2017 01 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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BOB & JAMES WAHRES MÄRCHEN

Wie Kater Bob dem Obdachlosen James das Leben rettete.

SCHWERER WEG

Wie Integration gelingt: Sprache ist nicht alles.

WEHRHAFTE KNIFFE

Wie Mädchen und Frauen mit Wen-Do stärker werden.


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Notizblock

6 Angespitzt 7

Wir müssen reden

Schaffen wir das mit der Integration? Vorrausetzung sind ausreichende Sprachkurse. Aber nicht nur.

11 Wehr Dich!

Das Selbstbehauptungsprogramm Wen-Do stärkt Mädchen und Frauen.

14 Wer war eigentlich …? 15 Tödlicher Schatten

Soldatinnen und Soldaten aus Lüneburg in Mali aktiv gegen Islamisten.

19 Das muss mal gesagt werden 20

Gemeinsam wohnen

Ein Wohnprojekt hilft gegen das Alleinsein im Alter.

22 Aus der Szene 23 Bob, der Lebensretter

Ab Januar im Kino: Die Geschichte von Straßenzeitungsverkäufer James Bowen und seinem Kater Bob.

26 Aus dem Leben

von Asphalt-Verkäufer Uwe

28 Rund um Asphalt 31 Wie tickt Amerika?

Interview mit Korrespondent und Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni

34 Buchtipps 35 Januar-Tipps 38 Impressum/Ihr Engagement 39 Silbenrätsel

Titelfoto: dpa

Das Asphalt-Prinzip

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung.


wann waren Sie das letzte Mal im Kino? Eine Verfilmung, auf die ich gespannt bin, ist »Bob, der Streuner«, trotz Januar ist das fast noch eine Weihnachts­ geschichte. Der Film handelt von einem Verkäufer einer Stra­ ßenzeitung in London, der ganz unten angelangt ist und des­ sen Leben durch eine besondere Begegnung eine ganz neue Richtung bekommt. Der Verkäufer hat alles aufgeschrieben und sein Buch ist völlig unerwartet ein Bestseller geworden. Am 13.1. kommt der Film in unsere Kinos. Mehr über James, den Verkäufer und seine Begegnung mit Bob finden Sie in die­ sem Heft. Begegnungen helfen Grenzen abzubauen. Auch in unse­ ren Kontexten. Ich freue mich immer, wenn Verkäuferinnen und Verkäufer erzählen, wie sie mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ins Gespräch kommen. Oder wie sie von Ihnen ver­ misst werden, wenn sie einmal krank sind und nicht an ihrem Stammplatz stehen. Um das Abbauen von Grenzen ging es auch im letzten Film, den ich im Kino gesehen habe. »Willkommen bei den Hartmanns«. Ein kluger Film mit Humor, finde ich. Es geht um einen Nigerianer, der in einer gutbürgerlichen deutschen Familie aufgenommen wird, alle möglichen Irrungen und Wir­ rungen inklusive. Nur wenn die Hauptperson in dem Film von seiner Flucht aus Nigeria erzählt, wird es sehr still im Kinosaal. Asphalt berichtet in dieser Ausgabe von der Situation des nicht weit entfernten Mali, wo deutsche Soldaten in der UN-Mission erleben, wie entsetzlich es ist, wenn menschliche Mindest­ standards nicht mehr eingehalten werden. Anders gesagt: wenn Begegnung nur noch über Gewalt stattfindet. Unsere Gesellschaft sollte dafür stehen, wie es auch anders geht. Gott sei Dank gibt es bei uns viele gute Beispiele dafür. Wir vom Asphalt-Team wünschen Ihnen ganz viele solcher guten Begegnungen auch im neuen Jahr. Herzliche Grüße Ihr

Rainer Müller-Brandes · Diakoniepastor und Mitherausgeber von Asphalt

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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Foto: Holger Hollemann/dpa

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Land sieht Obdachlosenproblem nicht Die BAG Wohnungslosenhilfe, ein Verband von Caritas, Dia­ konie und anderen Wohlfahrtsverbänden, hat einen Anstieg der Wohnungslosenzahlen in Deutschland bis zum Jahr 2018 auf rund 536.000 Menschen prognostiziert. Für Niedersach­ sen wären das etwa 50.000 Menschen, knapp 20.000 mehr als heute. Allein in Hannover werden es dann rund 6.000 sein kön­ nen. Darunter viele Zuwanderer, vielfach gestrandete Wander­ arbeiter aus Osteuropa. Erfahrungsgemäß leben rund 15 Pro­ zent der Betroffenen regelmäßig auf der Straße. Anlässlich der Planungen des Landeshaushalts hatte die CDU-Fraktion im Dezember-Plenum deshalb für die Jahre 2017/2018 jährlich 500.000 Euro für »innovative Projekte« im Bereich der Obdach­ losenhilfe gefordert. Die rot-grüne Koalition folgte dem Antrag der CDU nicht. »In Niedersachsen gibt es ein flächendeckendes Netz an Einrichtungen und Diensten, die Hilfe für Obdachlose anbieten. Das Angebot reicht vom Ruhe- und Aufenthaltsraum über Krisenintervention bis hin zur individuellen Beratung und persönlichen Unterstützung«, heißt es aus dem Sozial­ ministerium. Im Übrigen seien die einzelnen Kommunen »bei Gefahr im Verzug, zum Beispiel wenn eine Kältewelle droht, dazu verpflichtet, sich um Menschen zu kümmern, die kein Dach über dem Kopf haben«. MAC

Vertrag mit Muslimen auf der Kippe Hannover. Der Staatsvertrag mit Verbän­ den in Niedersachsen lebender Muslime droht zu scheitern. Die Türkisch-Isla­ mische Union (Ditib) hat die Landesre­ gierung ultimativ aufgefordert, den Ver­ trag bis Ende Februar zum Abschluss zu bringen. Die Landesregierung hin­ gegen plant im Frühjahr öffentliche Diskussionsveranstaltungen in Nieder­ sachsen, die Fragen von Religionsaus­ übu ng, Bestatt u ngen, Relig ionsu n­ terricht, staatliche Zuschüsse für die Verbände und Einf luss auf Funk und Fernsehen klären sollen. Und postu­ liert deshalb: »Die Landesregierung wird kein wie auch immer geartetes Ultima­ tum akzeptieren.« Ursprünglich hatte der jahrelang verhandelte Vertrag frak­ tionsübergreifend mit großer Mehrheit das Parlament passieren sollen. Die CDU aber war vor einigen Monaten angesichts der politischen Entwicklungen in der Türkei aus­gestiegen, weil gerade Ditib mit seiner Nähe zur türkischen Religi­ onsbehörde Diyanet als Partner kaum noch zu akzeptieren sei. MAC

Kommission zu Kindern Hannover. Niedersachsen richtet eine Kinderkommission ein. Sie besteht aus Abgeordneten des Landtags und unab­ hängigen Fachleuten. »Kinderrechte sind ein hohes Gut. Sie stehen bei uns in der Landesverfassung«, so Sozialministerin Cornelia Rundt: »Mit der Kommission wollen wir über Parteigrenzen hinweg das Leben von Kindern und Jugendlichen verbessern.« Mögliche Themen könnten sein: Bildung, Armut, Gesundheit oder Ernährung. Zu den externen Beratern gehören eine ehemalige Sprecherin der Landesschülerschaft, ProfessorInnen, Verwaltungsexperten und der Kinder­ schutzbund. Kinder selbst sind nicht Mit­ glieder der Kommission. MAC


Pflegelobby ohne Kraft Hannover. Niedersachsen erhält eine Pf legekammer, eine Organisation mit Zwangsmitgliedschaft für alle rund 70.000 in der Pflege, in Kliniken und Heimen Beschäftigten. Über die neue Institution erhielten diese »die Macht, sich wirksam in die Gremien und Prozesse der Berufs- und Gesundheitspolitik einzubringen«, sagte Sozialministerin Cornelia Rundt. Bevor Rundt Sozialministerin wurde, war sie Chefin des Paritäti­ schen Wohlfahrtsverband Niedersachsen. Dieser kritisiert die Neugründung seiner einstigen Chefin nun scharf: »Die Pflege­ kammer kostet viel Geld, trägt aber nicht dazu bei, die wirkli­ chen Probleme zu beheben«, sagt Rundt-Nachfolgerin Birgit Eckhardt, Vorsitzende des Paritätischen. »Pflegekräfte müs­ sen besser vergütet und die Arbeitsbedingungen der Branche flexibler werden. Doch statt den Stellenwert der Pflegekräfte zu stärken und das hohe Maß an Qualität in der Versorgung sicherzustellen, wird ein großer Verwaltungsapparat ohne wirkliche Befugnisse geschaffen.« MAC

Rund 7,9 Mio. Menschen leben in Niedersachsen. Ein Plus von 100.000 gegenüber

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Hannover. Mit einem eigenen Landesprogramm will die Koa­ lition im Landtag bisher chancenlose Menschen in Lohn und Brot bringen. Für zunächst jährlich 10 Mio. Euro sollen rund 1.000 Langzeitarbeitslose zurück in den Arbeitsmarkt finden. Seit 2011 stagnieren die Zahlen der Langzeitarbeitslosigkeit auf hohem Niveau: Bundesweit ist rund eine Million Menschen auf Dauer ohne Arbeit, in Niedersachsen waren es zuletzt 91.000. Überdurchschnittlich betroffen sind Mütter mit kleinen Kin­ dern, Ältere und Geringqualifizierte. 1.000 von 91.000: »Das Landesprogramm wird bei weitem nicht ausreichen. Wir brau­ chen einen Paradigmenwechsel im Bund, wenn wir die vielen Menschen und ihre Familien in unserem Land nicht dauerhaft verloren geben wollen – wir brauchen endlich einen öffent­ lich geförderten sozialen Arbeitsmarkt und die Überführung der passiven Leistungen von Hartz-IV-Empfängern in echte Arbeitsverhältnisse«, sagt Thomas Schremmer, sozialpoliti­ scher Sprecher der Grünen im Landtag. Langfristig müsse wie­ der mehr Arbeit als Arbeitslosigkeit öffentlich finanziert wer­ den. Hintergrund: Mit Einführung der Hartz-Veränderungen in der Arbeitsmarktpolitik vor zwölf Jahren waren Arbeits­ beschaffungsmaßnahmen in einem sozialen Arbeitsmarkt faktisch unmöglich gemacht worden. MAC

ZAHLENSPIEGEL » DIE NIEDERSACHSEN«

ABM-Vorstoß vom Land

dem Vorjahr. Dank Zuwande­ rung. Auf 8 Geborene kommen

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im Schnitt 11 Gestorbene.

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67.000 Kinder erblickten in 2015 in Niedersachsen das Licht der Welt. Die Gesamtwirt­ schaftsleistung wuchs in 2015 um

2,1 % (BIP). Die Zahl der

Erwerbstätigen um 0,8 % auf rund 4 Mio. Gleichzeitig erreich­ te die Armutsgefährdungsquote mit 1,2

Mio Menschen

einen neuen Höchstwert von 15,9 %.

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ANGESPITZT

Armut bekämpfen wäre zu viel verlangt. Schöner arm sein, so tickt Hanno­ ver. Mit Spezialbehältern will die Stadt jetzt Sammlern von Pfandflaschen unter die Arme greifen. In den Stadtteilen List und Linden sowie am Stein­ tor, wo das Rotlicht leuchtet, können Jugendliche, die für die Kneipe zu geizig sind, jetzt im Vorbeigehen Gutes tun. Runde stilvolle Edelstahlringe an Laternenmasten laden dazu sein, dort sortiert und ordentlich Pfand­ flaschen zu deponieren, damit die Armen sie sich dort abholen dürfen. Wie schön kann Armut doch sein, wenn die Flasche nicht aus dem Müll, sondern aus Edelstahlringen geklaubt werden kann! Acht Cent im Vor­ beigehen. Das lädt doch beinahe zum Nachahmen ein. Das ganze neue Projekt wird natürlich sozialwissenschaftlich begleitet – man weiß ja doch noch so wenig über die Motive dieser armen Leute heutzutage. Das geht noch besser. Aus eins mach drei. Tolle Innovationen für die von ganz unten: Wie wäre es, wenn der neue rot-grün-gelbe Trupp im han­ noverschen Rat nach den Sammlern auch den Bettlern liebevoll unter die Arme greift? Mit in der Georgstraße und auf der Lister Meile fest instal­ lierten Bettelbechern aus Hartplastik etwa. Damit würde zum einen der räumliche Abstand zwischen den einzelnen Bettlern ordnungsrechtlich klar

»ARMUT MIT KOMFORT«

definiert, und die Armen würden zugleich nicht mit leeren Kaffeebechern oder gar zerbrechlichen Glasbehältern hantieren müssen. Das schont die Umwelt, sieht recht adrett aus und ist ja auch irgendwie voll würdevoll. Und weil der Mensch nicht allein von Flaschen, Bechern und Würde lebt, sondern auch mal ausruhen muss, sollten künftig in noch festzulegenden Haus- und Hofeingängen in Nebenstraßen witterungsbeständige Plastik­ matratzen genderneutral im Standardmaß 80 x 190 in kleine Metallrahmen verankert werden. Wie würdelos ist doch dagegen die bisherige Pappe vor Kaufhof und Karstadt, oder? Womöglich noch aus der Mülltonne ­gewühlt. Volker Macke


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Foto: Waltraud Grubitzsch

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WIR MÜSSEN REDEN! Angela Merkels Satz »Wir schaffen das« wurde 2015 zum Leitspruch einer zuvor ungeahnten Willkommenskultur in Deutschland. Was haben wir seitdem tatsächlich erreicht? Ein Lagebericht zur Integration.

