2017 02 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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UDO FOR PRESIDENT IM INTERVIEW

Panikrocker Lindenberg lässig und politisch.

IM DISKURS

Ideen von Karl Marx haben wieder Konjunktur.

IM BLICKPUNKT

Keine Lösung für Endlager Asse in Sicht.


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Notizblock

6 Angespitzt 7

Arm in USA

33 Millionen Amerikaner sind nicht oder wenig krankenversichert.

11 Stocken im Salzstock

Der aktuelle Stand im radioaktiven Endlager Asse II.

14 Wer war eigentlich …? 15 Das Comeback

»Das Kapital« wird 150 Jahre alt und Karl Marx hat wieder Konjunktur.

19 Aus der Szene 20

Sterben und leben

Modern und attraktiv: Die umgestaltete Gedenkstätte Ahlem.

22 Aus der Szene 23 Reine Udopie

Der 70-Jährige hat noch viel vor: Udo Lindenberg im Interview.

26 Rund um Asphalt 28 Wir gedenken 30 Aus dem Leben

von Asphalt-Verkäufer Micha.

32 Das muss mal gesagt werden 33 Briefe an uns/Zoo-Rätsel 34 Buchtipps 35 Februar-Tipps 38 Impressum/Ihr Engagement 39 Silbenrätsel

Titelfoto: dpa

Das Asphalt-Prinzip

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung.


vor einigen Wochen, etwa Mitte Januar, fanden sich auf etlichen Titelseiten unserer Tageszeitungen acht Fotos von Männern abgebildet. Es handelte sich dabei nicht um prominente Sportler oder Filmstars, sondern um die angeblich acht reichsten Männer der Welt. Gemeinsam sollen sie über 400 Milliarden Euro verfügen, also über mehr Vermögen als die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen. So jedenfalls lautet das Ergebnis der Studie »Eine Wirtschaft für die 99 Prozent« von Oxfam, einem allseits anerkannten internationalen Verbund unterschiedlicher Hilfs- und Entwicklungsorganisationen. In Deutschland, so die Studie, sind es 36 Milliardäre, deren gemeinsames Vermögen so hoch ist, wie das der ärmeren Hälfte der Bundesbürger. Als regelmäßiger Zeitungsleser fragte ich mich, was der journalistische Sinn dieser an prominenter Stelle gelieferten Information über die weltweit zunehmende Monopolisierung des Reichtums sein könnte. Denn über die Fotos und die Kernaussage der Oxfam-Studie hinaus lieferten die meisten Presseberichte keinerlei Zusatzinformationen oder gar erklärende Zusammenhänge dieser Nachricht. Ich befürchte, dass die Mehrheit der Leserschaft auf diese Weise nicht klüger wird. Denn häufige Botschaften dieser Art stumpfen ab und lassen auf Dauer diese durchaus skandalös zu nennenden Ergebnisse jahrelanger neoliberaler Wirtschaftspolitik als selbstverständlich erscheinen. Und wer sich motiviert sieht, fehlende Erklärungen woanders zu suchen, landet nicht selten im unübersichtlichen Informations-Dschungel neuer sozialer Medien, wo in der Regel der Hund mit dem Schwanz bellt. Unser Asphalt-Magazin versucht dagegenzuhalten. So auch in der Ihnen vorliegenden Februarausgabe. Wir erinnern an Karl Marx und sein vor 150 Jahren veröffentlichtes Buch »Das Kapital« Band 1. Eine immer wieder aktuelle Botschaft des Buches von Marx ist der Hinweis, dass unsere gesellschaftlich-politischen Verhältnisse von Menschen gemacht und somit von diesen auch zu verändern sind. Allerdings wirken die Verhältnisse zumeist hinter dem Rücken der Menschen und werden von diesen allzu oft als selbstverständliche und kaum veränderbare Sach­ notwendigkeiten wahrgenommen. Doch alternativlos ist nichts. Auch wenn es gelegentlich glauben gemacht werden soll. Daneben finden Sie in dieser Ausgabe eine Fotoreportage über eine mit 40 mobilen Behandlungsstühlen ausgestattete Zahnarztpraxis für hilfsbedürftige Menschen in den USA. Auch liefern wir einen Sachstandsbericht über die nicht enden wollende Geschichte um die rostigen Atommüllfässer in der Schachtanlage Asse südöstlich von Wolfenbüttel. Udo Lindenberg haben Sie schon auf der Titelseite gesehen. Im Interview macht er deutlich, warum er auch noch mit 70 Jahren an seinem Projekt der »Bunten Republik Deutschland« festhält. Viel Spaß beim Lesen!

Ihr

Heiko Geiling · Mitherausgeber von Asphalt

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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Foto: Uwe Zucchi/dpa

NOTIZBLOCK

Im Bus übers Land Oldenburg/Hannover. Bessere Verbindungen für das Flächenland Niedersachsen hat Verkehrs­ minister Olaf Lies (SPD) angekündigt. Mit bis zu zehn Millionen Euro jährlich will das Verkehrsministerium schnelle Busexpresslinien zwischen den mittelgroßen Städten ohne Bahnanschluss fördern. Bereits im Mai soll die erste Linie zwischen Oldenburg und Westerstede an den Start gehen. Oldenburg-Aurich soll alsbald folgen. Regelmäßig im Stundentakt. Dank Digitalisierung mit auf die Minute genauen realen Abfahrtzeiten. Insgesamt 35 sinnvolle Direktverbindungen hat das Ministerium bereits ausgemacht. Darunter Worpswede-Bremen, Bad Essen-Osnabrück, DuderstadtGöttingen oder Peine-Wolfenbüttel. Neben den bisher vorgeschlagenen seien weitere Strecken möglich. Städte und Verkehrsverbünde können Anträge stellen, müssen aber die Hälfte der Kosten tragen. »Unser Förderprogramm für Landesbuslinien hilft, Mobilitäts­lücken in der Fläche zu schließen. Wir wollen unsere Mittelzentren in Niedersachsen mit schnellen und modernen Busverbindungen besser an unsere Großstädte anbinden und auch miteinander vernetzen«, so Lies. MAC

Vertrag mit Muslimen vertagt Hannover. Der vom Land Niedersachsen beabsichtige Abschluss eines Staatsvertrags mit den muslimischen Spitzenverbänden wird vertagt. Einer der großen Verbände, der türkeinahe Verband Ditib steht im Verdacht, für den türkischen Staat andersdenkende Türken in Deutschland nach Ankara gemeldet zu haben. Für Ditib in Nordrhein-Westfalen ist das bewiesen, eine Klärung zur Verwicklung des niedersächsischen Verbandes steht noch aus. In NRW haben mindestens drei Imame im Auftrag der türkischen Religionsbehörde Anhänger der Erdogankritischen Gülen-Bewegung bespitzelt. Die niedersächsische Staatskanzlei will den Vertrag daher nicht mehr in der aktuellen Legislaturperiode abschließen und stattdessen Ditib kritischer prüfen. Die FDP hatte zuvor gewarnt: »Die Verfolgung und Überwachung von Kritikern des ErdoganRegimes in Deutschland ist inakzeptabel. Wir wollen das friedliche Zusammenleben von Muslimen und Nicht-Muslimen befördern und nicht die Auseinandersetzungen der türkischen Innenpolitik in Deutschland führen«, so der stellvertretende Fraktionschef Stefan Birkner. Nur die Grünen wollen weiter an dem Vertrag festhalten: »Er stärkt die Zusammenarbeit und ist eine gute Basis für kritischen Austausch«, so die Fraktionsvorsitzende Anja Piel. MAC

Neue Experten für Wölfe Hannover. Mit einem neuen Expertengremium will Landesumweltminister Stefan Wenzel (Grüne) Ängsten und wirtschaftlichen Befürchtungen von Bürgern und Bauern begegnen. Angesichts steigender Zahlen von Wölfen in Niedersachsen mehren sich kritische Stimmen, die Viehhaltung und Sicherheit bedroht sehen. Eine sogenannte Task Force soll vor allem Weidetierhalter unterstützen, deren Herden von Wölfen attackiert wurden. Zudem sollen die Experten beim Bau und bei der Finanzierung von Schutzzäunen gegen die aktuell rund 90 Wölfe helfen. In zwei Monaten soll die Einsatzgruppe startklar sein. Mit dabei Experten für das Vergrämen von Wölfen und erfahrene Viehhirten. Forderungen nach dem grundsätzlichen Abschuss von Wölfen in der Nähe von Siedlungen erteilte der Minister eine Absage. MAC


Aktiv gegen rechten Rand

Hannover. Die Landesarmutskonferenz hat anlässlich des jüngst veröffentlichten Reichtumsberichts die Wiedereinführung der Vermögenssteuer gefordert. Zudem müssten die Hartz-IV-Sätze um mindestens 25 Prozent erhöht werden, verlangte die Konferenz in Hannover, zu der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspf lege, der Deutsche Gewerkschaftsbund sowie weitere soziale Verbände und Initiativen gehören. Die wachsende soziale Ungerechtigkeit in Deutschland nehme bedrohliche Ausmaße an. Martin Fischer von der Diakonie in Niedersachsen wies darauf hin, dass das Vermögen der zehn reichsten Niedersachsen den Sozialhaushalt des Landes fast um das Doppelte übertreffe. Gleichzeitig sei fast jeder sechste Niedersachse von Armut bedroht. Die Quote sei im vergangenen Jahr um 0,6 Prozentpunkte auf 15,9 Prozent gestiegen. Dies sei der höchste Wert seit 2005. Die Schwelle zur Armutsgefährdung lag 2015 für Alleinlebende bei 930 Euro im Monat. Lars Niggemann vom DGB forderte einen höheren Spitzensteuersatz und die Schließung von Steueroasen. Jedes Jahr gingen der deutschen Gesellschaft durch Steuerflucht Milliardenbeträge verloren. Auf der anderen Seite sei knapp die Hälfte der Alleinerziehenden in Niedersachsen von Armut bedroht. MAC

Hannover. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) will angesichts des gescheiterten Verbots der NPD die rechtsextreme Partei massiv bekämpfen. Pistorius gehörte zu den Wortführern für ein Verbot durch das Bundesverfassungsgericht. Das Gericht hält die Ziele der Partei zwar für eindeutig verfassungswidrig, hält die NPD aber für zu unbedeutend, um gefährlich zu sein. Aktuell hat die Partei in Niedersachsen 340 Mitglieder. Auch weil es andere Gruppierungen gebe, die attraktiver sind, meint Pistorius. Das Urteil habe aber »eine klare rote Linie aufgezeigt und deutlich gemacht, dass in Parteien kein Platz für Rassismus, Antisemitismus und Demokratiefeindlichkeit sein darf. An dieser roten Linie müssen sich nun alle Parteien orientieren«, so der Innenminister. Man müsse nun «erst recht standhaft und aktiv gegen die Demokratiefeinde vom rechten Rand sein«, so Pistorius. MAC

Im Jahr 2015 wohnten in Deutschland 62 % der

ZAHLENSPIEGEL »NESTFLUCHT«

18- bis 24-Jährigen noch gemeinsam mit

ihren Eltern in einem Haushalt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, ist ihr Anteil in den letzten

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10 Jahren nahezu unverändert geblieben. 2005 waren 64 %. Junge Frauen lebten mit 56 % deutlich seltener im elterlichen Haushalt als ihre männlichen Altersgenossen mit 68 %. Dass 18- bis 24-Jährige noch im Elternhaus wohnen, ist eher in ländlichen

Gebieten verbreitet: In Gemeinden unter 10.000 Einwohnern lebten 78 % der jungen Erwachsenen bei den Eltern.

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Verbände fordern Steuergerechtigkeit

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ANGESPITZT

Warten Sie schon wochenlang auf Ihren nächsten Augen- oder Hautarzt­ termin? Haben Sie vielleicht sogar den Satz gehört: »Termine haben wir wieder im Mai, aber dafür müssen Sie im März nochmal anrufen«? Dann liegt das allein an Ihrer Ignoranz und Unbelehrbarkeit! Bereits 2014 erklärte nämlich die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen, dass der vorgesehene Bedarf an Fachärzten erfüllt sei und es »einfach zu viele Patienten« gebe. Da haben Sie wohl nicht aufgepasst, was? Na gut, Sie bekommen als Patient noch eine zweite Chance – wenn Sie jetzt kooperativ sind. Alles, was Sie brauchen, ist ein internetfähiger Computer und eine Webcam. Dann haben Sie die Möglichkeit, ihren Arzt in diesem Jahr noch zu konsultieren. Per Video versteht sich: Laut E-Health-Gesetz wird ab 1. Juli die Online-Videosprechstunde Bestandteil der Regelversorgung. Nicht nur das, sie wird sogar finanziell gefördert. Damit Leute wie Sie endlich verstehen, dass sie in der Praxis nichts mehr zu suchen haben! Bislang müssen Arzt und Patient sich zumindest ein Mal begegnet sein; Befürworter der neuen Technik gehen aber davon aus, dass für manche Diagnosen persönliche Erst­kontakte überflüssig seien. Das spare Zeit und Geld auf allen Seiten. Sie als Patient sollten sich spätestens jetzt im digitalen Zeitalter zuhause fühlen und Begriffe kennen wie Upload, Skype und Silicon Valley. Dort nämlich, in der Ideenzentrale der modernen Welt, sitzen die 25 best­ untersuchten Menschen dieser Erde: die CEOs (Chief Executive Officers) der erfolgreichsten Unternehmen. Alle halbe Jahre werden sie und ihre führenden Mitarbeiter von Kopf bis Fuß durchgecheckt, hunderte Werte

»AUS DER PRAXIS«

ermittelt, tausende Parameter erstellt, für finanzielle Unsummen. Das Ziel: mit der höchstmöglichen Lebensqualität uralt werden, Krankheitsanzeichen im Keim ersticken. Sollten Sie nicht zu dieser Gruppe gehören, dann konzentrieren Sie sich in Zukunft bitte darauf, dass ihr Furunkel gut rüberkommt, wenn Sie es dem Doktor vor die Linse halten. Das will geübt sein. Am besten kaufen Sie direkt eine hochwertige Webcam – die kostet mehr, dafür dürfte aber der ein oder andere CEO davon ebenfalls profitieren. Jeanette Kießling


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ARM IN USA 33 Millionen US-Amerikaner sind wenig oder nicht krankenversichert. Viele warten auf ehrenamtliche Hilfe. Oft zu lange. Ein besonderer Zahnarztbesuch. Bei Temperaturen um die Null Grad steht Robert Brown in Henderson/Tennessee in einer langen Schlange Wartender. Am Vormittag des Vortages ist er angekommen und damit die Nummer 12 in der Reihe von etwa 500 Menschen. Eingemummt in wärmende Decken trotzt er gemeinsam mit den anderen der Kälte. Sie verbringen das lange Warten über Nacht in ihren Autos und wer kein Auto hat, in Zelten. Sie lesen, essen, schlafen oder erzählen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten. Robert Brown hat Zahnschmerzen und braucht außerdem eine neue Brille. Mit ihm warten auch der Afroamerikaner William Smith sowie Tim Cope und seine Verlobte Samantha. Sie konnten erst am Abend nach der Arbeit aus dem 450 km entfernten Jamestown in Ost-Tennessee losfahren. Sie haben ihre vier Kinder bei Verwandten abgegeben, kamen nachts an

und hoffen trotzdem noch an die Reihe zu kommen. Tim hat sich kürzlich einen kaputten Zahn mit Sekundenkleber gefüllt und einen anderen selbst gezogen. Der Schmerz war einfach nicht mehr auszuhalten. Darum stehen sie nun hier auf dem Parkplatz der Chester County Junior High School in Henderson, im Westen Tennessees, um einen Zahnarzt zu sehen. Ab fünf Uhr in der Früh sammeln sich alle vor der Tür. Manche kennen den Ablauf, sie kommen nicht zum ersten Mal. Pünktlich um sechs öffnet sich die Tür zur 786. kostenfreien Klinik in den USA von Remote Area Medical (RAM). Mitte der 1980er Jahre gründete der Brite Stan Brock die Organisation R AM, um medizinische Versorgung in entlegene Regionen der Welt zu bringen. Auslöser dafür war ein schwerer Arbeitsunfall, den er als junger Cowboy in British Guinea


Robert Brown verlor bei einem Arbeitsunfall ein Augenlicht. Ist seitdem arbeits- und obdachlos. Der Augenschaden ist operabel, die Behandlung kann er aber nicht finanzieren.

