2016 01 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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NACHLASSENDE WIRKUNG ANTIBIOTIKA

Warum die Wundermittel bald am Ende sind.

HITLERS BUCH

Serdar Somuncu über den Umgang mit »Mein Kampf«.

HIER ANGEKOMMEN Bilder einer syrischen Familie in Sicherheit.


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Notizblock

6 Angespitzt 7

Hier angekommen

Bilder einer syrischen Familie in Sicherheit

11 Wer war eigentlich …? 12 Der Adolf in uns

Ein Interview mit dem Satiriker Serdar Somuncu über Hitlers »Mein Kampf«, den Umgang damit und den Lehren daraus

16 Antibiotika

Nachlassende Wirkung: Warum die Wundermittel bald am Ende sind

19 Tunnelblick

Bordell-Werbung spaltet die GemĂĽter

22 Aus der Szene 23 Das muss mal gesagt werden 26 Arm und Reich im Buch 27 Briefe an uns 28 Aus dem Leben

von Asphalt-Verkäufer Olaf

30 Rund um Asphalt 31 Impressum 32 Die LesebĂĽhne

Annika Blanke: »Neulich war gestern noch heute«

34 Buchtipps 35 Januar-Tipps 38 Ihr Engagement

Titelfoto: Arne Bramsen/Fotolia

39 Silbenrätsel

Das Asphalt-Prinzip

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung.


im Namen der Verkäuferinnen und Verkäufer von Asphalt, der vielen Asphalt-Ehrenamtlichen und des Teams von Redaktion, Vertrieb und Verwaltung in Hannover und in Oldenburg wünsche ich Ihnen ein frohes neues Jahr 2016. An dieser Stelle auch einen ganz herzlichen Dank an alle, die Asphalt im vergangenen Jahr mit großartigen Ideen und praktischen Hilfeleistungen begleitet haben. Nur auf dieser Grundlage war es möglich, unserem Straßenmagazin ein neues Gesicht zu geben. Dabei freut es uns, dass wir nun auch verstärkt in Oldenburg und damit im Nordwesten Niedersachsens mit Asphalt vertreten sind. Für das größer gewordene Asphalt-Team ist dies eine starke Herausforderung, die wir gern annehmen: weiterhin als sozialkritische Stimme wahrgenommen zu werden, sich mit scharfem Blick von unten in unsere Gesellschaft einzumischen und dabei gründliche Recherche und professionellen Journalismus mit Engagement im Interesse der Verkäuferinnen und Verkäufer von Asphalt zu verbinden. Mit den Erfahrungen von Flüchtlingen beginnen wir das Jahr 2016. Der Fotograf Sebastian Wolligandt hat sie begleitet: Seine eindrücklichen Fotos dokumentieren Ankunft und erste Zeit einer Flüchtlingsfamilie aus Syrien hier in Deutschland. Im Mittelpunkt dieser Ausgabe steht ein Interview mit dem sozialkritischen Künstler Serdar Somuncu. Er ist bekannt für seine öffentlichen Lesungen aus Hitlers Buch »Mein Kampf« und berichtet über seine Erfahrungen, wenn er bei seinen Auftritten das weitgehend immer noch tabuisierte Buch kritisch zerlegt und gleichzeitig auf aktuelle Phänomene faschistoider Ideologie verweist. Mit Beginn des Jahres 2016 ist der Text von »Mein Kampf« gemeinfrei, eine öffentliche Diskussion wird derzeit darüber geführt, wie damit umzugehen ist. Die aktuell vom Institut für Zeitgeschichte in München herausgegebene wissenschaftlich kommentierte Fassung ist bisher als einzige zugelassen. Das Buch braucht diese Kommentare, denn es ist voller nationalistischer, rassistischer, militaristischer und kolonialistischer Deutungsmuster, die während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Deutschland vorherrschend waren. Auf seine Weise liefert auch Serdar Somuncu diese Kommentare, und mehr noch: Er zeigt, dass diese Deutungsmuster des schrecklichen Deutschlands heute noch aktuell sind.

