe auch erlebt, dass Flüchtlingskinder, die Schreckliches erlebt haben, nach ersten vorsichtigen Annäherungen Vertrauen fassen und anfangen, vom Opa in der Heimat zu erzählen und von dem Pferd, das er für die Feldarbeit gehabt hat.« Beim Streicheln wird das sogenannte »Kuschelhormon«, auch »Bindungshormon«, Oxytocin freigesetzt, das Blutdruck senkt und Stress abbaut. Es gibt keine Altersbeschränkung: »Schon kleine Kinder kann man auf´s

Ganz besondere Tiere sind es auch, die in der »Arche Alfsee« in der Nähe von Osnabrück Kindern und Jugendlichen mit familiären Problemen und Verhaltensauffälligkeiten helfen. In dem Haustierpark leben Vertreter von Haustierrassen, die vom Aussterben bedroht sind. Die imposantesten sind der riesenhafte Poitou- und der kaum kleinere Zamorano-Leonesa-Esel. Dazu gibt es Schafe, Ziegen, Pferde und Schweine – unterschiedlicher, seltener Rassen. In der Region Hannover, genauer in LehrteArpke, hat man sich auf die tiergestützte Therapie mit Alpakas spezialisiert. Die südamerikanischen Kamelchen helfen depressiven, suchtkranken und alten oder körperlich sowie seelisch eingeschränkten Menschen. Die kuschelig-weichen Tiere sind freundlich und aufgeschlossen, aber sie drängen sich nicht auf und sind deshalb ideale Kontaktanbahner für Menschen mit Traumatisierungen oder Gewalterfahrungen. Ihre Besitzerin Andrea Buchholz, Fachkraft für tiergestützte Therapie mit Lamas und Alpakas, empfiehlt auch Menschen ohne schwerwiegende Probleme die Gesellschaft ihrer vierbeinigen Sympathieträger. Wer will, kann sie beispielsweise als Geburtstagsüberraschung oder für einen Waldspaziergang ausleihen. Denn: Tiere helfen nicht nur beim Gesundwerden, sondern auch dabei, gesund zu bleiben. Sabine Szameitat

THERAPIEANGEBOTE IN NIEDERSACHSEN Institut für soziales Lernen mit Tieren Dorfstraße 6 29690 Lindwedel Telefon: 05073 – 92 32 82

Pferde- und Erlebnishof Richter Schaftrift 2 A 31311 Altmerdingsen/Uetze

Arche Alfsee e.V. Bootshafenstraße 1 49597 Rieste Telefon: 054 64 – 35 13 www.arche-alfsee.de

Andrea Buchholz Am Schützenplatz 2 31275 Lehrte-Arpke Telefon: 05175 – 93 23 14 info@kumal-alpakas.de


Foto: Wikimedia Commons

... MARIA SYBILLA MERIAN? spen aus toten Raupen entgingen Heimlich schleicht sich die 13ihr nicht. Jährige auf den Dachboden. Ihre Auch privat ging Merian ihre strenge Frau Mutter soll nicht eigenen Wege: Als es nach 20 Jaherfahren, dass sie hier malt und ren in ihrer Ehe kriselte, zog sie Insekten beobachtet. Das schickt zusammen mit ihren Töchtern sich nicht für junge Damen. Doch und ihrer Mutter nach Westfriesdie Tochter kann nicht anders, die land in eine streng pietistische künstlerische Begabung steckt in Gemeinschaft. Sechs Jahre späihren Genen: 1647 wird Maria Siter, nach dem Tod der Mutter, ließ bylla in Frankfurt in die berühmsich die nun geschiedene, alleinte Künstlerfamilie Merian hinerziehende Merian in Amsterdam eingeboren. Ihr Vater Matthäus nieder, wo sie sich mit AuftragsMerian der Ältere war aus Basel arbeiten durchschlug. In Natunach Frankfurt gezogen, wo er ralienkabinetten und privaten sich als Kupferstecher einen NaSammlungen stieß sie auf exotimen machte und einen der größsche Schmetterlinge und fragte ten Verlage des 17. Jahrhunderts sich sofort, wie diese Tiere wohl übernahm. Zusammen mit seileben. In der 52-Jährigen steckte nen Söhnen Matthäus und Caspar brachte er »Topographia Germaniae« heraus, ein 30-bändiges noch immer die jugendliche Forscherin, und so wagte sie eine Werk mit präzisen Ansichten europäischer Städte, Schlösser, für damalige Zeiten unglaubliche Expedition: 1699 reiste Maria Sybilla Merian nur von ihrer 21-jährigen Tochter begleitet auf Klöster und Burgen. Seine Tochter hingegen faszinierten vor allem Schmetterlin- einem Handelsschiff nach Surinam in Südamerika. Ohne Forge, die sie »Sommervögel« und »Mottenvöglein« nennt. Sie sam- schungsauftrag, ohne männliche Begleitung. Den niederländimelt Raupen und beobachtet deren Verwandlung. Heute würde schen Kolonialherren, die hier Zuckerrohr anbauten, und den Ureinwohnern war die Naturdieser Forscherdrang vielleicht forscherin nicht ganz geheuer. gezielt gefördert; damals stand Merian unternahm Expeditiomit 17 Jahren die Heirat auf dem In der 52-Jährigen steckte noch nen in die tropischen Wälder, Programm. Doch auch als junimmer die jugendliche Forscherin … beobachtete Insekten, konserge Ehefrau und Mutter ließ sich vierte Tiere und zeichnete SkizMaria Sibylla nicht aufhalten: Sie veröffentlichte zunächst ein Buch mit Blumenmalereien, zen. Nach knapp zwei Jahren zwang eine Malariainfektion sie das sie für den Malunterricht junger Damen heranzog. 1679 zur Rückreise. Mit im Gepäck: Holzkisten voller Tierpräparate, folgte der erste Band von »Der Raupen wunderbare Verwand- Muscheln und Blumenzwiebeln. Von anderen Forschern erlung und sonderbare Blumennahrung«. Das Besondere daran: muntert und getrieben von dem Wunsch »den Liebhabern der Maria Sybilla Merian zeichnete nicht von verblichenen Tierprä- Insekten Vergnügen und Freude« zu bereiten, begann Merian paraten ab, sondern von lebenden, farbenprächtigen Insekten mit ihrem Werk »Metamorphosis Insectorum Surinamensium«. und Pflanzen. Was sie von anderen Naturforschern ihrer Zeit Dieses erste Buch über die Natur Surinams erschien 1705. Es abhob, war ihre Darstellung ökologischer Zusammenhänge: inspirierte auch nach ihrem Tod im Jahr 1717 zahlreiche KünstAls Erste überhaupt malte sie Eier, Raupen und Schmetterlinge ler und Wissenschaftler. Carl von Linné etwa, der zum ersten in ihrer natürlichen Umgebung. Sie beobachtete die Paarung Mal die Tier- und Pflanzenwelt systematisch kategorisierte, und die Eiablage. Sie beschrieb, dass sich manche Raupen auf orientierte sich bei der Benennung von über 100 Insekten allein eine Futterpflanze spezialisieren, andere von mehreren Pflan- an Maria Sibylla Merians Bildern. zen fressen. Auch Details wie das Schlüpfen parasitischer We- Eva Maria Mentzel

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WER WAR EIGENTLICH …

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MANÖVER­KRITIK 520 Gebäude, 4 Stadtviertel, Marktplatz, Rathaus und Gefängnis: In Sachsen-Anhalt baut die Bundeswehr Europas größte Übungsstadt. Schnöggersburg wird 2020 fertig sein, kürzlich wurde Richtfest gefeiert. Nicht alle Anwohner freuen sich über die Militarisierung ihrer Heimat.


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Schnöggersburg ist eine Geisterstadt, errichtet, um nur einen Zweck zu erfüllen: Hier will die deutsche Bundeswehr für die Kriege der Zukunft üben. Seit 2012 entsteht der »urbane Ballungsraum«, wie das Gelände im offiziellen Militärsprech heißt. Die künstliche Stadt liegt etwa 50 Kilometer nördlich von Magdeburg in der Colbitz-Letzlinger-Heide, dem größten zusammenhängenden Heidegebiet Mitteleuropas. Schon die Wehrmacht führte hier Waffentests durch; später übernahm die Rote Armee das Gelände. Heute liegt das Areal wieder in den Händen der Bundeswehr – die künftige Kriegsgebiete möglichst realistisch nachstellen möchte. Normale Bürger dürfen Schnöggersburg nicht betreten. Das 2,5 mal 2,5 Kilometer große Gelände ist militärisches Stadtgebiet. Ein- bis zweimal im Jahr erlaubt die Bundeswehr jedoch Journalisten den Besuch der Baustelle. Wer die Checkpoints der Armee hinter sich gelassen hat, betritt eine seltsame Welt. Schnöggersburg sieht aus wie eine Mischung aus Kleinstadt und Metropole. Im Wohngebiet mit Einfamilienhäusern gibt es keine Fenster und auch keine Innenausstattung. Dafür Laser und Sensoren, die erfassen, ob bei einer Übung jemand getroffen wurde. Scharf geschossen wird in Schnöggersburg nämlich nicht. Stattdessen sterben Soldaten den »virtuellen Tod«, wie es der Rüstungskonzern Rheinmetall formuliert, der das System entwickelt hat. Wenn die Übungsstadt im Jahre 2020 fertig ist, wird sie 520 Gebäude enthalten, darunter Wohnhäuser, Schulen und sogar eine U-Bahn, die einzige in Sachen-Anhalt. Es gibt eine Mini-Autobahn, ein Botschaftsgelände, ein Gefängnis, ein Elendsviertel und eine Kirche, die aber so nicht heißen »Die Justiz ist darf, weil sie von der Architektur her auch eine Moschee oder eine Synagoge sein könnnicht mehr te. 1.500 Soldaten sollen in Schnöggersburg unabhängig.« gleichzeitig üben. Plus 500 zusätzliche SolMalte Fröhlich, daten, die die Geisterstadt bevölkern und Initiative Offene Heide dort verschiedene Rollen einnehmen sollen: Zivilisten, gegnerische Soldaten, Terroristen. Die Bundeswehr gibt an, mit Schnöggersburg die modernste Übungsanlage in ganz Europa zu bauen. Sogar einen künstlichen Fluss gibt es, samt Brücke, die sich einfahren lässt, um eine Zerstörung zu simulieren. Auch unter der Stadt kann gekämpft werden, wofür eine 540 Meter lange »Übungskanalisation« bereitsteht. All das soll dem Ziel dienen, die deutsche Armee auf künftige Auslandseinsätze besser vorzubereiten. Die Bundeswehr geht davon aus, dass ihre Soldatinnen und Soldaten in Zukunft kaum noch in der freien Fläche kämpfen, sondern hauptsächlich in bebauten Gebieten. Gleichzeitig soll Schnöggersburg möglichst universell aussehen, um flexible Szenarien zu ermöglichen. Es gibt keine Schriftzeichen oder landestypischen Bauweisen. So könnte die Übungsstadt an einem Tag Kabul darstellen, am nächsten Mogadishu oder Damaskus.