In den Morgenstunden warten Patientinnen und Patienten im Regen darauf, dass um sechs Uhr die Türen zur Behandlung geöffnet werden.

Amanda Amezcua leidet mit ihrem Mann, der vier Zähne gezogen und weitere gefüllt bekommt. 20.000 Dollar sollten die Zahnbehandlungen beim regulären Zahnarzt kosten.

überlebte. Der nächste Arzt war damals 26 Tage Fußmarsch 272 Ehrenamtliche bieten all jenen medizinische Behandlungen an, die sich einen Arztbesuch in den USA ansonsten nicht entfernt. Als Reaktion auf die sichtbare Not versorgten Ehrenamtli- leisten können. Zwei Wochen danach sind sie mit mehr als 500 che der NGO Anfang der neunziger Jahre erstmals auch Men- Ehrenamtlichen 1.300 Kilometer weiter östlich an der Küste schen im reichsten Land der Welt, den USA. Noch immer fliegt Virginias, eine Woche drauf in Bradenton, Florida. Immer RAM in Krisen- und Notfallgebiete, um humanitäre Hilfe nach handelt es sich Gegenden, in denen viele Menschen unter der Erdbeben oder auch in einer Aufnahmestelle für Geflüchtete in Strukturschwäche der Region leiden. 2013 führte US-Präsident Barack Obama zwar die von den Griechenland zu leisten. Fast 70 Prozent ihrer Einsätze finden Republikanern vehement abgelehnte Krankenversicherungsheute jedoch in den USA statt. Im 6.000-Einwohner-Städtchen Henderson haben die RAM- pflicht und Mindeststandards für Krankenversicherungen ein. Helfer die Grundschule in eine provisorische Klinik verwandelt. 15 Millionen Menschen haben seither Zugang zu einer Kran-


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Füllen, Ziehen, der Nächste bitte: Während des Einsatzes der Organisation Remote Area Medical (RAM) in Turnhallen wird an 40 Behandlungs­ stühlen zeitgleich gearbeitet. Tribünen sind das Wartezimmer.

kenversicherung erhalten. Doch trotz ObamaCare, wie das Pro- Act genannte von Obama initiierte Mindestmaß an Versichegramm inzwischen weitläufig genannt wird, hat noch immer rung und staatlicher Fürsorge haben Republikaner und vornejeder zehnte US-Amerikaner keine Krankenversicherung. Men- weg der neue US-Präsident Donald Trump ihren Wahlkampf schen wie Robert Brown, die Copes oder die arbeitsunfähige geführt. Sie halten gesetzliche Krankenversicherungen tatAmanda Amezcua können sie nicht bezahlen. Sie stecken im sächlich für abzulehnenden Sozialismus und haben mit dieser Teufelskreis von Armut, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Teil- Auffassung sogar die Wahl für sich entscheiden können. In der gut geheizten Eingangshalle der Chester County zeitarbeit fest. Hier zeigt sich die Kehrseite einer Gesellschaft, die auf das Überleben der Stärksten setzt. Hinzu kommt, dass Grundschule werden alle Patientinnen und Patienten regis­ nur zehn Prozent aller Ärztinnen und Ärzte in den ländlichen triert, nach Vorerkrankungen und Medikamenten befragt und Regionen arbeiten, wo jedoch fast ein Fünftel der US-amerika- dann von Krankenpflegern allgemeinmedizinisch untersucht. nischen Bevölkerung lebt. Gegen das offiziell Affordable Care Hier fragt niemand nach einer Krankenversicherung oder


Tim Cope und Samantha Brown wollen ihren vier Kindern etwas ermöglichen. Fahrräder zum Beispiel. Sie sparen deshalb radikal an der eigenen Gesundheit.

»Mein Job als Mutter ist, dafür zu sorgen, dass mein Sohn ein Dach über dem Kopf hat. Mein Lohn ist, dass ich umsonst mit darunter leben kann, mehr als seine Rente haben wir nicht.« Debbie Brown kann nicht arbeiten gehen, da sie keine Betreuung für den 31-jährigen Autisten Casey hat.

Stella Garland ist das erste Mal bei RAM und bekommt ihre erste Brille verschrieben. Sie ist zwar krankenversichert, jedoch nicht für Zahn- und Augenbehandlungen.

dem Einkommen. Auf den Zuschauerplätzen in der Sport- ter, wenn der Nächste behandelt wird. Den ganzen Tag schauen halle warten sie im Anschluss auf ihre Zahnbehandlung. In sie auf die 40 Behandlungsstühle mitten in der Turnhalle, an den Fluren vor den Klassenzimmern auf einen Sehtest, gynä- denen Zahnärztinnen und Zahnärzte Zähne ziehen, füllen kologische Untersuchungen oder Diabetesberatung. William und reinigen. Langwierige Maßnahmen zum Erhalt der Zähne Smith lässt sich an diesem Tag seine letzten Zähne ziehen, für gibt es hier nicht, da eine Folgebehandlung nicht möglich ist. ein Ge­biss aber muss er noch 2.500 Dollar ansparen. Vielleicht 523 Zähne werden an diesem einen Wochenende ge­z ogen, 508 Menschen medizinisch behandelt und beraten, mit Zahnnächstes Jahr. Robert Brown stellt sich nach seiner Zahnbehandlung bürsten, Medikamenten und 456 Brillen versorgt. wieder hinten an und kann sich noch für die für ihn wichtige Text und Fotos: Jelca Kollatsch Augenuntersuchung registrieren lassen. Tim und Samantha harren bis in den Nachmittag. Rücken immer einen Platz wei-


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Foto: Peter Steffen/dpa

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STOCKEN IM SALZSTOCK Regelmäßig macht die »Asse« im Raum Wolfenbüttel mit Negativschlagzeilen auf sich aufmerksam: Stabilitätsprobleme des Schachtes, kontaminiertes Wasser, Unklarheiten über beschädigte Atommüllfässer. Zuletzt gab es Furore um die Entsorgung von nicht-kontaminierter Salzlauge. Der Sachstand. Die Schachtanlage Asse II wurde von 1967 – 1978 als Forschungseinrichtung zur Endlagerung von radioaktiven Abfällen genutzt. Das Salzgestein des Höhenzugs Asse-Heeseberg schien besonders geeignet für eine Endlagerung. Der Schacht bestand bereits aufgrund des Abbaus von Kali- und Steinsalz in den Jahren von 1909 bis 1964. »Tatsächlich jedoch war die Asse insbesondere eine billige atomare Müllkippe«, unterstreicht der grüne Landesumweltminister Niedersachsens, Stefan Wenzel. Bilder der insgesamt 13 Einlagerungskam-

mern mit radioaktivem Material erinnern in der Tat an eine Müllkippe. Mit Radladern in Gruben gekippt liegen die Atommüllfässer vermischt mit Salzgruß in den Kammern. Wie viele schon beim Abladen beschädigt wurden und wie stark jeweils, ist vollkommen unklar. Ebenso verhält es sich mit dem Zustand der Fässer. Klar ist jedoch, dass radioaktives Material zum Teil aus den Fässern ausgetreten ist. Mit dem »Lex Asse« trat im April 2013 die bundesgesetz­ liche Grundlage für eine Rückholung und Stilllegung der Asse


Foto: Sven Simon/Picture-Alliance

Foto: Dieter Klar/dpa

Gelagerte Fässer mit schwach radioaktiven Abfällen auf der Sohle der Schachtanlage

Protest-Aufsteller von Anwohnern rund um

Asse II.

die Asse.

in Kraft. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) ist seitdem mit der Sondierung der Ausgangslage beschäftigt. Bis jedoch die tatsächlichen Rückholungsarbeiten beginnen können, sind noch viele Schritte notwendig. Um die Bergung zu erleichtern, soll ein weiterer Schacht gegraben werden. Darüber hinaus benötigt es für die Aufbereitung der zum Teil beschädigten Fässer Anlagen, die ferngesteuert alle Arbeiten verrichten, um Mitarbeiter und Umwelt zu schützen. Hinzu kommt der Bedarf nach Einrichtungen zur Konditionierung und Zwischenlagerung.

anlage. Atommüll ist in der deutschen Öffentlichkeit eben ein hochemotionales Thema. »Was wir erleben, ist, dass über die Entsorgung des radiologisch unbelasteten Salzwassers Bilder erzeugt werden, als ob es sich um Atommüll handeln würde«, so Wolfram König, Präsident des BfS. Das verbaue mögliche umweltschonende Lösungen und berge das Risiko, dass Anbieter oder Verhandlungspartner abspringen. Die Verklappung der umstrittenen, aber nicht-kontaminierten Salzlauge in niedersächsische Flüsse will sich das BfS als Notlösung jedoch offenhalten. Ein im Oktober 2016 beim Landesbergamt gestellter Antrag hierzu wurde bislang nicht zurückgezogen. Die Suche nach einem Endlager für den Atommüll aus Energiegewinnung, Medizin und Forschung ist und bleibt voraussichtlich ein Dauerstreitthema. Denn: Niemand will ihn haben. Nach zwei Jahren Arbeit hatte die Endlagerkommission im Juni 2016 ihren Abschlussbericht vorgestellt. Darin wer-

12.000 Liter täglich Das derzeit größte Problem stellt das massive Eindringen von Grundwasser in den Stollen dar. Rund 12.000 Liter drücken täglich durch das Salzgestein und lösen es auf. Dadurch verliert die Schachtanlage zunehmend an Stabilität. Zwar werden über 99 Prozent des Wassers nicht kontaminiert, trotzdem stellte dessen Entsorgung das BfS erst kürzlich vor ein Problem. Bis Dezember 2016 nämlich konnte mit der Salzlauge das Bergwerk Mariaglück bei Celle geflutet werden, dieses ist jedoch vollgelaufen. Ab Januar 2017 musste nun also eine neue Entsorgungsmöglichkeit her. Die ist auch gefunden, wird aber geheim gehalten – von einer »abnehmenden Firma« ist beim BfS die Rede. »Es ist doch wunderbar, wenn aus dieser nicht belasteten Salzlauge Streusalz oder Ähnliches hergestellt wird. Das Problem ist, dass alles, was aus der Asse kommt, so einen schlechten Ruf hat«, betont Ursula Kleber von der Aktion Atommüllfreie Asse. Die Bürgerinitiative begleitet seit den 1990er Jahren die Entwicklungen rund um die Schacht-


Endlagersituation offen Laut dem Standortauswahlgesetz soll ein Endlagerstandort zwar erst 2031 festgelegt sein, allerdings ist selbst bei einer Einhaltung dieses Zeitraums kaum mit einer endlagergerechten Aufbereitung innerhalb von zwei Jahren zu rechnen. Doch nach »bisherigem Stand der Planungen ist der Beginn der Rückholung für das Jahr 2033 vorgesehen«, sagt Ina Stelljes, Pressesprecherin des BfS. Die weiterhin offene Endlagersituation bedeutet also für die Rückholung des Atommülls aus der Asse, dass dieser zwischengelagert werden muss. Für die Suche nach einem Zwischenlagerstandort hat das BfS gemeinsam mit der Asse-Begleitgruppe, einer Zusammenkunft aus lokalen Akteuren, ebenfalls Kriterien festgelegt. Diese sehen eine Abwägung von geografischen, logistischen und Aspekten der Strahlungssicherheit vor. Von Seiten des BfS wird dabei ein Asse-naher Standort klar favorisiert, bei der Begleitgruppe ist man offener. Geringe zurückzulegende Strecken und Umsetzungen der Behälter reduzierten das Unfallrisiko, so das BfS. »Mit dem Suchverfahren gemäß der Kriterien hat das BfS im Mai 2016 begonnen«, erklärt Ina Stelljes. Ob Gorleben als Zwischenlager in Frage kommt, ist bisher aber offen. Ursula Kleber kritisiert aktuell in erster Linie die Stagnation: »Transparent ist, dass nichts passiert.« Die Grabung des Rückholungsschachtes sowie die Bestellung entsprechender Maschinen seien bisher nicht merklich angegangen oder sogar verschleppt worden, so die Vertreterin der Bürgerinitiative. »Statt Papiere zu schreiben, müssen die Planungsstränge angepackt werden«, so Kleber. Hinzu kommt: Bürgerinitiativen und Asse-Begleitgruppe sehen die Verfüllung von Hohlräumen und Schächten in der Anlage kritisch. Der Verein AufpASSEn e.V. etwa sieht durch die Verfüllungen mit Spezialbeton ein höhe-

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den die Kriterien formuliert, die die Endlagersuche bestimmen sollen und auch, wie die Öffentlichkeit in den Prozess eingebunden werden soll. Außerdem fließen die Ergebnisse einer Online-Konsultation in die Endlagersuche ein, bei der Bürger die Möglichkeit hatten, ihre Meinung zum Bericht zu äußern. Dabei gingen über 800 Kommentare von über 100 aktiven Nutzern ein. Für den weiterhin in Betracht kommenden Endlagerstandort Gorleben sieht Wolfgang Ehmke, Pressesprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V., ähnliche Problematiken wie für die Asse: »Auch Gorleben ist ein Salzstock, in den bereits jetzt Wasser eindringt.« Bei den niedersächsischen Grünen ist man ebenfalls skeptisch. »Die Große Koalition hält Gorleben weiter im Spiel, auch wenn eine angeblich ergebnisoffene Suche stattfinden soll«, so Miriam Staudte, atompolitische Sprecherin und Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag. Sie hält fest: »Sowohl die Asse als auch Gorleben wurden willkürlich ausgewählt.«

res Risiko für Wassereinbrüche in die Einlagerungskammern. Ohne Verfüllung sieht das BfS jedoch die Gesamtsicherheit der Schachtanlage gefährdet. Wichtig sei, »dass alle erforderlichen Maßnahmen, die der Sicherheit dienen, in Angriff genommen werden. Alle Beteiligten müssen auch dann handeln, wenn es unbequem wird«, unterstreicht Rita Schwarzelühr-Sutter, Parlamentarische Staatssekretärin des Landesumweltministeriums. Befürchtungen, dass durch die Betonierung die Einlagerungskammern endgültig verschlossen würden, weist das BfS zurück. »Auch zubetonierte Bereiche können bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt wieder geöffnet werden«, heißt es in einem Statement. Für die Bürgerinitiativen und Ursula Kleber bedeuten die Entwicklungen rund um die Asse und auch die weiterhin offene Endlagersuche vor allem eines: »Durchhaltevermögen beibehalten!« Das BfS hat wohl ebenfalls keine andere Wahl. Katharina Knopke

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WER WAR EIGENTLICH …

… HELEN KELLER?