Mahmoud ist einer von rund 1,1 Millionen Flüchtlingen, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind. Der Syrer möchte sich so schnell wie möglich integrieren und Arbeit finden, doch das gestaltet sich schwieriger als erwartet: »Sehr viele Auslän­ der suchen hier Arbeit und konkurrieren miteinander, nicht nur Leute aus Syrien«. Eine wesentliche Hürde sind die feh­ lenden Sprachkenntnisse, das ging nicht nur ihm so. »Ich war überrascht, in meinem ersten Sprachkurs so viele Leute aus anderen europäischen Ländern zu treffen«, sagt der 33-Jährige. Keine Integration ohne Arbeit, keine Arbeit ohne Sprache. Aber: »Mit Arbeit wäre vieles einfacher, auch die Sprache zu ler­ nen«, sagt Mahmoud. Derzeit besucht er einen Intensivsprach­

kurs für höher qualifizierte Flüchtlinge bei »Arbeit und Leben« in Hannover. Frank Junker, Assistent der Geschäftsführung beim Kursanbieter bestätigt das Dilemma: »Die Unternehmen verlangen von den Migranten gute Sprachkenntnisse, meinen damit aber auch oft fachbezogenes Wissen, das erst im Arbeits­ prozess vermittelt werden kann«. Die Sprachkurse sind der einzige Weg für Migranten, ihre Zukunftschancen zu verbessern. Diese Kurse gibt es inzwi­ schen in größerer Zahl, sie werden auch dringend gebraucht. Zwar ist der Zuzug von Flüchtlingen nach Schließung der Bal­ kanroute von 890.000 allein in 2015 auf 210.000 in 2016 zurück­ gegangen. Während jedoch temporäre Flüchtlingsunterkünfte


Foto: U. Matthias

Insgesamt haben 37 Prozent aller erwachsenen Flüchtlinge eine weiterführende Schule besucht und 32 Prozent konnten einen entsprechenden Abschluss erwerben, der in der Regel zum Hochschulbesuch berechtigt. Diese Absolventen haben jeweils 12 Jahre die Schulbank gedrückt. Von dem knap­ pen Drittel, das eine Mittelschule besucht hat, konnten noch 22 Prozent (bezogen auf die Gesamtheit) einen Abschluss vor­ weisen. Deren Schulzeit betrug 9 – 10 Jahre. Zehn Prozent der Befragten besuchten lediglich für 6 Jahre eine Grundschule, 9 Prozent verfügen über keinerlei Schulbildung. Die sehr unterschiedlichen Bildungsniveaus erfordern auch ein differenziertes Angebot an Sprachkursen. In Anbe­ tracht der Schulbiografien dürfte ein nicht geringer Anteil über keine Kenntnis der lateinischen Schrift verfügen, Zuwanderer ganz ohne Schulbildung sind vermutlich nicht einmal in ihrer Heimatsprache alphabetisiert. Eine besondere Herausforde­ rung für die Integration.

Integrationskurse Ali sucht einen deutschen Tandempartner zum gegenseitigen Sprachenlernen.

Integration in Deutschland führt nach amtlichem Verständ­ nis über die vom BAMF koordinierten Integrationskurse. Die werden seit 2005 angeboten und sollen Migranten mit geklär­ tem Aufenthaltsstatus die deutschen Lebensverhältnisse nahe bringen. Asylbewerber und Geduldete waren zunächst von den Kursen ausgeschlossen, dürfen heute aber teilnehmen, wenn sie eine gute Bleibeperspektive haben. Dazu zählen Flücht­ linge aus dem Irak, Syrien, dem Iran und Eritrea. Die Kurse umfassen jeweils 600 Unterrichtsstunden und gliedern sich in einen Sprach- und einen Orientierungskurs. Letzterer soll Grundsätze der deutschen Rechtsordnung, Geschichte und Kultur vermitteln. Das klingt von der Papierform her ganz ansprechend, aber ob die Kurse diesen Anspruch in der Praxis einzulösen vermö­ gen, darf zumindest bezweifelt werden. »Ich fand den Orien­ Unbekannte Neubürger? tierungskurs enttäuschend, weil fast ausschließlich der Zweite Im Dezember 2016 veröffentlichte das Weltkrieg behandelt wurde, ein Thema, das auch außerhalb Bundesamt für Migration und Flücht­ Deutschlands durchaus bekannt ist«, sagt Maria del Mar Villa­ linge (BAMF) eine repräsentative Um­­ lobos Cabañas. Die 47-Jährige zählt als Spanierin zu der recht frage, an der auch das hauseigene For­ großen Gruppe der EU-Bürger, die nach Angaben des BAMF schungszentrum beteiligt war. Die Stu­ gegenwärtig mehr als 20 Prozent der Kursteilnehmer stellen. die zeichnet ein sehr heterogenes Bild »Sprache ist das Wichtigste«, meint Maria, »aber sie ist nicht von den Flüchtlingen, deren Bildungs­ alles«. Für Nichteuropäer sei es gewiss noch wesentlich schwie­ biografien im Durchschnitt unter dem riger, sich in Deutschland einzufinden. Der Integrationskurs europäischen Niveau liegen. Demnach reiche dafür jedenfalls nicht aus. Insgesamt ist die Zahl der Integrationskursteilnehmer haben lediglich 58 Prozent aller erwach­ senen Geflüchteten zehn Jahre oder mehr im ersten Halbjahr 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum in Schulen, Universitäten und beruf li­ um 70 Prozent angestiegen. Das liegt auch an den langwie­ cher Bildung verbracht, gegenüber rigen Asyl-Anerkennungsverfahren, deren Abschluss einer Zulassung i.d.R. vorausgehen muss. Zuge­nommen hat auch 88 Prozent der deutschen Bevölkerung.

wieder geschlossen werden, gelangen die Zuwanderer nun mit Zeitverzögerung in die Schulen und Arbeitsvermittlungen. Für die Bildungsträger stellten die Qua­ lifikationsbedarfe der zuletzt Geflüchte­ ten zunächst eine Rechnung mit vielen Unbekannten dar. »Anfangs mussten wir schon sehen, welche Teilnehmer da zu uns kommen und den Unterricht dem­ entsprechend anpassen. Da gab es wenig Vorgaben, heute arbeiten wir schon stär­ ker in Strukturen«, sagt Junker.


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Foto: U. Matthias

der Anteil jener, die einen Alphabetisierungskurs belegen. Immerhin konnten 63,7 Prozent aller Teilnehmer ihren Integ­ rationskurs mit dem Deutsch-Test auf B-1 Niveau abschließen, 29,9 Prozent erreichten das A-2 Niveau, mit dem zumindest eine einfache Kommunikation möglich ist.

Integrieren, nicht ausgrenzen

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Die Selektion der Flüchtlinge nach guter oder schlechter Blei­ beperspektive durch das BAMF kritisiert Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen als »verheerend«. Wer bis zum Abschluss seines Asylverfahrens auf die Zulassung zu Integra­ tionskursen warten muss, verliere enorm viel Zeit. »Flüchtlinge aus Afghanistan sind durchschnittlich zwei Jahre unterwegs. Die Jüngeren unter ihnen, die im Alter von 16 bis 21 Jahren hier ankommen, haben ihre Schulbildung unterbrochen und fallen in Deutschland nicht mehr unter die Schulpflicht«. Nach den Regeln des BAMF können sie die verlorene Zeit nicht einmal mit einem Integrationskurs auffüllen. Selbst wer schließlich die Anerkennung erhält – und das sind immerhin rund 50 Pro­ zent der Afghanen – hat Monate oder manchmal auch Jahre der Ungewissheit hinter sich. Und er hat Deutschland von seiner schlechteren Seite kennengelernt. Der Flüchtlingsrat fordert daher die Beschulung auch für ältere Jugendliche und »grundsätzlich die Abkehr vom Ver­ such, den Asylverfahren vorzu­g reifen«, wie Weber erklärt. Und er verlangt die Information der Geflüchteten über ihre Rechte und Perspektiven. »Die meisten wissen ja nicht, dass sie fak­ tisch Aufenthaltsrecht erhalten können, wenn sie hier ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben«. Die niedersächsische Landesregierung hat sich entschie­ den, einen anderen Kurs als der Bund zu fahren: »In Nieder­ sachsen erhalten alle Geflüchteten, unabhängig vom Aufent­ haltsstatus oder dem Herkunftsland, Zugang zu Sprachkursen und Integrationsmaßnahmen. Ein schneller Spracherwerb und weitere Bildungsangebote sind die zentrale Grundvoraus­ setzung für gesellschaftliche Teilhabe und eine gelingende Integration«, erklärt Gabriele Heinen-Kljaji, Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur. Dafür wurde das Landesprogramm »Förderung von Maß­ nahmen zum Spracherwerb« aufgelegt. So konnten seit Beginn der Förderung im Oktober 2015 insgesamt 1.287 Kurse mit überwiegend je 200 Unterrichtsstunden zusätzlich angeboten werden. Das Ministerium rechnet damit, dass Ende 2016 rund ein Viertel der 100.000 nach Niedersachsen gelangten Geflüch­ teten einen Sprachkurs besucht haben wird. Zusätzliche Angebote bemühen sich um eine Verschrän­ kung mit berufsbezogenen Lehrgängen oder richten sich an Höherqualifizierte. Für Letztere standen landesweit im ver­ gangenen Jahr 4,7 Mio. Euro zur Verfügung. Zur Zielgruppe

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dieses Programms zählt auch die 21-jäh­ rige Sara. Sie kam vor eineinhalb Jahren aus dem Irak nach Deutschland. Wie Hanan, Ali und Mahmoud nimmt sie an dem Intensivkurs bei »Arbeit und Leben« teil und bereitet sich jetzt auf die Prüfung zum Niveau B-2 vor. Im Irak hatte sie ein Jahr lang Anglistik stu­ diert und möchte auch in Deutsch­ land wieder ein Studium aufnehmen. Der 24-jährige Ali hatte sich in seinem Heimat la nd Sy r ien a ls Infor mat i k­ student eingeschrieben, konnte aber noch keinen Abschluss machen. »Ich würde gern weiter studieren, muss aber zunächst meine deutschen Sprach­ kenntnisse verbessern«. Voraussetzung für die Zulassung zum Studium ist der Nachweis des C-1 Niveaus. Sara hat ihre Zeugnisse mit nach Deutschland gebracht, erhielt aber immer noch keine Klarheit über die Zulassungsvoraussetzungen zur Hoch­ schule. »Es ist noch nicht entschieden, ob ich ein Studienkolleg besuchen muss oder mich auf eine andere Weise für das Studium qualifizieren kann«. Hanan würde stattdessen gern als Verkäuferin arbeiten oder in einer Bank. Die 33-jäh­

Mit Arbeit wäre auch das Erlernen der Sprache einfacher«, findet Mahmoud.


Foto: U. Matthias

»Migration heißt für mich Einsamkeit«, sagt Maria.

rige Syrerin ist Mutter von drei Kindern und musste zuletzt wegen einer Eigen­ bedarfskündigung umziehen. Sie wäre schon froh, wenn sie endlich ausreichend Zeit zum Lernen bekäme. Dafür will das Land zumindest die Vor­ aussetzungen schaffen und die För­ derprogramme zum Spracherwerb für Geflüchtete in den Jahren 2017 bis 2018 fortsetzen. Mehr als 36 Mio. Euro werden dafür im Haushalt bereitgestellt. Zudem verspricht die Regierung eine qualitative und quan­ titative Aufwertung der Basissprachkurse. Dafür soll auch die Unterrichtsstundenzahl von bisher 200 auf 300 Stunden angehoben werden. Insgesamt soll so ein Angebot von rund 1.500 Kursen geschaf­ fen werden. Voraussetzung für die Ausweitung des Kursangebo­ tes ist die Gewinnung qualifizierter Lehrkräfte.

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Daher will das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur ab 2017 Qualifizierungen für Lehrkräfte im Fach Deutsch als Zweitsprache einführen. Für Rüdiger Heitefaut von der GEW Nie­ dersachsen ist das ein erster Schritt, aber noch nicht ausreichend: »Es ist ja gut, dass die Politik erkannt hat, dass man was machen muss. Aber es sind Fach­ kräfte mit ordentlichen Verträgen erforderlich und keine schlecht bezahlten Honorarkräfte«. Heitefaut erinnert an die besonderen Herausforderungen, eine Klientel zu unterrichten, die weder Kenntnisse über die deutsche Kultur noch Sprache hat. »Bisher wurden hier mit viel Engagement Löcher gestopft, jetzt ist es an der Zeit, die nötigen Stellen zu schaf­ fen und auch dauerhaft abzusichern. Das Geld dafür ist jedenfalls vorhanden«.

Sprecht mit uns! Ob die Integration letztendlich gelingt, wird jedoch nicht allein von Anzahl und Güte der Sprachkurse abhängen. Vielfach fehlt es einfach an der Praxis, am miteinander reden. Ob Sara, Hanan, Ali oder Mahmoud, sie alle würden sich gern öfter mit Deut­ schen unterhalten. »Aber es ist sehr schwer, Kon­ takt zu Deutschen aufzubauen«, sagt Ali. Er hofft, irgendwann einen Tandempartner zu finden, der ihm Deutsch beibringt, um im Gegenzug Arabisch von ihm zu lernen. Maria bezweifelt sogar, ob Inte­ gration überhaupt möglich ist. »Anfangs wollte ich bewusst den Kontakt zu den anderen Spaniern mei­ den, um mich besser zu integrieren, aber dadurch war ich viel allein«. »Migration«, sagt Maria, »heißt für mich Einsamkeit«. Das politische Klima wird derzeit kälter in Deutschland, das spüren alle. »Wenn wir von Prob­ lemen zwischen Flüchtlingen und Deutschen hören, wirkt sich das auch auf uns aus«, meint Ali. Nicht alle Flüchtlinge seien gleich, gibt er zu bedenken, es gebe überall gute und schlechte Menschen. Auch Sara sagt: »Manche Ausländer machen Probleme in Deutschland und daher glauben viele, alle Auslän­ der sind so. Aber das stimmt nicht«. Und Mahmoud ergänzt: »Meine Bitte an die Deutschen: verurteilt uns nicht für das Handeln von einzelnen Verrück­ ten. Wir wollen hier nur in Frieden leben, und sind dankbar, dass ihr uns mit offenen Armen aufge­ nommen habt«. Ulrich Matthias


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Foto: S. Kohl

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WEHR DICH! Die dunkle Gasse, der Arbeitsplatz, die Diskothek oder der Schulhof: All diese Orte können zu Schauplätzen von sexualisierter Gewalt werden. Sich selbst stärken und gegen Übergriffe zur Wehr setzen, das können Frauen und Mädchen lernen – mit dem Selbstbehauptungs- und -verteidigungsprogramm Wen-Do. Ein Jahr zuvor. Die ersten Tage des vergangenen Jahres mach­ ten vor allem durch ein Thema Schlagzeilen: die sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht. Ob in Köln, Ham­ burg oder anderen Großstädten, stündlich erhöhte sich die Zahl der betroffenen Frauen, die von Grenzüberschreitun­ gen bis hin zu sexualisierter Gewalt gegen sie berichteten. Ein

Ruck ging durchs Land. Der junge zugewanderte Mann wurde zum potentiellen Sexualstraftäter, die Polizei der Inkompe­ tenz und Vertuschung bezichtigt. Vergessen wurde darüber hinweg, dass sexualisierte Gewalt an Frauen und Mädchen kein neues Phänomen ist. »Neu ist das gezielte, geplante Vor­ gehen von Übergriffen, die von so großen Gruppen öffentlich


Foto: J. Kießling

»Faust machen, zuhauen – bumm«, aber Wen-do ist mehr.

und gemeinschaftlich verübt wurden. Und offen­ bar ohne jegliche Angst, daran gehindert zu wer­ den«, hält der hannoversche Notruf für vergewal­ tigte Frauen und Mädchen in einer Stellungnahme fest. Bereits vor der Silvesternacht waren die Zahlen beunruhigend. In einer repräsentativen Untersu­ chung des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2003 zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland gaben knapp 60 Prozent der befragten Frauen an, sexuelle Belästigung erlebt zu haben. 9 Prozent von ihnen bestätigten darüberhinaus, dass eine oder mehrere dieser Situationen zu Vergewaltigung oder körperlicher Gewalt geführt haben.