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In den zurückliegenden Jahren ist es immer wieder zu Protesten rund um die Baustelle gekommen. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) zog sogar vor Gericht, weil er nicht an der Planung beteiligt worden war – »aus Geheimhaltungsgründen«, wie die Bundeswehr erklärte. Das Gericht war anderer Auffassung: Demnach hätte der Verband sehr wohl eingebunden werden müssen. Abgewiesen wurde die Klage trotzdem, weil sie nicht fristgerecht eingereicht wurde. »Die Justiz ist nicht mehr unabhängig«, meint Malte Fröhlich, Mitglied der »Initiative Offene Heide«. Der 50-Jährige ist ein Urgestein in der Altmark. Hauptberuflich baut er Kinderspielplätze, privat engagiert er sich in der Friedensbewegung, und das bereits seit »In Schnöggersburg DDR-Zeiten. »Die Nato ist aus wird der Angriffsunserer Sicht ein Aggressionskrieg geübt.« bündnis«, sagt Malte Fröhlich. Andreas Höppner, Die Linke »Was hier passiert, ist eine schwere Form von Regierungskriminalität.« Vor allem das Üben in Städten stört die Aktivisten: »Laut Genfer Konvention müssen Zivilisten geschützt werden. Aber genau dort, in den Städten, leben doch Zivilisten.« Seit Jahren demonstriert die Initiative gegen die militärische Präsenz in ihrer Heimat, wofür sie 2016 mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet wurde. Mal ziehen die Aktivisten mit ihrem Anliegen vor Gericht, ein anderes Mal vors Karriere­center der Bundeswehr. Beim Sachsen-Anhalt-Tag im vergan-

Kirche, Moschee, Synagoge – der Sakralbau könnte alles sein.

genen Sommer wollten sie mit dem Motto »Thesen statt Prothesen« am Festumzug teilnehmen. Doch die Veranstalter lehnten ab – zu politisch. »Es gibt für uns zwei Ebenen des Protests«, erklärt Fröhlich. »Zum einen die legale Ebene, zum anderen die des zivilen Ungehorsams.« So sind die Mitglieder der Initiative bereits mehrfach auf das Baustellengelände eingedrungen. Ihre »Go-ins«, wie sie die Mahnwachen nennen, fotografieren sie und stellen sie ins Internet. Das erklärte Ziel: ein aufsehenerregender Gerichtsprozess, bei dem das Projekt Schnöggersburg als Ganzes infrage gestellt werden kann. »Es bleibt aber immer nur bei Ordnungswidrigkeiten und Bußgeldern«, sagt Malte Fröhlich ein wenig enttäuscht. Ein weiteres Argument, das gegen Schnöggersburg ins Feld geführt wird: Die Bundeswehr trainiere damit für den (laut Grundgesetz verbotenen) Einsatz im Inland. Spätestens seit den jüngsten Terroranschlägen in Europa wird das Thema in der Politik wieder offen diskutiert. Oberst Uwe Becker, der Leiter des Gefechtsübungszentrums Heer, kam in einem Interview mit dem Mitteldeutschen Rundfunk ebenfalls darauf zu sprechen. »Im Augenblick haben wir eine ganz klare Rechtslage, was den Einsatz der Bundeswehr im Inneren angeht«, betonte Becker. Die Bundeswehr bereite sich in Schnöggersburg »zunächst einmal« auf den Einsatz im Ausland vor. In Sachsen-Anhalt steht derzeit ein breites politisches Bündnis hinter Schnöggersburg. Die Grünen hatten 2013 noch eine Beschwerde bei der EU-Kommission gegen die Geisterstadt eingereicht – inzwischen sind sie selbst Teil der Landesregierung. Für die Befürworter zählen vor allem drei Argumente: Zum einen schaffe Schnöggersburg Arbeitsplätze und Aufträge für die regionale Bauwirtschaft. Zum anderen sei die Bundeswehr eine Parlamentsarmee, die politisch kontrolliert werde. Und schließlich habe sich die Art der Einsätze in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch verändert – von der reinen Verteidigungsarmee hin zu internationalen Friedensmissionen. Ganz anders sieht das Andreas Höppner, der Landesvorsitzende der Partei »Die Linke« in Sachsen-Anhalt. »In Schnöggersburg wird der Angriffskrieg geübt«, kritisiert Höppner. Die Stadt sei so angelegt, dass man auch den Einsatz im Inneren üben könne. »Dass man so etwas in Erwägung zieht, ist grundgesetzwidrig«, sagt Höppner. Auch die Kosten der Anlage stören den Politiker: 140 Millionen Euro wird Schnöggersburg nach aktuellem Stand kosten, 30 Millionen mehr als anfangs geplant. »Ringsherum drehen die Kommunen jeden Cent dreioder viermal um. Schulen werden geschlossen, Leistungen eingespart, aber da verbrennt man 140 Millionen. Das passt einfach nicht zusammen.« Beim Richtfest in Schnöggersburg wird solche Kritik allenfalls angedeutet. »Gott sagt: Liebe deine Feinde«, bemerkt der Militärpfarrer, bevor er mit der Segnung der Geisterstadt fort-


In der Geisterstadt trainieren bald 2.000 Soldaten den Ernstfall.

Text und Fotos: Steve Przybilla

Richtfest in Schnöggersburg: »Gott sagt: Liebe deine Feinde.«

fährt. Ansonsten verläuft das Programm so, wie es sich Landespolitiker und Vertreter der Bundeswehr vorstellen: Marschmusik, Bundesadler, Stehtische neben Schützenpanzern. Noch am selben Tag stellt die Bundeswehr ein Drohnen-Video ins Netz, das die Übungsstadt von oben zeigt – untermalt mit Actionfilm-Musik. Krieg und Frieden, Realität und Show: In Schnöggersburg prallen beide Welten aufeinander. »Ich verstehe den Protest gegen den Krieg«, sagt Mandy Zepig, die Bürgermeisterin des

Auslandseinsätze der Bundeswehr Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Einsatz deutscher Soldaten im Ausland lange tabu; die Bundeswehr diente als reine Verteidigungsarmee. Seit den 1990er-Jahren hat sich das Selbstverständnis allmählich gewandelt. Einen Einschnitt markierte das Jahr 1995, als der Deutsche Bundestag den Einsatz der Bundeswehr im Bürgerkriegsland Bosnien-Herzegowina (unter UN-Mandat) erlaubte. Wenige Jahre später, 1999, beteiligten sich deutsche Soldaten im Kosovo erstmals aktiv an einem Krieg – eine innenpolitisch hoch umstrittene Entscheidung, weil der Einsatz nicht durch ein UN-Mandat gedeckt war. Seither ist die Bundeswehr praktisch ununterbrochen in internationalen Missionen eingebunden. Aktuell beteiligt sie sich an 15 Einsätzen, u.a. in Afghanistan, im Sudan, in Somalia, in Mali und im Mittelmeer.

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Nachbarortes Gardelegen. »Ich würde mir auch wünschen, dass wir einen solchen Ort nicht brauchen. Aber solange es eine solche Welt nicht gibt, bin ich stolz, dass das Gefechtsübungszentrum hier ist.« Malte Fröhlich von der »Initiative Offene Heide« kann mit solchen Aussagen wenig anfangen. »Niemand möchte neben Panzern wohnen«, sagt der langjährige Friedensaktivist. »Wir haben Sympathisanten in allen Parteien. Aber sobald Arbeitsplätze versprochen werden, bröckelt die Front.« Nach der Zeremonie dürfen die geladenen Gäste Schnöggersburg selbst erkunden. Von Nahem sieht die flexibel gestaltbare Übungsstadt dann doch ziemlich deutsch aus: Die LED-Straßenlaternen. Der normierte Autobahn-Abschnitt. Die Straßenschilder, auf denen das Maximalgewicht von Panzern beschrieben wird. »Daran sieht man, dass ein Leopard II problemlos über die Brücke fahren kann«, erklärt ein Offizier. »Im echten Einsatz würden unsere Pioniere diese Brücke natürlich erst mal erkunden«, sagt der Soldat. »Aber das hier ist eben nicht die Realität. Zumindest nicht ganz.«

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Foto: rtn - radio tele nord/picture alliance

SUPERBOY Mit »Supergirl« haben Rea Garvey und seine Band »Reamonn« deutsche Rock-Geschichte geschrieben. Solo ist der 44-Jährige nicht minder erfolgreich. Auch 2018 wird der Sänger wieder viel zu tun haben: Album. Tournee. TV-Sendung. Ein Gespräch über Rock‘n‘Roll, seine Jugend in Irland und Bodenständigkeit. Für Ihr viertes Soloalbum »Neon« haben Sie sich mit mehreren Hip-Hop-Produzenten zusammengetan. Rea Garvey und Hip-Hop: diese Kombination lag bisher nicht unbedingt auf der Hand. Worauf haben Sie bei diesem Album besonderen Wert gelegt? Wir haben im Studio viel über Beats und Ambientsounds gesprochen. Wir hatten 50 Lieder geschrieben, die wir dann auf 13 runtergekürzt haben. Die Stücke mit den Beats waren die besten. Diese Platte hat sich selber gefunden.

Fragen Sie sich manchmal, ob Sie jemals wieder eine gute Nummer schreiben werden? Nein, das würde mir nur im Weg stehen. Wenn man das Gefühl hat, nichts Gutes geschrieben zu haben, muss man einfach

noch mehr schreiben, bis sich dieser Knoten wieder löst. Ich lasse mich gern inspirieren, indem ich mit anderen schreibe. Allein würde ich mich schnell langweilen. Bei diesem Album bin ich weit weg gegangen, um letztendlich zu merken, dass ich eigentlich nach Hause gehen muss.

Wo waren Sie? In Island, bei Tina Dico. Sie ist mit dem Isländer Helgi Jónsson verheiratet. Ich habe die beiden besucht und wir haben ein Lied geschrieben, das irgendwie sehr irisch klingt. Das habe ich dann versucht in Berlin aufzunehmen, was aber nicht klappte. Schließlich habe ich es in Irland mit irischen Musikern aufgenommen. Ein wahnsinnig weiter Weg, um ein Lied zu machen, aber das Herz dieses Songs lag einfach in Irland.


Die Konzerne Facebook und Google haben sich mitten in Dublin angesiedelt. Schön, dass sie vielen Leuten Arbeit geben, aber als ich durch die Straßen ging, fiel mir auf, wie die Innenstadt darunter leidet. Dublin hat sein altes Gesicht verloren. Es ist nicht mehr meine Stadt. Aber auch ich habe mich verändert, und vielleicht habe ich auch nicht das Recht, solche Entwicklungen zu kritisieren. Aber mir fehlt diese Stadt, die ich früher geliebt habe.

Mussten Sie Irland verlassen, weil Sie dort keine Arbeit gefunden haben? Nein, ich habe einen Job aufgegeben, um hauptberuflich Musik zu machen. Das Schlimmste, was ich mir vorstellen konnte, war, in einem Büro-Block arbeiten zu müssen. Ich musste einfach herausfinden, ob Musik das ist, was ich machen will. In Deutschland habe ich mich dann sofort wohl gefühlt.

Hätten Sie auch in Irland musikalisch Karriere machen können? Ich weiß es nicht. Ich glaube, es ist gut, dass ich hier und nicht dort bin.

Wenn ein Song fertig ist, wer bekommt ihn dann als erstes zu hören? Meine Frau und Managerin Joe und Tom Bohne, der Boss von Universal Music. Ich vertraue meiner Frau komplett. Wir haben fast ein symbiotisches Verhältnis. Wenn einer etwas Bestimmtes spürt, spürt es der andere auch.

Welche Vorstellung haben Sie von Ihrer Musik? Soll sie so klingen, wie Sie als Mensch sind? Als ich meine Stimme das erste Mal im Fernsehen hörte, war ich überrascht. Ich hatte mich immer komplett anders gehört. Meine Musik muss mich immer im Herzen treffen.

widersprechen durfte. Damals durfte man in Irland nichts gegen die Kirche sagen. Aber irgendwann ist das ganze Ding ins Wasser gefallen. Als ich als Teenager freitagabends auf die Piste ging, war es ziemlich wahrscheinlich, dass man mit gleichaltrigen Jungs in Streit geriet. Das war ganz normal, und ich liebte es. Das ist schwer zu verstehen, wenn man nicht aus Irland kommt.

Wer hat Ihnen bei Streitereien geholfen? Eigentlich niemand. Ich war ein Einzelgänger. Wahrscheinlich habe ich genauso viel abbekommen, wie ich ausgeteilt habe. Für einen Mann ist es wichtig, sich auch mal auszutoben, damit man wieder zur Ruhe kommt. Es wird nicht erkannt, dass wir auch Tiere sind. Bis der Klügere irgendwann sagt: Es ist genug, morgen müssen wir wieder zur Schule.

Sie haben sieben Schwestern. Hat Sie das auf das weibliche Geschlecht vorbereitet? Nein, gar nicht. Ich habe weniger begriffen als die meisten anderen. Wenn eine meiner Schwestern nach einer Trennung weinte, habe ich das nicht verstanden.

Sie spielen in diesem Jahr Ihre bisher größte Tour … Ja, Olympiahalle – das ist schon ein Wort! Ich habe aber Bock drauf. Es wird eine Wahnsinnsshow werden. Der Druck kommt hauptsächlich von mir. Ich freue mich tierisch, wenn die Menschen gro»Dublin hat sein altes ßes Interesse an meiner Arbeit haben. Umgekehrt Gesicht verloren.«

Nein, soweit ist es noch nicht gekommen! Ich bin niemand, der sich selbst am Tollsten findet. Ich hatte mal ein Treffen mit dem Produzenten Timbaland. Er sagte: »Man, I am Mr. Music!« (lacht) Ich bin in Irland aufgewachsen: Ich darf sowas nicht sagen! Ich wurde dazu erzogen, am Boden zu bleiben. Auch Oasis und U2 sind total von sich überzeugt.