Foto: Wikimedia Commons

»Der w icht igste Tag mei nes und signalisierte so die BuchstaLebens war der, an dem meine ben für das englische Wort »doll«. Lehrerin, Miss Anne Mansfield Helen verstand nicht und kämpfte. Sullivan, zu mir kam.« So schrieb Einen Monat später buchstaHelen Keller Jahre später über bierte Sullivan der kleinen Helen den den 3. März 1887, als sich an einem f ließenden Brunnen alles änderte in Tuscumbia, der »w-a-t-e-r« in die Hand. Helen verkleinen Stadt in Alabama. Eine stand plötzlich, dass alle Dinge kaum zu glaubende Geschichte einen Namen haben, und sie mit begann. Und das faszinierendste dem Fingeralphabet den Schlüsdaran ist, dass Helen Keller selbst sel zu dieser Welt gefunden hatte. diese Geschichte aufschreiben Die Ja h re da nach wa ren konnte. Triumph und Tortur zugleich. Die ersten eineinhalb Jahre Helen Keller und Teacher lernten verlebte die kleine Helen eine fast ohne Pause. Sullivan, die glückliche Kindheit. Sie konnte selbst im Jugendalter erblindete schon laufen, die Welt erkunund durch Operationen wieder den und begann zu sprechen – sehen gelernt hatte, hielt oft nur »water«, also Wasser, war eines unter Schmerzen durch. Helen ihrer ersten Wörter. Eine Hirnwurde das berühmteste Mädchen hautentzündung brachte sie dann Ameri­k as, war beim Präsidenten nah an den Tod und ließ sie in einem tumben Dunkel zurück: eingeladen und befreundete sich mit Größen wie Mark Twain. Helen Keller war fortan blind und taub. An die nächsten fünf Sie schaffte, immer mit »Übersetzerin« Anne Sullivan an ihrer Jahre wollte sie sich später nur noch als ihre Zeit als »Phantom« Hand, sogar den Abschluss am Radcliffe College – mit Auserinnern. Das quirlige Mädchen verbrachte zwar vergnügte zeichnung. 1951 erhielt sie von der Harvard University Stunden im Garten, roch an Blumen und kletterte auf Bäume. die Ehrendoktorwürde – als erste Frau überhaupt. Die Eltern umsorgten sie. Machte Helen mit den Händen die Ihre zehn selbstverfassten Bücher schildern das Leben von Bewegung der Eismaschine nach und deutete ein Frösteln Helen Keller und Anne Sullivan. Doch Keller begnügte sich an, so bekam sie ein Eis. Und doch verging kein Tag ohne die nicht mit dem persönlichen Erfolg. 1924 gründete sie eine nach Tobsuchtsanfälle der Kleinen, die so viel von ihrer Umgebung ihr benannte Stiftung. Da nannte man sie längst »den Engel nicht verstand und so wenig selbst der Blinden«. Sie besuchte Kriegsaus­d rücken könnte. heimkehrer, die erblindet waren, Taubblindes Kind, weltberühmte In einem Reisebericht von um ihnen Mut zu geben und reiste Buchautorin und Kämpferin für Charles Dickens las Helens Mutter unentwegt, um ihre Geschichte zu Ausgegrenzte. über den Fall einer jungen tauberzählen. Sie engagierte sich für blinden Frau, die erfolgreich von Unterdrückte, für Schwarze, für einer Lehrerin unterrichtet wurde. Viele Bemühungen und Frauen und gegen Ungerechtigkeit. Der Schmerz, die Hürden, einige Monate später stand die Familie Keller am Bahnhof von die Rückschritte im Alltag – vieles davon wird in ihren Büchern Tuscumbia und empfing Anne Sullivan. angedeutet. Helen Keller und Anne Sullivan verbrachten von diesem Helen Keller hat über viele Jahre versucht, Sprechen zu lerMärztag im Jahr 1887 an die nächsten fünf Jahrzehnte zusam- nen. Das schaffte sie auch, brauchte aber immer eine Übersetmen. »Teacher«, Lehrerin, so nannte Helen die Frau, die alles zerin. Über diesen Makel ärgerte sie sich noch in hohem Alter, änderte. Anne Sullivan zog mit Helen ins Gartenhaus und was ihren Mut und Ehrgeiz vielleicht am besten beschreibt. erfüllte ihr nicht mehr gleich jeden Wunsch. Sie nahm ihr die Helen Keller starb am 1. Juni 1968 im Schlaf. Puppe weg und berührte dann viermal Helens Handfläche Gerd Schild


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Foto: Picture-Alliance/Heritage Images/E&E Image Library

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DAS COMEBACK Lange verstaubte Karl Marx in der Abstellkammer der Geschichte. Doch jetzt ist er wieder da. Pünktlich zum 150. Erscheinungsjahr des »Kapitals« haben seine Ideen wieder Konjunktur. Vor 25 Jahren suchte kaum noch jemand bei Marx nach Ant­ worten auf gegenwärtige Probleme. Das hat sich geändert: Inzwischen klingen viele seiner Analysen – etwa zur Globali­ sierung oder zur wachsenden Ungleichheit – wieder erstaun­ lich zeitgemäß. Dafür muss es Gründe geben. Auch heute noch polarisiert Karl Marx (1818 – 1883) wie kaum ein zweiter Denker. Das ist kein Zufall, schließlich war er es, der den Philosophen vorgeworfen hatte, die Welt nur inter­ pretieren zu wollen, wo es doch darauf ankäme, sie zu verän­ dern! Und Marx setzte seine Forderung selbst in die Tat um, er analysierte, klagte an und rief zum Handeln auf. Dadurch bleiben sein Name und sein Wirken untrennbar verbunden mit

dem Motiv der sozialen Gerechtigkeit und der Praxis sozial­ revolutionärer Bewegungen. Marx äußerte sich nur selten und vage über den Sozialis­ mus. Intensiv widmete sich der ehemalige Junghegelianer hin­ gegen dem Kapitalismus. In den ökonomischen Verhältnissen erkannte er voller Faszination das Getriebe der Geschichte, wo sein Lehrmeister Hegel noch den Weltgeist bemühen musste. Im »Kapital« beschreibt Marx die ökonomischen Gesetz­ mäßigkeiten des neu entstandenen Kapitalismus, aber auch die entsetzlichen Verhältnisse in den Fabriken, in denen ein Arbei­ terleben damals wenig galt: »In seinem maßlos blinden Trieb, seinem Werwolfs-Heißhunger nach Mehrarbeit, überrennt das


In diesen Worten steckt schon alles, was Marx ausmachte, im Guten wie im Schlechten: die scharfe Beobachtungsgabe, der große gedankliche Wurf, der wissenschaftliche Anspruch und ein damit manchmal konkurrierender politischer Wille. Und eben auch der Glaube an die historische Erlöserfunktion des Proletariats. Eines Tages würden die unterdrückten Arbeiter ihre Ketten sprengen und das Paradies auf Erden errichten. Die weltgeschichtliche Sendung hat jedoch ihren Preis: Marx setzte »Volk« mit »Proletariat« gleich. Damit konnte er nicht das Volk oder Proletariat eines bestimmten Landes mei­ nen, sondern nur das (Welt-) Proletariat an sich. Das bewirkte jedoch etwas Paradoxes, wie der Verfassungsrechtler Ulrich K. Preuß einmal bemerkte: Obwohl dem Volk theoretisch ein Maximum an Macht zuerkannt worden war, wurde es gerade dadurch in der Praxis politisch entmachtet. Denn der Fort­ schritt der Weltgeschichte war nun Aufgabe eines ideellen Gesamtvolks, das es ja gar nicht gab. Diese Leerstelle nahmen in den sozialistischen Staaten die marxistischen Parteien ein. Unter deren Regiment degenerierte der Marxismus zu einer despotischen Ersatzreligion mit eigenen Propheten und hei­ ligen Schriften. Vielleicht hat Marx dieser Entwicklung Vor­ schub geleistet, gewollt haben dürfte er sie nicht. Ihm war doch immer bewusst, dass »die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist«.

Das Kapital: Erstauflage von 1867.

Kapital nicht nur die moralischen, sondern auch die rein physischen Maximalschranken des Arbeits­ tags«, klagt Marx an. Die kapitalistische Produktion »verlängert die Produktionszeit des Arbeiters (…) durch Verkürzung seiner Lebenszeit«. Der Grund sei keine Böswilligkeit der Fabrikherren, sondern die völlige Gleichgültigkeit des Kapitalismus gegenüber jedweder Moral. So resümiert Marx: »Das Kapital ist daher rücksichtslos gegen Gesundheit und Lebens­ dauer des Arbeiters, wo es nicht durch die Gesell­ schaft zur Rücksicht gezwungen wird«.

Proletariat macht Revolution Dieser rücksichtslose Egoismus würde dem Kapita­ lismus einmal zum Verhängnis werden, prophezeite Marx. »Die Bourgeoisie hat nicht nur die Waffen geschmiedet, die ihr den Tod bringen; sie hat auch die Männer gezeugt, die diese Waffen führen wer­ den, die modernen Arbeiter, die Proletarier«. Die neue universelle Klasse, der Vierte Stand, durch schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen fast aller Rechte und ihrer Würde beraubt, würde die Emanzipation des gesamten Menschengeschlechts einleiten und »daher die Vorgeschichte der mensch­ lichen Gesellschaft ab[schließen]«.

Die »unsichtbare Hand« Mit seinen wirtschaftstheoretischen Schriften knüpfte Marx an die politische Ökonomie seiner Zeit an. Als einer ihrer Hauptvertreter gilt bis heute Adam Smith, der die kapitalis­ tische Produktionsweise als eine Art Naturgesetz verstand. Obwohl kein Zeitgenosse, erwies sich Smith als früher und hartnäckiger Gegenspieler von Marx. Smith erkannte, dass die Arbeiter durch Mehrarbeit den Profit erwirtschaften, den der Unternehmer für sich einbehält. Marx sprach daher von Ausbeutung und ätzte: »die zweite Peri­ ode des Arbeitsprozesses, die der Arbeiter über die Grenzen der notwendigen Arbeit hinaus schanzt (…), bildet Mehrwert, der den Kapitalisten mit allem Reiz einer Schöpfung aus Nichts anlacht«. Die bürgerlichen Ökonomen rechtfertigten den pri­ vaten Zugriff auf den Profit, weil der erwirtschaftete Reichtum auch dem Gemeinwohl zu Gute käme. Doch wie sollte das vor sich gehen, wenn die Fabrikbesitzer lediglich aus Eigennutz handelten? Diese Frage beschäftigte auch Smith und eine eher beiläu­ fige Bemerkung in seinem Hauptwerk »Die Wohlfahrt der Nati­ onen«, sollte über die Jahrzehnte zu einem Glaubenssatz von globaler Tragweite werden. Smith zufolge ergeben sich durch das Wirken der freien Bürger ganz von selbst Wohltaten für das Gemeinwesen. Der Unternehmer »wird in diesem wie auch in


Der Kapitalismus wandelt sich Mit der russischen Oktoberrevolution erhielt das Gespenst des Kommunismus plötzlich eine reale Gestalt. Diese Bedrohung rief mächtige Gegenkräfte auf den Plan, darunter autoritäre, wie den Faschis­ mus, aber auch reformorientierte. Letztere knüpf­ ten an die demokratischen Prinzipien des liberalen Rechtsstaates an und bemühten sich um eine Abfe­ derung der sozialen Folgen des Kapitalismus. Der britische Ökonom John Maynard Keynes verkündete schon Mitte der 1920er Jahre das Ende der Laissez-faire-Doktrin. Er wies die Annahme der liberalen Theorie zurück, nach der sich die Märkte von selbst zu einem Gleichgewicht einpendeln. Stattdessen sprach er sich für eine Stärkung der Nachfrage aus. Die Idee dahinter: Weniger Arbeits­ losigkeit führe zu mehr Arbeitseinkommen, das in großem Maße für Konsum ausgegeben werde. Für die Unternehmen bedeute dies die Aussicht auf größeren Gewinn und das motiviere sie zu Investi­ tionen. Damit schuf Keynes die theoretische Grund­ lage für den modernen Sozialstaat. Dessen große Zeit kam nach dem Zweiten Welt­ krieg. Schon 1944 wurden auf der Konferenz von Bretton Woods unter maßgeblicher Mitwirkung von Keynes die Weichen für die Nachkriegszeit gestellt. Mit dem System relativ fester Wechselkurse, strikt regulierter Finanzmärkte und neuen Institutionen

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vielen anderen Fällen von einer unsichtbaren Hand geleitet, um einen Zweck zu fördern, der keines­ wegs in seiner Absicht lag. (…) Indem er seine eige­ nen Interessen verfolgt, fördert er oft diejenigen der Gesellschaft auf wirksamere Weise, als wenn er tat­ sächlich beabsichtigt, sie zu fördern.« Das Bestechende an dieser Vorstellung von einer unsicht­baren Hand ist für den Kapitalisten die mora­ lische Absolution: Er braucht nach Smith nur seinen egoistischen Motiven zu folgen und fördert damit doch – irgendwie – das Gemeinwohl. Karl Marx hielt das für bloße Ideologie. Das Bür­ gertum predige unentwegt Demokratie und Men­ schenrechte, reklamiere diese in Wahrheit aber nur für sich selbst: »Vor allem konstatieren wir die Tat­ sache, daß die sogenannten Menschenrechte (…) nichts anderes sind, als die Rechte des Mitglieds der bürgerlichen Gesellschaft«. Für die große Mehr­ heit der Bevölkerung, davon war Marx überzeugt, brachte der Kapitalismus nur das blanke Elend.

wie der Weltbank und dem IWF wurde eine lange und stabile Epoche des Aufschwungs eingeleitet. In Deutschland, wie in fast allen anderen westlichen Indus­ triestaaten, setzte sich auf dieser Basis ein Sozialstaatsmo­ dell durch, das die vom Krieg geschundenen Bevölkerungen erstmals in großer Mehrheit mit dem Kapitalismus versöhnte. Diese Akzeptanz wurde zur Voraussetzung für die Marktwirt­ schaft, den Systemwettstreit mit dem Sozialismus zu gewinnen.

