2020 02 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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AUF DER KIPPE FÜR KLIMA

GEGEN KÄLTE

FÜR OBDACHLOSE

Aktion statt Verzweiflung: Eltern für die Zukunft.

Wärme für Wohnungslose: auf Tour mit den Johannitern.

Anwalt der Sprachlosen: neues Projekt will Stimme sein.


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Der Kältebus im Einsatz

Für Wohnungslose ist der Kältebus ein unverzichtbares Angebot. Dreimal die Woche sind die Johanniter in der Szene unterwegs, verteilen warmes Essen, Getränke und Kleidung. Asphalt fuhr mit.

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Notizblock

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Angespitzt

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»Alles kippt« Dr. Thomas Köhler, Wissenschaftler am Pestel-Institut Hannover und Kopf der Transition-Town-Bewegung in Deutschland im Gespräch.

18 Das muss mal gesagt werden 19 Aus der Szene 22 Aus der Szene 23 Rund um Asphalt 23 Zoo-Rätsel 26 Aus dem Leben von Asphalt-Verkäufer Normann

28 Rund um Asphalt 28 Impressum

Sie spüren die Verantwortung und wollen helfen – ihren Kindern und der Welt: »Parents for Future«, ein paar Dutzend Eltern, die sich in den Dienst der »Fridays for Future«-Bewegung stellen.

30 Meine Worte Texte aus der Asphalt-Schreibwerkstatt

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Briefe an uns

34 Buchtipps 35 Februar-Tipps 38 Silbenrätsel 39 Brodowys Momentaufnahme

Titelbild: al1center/stock.adobe.com

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Wettlauf mit der Zeit

Das Asphalt-Prinzip

20 Ein Ohr für Obdachlose

Ein neues Projekt will Obdachlosen helfen. Mit dem Versprechen deren Beschwerden an die richtigen Stellen zu bringen. Im Gespräch erläutert Initiator Reinhold Fahlbusch die Ombudsstelle.

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung. Spenden Sie bitte an: Asphalt gGmbH bei der Evangelische Bank eG, IBAN: DE35 5206 0410 0000 6022 30, BIC: GENODEF1EK1.


zugegeben, unser Titelbild ist schon ein bisschen plakativ. Aber der Eisbär steht da nicht von ungefähr so kippelig auf der Scholle. Die Eisschmelze hat bereits ihren Kipp-Punkt überschritten, warnt der Transition-Forscher Thomas Köhler bei uns im Klima-Interview. Kipp-Punkte, das sind die points of no return, sie sind der Beginn einer unumkehrbaren Entwicklung. In nur 30 Jahren wird der Nordpol erstmals eisfrei sein. Und mit dem Eis verschwinden seine Bären. Unumkehrbare Entwicklungen gar nicht erst entstehen zu lassen, den Lauf aufzuhalten bevor es gänzlich abschüssig wird: Darum geht es, wenn Kinder freitags auf die Straße gehen. Damit vielleicht doch nicht alles kippt. Und weil gute Eltern nicht ihre Kinder haften lassen wollen, übernehmen einige jetzt Verantwortung. Wir haben sie begleitet. Die Titelgeschichten legen wir Ihnen wärmstens ans Herz. Im Hier und Jetzt ist derweil Überleben auf der Straße angesagt. Jeder Winter ist eine Extremherausforderung für Menschen ohne Dach über dem Kopf. In Hannover ist bisher alles gut gegangen: Noch ist niemand erfroren. Denn viele helfen. Häufig ehrenamtlich. Mehrmals pro Woche fahren in Hannover beispielsweise die Johanniter mit dem Kältebus umher, um Menschen auf der Straße Wärme und Nützliches zu geben. Wir sind für Sie mitgefahren. Auch Asphalt hilft. Anders. Nachhaltig aufbauend. Zum Beispiel mit Schreibtherapie – Platz für die Seele. In der Asphalt-Schreibwerkstatt entstehen jenseits von Druck und Verwertungsinteresse Texte und Gedichte. Von einigen unserer rund 170 Verkäufer und Verkäuferinnen. Manches kleine Kunstwerk entsteht dabei. Ein paar davon haben wir Ihnen in diesem Heft abgedruckt. Damit Nähe entstehen kann. Denn Asphalt ist Augenhöhe.

In diesem Sinne

Volker Macke · Redaktionsleiter

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Liebe Leserinnen und Leser,

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Foto: picture alliance/Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa

Modellversuche für Wohnungslose

Geburtshilfen geschlossen Hannover. Der Hebammenverband Niedersachsen beklagt die dauerhafte oder zeitweise Schließung von Kreißsälen im Land. Frauen mit Wehen müssten teilweise erst mehrere Kliniken anfragen, ehe sie aufgenommen werden könnten, kritisierte die Verbandsvorsitzende Veronika Bujny. Nach Angaben des Sozialministeriums stehen in Niedersachsen zwar flächendeckend Geburtskliniken zur Verfügung. Gleichwohl sehe auch das Ministerium mit Sorge, dass die Zahl in den vergangenen Jahren zurückgegangen sei und immer mehr Krankenhäuser ihre Geburtskliniken schlössen, so eine Sprecherin. Der Grund seien fast immer fehlende Hebammen. Der Grund dafür: zu geringe Bezahlung. Bujny zählte auf: Seit dem vergangenen Jahr könnten in Peine, Nordenham und Wittmund keine Kinder mehr geboren werden. Auch die zeitweilige Schließung von Kreißsälen in Hannover, Emden, Friesoythe bei Cloppenburg und Delmenhorst machten Personalnotstände offensichtlich. Schwangere müssten unter Wehen abgewiesen werden und in weiter entfernte Kliniken fahren. »Die flächendeckende Versorgung ist in Niedersachsen nicht mehr gewährleistet.« Dazu Sozialministerin Carola Reimann (SPD): »Wir versprechen uns auch von der Akademisierung der Hebammenausbildung, die ab diesem Jahr beginnt, einen neuen Schub für den Beruf und damit auch eine Verbesserung der Situation in den Geburtskliniken.« EPD

Hannover. Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann hat eine Verbesserung der Situation wohnungsloser Menschen im Land in Aussicht gestellt. »Wohnungslosigkeit ist eine besonders prekäre Form von Armut und sozialer Ausgrenzung, denn Wohnen gehört zweifellos zu den absolut elementaren Grundbedürfnissen eines jeden Menschen«, sagte die Sozialministerin. »Wir müssen diesen Menschen in Not helfen. Wir verstärken die Hilfen für Wohnungslose.« Das Sozialministerium fördere aktuell Modellprojekte für wohnungslose Frauen, zur Eingliederung wohnungsloser Menschen in Arbeit und zur Selbstvertretung Wohnungsloser. 54 Beratungsstellen und 35 Tagesaufenthalte sorgen landesweit für ambulante Hilfen für von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen. Die niedersächsischen Kommunen halten zudem rund 9.000 Unterkunftsplätze bereit. Das Land stellte im Jahr 2019 als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die Wohnungslosenhilfe 33,7 Mio. Euro zur Verfügung. MAC

Bischof wirbt für Fleischverzicht Berlin/Hannover. Landesbischof Ralf Meister hat zu weniger Fleischkonsum aufgerufen. Die Bibel enthalte keine Aufforderung zum Vegetarismus, sagte er. Sie enthalte aber durchaus die Forderung, Tiere als »Mitgeschöpf« zu achten. Derzeit sei man weit entfernt von einer artgerechten Tierhaltung, kritisierte Meister anlässlich einer Agrarmesse in Berlin. Und appellierte an Bauern, Umweltschützer und kritische Verbraucher, gemeinsam an Verbesserungen zugunsten des Tierwohls zu arbeiten. Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) stellte für eine nötige Transformation der Land- und Viehwirtschaft via Sondersteuer öffentliche Mittel in Aussicht. Vorbildlich sei die ökologische Landwirtschaft. »Gesellschaftliche Erwartungen an Nachhaltigkeit und bäuerliche Einkommensinteressen werden hier in Einklang gebracht«, so Otte-Kinast. EPD/MAC


ZAHLENSPIEGEL »ARM GESPART?«

Fehlt Schutz für Moscheen?

Göttingen. Ein neuer Forschungsbericht der EU zeichnet ein düsteres Bild des Menschenrechtsschutzes für Asylsuchende in Deutschland. Zwar werde das Grundrecht auf Asyl offiziell nicht angetastet, die vielen gesetzlichen Ausnahmen und Hürden führten jedoch dazu, dass das Asylrecht den Schutz-Standards der Genfer Flüchtlingskonvention und der europäischen Menschenrechts-Charta immer weniger entspreche. Auf deutscher Seite hat die Göttinger Migrationsforscherin Sabine Hess an dem rund 100 Seiten umfassenden Bericht mitgearbeitet. »Unser Bericht zeigt, wie unter dem Eindruck der sogenannten Flüchtlingskrise von 2015/2016 sowohl der Zugang zum Asylsystem als auch verfahrensrechtliche Standards und menschen- und EU-rechtlich verbriefte Schutzmechanismen des Asylsystems massiv abgebaut wurden«, sagte Hess. So gehe etwa die Beschleunigung der Verfahren auf Kosten von Gründlichkeit, Sachverstand und Verfahrensrechten von Geflüchteten. Auch die Unterbringung in Großunterkünften wie den sogenannten Anker-Zentren habe die Chancen der Betroffenen auf ein faires Verfahren stark untergraben. »Entstanden ist ein höchst fragmentiertes, unübersichtliches und durchlöchertes Asylrecht in Deutschland mit stark eingeschränkten Verfahrens- und Schutzrechten«, so Hess. EPD

Hannover. Das niedersächsische Innenministerium hat der Kritik des türkisch-muslimischen Verbands Ditib widersprochen, die Polizeibehörden schützten die Moscheen nicht ausreichend und nicht ebenso gut wie die jüdischen Synagogen. Das Landeskriminalamt (LKA) entscheide immer im Einzelfall und nach aktueller Bedrohungslage, welche Maßnahmen notwendig seien. Das werde bei den muslimischen Einrichtungen genauso gehandhabt wie bei den jüdischen. Dem LKA seien alle muslimischen Einrichtungen bekannt. Es bewerte fortlaufend die aktuelle Gefährdungslage und stimme alle Maßnahmen mit den Verantwortlichen vor Ort ab, betonte der Sprecher. Über Details, wo und wieviele Moscheen aktuell besonderen Schutz erhielten, könne er keine Auskunft geben. Der Vorsitzende des Ditib-Landesverbandes Niedersachsen-Bremen, Ali Ünlü, hatte in einem Zeitungsinterview einen besseren Schutz für Muslime gefordert. Es gebe wiederholt Angriffe auf Muslime und Moscheen und zuletzt auch auf einen muslimischen Friedhof in Northeim. Er habe allerdings den Eindruck, die Muslime blieben sich selbst überlassen. Der Schutz für die Moscheen sei nicht wie der für die Synagogen verstärkt worden. EPD

Jede 2. Überstunde ist in Deutschland im 1. Halbjahr 2019 unbezahlt geblieben. So das Bundesarbeitsministerium. Von 962 Mio. registrierten Überstunden blieben 490 Mio.

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unbezahlt. Ähnlich 2018: Von 2,02 Mrd. Über­ stunden haben Arbeitgeber nur 1,04 Mrd. bezahlt.

Jeder 10. Erwachsene in Deutschland ist übrigens überschuldet, so der Schuldneratlas der Auskunftei Creditreform, rund 7 Mio. Men­ schen. Betroffene Männer haben im Durchschnitt

33.000 € Schulden, Frauen 24.800 €.

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Kritik an Asylverfahren

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ANGESPITZT – DIE GLOSSE

Alles wird gut. Hat Johannes Rau einmal gesagt, was im Nachhinein dann doch – gelinde gesagt – etwas übertrieben daher kommt. Nun ja. Der Bundesverband Informationstechnik macht es eine Nummer kleiner und teilt uns mit: Digitalisie­ rung wird gut. Na, wenn die das sagen ... Die Digitalisierung soll ja die neue Globalisierung werden. Ein Riesengeschäft eben, zumindest für einige wenige. Uns anderen wird sie immerhin die Arbeit erleichtern, für viele sogar so sehr, dass sie bald keine mehr haben werden. Arbeit nämlich. Dafür viel Digitales. Einen sprechenden Kühlschrank etwa, eine vernetzte Kloschüssel oder eine künstliche Intelligenz als Berater im Jobcenter. Wer das für Zukunftsmusik hält, den belehrt die IHK Hannover eines Besseren: Schon heute könnten Computer bis zu 40 Prozent der Arbeit in bestimmten Branchen erledigen. Könnten. Tun sie aber noch nicht. Wahrscheinlich weil die Fortschrittsverweigerer in den Gewerkschaften die schöne neue digitale Welt ausbremsen. Dabei liegt doch so viel Gutes in der Digitalisierung. Sagt Professor Christoph Meinel, zufällig Leiter eines Digitalisierungsinstituts. Der will nämlich jetzt mit der Digitalisierung gegen den Klimawandel angehen. Digitalisierer for future oder so. Gelingen soll das durch massiven Einsatz von künstlicher Intelligenz in vernetzten Systemen. Dadurch könnten viele Prozesse energiesparend gesteuert werden.

»DIGITALISIERUNG 5.01«

Klingt hübsch, hat aber leider einen Pferdefuß. Der Energiebedarf für die Digitalisierung wird die Einsparungen deutlich übertreffen. Nicht wirklich überzeugend. Daher: Wir brauchen mehr Konsequenz. Statt die Pro­ duktion nur digital zu steuern, sollten wir sie künftig besser komplett digitalisieren. Anstelle von echten platzfressenden Kühlschränken und Autos werden künftig nur noch deren virtuelle Abbilder erzeugt. Da die meisten von uns ohnehin arbeitslos werden, könnten sich eh nur die wenigsten noch reale Technik leisten. Die virtuelle wird dann – ebenfalls virtuell – von den digitalen Kollegen gekauft. Gewerkschaf­ ten brauchen die dann auch nicht mehr. Und die Digitalisierer? Werden durch eine automatische Ansage ersetzt: »Alles wird gut«. Ulrich Matthias


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DER KÄLTEBUS IM EINSATZ Für Wohnungslose ist der Kältebus ein unverzichtbares Angebot. Dreimal die Woche sind die Johanniter in der Szene unterwegs, verteilen warmes Essen, Getränke und Kleidung und versorgen kleinere Verletzungen. Asphalt fuhr mit. Der Winter zeigt sich an diesem Mittwoch von seiner freundlicheren Seite. Während der einsetzende Feierabendverkehr durchs Gewerbegebiet rollt, fängt in der Küche des Johanniter-Ortsverbandes Hannover-Wasserturm der Betrieb erst an. Mitten im Geschehen: die Leiterin dieses speziellen Einsatzkommandos – Dana Jörk. Resolut zerteilt die ausgebildete Rettungssanitäterin das gelieferte Formfleisch in mundgerechte Portionen, während ihre Helferinnen Lucie, Anna und Christi-

na sich um Gemüse, Soßen und Beilagen kümmern. Heute wird der Kältebus rund 200 Portionen Bohneneintopf mit Reis ausliefern, das bedeutet viel Arbeit für die ehrenamtlichen Kräfte. Auch Jörk, die hauptamtlich bei den Johannitern beschäftigt ist, übt die Arbeit für den Kältebus in ihrer Freizeit aus: »Ich war schon von Anfang an dabei und seit fünf Jahren leite ich jetzt den Küchendienst«. Von diesem Engagement lebt das Angebot, trotz städtischer Zuschüsse zum Betrieb. Auch sind einige


In der Küche des Johanniter Ortsverbandes Hannover-Wasserturm beginnen die Vorbereitungen für den Kältebus-Einsatz.