Ihr

Heiko Geiling · Mitherausgeber von Asphalt

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

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Foto: Frank May/Picture-Alliance

NOTIZBLOCK

Armutsgefährdung bleibt hoch Hannover. Fast jeder Sechste in Niedersachsen war laut Landesamt für Statistik im Jahr 2014 von Armut gefährdet. Die Quote lag mit 15,3 Prozent einen halben Prozentpunkt unter dem Wert vom Vorjahr und ist erstmals seit drei Jahren wieder gesunken. In Bremen verringerte sich die Quote sogar um 1,6 Prozentpunkte. Allerdings liegt die Armutsgefährdung in der Hansestadt mit 17,3 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 15,4 Prozent. Die Landesvorsitzende der Linken in Niedersachsen, Anja Stoeck, sieht angesichts der nach wie vor hohen Zahlen akuten Handlungs­ bedarf: »In Niedersachsen sind rund 1,2 Millionen Menschen von Armut bedroht – das ist fast jeder sechste Niedersachse! Erwerbslose sind besonders betroffen. 57 Prozent von ihnen gelten als armutsgefährdet. Das ist ein gesellschaftlicher Skandal.« Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens in seinem Land zur Verfügung hat. ME

Anonymer Krankenschein Hannover/Göttingen. Mit 1,5 Millionen Euro unterstützt das niedersächsische Sozialministerium die medizinische Versorgung von Flüchtlingen mit ungeklärtem Auftenhaltsstatus. Ministerin Rundt: »Die Landesregierung ermöglicht diesen Menschen ärztliche Versorgung, ohne dass sie negative Folgen wie eine Abschiebung befürchten müssen. Zugleich bietet das Projekt eine spezielle Beratung und Begleitung in einen legalen Aufenthaltsstatus an.« Zunächst nur in Hannover und Göttingen werden in Zusammenarbeit mit dem Verein »Medinetz« anonyme Krankenscheine ausgegeben, die die Abrechnungsstellen akzeptieren. Rundt: »Wir übernehmen Verantwortung für eine Gruppe von Menschen, die sich bislang ausschließlich auf ehrenamtliche Hilfe verlassen konnte. Auch diesen Helferinnen und Helfern geben wir mit unserem Projekt einen verlässlichen Rahmen«. Der evangelische Landesbischof Ralf Meister begrüßt das Modellprojekt: »Die Barmherzigkeit hat gesiegt.« Die CDU-Landtagsfraktion hingegen fordert, es sofort zu stoppen, denn es sende »ein verheerendes Signal an alle sich rechtstreu verhaltenden Ausländer, wenn künftig auch Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten, medizinische Leistungen in Anspruch nehmen könnten, ohne eine Strafverfolgung fürchten zu müssen«, so der sozialpolitische Sprecher Max Matthiesen. SCH

Keine Angst vor Flüchtlingen Berlin. Der Mehrheit der Niedersachsen (57 Prozent) machen die Flüchtlinge, die zu uns kommen, keine Angst. Das ist das Ergebnis für Niedersachsen einer repräsentativen Umfrage des NDR in den fünf norddeutschen Bundesländern. Außerdem gehen 62 Prozent der befragten Niedersachsen davon aus, dass die Menschen, die jetzt zu uns kommen, künftig auf dem Arbeitsmarkt auch gebraucht werden. Allerdings empfinden nur 50 Prozent der Befragten die Flüchtlinge als Bereicherung. Etwas mehr als die Hälfte (52 Prozent) glaubt, dass die Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt größer wird. Noch größer ist die Gruppe mit 53 Prozent, die nicht glaubt, dass durch die Flüchtlinge die Zahl der Straftaten zunehmen wird. Zwei Drittel sind unzufrieden mit der Flüchtlingspolitik der großen Koalition im Bund. Nur in Schleswig-Holstein ist man noch unzufriedener als bei uns mit der bundesdeutschen Flüchtlingspolitik. ME


Hannover. Laut dem Deutschen Jagdverband (DJV) besitzt jeder 130. Niedersachse einen Jagdschein. Damit liegt Niedersachsen bundesweit beim Vergleich des Anteils an der Bevölkerung an der Spitze. In ganz Deutschland ist die Zahl dagegen deutlich niedriger: Demnach ist nur einer von 216 Deutschen Jäger. Legt man die absoluten Zahlen der Jägerinnen und Jäger in den einzelnen Bundesländern zu Grunde, dann muss sich Niedersachsen gegenüber Nordrhein-Westfalen mit dem zweiten Platz geschlagen geben, wo es deutlich mehr Jagdscheininhaber gibt. Nach Angaben des DJV ist das Interesse am Erwerb eines Jagdscheins in Niedersachsen in den vergangenen Jahren gestiegen. Darunter seien immer mehr Frauen zu finden. Laut eigenen Zahlen des DJV vertritt der Verband die Interessen von mehr als 53.000 der insgesamt 60.000 Jägerinnen und Jäger in Niedersachsen. Das Land verfügt über eine Jagdfläche von über vier Millionen Hektar. ME