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Der Antimarx Mit dem Ende der Sowjetunion nahmen auch einstige Linke »Abschied vom Proletariat« (André Gorz). Marx war gestern, die Marktwirtschaft hatte endgültig gesiegt und war mit dem alten Kapitalismus ja ohnehin kaum zu vergleichen. Von nun an sollte es nur noch Wachstum und Wohlstand geben, das »Ende der Geschichte« (Francis Fukujama) schien erreicht. Damit war die Bahn frei für den Neoliberalismus, eine marktradikale Idee, die ganz wesentlich auf einen Mann zurückgeht, den man mit einigem Recht als Anti-Marx bezeichnen kann. Friedrich August von Hayek hatte sich dem Kampf gegen den Sozialismus verschrieben. Hayek galt alles als »sozialis­ tisch« und damit als verwerflich, was sich mit »sozial« bezeich­ nen ließ, also auch die soziale Marktwirtschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er ein Netzwerk von neoliberalen Thinktanks um die Mont Pelerin Society (MPS). Sein Ziel war die weltweite Vorherrschaft des Neoliberalismus als maßgeb­ licher Doktrin. Dafür brauchte er die Intellektuellen und die Unternehmer, eben Geist und Geld. Beides fand er reichlich.

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SOLIDARITÄT MIT ASPHALT. Die hannoverschen Gewerkschaften.


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Der britische Ökonom John Maynard Keynes schuf die Grund-

Foto: Picture-Alliance/empics

lage für den modernen Sozialstaat.

»There is no alternative«. Behauptete jedenfalls

Foto: Picture-Alliance/Österr. Nationalbibliothek/picturedesk.com

Margaret Thatcher.

Der Anti-Marx: Friedrich August von Hayek.

Im Unterschied zu den alten Liberalen á la Smith führte Hayek nicht mehr die Demo­ kratie und den Rechtsstaat gegen den Sozialismus ins Feld, sondern den Markt gegen den Plan. Alles was den Profit der Unternehmer maximierte, war zu begrüßen, alles andere dagegen zu verurteilen. Auch der Wert eines einzelnen Lebens: »Die einzig gültigen moralischen Maßstäbe für die ›Kalkulation des Lebens‹ können daher nur sein: das Privateigentum und der Vertrag«, betonte Hayek. Demokratie wurde nur noch geduldet, solange sie den Markt nicht störte. Der Staat sollte sich vollständig aus der Wirtschaft zurückziehen, keine Märkte regulieren, nicht einmal Monopole verhindern. Und Gewerkschaften hatten in dieser Theorie ohnehin keine Existenz­ berechtigung. Der Rest blieb der unsichtbaren Hand überlassen. Seinen ersten Praxistest absolvierte der Neoliberalismus störungsfrei in der chi­ lenischen Militärdiktatur von Augusto Pinochet. Federführend agierten damals die »Chicago Boys« von Milton Friedman, einem prominenten Mitglied der MPS. In den 1980er Jahren leiteten Ronald Reagan und Margaret Thatcher (ebenfalls aus dem MPS-Umfeld) in den USA und Großbritannien die neoliberale Wende ein; mit dem Untergang der Planwirtschaft gelangte diese Idee vollends zum Durchbruch. In vie­ len Ländern wurden nun öffentliche Einrichtungen privatisiert, Sozialleistungen gekürzt, prekäre Beschäftigungsverhältnisse ausgeweitet und Steuern für Super­ reiche gesenkt. »Die neoliberale Politik unterstützt auf diese Weise eine neofeudale Aristokratie, deren ererbtes Vermögen das 21. Jahrhundert zu beherrschen droht«, bilanzierte der Wall-Street-Ökonom Michael Hudson.

Die Renaissance der Kapitalismuskritik Den Wohlfahrtsstaat der Nachkriegszeit hätte sich Marx nicht vorstellen können, der Neoliberalismus wäre ihm jedoch bekannt vorgekommen. Inzwischen nimmt die Ungleichheit Ausmaße an, wie sie – nach Einschätzung des französischen Ökonomen Thomas Piketty – zuletzt vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges herrschten. Die öffent­ lichen Infrastrukturen zerfallen, soziale Sicherungssysteme drohen zu kollabieren und die öffentlichen Haushalte leiden unter einer ständigen Unterfinanzierung. Und über alles fegt die Globalisierung hinweg: »Das Bedürfnis nach einem stets ausge­ dehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. (…) Die uralten Industrien sind vernichtet worden und werden noch täglich vernichtet. Sie werden verdrängt durch neue Industrien, (…) deren Fabrikate nicht nur im Lande selbst, sondern in allen Weltteilen zugleich verbraucht werden. An die Stelle der alten, durch Landeserzeugnisse befriedigten Bedürfnisse treten neue, welche die Produkte der entferntesten Länder und Klimate zu ihrer Befriedigung erheischen. An die Stelle der alten lokalen und nationalen Selbstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige Abhängigkeit der Nationen voneinander«. So drückten es Marx und Engels vor anderthalb Jahrhunderten aus. Mit dem ungebremsten Siegeszug des Neoliberalismus werden die moralischen Fundamente der Gesellschaften zunehmend ausgehöhlt. Der Markt kennt keine Moral und bringt sie auch nicht aus sich hervor, andere Maßstäbe lässt diese Dok­ trin jedoch nicht zu. Das führt bei vielen Menschen zu wachsendem Unbehagen und einem neuen Interesse an möglichen Alternativen. Entsetzt bekannte schon 2011 der konservative Herausgeber der FAZ, Frank Schirrmacher: »Ein Jahrzehnt enthemm­ ter Finanzmarktökonomie entpuppt sich als das erfolgreichste Resozialisierungs­ programm linker Gesellschaftskritik. So abgewirtschaftet sie schien, sie ist nicht nur wieder da, sie wird auch gebraucht«. Ulrich Matthias


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AUS DER SZENE

Obdachlos im Winter

Foto: U. Matthias

Sie sind nicht zu übersehen: In Hannover steigt die Zahl der Obdachlosen. Mehr als 4.000 Menschen in der Stadt gelten als wohnungslos, rund ein Zehntel von ihnen lebt auch im Winter auf der Straße. Einer von ihnen ist Dimitur Bojanov aus Bulgarien (Foto). Der 30-Jährige hat sein Lager im Tunnel zwischen ZOB und ErnstAugust-Galerie aufgeschlagen. In ein paar Tagen hofft er, in der Wohnung eines Freundes unterkommen zu können. Bis dahin heißt es durchhalten. Manch ein Passant lässt ein paar Mün­ zen Kleingeld in den leeren Becher fallen, aber nicht alle Begeg­ nungen verlaufen positiv. »Dann haben sie mir zwei Decken geklaut«, beschreibt Dimitur eine der unschöneren Situationen.

»In diesem Winter sind die zahlreichen Matratzenund Schlafsacklager unter den Brücken nicht mehr zu übersehen«, stellt Diakoniepastor Rainer MüllerBrandes fest. Er wird oft gefragt, wie man helfen kann. »Wenn Sie Menschen sehen, die bei Minus­ temperaturen draußen schlafen und die schlecht ausgestattet sind, sprechen Sie sie ruhig an. Selbst wenn die Person das Gespräch ablehnt, haben sie es wenigstens versucht. Weiß die Person über Unter­ kunfts- und Hilfsmaßnahmen Bescheid? Wünscht sie Hilfe? Besteht der Eindruck, dass die Person nicht ›Herr ihrer Sinne‹ und hilflos ist, benachrichti­ gen Sie die Polizei oder die Rettungsdienste«. Über das Winternotprogramm können auch Stra­ ßensozialarbeiter auf hilfebedürftige Menschen aufmerksam gemacht werden. Diese Einrichtung des Kontaktladens »Mecki« des Diakonischen Werks, des Tagesaufenthaltes »Nordbahnhof« der Selbsthilfe für Wohnungslose e.V. und der Johan­ niter Unfallhilfe hat es sich zum Ziel gesetzt, Men­ schen die auf der Straße leben und den Kontakt zu sozialen Einrichtungen vermeiden oder verlo­ ren haben, vor dem Erfrierungstod zu schützen. Winternotfallnummer: 0511 – 990 40 15, E-Mail: winternotfallplan@juh-nds-mitte.de UM

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Inklusion in Würde die Schau am Mittwoch, den 8. Februar um 17 Uhr im KroKuS von der schwedischen Honorarkonsulin für Niedersachsen, Jasmin Arbabian-Vogel. Das Stadtteilzentrum ist barrierefrei zugänglich. UM

Foto: Marcus Marcetic

Von Schweden lernen, heißt siegen lernen. Zumindest soll dies im Bereich der Inklusion gelten, dort zählt das skandinavische Land zu den Vorreitern. Weltweit. Was nicht heißt, dass es nicht auch dort noch etwas zu verbessern gäbe. Das zeigen ab Februar zwei Ausstellungen im Stadtteilzentrum KroKuS: »BarriereFreiheit« und »Design for Dignity«, die mit Unterstützung der schwedischen Vertretungen in Berlin und Hannover an den Kronsberg geholt wurden. Allemal interes­ santer Anschauungsunterricht für die Landeshauptstadt, die sich selbst »Auf dem Weg zur inklusiven Stadt« wähnt. »BarriereFreiheit« ist eine Fotoausstellung, die den Begriff »Würde« in ihr Zentrum stellt. Ergänzt wird sie durch die Pro­ duktausstellung »Design for Dignity«. Dabei werden Produkte vorgestellt, die das Leben und die Begleitung von Menschen mit Behinderung erleichtern. An deren Entwicklung waren Menschen mit Behinderung beteiligt. Die Ausstellungen können vom 8. Februar bis zum 31. März im Stadtteilzentrum KroKuS besichtigt werden. Eröffnet wird


Foto: V. Macke

TOD & LEBEN Jüdisches Leben, jüdische Vernichtung, jüdische Zukunft: Kaum ein Ort in der Region Hannover ist so eng verknüpft mit Aufbruch und Zerstörung wie die alte Israelitische Gartenbauschule in Hannover-Ahlem. Die Gedenkstätte erinnert an alle Facetten. Ein Besuch. »Die Nazis haben nicht gewonnen!« Das ist Shaun Hermel ganz wichtig zu betonen. Das will der Medienpädagoge der Gedenk­ stätte Ahlem dagegenhalten, gerade auch heute, wo wieder ein Geist von Ausgrenzung und Nichtwissenwollen aufkeimt. 2.200 Juden waren von den Nazis in der Israelitischen Gar­ tenbauschule in Hannover-Ahlem zusammengetrieben und dann in Ghettos, KZs und Vernichtungslager verschleppt wor­ den. Nur 144 Menschen überlebten. Doch der liberale emanzi­ patorische Geist des Ortes lebt fort. In der Erinnerungsarbeit der Gedenkstätte und in den Nachkommen all der jüdischen Jugendlichen, die zwischen 1893 und 1942 in Ahlem Baum­ schularbeit, Bewässerung und Bienenkunde gelernt und später vielfach in Palästina und Südamerika umgesetzt haben. »Sogar nach Kriegsende 1945 kamen Überlebende hier wieder zusam­ men, gründeten den Kibbuz ›Zur Befreiung‹, um sich praktisch

und theoretisch auf ein Arbeitsleben zwischen Haifa und Eilat vorzubereiten, hier wurde geheiratet und hier wurden Kinder geboren.« Noch 1937 – die Nürnberger Rassegesetze, die die Juden­ feindlichkeit zur Staatsaufgabe im Nazideutschland gemacht hatten, waren bereits zwei Jahre alt – wurde in der vom han­ noverschen Bankier Moritz Simon 1893 gegründeten Garten­ bauschule fleißig gebaut: Ein neues Wirtschaftsgebäude mit Großküche, Speisesaal und Turnhalle. Für die wachsende Zahl der Schülerinnen und Schüler jüdischer Familien aus ganz Deutschland. Die Schule hatte einen international guten Ruf und viel Zulauf. Während in Hannover der alltägliche Terror der Nazis gegenüber Juden bereits beständig zunahm, war die Gartenbauschule noch eine Insel. Mit intaktem Internatsleben und Ausrichtung auf die Zukunft. Selbst nach den November­


Mädchenhaus der Gartenbauschule.

Bestenfalls live von Angesicht zu Angesicht. »Wenn heutige Schüler mer­ ken, dass auch die damaligen Gartenbauschüler gegen andere hanno­ versche Mannschaften Fußball gespielt haben, einfach so wie du und ich, dann macht das den Weg für Empathie frei.« Weil aber natürlicherweise die letzten Zeitzeugen in absehbarer Zukunft nicht mehr leben, werden digitale Aufzeichnungen für Hermel und die anderen vier Mitarbeiter der Gedenkstätte immer wichtiger. Ein neues Multimediaguidesystem durch die Ausstellungen ist für 2018 geplant, zum Anhören und nach­ recherchieren, in verschiedene Sprachen. Darüber hinaus organisiert die Gedenkstätte Begegnungen mit jungen Israelis: Musiker aus Israel geben Konzerte in Hannover und besuchen vor oder nach dem Konzert Schulen. Volker Macke

Veranstaltungen der Gedenkstätte: 12.2., 15 Uhr: Jüdisches Leben heute, Vortrag und Gespräch mit Rebecca Seidler von der liberalen jüdischen Gemeinde. 26.2., 14 Uhr: Die Wannseekonferenz – der Massen­ mordbeschluss, Filmvorführung. 3.3., 12 Uhr: Gedenken anlässlich des Völker­ mordes an Sinti und Roma. 5.3. 15 Uhr: Das Sammellager Altwarmbüchener Moor, Filmvorführung und Zeit­ zeugengespräch. 26.3., 14 Uhr: Raub und Restitution jüdischen Eigentums in Hannover, Vortrag von Historiker Anton Weise.