Firmen inzwischen für soziale Belange sensibilisiert und achten darauf, vorrätige Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeit sonst abzulaufen droht, rechtzeitig für den Kältebus zu spenden. »Vieles müssen wir dennoch hinzukaufen«, sagt Jörk, denn das zufällige Spendenaufkommen reiche selten aus, ein ausgewogenes Essen zuzubereiten. Und darauf legen sie hier Wert, bei den Johannitern: Ausreichend Kohlenhydrate, Proteine und Ballaststoffe und »vor allem alles frisch zubereitet. Hier kommt nichts aus der Dose«, betont Jörk. Das sei nicht nur gut für die Gesundheit, sondern auch ein Zeichen der Wertschätzung. Etwas erleichtert wird die Arbeit durch die professionelle Ausstattung. Die Küche der Johanniter ist für den Katastrophenschutz gerüstet und darauf ausgelegt, die eine oder andere Hundertschaft zu verköstigen. Zum ersten Mal dabei ist heute Anna, die im Rahmen ihres Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) bei den Johannitern eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin durchlaufen hat. »Ich bin schon ganz gespannt, was mich heute erwartet«, sagt sie. Christina wurde übers Internet auf den Kältebus aufmerksam:

»Ich habe ein YouTube-Video aus Berlin darüber gesehen und war sofort fasziniert. Deshalb habe ich nach ›Kältebus in Hannover‹ gesucht und bin auf diese Weise bei den Johannitern gelandet«. Und dabeigeblieben, immerhin seit eineinhalb Monaten schon. Auch nach der Kältebus-Saison will Christina ihre ehrenamtliche Arbeit bei den Johannitern fortsetzen. Der Kältebus der Johanniter ist seit zehn Jahren unterwegs, inzwischen dreimal wöchentlich, in der Zeit vom 1. November bis 31. März. Dann ist auch Frank Niegsch dabei, der im Sommer bei der Motorradstaffel mitfährt und dann als Stauhelfer auf den Autobahnen seine Runden dreht. Heute fährt er den Einsatzwagen, beladen mit 200 Portionen Bohnen­eintopf und Reis, mehreren Thermoskannen Tee, Transportboxen mit Kleidungsstücken jeder Art und nicht zuletzt mit den Kolleginnen. Zusammen

Küchen-Leiterin Dana Jörk: »Hier kommt nichts aus der Dose«.

Die FSJ’lerin Anna ist das erste Mal beim Kältebus dabei.


und nach kommen mehr Wohnungslose zum Bereich hinter der Polizeistation, die Ankunft des Kältebusses hat sich inzwischen herumgesprochen. Der Bohneneintopf findet guten Anklang, auch Kleider werden nachgefragt. Eine junge Frau von vielleicht Anfang 20 klagt über eine schon ältere Verletzung an der Hand. Das Gewebe sieht aus wie abgestorben, den Zeigefinger kann sie nicht mehr bewegen. Da können auch die Sanitäter nichts ausrichten, ins Krankenhaus möchte sie jedoch nicht. Kein ungewöhnlicher Fall. »Kleinere Verletzungen haben wir häufig«, sagt Frank Niegsch, »vor allem Schnitt-, Prell- und Schürfwunden, aber auch Erfrierungen«. Zudem kämen Betroffene mit offenen Beinen, Abzessen oder eingewachsenen

Toni kommt regelmäßig zum Kältebus am Raschplatz. »Diesmal war der Reis ausgezeichnet«, lobt er.

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kochen und dann gemeinsam rausfahren, auch das macht die ehrenamtliche Arbeit beim Kältebus aus. Erste Station: Raschplatz. Hier unten, in der riesigen Betonschüssel hinter dem Bahnhof ist es trotz des vergleichsweise milden Wintertages gleich um ein paar gefühlte Grad kälter. Zwischen den Säulen hinter der Polizeistation warten bereits einige Stammkunden auf den Kältebus, so wie Klaus, der regelmäßig für einen Teller Eintopf vorbeischaut. Das Angebot schätzt der gelernte Jurist sehr, es sei ja »leider erforderlich«. Der 58-Jährige ist seit Ende 2012 wohnungslos, der Bereich um den Raschplatz ist sein Revier, hier hält er sich den Tag über auf, bis er zur Nacht in die Unterkunft Wörthstraße einkehrt. »Dort schlafe ich in einem der Container«, sagt Klaus, »am Morgen muss ich da raus, dann komme ich hierher, der Mecki-Laden öffnet ja schon früh, das ist mein erster Anlaufpunkt«. Im Kontaktladen Mecki können die Wohnungslosen den Vormittag unterkommen, danach zieht sich der Tag jedoch noch lang hin, bis der Kältebus gegen 18 Uhr 30 das Abendessen bringt. Nicht selten ist dann auch Toni vor Ort. Toni ist voll des Lobes über den Kältebus, aber auch über Hannover: »In Hannover sind sie sehr hilfsbereit. Als Obdachloser hat man hier ein gutes Sozialsystem, viel besser als in Frankfurt oder Berlin«, er kenne sich da aus, sei schon »überall« gewesen. Als unangenehm empfinde er jedoch jene, die »hier ihre Probleme abladen« und den Helfern Ärger bereiteten. »Besonders auf »Hier kommt nichts die Alkoholiker muss man aus der Dose.« aufpassen«, meint Toni mit Dana Jörk, Johanniter OrtsverBlick auf eine Gruppe Mänband Hannover-Wasserturm ner, deren Unterhaltungen einen deutlich höheren Lärmpegel aufweisen. Vielleicht bräuchte die Szene hier einen eigenen Wachdienst, sinniert er. Weitere Wünsche für die Zukunft habe er nicht, »zu viele Wünsche schaden der Seele«. Seit drei Jahren sucht auch Kai Lindner den Kältebus auf. Der 71-Jährige hat zwar eine Unterkunft gefunden, denkbar schlicht, ohne Dusche und die Toilette auf halber Etage, dennoch reicht die kleine Rente kaum zum Leben. Deshalb ist er für den Kältebus dankbar: »Das Essen ist reichlich und schmeckt auch gut«. Für die Helfer vom Kältebus verläuft der Einsatz am Raschplatz »normal«, wie Dana Jörk sagt. Nach

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Bis zu 200 Portionen Eintopf und warme Getränke

Zehennägeln zum Bus. Heute also bislang ein eher ruhiger Einsatz. Nächste Station: Kröpcke. Auch hier müssen die Helfer vom Kältebus nicht lange auf »Kundschaft« warten. Während die ersten sich ihren Teller Eintopf abholen, macht Frank Niegsch die Runde und klappert bekannte Aufenthaltsorte von Obdachlosen ab, informiert über die Ankunft der Helfer. »Es ist eine andere Szene hier, als am Rasch»Der Kältebus ist ja platz«, sagt Dana Jörk, »am leider erforderlich.« Kröpcke ist man weniger mit Klaus, wohnungsloser Jurist den Ellenbogen unterwegs«. Hier treffe man eher auf Alteingesessene, eine ruhigere Klientel, während hinterm Bahnhof viele Alkohol- und Drogenabhängige unterwegs seien, auch mehr Osteuropäer. Zu den Alteingesessenen zählt Ronald Dieter Beechstedt. Im Februar 2018 verlor er seine Wohnung, konnte die letzte Mieterhöhung nicht mehr mitmachen, wie er sagt. »Solchen Vermietern müsste man die Häuser wegnehmen«, meint Beechstedt. Seit fast zwei Jahren wohne er nun im Garten, schlage sich mit Flaschen- und Schrottsammeln irgendwie durch. Und mit der ein oder anderen warmen Mahlzeit vom Kältebus. Dank der ungewöhnlich milden Witterung wird es auch hier ein eher ruhiger Einsatz. Doch sobald die Temperaturen wieder fallen, gibt es am Kröpcke reichlich zu tun für die Helfer im Kältebus. Unter dem Platz liegt noch eine ungenutzte U-Bahn-Station, die bei Frost für die Obdachlosen geöffnet wird. Eine einfache Maßnahme, die Leben retten kann. »Wer dort einen Schlafplatz gefunden hat, traut sich nicht mehr weg. Deshalb gehen wir dann mit dem Essen hinunter und teilen die Portionen auf dem Bahnsteig aus«, sagt Jörk.

können die Johanniter pro Kältebus-Einsatz verteilen.

Der Kältebus Den Kältebus in Hannover gibt es seit zehn Jahren. Die Johanniter sind mittlerweile dreimal die Woche unterwegs: montags, mittwochs und freitags. Dienstags und donnerstags komplettieren Caritas und Malteser das Angebot. In Oldenburg steht der Kältebus der Johanniter freitags und sonntags am Bahnhofsvorplatz. In Bremen ist ein Kältebus alle zwei Tage auf Tour. Der Johanniter-Kältebus in Hannover wird von rund 15 Freiwilligen des Ortsverbandes Hannover-Wasserturm zum Einsatz gebracht. Neue Helfer und Helferinnen sind am Kabelkamp 3 immer willkommen. Der Dienst in der Küche beginnt gegen 15.30 Uhr, der Bus startet gegen 18 Uhr. Der Kältebus verfügt über eine zentrale Telefonnummer. Dort können Bürger Schlafplätze oder Treffpunkte von Obdachlosen melden. Unter der Rufnummer 0800 – 0 84 84 88 ist der Kältebus jeweils montags, mittwochs und freitags in der Zeit von 16 bis 20 Uhr zu erreichen. In Notfällen verständigen Sie bitte den Rettungsdienst unter 112.


Auch für den wohnungslosen Björn findet sich noch ein Kleidungsstück in den Transportboxen.

»Wir merken schon, dass der Bedarf über die Jahre gestiegen ist«, sagt die Johanniterin. Auch fragten heute andere Gruppen das Angebot nach. »Früher hatten wir gar keine Rentner unter den Bedürftigen, das ist seit letztem Jahr anders und es werden immer mehr.« Auch Frauen treffe man heute häufiger an, allerdings schwanke deren Zahl auch stark. Zudem habe die Zahl der Osteuropäer in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

Text: Ulrich Matthias/Fotos: Jelca Kollatsch

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Die Helfer vom Kältebus schauen eben genau hin und das zahlt sich immer wieder aus. So wie im Fall eines ehemaligen Architekten, den eine Lebenskrise aus der Bahn warf und im Obdachlosenmilieu stranden ließ. Weil er den Helferinnen vom Kältebus bekannt war, konnte sein Bruder ihn ausfindig machen und zu sich nach Schleswig-Holstein holen. Ein Happy-End, das leider viel zu selten vorkommt. Einer der letzten Kunden an diesem Mittwochabend ist Björn. Der junge Mann hat einen Schlafplatz im Wohnheim an der Schulenburger Landstraße. In der Innenstadt fühlt er sich etwas verloren und ist erst kürzlich auf den Kältebus aufmerksam geworden. »Der ist schon genial«, sagt er. Schließlich lässt er sich über Asphalt informieren, verspricht, demnächst mal im Vertrieb vorbeizuschauen. Danach ist auch Feierabend für die ehrenamtlichen Helfer des Johanniter-Kältebusses. Keine besonderen Vorkommnisse könnte heute wohl im Einsatzbericht stehen, »es war wie jede Woche«, sagt Christina. Und Anna? Wie ging es ihr bei ihrem ersten Kältebus-Einsatz? »Gut«, sagt die FSJ’lerin, »alle waren freundlich«. Dann überlegt sie noch einen Augenblick und sagt: »Man merkt dann doch, wie gut man es eigentlich hat. Da ist es auch ein schönes Gefühl, auf diese Weise etwas zurückgeben zu können«.

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Foto: V. Macke

WETTLAUF MIT DER ZEIT Sie spüren die Verantwortung und wollen helfen – ihren Kindern und der Welt: »Parents for Future«, ein paar Dutzend Eltern, die sich in den Dienst der »Fridays for Future«-Bewegung stellen. Ein Besuch vor der Demo. Und danach.


Foto: Jens Schulze

Vorbereitung auf die Demo für die Zukunft ihrer Kinder: Die »Parents« Svenja Wiatrowski, Elena Lehr, Kerstin Stinn, Bettina Wolpensinger und Martina Winter malen das Leittransparent.