Ira Morgan sei zu einer Zeit aufgewachsen, in der es hieß »Lieber fünf Minuten vergewaltigt, als ein Leben lang tot!« Die heute 55-Jährige Theaterpä­ dagogin ist nicht nur Vorstandsmitglied des Frau­ ennotrufs Hannover, sondern in erster Linie WenDo-Trainerin für Frauen und Mädchen. Schon während ihrer Schulzeit besuchte sie gemeinsam mit ihrem Vater einen Selbstverteidigungskurs, an dem allerdings fast nur Männer teilnahmen. »Die waren okay und haben das auch gut gemacht, aber als 16-jähriges Mädchen hätte ich lieber Frauen gehabt«, erinnert sich Ira Morgan. Während ihres Studiums erfuhr sie von dem neuartigen Wen-DoProgramm an der Uni. Neugierig schrieb sich Ira Morgan für diesen speziell auf Frauen und Mäd­ chen zugeschnittenen Selbstverteidigungskurs ein, der Anfang der Siebzigerjahre in Kanada entwi­ ckelt wurde. »Ich hatte mir einen Baum von Traine­ rin vorgestellt, vielleicht sogar herrisch, und dann kam eine ganz Kleine, Dünne mit langen Haaren. Da war ich schon mal beruhigt.« Schon die erste Aufgabe hatte es dann aber in sich: Die 1,60 Meter große, zierlich gebaute Ira Morgan sollte ein Brett durchschlagen. »Das konnte gar nicht gehen! Ich habe total gezweifelt.« Ihre Trainerin beruhigte sie und erklärte ihr die Technik. »Und siehe da: Das Brett war durch! Im Anschluss habe ich gelacht und geweint gleichzeitig.« Diesen Einstieg hat Ira Mor­ gan in ihre eigenen Kurse übernommen. Sie liebt es zu beobachten, wie die Frauen innerhalb kürzester Zeit eine Wandlung vollziehen und »gefühlte fünf Meter größer werden«, wenn sie merken, dass in ihnen viel mehr Kraft steckt, als sie dachten. Das ist das Besondere am Wen-Do. Das Pro­ gramm ist ganzheitlich ausgerichtet. Seit 35 Jahren bringt Ira Morgan den Frauen deutlich mehr als nur die reinen Selbstverteidigungstechniken bei, sie lehrt die Teilnehmerinnen auch, sich selbst behaup­ ten zu können. Wer sich nämlich zu behaupten weiß und kritische Situationen frühzeitig erkennt, schafft es auch, diese im Keim zu ersticken oder in eine andere Richtung zu drehen, sodass die erlern­ ten Techniken gar nicht zum Einsatz kommen müs­ sen. Viel Wert legt Ira Morgan, die zu den ersten ausgebildeten Wen-Do-Trainerinnen Deutschlands zählt, darauf, dass es kein Patentrezept gibt, mit kritischen Situationen umzugehen: »Da muss jede ihren eigenen Weg finden.« Wie eine Erhebung der Agentur der Europäi­ schen Union für Grundrechte aus dem Jahr 2014


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Foto: S. Kohl

belegt, meiden über die Hälfte der Frauen manch­ mal bestimmte Situationen oder Orte aus Angst vor körperlichen oder sexuellen Übergriffen. »Wen-Do sagt, eine Situation ist immer so unangenehm, wie eine Frau sie empfindet«, beschreibt Ira Morgan. Deshalb lernen ihre Teilnehmerinnen in Wahrneh­ mungsübungen zu erfassen, wo für sie bedrohliche Situationen anfangen. Wichtig sei vor allem, auf das körpereigene Frühwarnsystem zu achten: »Das sind Gefühle, die wir meistens ziemlich ätzend finden: Herzklopfen oder das Gefühl, rot zu werden. Und da sollen die Mädchen und Frauen gucken: Was an dieser Situation stimmt gerade nicht.« Im Anschluss ist der bewusste Einsatz von Mimik, Gestik und Körpersprache an der Reihe. »Lachen ist toll. Kann ich aber nicht anders, kriege ich ein Problem. Dann nimmt mich niemand ernst. Wenn ich ernst genom­ men werden will, muss ich auch ernst gucken!« Im nächsten Schritt geht es an die Rollenspiele, in denen die Teilnehmerinnen ihr erlerntes Hand­ werkszeug einsetzen. Standardmäßig geübt wird der einsame Heimweg. Wichtiges Thema in jedem Kurs sind die Konse­ quenzen der Verteidigungsstrategien: »Frauen wie Mädchen sind sich einig, dass sie den Täter zum Aufhören bringen wollen, aber jemanden dabei ver­ letzen, das wollen viele nicht. Ohne funktioniert es aber nicht.« Die Teilnehmerinnen sollen dieses Thema einmal zu Ende gedacht haben, denn wenn sie sich einer bedrohlichen Situation stellen müssen, müssen sie überzeugt von ihrem eigenen Handeln sein. »Die Technik alleine ist nicht das Problem«, beschreibt die erfahrene Trainerin, »das kann ich den Teilnehmerinnen innerhalb von fünf Minuten beibringen: Faust machen, zuhauen – bumm, aber die ganze Auseinandersetzung mit dem Thema ist zeitintensiver: Tue ich das? Wann tue ich das? Was muss passieren, damit ich mich das überhaupt traue?« Ein Jahr danach. Ira Morgan blickt auf ein arbeitsreiches Jahr zurück: »Durch die Gescheh­ nisse im vergangenen Januar sind die Kurse voll.« Sie betont aber, dass es durch Flüchtlinge nicht mehr Gewalt gebe. Gewalt habe es immer schon gegeben. Deshalb steht Ira Morgan uneingeschränkt hinter der Stellungnahme des Frauennotrufs: »Nicht die Nationalität ist das Problem, sondern das frauen­ verachtende Denken. Zeigefinger-Mentalität hilft nicht.« Svea Kohl

Ira Morgan bietet für Frauen und Mädchen ab sechs Jahren sowohl Einzel- als auch Gruppenkurse an. Im Rahmen von Projektwochen geht sie auch in Schulen, um die Mädchen in Wen-Do zu trainieren. Ein weiterer Schwerpunkt der 55-Jährigen liegt in der Arbeit mit beeinträchtigten und behinderten Frauen, denn diese Frauengruppe ist besonders stark von sexualisierter Gewalt betroffen. Kurstermine für die erste Jahreshälfte:

Frauen Aufbau Kurs:

6./7.1.17, Frauennotruf Hannover

Frauen Anfängerinnen: 28./29.1.17, Frauen- und Mütterzentrum Burgdorf e.V.

Mädchen 10 – 12 J.: 30./31.1.17, Jugendhaus Langenhagen

Mädchen 9 – 13 J.: 11./12.2.17, Jugendpflege Hemmingen

Frauen Anfängerinnen: 17./18.2.17, Frauennotruf Hannover Mädchen 6  –  8 J.: 11./12.3.17, AWO Familienbildung Hannover Mädchen:

18./19.3.17, VHS Seelze

Frauen (wöchentl. mittwochs):

26.4. – 21.6.17, Frauentreffpunkt Hannover

Frauen Anfängerinnen: 22./23.4.17, DMSG Niedersachsen

Mädchen (wöchentl. 25.4. – 20.6.17, Mädchenhaus KOMM dienstags): Hannover

Frauen Anfängerinnen: 28./29.4.17, Ophelia e.V. Langenhagen Mädchen 13  – 16 J.: 13./14.5.17, Frauennotruf Hannover

Frauen mit Beeinträchtigungen:

27.4. –  8.6.17, VHS Hannover/ Frauennotruf Hannover

Mädchen 9 – 12 J.: 10./11.6.17, AWO Familienbildung Hannover


WER WAR EIGENTLICH …

… RIO REISER?

Foto: Picture-Alliance/Fyderyk Gabowicz

Er wollte das nicht. Er schrie und figur von Karl Philipp Moritz ent­ zappelte und unterhielt dabei liehen. In der ersten Hälfte der die Zuschauer auf ihren Sitzbän­ 70er Jahre w urden die »Scher­ ken. Sein Bruder Gert nennt die­ ben« zu Stars der linken Szene, sen Moment heute noch scherz­ lieferten Hausbesetzerhymnen haft ein »Signal für sein späteres (»Rauch-Haus-Song«) und Kri­ künstlerisches Engagement«. Es tik an der Klassengesellschaft war ein Tag im Frühjahr 1950, an (»Keine Macht für Niemand«). dem der Pfarrer der Sankt-Mat­ Dann wurde es Rio Reiser und den thäus-Kirche in Berlin einen klei­ anderen zu viel. Sie kauften einen nen Jungen auf den Namen Ralph Hof in Nordfriesland als Rück­ Christian Möbius taufte. Dieser zugsort. Junge sollte sich später selbst den Die Texte w urden persönli­ Namen Rio Reiser geben. cher. Liebe und Melancholie, das Rio Reiser wurde mit seiner konnte in dieser Zeit wohl nie­ Band Ton Steine Scherben in den mand so glaubhaft vermitteln wie 70er Jahren zunächst ein Held des Rio Reiser mit dieser Stimme, die Protestrocks. Später, als deutscher krächzen, klagen und ausflippen Popstar, sang er Balladen wie konnte, und auch ganz zart sein. »Junimond« und hatte Hits wie Nach der Trennung von Ton Steine »König von Deutschland«. Die Zeit Scherben machte Rio Reiser solo als Galionsfigur der linken Szene weiter. Er war ein beliebter Talk­ trieb ihn in die Schulden, das Leben als Star verzerrte die Seele show-Gast, ein kluger Streiter, ein sensibler Geist. Und wurde des Mannes, der eigentlich immer nur Musik machen wollte. auch zu einer Stimme der Homosexuellen in Deutschland: Die Kindheit war unstet. Der Vater ging als Ingenieur dahin, Mit 14 küsste er Inga – und merkte damals, dass er Jungs lie­ wo Siemens ihn brauchte, die Familie mit drei Söhnen ging ber hatte als Mädchen. Mit der großen Liebe wollte es aber auf mit. Ralph, der jüngste, hatte keine Lust auf Schule. In seiner Dauer nicht klappen. Die Wenigen, in die er wirklich verliebt Biografie erinnerte er sich später daran, wie hier der Zweifel war, starben an Drogen. wuchs an einem Staat, der Eltern zwingt, Kinder zu etwas zu Am 20. August 1996 starb auch Rio Reiser. Herz- und Kreis­ zwingen. laufversagen, notierte der Arzt. Es war wohl die Folge von lan­ Vom älteren Bruder Gert lernte er das Klavierspielen. Die gen Jahren mit viel Alkohol. Die Freunde wollten Rio Reiser Musik wurde zum Halt für den Jugendlichen. In Nürnberg ging unter einem Apfelbaum auf dem nordfriesischen Hof beerdi­ er auf das Melanchthon-Gymna­ gen – und bekamen eine Sonderge­ sium, er war gutaussehend, er hatte nehmigung von Ministerpräsiden­ Sensibler Musiker, kluger Geist Charme, er war einer von den Coo­ tin Heide Simonis. und »König von Deutschland« len. Den Chorleiter drängte er dazu, 15 Jahre später müssen die Brü­ dass er das Frankenlied vorsingen der Gert und Peter den Hof in Fresen­ durfte – »Wohlauf, die Luft geht frisch und rein«. Allen sei die hagen verkaufen. Das Grab von Rio Reiser wird auf den Friedhof Luft weggeblieben, so schrieb es der Sänger später selber. Der Alter St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg umgebettet, Chorleiter sagte nur: »Möbius ist im Chor.« unweit der Kirche, in der er 1950 getauft wurde. Zur Andacht Der junge Ralph träumte von Liverpool (die Beatles, läuft »Sternchen«, Reisers Lied, wie 1996 zur Beerdigung: klar) oder wenigstens von einer eigenen Band. 1970 grün­ »Wär ich ein Staubkorn in einer deiner Wüsten / Oder ’ne Blume dete er mit Kumpel R.P.S. Lanrue, Wolfgang Seidel und Kai in deinem schönsten Tal / Ich bleib dir treu und wenn ich Sichtermann in West-Berlin Ton Steine Scherben. Ralph wiederkehre / Begrüße mich mit einem Sonnenstrahl«. Christian Möbius nannte sich fortan Rio Reiser, einer Roman­ Gerd Schild


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TÖDLICHER SCHATTEN Islamistische Terroristen haben das afrikanische Mali zum Kampfgebiet auserkoren. Mit hunderten Toten und rund 230.000 Flüchtlingen. Internationale Truppen sollen für mehr Sicherheit sorgen. Ein Tag bei den Bundeswehrsoldaten in Gao. Schon morgens um 8 Uhr bewegen sich die Temperaturen auf die 50 Grad zu. Über blutroten Wüstensand geht der 28-jährige Marcel F. auf seinen gepanzerten Geländewagen zu, zieht sich die schusssichere Weste über und schmeißt den Motor an. Auch die sechs anderen Fahrzeuge sind abfahrbereit. Zugführer Jan S. hat gerade die Route der Patrouille bekannt gege­ ben: 70 Kilometer Strecke und mehrere Zwischenstopps auf An­höhen und in Dörfern. Sieben Fahrzeuge und etwa 20 Bun­ deswehrsoldaten verlassen das Feldlager Camp Castor. Sie

gehören zum Aufklärungsbataillon Lüneburg und sind für vier­ einhalb Monate hier. Hinter den letzten Hesco Bags, riesigen Sandsäcken, schaltet Marcel F. seinen Jammer ein. Geräusch­ los legt sich ein Störsignal wie eine Blase um die Fahrzeuge. Der Jammer soll verhindern, das islamistische Al Qaida- und Ansar Dine-Terroristen Sprengfallen per Funk zünden können. Allein in diesem Jahr ist das bereits 110 Mal passiert. Seit Beginn des UN-Einsatzes vor drei Jahren starben 47 UN-Soldaten. Für die Bundeswehr sei es der zurzeit gefährlichste Auslandseinsatz.