Hannover. Die Regionalexpress-Strecken RE 15 (Emden-Rheine-Münster), RE 60 (Rheine-Osnabrück-Minden-HannoverBraunschweig) und RE 70 (Bielefeld-Herford-Minden-Hannover-Braunschweig) werden seit Mitte Dezember von der WestfalenBahn bedient. Wirtschaftsminister Lies sieht darin einen Gewinn für die Fahrgäste: »Neue DoppelstockTriebwagen sorgen im Mittellandnetz für mehr Sitzplätze und mehr Komfort. Die Tiefeinstiege der neuen Wagen erleichtern das Ein- uns Austeigen. Mit den modernen Fahrzeugen wird es ab Frühjahr 2016 auch kostenloses W-LAN in Nahverkehrszügen in Niedersachsen geben.« Laut Medienberichten sind auf den drei Strecken seit Jahresbeginn rund 1.700 Züge ausgefallen. Bei der Hälfte der Ausfälle lag nach Angaben der niedersächsischen Landesnahverkehrsgesellschaft die Ursache bei dem bisherigen Betreiber, der Bahntochter DB Regio. ME

In den ersten drei Quartalen des Jahres 2015 kamen insgesamt 10,5

Millionen Gäste

nach Niedersachsen. Das sind laut Landesamt für Statistik 3 %

mehr Touristen als im ent-

sprechenden Zeitraum des Vorjahres. Die Zahl der von ihnen gebuchten Übernachtungen stieg um 2,4 % auf knapp

33 Millionen. Darin ent-

halten sind die Übernachtungen der fast 1,2 Millionen ausländischen Gäste, die von Januar

bis

September 2015 gezählt wurden. Ihre Anzahl hat sich um 4,3 % gegenüber dem

Vorjahr erhöht. Vor allem kleinere Reisegebiete stützen diesen positiven

Trend: Im Gebiet

Unterelbe-Unterweser übernachteten allein im vergangenen September 99.000 (+ 17,7 %).

Besucher

18-Monats-Grenze Hannover. Die niedersächsische Landesregierung hat im Dezember eine gravierende Änderung für die Härtefallkommission beschlossen. Flüchtlinge, die von Abschiebung bedroht sind, können sich nur noch dann an die Kommission wenden, wenn sie mindestens anderthalb Jahre im Bundesgebiet gelebt haben. Wer eine kürzere Frist hier ist, wird zur Anhörung nicht zugelassen. Wer dagegen über fünf Jahre hier ist, soll auf die Möglichkeit einer Anhörung sogar hingewiesen werden. Die niedersächsische Härtefallkommission besteht aus zehn ernannten Vertretern der Städte, Kreise, Kirchen, des Flüchtlingsrates und des Innenministeriums. Sie kann den Landesbehörden empfehlen, einzelnen Personen aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. SCH

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Neuer Bahn-Betreiber

ZAHLENSPIEGEL: REISELAND NIEDERSACHSEN

Viele Jäger in Niedersachsen

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ANGESPITZT

Auch New York hat ein Riesenproblem: Zu wenige Wohnungen stehen in der Millionenstadt zur Verfügung und die wenigen freien sind viel zu teuer. Darum sind in New York derzeit rund 80.000 Menschen gezwungen, in Obdachlosenheimen oder auf dem nackten Asphalt zu schlafen. Einige Leute, die Spaß haben auf der sonnigeren Seite des Lebens, fühlen sich von Armut abgestoßen. Sie engagieren sich aber nicht etwa in sozialen Projekten oder unterstützen Parteien, die den Obdachlosen helfen wollen. Nein, sie haben sich etwas Besonderes ausgedacht zur »Bekämpfung der Obdachlosigkeit«: Sie rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, jeden einzelnen Obdachlosen zu fotografieren und dadurch eine »Karte der Schande« zu erstellen. Es gelte, »Ballungsgebiete« zu erkennen und gegen sie vorzugehen. Dazu gibt es eine App und eine Website. Und alles ist ganz einfach. Smartphone ungefragt auf den Obdachlosen richten, klick, schon ist die digitale Sammlung um ein Armuts-Exemplar reicher. Bitte unbedingt folgende Angaben machen: Wo entstand die