Christin, trinkt gern Kräutertee, mag Malerei viel lieber als Worte. Und Entspannung wäre auch mal wieder schön. Aber wenn andere abends den Fernseher einschalten um abzuschalten, dann arbeitet Martina Winter sich neuerdings immer tiefer in die Nachrichten aus der Klimawissenschaft ein. »Es gibt für mich derzeit kaum Spannenderes als dieses Thema«, sagt sie. Inhaltlich ist sie noch nicht so lange dabei. Klassische Öko- oder Alternativmilieu-Karriere? Fehlanzeige. Martina Winter kam vom Land in die Stadt. Konservativ war es in der Heimat, ihr Vater wählte immer CDU, auch Winter selbst. Zumindest damals. Irgendwie selbstverständlich war das. Zusammenhalt war wichtig, dem kleinen Ort und den Bauern und der Natur drumherum sollte es gutgehen. Und »die Schwatten«, die sorgten halt stets dafür, dass es »nicht zu spinnert« wurde. »Nun geht es den Wäldern nachweislich schlecht, die Ernten fallen aus, aber die CDU sorgt eben nicht dafür, dass es gut bleibt, sie sorgt sich offenbar nicht einmal mehr um ihre eigenen Kinder.« Ist Martina Winter deshalb jetzt grün? »Keine Ahnung. Eigentlich müsste die Fridays-Bewegung doch ganz im Sinne der Konservativen sein, aber die politischen Grenzen erodieren offenbar aktuell enorm. Das große Ganze bewegt sich derzeit rasant weg von aller Vernunft, seit 2016 nehme ich das verstärkt wahr. Das macht mir Angst.« Am Vorabend zur Demo, es ist schon spät, wirft sie in ihrer Lindener Parterrewohnung noch einmal den Rechner an, kre­iert noch ein Flugblatt und kleine Aufrufe zum Mitmachen. Alle, die bei den »Parents for Future« aktiv dabei sind, bringen sich mit dem ein, was sie besonders oder vielleicht auch gerade nur sie können. Bei Martina Winter ist es das Layouten. Das geht fix von der Hand. Der Flyer sticht ins Auge. Bettina Wolpensinger, die später das eine Woche zuvor entstandene Leittransparent gemeinsam mit vier anderen engagierten Eltern durch die Straßen von Hannover trägt, ist Ingenieurin und: Sie kann schwere LKW fahren. Am frühen Freitagmorgen fährt sie damit die gesamte zusammengeliehene Tontechnik der Demonstration durch Hannover. Der LKW ist später die Opernplatz-Bühne, von der die Jugend von Hannover – wieder einmal – den Schulterschluss mit der älteren Generation sucht. 2020 müsse das Jahr der Entscheidung werden, ruft dann Schülerin Lou Töllner den versammelten 3.000 zu. Jubel, Klatschen, Mutmach-Sprüche. Und dann spricht sie das ins Mikrofon, was viele Beobachter schon länger fürchten: »Wir sind nah am Burnout«,

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Am Sonntag davor haben sie noch gemalt. Mit Pinsel und Pappe. Und haben das Leittransparent ihrer Zubringerdemo gefertigt. Haben es Mitte Januar am Jahrestag von »Fridays for Future« von der Musikhochschule singend in die große Demo am Opernplatz in Hannover getragen. Um zu unterstützen. Um die Herzen zu erreichen. Und um ein Zeichen zu setzen: Auch du kannst was tun. Oder vielleicht schon mehr: Du musst was tun, lautet ihre Botschaft. Sie selbst jedenfalls wollen nicht aufgeben, es immer wieder sagen. Versichern die Eltern für die Zukunft, die »Parents for Future«. »Weil es drängt, und weil es nötig ist, »Das große Ganze die Kids in ihrer Verzweiflung auf keinen Fall allein zu lassen«, sagt Martina bewegt sich derzeit Winter, eine von den rund 35 Aktiven rasant weg von in Hannover im Alter von 20 bis 60 Jahaller Vernunft.« ren. Und doch klingt schon ein Seufzen Martina Winter, »Parents durch, wenn sie die Durchhalteparole for Future«-Sprecherin mit betontem Trotz verkündet. »Wir alle merken, dass der Gegenwind der vielen Lobbygruppen stärker wird, und im Grunde hat sich politisch noch viel zu wenig getan in den vergangenen zwölf Monaten. Dabei befinden wir uns doch im Wettlauf mit der Zeit.« Martina Winter ist Mutter zweier Grundschulkinder, verdient ihr Geld als Kommunikationsdesignerin bei einem kirchlichen Arbeitgeber. Sie ist

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lerInnen, Studierende und Eltern auf dem Opernplatz in Hannover zusammen.

sagt die junge Frau, die seit einem Jahr an der Spitze der hannoverschen »Fridays for Future«-Bewegung ihr Leben dem Überleben der Menschheit gewidmet hat. Die Hoffnung war groß, das Vertrauen in die eigene Wirksamkeit auch. Das trug die ersten Monate. Die Jugend wie auch die Eltern und die Scientists und die Students und die Omas&Opas for Future. Die Politik hatte spätestens im April 2019 signalisiert, man habe verstanden. Im November dann kam das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung. Das Gesetz legt als Bestandteil des Klimapakets der Bundesregierung eine Verminderung der Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 fest. 80 bis 90 Prozent seien aber nötig, fordern unisono Klimawissenschaftler. Mithin auch die Bewegung, die letztlich nie anderes erreichen wollte, als dass wissenschaftliche Erkenntnis in politisches Handeln übersetzt wird. Wegen seiner Unschärfe und Mutlosigkeit nennen die Fridays-Kids das Gesetz samt Mantelentscheidungen denn auch nur »Klimapaketchen«. Und auch der offenbar steckengebliebene Versuch der Landespolitik, den Klimaschutz in Niedersachsen als Staatsziel zu verankern, nährt offenbar nicht, motiviert nicht, sondern macht mürbe und sarkastisch. Leider sei die gute Idee auf dem Weg in die

Volker Macke

Foto: V. Macke

Foto: V. Macke

3.000 mit Ausdauer: Zum Jahrestag der ersten Demo kamen Mitte Januar Schü-

Umsetzung wohl verloren gegangen, spottete nach der Demonstration Lou Töllner anlässlich einer Anhörung im Landtag. Burnout wegen Ohnmacht: »Tja, das wundert nicht. Die Fakten sind auf dem Tisch. Wir müssen vielleicht mehr das Positive betonen. Wir müssen das Mögliche betonen. Und da gibt es schon viel«, ist sich Wolpensinger sicher. »Klimawandel ist so etwas langsames, was unsere Psyche offenbar schwer erfassen kann, gleichzeitig aber diffus belastet. Wir sind von Natur aus auf akute Gefahren gepolt. Das Abstrakte ist so unfassbar. Sorgen machen ist das eine, in die Aktivität kommen braucht viel Energie, nicht alle haben die«, sagt die Aktivistin. Das Ausbrennen ist in der Klimabewegung längst ein Thema. Bei den »Parents for Future« gibt es bereits eine AG »Regeneration«, bei den Fridays-Kids die »Awareness-Gruppe«. Und eine neue Gruppe Experten steht als »Psychologists for Future« mit Rat und Tat zur Seite. »Es werden immer auch wieder Burn-out-Prävention-Workshops angeboten«, berichtet Winter. »Mir persönlich ist sehr bewusst, dass immer Vollgas nicht geht.« Die Struktur in der Gruppe sei deshalb darauf ausgerichtet, dass Informationen nie bei Einzelpersonen liegen und Aufgaben jederzeit übertragen werden können. »Mir hilft das Bild eines Zuggänseschwarms. Die Leitgans wird immer mal wieder ausgewechselt«, sagt Martina Winter.

Mehr Infos zur hannoverschen »Parents for Future«-Gruppe: https://parentsforfuture.de/de/hannover. Rund 30 weitere Gruppen in Niedersachsen: https://parentsforfuture.de/de/ortsgruppen_finden


PT«

Die Grenzen des Wachstums sind erreicht. Die ersten Kipp-Punkte auch. Wenn nicht heute drastisch gegengesteuert wird, dann wird die klimabedingte Transformation der Welt chaotisch sein. Sagt Dr. Thomas Köhler, Wissenschaftler am Pestel-Institut Hannover und Kopf der Transition-Town-Bewegung in Deutschland.

Ich denke, man muss bei jedem Flug ein schlechtes Gewissen haben. Das ist die kulturelle Anforderung in Zeiten des Klimanotstands. Da gibt es keinen wissenschaftlichen Dissens. Wenn man dann noch weiter weg will, in die USA, nach Neuseeland oder gar nach Australien, um mal zu sehen wie sich das anfühlt, wenn man da im Ascheregen steht, dann geht das über schlechtes Gewissen hinaus. Dann müsste eigentlich jeder mittlerweile ein Gespür dafür entwickelt haben, dass man mitten in dieser destruktiven Normalität steht und das befeuert.

Wenn die Rodung am Amazonas so weitergeht, kippt das Gebiet in drei bis fünf Jahren unwiederbringlich.

Destruktive Normalität? Ja, dann ist man ein Teil des Problems. Ein schlechtes Gewissen halte ich da nicht mehr für ausreichend.

Es besteht nicht die Hoffnung, dass es reicht, die in Zeiten von Skype und Digitalisierung weitestgehend unnötig gewordenen Massen an Geschäftsreisen weg zu lassen, damit zumindest beispielsweise die Jugend mal ein Stück von der Welt sehen kann? Das ist doch ein Witz. Jeder überlege sich mal, wie das gehen soll, wenn immer mehr Menschen an diesem Massentourismus via Jet teilhaben wollen. Wenn allein die Monat für Monat

Foto: Picture-Alliance/WILDLIFE/M.Edwards

Herr Köhler, muss ich schon ein schlechtes Gewissen haben, wenn ich einmal im Jahr beispielsweise nur nach Kreta in den Urlaub fliege?

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»ALLES K IP

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wachsenden Mittelstandmillionen aus China künftig auch so Urlaub machen wollen wie bisher wir Europäer, dann ist das eine enorme zerstörerische Kraft, die permanent unsere weltweiten CO2-Emissionen anfeuert. Jeder Mensch weltweit, der dank des beinahe überall wachsenden Wohlstands fliegt, trägt dazu bei, dass wir alle insgesamt von diesem Planten wie ein lästiger Parasit abgeworfen werden.

Welche Art von Urlaub ist noch okay? Ganz sicher jedenfalls auch nicht der der so genannten Alternativtouristen, die ihren Ökourlaub auf Gomera machen. Das ist das Hineintragen der Destruktivität in die Randbereiche, die bisher noch nicht so erwischt wurden. Prinzipiell muss man sagen: Seht zu, dass ihr so nah wie möglich bleibt. Maschsee statt Malediven ist sicherlich nicht so prickelnd. Das gebe ich zu. Und wir müssen uns auch damit beschäftigen wie wir kosmopolitisch bleiben können, ohne dass man dafür per Flugzeug um die Welt reist.

Ist die Vehemenz im Kampf gegen Fernreisen wirklich so nötig? Das verschreckt doch viele Menschen. Das ist das Ergebnis wissenschaftlicher Erkenntnis. Nicht allein der stetig wachsende Anstieg der Emissionen und der Temperatur ist entscheidend. Es

geht darum, dass wir die Tipping Points nicht erreichen. Man kann an der Stelle schlicht nicht feilschen.

Was bedeutet das? Wir kennen beispielweise schon aus dem Kino die Sorge, dass der warme Golfstrom, der an Westeuropa entlangstreift, irgendwann abreißen wird. Die Sorge ist wissenschaftlich begründet. Sobald das passiert, wird es relativ fix einen drastischen Temperaturabfall in Europa geben, nicht nur im Winter, sondern im ganzen Jahr. Dieser Wandel wird dann nicht langsam eintreten, sondern ab einem bestimmten Punkt rasant. Das ist ein Tipping Point, ein Kipp-Punkt. Mit Erreichen der Tipping Points wird das Klima, dessen Entwicklung bisher immer linear gedacht wurde, unberechenbarer, geradezu chaotisch, auch weil die Punkte einander bedingen. Ein anderer Kipp-Punkt wurde vermutlich 2017 bereits erreicht, der der Eisschmelze an den Polkappen. Diese Entwicklung ist möglicherweise bereits unumkehrbar. Und der nächste bald bevorstehende Kipp-Punkt wird in Folge der Polkappenschmelze das dauerhafte Auftauen der riesigen Dauerfrostgebiete in Sibirien, Alaska und Kanada sein. Der Meeresspiegel steigt. Jedes Jahr ein bisschen schneller. Vielleicht kennen Sie die Bilder aus Miami: In den nächsten 40 Jahren werden es dort wohl 60 Zentimeter mehr sein. Heute schon stehen da immer wieder Straßen unter Wasser. Das kriegen die da nicht mehr in den Griff. Und so wird es vielen Küstenstädten weltweit ergehen. Das war vorhergesagt. Und jetzt passiert es genauso tatsächlich, messbar und fühlbar.

Foto: V. Macke

Was kommt als Nächstes?

Thomas Köhler forscht am Pestel-Institut. Es steht in der Tradition des legendären Club of Rome, der bereits 1972 den Meilenstein der internationalen Umweltdebatte, das berühmte Buch über die Grenzen des Wachstums, veröffentlichte.

Der Amazonas-Regenwald. Er ist eigentlich ein sehr wesentlicher CO2-Puffer in der Welt, wird aber bei gleichbleibender Abholzung wie bisher in nur drei bis fünf Jahren umkippen. Dann ist zwar noch nicht der ganze Wald weg, aber so weite Teile werden dann Savanne sein, dass das Gebiet dann nicht mehr als Senke der weltweiten CO2-Emissionen dienen kann. Denn die stark zerstückelten Wälder können ihren Regen nicht mehr generieren und setzen dann weit mehr CO2 frei als sie aufnehmen können. Das ist ein Kipp-Punkt. Danach wird der Wald unwiederbringlich austrocknen. Dann ist er weg. Wir sehen also alle genau in diesem Moment zu, wie die Welt, wie wir sie kannten, untergeht.

Und Australien verbrennt als Erstes? Anscheinend ist die großflächige Verbrennung von Wäldern ein weiterer Kipp-Punkt, der in die Szenarien bisher noch zu wenig eingerechnet wurde. Aktuell jedenfalls stößt Australien über die riesigen Waldbrände schon 50 Prozent mehr CO2 aus als sonst. Es wird in der Wissenschaft davon ausgegangen, dass die Wälder großflächig nicht mehr nachwachsen werden. Auch das wird das Klima mit verändern. Alles geht viel schneller als wir dachten.


Klimanotstand ausrufen allein reicht jedenfalls nicht. Es gibt klare Szenarien, die Aufgaben mit sehr weitreichenden Konsequenzen festlegen. Das gleicht dann einer Kriegswirtschaft, einem »World War Zero«, wie Ex-US-Außenminister John Kerry das nennt. Denn um nichts anderes geht es: Krieg gegen Tiefkühlpizza ist den menschengemachten Klimawandel zu führen. Daklimatechnisch profür müssen wir Energie und blemloser als das Ressourcen bündeln. Wir Ökorestaurant. müssen Konsum und Wohlstandsvermehrung drastisch drosseln, müssen einen Green New Deal einführen, also eine Ökonomie, die sich auf die Einhaltung der Klimaschutzziele fokussiert. Auf Stadtebene ist die autofreie Innenstadt dann im Grunde schon zu wenig, autofreie Stadt wäre angemessen. Wichtig ist, dass das innerhalb eines möglichst kurzen Zeitraums passiert. Nicht zwanzig, sondern fünf Jahre. Und wenn ich darauf setze, dass alle SUVs mit Elektrifizierung und die Stadt mit Ladesäulen ausgestattet werden, dann ist das krass am Thema vorbei. Schnell weniger Autos, und auch weniger Wohnfläche pro Kopf wäre ein weiterer Schritt.