Sie sind auf eine katholische Schule gegangen. Wie haben Sie Ihre Schulzeit, Ihre Jugend in Erinnerung? Als sehr streng. Ich bin da gut durchgekommen, andere nicht. Ich habe mich gut verteidigt gegen eine Macht, der man nicht

Foto: Eventpress/Picture-Alliance

Gibt es Tage, an denen Sie Ihre eigene Stimme nicht hören können?

Rea Garvey mit »Reamonn« beim »Echo 2002«. Die Band löste sich 2010 auf.

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Sie sind Ire, kamen vor 20 Jahren nach Deutschland. Haben Sie manchmal Heimweh?

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Ist Musik für Sie wie eine Droge? Ich kenne mich mit Drogen nicht aus. Wenn du die Musik liebst, wird sie dich zurücklieben. Das Wichtigste ist, dass man sich in die Musik fallen lässt. Und wenn du fällst, dann trägt sie dich.

Foto: Eventpress/Picture-Alliance

Hatten Sie auch mal eine Sex and Drugs and Rock‘n‘Roll-Phase?

»Wir haben fast ein symbiotisches Verhältnis.« Garvey und seine Frau Josephine sind seit 2002 verheiratet.

bin ich sehr enttäuscht, wenn meine Musik nicht ankommt. Bis jetzt bin ich gesegnet, weil es für mich immer nur nach oben geht. Aber man muss dafür arbeiten. Im Leben wird einem nichts geschenkt.

Mögen Sie es, wenn Menschen zu Ihrer Musik ausflippen? Ich liebe es! Das ist wie eine massive Feier mit Musik im Mittelpunkt. Ich versuche, große Gefühle zu erwecken. Die Leute sollen spüren, wie alle Energie durch ihren Körper aufsteigt und sie explodieren vor Freude. »Ich wurde dazu erzogen, Wenn man das vor am Boden zu bleiben.« 20.000 oder 30.000 Menschen macht, bleibt einem die Spucke weg. Ich habe wahnsinnig viel Respekt vor dem Publikum und will alles geben. In jeder Show gibt es wunderschöne Momente, in denen wir alle auf derselben Ebene sind. Anzeige

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Ja, Sex und Rock‘n‘Roll auf jeden Fall. Ich bin immer noch ein großer Fan davon. Ich habe immer davon geträumt, der Letzte an der Bar zu sein und zu feiern wie ein Rockstar. Und am nächsten morgen geht man ins Studio und singt einen Song ein. Irgendwann kommt bestimmt der Moment, an dem ich mit den anderen nicht mehr mithalten kann. Aber noch ist er nicht da.

Wie häufig feiern Sie gemeinsam mit Kollegen? Wenn ich unterwegs bin, treffe ich viele Menschen und oft ist die Freude so groß, dass wir miteinander feiern. Aber ich habe den Anspruch, meinem Publikum die bestmögliche Show zu bieten. Ich würde nie auf die Bühne gehen, ohne meine Sinne beieinander zu haben. Ich feiere gerne nach der Arbeit. Die Leute sollen nach Hause gehen mit dem Gefühl, es hat sich gelohnt. Ich will niemanden verarschen.

Sie sind in der neuen Staffel von »Sing meinen Song« zu sehen. Bringen solche Shows die Musik voran? Yeah, absolut. Es gibt im Fernsehen nicht mehr viele Plattformen für Musik. Solch eine Sendung ist wie eine Oase. Ich wurde mehrmals eingeladen, da mitzumachen. Und jetzt hatte ich Zeit und Lust, mich mit den beteiligten Kollegen auf die Couch zu setzen. Ich mag das Format, auch wenn ich nicht viel davon gesehen habe. Ich finde die Herausforderung spannend, dass ich ein Lied von Mary Roos singe.

Wie wichtig ist Ihnen der Austausch mit Kollegen? Mit meinen Freunden ist er mir sehr wichtig. Kollegen ist das falsche Wort für Musiker. Kollegen sind Menschen, mit denen man von 9 bis 5 zusammen ist. Mit Musikern dagegen ist man bis vier Uhr morgens zusammen. Wir Pop- und Rockstars haben eine Aufgabe: den Traum am Leben zu erhalten. Ob du es übertreibt oder nicht, ist deine Sache. Ich will, dass diese Rockstar-Elemente weiterleben und junge Menschen inspirieren.

Wie gehen Sie mit dem Hype um Ihre Person um? Ich bin grundsätzlich nett und komme mit jedem klar. Und wenn ich mich rarmachen will, dann mache ich mich rar. Ich finde es wichtig, dass ich so leben kann, wie ich leben will und mich nicht verstecken muss. Das wäre eine Katastrophe. Interview: Olaf Neumann


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Foto: Roman Badnarchuk/fotolia.com

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»SONST BIST DU VERLOREN« Für junge Erwachsene, die kein Zuhause haben, gibt es spezielle Hilfeangebote. Zum Beispiel die Anlaufstelle Straßensozialarbeit der Stadt Oldenburg. Ein Besuch vor Ort. Marcel (19), Torsten (20) und André (25) leben auf der Straße, doch kaum jemand nimmt sie wahr. Täglich besuchen sie die Anlaufstelle Straßensozialarbeit der Stadt Oldenburg an der Huntestraße 4. Es handelt sich um ein niedrigschwelliges Angebot, das den Betroffenen einen Schutzraum bietet. Wenn nichts mehr geht und die jungen Leute verlässliche Ansprechpartner brauchen, dann sind sie bei Max Möhlmann (40) und Tanja Lange (30) an der richtigen Adresse. Die beiden Straßensozialarbeiter bieten sozialpädagogische Beratung, Betreuung und Begleitung an, unterstützen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 17 und 27 Jahren in Behördenangelegenheiten und bieten projektorientierte Jugendarbeit an. Alles auf freiwilliger Basis, vertraulich und parteilich.

Das Gebäude wirkt unscheinbar und wer es nicht kennt, der weiß nicht, wer sich hier täglich trifft. Es erinnert an ein Jugendzentrum. Im Aufenthaltsraum sitzen mehrere junge Männer beisammen. Sie kennen sich. Die einen spielen Tischfußball, andere nutzen die Küchenzeile, um sich etwas zu kochen. Gegenüber auf dem Flur befinden sich eine Dusche und eine Waschmaschine, die stark nachgefragt werden. Im ersten Stock haben Max Möhlmann und Tanja Lange ihr Arbeitszimmer. Regelmäßig klopft jemand an mit Fragen oder Kummer. Für sie ist das Alltag. Und der ist klar geregelt. »Bei uns gibt es keinen Drogen- und Alkoholkonsum und keine Gewalt«, stellt Max Möhlmann klar. »Wer sich nicht daran hält, muss das Haus verlassen. Das wissen alle.« Die Anlaufstelle wird über-


Engagierte Sozial­ arbeit: Max Möhlmann und Tanja Lange in ihrem Büro.

wiegend von jungen Männern besucht. Die meisten hier kennen sich und ihre Geschichten gegenseitig. Die jungen Männer sind frustriert, gestresst, überfordert, ausgegrenzt, enttäuscht von der Gesellschaft, ihren Familien oder einstigen Arbeitgebern. Marcel hat zuvor in einer Wohngruppe gelebt. Dort ist er rausgeflogen. Warum, das verrät er nicht. Davor hat er viele Jahre in einer Pflegefamilie gelebt, doch zum Schluss kam es zum Zerwürfnis. Eine »Ich habe jetzt einen Ausbildung im Einzelhandel hat er deshalb abgeStempel, bin voll brochen. »Wenn du keiin der Schublade.« ne Bleibe hast, kannst du Torsten keine Lehre durchziehen«, erklärt er. Und was ist mit seinen Eltern? An die kann er sich nicht erinnern. Er weiß nur, dass sie Alkoholiker waren und er deshalb in eine Pflegefamilie gekommen ist. Jetzt steht er alleine da. Torsten hat nach zwei Jahren seine Lehre als Maler und Lackierer abgebrochen, ist mit dem Gesetz in Konflikt geraten, hat seine Wohnung verloren und

musste eine zweimonatige Haftstrafe verbüßen. »Das war eine merkwürdige Geschichte«, meint er und wird nicht konkreter. »Auf jeden Fall habe ich jetzt einen Stempel, bin voll in der Schublade. Wenn du im Knast warst, bist du ein Scheiß«, sagt er und wünscht sich ein Ende der Diskriminierung. Schließlich habe er seine Strafe abgesessen. Die Huntestraße 4 ist für die jungen Männer ein geschützter Raum. Nachts schlafen Torsten und Marcel häufig am Sandweg, dort befinden sich Übernachtungsmöglichkeiten für Obdachlose von der Stadt Oldenburg. »Das ist nicht berauschend, aber eine große Hilfe. Sonst müssten wir auf der Straße bleiben«, sagt Torsten. Um 9 Uhr morgens müssen die Unterkünfte geräumt werden, erst abends werden sie wieder geöffnet. In der Zwischenzeit halten sich die beiden jungen Männer bevorzugt in der Anlaufstelle auf. André sieht seine Situation locker. Der 25-Jährige ist Einzelhandelskaufmann. In seinem Leben gab es gerade »Probleme«, weshalb er sein Zimmer in Dortmund verlassen hat. Bepackt mit einer Reisetasche landete er in Oldenburg auf dem Bahnhof, traf dort einen Punk, der ihm von der Anlaufstelle berichtete. »Ich finde es gut hier«, sagt er und schmiedet Zukunftspläne. »Hier will ich nicht alt werden, aber die Leute sind in Ordnung«, findet er. »Max und Tanja helfen uns und wir haben hier eine


gibt Max Möhlmann zu bedenken. Wohnungen oder WG-Zimmer für diese Männer sind in Oldenburg auf dem Wohnungsmarkt nicht zu haben. Sie werden buchstäblich durchgereicht. Es gibt zu viele andere Wohnungssuchende aus anderen Verhältnissen, die vorgezogen werden und mit denen sie unaufhaltsam konkurrieren. Ein ewiger Kreislauf, aber für die beiden Straßensozialarbeiter nicht immer nachvollziehbar, denn so würden Werdegänge oft vorgezeichnet. Tatsächlich sind fast alle hier in der Anlaufstelle grundsätzlich auf sich gestellt. Es gibt in ihrem Le-