KLICK DEN OBDACHLOSEN

Aufnahme? Wann? Auf welche Weise ist die Person negativ aufgefallen? (Ohne Zweifel IST sie negativ aufgefallen.) Und bitte ganz nah ran gehen und exakt dokumentieren, wie der Zustand des Obdachlosen das Auge des Normalbürgers beleidigt. Vorgeblicher Sinn des Ganzen ist die »Mitarbeit besorgter Bürger« beim Aufspüren von gefährdeten Personen. Von wegen! Wirkliche Hilfeprogramme schützen immer die Persönlichkeit der Obdachlosen und führen sie nicht vor. Was die Website wirklich ist: ein billiges Mittel, Abscheu zu schüren. Dokumentation des Elends als zynische Vorstufe der Vertreibung. Renate Schwarzbauer


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HIER ANGEKOMMEN Fremd fühlen sie sich noch. Aber wohl. Sicher. Angekommen. Angenommen. In einer Kleinstadt von Niedersachsen. Familie Alden Almnajd hat Syrien überlebt. Und die Flucht übers Meer. Draußen sein, Rad fahren, Drachen steigen lassen: Am Rande der Lüneburger Heide können Zena (11), die Zwillinge Yosef und Omar (9) wieder Kind sein. Lachen. Müssen keine Angst mehr haben. Vor Bomben, Schleppern, dem wilden Meer. Auch der Jüngsten, Aja (3), geht es gut. Vor zwei Jahren hatten sie mit ihren Eltern Shefaa Arbaji (29) und Emad Alden Almnajd (42) noch in der Nähe von Damas-

kus gelebt. Ohne Hoffung auf ein baldiges Kriegsende entschied sich die Familie zur Flucht. »In Syrien bin ich mit meinem Papa zur Moschee gefahren, wir haben dort gebetet«, erinnert sich der kleine Omar, der in diesem Tagen so gern Drachen steigen lässt. »Nach der Gebetszeit wollten wir raus und haben plötzlich die Scharfschützen gesehen. Auf einmal wurde ein Mann an der Hand getroffen. Ich habe es gese-


Fahrradfahren und Spielen im winterlichen Sonnenschein: In der Bewegung können die Kinder einfach nur Kind sein.

Stille Momente in einem der kleinen Zimmer. DrauĂźen:

Mutter Shefaa Arbaji im Bus auf dem Weg zum Deutschunterricht.

nur Verkehrsgeräusche, keine Bomben.

In Syrien war sie selbst Lehrerin gewesen.


Zena und ihre Eltern in der Küche: Die syrische Flüchtlingsfamilie ist in Deutschland zunächst nur geduldet.