Nun wollen oder müssen Menschen täglich von Punkt A nach Punkt B. Um zu überleben, um Lohnarbeit nachzugehen. Was also tun? Überall Radschnellwege bauen? Das wurde bisher nicht getan, die Konzepte aber gibt es längst, doch die Trägheit ist allenthalben offenbar groß. Warum sollte es also morgen passieren? Das ist das Paradoxe: Weil der Druck für alle merkbar steigt, werden die Widerstände sogar noch wachsen. Das Phänomen Trump ist ja Ergebnis der Aufforderung an die Menschen, ihr Leben zu verändern. Sie negieren das Unausweichliche, verzögern es dadurch aber nur. In allen großen gesellschaftlichen Transformationsprozessen der letzten 200 Jahre ist das ein immer wieder beobachteter Reflex. Nur, wenn diesmal viele Menschen nicht verstehen, was die von uns selbst verursachten globalen Veränderungen an uns für Anforderungen stellen, dann

Transition Town Hannover Die Transition Town-Bewegung sucht nach Wegen in eine postfossile Welt, in der weder Kohle, Öl noch Erdgas verfeuert werden müssen. Dafür, so heißt es in der Bewegung, müssten die Städte voran gehen, anders werden. Autofreiheit, urbanes Gärtnern, solidarische Landwirtschaft, regionale Versorgungsstrukturen sind in den weltweit rund 1.000 Transition Town-Initiativen gängige Ziele und Forderungen. Gemeinsam, genügsam und nachhaltig lauten die Stichworte. TTH, die hannoversche Initiative wurde vor zehn Jahren gegründet und hat neben einigen Hundert AktivistInnen mittlerweile eine ganze Reihe geförderter Projekte auf den Weg gebracht und beschäftigt aktuell knapp 20 MitarbeiterInnen. Darunter Limmer Nachbarschaft LiNa, Hoody Moltkeplatz, Egons Villa in Hainholz, die Palettengärten Linden und ganz neu der Tauschtreff Hannover-Süd. Auch das mittlerweile eigenständige Ecovillage-Projekt am Kronsberg ist aus einer TTH-Initiative entstanden. Viele eher kleinere, kurze Events sollen zudem teils spielerisch ans Thema Klimaschutz heranführen. Zum Beispiel die Selbermach-Werkstatt, das Backen in der mobilen Klimaküche oder Upcycling-Workshops. Mehr Infos auf www.tthannover.de

schaffen wir es nicht in der uns verbleibenden Zeit. Wir brauchen jetzt staatlich auch kommunal organisierte Veränderung – auch Verbote – und gleichzeitig brauchen wir dringend viele positive Beispiele des anderen Wohlstands, des Zusammenlebens, eines anderen Konsums. Dafür organisieren wir zum Beispiel die Transition-Town-Projekte, um zu zeigen, dass so ein Green New Deal durchaus »wohnlich« sein kann.

Wer wird den Green New Deal bezahlen? Die Armen? Das darf natürlich nicht passieren, müsste es auch nicht. Im Gegenteil. Nur ein Beispiel: Tiefkühlpizza ist klimatechnisch gesehen deutlich problemloser als die Fahrt mit der Familie zum Ökorestaurant in die Region. Die CO2-Bilanz eines durchschnittlichen Hartz-IV-Haushalts ist jetzt schon sehr gering. Es werden also die Upper-Class-Familien – auch die grünen – sein, die deutlich Federn lassen müssen.

Und Sie ganz persönlich haben Hoffnung, dass das noch rechtzeitig passiert? So ganz nicht mehr. Die Biosphären sind ins Rutschen geraten, ich weiß nicht, ob es noch gelingen wird, sie zu stabilisieren. Interview: Volker Macke

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Hannovers neuer Oberbürgermeister, der grüne Belit Onay ist in seiner Neujahrsansprache genau darauf eingegangen und hat deutlich mehr Klimaschutz angemahnt. Leider ohne konkret zu werden, was er, was Stadt tun kann und will. Also was muss er jetzt, heute, tun?

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Das muss mal gesagt werden … Ich hatte mir einen fröhlichen Beginn des neuen Jahres erhofft, gewünscht, doch Fehlanzeige. Die Katastrophen ließen nicht lange auf sich warten. Noch in der Silvesternacht brennt ein Affenhaus im Krefelder Zoo und viele Tiere verenden elendig. Da fackelt Australien fröhlich ein riesiges Silvesterfeuerwerk ab, während im ganzen Land verheerende Buschfeuer toben. Da spielt ein Präsident in Amerika Krieg und niemand kann ihn stoppen, nicht seine Berater, nicht sein Volk. Im Gegenteil, es ist zu befürchten, dass er auch die nächste Wahl gewinnt. Ein Kirchenmann wird mit dem Tod bedroht, weil er sich für Flüchtlinge einsetzt. Und steht das »C« im Namen einer Partei nicht für »christlich«? Müsste diese Partei nicht Vorreiterin sein, wenn es um Humanität, Mitleid und unsägliches Elend geht? Aber wie war das noch mit dem Kamel und dem Nadelöhr??? Gier, Neid und Ignoranz scheinen keine Erfindungen unserer Zeit zu sein. Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.


Angst vor Obdachlosen Hannover. Eine geplante neue Unterkunft für Obdachlose im hannoverschen Zooviertel zwischen Kongresszentrum und Stadtpark trifft offenbar auf Ablehnung in der Nachbarschaft. Im Sozialausschuss der Landeshauptstadt machten BürgerInnenvertreter ihren Unmut über die Entscheidung und über die Entscheidungswege deutlich. Von einem drohenden Wertverlust der Immobilien war die Rede, von der Sorge vor einer offenen Trinkerszene auf Grünflächen und Parkbänken, vor Schmutz und Kriminalität. Die Stadtverwaltung plant in den Räumen des einstigen Schwesternwohnheims der Kinderheilanstalt in der Kleefelder Straße rund 100 Einzimmer-Unterkünfte. Die sind dringend nötig, die Obdachlosenzahlen in

Hannover. Gefährdet Tourismus Hannovers Wohnungsmarkt? Gibt es an der Leine verbreitet Zweckentfremdung von Mietwohnungen? Wie viel? Und wo? Der Sozialausschuss hat Hannovers Stadtverwaltung mit einer Untersuchung der Fragen beauftragt und gleichzeitig den Erlass einer so genannten Zweck­entfremdungssatzung in Aussicht gestellt. Die würde die Umwandlung von Wohnraum in pensionsähnliche Nutzungen erschweren. Tatsächlich gibt es einige Hinweise darauf, dass in angesagten Stadtteilen wie Linden, Calenberger Neu- oder Nordstadt vermehrt Mietwohnraum zugunsten renditeträchtiger Kurzzeit-Vermietungen über Portale wie Airbnb umgewandelt wird. Das Ausmaß soll jetzt offenbar grundlegend untersucht werden. Der jetzt einstimmig verabschiedete Beschluss geht auf eine eigentlich schärfer formulierte Initiative der Linken zurück, wurde aber von der im Rathaus herrschenden Ampel-Koalition zunächst bewusst ergebnisoffen formuliert. »Wir haben aktuell keine verlässlichen Zahlen«, begründete FDP-Mann Patrick Döring. »Nicht jede Umnutzung ist ungesetzlich.« Bis zur Sommerpause aber müssen die Daten laut Antrag vorliegen. Danach soll gehandelt werden. Fakt ist schon jetzt: Zweckentfremdung gefährdet den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt schon heute. Obdachlose haben aktuell keine Chance auf eine Wohnung in Hannover. Die Unterkünfte sind überfüllt. Und wer eigentlich aus dem Wohnheim stabilisiert zurück ins Leben könnte, steht hilflos im Wohnungsmarkt-Stau. MAC

Foto: V. Macke

Wohnraum verknappt?

Hannover steigen kontinuierlich. Sozialdezernentin Konstanze Beckedorf nahm die Wohnungslosen in Schutz: Wenn die Stadt ihrer gesetzlichen Aufgabe, Menschen in Not Obdach zu gewähren, nachkomme, gefährde dies zunächst erstmal niemanden. Der Antrag zum Umbau des Schwesternwohnheims zum Obdach wurde einstimmig angenommen. MAC

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AUS DER SZENE

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Foto: G. Biele

EIN OHR FÜR OBDACHLOSE Hunderte sind in Hannover auf der Straße, tausende ohne eigene Wohnung. Nicht wenige misstrauen offiziellen Stellen. Ein neues Projekt will helfen. Mit offenem Ohr und einem Versprechen: »Wir werden eure Beschwerden an die richtigen Stellen bringen.« Im Asphalt-Gespräch erläutert Initiator Reinhold Fahlbusch die neue Ombudsstelle. Herr Fahlbusch, was soll eine Ombudsstelle für Obdachlose? Viele Obdachlose kennen ihre Rechte nicht. Selbst wenn sie diese kennen sollten, können sie ihre Rechte aus unterschiedlichsten Gründen nicht wahrnehmen. Die Ombudsstelle soll dazu dienen, dieser Zielgruppe zur Wahrnehmung ihrer Rechte zu verhelfen. Menschenrechte sind nichts Anderes als die in Worten und Taten ausgedrückte Menschenwürde. Dem müssen wir Rechnung tragen. Denn das Hilfesystem ist für diese Menschen gemacht worden und nicht für die Helfer.

die Nacht über bleibe. Der sagte, er habe jetzt eine Stelle am Wald. In den Vorraum einer Bank, in dem er sonst häufig unterkomme, könne er diesmal nicht. Und jetzt kommt‘s: In die Not­ unterkünfte werde er nicht gehen. Sie sind ihm unerträglich. Diese Klage hört man immer wieder. Von allen Altersgruppen und allen Geschlechtern. Sie geht durch die ganze Stadt. Und es gibt bisher niemand, der quasi anwaltlich für diese Menschen arbeitet. Das heißt: Wir brauchen eine Stelle, die das Vertrauen der Beschwerten, die sich beschweren wollen, genießt. Eine Ombudsstelle.

Das Hilfesystem ist selbst für manche, die sich auskennen, nicht geeignet.

Wie müssen wir uns die geplante Arbeit des neuen Projekts vorstellen?

Exakt. Deshalb muss es reformiert werden. Gerade gestern traf ich auf der Lister Meile einen Obdachlosen, fragte ihn wo er

Ganz sicher nicht als Büro mit Messingschild und festen Sprechzeiten, in dem man auf Beschwerden wartet. Die Om-


Sie brauchen also die Mitarbeit der Profis in den Einrichtungen, die mindestens das Symbol bekannt machen.

Die Obdachlosenzahlen nehmen weiter zu. Denken wir nur an die vielen gestrandeten Wanderarbeiter. Kann die Ombudsstelle diesen Menschen auch helfen?

Sicherlich die auch, aber vor allem auch die Unterstützung von denen, die beispielsweise über die ehrenamtlichen Essensausgaben wie Bollerwagencafé oder Obdachlosenhilfe die Menschen auf der Straße ganz direkt erreichen. Diese Helfenden haben beinahe täglich Bezug zur Zielgruppe, ohne in irgendeiner Weise von den staatlichen Akteuren abhängig zu sein, wie es bei den großen Trägern ja der Fall ist.

Natürlich ist da die Sprachbarriere, und zudem haben die Menschen aus Osteuropa weniger oder keine sozialrechtlichen Ansprüche. Aber: Das Recht auf angemessenes Wohnen ist ein Menschenrecht. Punkt.

Werden wir konkret: Da ist beispielsweise der städtische Ordnungsdienst, der das Lagern von Obdachlosen regulieren soll, sie also – sanft – von bestimmten Straßen oder Hauseingängen vertreiben soll. Nun hört man Beschwerden, dass diese Ordnungskräfte immer mal wieder, zumindest leicht, gewalttätig werden. Was könnten sie in solchen Fällen als Opfervertreter denn tun?

Sie hoffen auf Mithilfe der Bevölkerung? Im Moment schwankt die Stimmungslage in Bezug auf Obdachlose leider noch zwischen wenig Empathie, viel Neutralität bis hin zu großer Ablehnung. Das ist natürlich noch nicht so, wie es die wohnungs- und obdachlosen Menschen in ihrer Not eigentlich verdient hätten. Vielleicht liegt das am Bild, das von den Wohnungs- und Obdachlosen in uns entsteht. Man denkt schnell an die paar Betrunkenen, die im Bahnhof liegen. Das aber ist eh nur die Spitze des Eisbergs. Die, die sich aus Scham in der Eilenriede verstecken, dort ihr Wurfzelt mit Reisig und Laub bedecken, oder die, die aus Sicherheitsgründen bis weit raus in die Region fahren, die alle sind nicht im Blickfeld der Öffentlichkeit. Und wenn man sie zu sehen bekommt, weiß kaum jemand, wie es dazu kam. Die fast totale Gleichsetzung Obdachloser mit Alkoholikern ist falsch. Ich frage: trinken die Menschen, weil sie obdachlos sind oder sind sie obdachlos, weil sie trinken? Wer will das beurteilen – aber geurteilt wird ständig. Die Ombudsstelle wird mit daran arbeiten, ein faires Bild der Obdachlosen in der Gesellschaft entstehen zu lassen.

Interview: Volker Macke

Die Ombudsleute Reinhold Fahlbusch ist nicht allein. Die Richterin Andrea Weinhold und die Pädagogin und Supervisorin Melanie Schlöndorf wollen gemeinsam mit ihm das neue Projekt »Stimme der Sprachlosen – StideS« stemmen. Weitgehend ehrenamtlich. Gefördert wird das Projekt mit 22.000 Euro aus dem kommunalen Gesellschaftsfonds Zusammenleben FGZ, der bisher vor allem Flüchtlingsinitiativen unterstützt hat. Interessierte, die sich bei dem Projekt engagieren wollen, schreiben an info@stideS.de.

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Solche Übergriffe sollten unbedingt dokumentiert werden, übrigens auch von Passanten, die sich dann vertrauensvoll an die Ombudsstelle wenden können. Denn solche Übergriffe sind absolut nicht zulässig. Sie sind sogar strafbar. Es gibt ja mittlerweile schon einige Kurzvideos zu derartigen Vorfällen. Wir alle sollten diesbezüglich wachsamer sein. Solche Fälle jedenfalls würden wir zur Anzeige bringen und mit der Verwaltungsebene an Abhilfe arbeiten. Ganz sicher.