Zugführer Jan S. (mit Karte) bespricht beim Zwischenstopp die weitere Route rund um die einstige Islamistenhochburg Gao.

Checkpoint der regulären malischen Armee FAMA: Aufgrund ihrer

regelmäßigen Attacken von Rebellengruppen aus dem Norden des

Marcel F. am Steuer seines Panzerfahrzeugs auf Patrouille. Er ist überzeugt, dass die internationale Militärpräsenz den Frieden am Rand der Sahelzone sichert.

Präsenz macht Sicherheit Marcel F. tritt auf das Gaspedal, der Wagen wühlt sich durch den Wüsten­ sand. Ständig wird über Funk die Position der Fahrzeuge und die Entfer­ nung zum nächsten Ziel durchgegeben. Es ist ein Hochplateau am Niger, in der Nähe eines Dorfes. »Wenn Du Schatten siehst, geh nicht unter den Baum«, warnt einer der Soldaten. »Der Feind legt da Sprengfallen aus, weil die wissen, dass wir den Schatten suchen«. Sofort kommen freudig Kin­ der und Frauen aus dem Dorf angelaufen. Bis vor drei Jahren hatten Ter­ rorgruppen den Norden Malis fest im Griff. Dann kamen die Franzosen und drängten die Islamisten zurück. Seitdem sind UN-Soldaten hier stati­ oniert. »Die Sicherung des Camps und die Erkundung der Region draußen,

das ist unser Job hier«, sagt Marcel F. Die gesammel­ ten Informationen über mögliche Terroristennester gehen über die UN in der Hauptstadt Bamako direkt in das UN-Hauptquartier in New York. Was dann damit passiert, das weiß von den Bundeswehrsol­ daten hier keiner. »Das wir hier sind, wird von der Bevölkerung sehr positiv wahrgenommen«, meint Marcel F. »Wenn wir präsent sind, dann haben die Räuber­ banden keine Möglichkeit sich hier zu bewegen«; Jan S., als Zugführer Chef der Patrouille, ist ein mus­ kelbepackter Zwei-Meter-Hüne. Zu Hause in Köln


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16 17 Gottesdienst in der Holzkirche samt Bierzeltgarnituren. Nicht viele Soldaten der deutsch-niederländischen Camp-Besatzung suchen den seelischen Beistand.

unzureichenden Ausstattung und Ausbildung ist sie

Landes ausgesetzt.

Unter Beobachtung: Der Niger bei Gao.

hat er einen Sohn, der nächstes Jahr ein­ 94 Euro für Leib und Leben geschult wird. Er erzählt, dass diese Ban­ den zu Schmugglern und Rebellengrup­ Nach sechs Stunden rollt der Konvoi wieder ins Camp. Fast 600 Bundeswehrsoldaten pen gehören, die nachts auf Motorrädern sind derzeit an dieser Stelle in Containern untergebracht. Jeweils zu Dritt in einem in die Dörfer einfallen und die Menschen Raum, von außen sind sie mit über zwei Zentimeter dicken, gehärteten Stahlplatten ausrauben, die sowieso nichts haben. gesichert. Splitterschutz, falls Granaten einschlagen. Der letzte derartige Beschuss Was auf höherer politischer Ebene pas­ ist fast ein Jahr her. Es gibt einen winzigen Kiosk mit Zigaretten, die Stange für siert, das ist für die Soldaten undurch­ 15 Euro, steuerfrei. Auch vom Auslandszuschlag lässt der Fiskus die Finger. 94 Euro schaubar. Greifbarer ist das Alltägliche. gibt’s pro Tag in Mali für die Soldaten und Soldatinnen. Es gibt einen Fitnessraum, Der Schutz der Bevölkerung vor Mord zwei Fernsehbildschirme in einer Art Café, sonntags einen Gottesdienst und sonst und Unterdrückung durch radikale nur Hitze und Wüste. Marcel F. hat als Kind oft Soldat gespielt. Da habe sich das ein­ Islamisten. gebrannt, sagt er. Er studierte Wirtschaftswissenschaften beim Bund und sitzt heute


In Sicherheit: Malische Zivilisten spielen am Rande vom deutsch-niederländischen »Camp Castor« Fußball.

in der Sahelzone. Es ist sein zweiter Auslandsein­s atz. »Am schlimmsten ist die Trennung von der Freundin. Da spürt man den Verlust.« Mit ihr telefoniert Marcel F. jeden Tag. Die Bundeswehr stellt den Soldaten eine App, mit der sie täglich drei Stunden telefonieren und ins Internet können. Gegen 18 Uhr geht die Sonne unter. Es wird still im Camp. Bis vier Uhr in der Nacht. Missiles sind ein paar hundert Meter entfernt eingeschlagen. Es war der 228. Angriff von Islamisten. Verletzte gab es diesmal nicht. Text: Dirk Planert/Fotos: Andy Spyra

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Eine Bundeswehrsoldatin aus Lüneburg zeigt militärische Präsenz am Rande eines Dorfes.


Alles neu macht der Januar – leider nicht wie der Mai »frisch und frei«, sondern bös’ und dreist. Nein, mir ist er nicht geheuer, dieser Monat, denn alle Jahre wieder wird’s teurer. Bus und Bahn und die vielen kleinen versteckten Erhöhungen, darunter haben gerade die, die am Existenzminimum leben müssen, extrem zu leiden. Das Jahr 2016 war geprägt von den Themen »Flüchtlinge«, »Terroranschläge«, »Brexit« und »Wahl in Amerika«. Und während um mich herum so viele negative Ereignisse den Alltag bestimmen, durfte ich im vergangenen Jahr für mich etwas Positives erleben: Ich konnte ein wichtiges, schönes Projekt mit einer Fotoausstellung in Berlin abschließen. Darüber habe ich mich riesig gefreut. Dass es im kommenden Jahr für viele Menschen wie auch immer geartete positive Momente gibt, wünsche ich all meinen Freundinnen und Freunden und Leserinnen und Lesern. Bei ihnen möchte ich mich auch für die liebens­werte Unter­stützung bedanken, die ich immer wieder genießen darf. Auf ein gutes neues Jahr! Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden…

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Foto: U. Matthias

GEMEINSAM WOHNEN Gemeinschaftliche Wohnprojekte liegen im Trend. Mit Casa-Nova hat jetzt ein neues Projekt den Sprung von der Start- in die Bauphase geschafft. Ein frischer Wind streicht ungehindert über die Baugrube in Der Anonymität der Großstadt etwas entgegensetzen. Die­ Hannover-Bothfeld, in der das Kellergeschoss des künftigen ser Gedanke steht heute hinter vielen Projekten gemeinsa­ Mehrfamilienhauses noch seiner Fertigstellung entgegensieht. men Wohnens und auch bei Casa-Nova (für lat.: »neues Haus«) Es ist die Baugenossenschaft Heimkehr, die hier neue Miet­ ist das nicht anders. Die Gruppe entstand vor sechs Jahren wohnungen errichtet, aber man sieht den freudigen Gesichtern aus den Mitgliedern zweier Kurse der Erwachsenenbildung. der künftigen Bewohner trotz der Kälte an, dass sie mehr als »Gut leben im Alter« war das übergreifende Thema. Sehr nur Mieter sein wollen. Wenn Konrad Pfannschmidt (auf dem schnell fand sich ein Kreis von inzwischen 15 Mitstreitern, die Foto ganz links) über das entstehende Haus in der Plauener ein gemeinsames Wohnprojekt als aussichtsreichsten Weg Straße erzählt, hört man schnell heraus, dass viele Vorstellun­ ansahen, einer möglichen Vereinsamung im Alter zu entgehen. gen des Wohnprojekts Casa-Nova in die Planungen eingeflos­ Verbindliche Nachbarschaft heißt das Zauberwort und damit sen sind: »Der Fahrstuhl wird bis zum Fahrradkeller hinunter­ sind nicht nur gegenseitige Hilfen im Alltag gemeint, zum Bei­ führen und im Erdgeschoss werden wir eine Gemeinschafts­ spiel beim Einkaufen oder bei Behördengängen, sondern auch wohnung einrichten, für unsere Treffen und Veranstaltungen«. gemeinsame Reisen und Ausflüge, sowie die Veranstaltung von


Das Friedensbüro Hannover e.V.

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literarischen oder musikalischen Abenden. Als rei­ auch schriftlich fixiert werden. Darin wird nicht zuletzt der nes Seniorenprojekt wollen die Mitstreiter ihr Vor­ Vorrang des Projekts bei Neuvermietungen geregelt. Für die Stadt Hannover koordinieren und vernetzen die haben nicht verstanden wissen. »Wir sind offen für »Wohnprojektmentoren« neue und bestehende Initiativen. alle Altersgruppen«, bekräftigt Pfannschmidt. Gemeinschaftliches Wohnen hat eine reiche Tra­ Neben dem monatlichen Beratungstermin im Haus der Wirt­ dition in Hannover, die bis ans Ende des 19. Jahr­ schaft bietet vor allem die gleichnamige Internetseite Interes­ hunderts zurückreicht. Damals war die Idee aus der senten zahlreiche Best Practice-Beispiele und weitergehende Not geboren; es ging den frühen Genossen vor allem Informationen. Mentor Michael Beyer-Zamzow bestätigt den darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Sozi­ Trend zum gemeinschaftlichen Wohnen, sieht aber auch die alpolitische und manchmal auch sozialutopische Grenzen in der Großstadt. »Das Bauen in der Stadt hat seinen Vorstellungen blieben in der Gründerzeit der Bauge­ Preis, Mieten von zwölf Euro je Quadratmeter muss man heute einkalkulieren«. Das schränke den möglichen Kreis der Bau­ nossenschaften die entscheidenden Motive. Gleichzeitig sahen sich viele Genossenschaften willigen stark ein. Eine Alternative böten Mietwohnprojekte im Bestand oder als urbanes Gegenmodell zu den Vorortsiedlun­ gen, aber auch zu den innerstädtischen Mietskaser­ eben die Zusammenarbeit mit genossenschaftlichen Bauträ­ nen. Die Genossen wollten in der Stadt leben und gern, wie im Fall von Casa-Nova und Heimkehr. Auch wenn deshalb die Häuser an ihre Bedürfnisse anpassen. die Modelle sehr vielfältig seien, ließen sich einige Regeln for­ Wohnungen für Arbeiter und ihre Familien waren mulieren, die Interessierte beherzigen sollten: »Zunächst sollte bis dahin entweder zu teuer oder zu schlicht, klein, sich jeder fragen, wieviel Gemeinschaft will ich überhaupt und dunkel und unhygienisch und sahen meist von was kann ich wirtschaftlich leisten«. Danach ließe sich das außen auch genauso aus. Oft waren es vor allem geeignete Modell schon eingrenzen. Und nicht zuletzt müsse Handwerker, die zur Eigeninitiative schritten und die Chemie zwischen den Mitgliedern des Projekts stimmen. Das sieht man auch bei Casa-Nova so. Das Wohnprojekt gemeinsam bauten: größer, billiger, heller und schö­ ner. Im Ergebnis erhielten die Wohnungen Toiletten lädt Interessierte zunächst jeden 1. Donnerstag im Monat und Bäder sowie einen besseren Schnitt, während zum gegenseitigen Beschnuppern beim Stammtisch ein. die Innenhöfe begrünt wurden. Für die Zeit um die »Es ist für beide Seiten wichtig, dass es passt«, sagt Pfann­ vorletzte Jahrhundertwende durchaus revolutio­ schmidt über künftige Mitstreiter, die übrigens gern gese­ hen sind. Noch sind nicht alle Wohnungen vergeben. näre Neuerungen. Bis 1914 entstanden in Hannover zwölf Bauge­ Ulrich Matthias nossenschaften. Markante Beispiele aus dieser Zeit sind (u. a.) der Spannhagengarten in der List und der info@wohnprojektmentoren-hannover.de Schlosswender Garten (heute »Brüggemannhof«) www.wohnprojektmentoren-hannover.de in der Nordstadt. Ein neuer Gründungsboom von wp-casa-nova@gmx.de Wohnprojekten setzte in den 1990er Jahren ein, mit der Grasdachsiedlung in Lahe, den Nordstädter Pro­ jekten WABE und WOGE, der Wohnungsgenossen­ schaft Selbsthilfe in Linden, dem Gilde-Carré und Anzeige vielen anderen. Bei diesen Projekten standen der Gemeinschaftsgedanke und das urbane Lebensge­ fühl im Vordergrund. »Gemeinsames Wohnen ist ja ein urgenossen­ wünscht allen Menschen in Hannover, schaftlicher Gedanke, den wir in diesem Projekt aber auch auf der ganzen wiedergefunden haben«, sagt Sven Scriba, Vorstand der 1900 gegründeten Genossenschaft Heimkehr Welt ein friedliches 2017 über Casa-Nova. Daher sei man gern auf die Vor­ ohne Krieg, Obdachlosigkeit schläge seiner langjährigen Mitglieder eingegan­ und Armut. gen. Außerdem sei der Ansatz auch angesichts des demografischen Wandels sehr zukunftsträchtig. www.frieden-hannover.de Das Wohnprojekt firmiere durchaus auch als Pilot­ anlage. In Kürze soll die Kooperation mit Casa-Nova