Angebote in Hannover Junge Erwachsene, die auf der Straße leben, können sich in Hannover zunächst an die ZBS (Zentrale Beratungsstelle für Personen in besonderen sozialen Schwierigkeiten) des Diakonischen Werkes wenden: Berliner Allee 8, 30175 Hannover, Telefon: 0511 – 990400. Dort werden sie umfangreich beraten und ggf. an weitere Hilfeeinrichtungen weitergeleitet. Das könnten u.a. sein: • »WundA« (Wohnen und Arbeiten), ein Projekt, das sich sich an junge (langzeitarbeitslose) Erwachsene in prekären Wohnsituationen richtet. Hier wird umfassende Hilfe angeboten, die von der Bewältigung der schwierigen Wohnsituation bis zur Heranführung an den Arbeits- bzw. Ausbildungsmarkt reicht. Das Projekt wird in Kooperation mit dem Karl-Lemmermann-Haus - Sozialpädagogisch betreutes Wohnen e.V. realisiert, eine Beratungsstelle für Wohnungsnotfallfragen ist angeschlossen. Leinstr. 18, 30159 Hannover, Telefon 0511 - 270 414 70. • »Leine-Lotsen« des Diakonischen Werkes und die angegliederte Jugendwohnbegleitung für Heranwachsende zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr. Sozialpädagogische Fachkräfte bieten Hilfestellung bei Fragen und Problemen rund um das Thema Wohnen: Information oder Unterstützung bei der Wohnungssuche, Tipps zur Sicherstellung der Mietkostenfinanzierung, Hilfe bei der Entwicklung von Schul- und Ausbildungsperspektiven, Bewerbungstrainings, Begleitung zu Ausbildungsgesprächen und Rat und Tat bei der Sicherstellung der Lebensgrundlage der Betroffenen. Sodenstr. 2, 30161 Hannover, Telefon 0511 – 336 52 660. • das Projekt »Jugendwohnen im Stadtteil« der AWO Hannover. Hier wird jungen Menschen zwischen 18 und 21 geholfen, die Schwierigkeiten in der Familie haben, die Unterstützung bei der Wohnungssuche, auf dem Weg in die Selbststän-

digkeit, bei der Haushaltsführung oder im Umgang mit Behörden brauchen und die Beratung zu Fragen der Finanzierung des Lebensunterhaltes oder der Entwicklung schulischer und beruflicher Perspektiven in Anspruch nehmen möchten. Schaufelder Str. 18, 30167 Hannover, Telefon 0511 – 161 30 44 oder Fössestr. 47, 30451 Hannover, Telefon 0511 – 458 39 90. • die Jugendwohnbegleitung der CJS (Caritas Jugendsozialarbeit) für junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren, die plötzlich auf der Straße stehen und nicht wissen: Wohin? Wie soll es weitergehen? Reicht mein Geld für Miete? Wer hilft mir? Die Unterstützung läuft in der Regel ein Jahr lang und richtet sich an junge Leute, die im Stadtgebiet Hannover leben und bei denen der kommunale Sozialdienst einer Begleitung zugestimmt hat. Hischestr. 2, 30165 Hannover, Telefon 0511 – 358 27-27 oder -28. • »Liane«, eine Einrichtung des BDKJ (Bund der deutschen katholischen Jugend). Sie richtet sich gezielt an sozial benachteiligte und/oder individuell beeinträchtigte Mädchen und junge Frauen zwischen 18 und 25 Jahren, indem sie Unterstützung für eine selbstbestimmte Lebensführung anbietet. Hier gibt es Hilfe bei Alltagsfragen, Ämter- und Behördengängen, der Wohnungssuche und -einrichtung sowie bei finanziellen Fragen und der Zielfindung des schulischen oder beruflichen Werdegangs. Allerweg 7, 30449 Hannover, Telefon 0511 – 161 46-72 oder -74.

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Struktur. Die ist ganz wichtig. Sonst hängst du nur noch rum. Ich will unbedingt wieder arbeiten und den Führerschein machen«, erzählt er und ist sich seiner Sache sicher. »Du musst an dich glauben, sonst wird es nichts«, ist er überzeugt. Deshalb leiht er sich heute das Fahrrad der Anlaufstelle aus, um erste Schritte für seine Zukunft anzuleiern. Die Geschichten der Männer sind durchaus typisch. Sie hätten das Zeug dazu, einen Beruf zu lernen und auszuüben, aber die Umstände sind ungünstig, sie schaffen es nicht allein. »Zunächst bräuchten sie eine Wohngemeinschaft oder eine eigene kleine Wohnung, in die sie sich zurückziehen könnten. Denn wo sollen sie lernen, wo sollen sie ihre Bücher lassen?«,

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ben keine Verwandten oder Freunde, die für sie da sind, die Interesse an ihnen haben und ihnen aus der Sackgasse helfen. »Wenn sie zu uns kommen, sprechen wir zunächst mit ihnen, um herauszufinden, was machbar ist, wo ihr Weg hingehen könnte. Aber die Initiative muss klar von den Jungs kommen, wir unterstützen sie nur«, stellt Max Möhlmann klar. »Oft sind sie ohne Perspektive nicht in der Lage, etwas anzugehen. Wir versuchen sie zu motivieren,

greifen. Denn manch einer von ihnen braucht dringend psychische Hilfe.« Max Möhlmann fällt in seinem Arbeitsbereich auf, dass psychische Erkrankungen zunehmen. Das Spektrum reicht von der Borderline-Persönlichkeitsstörung über Depressionen bis hin zu Schizophrenie und Psychosen. Während André mit dem Fahrrad unterwegs ist, spielen Marcel und Torsten Tischfußball. Das bringt sie auf andere Gedanken. Andere Besucher sitzen am Tisch und unterhalten sich, nebenan läuft die Waschmaschine. In einem Nebenraum schreibt jemand am PC. »Schon toll hier«, findet Marcel, der mit Hilfe der Anlaufstelle Struktur in seinen Tag bringt. »Sonst bist du verloren«, ist Torsten überzeugt. Besonders gefällt ihnen montags das kostenlose Frühstück. »Dann ist hier die Hütte voll. Da treffen sich viele von uns, tauschen sich aus«, erzählt Torsten. Und dann ist da noch das Kochprojekt, an dem sich auch viele beteiligen. Ein Stück normales Leben: gemeinsam kochen und hinterher zusammensitzen und essen. Katrin Zempel-Bley

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Marcel (li.) und Torsten kommen täglich in die Anlaufstelle.

aber das muss behutsam vor sich gehen. Wir dürfen sie nicht überfordern. Mitunter gelingt es einem, die Kurve wieder zu kriegen. Denn die meisten sind wirklich intelligent und könnten durchaus eine Ausbildung machen und arbeiten. Wir hatten schon welche, die haben es bis zum Abi geschafft, andere sind wiederum im Knast gelandet.« Der Sozialarbeiter »Die Initiative berichtet weiter: »Viele Besumuss klar von den cher unserer Anlaufstelle sind Jungs kommen.« durch die Jugendhilfe geganMax Möhlmann gen. Während die meisten Kinder zu Hause Schutz und Liebe erfahren, haben unsere Klienten diesbezüglich oft Defizite, die wir unmöglich auffangen können. Dafür haben wir ein weit reichendes Netzwerk und können jederzeit auf die Hilfe von anderen Einrichtungen, Beratungsstellen, der Bahnhofsmission, des Jobcenters bis hin zur Karl-Jaspers-Klinik zurück-

Zwei starke Partner eine gemeinsame Zukunft GBH und union-boden bündeln ihre Kräfte – mit Hannoverherz und Immobilienverstand.

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Es ist also geschafft – wir haben eine Regierung! Endlich!!! Mit 66 Prozent waren die SPD-Mitglieder dafür, das hätte ich wahrlich nicht erwartet. Und egal wie einzelne dazu stehen, wichtig ist erst einmal, dass es für Europa und die Welt in Deutschland weitergeht. Und die SPD hat die – vielleicht sogar letztmalige – Chance, sich wirklich zu erneuern. Deutlich zu machen, wo sie steht, deutlich zu machen, wohin ihr Weg in Zukunft führen soll. Viele der zur Zeit anstehenden Probleme werden nicht durch die SPD, und nicht durch die CDU gelöst werden müssen, da gilt wirklich der uralte Spruch »gemeinsam sind wir stark«. Mich würde es wirklich freuen, würden sich die Parteien der Lösung dieser Brennpunkte endlich widmen, anstatt nur darüber zu reden. Dass eine Tafel in einer Stadt so stark frequentiert wird, dass sie sich veranlasst sieht, ausländische MitbürgerInnen abzuweisen, ist doch ein Armutszeugnis sondergleichen! Warum haben wir es zugelassen, dass so viele Menschen in einem reichen Land wie Deutschland darauf angewiesen sind, Almosen zu empfangen? Der Notstand in den Heimen – es gibt so unendlich viel zu tun auf so vielen Gebieten. Hoffen wir, dass die versprochenen guten Vorsätze endlich umgesetzt werden.

Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden …

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»SCHON 47 LEUTE!« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäufer Tom (55).

Tom, du hast etwas ganz Besonderes mitgebracht: dein eigenes Buch. Du hast es selber geschrieben und verlegt! Ja, und bis jetzt haben es schon 47 Leute gelesen! Ich habe schon 15,64 Euro damit verdient. Das habe ich natürlich beim Sozialamt angegeben, die waren ganz schnell dabei, mich zu kontrollieren. Aber ich habe es ja nicht geschrieben, um damit reich zu werden.

Sondern wofür? Um den Leuten meine Geschichte nahezubringen. Deshalb heißt es ja: »Bankgeflüster - Realitäten nahegebracht« - bei »Real« ist ja auch mein Verkaufsplatz. Das Foto von der Bank auf dem Cover habe ich auch selber gemacht.

Was hat es mit dieser Bank auf sich? Das ist meine Bank. Auf der sitze ich eigentlich jeden Abend und trinke mein Bierchen. Ich grüße dort die Passanten, von denen mich die meisten mittlerweile schon kennen. Das Haus, in dem ich wohne, ist gleich um die Ecke.

Das heißt, du lebst in einer Wohnung. Ja, ich habe 39 Quadratmeter. Küche, Stube, Bad, Flur. Im Kalandhof in Celle, einer Einrichtung für wohnungslose Männer.

Wann warst du wohnungslos? Nach 1992 ging es los, nach der Trennung von der Frau. Arbeitslosigkeit in der »anderen demokratischen Republik«. Ich war Pförtner in der Zuckerfabrik, habe nur ´nen Knopf gedrückt den ganzen Tag. Irgendwann hieß es: Abfindung, raus, Pleite. Eigentlich bin ich gelernter Ausbaumaurer. Ich bin dann durch die Gegend gelaufen und in Augsburg gelandet. Weggelaufen, einfach weggelaufen. Vor Angst und Depressionen. Ich hatte so schwere Depressionen und Ängste, ich konnte kaum über die Straße gehen. Hätte ich damals schon gewusst, was ich heute weiß, hätte ich mir viel eher eine Schreibmaschine gekauft.

Was meinst du damit? Meine Depressionen werden von einem Schwindelgefühl und Gleichgewichtsstörungen begleitet, deshalb fahre ich auch mit einem Dreirad. Aber immer, wenn ich schreibe, ist der Schwindel weg. Mein Buch hilft mir dabei, zu verarbeiten. Das hatten vorher noch nicht mal die Klinikärzte geschafft.

Bücher einfach abgetippt. »Das Tagebuch der Anne Frank« zum Beispiel. Jedes Wort. Dabei schaltet mein Gehirn den kranken Kram, die Depression, weg. Ich muss auch immer etwas lesen, wenn es mir schlecht geht. Mein eigenes Buch habe ich auch gelesen, als es endlich vor mir lag. Dabei sind mir selber die Tränen gekommen.

In deinem Buch sprichst du auch von deiner Tochter Stefanie. Zu ihr hast du keinen Kontakt? Leider gar keinen. Im zweiten Teil gehe ich etwas näher darauf ein. Sie wollte mich nämlich mal kennenlernen. Und auch ich habe nicht aufgegeben, meine Tochter jemals wiederzusehen. Und ich habe sie auch getroffen - zuerst unbewusst und dann doch erkannt. Deshalb heißt der zweite Teil des Buches auch »Tränen lügen nicht«.

Dein zweites Buch ist auch schon fertig? Ja, darin geht es wirklich um Dinge, die einen dazu bringen können, auf der Bank in Tränen auszubrechen. Es ist fertig geschrieben, und man kann es schon bestellen, die Lieferung dauert nur noch ein bisschen. Ich habe über Asphalt eine ehrenamtliche Korrekturleserin gefunden, die mich sehr unterstützt: Frau Schulz aus Hannover. Bei ihr möchte ich mich unbedingt herzlich bedanken. Sie hat jede Seite gelesen und mir korrigiert zurückgeschickt. Und ich habe stunden- und tagelang Korrekturen eingegeben und weiter an meinem Buch gearbeitet - und dann bin ich rausgegangen und konnte laufen! Richtig freihändig laufen, ohne mich irgendwo festhalten zu müssen!

Du kannst sehr stolz auf dich sein, Tom! Als Asphalt-Verkäufer und Schriftsteller, wie stellst du dir da deine Zukunft vor? Ich hoffe hauptsächlich, dass mein Buch oder meine Bücher gelesen werden. Ich wünsche mir viele Gespräche, vielleicht auch Lesungen. Der Asphalt-Verkauf ist wichtig für mich, ich brauche den Kontakt zu den Menschen. Es ist ein bisschen wie Straßensozialarbeit: Man hört ja den Leuten beim Sprechen auch zu! Auch, wenn sie kein Magazin bei mir kaufen. Ich bin immer anständig und höflich, das ist selbstverständlich für mich.

Wenn jetzt die Leute dein Buch lesen möchten - wo können sie es bekommen?

Also Schreiben als Therapie?

In jedem Buchladen! Sie können es dort oder im Internet bestellen.