Foto: privat

budsstelle soll ein Netz von Personen werden, die das Vertrauen der Beschwerten genießen. Wenn Sie zum Beispiel mit einem großen Button am Revers sichtbar durch die Stadt gehen oder in einer Einrichtung arbeiten – da ist dann vielleicht ein Ohr drauf abgebildet – und der Button wird in der Szene irgendwann bekannt, dann sind sie als Vertrauensperson ansprechbar. Früher Bankmanager, heute Kämpfer Die Beschwerden müssen für die Rechte der Obdachlosen: natürlich gebündelt, anaReinhold Fahlbusch. lysiert und dann in Handlung umgesetzt werden. Damit Abhilfe geschaffen werden kann. Wir haben also vier Ebenen: Die Leidensebene der Betroffenen, die Vertrauensebene, das sind die Engagierten und ehrenamtlichen Helfer, dann die Konsolidierungsebene, das sind die, die Informationen analysieren und bündeln. Und dann die Ursachenebene, das sind zugleich die Adressaten der Beschwerden, also Politik, die Verwaltung, Ordnungs- und Justizbehörden, das Gesundheitssystem.

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AUS DER SZENE

Neue Regeln für Unterkünfte Hannover. Die Landeshauptstadt will die Unterbringung wohnungsloser Menschen neu regeln. Dabei sollen die Standards für Obdachlose und Geflüchtete künftig vereinheitlicht werden. Im Guten wie im Schlechten. Noch nicht zustimmungsfähig, finden Grüne und SPD. Unantastbar? Auf dem niedersächsischen Fachtag zur Wohnungslosenhilfe Mitte Januar referierte Professor Ralf Stoecker zur Würde wohnungsloser Menschen. Diese werde bei einem Leben ohne eigene Wohnung in mehrfacher Hinsicht verletzt. Nicht nur wegen der Gefahr körperlicher Schädigungen durch Kälte, mangelnde Hygiene oder Gewalt, sondern auch durch Faktoren wie fehlende Intim- und Privatsphäre, ungerechte Behandlung und Beeinträchtigung der Selbstbestimmung. Die Letztgenannten könnten als Vorlage für die nun in den Fachausschüssen präsentierten Satzungsentwurf zur Unterbringung Obdachloser gedient haben. Leider in negativer Hinsicht. Positiv ist zunächst, dass auch für Obdachlose künftig die höheren Unterbringungsstandards für Geflüchtete gelten. Schwierig: Über Obdachlose soll laut Entwurf quasi verfügt werden, sie werden zu- und eingewiesen, ein Mitsprache- oder Widerspruchsrecht wird ihnen verwehrt, auch wenn es um Lage oder Ausstattung der Unterkunft geht. Wenn sich die hinterher als gesundheitsschädlich herausstellt, haftet die Stadt auf keinen Fall. Intim- oder Privatsphäre werden dem Wohnungslosen nicht zugestanden, die Betreiber können die Unterkunft »auch ohne Einwilligung« der Betroffenen »jederzeit« betreten, wenn sie der Meinung sind, dafür »wichtige« Gründe zu haben. Ist der Obdachlose auf Besuch oder im Krankenhaus, verliert er nach einer Woche seine Unterkunft und nach vier Wochen sämtliche seiner Habseligkeiten. Weil »unwiderleglich« (ein zentraler Begriff des Textes) vermutet wird, er habe sein Eigentum aufgegeben. Dieses wird dann übrigens »verwertet«. Das gilt auch im Todesfall. Die Stadt sieht sich jedenfalls nicht in der Pflicht, mögliche Erben zu benachrichtigen. Grüne und SPD melden Beratungsbedarf an: »Es kann nicht ernsthaft nach dem Prinzip ›weggegangen, Platz vergangen‹ gehen«, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Lars Kelich. Auch sei fraglich, ob die Satzung ausreiche, die höheren Unterbringungsstandards auch durchzusetzen. Bis die greifen, müssten die Altverträge ohnehin erst auslaufen. Mittels einer Erhöhung und gleichzeitigen Ausweitung der Gebühren auf Geflüchtete werden Mehreinnahmen von 11,6 Mio. Euro erwartet. Da aber nur ein geringer Teil der 5.000 Wohnungslosen das bezahlen kann, werden wohl »in erster Linie das Job Center der Region Hannover und der Fachbereich Soziales der Landeshauptstadt« zur Finanzierung herangezogen, wie Stadtsprecherin Christina Merzbach erklärt. Ulrich Matthias

96plus rettet Märchen für die Kinder Wenn die Tage draußen kälter werden und die Bäume ihre Blätter verlieren, beginnt in Hannover traditionell auch die Märchensaison. Bereits zum sechsten Mal findet in diesem Winter das 96plus-Märchenprojekt statt. Insgesamt 39 ausgewählte Grundschulklassen an 17 Schulen bekommen vier- bis fünfmal Besuch von einer Märchenerzählerin oder einem Märchenerzähler. Märchen sind Kulturgüter, die heutzutage vielfach in Vergessenheit geraten. 96plus möchte mit dem Märchenprojekt zur kulturellen Bildung der Kinder beitragen und dieses wichtige Kulturgut weiterhin erhalten. Neu in diesem Jahr ist die Erweiterung des 96plus-Märchenprojekts. Zusätzlich zu den Terminen in den Schulen werden von März bis April 2020 bei Veranstaltungen an zehn verschiedenen Orten in Hannover Märchen für alle Generationen erzählt. Den Abschluss bildet ein Erzählfest in der ehrwürdigen Cumberlandschen Galerie (Foto) im Mai 2020. Das Märchenprojekt ist eine Initiative von 96plus in Kooperation mit dem Niedersächsischen Staatstheater Hannover. 96plus wird unterstützt durch seinen Hauptpartner Clarios.


Foto: privat

Festgäste spenden für Asphalt Anlässlich seiner Verabschiedung aus dem Berufsleben wollte Heinrich Jagau (2. v. l.) noch ein wichtiges regionales Projekt unterstützen. »Da mir Asphalt in meiner über 20-jährigen Vorstandsarbeit bei der Sparkasse Hannover immer wieder als verlässlicher Partner begegnet ist, war die Auswahl nicht schwer. Die Zielsetzung von Asphalt, nämlich denjenigen, die nicht auf der Sonnenseite unserer Gesellschaft stehen, ein Forum zu geben und Verkäuferinnen und Verkäufern eine würdevolle Verdienstmöglichkeit zu schaffen, halte ich für ausgesprochen wichtig«, betonte der ehemalige Vorstandschef. Deshalb rief er seine Gäste auf, kein Geld für Geschenke auszugeben, sondern einen beliebigen Betrag für Asphalt zu spenden. Mehr als 90 seiner Festgäste folgten dem Aufruf des 63-Jährigen und spendeten zusammen knapp 16.000 Euro. Für diese wahrlich stolze Spendensumme bedankt sich das gesamte Asphalt-Team herzlich und wünscht dem Ruheständler alles Gute für den neuen Lebensabschnitt. GB

Asphalt verlost 10 x 2 Karten für den Zoo Hannover

Nanu, was blinzelt denn da? Zum ersten Mal seit seiner Geburt am 20. November 2019 hat der kleine Eisbär im Erlebnis-Zoo Hannover jetzt seine Augen geöffnet. »Wir gehen davon aus, dass nun auch die Gehörgänge geöffnet sind und das Jungtier seine Umgebung mit allen Sinnen wahrnehmen kann«, erklärt Eisbären-Kurator Fabian Krause. Insgesamt ist das Zoo-Team mehr als zufrieden mit der Entwicklung des Nachwuchses. Der Kleine ist kräftig gewachsen und hat etwa drei bis vier Kilogramm an Gewicht zugelegt. Und auch die Aktivitäten in der Wurfhöhle haben sich deutlich erhöht. Noch sind die Bewegungen zwar etwas unbeholfen und Krabbelversuche enden meist mit einem Purzeln, aber schon bald könne der Nachwuchs mit seiner Mutter die Wurfhöhle erkunden. Wie auch in der Wildnis, wird Eisbär-Mutter Milana die Wurfhöhle erst im Frühjahr verlassen. Bis dahin ist weiterhin absolute Ruhe für die Aufzucht des Vierbeiners entscheidend. Mit Asphalt könne Sie zwei Tagestickets für den Zoo Hannover gewinnen! Beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Wann wurde der kleine Eisbär im Erlebnis-Zoo Hannover geboren?

Foto: Zoo Hannover

Eisbärbaby öffnet erstmals Augen

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Gewinnsp

Schicken Sie uns eine Postkarte, eine E-Mail oder ein Fax mit Ihrer Antwort und dem Stichwort »Zoo« bis zum 29. Februar 2020 an: Asphalt-Redaktion, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover, gewinne@asphalt-magazin.de, Fax 0511 – 30126915. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Die Lösung unseres letzten Zoo-Rätsels lautet: »Die Brodelburg«.

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RUND UM ASPHALT

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RUND UM ASPHALT

Himmlisch gespeist n

Foto: G. Biele

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Asphalt-Verkäufer Hasso Dietrich: Am Tag vor Heiligabend waren zirka 40 Asphalter zu einem Viergängemenü ins La Rock in der südlichen List eingeladen worden. Gastronom Frank Ochotta begrüßte jeden und jede persönlich in seinem italienischen Restaurant der gehobenen Küche. Nach einem feinen Salat gab es eine leckere Vorsuppe, gefolgt von Rotkraut mit Gratin und Geflügel. Zum Nachtisch eine himmlische Puddingvariante mit Schoko- und Vanillesoße. Ganz große Klasse! Im Namen aller Asphalter mein herzlicher Dank dafür an das gesamte La Rock-Team.

Weihnachten in Familie

Foto: H. Dietrich

Frischer Tannenduft, festlich gedeckte Tische, leuchtende Kerzen – viele waren wieder zur Weihnachtsfeier des AsphaltMagazins zusammengekommen. Liebevoll vorbereitet von den vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helferinnen und Helfern. In besinnlicher Atmosphäre wurde im Diakonischen Werk gemeinsam gegessen, es wurden Neuigkeiten ausgetauscht und es wurde gelacht, geschmunzelt und gemeinsam Table-Quiz gespielt. Für ihr Engagement und die tolle Arbeit im gesamten Jahr bedankte sich Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke im Namen Aller bei den Verkäuferinnen und Verkäufern und bei den Ehrenamtlichen. Ohne sie wären die Weihnachtsfeier und viele andere Veranstaltungen nicht möglich. Vielen Dank auch an REWE und die Fachausstellungen Heckmann für ihre Unterstützung. GB

Wir trauern um unseren Verkäufer

Rainer Kripzak * 29. September 1957

† 05. Dezember 2019

Kommen Sie mit – zum sozialen Stadtrundgang! Asphalt zeigt Ihnen das andere Hannover. Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer führen Sie zu Orten, an denen Wohnungslose keine Randgruppe sind. Nächster Termin: 28. Februar 2020, 15 Uhr. Treffpunkt: Asphalt, Hallerstr. 3, 30161 Hannover.

Das gesamte Asphalt-Team mit allen MitarbeiterInnen und VerkäuferInnen.

Bitte anmelden unter: 0511 – 301269-20. Teilnahme auf Spendenbasis: ab 5 Euro pro Person. Gruppen verein­ baren bitte gesonderte Termine!


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Treue SpenderInnen

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e Foto: G. Biel

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Foto: G. Biele

Elektrokleingeräte, Geschirr, Besteck, Bücher, Deko-Artikel und vieles mehr, teilweise aus Haushaltsauflösungen, teilweise aus Sachspenden – im Umsonstladen in Bemerode-Kronsberg finden gebrauchte aber gut erhaltene Artikel für schmales Geld einen neuen Besitzer. Die gesamten Erlöse aus den Verkäufen kommen verschiedenen sozialen Einrichtungen und Vereinen zu Gute. Und auch Asphalt wurde wieder bedacht und durfte sich erneut über eine Spende freuen. »Für mich ist es bewundernswert, was die Verkäuferinnen und Verkäufer bei Wind und Wetter so leisten und die Zeitung verkaufen. Dabei sind sie immer freundlich und nehmen sich auch noch Zeit für Gespräche«, lobt Gesa Hochreiter, ehrenamtliche Mitarbeiterin des Umsonstladens. Gerne hat Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke den Spendenscheck in Höhe von 500 Euro von Gesa Hochreiter entgegengenommen. Das gesamte Asphalt-Team bedankt sich dafür recht herzlich! GB

Charitylauf für Asphalt

gesucht – gefunden Verkäuferin Katrin: Suche 2-Zimmer-Wohnung bis 50 qm. Sozialer Wohnraum. Erdgeschoss mit Balkon oder Terasse. Bevorzugt südliches Hannover und Umgebung. Tierhaltung erlaubt. [V-Nr. 2317] Kontakt: 0176 – 30691090. Verkäuferin Nancy: Hallo ihr Lieben, ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand einen Flachbildschirm-Fernseher schenken könnte. [V-Nr. 1533] Kontakt: 0178 – 1188615. Verkäufer Olaf: Wer verschenkt Musik Mischpult oder Equalizer? [V-Nr. 1612] Kontakt: 01575 – 1737955.

Ob geringelt oder geblümt, ob mit Flamingo-Aufdruck oder mit Bunny-Motiven, ob im Super-Mario-Kostüm oder als Alf – auch in diesem Jahr waren die Outfits der Läuferinnen und Läufer beim kultigen Jogginghosenlauf von Hannover 96 und der Agentur eichels: Event wieder schrill und bunt. Bei knapp fünf Grad Celsius und hereinbrechender Dunkelheit gingen 604 große wie kleine Laufinteressierte auf den 1,5 Kilometer langen Rundkurs kreuz und quer durch die HDI-Arena. Dabei konnten sie die Strecke so oft absolvieren, wie sie wollten oder es innerhalb einer Stunde schaffen. Am Ende wurden weder die Schnellsten noch die Ausdauerndsten gekürt. Die Preise räumten die Läufer mit den ausgefallensten Outfits ab. Und auch Asphalt wurde bedacht, denn die gesamten Erlöse aus Startgebühr und Catering, beide spendenbasiert, gingen zu 100 Prozent an das Straßenmagazin, den diesjährigen Sozialpartner des HAJ Hannover Marathons. Mehr als 4.000 Euro für unsere gute soziale Sache. Das gesamte Asphalt-Team sagt Danke. GB


»GANGSTER IM RUHESTAND« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäufer Normann (68). Hallo Normann! Du verkaufst seit einem guten halben Jahr Asphalt. Und du malst! Wie lange machst du das schon? Schon mein Leben lang. Es gab aber lange Phasen, als ich im Knast oder als ich auf Heroin war, in denen ich nicht gemalt habe. 2016 wurde ich entlassen. Seitdem habe ich schon eine ganze Menge Bilder gemalt. Ich werde das jetzt mal ausnutzen und mich der Malerei so richtig widmen.