hen, wie das Blut richtig gelaufen ist und ich habe angefangen haben Leichen zu fressen, sie haben einen Mengesehen, wie die Hand runter gefallen ist. Dann schenkopf gefressen.« Alle Hoffnung hieß zunächst Ägypten. Die Alden Almnajds fielen die Raketen von oben auf uns und ich war in der Straße. Ich habe meinen Vater verloren. Ich waren fest davon überzeugt, dass man sich in der arabischen wusste nicht, wo er hin ist. Dann habe ich meinen Welt gegenseitig helfen würde. »Aber wir waren definitiv nicht Papa gefunden und wir sind unter ein Auto gekro- willkommen. In Saudi Arabien oder Katar sind wir auch nicht chen, damit uns nichts passiert«, sagt der Junge willkommen. Wir dachten in Ägypten: die Menschen sind in dieser wunderbar sicheren kleinen Küche am unsere Brüder, aber sie sind unsere Feinde«, sagt Emad Alden Heide­rand. Mit duftendem Brot, Hausaufgaben am Almnajd. Sieben Monate waren sie dort. Hatten vor Ort Antrag Fensterbrett, Regen am Fenster, ein beruhigendes auf Asyl gestellt. Doch Ägypten ist längst kein sicheres Land mehr. Rechtsstaat Fehlanzeige. Die gesamte Familie wurde Geräusch. »Mein Bruder wurde in Syrien umgebracht, samt Kindern zunächst inhaftiert. Wieder draußen kamen danach haben sie mich auch festgenommen, weil sofort Schlepper auf die Familie zu – Flüchtlinge sind mein Bruder gestorben ist«, berichtet Omars in arabischen Staaten derzeit ein sicheres Geschäft. »Wer in Mutter Shefaa Arbaji. »Alle Männer meiner Fami- zehn Minuten nicht am Boot ist, bleibt hier,« habe es dann lie wurden verhaftet. Wir haben die Füße der plötzlich geheißen, berichtet Shefaa. »Wir sind die drei KilomeLeute geküsst, nur damit mein Mann frei kommt. ter zum Strand einfach gerannt. Wir haben die Taschen mit Er ist dann frei gekommen und wir sind sofort unseren letzten Sachen zurückgelassen. Entweder die geflohen. Die Soldaten von Assad haben uns gesagt, Kinder oder unsere Taschen. Und dann ging’s ins Wasser, wir wir hätten eine Stunde Zeit. Es war nicht mal eine mussten bis zum Boot schwimmen. Die Kinder waren unter Stunde, dann wurde bereits mit dem Bombardie- Wasser und konnten nicht mehr atmen, wir haben sie hochgeren angefangen. Ich habe gesehen, wie die Hunde hoben. Wir dachten: Entweder sterben wir oder unsere Kin-


Ihre ZwillingsbrĂĽder (9) schieben die kleine Aja (3) im Buggy. Bei der Flucht aus Damaskus war sie noch ein Baby.

Die Schulkinder der Familie Almnajd machen fleiĂźig ihre Hausaufgaben fĂĽr die Grundschule.

der.« Unter Beschuss von Bewaffneten der Muslimbrüder stach Die jetzige Wohnung hat vier kleine Zimmer. Doch das Boot mit 200 Menschen an Bord in See. Mit einem Loch die meiste Zeit ist die Familie zusammen in der im Rumpf. »Die ganze Zeit hat eine Pumpe das eindringende Küche. Sie müssten sich erst daran gewöhnen, Wasser herausgepumpt« erinnert sich Emad Alden Almnajd. dass wer geht auch ganz selbstverständlich wie»Mitten auf See ist der Schlepper geflohen, mit einem anderen der kommt, meint die Mutter noch. Dass hier in Boot weggefahren. Wir waren dann allein. Wir mussten das Deutschland alles so sicher ist. Die Familie ist als Boot dann selber fahren. Wir hatten die ganze Zeit Todesangst. Bürgerkriegsflüchtlinge geduldet, sie suchen Arbeit, Die Kinder haben geweint. Wir freuen uns, dass das Boot nicht lernen Deutsch, die Kinder gehen in die örtliche umgekippt ist. Wir haben gesehen, wie andere Boote umge- Grundschule. »Schön ist es hier, es geht uns gut«, kippt sind und alle sind gestorben. Und wir sind geblieben. sagt Shefaa Arbaji. Im Bus ist sie unterwegs zum Wir haben nur geschrien und Angst gehabt. Das Rote Kreuz in Deutschkursus. Ihre Lehrerin ist mit ihr sehr zufrieden. Sie müsse nur langsam sprechen und immer Italien hat uns dann aufgefangen.« Italien Frankreich, Holland, Deutschland, Aufnahmelager wenn sie etwas nicht verstanden habe einfach nochFriedland. Dann die kleine Wohnung. Die Heide habe geblüht, mal nachfragen. Dann werde man ihr schon helfen. Hier in Deutschland. sowas habe sie noch nie gesehen, sagt Shefaa. 35.000 Euro habe die gesamte Flucht gekostet. Alles, was sie Text: Sebastian Wolligandt/globalista/ einst hatten. Gerne wären die Alden Almnajds in Syrien Volker Macke, Fotos: Sebastian Wolligandt ge­blieben. Bei ihren guten Jobs als Elektrotechniker und Lehrerin. In ihrem Haus, bei ihren Bekannten und Verwandten. »Aber all das ist zerstört und vergangen«, sagt Shefaa.