Shaun Hermel (40), der Medienpädagoge der Gedenkstätte Ahlem, setzt neben klassischer Erinnerungsarbeit auf das Kennenlernen jüdischen Lebens und jüdischer Kultur heute. Es sei wichtig, »Juden nicht allein als Opfer darzustellen«, sagt er. Deshalb werden regelmäßig israelische Musiker nach Hannover eingeladen. Um Konzerte und Begegnungen vor allem mit Schülern zu fördern. Das nächste: Tetish aus Tel Aviv, 12.4, 20 Uhr im Kulturpalast, Deisterstraße 24, Linden-Süd. www.gedenk­s taette-ahlem.de

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Foto: Jüdisches Museum Berlin/Sammlung Sonnenfeld

Heimkehr von der Feldarbeit: Eine Gruppe Lehrlinge marschiert Richtung

Foto: V. Macke

pogromen 1938 ging der Unterricht wei­ ter. Irgendwie. Erst nachdem die Schule per Erlass 1942 geschlossen wurde, wan­ delte sich der Ort vollends von Hoff­ nung zu Hoffnungslosigkeit. Bis kurz vor Schluss unterrichten noch zwei Lehrer etwa 80 Kinder. Die Schicksale der letz­ ten Schülerinnen und Schüler sind in einem Teil der aktuellen Ausstellung der Gedenkstätte eindrucksvoll beschrie­ ben. Ohnehin: Die neue Gedenkstätte Ahlem setzt stark auf die persönlichen Geschichten zur Geschichte. Positive Erinnerungen an eine schöne Jugend und Ausbildung ehemaliger Schüle­ rinnen und Schüler stehen ebenbürtig neben den Erzählungen von Misshand­ lung, Leid und Tod. An Wänden, auf Tafeln, in digitalen Nachschlagewerken. Und auch im Außengelände. 160 lebensgeschichtliche Interviews mit Zeitzeugen hat die Gedenkstätte auf Video konserviert. Darunter Erinnerun­ gen an den Schulalltag, Berichte über die Deportation, Stimmen von GestapoOpfern. »Zahlen, Daten, Fakten allein genügen nicht, um Erinnerung wach zu halten, gerade unter der heutigen Jugend nicht«, sagt Hermel. »Erfahrungen rea­ ler Personen öffnen in Zeiten weit ver­ breiteter Geschichtsverdrossenheit bei den Leuten aber noch andere Kanäle.«

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AUS DER SZENE

EIN NEUES »DACH ÜBER’M KOPF«! Nach langer Suche ist ein neuer Standort für den zentralen Tagestreff für Obdachlose gefunden.

Foto: U. Matthias

Endlich ist soweit! Der Tagestreff für Obdachlose, das DüK (»Dach über’m Kopf«) hat ein neues Domizil gefunden. Lange hat es gedauert, aber dann wurde es gut. Sehr gut sogar: »Das Haus in der Berliner Allee 8 entspricht genau unseren Anfor­ derungen«, sagt Rainer Müller-Brandes, Diakoniepastor und in dieser Eigenschaft gewissermaßen neuer Hausherr. »Es war uns wichtig, eine Anlaufstelle in der Innenstadt zu finden, dort,

Das neue Domizil des DüK und der Beratungsstelle in der Berliner Allee.

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wo sich auch zum großen Teil unsere Klientel auf­ hält«. Und diese wird immer zahlreicher, das Ange­ bot des Tagestreffs sei daher notwendiger denn je. Der Umzug des DüK war erforderlich geworden, weil der Mietvertrag für die Räume am jetzigen Standort in der Lavesstraße gekündigt wurde. Bis ein neuer Standort gefunden wurde, vergingen etli­ che Monate nervenaufreibender Suche und Appelle an die Stadtgesellschaft. Dabei sind das Diakoni­ sche Werk und seine Einrichtungen verlässliche und langfristige Mieter. Umso größer die Erleichte­ rung, als endlich Vollzug gemeldet werden konnte. Müller-Brandes bedankt sich in diesem Zusammen­ hang ausdrücklich bei der Stadt Hannover, die den entscheidenden Hinweis gegeben haben soll. Das DüK ist eine Einrichtung der Zentralen Bera­ tungsstelle des Diakonischen Werks und es wird nicht allein in die neuen Räumlichkeiten am Ende der Hochstraße ziehen. »Wir freuen uns, dass wir gleich die große Lösung erreichen konnten«, berich­ tet Müller-Brandes. Große Lösung, das heißt Kom­ plettumzug. Auch die Beratungsstelle verlässt die maroden Gebäude in der Hagenstraße und wird direkter Nachbar des Tagestreffs. Künftig werden hier die Hilfsangebote für Wohnungslose und von Wohnungsnot bedrohte Menschen gebündelt. Zum 1. August sollen die neuen Räume bezugsfertig sein. Das »DüK« ist eine der zentralen Anlaufstellen für wohnungslose Menschen in Hannover. Täg­ lich besuchen mehr als 60 Personen den Tagestreff. Außer den wohnungs- und obdachlosen Besuchern kommen auch ehemals Wohnungslose, Rentner, Alg-II- und Sozialhilfeempfänger in den Tagestreff­ punkt. Dort finden sie sanitäre Einrichtungen, eine Küche, Waschmaschinen und Schließfächer sowie ein Angebot an Freizeitaktivitäten. Fernsehen oder Internet können ebenso wie Telefon, Fax und Büro­ material genutzt werden. UM


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Fotos: Picture-Alliance/ZB

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REINE UDOPIE Auch mit 70 Jahren ist Udo Lindenberg noch kreativ, schräg, originell und vor allem authentisch. Vom ewigen Panik- irgendwann zum deutschen Bundespräsidenten aufzusteigen, hält der manchmal politisch Unbequeme, aber immer Engagierte, für gar keine schlechte Idee. Ist die Bühne für Sie das wirkliche Leben? On stage bin ich lebendig. Das ist mein Eldorado. Wenn ich da so rausgehe auf die Bühne mit der Panikfamilie, dann spüre ich: Das ist hier mein Zuhause. Egal, wo wir gerade spielen. So bewusst wurde mir das eigentlich erst während der Riesen­ tourneen der letzten Jahre.

Auf Tour spielen Sie jeden Abend eine dreistündige Show. Wie oft und intensiv trainieren Sie? Man nennt mich auch einen kenianischen Langstreckenläufer oder eine flinke Gazelle. Eine Show ist natürlich eine sportliche Angelegenheit. In den Monaten vor einer Tournee und immer

mal wieder zwischendurch bin ich in den Nächten irgendwo unterwegs und jogge. Damit ich mich nicht verlaufe, trage ich meine grünen Leuchtsocken. Dann mache ich Sit-Ups. Denn du musst dich tausendprozentig auf den Body verlassen können.

Das war bei Ihnen nicht immer so… Mein Body kennt das auch anders, nämlich, als ich ihn wie einen Hund hinter mir hergezogen habe. »Komm, Scheiß-Body, wir gehen Ballern und nehmen alles Mögliche ein, bis der Arzt kommt«. Das kennt mein Body auch. Und jetzt freut er sich, dass ich ihn gut behandle. Die meisten Rock ’n’ Roller sind mit 70 platt, Radieschen gucken.


»Da müssen Leute kommen, die gut schnacken können.« Mit Politikern schnacken kann er, das hat er oft bewiesen: Udo Lindenberg hier im Gespräch mit Bernhard Vogel, Roman Herzog und Volkhard Germer in Weimar 1999.

Heute sagt Ihr Kardiologe über Sie: »Udo Lindenberg ist ein vorbildlicher Patient«. Wie viel Zeit verbringen Sie bei Ärzten?

Als jemand, der in den Medien viel zu Wort kommt, kann ich für das ein oder andere Thema sensibi­ lisieren. Um die bunte Republik Deutschland Ja, Ärzte treffe ich schon öfter Mal. Mit einigen bin ich sogar weiter nach vorne zu puschen. Ich bin für eine gut befreundet. Auf Tour hatten wir vier Ärzte dabei, darun­ Welt ohne Mauern, Abgrenzung und National­ ter einen HNO-Arzt für die Stimme. Aber ich wende überhaupt staatlichkeit und für das Aufdecken der Verbre­ keine Gesangstechnik an, ich habe auch keine. Ich singe ein­ chen der Waffenlobby und der Rüstungsindustrie fach ungefiltert aus meiner Seele heraus. Vor dem Singen gur­ in Deutschland, Ami-Land und Russland. gele ich meist mit Eierlikör, für die raueren Songs nehme ich einen Schluck Whiskey. Für Enthüllung der Zusammenhänge also… Ja, denn vor dem Hintergrund dieser ganzen Kri­ minalität und Waffenproduziererei werden Insze­ Kennen Sie stimmliche Krisen? Nee, ich kenne aber alkoholbedingte Krisen. Ich war hauptbe­ nierungen gebaut, und im Nebel der Propaganda ruflich Schluckspecht, habe Alkoholwissenschaften studiert. geht vieles unter. Irgendwann weiß man gar nicht Ich wollte mich nach vorne trinken und gucken, was hinterm mehr, welches Elend die Waffen in Syrien, Jemen Horizont für neue Texte kommen. Oder wie ich mich dem­ und Sudan eigentlich anrichten. So lange man nächst auf der Bühne sehe. Bin ich vielleicht so eine Art Chan­ dem Wahn des Hasses auf Fremde oder Ungläu­ sonnier meinem Alter entsprechend? Irgendwann habe ich bige nachhängt, lacht eigentlich nur die Waffen­ industrie. Alle anderen wie Kinder und Frauen gedacht, das ist Quatsch. leiden. Ahnungslose junge Soldaten werden bis an die Zähne hochgerüstet für die Nato-Oster­ Was ist für Sie der Sinn des Lebens? Für mich sind das Erkenntnisse. Wie man mit Kunst weiter­ weiterung. Putin dreht irgendwann ab und macht kommt, und was sie bewirken kann. Sprache, Worte, Gedanken, bedrohliche Dinge, damit haben die Amis einen Visionen können einem Power geben. Nicht nur meine, son­ Grund, einen Raketengürtel zu bauen. Irgendwann dern auch die von Freunden. Ich debattiere mit vielen Leuten bauen sie den vielleicht sogar rund um die USA über Texte und gesellschaftliche Entwicklungen, auch Politik. und sagen: »Die ganze Welt ist so im Arsch, lass die


Angela Merkel strebt eine vierte Amtszeit als Kanzlerin an. Wie finden Sie das? Ich finde das gut, weil sie Moral und Mitgefühl zeigt und sich dazu bekennt. Es waren nicht nur die kalten Fakten, die sie dazu bewogen haben, die Grenzen zu öffnen, sondern es war auch ihr Mitgefühl. Denk an Budapest: Da waren Menschen eingepfercht wie Tiere, die wollte sie nicht zurück­ schmeißen in die Hände des IS oder in die ausgebombten Städte wie Aleppo und Homs. Das kann man nicht machen – wir müssen das geregelt kriegen! Bei der Einwanderung sind natürlich Fehler passiert, man hatte nicht mit so vielen Menschen gerechnet. Aber sie sind jetzt dabei, es unter Kontrolle zu kriegen. Jedenfalls hat Frau Merkel Mitgefühl gezeigt für die Menschen in Notsituationen, knapp am Tod vorbei.

Was würden Sie ihr raten? Sie sollte mehr zu den Menschen sprechen. Hingehen und mit den Leuten reden. In der AfD sind nicht nur Nazis, da versammeln sich viele, die sich von der Regierung nicht mehr wahrgenommen fühlen und Ängste haben. Links- und Rechtsradikale sollten hingegen die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. Wir müssen zusehen, dass uns die Demokratie nicht irgendwann flöten geht.

Es gibt sehr viele Menschen, die überhaupt keine Erwartung mehr an Politik haben und deshalb die AfD wählen. Was können Künstler da ausrichten? Wir können die Menschen sensibilisieren. Auch Grönemeyer bezieht Position; Bono, Bryan Adams, Sting und Springsteen tun dies internatio­ nal. Es könnten noch ein paar mehr Künstler aus anderen Genres einstei­ gen. Zum Beispiel aus der Schlagerecke. Das ist keine Forderung, sondern die Äußerung eines Wunsches. Kultur und Politik schließen sich nicht aus. So wie damals mit Willy Brandt und Egon Bahr bei der Ostpolitik oder der Anti-AKW-Bewegung mit den Grünen. Aber es muss auch Politiker geben, die in der Lage sind, zu den Menschen zu sprechen. Und zwar in einer Art und Weise, dass man sie auch versteht. Und nicht Politologen­ deutsch vom EU-Kommissar mit der neuesten Schraubennorm. Da müs­ sen schon Leute kommen, die gut schnacken können.

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doch machen, was sie wollen!« Der Rückfall in die Nationalstaatlichkeit ist schlimm.

ja hier das weiße Schloss Atlantic. Autos und Bodyguards haben wir auch selber. Es ist eigentlich alles da, alles cool. Die Meetings und Beratungen des Bundes­ präsidenten finden dann an der Bett­ kante statt wie früher in Kreisen des Hochadels. Da kommt dann ein anderer Politikstil rein.

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Wären Sie mit 75 zu alt für das Enter­ tainment? Nein, Musik mache ich trotzdem wei­ ter. Ich bin dann ein singender Staats­ präsident. (lacht) Muss ja, denn wenn man dem Volk diese Droge entzieht, das Udopium, gibt es völlige Verzweiflung. Ich bin sowieso multifunktional, ich male ja auch, das ist alles im Präsiden­ tenamt zu machen.

Sie sind in rebellischen Zeiten auf­ gewachsen. Gegen was rebellieren Sie heute? Gegen das Wegducken und Anpassen. Ich plädiere für die Individualität und dafür, dass jeder sein Ding macht. Scheiß egal, was die anderen sagen und in freund­ licher Absprache mit den Andersden­ kenden. So, dass man gemeinsam geile Sachen hinkriegt. Dass man sich nicht anpasst, sondern in seiner Selbstfindung und -erfindung wie ein Leuchtturm in der Gegend steht. Als wichtiger Beitrag für alle Menschen. Ich erfreue mich an jedem Paradiesvogel und Querdenker jenseits vom normalen Mitgelatsche. Interview: Olaf Neumann

Wer zum Beispiel? Gregor Gysi ist ein Sprecher, der einen antörnt. Davon gibt es nicht viele. Dann schon eher bei den Musikern. Solange die Politiker es nicht hinkrie­ gen, muss ich selber in die Politik einsteigen mit der Panikpartei … (lacht) Aber ich will erst noch ein bisschen weitermachen mit Musik und Kul­ tur weltweit erforschen. Bis ich dann vielleicht mit 75 ready bin für das Amt des Präsidenten in Deutschland.