Malst du jeden Tag? Nein. Manchmal brauche ich auch eine Schaffenspause. Wenn der Pinsel nicht will, lege ich ihn erst mal an die Seite. Und ich verkaufe ja noch Asphalt – gerne auch. Die Käuferinnen und Käufer sind sehr nett und das zusätzliche Geld ist wichtig für mich. Ich bekomme Rente, also Grundversorgung, das sind 375 Euro. Mit Asphalt komme ich einigermaßen hin und kann mir meine Leinwände, Ölfarben, Pinsel und Malmittel kaufen.

Verkaufst du deine Bilder auch? Ja. Ein paar habe ich schon verkauft. Wer Interesse an meinen Bildern hat, kann sich immer gerne bei mir melden! Dieses Jahr wird es auch noch eine Ausstellung in einem Kloster in Schleswig-Holstein geben. Ein sehr guter Freund von mir, der mich immer viel unterstützt hat, ist dort Mönch.

Hast du Vorlagen oder entspringen die Motive der Bilder allein deiner Phantasie? Teils, teils. Bei dem Bild mit dem Zug z. B. hatte ich eine kleine Karte aus den Fünfzigern mit sechs Motiven in Schwarz-Weiß. Ein Motiv war der Zug, der über den Hindenburgdamm fährt. Den habe ich mir rausgepickt und in Farbe gemalt.

Warst du auf einer Kunstschule? Ich bin Autodidakt. Ich habe mir Kunstbücher geholt: geguckt, probiert – und so das Malen gelernt. Ich hätte gerne Kunst studiert, aber als ich das zuhause angesprochen habe, habe ich gleich eins auf die Fresse bekommen – »lerne einen anständigen Beruf!« Mein Vater war leider ein Idiot.

Erziehungsheim. Das war auch schlimm. Mönche mit schwarzen Kutten …

Was für ein schwerer Start ins Leben! Wie ging es weiter? Du hast von Drogensucht und Gefängnis gesprochen … Das war schon sehr, sehr schlimm, was ich gemacht habe. Wenn man da einem Kassierer eine Knarre an den Kopf hält und sagt: »Gib die Kohle her!« … Was die Sucht mit einem macht … Ich habe viel darüber nachgedacht, was ich den Menschen angetan habe. In dem Moment war mir das gar nicht klar, erst hinterher ist mir das bewusst geworden. Damals im Gericht habe ich mich auch bei allen entschuldigt. Ich werde nie wieder eine Waffe anfassen. Zum Glück habe ich nie jemanden verletzt, nur bedroht, aber das allein ist schon schlimm genug.

Du warst also beschaffungskriminell? Wegen der Sucht? Ich war nicht aus Spaß kriminell, sondern um über die Runden zu kommen. Wegen der Sucht oder als Job-Ersatz. In den Achtzigern hatte ich eine schwierige Phase, in der ich nur noch wegwollte. Ich bin losgezogen – nach Amsterdam. Und da bin ich süchtig geworden, 31 war ich damals. Ich habe eine Nase Heroin probiert und dachte, ich hätte das im Griff. Ein halbes Jahr habe ich nichts weiter genommen, aber dann dachte ich: »Ja, kannste ja mal ne Nase ziehen und es dann wieder lassen.« Aber so ging das nicht. Die Abstände wurden immer kürzer – und dann war ich drauf. Zu der Zeit bin ich richtig kriminell geworden. Irgendwann wurde ich gefasst und die Holländer haben mich abgeschoben und ich bin zurück nach Deutschland. Von damals bis 2016 bestand mein Leben eigentlich immer nur aus Kriminalität und den sich daraus ergebenden Konsequenzen. Mit den Drogen habe ich schon 1995 aufgehört – kalter Entzug. Mein Freund, der Mönch, hat mir dabei geholfen. Ich hatte zwar auch vorher schon cleane Zeiten, aber richtig davon weg bin ich seit 95. Und von der Kriminalität bin ich auch endgültig weg: Ich gehe nicht mehr in den Knast! Ich bin ein Gang­ster im Ruhestand. Kein Knast mehr, keine Angst mehr, dass sie mich kriegen könnten.

2016 wurdest du entlassen. Wie war das, als du rauskamst? Willst du von deiner Kindheit erzählen? Ja. Meine richtigen Eltern kenne ich nicht. Ich wurde als Säugling ins Waisenhaus gegeben. Mit vier wurde ich von einem Paar adoptiert, aber das ging überhaupt nicht. Schläge und Gewalt. Meine Mutter war eigentlich ganz lieb. Das hat aber nicht viel geholfen: Sie hatte Angst vor ihm, er hat sie sehr eingeschüchtert. Ich bin immer wieder abgehauen. Es war eine autoritäre Zeit. Sie waren streng katholisch, aber ich kann das nicht verstehen: Wenn ich ein Kind adoptiere, dann würde ich doch alles dafür geben. Mit 13 kam ich dann in ein katholisches

Zuletzt war ich für zehn Jahre im Knast und hatte nichts mehr, als ich rauskam. Dann war ich für fast ein Jahr obdachlos und habe alles probiert, um eine Wohnung zu bekommen.

Wie hast du es geschafft, in so einer Situation nicht wieder abzurutschen? Kriminell oder süchtig zu werden? Ich habe an mich geglaubt und durchgehalten. Irgendwann hat es geklappt mit der Wohnung. Jetzt geht es mir echt gut. Ich bin zufrieden, das Malen hilft mir. Ich bin mein eigener Therapeut. Interview: Svea Müller


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Foto: privat

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Foto: S. Müller

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Normann verkauft Asphalt vor »Lidl« am Döhrener Turm in Hannover.


RUND UM ASPHALT

Eine Grabplatte für Bernd

Unterstützung für Asphalt Menschen bei der Suche nach einer guten und vor allem existenzsichernden Arbeit unterstützen – das ist das Ziel vom Kirchlichen Dienst der Arbeitswelt (KDA). Und weil auch Asphalt Menschen eine Arbeit und damit Selbstwertgefühl gibt, unterstützt der KDA schon seit längerem unser Projekt. So kam Waltraud Kämper, Referentin vom KDA, erst kürzlich bei Asphalt vorbei und übergab eine Spende von 225 Euro an Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke. Dafür bedankt sich das Team ganz herzlich. GB

Foto: G. Biele

Foto: V. Macke

Seit dem vergangenen Jahr ist unser langjähriger Asphalt-Verkäufer Bernd auf dem Stadtfriedhof in Ricklingen bestattet. Weil sich seine ehemalige Lebensgefährtin Natascha eine Grabplatte nicht leisten konnte, musste sie auf diesen Gedenkstein verzichten. Viele unserer Leserinnern und Leser waren von der Geschichte in unserer August-Ausgabe des vergangenen Jahres gerührt und haben gespendet. Und es sind sogar mehr Spendengelder eingegangen, als Steinmetz Lars von Berg für die Grabplatte benötigte. »Das übriggebliebene Geld haben wir auf einem separaten Konto angelegt. Es wird bei Bedarf für ähnlich gelagerte Zwecke verwendet«, versprach Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke. GB

Verkäuferausweise Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Verkäufer­Innen mit gültigem Ausweis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Hell-Orange

Impressum Herausgeber: Matthias Brodowy, Dr. Margot Käßmann, Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Gesellschafter: Diakonisches Werk Hannover, H.I.o.B. e.V. Geschäftsführung: Georg Rinke Redaktion: Volker Macke (Leitung), Grit Biele, Svea Müller, Ulrich Matthias Fotografin/Kolumnistin: Karin Powser Gestaltung: Maren Tewes Freie Autoren in dieser Ausgabe: B. Pütter, W. Stelljes, K. Zempel-Bley

Anzeigen: Heike Meyer Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15

Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1 Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 22.500 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 27. Januar 2020

Für unaufgefordert eingesandte Manus­kripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde. Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weiter­ gegeben. Unsere vollständige Datenschutzerklärung finden Sie auf www.asphalt-magazin.de/impressum. Alternativ liegt diese zur Ansicht oder Mitnahme in unserer Geschäftsstelle aus.


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Foto: S. Müller

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»Asphalt schärft den Blick« 250 Sil-ben-rät-sel für As-phalt! Asphalt, ohne die tatkräftige Unterstützung seiner Patinnen und Paten – wie wäre das? Nicht realisierbar. Eine unserer langjährigsten ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen ist Ursula Gensch. Die Juristin, die auch als Sachbearbeiterin im Sozialamt und Lehrerin für Steno und Maschine gearbeitet hat, ist die Frau hinter den Silbenrätseln. In diesem Monat erscheint ihr – sage und schreibe – 250. Silbenrätsel! Ziemlich genau vor 23 Jahren war es, als Frau Gensch, die Asphalt aus Hannovers Stadtbild und auch durch ihre Arbeit im Sozialamt kannte, zu ihrem ersten Asphalt-Patentreffen ging. Sie wollte Gutes tun, anpacken, Neues lernen und Kontakte knüpfen. Schließlich hatte ihr Vater schon immer gesagt, dass sie einen Magneten in sich habe, der Menschen anziehe, die sie brauchen. Frisch im Ruhestand, Ende Januar 1998, begann sie damit, regelmäßig in der Verwaltung mitzuhelfen; schrieb Rundbriefe und trug zu Fuß Asphalt-Infomaterial aus. Die damalige Rätselseite steckte noch in den Kinderschuhen, da schlug Frau Gensch vor, probeweise ein Silbenrätsel zu erstellen. Aus diesem einen wurden ab April 1999 mehrere und irgendwann waren es ganz viele, denn seitdem gab es keine Asphalt-Ausgabe mehr ohne Silbenrätsel von Frau Gensch. Ihren Alterswohnsitz hat die vierfache Mutter und Oma von zwei Enkelkindern bewusst in Braunschweig gefunden. Die Stadt, »ein von Wasser umgebenes Oval«, wie sie sagt, erinnert die 82-Jährige an ihre Geburtsstadt Lübeck. Die ausgebildete Gedächtnistrainerin hält sich fit: geht spazieren, arbeitet am Computer und surft durchs Netz, um Liedtexte für Gesangsübungen mit ihrer Stimmtrainerin zu finden – gegen die Kurzatmigkeit. Auch von Braunschweig aus hat sie Asphalt nicht vergessen und erstellt jeden Monat ein neues Silbenrätsel fürs Heft: »Ich halte mich schon immer gern an Antoine de Saint-Exupéry, der sagte: ›Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.‹ So führe ich mein Leben, so kam ich zu Asphalt und so werde ich meinen Weg auch weitergehen – und freue mich schon auf mein nächstes Asphalt-Silbenrätsel-Jubiläum.« Wir bedanken uns von Herzen bei unserer ehrenamtlichen Kollegin Frau Gensch – für so viel Silbenliebe, Treue und Engagement. SMÜ

Belit Onay, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover

»Hannover ohne Asphalt? Undenk­ bar! Hervorragende Berichte und Fotos schärfen den Blick für das soziale Gefüge in der Stadt. Viele Menschen erwarten schon deswegen die neue Ausgabe mit Spannung. Ich auch. Das eigentlich Besondere sind aber die Verkäufer*innen. Sie machen das Konzept Asphalt unvergleichlich. Das muss einfach unterstützt werden – jeden Monat wieder!«

on … Wussten Sie sch

regelmäßige seine Arbeit ohne … dass Asphalt e finanziert? chliche Zuschüss öffentliche und kir enerlösen sind aufs- und Anzeig Neben den Verk Förderer die rer Freunde und die Spenden unse ierung. nz zur Gesamtfina wichtigste Stütze ende: indung für Ihre Sp Unsere Bankverb Asphalt-Magazin 30 0410 0000 6022 IBAN: DE35 5206 EK1 BIC: GENODEF1 nk Evangelische Ba ck: Perspektiven Verwendungszwe

… mehr als eine gute Zeitung!

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Meine Worte Foto: andrey_l/shutterstock.com

Texte aus der Asphalt-Schreibwerkstatt. Diesmal einige Beispiele für Texte mit vorgegebenen Begriffen oder Anfangssätzen oder unter Verzicht auf einzelne Buchstaben.

»Auf dem Heimweg vom Café sprach mich dieser freundliche Außerirdische an ...« Auf dem Heimweg vom Café sprach mich dieser freundliche Außerirdische an und lud mich in sein Raumschiff ein. Gern flog ich mit ihm zu seinem Heimatplaneten. Vor Neugier und Vorfreude war ich ganz aufgeregt! Beim Näherkommen sah ich lauter regenbogenfarbene Sternchen, die nacheinander aufleuchteten. Das war schon mal nach meinem Geschmack! Als wir landeten und ausstiegen, kam die nächste positive Überraschung: lauter fröhliche, lustige und glückliche Kinder begrüßten und umarmten mich! Sie zogen mich zu ihren Häusern. Die waren alle ganz bunt, wie von Friedensreich Hundertwasser bemalt.

Nirgendwo war etwas in den Farben schwarz oder weiß zu sehen. Es gab nirgendwo Schmutz. Überall wuchsen bunte Blumen, kleine Tiere wie Hunde, Katzen und Vögel wuselten überall frei herum. Jedes Kind war mit etwas beschäftigt, bei dem es große Freude hatte. Nirgendwo gab es Zank oder Streit. Viele unterhielten sich ohne Worte. Lebensmittel wuchsen zwischen den Blumen, an Büschen und an Bäumen. Hier gefiel es mir. Ich würde sehr gern hierbleiben. Aber das ginge nicht, sagten sie. Erst musst du dein Leben noch zu Ende leben. Danach kannst du für immer hierherkommen. Du kannst dich aber schon drauf freuen. Jede Nacht kannst du, wenn du träumst, bei uns sein. Schade. Sie brachten mich zurück. Inge-Lore

»Unfall – Gefängnis – Eintopf« Als ich Eintopf kochte, habe ich einen Krach gehört. Durch das Küchenfenster konnte ich sehen, dass zwei Autos frontal zusammengestoßen sind. Später lese ich in der Zeitung, dass einer der Fahrer im Gefängnis gelandet ist. Hakan


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Illustration: Zonda/shutterstock.com

»Es war Liebe auf den ersten Blick ...« Es war Liebe auf den ersten Blick bei meinem

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ersten Freund. Wirklich. Ich sah ihn in der Kirche beim Gottesdienst und da hat es gleich

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gefunkt. Ich nahm per Brief zu ihm Kontakt auf und tatsächlich lernten wir uns kennen. Es ging alles sehr langsam bis zum ersten Kuss. Es war aber sehr schön. Wir waren vier Jahre befreundet. Martina

»Hut – Wind – Hund« Letztens habe ich mir zum ersten Mal einen Hut gekauft. Das war gar nicht so einfach, bis mir einer gefallen hat und es auch preislich passte.