Ja, das tut mir gut. Seit siebzehn Jahren schreibe ich jetzt an meiner eigenen Geschichte. Ich habe aber auch schon ganze

Interview und Fotos: Jeanette Kießling


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Tom Velten, Bankgeflüster - Realitäten nahegebracht, Teil 1: Treffen kann es jeden, wirklich jeden, Verlag epubli ISBN: 978-3745072389 7,49 Euro

Tom verkauft Asphalt in Celle, vor dem »Real«-Markt an der Hasenbahn.


AUS DER SZENE

Gute Fahrt!

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Gewinnsp

Erst ein bisschen Theorie und dann viel Praxis im eigenen Auto auf der Piste: Gemeinsam mit dem ADAC Fahrsicherheits-Zen­ trum Hannover/Laatzen verlost Asphalt

im Wert von je 115 € (Mo-Fr) mit den Profis des ADAC. Damit Sie sicher überall ankommen! Ob Sla­ lomparcours oder Ausweichen auf regennasser Fahrbahn – dieser Kurs macht Sie fit für den Straßenverkehr. Noch dazu gibt es wertvolle Tipps von den Experten, von der richtigen Sitzposition bis zur korrekten Brems­technik. Das ADAC Fahrsicherheits-Zentrum Hannover/Laatzen bietet auf insgesamt 24 Hektar zehn verschiedene und moderne Trainingsflächen und einen Verkehrsübungsplatz für Fahranfänger und Wiedereinsteiger. Damit gehört die Anlage zu den größten und am besten ausgestatteten Fahrsicherheits-Zentren in Deutschland. (Mehr Informationen und Termine gibt es unter www.fsz-hannover.de oder unter Tel. 05102 9306-0.)

Möchten Sie das ADAC Pkw-Kompakt-Training gewinnen? Dann senden Sie uns einfach eine Postkarte, eine E-Mail oder ein Fax mit dem Betreff: »ADAC-Fahrtraining« an Asphalt-Magazin, Hallerstr. 3, 30161 Hannover; Fax: 0511 – 301269-15; gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 30.04.2018. Wir wünschen Ihnen viel Glück und allseits gute Fahrt!

Foto: U. Matthias

2 x ein 5-stündiges ADAC Pkw-Kompakt-Training

Sewo: »Hilfen für Frauen« vereint Hannover. Die SeWo (Selbsthilfe für Wohnungslose) hat ihre »Hilfen für Frauen« im Volgersweg 6 vereint. Nach der Beratungsstelle und dem Tagestreff Szenia eröffnete im November auch die neue Pension »Frauenzimmer«. Einen »Glücksfall« nennt Petra Tengler (Foto, rechts), Geschäftsführerin der SeWo, anlässlich des Tags der offenen Tür das neue Domizil. Der Hilfebedarf ist zuletzt stark gestiegen. Wie schwierig die Situation derzeit ist, zeigt u.a. der Fall der 34-jährigen Julia, die dringend ihre Wohnung verlassen musste. Inzwischen wohnt sie in der Pension und ist des Lobes voll: »Das ist total toll hier«. Eine Wohnung sucht sie aber immer noch. Viele der Frauen bringen ein ganzes Bündel von Problemen mit. Sechs Sozialpädagoginnen bemühen sich um eine jeweils individuelle Lösung. Ob Beratung, Getränke und Essen zum Selbstkostenpreis, Internetzugang, Möglichkeiten zur Körperund Wäschehygiene; das Angebot ist vielfältig. Die Beratungsstelle können wohnungslose Frauen auch als Postadresse angeben, um überhaupt Sozialhilfe oder Hartz-IV beantragen zu können. Mehr als 200 Frauen machen derzeit davon Gebrauch. Nicht zuletzt bieten die Einrichtungen Schutz vor männlicher Gewalt. Männern bleibt der Zutritt daher verwehrt. Der Tagestreff Szenia hat montags bis freitags von 9-14 Uhr geöffnet, die Beratungsstelle von 9-11 Uhr und nach Vereinbarung. UM


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RUND UM ASPHALT

Klug und gut

Foto: V. Macke

Stöbern, Wissen, Gutes tun: Bereits zum zwölften Mal hat Cornelia Jürgens, Dokumentarin am Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin zugunsten von Asphalt einen hausinternen Bücherbasar organisiert. Und ihre Kolleginnen und Kollegen haben an den Schmökerregalen wieder ordentlich zugeschlagen: Insgesamt sind 620 Euro zusammengekommen. Vielen Dank für die treue Unterstützung! MAC

Azubis luden zum Festmahl Schon fast professionell haben Chantal, Monique und Janina ihren Job gemacht. Mit Herz und Akkuratesse. Die drei Servicekräfte in Ausbildung bei Pro Beruf hatten gemeinsam mit ihren Azubi-Kollegen aus der Küche und von der Theke ins »Café Nanas«, das Ausbildungsrestaurant von Pro Beruf im Haus der Jugend eingeladen. Um zu üben, den letzten Schliff zu verfeinern und um Gutes zu tun: Mit einem mehrgängigen Menu vom Feinsten – Maultaschenbouillon, Krustenbraten, Mandel-Tarte. Kaum sonst einmal bekommen die Asphalter Speisen solcher Güte, gereicht von derart engagiertem Personal. Unter betriebsnahen Bedingungen können sich die jungen Teilnehmer von Pro Beruf, häufig Jugendliche mit schlechten Startbedingungen ins Leben, im »Café Nanas« zu Köchen und Fachkräften im Gastgewerbe qualifizieren lassen. Janina (19, im Bild hi. re.) gefiel die von Pro-Beruf-Bereichsleiterin Anja Hollmer (am Tisch mitte) organisierte Mischung aus sozialem Tun und realitätsnahem Arbeiten: »Wirklich toll, mal die Chance zu haben, das Beides zu verbinden«. Das Festmahl wurde stimmungsvoll untermalt von den jungen Musikern der Gruppe Monika Mundi. Asphalt dankt allen Beteiligten von Herzen! MAC

Heißes gegen die Kälte: Warme Mahlzeiten für Bedürftige in Hannover Jeder in Hannover wird es gemerkt haben: In den letzten Wochen war es verdammt kalt draußen. Und während viele einfach die Heizung etwas höher drehen, stellt die Kälte für Menschen, die auf der Straße leben eine besonders große Herausforderung dar. Aus diesem Grund haben sich Mitarbeiter von Hannover 96 einen Tag mit zwei Transportern auf den Weg gemacht, um warme Mahlzeiten an bedürftige Menschen in Hannover zu verteilen und ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Im Gepäck hatten sie Kartoffelsuppe, Brötchen und Tee. Ausgegeben wurden Suppe und Tee in Thermobehältern, um diese länger warm zu halten. Außerdem können die Behältnisse später wiederverwendet werden, um sich warme Mahlzeiten von den sozialen Essensausgaben mitzunehmen. Neben den Lebensmitteln wurden Wolldecken, warme Kleidung und fetthaltige Cremes verteilt. Wir wollen mit unserer Aktion mit gutem Beispiel vorangehen und so auf die Situation von Obdachlosen aufmerksam machen. Im gleichen Atemzug bitten wir alle Hannoveraner, Menschen in Not zu unterstützen – auch kleine Gesten können oftmals schon viel bewirken.

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RUND UM ASPHALT

Foto: G. Rinke

Libuda spielt für Asphalt

Die Kugel rollt Asphalt geht bowlen! Möglich macht dies eine neue Kooperation mit der Bowling-World in der Osterstraße. Einmal im Vierteljahr können unsere Verkaufenden dort künftig die Kugel schwingen und ihre Treffsicherheit demonstrieren. Zwei Stunden an der Bahn, Schuhe und ein Getränk inklusive. Aktivitäten wie diese sind wichtig für viele Asphalt-Verkaufenden, um ihre soziale Isolation zu durchbrechen. Ein starkes Team von 15 Asphaltern machte am 28. Februar den Anfang. Alle waren am Ende begeistert, ebenso wie unser So­zialarbeiter Christian Ahring und Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke. Auch Verkäufer Guido war des Lobs voll und freut sich schon auf die nächste Runde. Der Bowling-World sagen wir an dieser Stelle herzlich danke! Bis zum nächsten Mal. UM

Schon wieder Freitag, der 13. – das kann ein toller Asphalt-Tag werden! Dieses Mal gibt es Musik vom Feinsten: Kontrabass-Künstler Jaspar Libuda aus Berlin spielt in der Kreuzkirche. Der Ausnahmekünstler benutzt sein Soloinstrument mit Klangfarben, die an Cello, Perkussion und Gitarre erinnern. Seine Musik entwickelt sich von Stille zu Klangfülle, von Improvisation zum Arrangement, von rockigen Motiven zum melodiösen Bogenspiel. Die Schwere des Instruments scheint aufgehoben, die Zuhörer erleben einen Grenzgang zwischen Jazz, Rock, Pop und Klassik. Jaspar Libuda selbst bezeichnet seine Kompositionen als »cinematic bass music«, sie liefern sozusagen den Soundtrack zu einem imaginären Film in den Köpfen seines Publikums. Ein akustischer Hochgenuss wartet auf Sie: Jaspar Libuda spielt zugunsten von Asphalt!

er 13., Freitag, d -Tag r e d Foto: Stefan Anker

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Beratung sofort nach Beitritt! Jetzt Mitglied werden! Kompetente Hilfe bei allen Fragen zum Mietrecht. Herrenstraße 14 · 30159 Hannover Telefon: 0511–12106-0 Internet: www.dmb-hannover.de E-Mail: info@dmb-hannover.de Außenstellen: Nienburg, Hoya, Celle, Neustadt, Springe und Obernkirchen.

Wir danken dem Künstler für seinen Einsatz und unserem langjährigen Asphalt-Leser und -Unterstützer Dr. Stefan Engel für die Organisation! Freitag, 13. April 2018 19.30 Uhr (Einlass 19 Uhr) Kreuzkirche in der Altstadt Kreuzkirchhof 3, 30159 Hannover Eintritt: frei, um Spenden für Asphalt wird gebeten!


Verkäuferin Cordula: Ich suche eine Sitzgarnitur, möglichst wasch- bzw. abwaschbar. [V-Nr. 1683] Kontakt: 0176–69590763.

Foto: U. Matthias

Verkäufer Jörg: Ich suche einen 2 m breiten Kleiderschrank. [V-Nr. 2117] Kontakt: 0176–34440825.

Besuch von Links

Verkäufer Reinhold: Suche Arbeit als Hausmeister oder in der Gartenpflege. Erfahrungen vorhanden: Hecken- und Baumschnitt, Laubenrenovierung, Holzbau, Dach- und Malerarbeiten. Außerdem suche ich Holzbretter und eine Haushaltsleiter. [V-Nr. 137] Kontakt: 0175–8022223.

Mitglieder und Freunde der hannoverschen Ratsgruppe »Die Linke & Piraten« waren jüngst bei Asphalt zu Gast. Zunächst um sich fachkundig von Asphalt-Verkäufer Hartmut während des sozialen Stadtrundgangs die Hilfeeinrichtungen und Treffpunkte der Wohnungslosenszene erläutern zu lassen. Im Anschluss wurde in den Redaktionsräumen mit den Redakteuren Volker Macke und Ulrich Matthias diskutiert: Über sozialen Wohnungsbau beispielweise, das Projekt Housing first für Obdachlose, mehr nötige Kältehilfe, den Konflikt zwischen Anliegern und Nutzern des Raschplatzes, Hartz IV oder Grundeinkommen. Ein für beide Seiten informativer Austausch. MAC

Kommen Sie mit – zum sozialen Stadtrundgang! Nächster Termin: 27. April 2018, 15 Uhr. Treffpunkt: Asphalt, Hallerstr. 3, 30161 Hannover. Bitte anmelden unter: 0511 – 301269-20. Teilnahme auf Spendenbasis: ab 5 Euro pro Person. Gruppen vereinbaren bitte gesonderte Termine!