Was würde sich dann ändern? Es gäbe keine Militärparaden. Es wäre sehr preiswert für das Volk, weil dann das Schloss Bellevue nicht mehr bezahlt werden müsste. Wir haben

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RUND UM ASPHALT

Erdachtes und Erlebtes von Scheitern, Hoffen, Vorurteilen, von alten Freundschaften, Möpsen und Kampfkatzen: Acht namhafte Autorinnen und Autoren der hannoverschen und oldenburgischen Lesebühnen- und Poetry Slam-Szene haben zum AsphaltTag am Freitag, den 13ten Januar, ihre Kunst in den Dienst der guten Sache gestellt. Und unter Verzicht auf jede Gage Kopf und Herz von gut 50 Zuhörern mit Leichtigkeit und Tiefgang berührt. Haben mit ihren feinen Alltagsbeobachtungen und wunderbar pointierter Wortakrobatik so etwas wie politisches Feuilleton Sachstandsberichte und -gedichte zur Zeit live auf die Bühne gebracht. Witzig meist, eher nachdenklich manchmal. Einige der vorgetragenen Texte haben wir passend zur Veranstaltung in unserer Sonderausgabe »Asphalt Poetry« zusammengefasst und damit einen bisher einzigartigen Überblick über die beliebte Lesebühnenszene in Niedersachsen präsentiert. Asphalt und Geschäftsführer Reent Stade (li.) danken von Herzen Robert Kayser, Johannes Weigel, Wolfram Hänel, Tobias Kunze, Judith Simon-Graf, Hartmut El Kurdi, Marlene Stamerjohanns, Annika Blanke (v. l. n. r.). Musikalisch ummantelt wurde die Lesebühne im Freizeitheim Hannover-Döhren von Büttners Best Choice, der Band der Wohnungslosen­ einrichtung Werkheim in der Büttnerstraße, die mit Songs von Nobelpreisträger Bob Dylan die Pausen angenehm verkürzten. MAC

Fotos V. Macke

Freitag, 13. – Poetry Slam

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Asphalt Poetry »Die im Dunkeln sieht man nicht …«

Spezial · 2,20 Euro

13 Autorentexte der Slam- und Lesebühnenszene in Hannover und Oldenburg Bestellung: Telefonisch unter 0511 – 30 12 69-0 oder per E-Mail: birnstiel@asphalt-magazin.de für 2,20 Euro zzgl. Porto oder über Ihren Stammverkäufer.

Poetry


Roland Kallidat hatte schon vor fünf Jahren eine tolle Idee: Unser treuer Asphalt-Leser hat nämlich am 13. Januar Geburtstag. Und weil vor fünf Jahren sein Fünfzigster auf Freitag, den 13. fiel, sammelte er statt Geschenke für sich lieber Geldspenden für Asphalt! In diesem Jahr war es wieder so: Der 13. Januar fiel auf einen Freitag (also auf den »Asphalt-Tag«), Roland Kallidat wurde 55 und ließ sich zugunsten von Asphalt beschenken. Nach eigener Aufstockung kam die nette Schnapszahl von 555 Euro zusammen. »Vielleicht kann das andere Menschen anregen, ähnlich zu handeln«, sagt Roland Kallidat, bei dem wir uns für so viel Engagement herzlich bedanken. Alles Gute nachträglich! KIE

Warm sind sie. Und regenfest. Und weithin sichtbar sind sie auch. Die neuen Jacken der Asphalt-VerkäuferInnen. Hoffentlich unverwüstlich und funktional. Asphalt hatte speziell dafür um Spenden gebeten und viele unserer Leserinnen und Leser gaben gern. Aufgestockt von der Ricarda und Udo Niedergerke Stiftung in Höhe von 4.000 Euro. »Endlich können wir all unseren Mitarbeitern wieder wirksamen Schutz vor dem norddeutschen Wetter bieten«, freute sich Vertriebsleiter Thomas Eichler (im Bild mit Verkäufer Michael, Ricarda und Udo Niedergerke und Verkäuferin Inge-Lore, v.l.). MAC

Freitag, 13. – Songwriter-Benefiz Fünf Singer/Songwriter haben mit musikalischen Perlen das Publikum im Kulturpalast in Hannover-Linden begeistert. Und an diesem Abend all ihr Können für Asphalt gegeben. Die HannoveranerInnen Hellenshirly, Natascha Bell und Tycho Barth sowie der Stuttgarter Konstantin Kenntner und der Berliner Ukulelenprediger Samuel Beck vermischten feingewebliche Songs und wuchtige Texte voller Vehemenz und Intelligenz zu einer wunderbar verspäteten Neujahrsmischung. Seit Jahren unterstützt Kulturpalastchefin Simone Beer die Wohnungslosenhilfe samt Asphalt immer wieder mit einem solchen Neujahrskonzert. Spenden in Höhe von 250 Euro haben die Gäste an diesem Abend im Palast für Asphalt dagelassen. Danke. MAC

gesucht – gefunden Verkäufer Olaf: Wer verschenkt ein Mischpult für Musik? Schön wäre, wenn es einen USB-Anschluss hätte, muss aber nicht sein. [V-Nr. 1612] Kontakt: 0157 – 79 52 36 77.

Verkäuferin Sissy: Ich suche eine oder zwei Matratzen mit den Maßen 90 – 200 cm oder 140 – 200 cm. [V-Nr. 1982] Kontakt: 0177 – 930 89 21.

Verkäufer Reinhold: Ich suche Arbeit als Hausmeister, in der Gartenpflege (Winter-, Baum- und Heckenschnitt) oder als Maler. [V-Nr. 137] Kontakt: 0175 – 802 22 23.

Verkäuferin Martina: Ich suche eine 1 – 2-Zi-Whg. möglichst in Linden (Glocksee) oder Limmer bis ca. 500 Euro warm. Ich wohne zurzeit im vierten Stock und schaffe das nicht mehr. Danke! [V-Nr. 2107] Kontakt: 0177 – 247 22 63.

Verkäufer Klaus: Ich suche ein (gebrauchtes) Tablet. [V-Nr. 1418] Kontakt: 01520 – 599 56 82. Verkäufer Frank: Suche eine Kommode in Kiefer und eine Vitrine (Zinn). [V-Nr. 2041] Kontakt: 0151 – 41 62 44 79.

Verkäufer Mario: Ich suche einen Flachbildfernseher und ein Laptop. [V-Nr. 1970] Kontakt: 01575 – 543 35 09.

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Neue Jacken für die Straße

Foto: J. Kießling

Freitag, 13. – Geburtstagsspende

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RUND UM ASPHALT

WIR GEDENKEN Die im Jahr 2016 verstorbenen Männer und Frauen aus der Wohnungslosenszene sind nicht vergessen. Wir haben sie geschätzt, wir sind mit ihnen einen Teil ihres Weges gegangen, wir haben mit ihnen gelacht und geweint. Wir trauern um sie. Wir erinnern uns an sie – als Würdigung ihrer starken Persönlichkeiten und als Trost für die Lebenden. Denn tot ist nur, wer vergessen wird.

Reiner Ahrens * 8.8.1955   † 22.12.2015

Witold Kaczmarek * 23.5.1957   † 23.9.2016

Werner Schürhorst * 7.1.1954   † 2.7.2016

Mike Bertrand * 7.10.1982   † 09/2016

Peter Kohl * 18.1.1950   † 2016

Holger Schütt * 27.12.1956   † 20.10.2016

Adelgunde Fischer * 7.12.1963   † 3.12.2015

Jean-Pierre Köhn * 6.4.1972   † 10.2016

Denis Senge * 30.3.1988   † 9.9.2016

Frank Gaizdrych * 8.8.1964   † 6.10.2016

Andreas Kozubek * 10.11.1953   † 21.5.16

Detlef Otto Sewelies * 18.2.1952   † 27.1.2016

Willy Theodor Giesecke * 7.7.1956   † 22.7.2016

Ole Kühn * 31.3.1979   † 20.10.16

Josef Sobcak * 21.8.1952   † 12/2015

Egon Goerg * 3.7.1957   † 6.10.2016

Valerij Kuznecov * 27.2.1983   † 06/2016

Heinz-Peter Stute * 25.7.1954   † 10.2.2016

Detlef Heinrich * 28.10.1962   † 9/2016

Klaus-Dieter Müller * 18.2.1954   † 16.9.2016

Henryk Szadziewicz * 15.3.1973   † 03/2016

Alexander Jacob * 10.4.1987   † 22.8.2016

Martin Rohde * 11.7.1961   † 25.10.2016

Sevda Tayyar * 7.7.1969   † 4.11.2016

Dirk (Rocko) Jentsch * 15.3.1965   † 6.2016

Daniel Schmitt * 25.2.1982   † 5.12.2015

Rolf Wienert * 3.12.1957   † 09/2016

Thomas Johanning * 7.9.1959   † 12.8.2016

Heinz-Dieter Schulze * 19.2.1934   † 13.2.2016

Pavels Zukovs * 24.10.1965   † 23.2.2016

Freundinnen und Freunde, Besucherinnen und Besucher, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter hannoverscher Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe: »DüK« – Dach überm Kopf, Frauenwohnheim Gartenstraße, Karl-Lemmermann-Haus, Tageswohnung für Frauen- »Szenia«, Kontaktladen »Mecki«, Krankenwohnung »Die KuRVe«, Sewo Nordbahnhof, Werkheim Büttnerstraße, Zentrale Beratungsstelle Hagenstraße, Asphalt-Magazin.


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Asphalt-Benefiz-Triple-Acoustic-Party

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Foto: Archiv

Der Titel der Veranstaltung verrät noch nicht alles, aber viel: drei Bands, Akustik, Benefiz für Asphalt und Party. Den Rest erfahren Sie hier, es handelt sich nämlich um eine richtig coole Aktion! Wer beim Asphalt-Song-Contest 2016 dabei war, der kennt auf jeden Fall The Comets of Doom (siehe Foto). Die Band, die mit ihrem satten, wuchtigen, rockigen Sound und ihrem Song »Märchenland« den zweiten Platz belegte. Ihren Probenraum teilen sich die The Comets of Doom mit den Bands Oversize und Odd’n Sane. Alle drei gemeinsam lassen am 17. Februar die »Asphalt-Benefiz-Triple-Acoustic-Party« im Kulturzentrum Pavillon steigen: Ein Konzert der Extraklasse zugunsten von Asphalt! Um 19.30 Uhr geht’s los, Einlass ist ab 18.30 Uhr, Eintritt kostet 6 Euro, alle Einnahmen und am Abend gesammelte Spenden kommen Asphalt zugute. Wir bedanken uns schon im Voraus bei allen mitwirkenden Musikern, bei den (hoffentlich zahlreichen) Zuschauern, beim Veranstalter FeinTon – Promotions & Merchandise und freuen uns auf einen großartigen Abend! KIE

The Comets of Doom belegten beim letzten Asphalt-ProtestsongContest den 2. Platz.

Wir laden ein zum

Zukunftstag bei  Am 27. April 2017 ist für viele Mädchen und Jungen der 5. bis 10. Klassen wieder Zukunftstag – ein Tag zum Reinschnuppern und Kennenlernen von Arbeitsfeldern. Bei Asphalt habt ihr in diesem Jahr erstmals die Gelegenheit an diesem Tag folgende Einblicke zu erhalten: * Wie arbeitet die Redaktion einer Straßenzeitung? * Wie sieht das hannoversche Hilfesystem für Wohnungslose aus? * Wie hilft das Projekt »Soziale Straßenzeitung« den Verkäuferinnen und Verkäufern? Wenn ihr Interesse habt, dann meldet euch bei uns – fünf Plätze haben wir frei!

macke@asphalt-magazin.de oder 0511 – 30 12 69-14


»SCHALTER UMGELEGT« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäufer Micha (55). Herzlichen Glückwunsch, Micha! Du hast am 21. Februar Geburtstag. Wie alt wirst du? 55. Ich feiere dieses Jahr nur besondere Geburtstage. Asphalt verkaufe ich in diesem Jahr nämlich auch schon seit 15 Jahren.

Hattest du schon Erfahrungen mit Entgiftungen? Nein, das war meine erste und einzige, obwohl ich schon seit meinem 17. Lebensjahr exzessiv getrunken habe.

Wie hat das damals angefangen?

Während meiner Lehre in der Fleischerei haben wir in den Nachtschichten immer »Flaschen kreisen« mit Wodkapullen Wie bist du damals zu Asphalt gekommen? Ich bin am 23. Januar 2002 aus dem Osten rübergekommen gespielt. Und auch nach Feierabend ging es immer hoch her. und habe dann erst mal für ein halbes Jahr im Männerwohn­ Irgendwann wurde ich dann nur noch von meiner Sucht nach heim in der Büttnerstraße gewohnt. Ich wollte aber irgend­ Alkohol und Tabak beherrscht. Den ganzen Tag ging es immer etwas machen, nicht nur herumsitzen. Durch Zufall habe ich nur darum, wo ich was zu Saufen oder zu Rauchen herbe­ dann einen Flyer von Asphalt entdeckt und bin dann einfach komme. Das hat total genervt, vor allem auch während meiner Zeit auf der Straße. Das war noch in Leipzig; unmittelbar, bevor mal vorbeigegangen. ich nach Hannover kam.

Wo kommst du ursprünglich her? Aus Leipzig. Da habe ich auch schon »die KiPPE« verkauft. Das ist die Straßenzeitung aus Leipzig. Damals habe ich noch getrunken. Zum Glück ist das vorbei.

Wie lange bist du trocken? Zehn Jahre sind das jetzt schon.

Gratuliere! … wieder eine besondere Zahl, die du dieses Jahr feiern kannst. Stimmt. Ich bin echt froh, dass ich mich damals für die Ent­ giftung entschieden habe. Zuletzt habe ich 24 bis 30 Flaschen Alsterwasser pro Tag getrunken.

Wie bist du da hinein geraten? Ich habe meinen Job verloren, getrunken und dann eben keine Miete gezahlt und zack, schon war ich auf der Straße. Man­ che Sachen waren aber auch ganz schön. Im Sommer habe ich immer an einem See geschlafen. Das erste, was ich morgens gesehen habe, war der See. Ich war frei. Sesshaft bin ich erst in den letzten 15 Jahren geworden, seit ich in Hannover bin.