Gemüsegarten – Hase – Urlaub

Der Tag war recht stürmisch und ich wollte noch mit meinem Hund Bello spazieren gehen. Da kam eine Windböe und mein schöner

Mein Gemüsegarten war voll mit reifem Gemüse. Was tun?

neuer Hut flog mir vom Kopf und landete in

Ich wollte doch in Urlaub fahren!

der Ihme. Bello holte mir meinen Hut wieder,

Da ließ ich die Hasen des Nachbarn herein auf ein Festessen.

da war ich ihm sehr dankbar.

Sie durften alles was reif war wegmümmeln.

Also, bei Wind trage ich keinen Hut mehr.

Inge-Lore

Das hat mich doch zum Nachdenken gebracht. Martina

Illustration: Robert Kneschke/fotolia.com

»Ohne ›e‹« Hakan Ayyildiz kommt zu Fuß zu Asphalt. Das Fahrrad ist kaputt. Hakan ist traurig und schimpft. Typisch Montag. Hakan Im Rahmen der Asphalt-Schreibwerkstatt können Menschen in Grundsicherung, mit Sozialhilfe- oder ALG-II-Bezug kreativ Texte produzieren, spielerisch Ausdrucksweise und Wortschatz pflegen und insgesamt ihre sprachlichen und literarischen Kompetenzen verbessern.


BRIEFE AN UNS

2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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Zu Asphalt 12/19 Thema: »Christus aus Torf«

Ansprechende Geschichte

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Zu Asphalt 12/19 Angespitzt: »Grenzwertig«

Ein ganzer Berufsstand an den Pranger gestellt

JAHRE

Ich habe von einem Freund Ihre aktuelle Ausgabe geschenkt bekommen. Wegen der Topfkrippe ... ich bin Krippensammlerin ... da wollte er mir diese Idee mitteilen. Doch diese Topfkrippe steht schon bei mir in der Region Hannover, in Garbsen. Danke für den besonderen Artikel. Auch die Krippengeschichte in ansprechender Form mit aufzunehmen, fand ich gut. Ich hatte noch nie die Asphalt gelesen. Toll, dass es sie so gibt. Ich wünsche allen, die sie mit möglich machen, und sich mit ihr verbunden fühlen, viele gute Momente, die Freude schenken, Zufriedenheit und Lust auf ein besonderes neues Jahr. Bärbel Smarsli, Garbsen FROHES FEST

MIT GESCHICK

MIT HALTUNG

MIT HERZ

Einzigartig in der Welt: Torfkrippen aus dem Saterland.

Begegnung gegen Hass: Margot Käßmann im Interview.

Seeliger denn Nehmen: Was Asphalter zu geben haben.

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a m n e s t y a f t e r wo r k Schreiben Sie für die Menschenrechte – gegen Verfolgung, Gewalt und Folter

Gemeinsam für die Menschenrechte Sie können helfen: Wir laden Sie herzlich ein, uns montags zu besuchen. Lassen Sie Ihren Tag mit einer guten Tat bei Kaffee, Tee und Gebäck ausklingen, indem Sie sich mit Faxen, Petitionen oder Briefen gegen Menschenrechtsverletzungen in aller Welt einsetzen.

Ich lese Ihr Magazin gern und regelmäßig. Zum einen, weil ich Ihre Verkäufer gerne unterstütze, zum anderen aber auch, weil ich Ihre Texte schätze. Mit Ihrer aktuellen Glosse haben Sie sich jedoch, wie ich finde, keinen Gefallen getan. Ihr Anliegen ist es doch, auch diejenigen in die Gesellschaft zu inte­ grieren, die am Rand stehen. Ihnen offen und ohne Vorbehalte gegenüber zu treten. Diese Werte und Ideale treten Sie mit Ihrer Glosse jedoch selbst mit Füßen, indem Sie einen ganzen Berufsstand an den Pranger stellen. Mir ist bewusst, dass eine Glosse überspitzen darf, ja sogar muss. Aber ich denke, auch hier ist journalistisches Fingerspitzengefühl gefragt. Und gerade in einer Zeit, in der Bauern auf die Straße gehen, weil ihre Kinder in der Schule gemobbt werden und Zukunftsängste in der Branche allgegenwärtig sind, würde ich mir von einem Medium wie Ihrem wünschen, nicht der einfachen Meinung hinterher zu jagen, die uns die großen Medien vorgeben, sondern so hinter die Kulissen zu schauen, wie Sie das für Wohnungslose und Bedürftige tun. Bei einer weiterführenden Recherche hätten Sie beispielsweise gemerkt, dass es den Bauern nicht darum geht, aktuelle Messstellen zu ändern. Das ist nur das, was die Politik daraus macht. Den Bauern geht es eigentlich darum, dass Deutschland nur unter 200 Messstellen gemeldet hat – die schlechtesten. Andere europäische Länder haben viel mehr Messstellen gemeldet, dadurch einen besseren Durchschnitt erzielt und so Strafzahlungen der EU verhindert. Ich möchte dieses Thema gar nicht weiter ausführen, ich möchte Sie nur bitten, bei künftigen Berichterstattungen – auch Glossen – zu bedenken, dass auch Landwirte Menschen unserer Gesellschaft sind, die nicht an den Rand gedrückt werden dürfen. Jessica Rodenbeck, Obernkirchen

Öffnungszeiten: Montag 18 bis 19 Uhr after work cafe Dienstag 11 bis 12 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 19.30 Uhr amnesty Bezirksbüro Hannover Fraunhoferstraße 15 · 30163 Hannover Telefon: 0511 66 72 63 · Fax: 0511 39 29 09 · www.ai-hannover.de Spenden an: IBAN: DE23370205000008090100 · BIC: BFSWDE33XXX Verwendungszweck: 1475

Vielen Dank für Ihre Meinung! Die Redaktion behält sich vor, Briefe zur Veröffentlichung zu kürzen. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Absenderadresse anzugeben.


Zu Asphalt 01/20: allgemein 2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

Wo sind die Leserzuschriften? Unter der Überschrift »Keine Gnade für Arme« stand, für mich schockierend, dass unsere Landesregierung das Containern unter Strafe stellt, anstatt wie in Frankreich das Wegwerfen von Nahrungsmitteln unter Strafe zu stellen. Ich habe Anfang der 50er Jahre im evangelischen Kindergarten gelernt, dass es Sünde ist, Brot wegzuwerfen. Das gilt für mich immer noch und das

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Zu Asphalt 12/19 Notizblock: »Keine Gnade für Arme«

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Moin und Hallo

Als regelmäßiger langjähriger Leser von »Asphalt« möchte ich mich nach der LekWIR KINDER VOM LAGER türe der Januar-Ausgabe mal mit einem herzlichen Danke an Sie wenden. Es gelingt Ihnen immer wieder, sozialkritische Themen und Berichte aufzugreifen und allgemeinverständlich zu publizieren. Eigentlich wäre dies auch Aufgabe der allgemeinen Tagespresse, wo diese Themen, meiner Ansicht und Erfahrung nach, wenig Raum finden. Ich wünsche Ihnen in der Redaktion weiterhin die Kraft und den Mut, so wie bisher weiter zu machen. Ich freue mich jedenfalls auf jede neue Ausgabe, die ich bei dem freundlichen Verkäufer vor Edeka in Ronnenberg-Empelde erwerbe. Reinhard Köhler, Ronnenberg-Empelde AUSGEGRENZT

BEGRENZT

ENTGRENZT

Aufwachsen im Obdach: Elend per Verordnung.

Überfälliges Urteil zu Hartz IV: Gericht deckelt Sanktionen.

Mittelschicht am Abgrund: der neue Film von Ken Loach.

Die 5 G´s »Ich finde es gut, dass unsere Landesregierung das Containern unter Strafe stellt.« »Das ist nicht dein Ernst?« »Doch, du glaubst nicht, wie schnell dann der erste Mercedes davor stehen würde ...«

habe ich auch meinem Enkel gesagt. Dass sich die gewählte Regierung für Lebensmittelvernichtung einsetzt, was letzten Endes wieder zu Lasten des Steuerzahlers geht, finde ich inakzeptabel. Anbei ein Bild zu diesem Thema, um meinen Frust darüber in Form zu bringen. Regina Witz, Hannover

Die Januar-Ausgabe hat es in sich; besonders inspirierend die Vorstellung des neuen Films des großen Humanisten Ken Loach, der in einer Reihe mit Persönlichkeiten wie John R. Tolkien, John Lennon und Jeremy Corbyn für das andere, das soziale, friedliebende und menschheitsverbindende England steht. Ein Aha-Erlebnis verdanke ich dem anderen »Weltverbesserer« Jürgen Piquardt, der das für die geplante Erhöhung der Mobilfunkfrequenzen stehende Kürzel »5G« menschheitsfreundlich auf seine Weise definiert hat – »5 G´s: Genuss, Gesundheit, Geselligkeit, Gemeinwohl, Ganzheit«. Marc Heinecke, Arnum

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BUCHTIPPS Liebstes Lagerfeuer Im Schein der Flammen des Sekundärmediums – wer braucht Musikzeitschriften, wenn die Musik selbst allverfügbar ist? – sitzen sie und erzählen Geschichten (Spotify-Playlist anbei). Die Journalistin Juliane Streich hat tolle Leute ans Feuer geholt, die zu 100 feministischen Pionierinnen, Ikonen, Postergirls, Underground-, Welt- und Nicht-Stars Dreiseiter abliefern. Keine Lexikoneinträge, Persönliches. Streng chronologisch, aber eklektisch genug für einen Ruf nach Teil 2. Mal belletristisch, mal SPEXy, mal pathetisch, mal geradeaus – Texte so divers wie das Personal. Beginnend bei Edith Piaf und LaVern Baker, endend beim fantastischen Indie-Pop-Trio »Dream Wife« und dem aktivistischen Punkfeminismus von »Camp Cope« von heute. Natürlich sind die Madonnas und Beyoncés dabei, Grenzverschieberinnen wie The Slits oder Peaches, weibliche Bosse wie Missy Elliott, einiges an Riot Grrrls, Avantgarde auch, Nischiges. Und dann beschließt Kerstin Grether ihr »Outro« über die Produk­ tionsbedingungen von Frauen, Queers und Non-Binären in der Musikindustrie noch mit einem Shoutout an einige Dutzend junge Künstlerinnen. Fürs nächste Mal am Lagerfeuer. BP Juliane Streich (Hg.) | These Girls | Ventil | 344 S. | 20 Euro

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Zurück in die Zukunft

Wohnglück + 13.85O Wohnungen + Durchschnittskaltmiete von 5,66 pro m2 + über 7O% geförderter Wohnraum + nachhaltige Entwicklung der Stadt + ein Herz für unsere Mieterinnen & Mieter

hanova.de

Der Autor und Journalist Mario Sixtus hat einen leichtfüßigen Essay über die Frage geschrieben, warum Menschen mit der Zukunft so große Probleme haben. Ausgangspunkt ist das eigentlich einzig relevante Thema der Gegenwart: die offenkundige Unfähigkeit der Menschheit, Zukunft zu gestalten, selbst wenn davon ihr Überleben abhängt. Wir nutzen den Gedankenraum Zukunft, sagt Sixtus, um ihn mit Schulden (der auf Pump gekaufte E6-Diesel) und mit unangenehmen Handlungen (von Steuererklärung bis Energiewende) vollzustellen. Gleichzeitig ist dieser schönste aller Orte zum Angstraum geworden, den wir gar nicht näher in Augenschein nehmen wollen. Stattdessen hat den gesamten Westen eine »globale Nostalgie-Epidemie« (Zygmunt Bauman) befallen. Sixtus schlendert durch Ideengeschichte, Psychologie und Hirnforschung, ohne dass es auch nur anstrengend würde. Am Ende geht es dann um Identität und die empirische Wahrheit, dass sich Menschen im Laufe ihres Lebens auch in ihren Persönlichkeitsmerkmalen bis zur Unkenntlichkeit verändern. BP Mario Sixtus | Warum an die Zukunft denken? | Dudenverlag | 128 Seiten | 14 Euro


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KULTURTIPPS Kino Frauen bildeten Banden

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In den 1970er und 1980er Jahren gab es in der BRD eine militante Frauengruppe, die sich heimlich organisierte – die »Rote Zora«. Ihre Aktivitäten richteten sich gegen Gewalt gegen Frauen, gegen Gen- und Reproduktionstechnologien, Bevölkerungspolitik und internationale Ausbeutungsbedingungen patriarchaler Herrschaft. Erzählungen von Zeitzeuginnen, Interviews mit einer Historikerin und ehemalige Zoras lassen die Geschichte der damaligen Frauenbewegung wieder lebendig werden: Das FrauenLesbenFilmCollectiv LasOstras holt mit »Frauen bildet Banden« die militante Frauengruppe zurück ins Bewusstsein und zeigt mit dem Film, wie aktuell zumindest ihre Themen noch heute sind. Samstag, 29. Februar, 20.30 Uhr, Kino im Sprengel, Klaus-Müller-Kilian-Weg 2, Hannover, Eintritt 5 Euro, mit AktivPass oder Behindertenausweis 2,50 Euro, Begleitperson frei. Foto: Kerstin Schomburg

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Bühne #MeBambi

Hamelner Geschichten

Noch kann Suzi nicht zum Halali ansetzen. Denn es gibt noch allerhand zu tun. Und da fängt sie gleich mal mit dem großen Wundern an. Über sich. Über das Land und die Leute. Denn sie stellt erschrocken fest, wie stark die Tatsache, dass sie in diesem Land nicht als »anders« wahrgenommen und behandelt wird, ihr Denken und Handeln bestimmt. Mit dieser Erkenntnis ist nichts mehr, wie es vorher war. #MeBambi ist ein kurioses Kammerspiel mit Musik und die kritische Auseinandersetzung mit weißen Perspektiven. Donnerstag, 06. Februar, bis Sonntag, 09. Februar, und Donnerstag, 20. Februar, bis Sonntag, 23. Februar, jeweils 20 Uhr, Ihmezentrum, Ihmepassage 7, 4. Etage (Eingang Blume­ nauer Straße zwischen enercity und Senioren Service Zen­ trum), Hannover, Eintritt 15 Euro, erm. 10 Euro.