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AUS DER SZENE

Foto: U. Matthias

Der Ort war gut gewählt: Zu ihrem 25-jährigen Jubiläum lud die Soziale Wohnraumhilfe (SWH) am 18.12. in das »Haus miteinander«, ihr neuestes Objekt auf dem Lindener Berg. Angemessenen Wohnraum für von Wohnungslosigkeit betroffene oder bedrohte Menschen zu schaffen: Dieser Zweck vereint das Dia­ konische Werk Hannover und das Woh­ nungsbauunternehmen Gundlach in der Initiative. Der ehemalige Diakoniepas­ tor Walter Lampe und Firmenchef Peter Hansen erinnerten an manche Wider­ stände, die erst überwunden werden mussten, bis Kirche, Staat und Unterneh­ men an einem Strang ziehen konnten. Heute verfolgten Landesregierung und SWH in der Wohnungsfrage übereinstim­ mende Ziele, erklärte die niedersächsi­ sche Sozialministerin Cornelia Rundt. Trotz positiver wirtschaftlicher Entwick­ lung seien die sozialen Hilfesysteme wei­ ter nötig. »Wohnen ist ein Menschenrecht und bedarf des Eingriffs des Staates«, so die Ministerin. Die hannoversche Sozial­ dezernentin Constanze Beckedorf pflich­ tete bei: »Der Wohnungsmarkt reguliert sich überhaupt nicht von selbst«. Becke­ dorf erinnerte an das alte, aber immer noch aktuelle Motto aus der Anfangszeit der SWH: »Vergesst die Wohnungslosen nicht«. Das Highlight vor der Buffeter­ öffnung war der Auftritt des Improvisati­ onstheaters Hannover 98. UM

SWH-Geschäftsführer Jürgen Schabram (re.) mit Asphalt-Geschäftsführer Reent Stade und Vertriebsleiter Thomas Eichler

Foto: Karin Powser

25 Jahre SWH

DIE Weihnachtsfeier im HCC Alle Jahre wieder: Bereits zum fünften Mal hat der Künstlerverein »Krass Unartig« seine Weihnachtsfeier für Obdachlose und Bedürftige unter der Schirmherrschaft von Fury in the Slaughterhouse im HCC ausgerichtet. Am Sonntag, den 11.12. freuten sich rund 950 Gäste über Entenkeulen mit Rotkohl und ein Liveprogramm unter Moderation von Ecki Stieg. Auf der Bühne spielten die fabelhaften Mendocinos, Geier Sturzflug und Milou & Flint auf. Zahlreiche Helfer, darunter die Schauspieler Liza Tzschirner und Kalle Haverland sowie der Stadt-Pressesprecher Andreas Möser, servierten das festliche Menü. Für alle Beteiligten auch bei der fünften Auflage noch ein einzigartiges Ereignis. UM

Brücken bauen Helfen, wo keine Hilfe in Sicht ist. Das Projekt »Restart« wendet sich an Menschen, denen der Kompass für die Navigation durch das herkömmli­ che Hilfesystem fehlt. »Wir suchen die Hilfsbedürftigen auf, in ihrer Woh­ nung, einem Café oder in den Räumen einer sozialen Einrichtung«, erklärt Maren Derbord, eine von derzeit fünf SozialarbeiterInnen bei dem neuen Projekt. Der entscheidende Gedanke hinter »Restart« ist Prävention. Wenn die Betroffenen erst mit dem Kündigungsschreiben oder der Räumungs­ klage in einer Beratungsstelle auftauchen, ist der Schaden oft kaum noch abzuwenden. Soweit soll es jetzt erst gar nicht kommen. »Wir machen die Wege mit, arbeiten flexibel und wollen unsere Hilfe so niedrigschwellig wie nur möglich anbieten«, sagt Derbord. Dabei wird es vor allem darauf ankommen, Brücken in das institutionelle Hilfesystem zu bauen. Geför­ dert wird »Restart« überwiegend durch den Europäischen Hilfsfonds EHAP. Die Koordination obliegt der Region Hannover, mit der Umsetzung sind die Zentrale Beratungsstelle der Diakonie, die Selbsthilfe für Wohnungslose und das Karl-Lemmermann-Haus beauftragt. (Kontakt: 0511– 22 06 16 80, info@restart-hannover.de) UM


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Foto: REUTERS/Luke MacGregor

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BOB, DER LEBENSRETTER Es ist ein Märchen – und doch wahr: James Bowen war süchtig, obdachlos und Straßenzeitungsverkäufer. Dann kam der Kater, der sein Leben verändert hat: Bob. Bowen schrieb darüber ein Buch, einen Bestseller: »Bob, der Streuner«. Jetzt kommt der Film. Und James und Bob können sich im Kino sehen. »Wenn ich irgendetwas gelernt habe in den letzten Jahren, dann das Unerwartete zu erwarten«, sagt James Bowen. »Aber der absolut surrealste Moment bisher war, als Bob und ich über ein Filmset liefen, das uns selbst darstellte, wie wir auf den Straßen von Islington und Covent Garden saßen, Musik mach­ ten und den ›Big Issue‹ verkauften. Ich kann immer noch nicht glauben, dass das alles wahr ist.« Ist es. Nach all den schlim­

men Jahren. Die wahre Geschichte startet 1979: Da wird James Bowen in Südengland geboren, und sein Leben beginnt bereits mit einer Entwurzelung. Nach der Trennung der Eltern zieht seine Mutter mit ihm nach Australien, regelmäßige Umzüge und Schulwechsel folgen. James gelingt es nicht, sich mit sei­ nem neuen Stiefvater zu arrangieren, auf schulische Probleme folgt der Schulabbruch. 1997 reist er nach London, versucht


Foto: REUTERS/Luke MacGregor

Foto: Andreas Lambis

»Gib mir fünf«: Der echte Bob mit dem echten (re.) und dem Film-James

James Bowen und Bob – die Originale – vor drei Jahren

Luke Treadaway (li.)

noch auf der Straße im Covent Garden in London.

einen Neuanfang bei seiner Halbschwester, auch diese Beziehung ist kon­ Straßenmagazin etwa – mit zum »High Five« hoch fliktreich. James landet auf der Straße und bald beim Heroin. Er ist ganz erhobener Pfote. Das Verkäufer-Duo wird an seinem Verkaufsplatz zur kleinen Berühmtheit, LeserInnen unten angekommen. Schließlich findet James die Kraft, den ersten Schritt heraus aus dem bringen Tierfutter und Geschenke, und irgendwann Elend zu machen. Er beginnt einen Entzug und bekommt eine Sozialwoh­ beginnen die ersten, kleine Schals für Bob zu stri­ nung im Londoner Stadtteil Tottenham. Und dann sitzt eines Abends die­ cken. Ein inzwischen weltweites Phänomen. »Es ser Kater in seinem Hausflur. Besonders begeistert ist James nicht, aber war, als ob jeder Tag eine Überraschung für uns Bob, so tauft er das Tier, braucht Hilfe. Von seinem letzten Geld bezahlt er bereithielt«, so Bowen. Im November 2010 kommt James mit einer Kun­ den Tierarzt und kauft Futter – und macht sich auf die Suche nach Bobs Besitzer. Doch niemand scheint Bob zu vermissen und allein seiner Wege din aus der Nachbarschaft ins Gespräch. Mary gehen möchte der Kater auch nicht. Stattdessen begleitet er James fortan Pachnos ist Literaturagentin und überzeugt den auf Schritt und Tritt: Fährt U-Bahn mit ihm und wartet geduldig, während ›The Big-Issue‹-Verkäufer, seine Lebensgeschichte zu einem Buch zu machen. Vier Monate lang arbei­ James mit Straßenmusik sein Geld verdient. Aus dem selbstsüchtigen Junkie, wie James sich selbst rückblickend tet James mit dem Autor Garry Jenkins in einem nennt, wird jemand, der Verantwortung übernimmt – für Bob und für sich Café in der Nähe seines Verkaufsplatzes in Nordlon­ selbst. 2008 beginnt James Asphalts Pendant in London, die ›The Big Issue‹ don – eins, das auch Bobs Anwesenheit akzeptiert –, zu verkaufen. Und damit verordnet er sich einen geregelten Tagesablauf. und nun geht es ganz schnell. Als »A Street Cat named Bob« erscheint, erobert »Big Issue hat uns geholfen zu überleben«, erinnert sich James. Mehr und mehr bekommt er sein Leben in den Griff, schafft schließlich sogar die es direkt die britischen Verkaufscharts, bevor es in Entwöhnung vom Heroin-Substitut Methadon. »Ich wollte unbedingt ein Deutschland gleich für 27 Wochen die »Spiegel«Bestsellerliste anführt. Mehr als zwei Millionen besseres Leben«, sagt er. »Bob hat mir geholfen, dafür zu kämpfen.« Die beiden ungleichen Freunde finden ein Symbol für diesen Optimis­ Exemplare wurden allein hierzulande bislang ver­ mus und ihre enge Verbindung. Bob, der in jeder Beziehung ungewöhnli­ kauft. Inzwischen ist der Erstling in 37 Sprachen che Kater, quittiert die kleinen Erfolge seines Menschen – ein verkauftes übersetzt, Fortsetzungen und ein Kinderbuch fol­


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Foto: REUTERS/Luke MacGregor

gen. Aus dem lange unsichtbaren Obdachlosen ist ein Bestsellerautor, aus dem Straßenkater ein Welt­ star geworden. Seiner Straßenzeitung »The Big Issue« sagte James jüngst augenzwinkernd: »All die Aufmerk­ samkeit ist schon beängstigend, aber das war die erste Nacht als Obdachloser auch. Man gewöhnt sich daran.« Und ernster: »Es ist eine fantastische Gelegenheit, der Welt zu zeigen, wie das Leben auf der Straße ist.« Und tatsächlich hat die Geschichte der Freund­ schaft von James und Bob etwas Einzigartiges erreicht: Millionen Menschen haben Anteil genom­ men am Leben eines Wohnungslosen und sehen auch Straßenzeitungsverkäufer mit einem anderen Blick, sagt James. »Als ich das erste Mal in Deutsch­ land auf Lesereise war, ging ich durch Berlin und es kam eine ganze Schulklasse auf mich zu. Die Schü­ ler hatten mich vom Klassenzimmer aus gesehen. Und zu meiner Überraschung erzählte mir der Leh­ rer, dass mein Buch hier sogar Schullektüre im Eng­ lischunterricht ist.« Nun geht diese Erfolgsgeschichte in die nächste Runde. Am 12. Januar startet »Bob, der Streuner« in den deutschen Kinos. Unter Bond-Regisseur Roger Spottiswoode fiel die Wahl für die Rolle des James auf den Theater- und Filmschauspieler Luke Treadaway. Der echte James ist begeistert von die­ ser Besetzung, begleitete sein Double am Set und staunte, als der Schauspieler zur Recherche seinen Schlafsack nahm und selbst in Londons Straßen übernachtete. Bob darf sich selbst spielen, erhält aber Unterstützung von eigens trainierten Filmka­ tern. »Ich hoffe, dass ich durch den Film damit wei­ termachen kann, etwas an diejenigen zurückzu­ geben, die mir und Bob damals geholfen haben«, sagt James. Seit seinem unerwarteten Erfolg unter­ stützt James unter anderem die Big Issue Stiftung und das Blue Cross. Der nächste Plan: »Bob’s World Cat Café«, ein Tierschutz-Café, in dem Katzen will­ kommen sind und in dem auch Seminare und Kurse angeboten werden sollen. Es bleibt spannend im Leben von Bob und James. Oder wie der ehemalige Obdachlose es formuliert: »Seit ich meine Verkäuferweste eingetauscht habe gegen ein Leben als Schriftsteller, ist kaum ein Tag vergangen, an dem ich mich nicht kneifen musste, um sicher zu sein, dass das alles wirklich passiert.« Bastian Pütter

Steckbrief Bob Ist mindestens 11 Jahre alt. Besitzt hunderte handgestrickter Schals. Mag ganz besonders Cornflakes. Hat eine halbe Million Facebook-Fans. Spielt im Film sich selbst und hat zudem einige FilmDoubles. Und pflegt auch nach Drehende den Kontakt zu seinen Katzen-Kollegen Oscar, Jaffa, Booker, Leo und Trace.

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Muss man hören: Hertzliches Hannover das Wohnungslosen-Magazin. Immer am 2. Montag im Monat, 17 Uhr. ... auf UKW 106.5 oder Kabel 102.5 und bei www.leinehertz.de


»SCHUSS VOR DEN BUG« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäufer Uwe (62). Tolle Kappe, Uwe! Danke, die gehört einfach zu mir. Meine Kunden erkennen mich gar nicht ohne die Kappe.

Verkaufsplatz in der Nordstadt aufgegeben hatte, zumindest unter der Woche, samstags bin ich ja immer noch da.

Aber du hast doch jetzt einen neuen Verkaufsplatz… Welches Wort steht da an der Seite? Pumper. Meine Freunde haben mir den Spitznamen gegeben, weil ich so oft ins Fitnessstudio gehe.

Wie oft gehst du denn trainieren? Früher, kurz nachdem ich mit dem Saufen aufgehört habe, war ich zwei Mal täglich im Studio. Jetzt gehe ich nur noch sechs Mal die Woche und an meinem Ruhetag bin ich immer beim Fit-Boxen.

Ordentliches Trainingsprogramm… Ja, das macht mir einfach riesigen Spaß. Endlich habe ich wieder ein positives Körpergefühl. Als ich noch getrunken habe, war das ganz anders. Ich war aufgequollen und habe mich unwohl gefühlt. Durch den Sport fühle ich mich nicht nur gut, ich habe auch ganz tolle Leute kennengelernt und rich­ tige Freundschaften geschlossen. Meinem Kumpel Rolf, mit dem ich zusammen boxe, habe ich viel zu verdanken, er ist ein ganz hilfsbereiter Kerl. Ohne ihn könnte ich schon lange nicht mehr Roller fahren. Immer wieder repariert er mir die alte Möhre.