Woran liegt’s? Ich bin einfach älter geworden. Ich habe zwei Töchter bekom­ men. Auch in Leipzig habe ich einen Sohn, doch damals war ich zu jung und habe mich nicht besonders gut um ihn geküm­ mert. Bei den Mädels will ich das besser machen.

Was ist dann passiert? Es war an einem superheißen Tag im August. Ich hatte vor­ mittags schon acht Flaschen getrunken. Mittags hatte ich dann einen Termin vor Gericht wegen der Erschleichung von Dienstleistungen – Schwarzfahren also. In dem Zimmer im Gericht waren bestimmt fünfzig Grad. Nachmittags habe ich immer schön weitergetrunken, aber nichts gegessen und irgendwann gegen frühen Abend bin ich dann einfach zusam­ mengeklappt. Kreislaufkollaps. Ich kam ins Oststadtkranken­ haus und dort haben sie mich gefragt, ob ich eine Entgiftung machen will.

Leben sie bei dir? Nein, sie sind in einer Pflegefamilie. Die Mutter der Mädchen und ich treffen uns aber regelmäßig alle sechs Wochen mit den beiden und ihrer Pflegemutter. Da freue ich mich immer richtig drauf.

Bist du mit der Mutter der beiden noch zusammen? Nein, ich habe jetzt eine andere Partnerin. Wir leben zusam­ men in Ahlem. Ich bin sehr froh, sie gefunden zu haben.

Was wünschst du dir für deine Zukunft? … und das hast du dann gemacht. Ja, zehn Tage hat das gedauert. Seit dem habe ich nie wieder einen Tropfen Alkohol angerührt. Durch das Ereignis hat sich bei mir ein Schalter umgelegt. Ich wollte einfach nicht mehr trinken.

Ich würde gerne endlich meinen Führerschein machen, aber dafür muss ich wohl noch einige Zeitungen verkaufen. Ansons­ ten bin ich wunschlos glücklich und zufrieden mit dem, was ich habe. Interview und Foto: Svea Kohl


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Verkäufer Micha bietet Asphalt in der Kurze-Kamp-Straße in Bothfeld an der Post an.


Das muss mal gesagt werden… Es ist da, das neue Jahr. Da hat mir neulich ein netter Bekannter erzählt, er habe alles, was er sich für 2017 vorgenommen habe, gleich in den ersten drei Tagen des neuen Jahres erledigt. »Nun bin ich damit durch«, sagt er freudestrahlend. Wie habe ich ihn doch beneidet! 2016 wollte ich unbedingt meinen Keller entrümpeln, der es bitter nötig hat, da sich in den Jahren so einiges ansammelte, was nicht mehr gebraucht wird. Getan habe ich es nicht, aber mir zum letzten Jahreswechsel noch einmal vorgenommen. Woher kommt eigentlich diese Sitte, sich etwas vorzu­ nehmen für das neue Jahr?! Ich befürchte, bei mir bleibt es wieder bei dem »eigentlich müsste ich dringend …«. Es drängt sich mir der Verdacht auf, dass ich diese Sätze 2018 immer noch schreiben kann. Schauen wir mal! Erst einmal freue ich mich auf dieses Jahr und hoffe, es wird friedlicher und schöner als das alte zu Ende ging. Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.


2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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Zu Karin Powsers Kolumne »Das muss mal gesagt werden …« in der Oktober-Ausgabe

ABSTURZ

AUFWIND

Gesundheitscheck per App voll im Trend.

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Verächtliche Polemik

Schon seit langem kaufen wir regelmäIN DER FALLE ßig Ihr Magazin »Asphalt«, um die sozial Schwachen zu unterstützen. Wir begrüßen diese Initiative sehr. In der Kolumne »Das muss mal gesagt werden…« jedoch verstoßen Sie gegen alle Regeln guter journalistischer Arbeit: Mit beißender, verächtlicher Polemik ziehen Sie über die Wähler der AfD her (z.B. »die Allerdümmsten«), so, als seien deren Ängste irrelevant. Wer gibt Ihnen das Recht, so über Besorgnisse anderer zu sprechen? Wieso ist es abscheulich, zur Flüchtlingspolitik eine kritische Haltung einzunehmen? Wer bestimmt, was gut und richtig ist? Wie kommen Sie dazu, hier einseitig, unbegründet und abschätzig über eine Partei zu sprechen? Ist jedes kritische Argument, das die AfD vorträgt, automatisch »Hetze«, nur weil es Ihnen nicht gefällt und es von der AfD kommt? Wenn Sie so schreiben, dann wäre es mindestens angemessen gewesen, einen Vertreter der AfD zu Wort kommen zu lassen. Aber nicht einmal diesen Rest an Fairness haben Sie aufgebracht. Eigentlich wollte ich in Zukunft vom Erwerb des »Asphalt« absehen, doch da mir dessen Verkäufer zu wichtig sind, werde ich das Magazin weiter erwerben, obwohl sich dessen redaktionelle Arbeit auf bescheidenem Niveau befindet. Matthias Dorn, Hannover Rentenpolitik schafft Armut statt Sicherheit im Alter.

2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

ANTRIEB

Intendant Walburg über Kunst, Politik und Vertreibung.

Asphalt verlost 10 x 2 Karten für den Zoo Hannover!

8 Seiten mehr:

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BRIEFE AN UNS/ZOO-RÄTSEL

Zur Todesanzeige des AsphaltVerkäufers Holger in der Dezember-Ausgabe

Trauer um Holger

Siegertexte des Schreibwett­ bewerbs

Unser Döhrener Asphalt-Verkäufer Holger ist tot. Dieser schmächtige, immer freundliche Mann hatte seinen Stammplatz auf dem Fiedelerplatz. Manchmal saß er auch vor Lidl auf seinem stoffbespannten Klappstuhl, beobachtete, wer aus und ein ging, hielt mit denen, die vorbeikamen, einen kleinen Schwatz und war immer bereit, auf Hunde oder volle Einkaufs­ taschen aufzupassen. Am glücklichsten war er, wenn er seinen Stammkunden – und davon hatte er viele – etwas schenken konnte, mal einen Kugelschreiber, mal einen Chip für den Einkaufswagen, vor allem immer ein offenes Ohr. Im Dezember wäre er sechzig Jahre alt geworden, das hat er nicht mehr erreicht. Wir vermissen ihn. Barbara Gerth, Hannover

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FROHES FEST

ENTZAUBERT

Daniel Radcliffe über das Leben nach Harry Potter.

ENTRECHTET

Häftlinge gründen Knast-Gewerkschaft.

ENTFACHT

Diskussion um Bettler in der Innenstadt.

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Vielen Dank für Ihre Meinung! Die Redaktion behält sich vor, Briefe zur Veröffentlichung zu kürzen.

Gewinnsp

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Riesenfreude im Erlebnis-Zoo Hannover: Innerhalb der letzten drei Monate wurden drei Elefantenbabys geboren! Die ersten beiden kamen am 22. und 23. Dezember zur Welt, das dritte im Januar. Alle Jungtiere wurden im Kreis der Herde geboren und mit großem Trompeten begrüßt, schon kurz nach der Geburt standen sie bereits auf ihren noch wackeligen Beinchen. In den nächsten Wochen werden die Kleinen immer mal wieder im Dschungelpalast zu sehen sein, dürfen sich aber nicht erkälten. Die Elefantenfamilie wächst übrigens weiter: Baby Nr. 4 wird im April erwartet. Möchten Sie gern den Kindersegen der Elefanten bestaunen? Dann beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Wann wurden die ersten beiden Elefantenbabys geboren? Die Lösung unseres letzten Zoo-Rätsels lautete: Rot.

Foto: Zoo Hannover

Kindersegen im Elefantenhaus

Schicken Sie uns eine Postkarte, eine E-Mail oder ein Fax mit Ihrer Antwort und dem Stichwort »Zoo« bis zum 28. Februar 2017 an: Asphalt-Redaktion, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover, gewinne@asphalt-magazin.de, Fax: 0511 – 30 12 69-15. Bitte vergessen Sie Ihre Absender­ adresse nicht! Viel Glück!


BUCHTIPPS Märchenrealismus »Müssen wir hier wohnen?«, fragt Kalinda, als der Transporter hält. »Ja«, sagt Freddy, den sie nicht Papa nennen will, »das müssen wir.« Ins Sommerhochhaus zieht niemand, der auch woanders unterkommen könnte. Für den elfjährigen Albert aber ist es das schönste Haus der Welt, ein Abenteuerspielplatz. Hier verbringt er seine Zeit. Albert zeigt Kalinda die geheimen Ecken des Hauses und seine schrägen Bewohner: Die schreckliche Frau Urgel mit dem fliegenden Mops Moppel. Doktor Korzy, der vielleicht sogar ein richtiger Arzt ist. Oder Rosie, die einen Gemischtwarenladen in ihrer Wohnung betreibt. Als beide in einer Regennacht aus ihren Fenstern schauen, sehen sie unter der Autobahnbrücke einen Riesen. »Der Riese, der mit dem Regen kam« steht mit beiden Beinen in der nicht immer schönen Realität, durchbricht deren Grenzen und erzählt eine fantastische Geschichte von Freundschaft, Verlust und dem Wunsch, geliebt zu werden. BP Stefan Boonen, Tom Schoonooghe · Der Riese, der mit dem Regen kam · Fischer · 14,99 Euro · Ab 8 Jahren

Schmetterlingswörter Der Tag, an dem Saída kommt, ist kalt und neblig. Die kleine Erzählerin sieht gleich, dass Saída traurig ist. Weil das Mädchen nicht spricht, glaubt sie, Saída habe ihre Wörter verloren. Irgendwann merkt sie: Saída hat eine eigene Sprache. Die ist voller »Ch«, und wenn man sie aufschreibt, sehen die Buchstaben aus wie Blumen und Insekten. Saída spricht arabisch. Die beiden Mädchen beginnen gemeinsam, in ihren Sprachen Wörter zu suchen, zu finden und zu tauschen. Der Winter endet, das Licht wird wärmer. »An manchen Tagen schichteten wir die Wörter zu Hügeln auf und ließen uns darauffallen.« »Am Tag, als Saída zu uns kam« ist ein poetisches Vorlesebuch über Freundschaft. BP Susana Gómez Redondo, Sonja Wimmer · Am Tag, als Saída zu uns kam · Peter Hammer · 15,90 Euro · ab 5 Jahren

Sich aufschreiben »Das hier ist kein Tagebuch« ist – natürlich – ein Tagebuch. Boudewijn ist 16 und hat keine Lust. Zu nichts. »Müde ist kein Gefühl, sagt mein Vater. Er hat unrecht. Es ist ein beherrschendes Mistgefühl.« Seit einer Ewigkeit kann er nichts als im Bett zu liegen, bis sein Vater ihm ein Ultimatum stellt: Jeden Tag ein Eintrag ins Tagebuch, jeden Tag eine der CDs von dem Stapel, den sein Vater ihm ins Zimmer stellt. Widerwillig beginnt Boudewijn mit dem Stabat Mater von Pergolesi und mit den ersten Notizen. Wortkarg schreibt er über die bleierne Schwere der Depression, über seine kleine Schwester und über den Auslöser des Kurzschlusses in seinem Kopf: Vor fünf Jahren hat sich seine Mutter nach langer psychischer Erkrankung umgebracht. Mühsam entwickelt er eine Sprache für die Wut auf sie und einen Blick für die Verzweiflung seines Vaters. So spröde die der Depression abgerungenen Zeilen sind, so berührend, ja: ermutigend ist ihre Lektüre. BP Erna Sassen · Das hier ist kein Tagebuch · Verlag Freies Geistesleben · 17,90 Euro · Ab 14 Jahren


Lesung

Bühne

Verliebt, verlobt, verbockt

Der Freischütz

Die Tochter einer türkischen Einwandererfamilie steht kurz vor der Hochzeit mit einem urdeutschen Rechtsanwalt. Soweit, so normal im Deutschland des 21. Jahrhunderts. Doch dann wird es doch ganz plötzlich turbulent, denn abgesehen vom Brautpaar selbst hat jeder so das eine oder andere Wörtchen bei der Planung mitzureden. Als da wären: Ein manisch-aggressiver Trauzeuge, die türkisch-westfälische Halal-Fleisch-Mafia, die liebes­tolle Eso-Frutarierin Rieke – und natürlich die Eltern der Brautleute, deren Wahnsinn kulturelle Grenzen mühelos überschreitet. Diese Geschichte hat die deutsch-türkische Komödiantin Meltem Kaptan gemeinsam mit ihrem Mann Daniel Holl verfasst, was die Vermutung nahelegt, dass dem Buch »Verliebt, verlobt, verbockt: Meine türkisch-deutsche Traumhochzeit« durchaus die eine oder andere autobiografische Anekdote zugrunde liegt. Im Pavillon stellen sie den Roman vor. 18.2., 20.30 Uhr, Pavillon, Lister Meile 4, Hannover. Eintritt: 9,80 Euro (VVK), 10 Euro (AK), ermäßigt 8 Euro, mit Hannover-Aktiv-Pass 4,90 Euro (VVK), 5 Euro (AK) (nur bei Ticket­ erwerb vor Ort).

Vor 200 Jahren begann der zum Dresdener Opern­ direktor ernannte Carl Maria von Weber an einem Stoff zu arbeiten, mit dem er der allenthalben dominierenden italienischen Oper etwas Eigenständiges und der deutschen Sagen- und Empfindungswelt Entstammendes an die Seite stellen wollte. Das Ergebnis war »Der Freischütz«, der seit seiner umjubelten Uraufführung als das epochale musikalische Bühnenwerk der deutschen Frühromantik gilt. In einer Inszenierung von Dominik Wilgenbus (musikalische Leitung: Werner Seitzer) bringt das Theater für Niedersachsen den klassischen Stoff nun in einer zeitgemäßen Fassung erneut auf die Bühne. 12.2. (kostenfreie Matinee, 11.15 Uhr), 18.2. (Premiere, 19 Uhr), 21. und 25.2. (jeweils 19.30 Uhr), Theater für Niedersachsen, Großes Haus, Theater­ straße 6, Hildesheim. Eintritt: 9 – 35 Euro, ermäßigt 13 – 21 Euro.