Asphalt verlost 10 x 2 Karten für den Zoo Hannover

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Seit Ende 2017 steht die Schneeeule erstmalig als gefährdet auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN: Der Bestand in der arktischen Tundra ist um 50 Prozent zurückgegangen! Höchste Zeit, sie stärker ins Rampenlicht zu stellen, fanden die Zoofreunde Hannover e.V. und sammelten für ein neues Reich der Eulen in der Kanadalandschaft Yukon Bay. Im alten Wasserturm haben sich die Schneeeulen eingenistet. Holzfässer, Werkzeuge, Kisten und Feuerholz bieten beste Sitzmöglichkeiten und Brutplätze. Auf dem Schuppenboden geben Gras und Büsche den Vögeln Rückzugsmöglichkeiten. Schneeeulen werden in menschlicher Obhut bis zu 28 Jahre alt, sie sind 55 bis 70 Zentimeter groß, wiegen bis zu 3 Kilogramm und ernähren sich vor allem von Lemmingen und anderen Wühlmäusen, kleineren Vögeln und Fischen. Mit Asphalt können Sie zwei Tagestickets für den Zoo Hannover gewinnen! Beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Wie alt werden Schneeeulen in menschlicher Obhut?

Foto: Zoo Hannover

Neues Eulenreich

Schicken Sie uns eine Postkarte, eine E-Mail oder ein Fax mit Ihrer Antwort und dem Stichwort »Zoo« bis zum 30. April 2018 an: Asphalt-Redaktion, Hallerstr. 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover, gewinne@asphalt-magazin.de, Fax 0511 301269-15. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Die Lösung unseres letzten Zoo-Rätsels lautete: Elefantenbulle »Nikolai«.

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gesucht – gefunden

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DIE ERBEN DES SACHZWANGS

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 Tiberius Gracchus und 200 seiner Anhänger

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werden von den Senatoren erschlagen.

Echte Probleme, falsche Antworten: Warum der Rechtspopulismus mit einfachen Mitteln Erfolge feiert und so schwierig zu bekämpfen ist. Ein Kurzessay.

Die Populisten Der Volkstribun ist kein neues Phänomen. Schon in der Antike beriefen sich Politiker auf »das Volk« und positionierten sich dergestalt gegen eine herrschende Elite. Im Auftreten der Gracchen in der Römischen Republik ist schon viel vom gegenwärtigen Phänomen des Populismus angelegt. Als sich in der Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr. die Agrarkrise in der Römischen Republik ver-

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schärfte, und die Situation der Kleinbauern immer prekärer wurde, zeigte sich die herrschende Nobilität unwillig, wirksame Reformen einzuleiten. Erst von Tiberius Gracchus, der sich 133 zum Volkstribunen wählen ließ, und dann einige Jahre später noch einmal durch seinen Bruder Gaius, wurde eine Lösung des Agrarproblems energisch in Angriff genommen. Die Gracchen stützten sich auf das Volk (daher nannte Cicero sie – eher abwertend gemeint - »Männer des Volkes«: »populares«) und agierten gegen den mächtigen Senat, das Herrschaftszentrum Roms. Das führte sie zwangsläufig in Konflikt mit den von der Nobilität beherrschten Institutionen der Republik, die beide Gracchen deshalb für ihre Zwecke umgestalten wollten. Ihre eigenen Zwecke wohlgemerkt: Ihnen schwebte keine Demokratie vor, wie der Historiker Jochen Bleicken anmerkt, sondern eher die Errichtung einer Tyrannis oder Monarchie. Heute sind es die Institutionen einer liberalen Demokratie, die von den (selbsternannten) Volkstribunen attackiert werden. Trump ist da kein Einzelfall: Victor Orban in Ungarn, Marine Le Pen in Frankreich, Jarosław Kaczyński in Polen oder Geert Wilders in den Niederlanden zählen ebenso zu den (Rechts-)Populisten, wie die AfD in Deutschland. Sie alle inszenieren sich als Volkes Stimme gegen eine Elite, die kein Verständnis mehr für die Sorgen und Nöte der Bürger habe.

Hillary Clinton hielt für die Trump-Anhänger nur einen »Korb der

Die Elite Die Geburtsstunde dieser »Elite« schlug mit dem Untergang der sozialistischen Staaten. Im Anschluss rief der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama das »Ende der Geschichte« aus. Die totalitären Systeme seien endgültig an ihren inneren Widersprüchen gescheitert, die liberale Demokratie und der Kapitalismus hätten auf ewig gewonnen. Je mehr Markt, desto besser, dachten damals viele. Das war die Zeit, als das Internet seinen Siegeszug antrat, die letzten weißen Flecken in den Weltmarkt eingegliedert wurden und die Globalisierung einen enormen Schub erhielt. Unbegrenzte Mobilität für Menschen (Arbeit), Waren und Kapital wurde die Maxime, alles andere sei »alternativlos« dekretierte die englische Premierministerin Margaret Thatcher, und die vor allem in England und den USA entfesselte Finanzindustrie koppelte sich mit zweistelligen Renditen scheinbar dauerhaft von der Realwirtschaft ab. Deregulierung, Privatisierung, ein schlanker Staat und eine »marktkonforme Demokratie« (Angela Merkel), waren die Kernpunkte einer neoliberalen Agenda, der sich von den Konservativen über die Liberalen bis zu den

Kläglichen« bereit.

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In der heißen Phase des US-Wahlkampfs Ende 2016 erhielt der rechtspopulistische Präsidentschaftskandidat der Republikaner eine Schützenhilfe, wie er sie sich besser nicht wünschen konnte: Seine Konkurrentin Hillary Clinton ereiferte sich über die Trump-Wähler, die man zur Hälfte in einen »Korb der Kläglichen werfen« könne, »die Rassisten, die Sexisten, die Homophoben, die Xenophoben, die Islamophoben«. Mit dieser Tirade vor einem Verband schwuler, lesbischer und transsexueller Geldgeber in New York City bezeugte sie ungewollt zentrale Aspekte der rechtspopulistischen Kampagne, die ihr Kontrahent Trump und seine Helfer gegen sie fuhren: sie konstruierte sich selbst als Teil einer (urbanen, polyglotten, aufgeklärten, multikulturellen) Elite gegen die (provinziellen, bornierten) Trump-Wähler da unten, deren Ansichten sie weder verstehen konnte, noch überhaupt für diskutabel hielt. Diese scharfe Frontstellung zwischen Elite und einem »Volk«, zwischen Stadt und Land, zwischen Kosmopolitismus und Nationalismus, zwischen Multikulturalismus, Diversität und Moral Majority ist das eigentliche Geschäft des Rechtspopulismus. Nur so konnte sich der Immobilientycoon Trump erfolgreich gegen Hillary Clinton als Volkstribun inszenieren.

Mit US-Präsident Donald Trump steht die Welt vor einer ungewissen Zukunft.


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Rechtspopulisten sammeln sich. Pegida und AfD feiern das Ergebnis zur Bundestagswahl 2017.

Grünen und Sozialdemokraten allesamt als Parteien der Mitte verschrieben. Zweifel und Kritik an dieser marktradikalen Variante fanden in den Parteien und den Medien kaum noch Raum. Diese Politik sei alternativlos, hieß es. So wurde der erwirtschaftete Reichtum den Finanzmärkten zugeführt, für den Sozialstaat und Investitionen in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur war nur wenig Geld verfügbar, im Haushalt müsse die schwarze Null stehen. Für die sinkenden Realeinkommen und die wachsenden Vermögen der Superreichen fühlte sich niemand verantwortlich. Zum Ausgleich wurde eine progressive Gesellschaftspolitik wohlwollend begleitet. Da die Auflösung traditioneller Rollenverhältnisse aus neoliberaler Sicht sogar Chancen für neue Kommerzialisierungserfolge bot, konnte auch eine ehemalige Linke, die von der sozialen Frage nichts mehr wissen wollte, sich im Zuge von Antidiskriminierungskampagnen mit der Wallstreet versöhnen. So kam es zu einer »unheiligen Allianz von Finanzkapitalismus und Emanzipation«, wie die amerikanische Philosophin Nancy Fraser beklagt, von Sparpolitik und Unisex-Toilette. Ohne Hillary Clinton, die dieses Bündnis in besonderer Weise verkörperte, hätte Trump wohl nie eine Chance gehabt.

Das Volk Ihr »Volk« rekrutieren die Rechtspopulisten aus jenen, die sich von der Elite nicht mehr vertreten fühlen. Und diese werden immer mehr. Denn inzwischen zeigt die schöne neue Welt des Neoliberalismus zunehmend ihre Schattenseiten. Das Aufstiegsversprechen der alten Bundesrepublik gilt heute nicht mehr, unsere Kinder werden es schlechter haben als wir, wenn sich diese Politik nicht ändert. Inzwischen hat die Angst vor dem sozialen Abstieg bis weit in die Mittelschichten hinein ei-

nen Resonanzboden gefunden. Der Soziologe Oliver Nachtwey spricht von Deutschland schon als »Abstiegsgesellschaft«. Wenn der Lebensstandard in der Mitte nicht mehr gesichert scheint und Arbeitslose wie Geringverdiener nahezu unweigerlich auf die Altersarmut zusteuern, während die Oberschicht mehr Reichtum anhäuft als sie ausgeben kann, kommt etwas ins Wanken. Im Jahr 2018 besaßen die 45 reichsten Deutschen so viel Vermögen, wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung zusammen. Das zerreißt auf Dauer jede Gesellschaft. Dies gilt umso mehr, als die Folgen der neoliberalen Politik auch die Globalisierung und die Anwendung neuer Technologien anheizen und beschleunigen. Der Philosoph Hermann Lübbe wies bereits in den 1990er Jahren darauf hin, die wachsende Zahl wissenschaftlicher und technischer Neuerungen führe dazu, dass Informationen immer schneller veralten. Dadurch werde der Zeitraum immer kleiner, in dem unsere einmal erworbenen Kenntnisse von Bedeutung sind – die Gegenwart schrumpfe. Wir Die Ökonomisieleben heute in einer Zeit, in rung zerstört der erlernte Regeln und erlerntes Wissen vor Ablauf Werte, auf die einer Generation überholt keine Gemeinschaft sind. Das betrifft nicht nur verzichten kann. berufliche Kompetenzen, auch unser Alltag wird in immer schnelleren Abfolgen revolutioniert. Wer sich dennoch einem lebenslangen Lernen verweigert, muss damit rechnen, bald nicht mehr klarzukommen, nicht einmal mehr im eigenen Haus. Es ist nicht nur die Technologie, die uns davonrennt, auch die gesellschaftliche Entwicklung schreitet schneller voran, als viele ihr folgen können. Was auf diese Weise verloren geht, ist im Kern »Heimat«. Heimat nicht in einem trivialen Sinn bloß verstanden als räumlicher Ort der Vergangenheit (Kindheit), sondern als soziales Konstrukt, in dem wir zuhause sind und uns sicher fühlen, dessen geschriebene und ungeschriebene Regeln wir verinnerlicht haben, wie der Kulturwissenschaftler Thomas Thiemeyer schreibt. Diese Welt wird heute immer kleiner, wenn wir sie nicht beständig durch neue Motive und Einstellungen erweitern können. Doch dazu ist nicht jeder gleichermaßen in der Lage. Auch das schafft Verunsicherung. In der Flüchtlingskrise zeigte sich schnell, dass in diesen verunsicherten Milieus das Vertrauen in die


Der Mythos Der Volkstribun als politische Figur attackiert den Mythos der Alternativlosigkeit, hinter dem eine kosmopolitische Elite lange ihre Mit-Urheberschaft an der forcierten Globalisierung gut verbergen konnte. Womöglich fand diese Elite auch gar nicht mehr die Zeit, ihre global geführten Debatten und dadurch erlangten Ansichten nachhaltig in den nationalen Diskurs einzuspeisen. Stattdessen musste oft genug die Political Correctness das Argument ersetzen, der Sachzwang die demokratische Prozedur. In ihrer »Dialektik der Aufklärung« beschreiben Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, wie der überwunden geglaubte Mythos in der aufgeklärten Gesellschaft als eben jener Sachzwang wiederkehrt. So kam die Globalisierung scheinbar als Naturgewalt über uns. Doch seit dieser Mythos an Überzeugungskraft verliert, beginnt die Elite sich vor dem Volk zu fürchten. Wichtige Entscheidungen werden den Parlamenten entzogen und demokratisch kaum legitimierten Gremien übertragen (EU, EZB). Rechtsstaatliche Grundsätze z.B. bei Handelsabkommen außer Kraft gesetzt. So ist der Souverän des Grundgesetzes – das Volk – dabei, ein König ohne Land zu werden. »Weniger Demokratie ist besser für die Märkte«, zog der deutsche Philosoph Jürgen Habermas ein bitteres Resümee. Über den Sachzwang werden die Gesellschaften den Bedürfnissen der Märkte unterworfen. Die Ökonomisierung aller Lebensbereiche zerstört gesellschaftliche Werte, auf deren Bindungskräfte keine Gemeinschaft verzichten kann: Gemeinwohlorientierung, Solidarität, Mitgefühl. An deren Stelle treten der nackte Egoismus, die kalte Berechnung. Daher ist es vielleicht kein Zufall, dass gegenwärtig die Figur des Narzissten wieder verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit erlangen und er-

folgreich in Ämter drängen kann, für die sie weder die nötige Kompetenz noch das erforderliche Verantwortungsgefühl mitbringt. Goldene Zeiten für Populisten.