Wie lange bist du schon trocken? Seit dem 18. September 2013, also über drei Jahre.

Ja, ich habe den alten Platz von Holger bekommen, am Döh­ rener Turm vor Lidl. Holger ist leider vor kurzem gestorben. Er war da sehr bekannt. Seine Kunden erzählen mir oft, wie trau­ rig sie sind. Es wird wohl noch ein bisschen dauern, bis wir uns alle an die neue Situation gewöhnt haben. Holger gehörte ein­ fach dahin, so wie ich in die Nordstadt. Ich versuche es posi­ tiv zu sehen: ich habe jetzt zwei Verkaufsplätze und kann am Wochenende in der Nordstadt und unter der Woche in Döhren verkaufen.

Hört sich nach einem strukturierten und ausgefüllten Leben an. Ja, durchs Verkaufen und Trainieren bin ich schon gut beschäf­ tigt. Außerdem gehe ich fast täglich in den Saftladen, den alko­ holfreien Tagestreff an der Podbi. Es hilft, wenn man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann.

Fällt es dir schwer, nicht zu trinken? Nein, ich will noch was von meinem Leben haben. Der Krampf­ anfall hat mir das noch mal gezeigt, hätte ja auch schiefgehen können: Ich hätte sterben oder bleibende Schäden davontragen können. Und außerdem habe ich seit ein paar Monaten endlich Kontakt zu meinen Enkelkindern. Die beiden sind jetzt schon 12 und 14 Jahre alt und ich habe sie erst letztes Jahr kennenge­ lernt. Von denen will ich auch noch was haben.

Gratuliere! Danke. Wurde aber auch Zeit. Ich habe fast mein ganzes Leben versoffen, schon drei Therapien und etwa 40 Entgiftungen gemacht. Richtig bestärkt, trocken zu bleiben, hat mich aber der Krampfanfall, den ich vor einem Jahr hatte.

Was ist passiert? Damals hatte ich noch meinen 1,30-Euro-Job im Werkheim als Personenbeförderer. Da bin ich einfach umgefallen und habe minutenlang gekrampft. Wenn man mit dem Trinken aufhört, kann das passieren. Das hat mich echt erschüttert und war noch mal ein richtiger Schuss vor den Bug, dass ich das Saufen bloß nicht wieder anfange.

Ist das beim Fahren passiert? Zum Glück nicht. Personen darf ich seitdem aber leider nicht mehr befördern. Schade nur, dass ich für den Job meinen super

Wie kam es zum Kontakt? Über Asphalt-Verkäufer Wolfgang hat sich das ergeben. Das war echt großes Glück! Er ist nämlich der Bruder von der Oma meiner Enkel und so haben wir den Kontakt hergestellt. Meine zwei Söhne habe ich das letzte Mal 1990 kurz nach der Schei­ dung gesehen, dementsprechend gab es auch keinen Kontakt zu meinen Enkeln. Bisher war ich also kein besonders guter Vater und Opa. Davon kann ich mich nicht freisprechen, aber ich kann es jetzt besser machen.

Hast du Wünsche für die Zukunft? Gesundheit natürlich und noch ein längeres Leben. Ich würde mir auch wieder eine Partnerin wünschen, denn manchmal fühle ich mich abends schon ein bisschen einsam. Interview und Fotos: Svea Kohl


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Asphalt-Verkäufer Uwe steht am Döhrener Turm vor Lidl und samstags in der Nordstadt vor »denn´s« Biomarkt.


RUND UM ASPHALT

er 13., d , g a it e r F  -Tag         r de

Foto: Susanne Haupt

Dichtkunst im Scheinwerferlicht Ein Stuhl, ein Mikro. Oder auch im Stehen. In jedem Fall Dichtkunst im Scheinwerferlicht, wortgewandt und feinfühlig. Acht Autorinnen und Autoren aus Hannover und Niedersachsen präsentieren kurze Geschichten: Erlebtes, Gedachtes, Skurriles. Frei von der Bühne weg. Ein »Klassentreffen« der Crème der Slam- und Literaturszene, unter anderem bekannt aus den vergangenen 13 Ausgaben des Asphalt-Magazins. Mit dabei: Tobias Kunze, Johannes Weigel, Judith Simon-Graf, Marlene Stamerjohanns, Annika Blanke, Robert Kayser, Hartmut El Kurdi und Wolfram Hänel. Die Asphalt-Lesebühne wird musikalisch ummantelt von BBC, der Band der großen Wohnungsloseneinrichtung Werkheim in Hannover-Vahrenwald. Wir freuen uns auf einen lebendigen Abend voller facettenreicher Schreibkunst – und auf Sie! Poeten in Asphalt – Die Lesebühne Freitag, 13. Januar 2017, Freizeitheim Döhren, An der Wollebahn 1, 30519 Hannover Einlass 18.30 Uhr, Beginn 19 Uhr Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.

Jeder und jede Asphalt-Verkäufer/ in wird warm eingepackt. Mit Mütze u n d g e fü t te r te r Funktionsjacke. Und damit auch allen alles passt, haben die ehrenamtlichen Helferinnen Cordula Steinmetz und Renate Fuchs (hier mit Verkäufer Mario vom Lindener Markt) jüngst alle Asphalter zur Anprobe gebeten. Die Jacken werden nun noch mit Asphalt-Logo und Schriftzug bedruckt. Viele Verkäufer mögen es sehr, darüber ihre Zugehörigkeit zu Asphalt deutlich machen zu können. Die Finanzierung der Jacken konnte nicht ohne finanzielle Unterstützung realisiert werden. Ein Gutteil mit 4.000 Euro hat die Ricarda und Udo Niedergerke Stiftung übernommen. »Darüber hinaus haben viele unserer Leser mit Einzelspenden die neue Ausstattung untersützt«, so Asphalt-Geschäftsführer Reent Stade. MAC

War das eine wunderbare Atmosphäre! Am Freitag vor dem ersten Advent öffnete der Weihnachtsmarkt mit Herz in der Kreuzkirche wieder seine Türen. Viele Besucherinnen und Besucher nutzten den ganzen Nachmittag, um von Stand zu Stand zu bummeln und die allesamt handgefertigten Kostbarkeiten zu bestaunen: köstliche Liköre, dekorative Gestecke, praktische Taschen, wohlriechende Seifen… Wer eine Pause brauchte, konnte es sich bei selbstgebackener Torte und Kaffee oder Tee gemütlich machen. Wir danken von Herzen allen Menschen, die das ganze Jahr über stricken, nähen, einkochen, polieren, gestalten und an uns denken – der Erlös dieses besonderen Weihnachtsmarktes kommt in jedem Jahr komplett Asphalt zugute: dieses Mal kamen über 8.400 Euro zusammen! KIE Foto: J. Kießling

Tannenduft und Selbstgenähtes

Foto: V. Macke

Neue Jacken für Asphalter


Schon zum zweiten Mal ereilte uns eine ganz besondere Einladung: von Landtagspräsident Bernd Busemann. Ein vorweihnachtlicher Empfang zu Ehren unserer Verkäuferinnen und Verkäufer. Das macht uns richtig stolz. Auf den Sitzen der Abgeordneten konnten unsere Asphalter den lobenden Worten Busemanns folgen, der sich für »ihren Einsatz und ihr Durchhaltevermögen« bedankte. Er bewundere, dass »sie sich auch von Frustrationserlebnissen wie schlechtem Wetter oder vorbeihastenden Passanten nicht entmutigen lassen«. Als Anerkennung überreichte er Asphalt-Geschäftsführer Reent Stade einen Spendenscheck über 1.000 Euro und kaufte außerdem 450 Exemplare der Dezemberausgabe für alle Abgeordneten und Angestellten. Bei Kaffee und Kuchen nahm sich der Landtagspräsident anschließend noch Zeit für ausführliche Gespräche und Erinnerungsfotos. SKO

gesucht – gefunden Verkäufer Mario: Ich suche einen Flachbildfernseher und einen Laptop. [V-Nr. 1970] Kontakt: 01575 – 543 35 09. Verkäuferin Cordula: Ich suche eine möglichst stabile Schlafcouch. [V-Nr. 1683] Kontakt: 0177 – 749 29 54. Verkäufer Tom aus Celle: Ich bin handwerklich leider total unbegabt und suche deshalb kostenlose Hilfe bei der Renovierung und Gestaltung meiner Wohnung. Werkzeug (Bohrmaschine, Handkreissäge, Stichsäge, Winkelschleifer) ist vorhanden. Vielen Dank! [V-Nr. 192] Kontakt: 05141 – 48 23 61 oder 0175 – 797 60 07.

Verkäuferin Vera: Ich suche eine funktionstüchtige Wasch­ maschine (Front- oder Toplader). Leider bin ich nicht motorisiert und bitte darum, sie mir zu bringen. Vielen Dank im Voraus. [V-Nr. 2224] Kontakt: 0163 – 154 65 01. Verkäuferpaar Eileen und Jörg: Wir wünschen unseren Kunden aus der Karlsruherstraße, dem Kurländerweg und aus Sarstedt ein schönes neues Jahr 2017. [V.-Nr. 2116 und 2117] Verkäufer Thomas: Ich wünsche allen in Langenhagen und Ledeburg ein gesundes neues Jahr. Danke für 2016! [V-Nr. 1909]

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Gutscheine zum Fest: Der Lions Club HannoverViktoria Luise schenkte den Asphaltern 40 Einkaufsgutscheine für die Galeria Kaufhof im Wert von je 25 Euro. Doris Wollner und Brigitte Hammerich (v.l.) haben sie mit Asphalt-Geschäftsführer Reent Stade sogleich in bereitstehende Nikolaus-Tüten gepackt. Darin waren schon Kaffee, Tee, Süßes, Saures und allerlei Nützliches. Gestiftet von Rewe. Zusammen mit Gutscheinen aus der HAZ-Weihnachtshilfe für Kaufland eine pralle Tüte. »Die Asphalt-Verkäufer freuen sich sehr über die Aufmerksamkeit in der Adventszeit. Mit den Gutscheinen können sie sich selbst kleine Wünsche erfüllen oder anderen eine Freude bereiten. Eine tolle Aktion,« so Stade. Dieser nur aus weiblichen Mitgliedern bestehende LionsClub existiert seit Anfang der 1990er Jahre und hat sich zum Ziel gesetzt, für ein funktionierendes Miteinander einzutreten. MAC

Foto: S. Kohl

Asphalt zu Gast im Landtag

Foto: V. Macke

Tolle Tüten zum Nikolaus

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RUND UM ASPHALT

Fotos: Karin Powser

Asphalt feiert Weihnachten

Es wurde fröhlich im großen Saal der Diakonie. Rund hundert Asphalter nahmen voller Vorfreude Platz an den festlich gedeckten Tischen. Das Team der Ehrenamtlichen hatte ganze Arbeit geleistet und nicht nur für die feierliche Deko gesorgt, sondern unermüdlich Kuchen gebacken, Schnittchen geschmiert und Kaffee gekocht. Firma REWE stellte nicht nur all die servierten Köstlichkeiten aus ihrem Sortiment zur Verfügung, sondern trat auch leibhaftig in Erscheinung. Drei Bezirksmanager verdienten sich Bestnoten beim Rühreierbraten. Caroline Wienker stiftete unseren Verkäufern 54 Flaschen frisch gemostetem Saft. Hausherr und Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes begrüßte die Anwesenden und erinnerte an den Anlass des Weihnachtsfestes. Anschließend bedankte sich Asphalt-Geschäftsführer Reent Stade bei allen Mitarbeitern und Ehrenamtlichen für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr. Zu einem Sonderein-

satz kam Polizeikommissar Heiko Wallbaum von der Polizeiinspektion Mitte. Er unterstützte die AsphaltVerkäufer bei der Suche nach dem verschwundenen Asphalt-Männchen. Mit dem richtigen Teamgeist konnte das (nicht ganz ernst gemeinte) Problem bald behoben werden. Als die Gäste sich satt und zufrieden auf den Heimweg machten, war für unsere ehrenamtlichen Helfer der Einsatz noch nicht beendet. Viele fleißige Hände machten sich an die Aufräumarbeiten und den Abwasch, Hartmut Scholz übernahm bei Auf-, wie Abbau wieder den Transport. Alles Dienste, die oft wenig Beachtung finden, ohne die ein Projekt wie Asphalt aber nicht denkbar wäre. UM

Wir laden ein zum

Zukunftstag bei  Am 27. April 2017 ist für viele Mädchen und Jungen der 5. bis 10. Klassen wieder Zukunftstag – ein Tag zum Reinschnuppern und Kennenlernen von Arbeitsfeldern. Bei Asphalt habt ihr in diesem Jahr erstmals die Gelegenheit an diesem Tag folgende Einblicke zu erhalten: * Wie arbeitet die Redaktion einer Straßenzeitung? * Wie sieht das hannoversche Hilfesystem für Wohnungslose aus? * Wie hilft das Projekt »Soziale Straßenzeitung« den Verkäuferinnen und Verkäufern? Wenn ihr Interesse habt, dann meldet euch bei uns – fünf Plätze haben wir frei! macke@asphalt-magazin.de oder 0511 – 30 12 69-14


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Foto: Picture-Alliance/BREUEL-BILD

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WIE TICKT AMERIKA? Ingo Zamperoni (42), Ex-Washington-Korrespondent der ARD und seit Kurzem wieder Moderator der Tagesthemen, hat das Buch »Fremdes Land Amerika« geschrieben. Er will weder abrechnen noch verteidigen, sondern einfach nur dabei helfen, die USA zu verstehen. Herr Zamperoni, Ihr Buch heißt »Fremdes Land Amerika«. Sie arbeiteten bis vor Kurzem als Korrespondent für das ARD-Auslandsstudio in Washington. Kommt Ihnen das Amerika dieser Tage noch vertraut vor?

vor als es uns sonst schon war. Aber das betrifft nur die eine Hälfte der Amerikaner – es ist nicht so, dass das ganze Land einem Herrn Trump zujubelt, im Gegenteil. Hillary Clinton hat ja die Mehrheit der Stimmen gewonnen. Aber es ist in der Tat Ja und nein. Einerseits ist der Titel aus Sicht der Deutschen pas­ befremdlich, dass jemand mit solch einem Ton und solchen sender denn je – Amerika kommt uns momentan noch fremder Aussagen so viele Menschen mobilisieren kann.