Emanzipierte Geschäftsfrau, freigeistiger Philosoph, couragierte Ratsfrau und flötender Ver- oder Entführer: Die Glückel von Hameln, Karl Theodor Richard Lessing, Elsa Buchwitz und der Rattenfänger sind untrennbar mit der Geschichte Hamelns verbunden. Geschichten über die berühmten Söhne und Töchter der Stadt gibt es im Hamelner Museum. Christiane Ostermayer und Christoph Lindner verzaubern in ihren stimmigen Kostümen das Publikum und nehmen es mit zu einem Streifzug durch die ältere und jüngere Vergangenheit Hamelns. Mittwoch, 19. Februar, und Freitag, 21. Februar, jeweils 17 und 19 Uhr, Museum Hameln, Osterstraße 8-9, Hameln, Eintritt 15 Euro, erm. 7,50 Euro.


Konzert

Lässig dargebotener West-Coast-Sound in einer Qualität, die in Deutschland seinesgleichen sucht. Stilistisch bewegen sich High Fidelity zwischen Musikgrößen wie The Allman Brothers, Neil Young, America und J. J. Gale. Gekonntes Songwriting, eine zurückgenommene Rhythm-Section und gefühlvolle Gitarrenmelodien treffen auf die mal samtweich anmutende, mal rau klingende Stimme des Sängers, die der Band bluesigen Americana-Touch verleiht. Ihre Stärke als Live-Band konnten die vier Musiker bereits auf zahlreichen in- und ausländischen Konzerten unter Beweis stellen. Mittwoch, 12. Februar, Einlass 21 Uhr, Beginn 21.30 Uhr, Club VEB, Kulturfabrik Löseke, Loretta, Langer Garten 1, Hildesheim, Eintritt frei.

Elektropop aus Island Sie ist eine feste Größe in der isländischen Elektroszene, hat sie doch bereits mit bekannten Formationen wie múm oder Low Roar auf der Bühne gestanden. Ihr erstes Soloalbum schlug ein wie ein Blitz und auch im zweiten Album setzt sich dieses Phänomen fort. Mit kühler Sexiness, lollifarbiger Strenge und einer durchaus ironischen Ernsthaftigkeit bespielt Sigurlaug Gísladóttir aka Mr. Silla hier die Themenfelder von Geschlechtsfluidität und toxischen Beziehungen über Teenie-Liebesarien bis hin zur leckeren und doch alltäglichen Auswirkung von Toastbrot. Donnerstag, 13. Februar, Einlass 20 Uhr, Beginn 21 Uhr, Feinkost Lampe, Im Hinterhof bei Mädchen, Eleonoren­ straße 18, Hannover, Eintritt 10 Euro.

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Gewinnsp

Asphalt verlost 3 x 2 Karten für Händels »Israel in Egypt«

Israel in Egypt Es beschreibt das Schicksal der aus ihrem Land vertriebenen Israeliten in Ägypten und hat sich schon zu Händels Zeiten großer Beliebtheit erfreut. Die kontrastreiche Musik des Werkes schlägt einen Bogen von der expressiven Klage über die dramatische Schilderung der Plagen bis hin zum festlich triumphierenden Jubel der befreiten Israeliten. Florian Lohmann, Leiter des Hannoverschen Chores Capella St. Crucis, hat Händels »Israel in Egypt« als Abschluss der Konzertreihe Herrenhausen Barock mit Bedacht gewählt: der enge Bezug Händels zu Herrenhausen, die Aktualität des Themas Flucht und Vertreibung und die musikalische Herausforderung für den Chor. In keinem anderen Oratorium Händels ist der Chor-Anteil so hoch wie in diesem Werk. Hier spielt der Chor gewissermaßen die Hauptrolle. Für dieses dramatische Oratorium in drei Teilen von Georg Friedrich Händel können Sie mit Asphalt 3 x 2 Karten für die Vorstellung am 23. Februar um 17 Uhr gewinnen. Rufen Sie uns dafür am 19. Februar zwischen 12 und 13 Uhr unter der Telefonnummer 0511 – 301269-18 an und beantworten folgende Frage: Von wem stammt das Oratorium »Israel in Egypt«? Die ersten drei Anrufer mit der richtigen Antwort dürfen sich über die Tickets freuen. Sonntag, 23. Februar, 17 Uhr, Galerie Herrenhausen, Herrenhäuser Gärten, Herrenhäuser Straße 3a, Hannover, Eintritt 15 bis 40 Euro, erm. 10 bis 35 Euro.

Foto: Thomas Langreder

High Fidelity


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Für Kinder Das Schätzchen der Piraten Achtjähriger trifft Achtjährige – und natürlich finden sie sich von Herzen doof. Anja mag keine Jungs, Nico keine Mädchen. Und ausgerechnet diese beiden sollen die großen Ferien miteinander verbringen. Wie gut, dass sich beim Urlaub am See dann doch eine Gemeinsamkeit ergibt: beide teilen die Vorliebe für abenteuerliche Piratengeschichten. Und nach manch aufregendem Spiel um Schiffe, Schätze, Papageien und Holzbeine steht fest: so bescheuert ist der jeweils andere nun auch wieder nicht. Das Stück von Heiner Kondschak ist für Kinder ab sechs Jahren. Mittwoch, 12. Februar, und Donnerstag, 13. Februar, jeweils 10 Uhr, sowie Sonntag, 16. Februar, 15 Uhr, Kindertheaterhaus Hannover, Kestnerstraße 18, Hannover, Kartenvorbestellung unter 0511 – 816981, Eintritt 6 Euro.

Das magische Orchester Manege frei – in diesem Konzert entführt das Orchester im Treppenhaus zusammen mit dem Artisten Simone Deriu die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer in eine magische Zirkus-Klang-Atmosphäre. Neben interaktiven Elementen stehen auch die einzelnen Instrumente wie Oboe, Klarinette, Violine und Kontrabass im Rampenlicht und werden spielerisch in allen Facetten präsentiert. Stühle, Podien und Etikette waren gestern, dafür finden Yogamatte, Lieblingsdecke, Kissen und Kuscheltier ihren Platz im Konzertraum (und können mitgebracht werden). Das Konzert mit Musik u. a. von Sergej Prokofjew mit fantasievollen Elementen aus der Zirkuswelt ist für Kinder ab neun Jahren geeignet. Sonntag, 23. Februar, 11 Uhr, Schloss Landestrost, Schlossstraße 1, Neustadt a. Rbge., Eintritt 8 Euro, SchülerInnen erm. 5 Euro.

Am Lindener Berge 38 30449 Hannover · Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

FEBRUAR 2020 Donnerstag, 06. Februar IIRO RANTALA „My Finnish Calendar“ Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro Samstag, 08. Februar ROBYN BENNETT Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro Donnerstag, 13. Februar MARC COPLAND TRIO Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro Freitag, 14. Februar JOANNA DUDKOWSKA BAND FEAT. CHUC FRAZIER Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro Samstag, 15. Februar MICHAEL KAESHAMMER QUARTETT FEAT. JOHNNY VIDACOVICH Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro

Ausstellung

Donnerstag, 20. Februar SEBASTIAN SCHUNKE Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro

Street Photography

Freitag, 21. Februar JIMMY REITER BAND Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro

Auf seinen Streifzügen durch verschiedene Städte und Länder mit unterschiedlichen Kulturen und Sitten haben ihn besonders die Gesichter von älteren Menschen, in denen sich die Spuren des Lebens zeigen, fasziniert. Diese Gesichter hat der in Aleppo aufgewachsene Adnan Sharbaji in zahlreichen Fotografien festgehalten. Ausdrucksstarke schwarzweiße Porträts von Männern, Frauen und Kindern in unterschiedlichen Lebenssituationen auf der Straße. Die Vernissage hierzu findet am 28. Februar um 19 Uhr in der Bürgerschule statt. Freitag, 28. Februar, bis Sonntag, 22. März, donnerstags von 15 bis 18 Uhr, sonntags von 14 bis 17 Uhr, telefonische Terminvereinbarung unter 0511 – 1 69 06 94, Bürgerschule, Klaus-Müller-Kilian-Weg 2, Hannover, Eintritt frei.

Samstag, 22. Februar JEFF CASCARO QUARTETT Eintritt: 25 Euro/erm. 15 Euro Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

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SILBENRÄTSEL Aus den nachfolgenden Silben sind 18 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – den Titel dieses Rätsels ergeben: at – be – bel – bom – che – da – dah – eis – elb – eu – fe – fel – flo – ge – ge – han – im – irr – ke – kir – la – lem – lich – na – nel – neu – no – on – pe – rat – re – rei – ri – se – sen – ser – set – sport – ten – ter – ter – ti – trum – tun – um – und – was – zar – zwie

1. Teil des Türrahmens

2. vielseitige Freizeitbeschäftigungen

3. Unterführung unter einem Fluss

4. Honig erzeugende Beschäftigung

5. Bremer, Hamburger, Lübecker u. a.

6. norwegische Schriftstellerin (1882 – 1949)

7. Volk eines Staates

In diesem Monat verlosen wir viermal das Praxisbuch »Frisch aus dem Hochbeet«. Das Einsteigerbuch für die Besitzer eines Hochbeetes zeigt, wie sich auch kleine Gärten optimal ausnutzen lassen. Für Stadtgärtner reicht sogar ein Balkon aus, um Kräuter und Tomaten zu pflanzen. Damit das Balkongemüse im Hochbeet auch zur reichen Ernte führt, braucht es die richtige Pflege. Das Buch enthält Pflanzpläne und Tipps zur Aussaat. Außerdem können Sie dreimal den Roman »Ich komme mit« von Angelika Waldis gewinnen. Seit 42 Jahren wohnt Vita in ihrer Wohnung. Für den Studenten Lazy ist sie nur die Alte von oben. Als Lazy erkrankt, nimmt Vita ihn zu sich und päppelt ihn wieder auf. Eine ungewöhnliche, lustige und innige Freundschaft entsteht. Dann aber macht ein neues Blutbild die Zuversicht zunichte. Die beiden begeben sich auf eine verrückte letzte Reise. Das Hörspiel »Laura und die Osterüberraschung« von Klaus Baumgart gibt es viermal zu gewinnen. Endlich ist Ostern. Obwohl Harry behauptet, dass es den Osterhasen gar nicht gibt, finden Laura und ihr kleiner Bruder Tommy jede Menge bunte Eier. Als Tommy jedoch ein riesiges Papp-Ei entdeckt, ist selbst Laura überrascht. Irgendetwas stimmt damit nicht … Ob Lauras Freund, der Stern, weiterhelfen kann? Die Lösung des Januar-Rätsels lautet: Jede Blume muss den Bienen zu ihrem Honig dienen. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 29. Februar 2020. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

8. Stadtteil von Berlin

9. Süßigkeit für heiße Tage

10. Bericht, Vortrag

11. Kaiser von Japan

12. Staat der USA

13. Verteilung der Kosten auf die Teilnehmer

14. Muse des Gesangs

15. das sächliche Geschlecht

16. Gotteshaus in oder an einem Berg

17. ein Lauchgewächs

18. blass-blaue Flämmchen über Sümpfen


Foto: Tomas Rodriguez

n f u a t n Mome

Gleise … Weichen … Was wäre ich geneigt, jetzt eine Kolumne zu schreiben über Weichenstellungen im Leben. Über das Abfahren und das unaufhörliche Vorwärtsrollen. Oder womöglich die Notbremse, die man manchmal ziehen muss. Um sich dann auf offener Strecke wiederzufinden. Könnte ich machen. Mache ich aber nicht. Ich stehe nämlich gerade am Bahnhof, muss nach Paderborn und brauche dringend noch ein Foto für diese Kolumne. Die ist nämlich längst fertig, handelt von Königin Luise von Preußen und es fehlt noch das Foto, das hier auf dieser Seite immer über allem steht. Und das schieße ich auf dem Bahnhof und Sie sehen: Gleise! Ich hätte auch über den griechischen Bahnwärter Archimedes schreiben können, dessen berühmtes Zitat hier auch passte: »Störe meine Gleise nicht!« Wussten Sie, dass von Hannover nach Paderborn eine S-Bahn fährt? S-Bahnen gehören eigentlich in den Bereich des Nahverkehrs. Es muss wohl eine der längsten S-Bahn-Strecken Deutschlands sein. Sie können am Flughafen in Langenhagen in die S5 einsteigen und durchfahren bis in die altehrwürdige Domstadt im Herzen Ostwestfalens. Ostwestfalen ist auch ein ulkiges Gebilde. Teilt sich noch einmal in Nordostwestfalen, Südostwestfalen und Nordwestostwestfalen. Paderborn wurde übrigens im Jahre 777 gegründet. Da war an Hannover oder gar Langenhagen noch gar nicht zu denken. 777 – nicht nur angesichts der Tatsache, dass Paderborn erzkatholisch ist, klingt diese Zahl doch wie die ostwestfälische Antwort auf die Apokalypse des Johannes. 666! Sie erinnern sich? Die Zahl des Antichristen. 666 – the number of the beast, für die Heavy-Metal-Fans unter Ihnen. Gleich wird es spooky: Wenn Sie mit der S5 nach Paderborn fahren, benötigen Sie dafür genau 108 Minuten. Bilden Sie jetzt mal die Quersumme von 108. Sie erhalten eine neun. Neun! Also dreimal die Drei! 777 – 666 – 333! Die Fahrzeit nach Paderborn ist genau ein halber Antichrist. Fahren Sie also besser nicht hin und zurück! Aber damit nicht genug. Wenn Sie all diese Zahlen addieren, also 777+666+333 erhalten Sie als Ergebnis 1776. Und genau in diesem Jahr, 1776, wird von Adam Weishaupt der Illuminatenorden gegründet. Glauben Sie noch an Zufall? Unheimlich, oder? Was so eine S-Bahn alles auslösen kann. Und woher wusste ich, dass ich eine Kolumne genau darüber schreiben würde, obwohl das Foto noch gar nicht gemacht war? Übrigens hätte ich mir aus dem Jahr 1776 durchaus etwas weniger Spektakuläres raussuchen können, obwohl selbst der Illuminatenorden weit weniger spektakulär war als uns Dan Brown weismachen will. 1776 wurde Königin Luise von Preußen geboren. Und zwar in Hannover. Wahrscheinlich war sie nie in Paderborn. Es gab ja die S-Bahn-Verbindung noch nicht. Was haben wir es heute gut! Matthias Brodowy/Kabarettist und Asphalt-Mitherausgeber

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