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Mitte-Parteien geschwunden ist, die Integration sozialverträglich zu gestalten. Die Erfahrungen mit der neoliberalen Politik seit der Jahrhundertwende lassen erwarten, dass gerade diejenigen, die dem Globalisierungsstress am stärksten ausgesetzt sind, mit den Neuzugezogenen um günstige Wohnungen und Arbeitsplätze konkurrieren und im Kiez wie auf den Ämtern das Zusammenleben erproben müssen. Darauf vorbereitet hat sie keiner, gefragt schon gar nicht (nicht einmal die Parlamente wurden konsultiert). Im Gegenteil, schon wer nur Unverständnis äußerte, wurde als fremdenfeindlich oder als »Pack« (S. Gabriel) beschimpft und den Rechten in die Arme getrieben. Für den Rechtspopulismus in Deutschland war der Umgang mit der Flüchtlingskrise der entscheidende Durchbruch. Das Muster erinnert fatal an den Wahlkampf in den USA, wo der von Clinton zusammengestellte »Korb der Kläglichen« sich schließlich als »Volk« definierte und seinem Tribunen folgte.

Ein Ausblick Der Siegeszug des Neoliberalismus hat die gesellschaftlichen und politischen Werteordnungen unserer Gesellschaften beschädigt. Zentrale Institutionen der liberalen Demokratie haben dabei entscheidend an Legitimität eingebüßt, wie die Volksparteien, die Medien und vor allem die Europäische Union. Am Beispiel der EU treten Ursache, Elend und Gefahren des Rechtspopulismus besonders deutlich hervor. Unter der neoliberalen Hegemonie hat die EU ihre anfängliche hohe Akzeptanz in den Bevölkerungen Europas weitgehend verspielt. Ausufernder Lobbyismus, Vernachlässigung rechtsstaatlicher Verfahren und intransparente Hinterzimmerpolitik verstoßen auch gegen hehre Prinzipien von Konservativen, Liberalen und Sozialdemokraten. Dennoch stehen die Rechtspopulisten mit ihrer Kritik weitgehend allein da. Auf diese Weise wird das Projekt Europa scheitern. Die Mitte-Parteien haben sich mit ihrer Sachzwangpolitik selbst den Ausweg versperrt und finden keine Antwort auf die wachsende Unsicherheit in den Bevölkerungen. In diese freigeräumte Bresche – darauf weisen Dirk Jörke und Oliver Nachtweih hin - springen nun die Rechtspopulisten, die wenigstens eine alternative Politik versprechen. Aber es ist die falsche, eine vergiftete Alternative. Europa ist nicht mehr der Nabel der Welt. Der Kontinent rückt politisch wie wirtschaftlich an die globale Peripherie. Wenn unsere kleinen europäischen Staaten nicht vollends zum Spielball amerikanischer und asiatischer Machtpolitik werden sollen, kann die Antwort nur eine Vertiefung und Demokratisierung der EU sein, darauf weist der französische Philosoph Étienne Balibar vehement hin. Allerdings sind wir heute denkbar weit davon entfernt. Der Rechtspopulismus empfiehlt als vermeintlich einfachen Ausweg den politischen und ideologischen Rückzug auf die nationale Scholle. Damit jedoch öffnet er das Tor zur Hölle. »Nationalismus bedeutet Krieg« (Winston Churchill). Ein »weiter so« wäre fatal. Wer die Probleme ignoriert, die dem Rechtspopulismus zugrunde liegen und die Anhänger verächtlich macht (wie Clinton) oder sich anbiedert, indem er rechte Parolen übernimmt (á la Seehofer), spielt den Rechtspopulisten erfahrungsgemäß nur in die Hände. Stattdessen bräuchten wir wieder eine wirkliche Alternative zum neoliberalen Modell und eine neue demokratische Streitkultur jenseits vom Sachzwang. Bevor es zu spät ist. Ulrich Matthias

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BUCHTIPPS Im SUV zum Biomarkt Ab 29. März läuft der Dokumentarfilm »Die grüne Lüge« in Hannover. Gemeinsam mit Regisseur Werner Boote verfasste die Journalistin Kathrin Hartmann das Drehbuch. Parallel zum Film ist soeben ihr Buch »Die grüne Lüge. Weltrettung als profitables Geschäftsmodell« erschienen. Kathrin Hartmanns letzte Bücher waren eine so fundierte wie wütende Studie zur neuen Armut in der Konsumgesellschaft (»Wir müssen leider draußen bleiben«) und eine aufwendige Recherche über die Wirklichkeit hinter den Versprechen der Green Economy (»Aus kontrolliertem Raubbau«). »Die grüne Lüge« schließt an diese letzte Arbeit an. Darin legt sie die Axt an unsere Strategien der Selbstberuhigung. Entlarvt die Komplizenschaft von Konzernen, die noch die absurdesten Öko-, Fair- und Nachhaltigkeitsversprechen ablegen, mit Konsumenten, die genau dieses »Greenwashing« ihres überbordenden Lebensstils gerne hören. Hartmann ist sicher: Eine Konkurrenz um den »ethischeren« Konsum zerstört jede Solidarität, ein privates gutes Gewissen ändert nichts. Der Kampf gegen Lobbyinteressen und für Gesetze schon. BP Kathrin Hartmann | Die grüne Lüge. Weltrettung als profitables Geschäftsmodell | Blessing | 15 Euro

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Das Fahrgastfernsehen. · Goethestraße 13 A · 30169 Hannover · (0511) 366 99 99 · redaktion@fahrgastfernsehen.de

Am Stammesfeuer Vor gut einem Jahr starb im Alter von 91 Jahren der Philosoph Zygmunt Bauman. Posthum ist sein letzter Essay erschienen. »Retrotopia« erklärt mit breitem wie schwungvollem Pinselstrich, wie unseren Gesellschaften die Zukunft abhandenkam. Statt Utopien, die die Zukunft als »Reich der Freiheit« gestalten, regiert ein mehrfaches »zurück zu«: Ob Donald Trumps »Make America great again« oder der unaufhaltsam erscheinende Wiederaufstieg des völkischen Nationalismus in Europa: »Einmal der Macht beraubt, die Zukunft zu gestalten, wird Politik in die Sphäre kollektiver Erinnerung verlagert«, stets speist sich diese Retrotopie »aus der verlorenen, geraubten, verwaisten, jedenfalls untoten Vergangenheit«. Die Unordnung der fragmentierten, globalisierten Welt führt dabei zurück ans Stammesfeuer. »Tribalismus«, das Zusammenrücken der eigenen – konstruierten – Gruppe aus Angst vor den Fremden führt in eine Spirale der Gewalt. Bauman beharrt dagegen auf dem utopischen Denken, auf einer nicht von Angst geprägten Vorstellung von Zukunft – und auf einer »Kultur des Dialogs«. BP Zygmunt Bauman | Retrotopia | Suhrkamp | 16 Euro


Bühne

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KULTURTIPPS Ausstellung

»Pizza, Pasta, Pudernäschen«

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Fünf bezaubernde Damen nehmen uns mit nach Italien – da werden Sorgen zu Lappalien! Bunt und fröhlich wie auf einem neapolitanischen Straßenfest geht es zu, wenn die »Pudernäschen« erstmal loslegen und mit einem Potpourri der schönsten italienischen Volksweisen, Schlager, Arien und eigenen Hymnen das Pizza-Paradies besingen. Mit ihrer Mischung aus Musik und Kabarett sind die »Pudernäschen« weit über die Grenzen Hannovers hinaus bekannt. Und jetzt machen sie sich auch noch auf die Reise in das Land, in dem die Zitronen blühen. Das kann bisweilen kitschig oder gar melancholisch werden, besonders wenn die Heimreise ansteht… 6. April, 20 Uhr, Kulturtreff Hainholz, Voltmerstr. 36, Hannover. Eintritt: 12/erm. 8/mit HannoverAktivPass 6 Euro

Foto: Susanne Salzbrunn

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Ein magischer Abend Hier kommen Sie voll auf Ihre Kosten: Sie sehen drei Programme an einem Abend! Sie sitzen gemütlich an einem Veranstaltungsort Ihrer Wahl, während die Künstler sich zwischen dem Stadtteiltreff Sahlkamp und den Kulturtreffs Bothfeld und Vahrenheide sozusagen hin- und herzaubern. Jedes Programm läuft pro Spielstätte etwa 30 Minuten, in der Pause genießen die Gäste ein Getränk in gemütlicher Atmosphäre und warten gespannt auf den nächsten magischen Auftritt: Cody Stone zum Beispiel kombiniert kuriose Gegenstände mit origineller Zauberkunst, Friedrich der Zaubererrr blufft blitzartig und hantiert gekonnt mit Tüchern, Karten, Seilen oder Silberringen und die Violine Guys, drei junge hannoversche Violinisten, verbinden Klassik mit Popmusik auf nahezu magische Weise… Kartenvorbestellungen für »Verzaubert – der magische Abend« unter 168-48059. 27. April, 19.30 Uhr, Stadtteiltreff Sahlkamp/Kulturtreff Bothfeld/Kulturtreff Vahrenheide, Hannover. Eintritt: 12 Euro (VVK 10 Euro)

»Possibilities« Susanne Salzbrunn beschäftigt sich mit den Möglichkeiten und Grenzen der Fotografie. Sie arbeitet mit den Mitteln der Verfremdung und Irritation. Heraus kommen beeindruckende Bilder. Den Betrachtern begegnen sowohl positive als auch negative Gefühlsäußerungen, Nachdenklichkeit, Fragilität, Schutzlosigkeit, Wärme zum Teil gebündelt in einem Bild. Susanne Salzbrunn aus Hannover war früher Kunstlehrerin, jahrelanges Mitglied der Künstlergemeinschaft »Künstler für Europa« und arbeitet heute als freie Künstlerin. Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten stehen die Themen Mensch, Körper, Natur und Transformation. 20. April bis 13. Mai, immer freitags 19 – 20.30 Uhr und sonntags 14 – 16 Uhr, Kunstraum j3fm, Kollenrodtstr. 58 b, Hannover. Eintritt: frei


Kino

Zeitgenössisches

»Licht«

Quentin Sirjacqs ist einer dieser talentierten jungen Menschen, die sich ans Klavier setzen, mit ihren gefühlt zahllosen Armen und Beinen noch andere Instrumente und Knöpfchenmaschinen bedienen und aus der Palette klassischer Komposition, populärem Melodiereichtum, elektronischen Schattierungen und pointiertem Minimalismus ihre ganz eigenen Klangkunstwerke schöpfen. Quentin Sirjacqs spielt im wahrsten Sinne des Wortes die ganze Klaviatur zwischen rhythmischer Spannung, perlenden Melodiebögen und entrückender Schönheit. Damit trägt er seine Zuhörer mal in träumerische Ferne oder berührt durch klare Nähe. Die Location ist genau richtig – für die Ohren ist das Feinkost. 14. April, 21 Uhr, Feinkost Lampe, Eleonorenstr. 18, Hannover. Eintritt: 8 Euro

Wien 1777, zu Zeiten Mozarts. Die früh erblindete 18-jährige Maria Theresia »Resi« Paradis ist als Klavier-Wunderkind in der Wiener Gesellschaft bekannt. Nach zahllosen medizinischen Fehlbehandlungen wird sie von ihren ehrgeizigen Eltern dem wegen seiner neuartigen Methoden umstrittenen Arzt Franz Anton Mesmer anvertraut. Langsam beginnt Resi in dem offenen Haus der Mesmers, zwischen Rokoko und Aufklärung, im Kreise wundersamer Patienten und dem Stubenmädchen Agnes, das erste Mal in ihrem Leben Freiheit zu spüren. Als Resi in Folge der Behandlung erste Bilder wahrzunehmen beginnt, bemerkt sie mit Schrecken, dass ihre musikalische Virtuosität verloren geht ... Ein intensiver, eindrücklicher Film über das Sehen und das Gesehenwerden. 12. und 13. April, 20.30 Uhr, Kino im Sprengel, Klaus-Müller-Kilian-Weg 2, Hannover. Eintritt: 5 Euro/mit HannoverAktivPass 2,50 Euro