Versteht der Politneuling Trump die Amerikaner besser als die meisten etablierten US-Politiker? Auf jeden Fall hat er ein besseres Gespür dafür, mit welchen Themen Wähler­ massen zu mobilisieren sind. Er hatte von Anfang an eine sehr klare Botschaft. Zu sagen, »Make America great again«, bedeutet ja auch, es liegt gegenwärtig viel im Argen. Das Selbstverständnis der Amerikaner ist ja eigentlich: »We are number one!« Trump hat kapiert, dass viele das nicht mehr so sehen und auf diesen Skat gereizt. Er besitzt zumindest ein besseres Gespür für den »normalen Menschen auf der Straße«, obwohl er ja in einem goldenen Käfig lebt. Sein Bio­ graf sagte einmal, Trump gehe auch zu McDonald’s, aber nicht um zu zeigen, dass er auch Burger isst, sondern weil er es gut findet. Obwohl er eigentlich ent­ rückt ist, ist er ziemlich nah dran.

Trump möchte Präsident aller Amerikaner sein. Trauen Sie ihm diesen Spagat zu? Das ist der Spruch, den jeder Sieger von sich gibt. Trump war sehr kon­ trovers und hat Töne salonfähig gemacht, die in diesem Land noch vor Kurzem nicht gingen. Andererseits ist er kein Ideologe. Ihm geht es um sich selbst, er möchte erfolgreicher Präsident sein. Wenn er sieht, das geht gegen die Wand, hat er überhaupt keine Probleme damit, seine Meinung noch im selben Satz zu ändern. Mit Äußerungen gegen Globalisierung und Freihandel kann er durchaus bei den Linken in den USA punkten. Es kommt darauf an, welche Themen er jetzt besetzt, aber diese ausgren­ zende, herablassende Rhetorik aus dem Wahlkampf war ein Gift, das sich verbreitet und leider auch bleiben wird. Seit seinem Sieg gibt er sich ja sehr viel gemäßigter. Mal sehen, ob das so bleibt.

Trump hat bereits zentrale Wahlversprechen zurückgenommen in Bezug auf die Homo-Ehe oder Obamacare. Sind Sie überrascht, wie moderat er jetzt schon ist – oder ist das bloß Populismus? Kommt drauf an, wie man es definiert. Ihm selbst ist die Homo-Ehe wahr­ scheinlich ziemlich egal, anders als seinem Vizepräsidenten Mike Pence. Dieser vertritt sehr stramme konservative Werte. Trump richtet sich mehr nach Umständen, weniger nach einer Devise. Ich schätze, viele seiner Wähler werden sehr enttäuscht sein in den kommenden Monaten.

Ist Donald Trump mit diesem Amt überfordert? Es besteht kein Zweifel daran, dass es noch nie einen unqualifizierteren Präsidenten in den USA gab als ihn. Aber der Quereinsteiger-Status war auch ein Plus. Und wenn man so will, dann waren die Gründungsväter auch keine geborenen Politiker, sie sind es oft erst geworden. Aber dieses Amt nimmt einen von morgens bis abends in Beschlag. Der neue Anfüh­ rer der westlichen Welt hat ein sehr egozentrisches Bild. Das ist ziemlich kurzsichtig.

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Wie beurteilen Sie rückblickend die deutsche Berichterstattung über den jüngsten US-Wahlkampf? Wir analysieren bei ARD-aktuell täglich unsere Berichterstattung, natür­ lich auch die während des US-Wahlkampfes. Wir haben viel über TrumpWähler berichtet, aber vielleicht die Zahl der Menschen unterschätzt, die sich erst am Wahltag als Trump-Unterstützer zu erkennen gegeben haben. Mit Blick auf Deutschland geht es darum, die Stimmungen in der Bevölke­ rung aufzugreifen und zu analysieren, wo und weshalb der Schuh drückt. Eine solche Analyse sagt auch viel aus über die bisherigen Wahlerfolge der AfD. Bei den Tagesthemen wollen wir den Zuschauern keinesfalls vorge­ ben, was sie zu denken oder zu fühlen haben. Wir geben höchstens den Anstoß, über bestimmte Entwicklungen nachzudenken und sich selbst ein Bild zu machen.

Wie groß ist in Amerika die Angst vor kultureller Überfremdung in der weißen Bevölkerung? In den Gegenden, wo es die wenigsten Andersaussehenden gibt, entsteht die größte Abneigung. Das ist in Deutschland nicht anders. Die Wahlver­


In Ihrem Buch schreiben Sie darüber, dass schwarze Amerikaner ihren Kindern beibringen, wie sich sich gegenüber weißen Polizisten verhalten sollen, damit es keinen Ärger gibt. Welches Verhältnis haben schwarze Amerikaner zur Staatsmacht und zu Institutionen? Kein gutes. Die Tatsache, dass jetzt wieder weni­ ger schwarze Menschen wählen gegangen sind als beim letzten Mal, ist kein gutes Zeichen. Man kann sich aber nicht immer nur beschweren und die Opferrolle einnehmen; die einzige Möglichkeit, da etwas zu ändern, ist, entsprechend zu wählen. Wenn in einer zu 70 Prozent schwarzen Stadt ein Weißer zum Sheriff gewählt wird, liegt das auch an denjenigen, die ihre Stimme niemand anderem gegeben haben.

Rassismus ist auch eine Frage der Bildung. Kommt die in Amerika zu kurz? Bildung ist ein Schlüsselelement. Damit meine ich nicht nur, dass einer mehr weiß als die anderen, sondern dass er auch anderen Erfahrungen aus­ gesetzt wird. Ich habe einen tollen Artikel gelesen über jemanden, der im Mittleren Westen aufge­ wachsen und dann aufs College gegangen ist. Sein Mitbewohner dort war ein Homosexueller. Da wurde aus einem abstrakten Bild ein konkreter Mensch, und der Mann denkt plötzlich: »Wenn wir jetzt nicht die Homo-Ehe gewähren, dann verwehre

Ingo Zamperoni war schon immer fasziniert von den USA. Er ist es heute noch  – nun aber mit einem nüchternen Blick auf die Realitäten des Landes. Sein dortiges Studium und seine journalistische Tätigkeit haben ihm gezeigt: Vieles an Amerika kann man bewundern, gleichzeitig gibt es Dinge, die wir in Deutschland anders sehen. Trotz aller Differenzen haben die deutsch-amerikanischen Beziehungen nach wie vor eine zentrale Bedeutung für die Zukunft. Denn die großen Herausforderungen durch Terror, Kriege, Flucht und Finanzkrisen können nur gemeinsam gemeistert werden. Ingo Zamperoni · Fremdes Land Amerika · Ullstein Verlag · 20 Euro

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sprechen der Politiker in den letzten Jahren sind ich dieser Person ein Menschenrecht. Stehe ich dann immer noch nicht eingelöst worden. Die Amerikaner, die in den dagegen?« Gegenden wohnen, wo man nicht viel Kontakt nach außen hat, fühlen sich im Stich gelassen. Jetzt woll­ Wie sieht es mit einer Verschärfung der Waffengesetze aus? ten sie die Brechstange. Viele Amerikaner wollen Lehnen die meisten Amerikaner sie ab? die Globalisierung und die digitale Vernetzung auf­ Auf jeden Fall. Es geht dabei nicht mehr um Rationalität, sondern halten und wieder dahin zurück, wie es früher war. um Emotionen und Instinkt. Die Amerikaner wachsen mit dieser Und früher war es eben so, dass Weiß eindeutig die Kultur auf, Schusswaffen sind für sie etwas ganz Normales. Der tonangebende Ethnie war. Ich glaube aber, sie füh­ Staat Texas zum Beispiel erlaubt jetzt wieder das sichtbare Tragen ren einen Kampf gegen Windmühlen. von Waffen am Holster. Dort kann man sogar mit einem um die Schulter gehängten Maschinengewehr shoppen gehen. Kalifor­ nien hat das »Open-Carry« wiederum total verboten. Die Bundes­ Hat der Rassimus in den USA sich gewandelt? Rassismus hat es immer gegeben und wird es immer staaten in den USA sind sehr autonom. Bis ich in Amerika gelebt geben. Auch bei uns. Aber in den USA ist das noch habe, hatte ich in meinem Leben noch keine echte Schusswaffe einmal ein besonderes Feld bezüglich der Afro­ gesehen. Ich habe jetzt mal mit einer Schrotflinte geschossen, ich amerikaner, der Sklaverei und der Bürgerrechtsbe­ verstehe die Faszination daran: Es ist ein Machtgefühl, und es wegung. Mein Schwiegervater ist schwarz und hat macht Spaß, wenn man die Tontaube trifft. Aber Kriegsgerät hat noch sein Brötchen am Hintereingang der Bäckerei einfach keinen Platz in privaten Händen! kaufen müssen. Das ist wirklich nur eine Genera­ Olaf Neumann tion entfernt!

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BUCHTIPPS Faszination Passend zu unserem Interview mit Amerika-Kenner Ingo Zamperoni (Seite 31 – 33) möchten wir Ihnen noch ein weiteres Buch ans Herz legen: In Die spinnen, die Amis von Steve Przybilla werden (fast) alle Klischees bedient. Da gibt es falsche Aliens, echte ZombieJäger, gefährliche Gang-Mitglieder und geschäftstüchtige Profi-Kiffer. Aber der freie Journalist (Süddeutsche Zeitung, Neue Zürcher Zeitung, Die Zeit) transportiert in seinen 30 sorgsam recherchierten Vor-Ort-Reportagen noch mehr: seine persönliche Faszination von diesem so viel gerühmten Land der unbegrenzten Möglichkeiten, vom American Way of Life. Und obwohl merkwürdige Lebensentwürfe, fragwürdige politische Ansichten und allerhand Skurrilitäten die Leserinnen und Leser mitunter den Kopf schütteln lassen, reift bei der Lektüre dieses Buches der Wunsch – sofern er nicht schon längst umgesetzt wurde: Da will ich irgendwann mal hin. KIE Steve Przybilla · Die spinnen, die Amis · Maverick-Verlag · 13,80 Euro

Gemütlichkeit Ein perfekter Winterabend: das weiche Sofa, die kuschelige Decke, der heiße Tee – und das Herzstück von Stefan Heuer. Moderne Gedichte, die eine mitunter kühle Wirklichkeit abbilden und trotzdem schmecken wie zart auf der Zunge schmelzender Schnee. Diese Gedichte machen die Welt nicht besser – aber irgendwie gemütlicher. Stefan Heuer aus Burgdorf bei Hannover ist verliebt, das ist schnell klar. Verliebt in Worte, in Klänge und in Rhythmen. Wie ein Wortarchitekt baut, oder besser: konstruiert er sensible Kunstwerke, deren tiefer Sinn oft erst nach dem zweiten oder dritten Lesen geahnt wird, deren Ton aber schon beim ersten Lesen tief trifft: »bei einfahrt des zuges gedränge / auf dem bahnsteig, ein kind sucht seine eltern, / die sprengung verlassener koffer, und mittendrin / wir – du reißt dich los, obwohl ich dich nicht / halte; du hast genug, weil dir so vieles fehlt …« KIE Stefan Heuer · Herzstück · Verlagshaus Berlin · 13,90 Euro

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25. Januar bis 23. April 2017

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Zossen, Rösser, Pferde in der modernen Kunst

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Marc Chagall, Julnar the Sea-Born and her Son King Badr Basim of Persia (4) . Blatt 7 aus „Arabian Nights - Four Tales from the Arabian Nights“, New York, 1948, Sprengel Museum Hannover, Schenkung Sammlung Sprengel (1969) Foto: Michael Herling/Aline Gwose, Sprengel Museum Hannover © VG Bild-Kunst, Bonn

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Literatur Vasmers Bruder

The Black Rider

Der international bekannte Illustrator David von Bassewitz präsentiert seine erste Graphic Novel: Gemeinsam mit Autor Peer Meter entführt er die Leser in die polnische Kleinstadt Ziebice. Zwischen 1903 und 1924 tötete dort Serienmörder Karl Denke mindestens 30 Menschen und kochte und verspeiste seine Opfer. Nur durch Zufall wurde sein mörderisches Treiben aufgedeckt, jedoch niemals aufgeklärt, da er sich am Tage seiner Verhaftung in der Gefängniszelle erhängte. In der Geschichte von David von Bassewitz und Peer Meter begibt sich der deutsche Journalist Martin Vasmer auf die Suche nach seinem in Ziebice verschwundenen Bruder. Dabei gerät er tiefer und tiefer in die schockierenden Abgründe der Welt Karl Denkes, in dessen Mörderwohnung nun ein gewisser Adam Sadowski einen seltsamen Kult um den Serienmörder betreibt. 24.1., 20 Uhr, Feinkost Lampe, Eleonorenstraße 18, Hannover. Eintritt 5 Euro.

Wilhelm muss schießen lernen. Dazu hat der Büroschreiberling keine Lust, aber Förstertochter Käthchen bekommt man nur als Meisterschütze. Und den Förstertitel natürlich auch. Die Konkurrenz um Frau und Titel ist jedoch groß. Wie auch immer, Wilhelm muss bei dem berühmten Probeschuss bestehen. Damit er das schafft, hat er sich der Magie ergeben. Und das endet bekanntlich selten gut. Die Handlung von »Black Rider« basiert auf der Volkssage des Freischütz, wie auch Carl Maria von Webers gleichnamige Oper. Starregisseur Robert Wilson und Musiker Tom Waits machten aus dem Stoff ein Musiktheaterstück, das 1990 uraufgeführt wurde. 15.1., 18 Uhr, Theater Hameln, Sedanstraße 4, Hameln. Eintritt: 23 Euro, ermäßigt 11,50 Euro.