Tapfere Schneyderleyns Ein Laden wird zur Bühne: Die »Agentur für Weltverbesserungspläne« inszeniert in der Lindener »Textilgalerie Frau Zimmer« – in der es sonst individuelle Mode und Wohnaccessiores zu kaufen gibt – die Tragikomödie »Die Schneyderleyns«. Darin wird die komplizierte Mutter-Sohn-Beziehung von Anita und Salvatore Schneyderleyn geschildert, die mit einer neuen Geschäftsidee ihren kleinen Familienbetrieb retten wollen – und kurz darauf ums nackte Überleben kämpfen müssen: Nicht nur finanziell steht ihnen das Wasser bis zum Hals, auch ihre eigene Schicksalsgemeinschaft hängt am seidenen Faden. Das gesamte Lindener Ladenlokal wird dabei Teil der Inszenierung. 25. (Premiere, 20 Uhr) und 26.2. (14 Uhr), Textil­ galerie Frau Zimmer, Davenstedter Straße 3, Hannover. Eintritt: 15 Euro, ermäßigt 10 Euro.

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KULTURTIPPS

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Soulige Cellosongs Die Musik von Mela Marie Spaemann schwebt. Die junge Tonkünstlerin studierte Violoncello in Wien und Zagreb. 2015 veröffentlichte sie unter dem verkürzten Namen »Mela« ihr Debüt »The Moony Sessions«. Darauf ist die klassische Ausbildung zwar noch zu hören, allerdings verleiht sie ihrem Spiel verschiedene experimentelle Aspekte und verbindet sie mit ihrer weichrauchigen Soulstimme. Heraus kommen zarte Stücke zwischen Kammermusik, Soul und Jazz. 23.2., 21 Uhr, Feinkost Lampe, Eleonorenstraße 18, Hannover. Eintritt: 8 Euro.

Kinder Der Junge mit dem Koffer

Musik Überbordende Energie Seit 15 Jahren verbindet die Mestizo-Combo »Che Sudaka« aus Barcelona partytaugliche Rhythmen mit einem sozialkritischen Blick auf das Weltgeschehen. Dabei wildern die ursprünglich aus Argentinien und Kolumbien stammenden Musiker munter beim beschwingten Ska, mixen eine Prise Punkrock mit in den lateinamerikanischen Sound und versehen das Ergebnis mit einer schier überbordenden Energie. Dabei hat die Gruppe nicht nur eine musikalische, sondern auch eine ideelle Mission: Gegen kulturelle und politische Grenzen – und für eine solidarische (Welt-) Gesellschaft. So bringt das muntere Quartett sein Publikum regelmäßig zum Tanzen und gleichermaßen zum Nachdenken: Gemeinsam feiern, gemeinsam träumen, solidarisch leben. 16.2., 20 Uhr, Faust (Mephisto), Zur Bettfedern­ fabrik 3, Hannover. Eintritt: 13 Euro (VVK), 16 Euro (AK), mit Hannover-Aktiv-Pass 6,50 Euro (VVK), 8 Euro (AK) (nur bei Ticketerwerb vor Ort).

Hochaktuelles Stück aus der Feder des Theaterautors Mike Kenney für Kinder und junge Erwachsene ab zehn Jahren: Eine Postkarte des großen Bruders von der anderen Seite der Erde ist die einzige Hoffnung für den Jungen Naz, der seine vom Terror bedrohte Heimat verlassen muss. Die abenteuerliche Flucht durch Wüsten, über Gebirge und Meere verbindet Naz mit den Geschichten von Sindbad, dem Seefahrer, die ihm sein Vater immer erzählt hatte. Durch die Erinnerung an Sindbads Reisen gelingt es dem Jungen, auch in großer Not seine kindliche Fantasie zu bewahren. Sie verleiht ihm Kraft für lebenswichtige Entscheidungen und die Hoffnung auf Lebensglück. 10.2., 10 und 15 Uhr, Theater Hameln, Sedanstraße 4, Hameln. Eintritt: 12 Euro, ermäßigt 6 Euro.

Die Vorfahren des Klaviers In der kostenlosen Vorlesungsreihe »KinderUniHannover« stellt die Hochschule für Musik, Theater und Medien (HMTMH) die Frage: »Wie klingen die Vorfahren des Klaviers?« Die Antwort gibt Professor Gerrit Zitterbart, der den jungen Besuchern von acht bis zwölf Jahren die Urahnen des heutigen Konzert­ flügels  – Cembalo und Hammerflügel – näher bringt und sie mitnimmt auf eine Klangreise in die Welt von Bach und seinen Zeitgenossen. Dabei ist es spannend zu erleben, wie unterschiedlich Musik auf Instrumenten derselben Familie klingen kann. Gerrit Zitterbart ist Professor für Klavier an der HMTMH; historische Tasteninstrumente sind einer seiner Schwerpunkte. 21.2., 17.15 Uhr, Richard Jakoby Saal der HMTMH, Emmichplatz 1, Hannover. Eintritt frei.


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Kino Cineastische Entschleunigung »Ich würde lieber einen Film über jemanden machen, der seinen Hund ausführt, als über den Kaiser von China«, hat Regisseur Jim Jarmusch einmal gesagt. Und das hat er nun – mehr oder weniger – auch getan. Das Resultat »Paterson« ist ein eindringliches Filmpoem, unspektakulär, ohne aufregenden Ereignisse, frei von Aggressionen. Wie aus der Zeit gefallen kommt der Streifen über sieben Tage im Leben eines dichtenden Busfahrers (gespielt von Adam Driver), seiner Frau und seinem Hund daher. Aufwachen, der Weg zur Arbeit, die Mittagspause an den Wasserfällen am Passaic River, Gassi-Runde und der Drink zum Feierabend – und tags darauf derselbe Ablauf. Es geht darum, Zeit zu haben und sich Zeit zu nehmen. So gerät Jarmuschs Film zu einer einzigartigen cineastischen Entschleunigung. (Im Original mit Untertiteln) 24. und 25.2., Kino im Sprengel, Klaus-Müller-Kilian-Weg 2, Hannover. Eintritt 5 Euro, mit Hannover-Aktiv-Pass 2,50 Euro.

36 Am Lindener Berge 38 30449 Hannover Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

Februar 2017 Freitag, 3. Februar THE NIGHTHAWKS Eintritt: 20 Euro/ermäßigt 15 Euro Freitag, 10. Februar

Vortrag Jüdisches Leben heute Am 20. Januar 1942 berieten hochrangige Vertreter des NS-Regimes in Berlin über die »Endlösung« der »Judenfrage«. Fast genau 75 Jahre nach diesem als »Wannseekonferenz« in die Geschichte eingegangenen Treffen berichtet Dr. Rebecca Seidler in der Gedenkstätte Ahlem über jüdisches Leben in der heutigen Bundesrepublik. Was bedeutet es, heute als Jüdin in Deutschland zu leben? Welche innerjüdischen Strömungen gibt es? Welche Rolle spielt Antisemitismus im Leben von jüdischen Menschen? Wo liegen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den anderen Weltreligionen? Wie kann der interreligiöse Dialog gefördert und ausgebaut werden? Diese und weitere Fragen sollen im Rahmen einer aktiven Gesprächsund Diskussionsrunde erörtert werden. 12.2., 15 Uhr, Gedenkstätte Ahlem, Heisterbergallee 10, Hannover. Eintritt frei.

EDO ZANKI Eintritt: 20 Euro Samstag, 11. Februar Die Gesellschaft der Freunde des Jazz präsentiert: NINE BELOW ZERO Eintritt: 20 Euro/ermäßigt 15 Euro Mittwoch, 15. Februar AKI TAKASE & DAVID MURRAY Eintritt: 20 Euro/ermäßigt 15 Euro Samstag, 18. Februar THE SOULMATES FEATURING ALANA ALEXANDER Eintritt: 20 Euro Freitag, 24. Februar DAVID KRAKAUER & THE 35 MM ORCHESTRA Eintritt: 20 Euro Samstag, 25. Februar Die Gesellschaft der Freunde des Jazz präsentiert: ELMAR BRAß TRIO Eintritt: 15 Euro

Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

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IHR ENGAGEMENT

Machen Sie mit! Impressum

Herausgeber: Prof. Dr. Heiko Geiling, Hanna Legatis, Rainer Müller-Brandes

Gründungsherausgeber: Walter Lampe

Geschäftsführer: Reent Stade

Redaktion: Volker Macke (Leitung), Jeanette Kießling, Svea Kohl, Ulrich Matthias

Fotografin/Kolumnistin: Karin Powser

Freie Mitarbeit dieser Ausgabe: K. Knopke, J. Kollatsch, O. Neumann, B. Pütter, S. Nolte, G. Schild, W. Stelljes, K. Zempel-Bley

Anzeigen: Heike Meyer

An jedem letzten Dienstag im Monat trifft sich die Runde der Ehren­­ amtlichen in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstal­tungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäufe­rin­nen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen – und ich freue mich, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Das nächste Treffen ist am Dienstag, 28. Februar 2017, um 17 Uhr. Rufen Sie mich einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-26. Herzlichst, Ihr Reent Stade, Asphalt-Geschäftsführer

Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer

Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter)

Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1

Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Herstellung: eindruck, Hannover

Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 25.000

Asphalt erscheint monatlich.

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 20. Februar 2017

Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde.

Asphalt dankt: H.-L. + F. Bertram, I. Jakob, K.-H. Miesner, G. Gleue, P. Hunnemann, H. Evers, I. Hoffmann, U. + A. Nebel, A. K. Thieme, S. Thies, I. KleingaertnerPapastavrou, U. Strauhs, H. Wolf, P. Hoops, M. Wilhelm, T. Kappert, H. Peter, E. Philipp, M. + I. Stertzig, H. Huss, R. Meissner, E. Nagel, S. Klein, W.-R. Reinicke, R. + I. Wagener, G. Windolph, A. Backer, R. Rohde-Ghaffari, G. + E. Staab, M. Heise, G. + H. Reinbold, W. Schaer, I. Hofer-Spruessel, H. Guenter, S. Musli, V. Loeding, U. Huy, K. + H. Hapke, S. Blum, R. Schaprian, J.-P. Loch, E. Buckendahl, A. Schawohl, M. Becker, I. Nordhoff, S. Mohlfeld, R. + P. Wuerz, M. Keese, D. Herzig, W. Koschorke, C. Gebauer, A. Oldendorf, C. Hellberg, C. Gonschor, A-Z Autobedarf, G. + H. Loehr, S. Langner-Kaese, W. Weber, M.-C. Just, B. Steimann, A. + H. Schroeder, H. + M. Legler, A. Duerr, Buchhandlung an der Marktkirche, B. Steimann, C. Zarling, A. + R. Kuder, U. Witte, B. Greyer, W. Muschard, A. Levermann, R. Brauner, S. Keil, S. Rastelli, C. Wenk, M. Beckmann, G. + H. Zobel, O. Ohnesorge, K. Barghop, F. + Dr. A. Pfeiffer, H.-J. Bley, K. Schaefer, K. Engelmann, I. Holzerland, H. Hoffmann, G. Vorholt, K. Bohne, H. Pohl, M. + M. R. Sander, C. Pielok, R. Schummig, H.-F. Wildau, A. Schirm, F. Eretge, S. Kuhn, I. Baurmeister, A. Gossler, F.-E. Koch, A. + C. Mueller, M. Gerdau, G. Hensel, F. Busse, M. Mensing, S. Schweizer, A. + G. Adam, H.-M. Weigel, L. + H. Enke, S. Jost, M. Cordes, M. Donert, M. Schiffkowski, I. Kaiser, M. Koehne, P. Vaillant, B. Ruehe, E. + G. Bock, I. Schmalz sowie allen anonymen Spendern und allen Asphalt-Patinnen und -Paten.

Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger

Verkäuferausweise

Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Ver­käuferInnen mit gültigem Aus­weis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Orange


Aus den nachfolgenden Silben sind 20 Wörter zu bilden, deren erste und fünfte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – einen Spruch von Konfuzius ergeben: an – ar – bi – brunst – büh – chen – dreh – eber – ede – ein – eli – er – ers – gar – ge – ger – gro – hard – hoff – in – ka – kel – land – laub – mus – ne – ni – nest – nis – nug – nung – nung – nuss – öd – protz – rech – stein – te – te – ten – ten – ter – tier – tig – tor – ull – un – zeit – zig

1. Unterscheidung zwischen vor oder nach Christi Geburt 2. Berliner Verlagshaus

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3. Einkaufsgemeinschaft deutscher Kaufleute

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4. Leidenschaft 5. sehr kleine Brutstätte 6. männlicher Vorname 7. Bodybuilder

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir dreimal den Reise­ führer »Kanarische Inseln« aus der neuen Reihe Polyglott on tour. Wer seinen Urlaub auf den Kanaren verbringen möchte, ist mit diesem Begleiter bestens ausgestattet. Der ausführliche Magazinteil stellt die jeweilige Insel vor, ein Tourenteil, eine herausnehmbare Faltkarte sowie Tipps zu Unterkünften, Restaurants und Aktivitäten runden das Angebot dieses praktischen Buchs zur Urlaubseinstimmung ab. Viermal verlosen wir »Mroskos Talente – Das erstaunliche Leben eines Bundesliga-Scouts« von Ronald Reng. Das Porträt erzählt die wahre Geschichte von Lars Mrosko aus Berlin-Neukölln, der aus einfachen Verhältnissen stammt, der sich mit Ladendiebstählen über Wasser hält und der nichts so sehr liebt wie Fußball. Eines Tages landet er in Felix Magaths Büro und seine Karriere als Talentsucher erreicht ihren Höhepunkt … Ebenfalls viermal gibt es bei uns die CD »Die schönsten Pony-Geschichten« zu gewinnen. Fünf süße Anekdoten rund um den Ponyhof für Kinder ab 4 Jahre. Da wird im Heu Verstecken gespielt, da werden Ställe ausgemistet und neue Freundschaften geschlossen. Die Hauptrollen spielen aber natürlich die Ponys, die gestriegelt, gesattelt, gefüttert und gestreichelt werden wollen. Gelesen von Juliane Köhler. Die Lösung des Januar-Rätsels lautete: Freundschaft ist eine Seele in zwei Körpern. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de Einsendeschluss: 28. Februar 2017. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht!

ASPHALT 02/17

SILBENRÄTSEL

8. roher Mensch 9. in der Tiefe 10. Zoo 11. Genehmigung 12. Gebäck mit Hartschalenfrüchten 13. die besten Personen einer Gruppe 14. Staat und Fluss in West-Afrika 15. kreisrunde bewegliche Fläche im Theater 16. Sieger im Wettkampf 17. ausreichend 18. beispiellos 19. positive Erwartung 20. ungenutzte Bodenflächen


Das Fahrgastfernsehen. · Goethestraße 13 A · 30169 Hannover · (0511) 366 99 99 · redaktion@fahrgastfernsehen.de


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