Foto: Aurelie Veyron

Musik

Literatur Zweimal gelesen

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Muss man hören: Hertzliches Hannover das Wohnungslosen-Magazin. Immer am 2. Montag im Monat, 17 Uhr. ... auf UKW 106.5 oder Kabel 102.5 und bei www.leinehertz.de

Schon der Dichter Jean Paul (1763 - 1825) wusste: »Ein Buch, das nicht wert ist, zweimal gelesen zu werden, ist auch nicht wert, dass man‘s einmal liest.« Jeder hat es im heimischen Bücherregal stehen - das Lieblingsbuch. Mindestens zweimal gelesen, manchmal zerlesen, mit Knicken und Flecken und trotzdem heiß geliebt. An diesem Abend präsentiert der Literaturkreis der Bürgergemeinschaft Roderbruch Bücher aus privaten Bücherregalen, die von ihren Besitzern zweimal gelesen wurden. Vielleicht gefallen sie Ihnen auch? Für die musikalische Untermalung sorgt Andrea Brachetti am Klavier, außerdem gibt es einen Büchertisch der Stadtbibliothek Roderbruch. 18. April, 19.30 Uhr, Kulturtreff Roderbruch, Rotekreuzstr. 19, Hannover. Eintritt: frei


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Foto: Die Complizen

Für Kinder Rabe Socke hat Streit

Es gibt Ärger! Der Wolf hat sich in der Burg von Rabe Socke und Dachs breitgemacht. Daraufhin gab‘s Streit - so heftig, dass der Wolf den Raben verhauen hat. Rabe Socke und Dachs liefen ängstlich davon. Was sollen sie jetzt tun? Mit dem Wolf reden? Nein, so einfach wird das nicht gehen. Eddi-Bär meint, sie sollen ihre Muskeln trainieren, boxen lernen, stark werden und dann zurückhauen. Ob das wirklich der richtige Weg ist? Oder macht es alles nur noch schlimmer? »Alles rabenstark! − Oder Hauen, bis der Milchzahn wackelt?« ist eine lebendige, freche und musikalische Inszenierung zum Thema Konflikte der hannoverschen Kindertheatertruppe »Die Complizen«. 29. April, 15 Uhr und 30. April, 9 Uhr und 11 Uhr, Theater Hameln TAB, Rathausplatz 5, Hameln. Eintritt: 12/erm. 6 Euro

Sonstiges Sozialer Flohmarkt Nach viermonatiger Winterpause wird fortgeführt, was letztes Jahr erfolgreich startete: Der soziale Flohmarkt der christlichen Drogenhilfe-Einrichtung »Neues Land«. Im Innenhof der Heils­ armee gibt es viele kleine und große Dinge zu entdecken – der komplette Erlös des Flohmarkts kommt ausschließlich sozialen Zwecken zugute. Hinter den Verkaufstischen stehen überwiegend ehemalige Drogenabhängige, die ihre Therapie erfolgreich beendet haben. Das Flohmarkt-Projekt bietet ihnen eine sinnvolle Aufgabe. Von April bis einschließlich November soll der soziale Flohmarkt an jedem zweiten Samstag im Monat stattfinden. Das »Neue Land« freut sich über gut erhaltene Sachspenden und über zusätzliche ehrenamtliche Hilfe! Kontakt: Detlef Mücke, 0152 - 29306299. Ab 14. April, 9 Uhr, Innenhof der Heilsarmee, Am Marstall 25, Hannover. Eintritt: frei

36 Am Lindener Berge 38 30449 Hannover · Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

APRIL 2018 Freitag, 06. April JOSEF LEIMBERG Astral Progressions Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Samstag, 07. April Die Gesellschaft der Freunde des Jazz präsentiert ANGELIKA NISCIER - ANKE HELFRICH Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Freitag, 13. April MISSISSIPPI HEAT Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Samstag, 14. April Die Gesellschaft der Freunde des Jazz präsentiert MAGNUS LINDGREN CD-Release „Stockholm Underground“ Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Freitag, 20. April OXANA VOYTENKO CD-Release „Amber Light“ Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Montag, 23. April MURAL - SCHWEBS/ISHIGURO/RECABARREN CD-Release „Shishi’s Wish“ Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Montag, 30. April LAILA BIALI ACT-CD Release „Laila Biali“ Eintritt: 20 Euro/erm. 15 Euro Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

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IHR ENGAGEMENT

Machen Sie mit! Impressum Herausgeber: Prof. Dr. Heiko Geiling, Hanna Legatis, Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Geschäftsführung: Georg Rinke Redaktion: Volker Macke (Leitung), Jeanette Kießling, Svea Kohl, Ulrich Matthias Fotografin/Kolumnistin: Karin Powser Gestaltung: Maren Tewes

Die Runde der Ehrenamt­lichen trifft sich an jedem letzten Dienstag im Monat in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstaltungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen. Wir freuen uns, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Rufen Sie uns einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-0. Das nächste Treffen ist am Dienstag, 24. April, um 17 Uhr. Foto: hakase420/fotolia.com

Freie Mitarbeit dieser Ausgabe: E. M. Mentzel, O. Neumann, S. Przybilla, W. Stelljes, S. Szameitat, K. Zempel-Bley Anzeigen: Heike Meyer Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter) Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1 Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 25.000 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 23. März 2018 Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde. Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger

Verkäuferausweise Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei VerkäuferInnen mit gültigem Ausweis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Hellgrün

Asphalt dankt: W.+ G. Meyer, I. Marwede, A.+ M. Rawohl, Trauergesellschaft Ropönius, H.-G.+ S. Sander, I. Heick, B. Goebber, G. Hoops, R. Huntemann, R.+ J. Butenholz, A. Witzleben, K. Oelgemoeller, S. Manthei, L. Stenger, E.+ D. Creutzenburg, J. Grotwinkel, A. Mayer, U. Tute, A. Muthesius, P. Greulich, Jurgens, Klemme, I. Niebuhr, S. Reeger, Continentale Versicherung, R. Bartke, J.+ M. Seitz, E. Tauer, H. Reszat, J. Frey, Juergensmann, F. Deutscher, R. Zeller, E. Kubitza, B. Caisius-Gobttlob, I.+ G. Eich, Grossmann, N. Boehm, K. Danehl, B. Wehrmann, B. Hellberg, R. Metz, A.+ D. Schmidt, D. Fritsch, E.-M. Boes, K.-H.+ G. Battmer, I. Hoffmann, I. Wagenknecht, T. Abheiden, B. Meissner, I. Thiem, G. Jakobowsky, S.+ I. Lindwedel, B. Kossack, A. Fenske, E. Schulz, S. Tahlhelm, P. Ahrens, Fam. Neubert, A. Korte, T. Guether, M. Metze, C. Koettgen, I. Klostermann, M. Pralle, C.+ M. Blume, H. Fette, M. Streit, K. Holler, E. Aselmeier, G. Meyer, C. Bierschenk, G. Badtke, H. Lieske, O. Kleinrath, W. Riek, E.+ R. Briese, A. Gieseler, L. Schwanitz, A. Gabriel, U. Imse, M. Priesner, W. Meseberg, P. Becker, A. Mueller, O. Kratochvil, M. Lontke, J. May, E. Wegener, B.+ H. Wolff, W.+ R. Traeger, E. Stange, P. Antes, M. Hartge, Geburtstagsgesellschaft Mazur, W. Berg, K.-D. Kossack, H.-J.+ E. Ohl, T. Koch, G. Kubacz, A. Feucht, M. Wegener, Geburtstagsgesellschaft Helmut, H. Stange, F. Wegener, G. Mosch-Gilg, R. Bargheer, H. Wegener, M. Rattay, W. Sahlberger, I. Nodop, S. Banko-Kubis, F. Beckmann, K.-H.+ G. Keck, R. Heinrich, H.-J. Richter, Trauergesellschaft Heinze, M. Funke-Bräuer, R. Peters, Trauergesellschaft Steinhardt, R. Quast, K.+ I. Ferling, H.-L. Roettger, A. Wesemueller, T. Pechmann, K.+ M. Tiemann, H. Buchholz, R. Schulze, B. Reinders, K. Müller, H.+ K. Ross, R. Rehberg, V. Bauriegel, L. Funke, E. Boerner, J. Schwarz, SVWZ, H. Zander, G. Keil, O. Heinze, C. Friedriszik, C. Waldmann, D. Faubel, W. Meseberg, B. Kaehler, H.-U. Zedler, G.+ I. Stasch, R. Limprecht, H.-E. Stieglitz, I. Gronke, I. Schulenburg, H.-J. Rust, U. Heinze, I. Mehlgarten, H. Hoffmann, W.+ J. Scharna, R. Paulyn, A. Goeres, G. Laeger, M. Zimmer, W. Behmer, H.+ B. Hohnschop, R.+ B. Schmitz, G. Lemmnitz, Geburtstagsgesellschaft Lindenberg, P. Bierschwale, R. Scheibe, G. Dreyer, G. Weise, B. Wittwer, Ev.-luth. Gem. Suelze, Ev.luth. St.-Nicolai-Gem., Ev.-luth. Heilig-Geist-Gem., Ev.-luth. Gem. Heisfelde sowie allen anonymen Spendern und allen Asphalt-Patinnen und -Paten.


Aus den nachfolgenden Silben sind 20 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – einen Spruch aus dem Talmud ergeben: ali – aus – bein – bel – bot – bruck – cae – ce – dad – dau – de – druck – ein – ein – en – er – erd – ge – gi – her – heit – heits – ho – inns – ke – los – mer – mie – mik – mor – na – nen – ner – neu – ni – nuss – ra – re – rein – ren – ren – sar – sen – stieg – tät – tät – ti – tri – tur – uni – ven – zi

1. europäisches Land 2. Neuanfang 3. eine der Sunda-Inseln 4. Bestimmung zur Bierherstellung 5. Konditionskriterium 6. Südostrand des franz. Zentralmassivs 7. Sachen ohne Eigentümer 8. englischer Landschaftsmaler im 18./19. Jahr hundert

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir dreimal den Island Krimi »Schattenwege« von Arnaldur Indriðason. Ein Mann wird in seiner Wohnung in Reykjavik ermordet aufgefunden. Auf seinem Schreibtisch liegen Zeitungsausschnitte aus den Kriegsjahren, die von einem brutalen Mord berichten. War der Ermordete nach so vielen Jahrzehnten dem Täter von damals auf die Spur gekommen? Außerdem gibt es viermal den Roman »Träume am Ufer des Meeres« von Björn Larsson zu gewinnen. Mit einem kleinen Küstenfrachter fährt der geheimnisvolle Kapitän Marcel um die Welt. In vier Häfen begegnet er vier Menschen, deren Leben er für immer verändert. Dann verschwindet er spurlos. Ohne voneinander zu wissen, versuchen die Vier, ihn aufzuspüren. Schon bald wird die Suche nach Marcel zur Suche nach sich selbst. Insgesamt fünfmal gibt es das Hörbuch »Ich und die Menschen« von Matt Haig zu gewinnen. In einer regnerischen Nacht wird Andrew Martin, Professor für Mathematik in Cambridge, aufgegriffen, als er nackt eine Autobahn entlangwandert. Er ist nicht mehr er selbst. Ein Wesen mit überlegener Intelligenz und von einem weit entfernten Stern hat von ihm Besitz ergriffen. Und es ist nicht begeistert von seiner neuen Existenz ... Die Lösung des März-Rätsels lautete: Schon wegen der Neugier ist das Leben lebenswert. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 301269-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 30. April 2018. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

9. Image 10. Teil eines Gesichtsorgans 11. Stadt in Österreich 12. römischer Feldherr und Staatsmann 13. griechischer Dichter 14. Antillen-Insel 15. um ein Zehntel vermindern 16. tropische Kulturpflanze 17. Novum 18. Töpferkunst 19. Wirklichkeit 20. Einheit

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