Theater

Acht Frauen, ein Opfer und eine abgelegene, tief eingeschneite Villa. Eine wohlhabende Familie trifft sich dort, um das Weihnachtsfest zu feiern. Doch bald wird der Hausherr und einzige Mann mit einem Messer im Rücken tot aufgefunden. Der Versuch, die Polizei zu rufen, scheitert, da plötzlich das Telefon nicht funktioniert. Die Zündkabel des Autos sind durchschnitten und das Gartentor lässt sich nicht öffnen. Nur eine der Frauen kann die Mörderin sein. Keine hat ein Alibi, aber jede ein Motiv. Eine Inszenierung des Theaterensembles »Die Tribüne«. 25., 27. und 28.1., 20 Uhr, Leibniz Theater, Kommandanturstr. 7, Hannover. Eintritt 16/13 Euro

Foto: Christian Flamm

Die acht Frauen

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KULTURTIPPS

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Ausstellung

Foto: Karin Blüher

Wege ins Ungewisse

Kinder Der fliegende Robert Im Fundbüro ist ein kleiner blauer Regenschirm abgegeben worden, der ein luftiges Geheimnis birgt. Als Roberts Vater dahinter kommt, wittert er ein gutes Geschäft: Auf Rummelplätzen präsentiert er fortan den »Fliegenden Robert«. Robert und der Schirm werden berühmt, der Vater kassiert. Aber Robert sehnt sich zurück zu seinen Freunden und flüchtet allein über das Meer – mit Zwischenlandungen am Nord- und Südpol, im Urwald und auf dem Rücken eines verdutzten Riesenwals. Wieder zuhause, hat er eine große Überraschung im »Fluggepäck«. Robert ist glücklich – und sein ehrgeiziger Vater, der ihn voller Sorge überall suchte, beginnt endlich, sein Kind zu verstehen. Das Stück richtet sich an Kinder zwischen fünf und zehn Jahren. 22.1., 11 und 15 Uhr, 24.1., 9.30 Uhr, Theatrio, Großer Kolonnenweg 5, 30163 Hannover. Eintritt: Montag bis Freitag 6 Euro, Samstag und Sonntag Erwachsene 8 Euro, Kinder 6 Euro. Mit HannoverAktiv-Pass Eintritt frei.

Die Ausstellung zeigt sechs professionelle Künstlerinnen und Künstler, die in Hannover seit kürzerer oder längerer Zeit im Exil leben. Elham Emanbakhsh absolvierte ihr Kunststudium in Ghazvin (Iran). Ihre großformatigen Acrylbilder zeigen abstrakte Porträts und Frauenakte. Ola Kabani studierte Kunst und Innenarchitektur in Damaskus (Syrien). Sie zeigt großformatige gegenständliche Fotografien. Ziad el Kilani studierte Kunst und Grafik in Bagdad (Irak) und Hannover. Seine Ölbilder und Radierungen sprechen eindringlich von Kriegs- und Fluchterfahrungen. Ahmad Salma studierte Design in Damaskus. Seine Bilder bauen auf kalligraphischen Motiven auf. Athra Shalal aus Bagdad zeigt Acrylmalerei. Majid Sraywell studierte Kunst in Damaskus und arbeitete in den Bereichen Design, Architektur und Werbung. Die Ausstellungseröffnung beginnt um 16 Uhr. 20.1. bis 3.2., 10 bis 18 Uhr, Kulturzentrum Pavillon, Lister Meile 4, Hannover. Eintritt frei.

Musik Jazz am Emmichplatz Lars Stoermer begleitet den James-Brown-Saxophonisten Alfred »Pee Wee« Ellis und Soul-Ikonen wie Marva Whitney und Martha High auf Tourneen. Mit der Band »Wir sind Helden« spielte er auf allen großen deutschen Rockfestivals. Zu seinen Projekten zählen das »Lars Stoermer Quartett«, »Fantastic Parking Lot« und die »Bigband Fette Hupe«. Stoermer studierte Jazz-Saxophon an der HMTMH und war 2001 erster Preisträger beim Jazzwettbewerb der Hochschule. Der Saxofonist tritt mit den Studierenden Felix Lopp (Klavier), Martin Schwarz (E-Bass) und Lennart Voß (Schlagzeug) auf. Dozent und Musiker Jörn Marcussen-Wulff führt musikwissenschaftlich ein. Eintrittskarten können per E-Mail an kartenvorverkauf@hmtm-hannover.de bestellt werden. 31.1., 19:30 Uhr, Raum E15, Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Emmichplatz 1, Hannover. Eintritt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro.


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Ecki & The Moon Pie Rats Nur selten schafft es Bandleader Ecki Hüdepohl (Gesang, Keyboards), seine Mitstreiter Gero Drnek (Bassukulele, Gesang) und Hilmar Kahl (Schlagzeug, Gesang) für Konzerte zusammenzubringen. Und da Gero in diesem Jahr wieder vermehrt mit »Fury in the Slaughterhouse« unterwegs ist, wird es 2017 voraussichtlich bei diesem einen Auftritt bleiben. Die »Moon Pie Rats« spielen in erster Linie die Songs von Ecki: ein typisch amerikanischer Stilmix aus ungeschliffenem Jukejoint-Boogie, dampfend-heißem Blues der Bayous, Americana und eleganten Klängen, die auch aus einem New Yorker Nachtclub stammen könnten. 6.1., 20 Uhr, Marlene, Prinzenstraße 10, Hannover. Eintritt 10 Euro, ermäßigt 8 Euro.

Kino Ich, Daniel Blake Daniel Blake ist Schreiner, um die sechzig und lebt in Newcastle. Nach einem schweren Herzinfarkt ist er arbeitsunfähig. Jetzt schikaniert und demütigt ihn das britische Sozialsystem. Doch wenn man ihm blöd kommt, wird Daniel Blake renitent. Nur ein bisschen, aber das reicht. Ken Loach zeigt den Kampf eines Arbeitslosen gegen den britischen »Sozialstaat«. Das Schicksal der Hauptfigur ist nicht erfunden. Der Film erhielt die Goldene Palme in Cannes 2016. 27. und 28.1., 20.30 Uhr, Kino im Sprengel, Klaus-Müller-Kilian-Weg 2, Hannover. Eintritt 5 Euro, mit Hannover-Aktiv-Pass 2,50 Euro.

36 Am Lindener Berge 38 30449 Hannover Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

Januar 2017 Freitag, 6. Januar KNUT RICHTER SWINGTETT Getting started, again! Eintritt: 20 Euro Freitag, 13. Januar Die Gesellschaft der Freunde des Jazz präsentiert: JAN LULEY QUARTET FEAT. BRENDA BOYKIN Von Ellington bis Elvis – Swing, Blues und Gospel Eintritt: 20 Euro Samstag, 14. Januar MAYITO RIVERA Die Stimme von »Los Van Van« Eintritt: 20 Euro Donnerstag, 19. Januar

Verschiedenes Tanzvergnügen Kulturelles Miteinander und gegenseitige Toleranz sind nur dann möglich, wenn wir unterschiedliche Geschichten und Erfahrungen (an-)erkennen. Wie unterscheiden sich Biografien von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund im Hinblick auf politische und kulturelle Teilhabe? Welche Formen der Selbstorganisation waren möglich und notwendig? Wie gestaltete sich das soziale Leben in Linden-Limmer vor 30 Jahren? Und was folgt daraus? Im Rahmen des Projektes »Geschichten von Zugezogenen, Weggezogenen und Dagebliebenen« referieren Horst Deuker, Lindener Butjer und Autor von »Zwischen Deisterplatz und Fischerhof – Die Göttinger Straße«, und Sevim Keske, Pflegerin und Leiterin des Tandem-Projekts. 17.1., 19 Uhr, Der Nachbarin Café, Kulturzentrum Faust, Zur Bettfedernfabrik 3, Hannover. Eintritt frei.

Die Gesellschaft der Freunde des Jazz präsentiert: ROLF KÜHN UNIT Echo-Jazz Preisträger 2016 Eintritt: 20 Euro Donnerstag, 26. Januar BRUNO MÜLLER MEETS THE SOULMATES Soul-Jazz Special Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Sonntag, 28. Januar BENEDIKT JAHNEL TRIO ECM-Release » The Invariant Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro

Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

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IHR ENGAGEMENT

Machen Sie mit! Impressum

Herausgeber: Prof. Dr. Heiko Geiling, Hanna Legatis, Rainer Müller-Brandes

Gründungsherausgeber: Walter Lampe

Geschäftsführer: Reent Stade

Redaktion: Volker Macke (Leitung), Jeanette Kießling, Svea Kohl, Ulrich Matthias

Fotografin/Kolumnistin: Karin Powser

Freie Mitarbeit dieser Ausgabe: Olaf Neumann, Dirk Planert, B. Pütter, L.Stegner, W. Stelljes, Andy Spyra, K. Zempel-Bley Anzeigen: Heike Meyer

An jedem letzten Dienstag im Monat trifft sich die Runde der Ehren­­ amtlichen in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstal­tungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäufe­rin­nen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen – und ich freue mich, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Das nächste Treffen ist am Dienstag, 31. Januar 2017, um 17 Uhr. Rufen Sie mich einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-26. Herzlichst, Ihr Reent Stade, Asphalt-Geschäftsführer

Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer

Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter)

Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1

Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Herstellung: eindruck, Hannover

Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 25.000

Asphalt erscheint monatlich.

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 16. 12. 2016

Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde.

Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger

Asphalt dankt: M. + S. Toussaint, K.-H. + F. Rosanowski, E. Hedemann, H. Brodtmann, H. Patzwahl, M. Irle, I. Daniel, H. Kleinholz, M. Mackel, M. + H. Papenberg, E. Krok, D. Martens-Stoldt, A. Vasterling, M. Stief, K. Buetefisch, K. Zoelzer, Smartcity Hotel, H. Kutter, H. Siedschlag, C. + W. Eggers, H. Lange, M. Gewecke, D. Springer, C. + W. Denia, R. + Dr. K. Dera, K. Ohlendorf, K. Maicher, Fa. Hacon, F. Piasecki, C. Prechel, M. Fricke, R. Schulze, J. Wolschke-Bulmahn, G. + B. Grimpe, A. Geissler, A. Duransky, H. Seegers, Fr. Niebler-Sturm, D. Noth, G. + A. Redeker, W. Hildebrandt, Y. Carlsson, S. Hagedorn, H. Schatz, H. Dorl, K. Huchting, J. Oehlmann-Asche, S. Bendel, F. Pedersen, R. von Janta Lipinski, A. M. Wolther, E. Dempewolf, J. Kayser, E. Gutzke, M. Wehmeier, H. + C. Branzke, G. Reimann, I. Gorris, W. Kotschy, A. Lambrecht, A. Schlotzhauer, M. Neumann, G. Tobies, G. Bartscher, H.-K. Wenzel, I. Goermer, I. Habe nicht, C. Ellersiek, H. Meinders, C. Molkenthin, D. + H. Bauer, Dr. U. + W. Kellner, U. Oestmann, K. Brauns, R. Stypa, H. + B. Hohnschop, C. Rodenberg, V. + Dr. R. Santoni, W. + H.-J. Schmidt, S. von Vietinghoff, A. Irouschek, A. Hoefig, S. + L. Breidert, U. Voelger, G. + A. Schreb, R. John, H. Schoffeld, I. Jahn, D. + P. Barnert, G. Suckow, A. Staude, M. Seidel, C. Buhmann, R. Ziemba, K. + D. Raabe, H. Edler, J. Rump, H. Berge, R. Tute, J. + L. Woitag, H.-U. + G. Menge, K.-H. Schulz, H. Scholz, H.-J. Maass, C. Guse, A. + A. Seelmeyer, B. + S. Beine, I. Glueck, B. Hausmann, E. Panten, R. Ahrens, U. Dirksen sowie allen anonymen Spendern und allen AsphaltPatinnen und -Paten.

Verkäuferausweise

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Aus den nachfolgenden Silben sind 19 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – einen Spruch von Aristoteles ergeben: af – art – baum – ben – berg – brau – brot – bus – cur – de – dens – di dicht – do – ei – ein – en – ent – es – fass – fen – fi – ge – hin – in – in job – ka – ken – ku – la – li – li – men – me – nah – ne – ne – nie – nuern par – ra – ral – re – ri – sa – se – se – se – sen – si – sinn – te – ter ter – tes – tur – um – uni – weg – zon

– – – –

1. neumodisches Getränk 2. Sprichwort 3. Metall 4. einseitig 5. zweite Erwerbstätigkeit 6. besonders schmackhaftes Nahrungsmittel 7. Epigramm 8. Grundlage der polnisch-sowjetischen Grenze (1945)

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir viermal das Buch »Forscherfragen – Berichte aus der Wissenschaft von morgen« von Monika Rößiger, das sich den Fragen nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest widmet. Hier werden zehn Wissenschaftler mit ihren bahnbrechenden Arbeiten vorgestellt – von der Suche nach den Anfängen des Universums bis hin zur Entdeckung eines Unsterblichkeitsenzyms. Für Fans der achtziger Jahre verlosen wir dreimal das Buch »Wir Kassettenkinder«. Wer in der Zeit zwischen Bandsalat und Neuer Deutscher Welle, Dauerwelle und Ententanz aufwuchs, der erlebte ein seltsam lustig-buntes Jahrzehnt, trotz des drohenden Weltuntergangs durch Sauren Regen oder Kalten Krieg. Eine augenzwinkernde Hommage von Stefan Bonner und Anne Weiss. Ebenfalls dreimal verlosen wir den Jugendroman »Das absolut schönste Mädchen der Welt und ich« von Stephan Knösel. Der 17-jährige Paul steht an einem Wendepunkt in seinem Leben, haut von zuhause ab, schläft auf einer Parkbank und stürzt beim Aufwachen ins Gefühlschaos: Die vermeintliche Taschendiebin Zoe ist für ihn das wunderbarste Geschöpf, dem er je begegnet ist. (Ab 14 Jahre.) Die Lösung des Dezember-Rätsels lautete: Eine Freude vertreibt hundert Sorgen. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de Einsendeschluss: 31. Januar 2017. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

9. Anfahrt 10. Baobab 11. Papierstreifen zum Anzünden 12. finnischer Hafen 13. Staat in Südostasien 14. Saatgut 15. Behälter für Reptilien 16. Manöver beim Autofahren 17. Anteilnahme, Neugier 18. Stadt in Franken 19. Ausleeren

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SILBENRÄTSEL

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