… ROBERT BOSCH? Unternehmer mit Licht und Schatten

Foto: Picture-Alliance/dpa Bildarchiv

Robert Bosch wurde 1861 als elfBau des 1.000. Zünders feierte er 1896 tes von zwölf Kindern des Kronenmit allen Beschäftigten. 1900 errichwirts in Albeck bei Ulm geboren. tete er das große Bosch-Werk in StuttDie Familie war begütert, so konnte gart, gründete danach Vertriebsgesich der Vater 1869 bereits mit sellschaften in England, Frankreich 53 Jahren in Ulm zur Ruhe setzen. und Österreich, dann eine Fabrik in Dort besuchte Robert bis 1876 die Paris. In den USA holte er 1906 innerOberrealschule, ungern, der Unterhalb weniger Wochen Aufträge im richt war ihm zu trocken, praktische Wert von über einer Million Dollar Tätigkeit war ihm lieber. Er entschied ein, sodass es sich für ihn rentierte, sich für eine Lehre zum Feinmeeine eigene Fabrik in Springfield/ chaniker und übte sich nach deren Massachusetts aufzubauen. Abschluss in weiteren technischen Nach dem Ersten Weltkrieg, in Berufen: Metallbildner, Elektrotechdem er einen Teil seines Vermöniker, Ingenieur von Bogenlampen. gens an die Siegermächte abgeMit 22 Jahren schiffte er sich nach ben musste und viele AuslandsaufAmerika ein: Ein Jahr arbeitete er träge verlor, startete Bosch noch bei Edison in New York und danach, einmal neu durch und entwickelte zurück in Europa, bei Siemens das Unternehmen zum internatiin der Nähe von London. 1886 eröffnete er in Stuttgart sein onalen Elektrokonzern, er hatte zudem ein Gespür für rentaerstes Geschäft: »Werkstätte für Feinmechanik & Elektrotech- ble Firmenaufkäufe. Bekannt war er für überdurschnittliche nik«. Ab jetzt war er eigenständiger Unternehmer, 10.000 Mark Arbeitsbedingungen und Löhne: »Ich zahle nicht gute Löhne, aus seinem Erbe dienten als Startkapital. weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich 1887 heiratete Bosch, vier Kinder entsprangen seiner Ehe gute Löhne bezahle« (1931). Schon 1906 führte er als einer der mit Anna Kayser. Das jüngste Mädchen starb als Kleinkind, ersten Arbeitgeber den Achtstundentag ein. und der einzige Sohn, den Bosch als Nachfolger ausersehen Schon vor der NS-Zeit hatte Robert Bosch die Leitung seines hatte, erkrankte schon früh an Multipler Sklerose und verstarb Unternehmens weitgehend an von ihm eingesetzte Firmen­ 1921 mit 30 Jahren. Robert Bosch erhielt die Todesnachricht auf gremien abgegeben. Kritische Analysen, die der heutige Koneiner Geschäftsreise durch Südamerika. In den Folgejahren zern in Auftrag gab, belegen, dass die Bosch-Werke Zwangsarzerbrach Boschs Ehe, er wurde 1927 geschieden. Noch im sel- beiter ausbeuteten und enorm von NS-Aufträgen profitierten. ben Jahr heiratete der inzwischen 66-Jährige (Foto) die 39-jäh- Sie belegen aber auch, dass Robert Bosch persönlich zahlrige Margarete Wörz, er wurde Vater von zwei weiteren Kindern. reichen Juden das Leben rettete. Arno Lustiger nennt Boschs Etwa ab 1900 ging es mit Boschs Geschäft rasant bergauf, Taten »Rettungswiderstand« und sagt: »Es gab Unternehmer, bis hin zum Weltunternehmen. Bosch verstand es, Geschäfts- die alles taten, um jüdische Angestellte und deren Familien partner und Kunden zu gewinnen, zum Beispiel durch gezielte zu retten, großartige Persönlichkeiten wie Robert Bosch.« Einladungen zu großen Jagdgesellschaften. In Jahren mit Als Robert Bosch 1942 starb, erhielt er sowohl eine schlichte Gewinn investierte er sofort in beste Maschinen. Wichtigste Trauerfeier in seiner Fabrik als auch ein pompöses Staats­ Einnahmequelle wurde der Magnetzünder für Benzinmoto- begräbnis, ausgerichtet von den NS-Machthabern in Stuttgart. ren, den er nicht selbst erfunden, aber optimiert hatte. Den Renate Schwarzbauer

Arno Lustiger, Rettungswiderstand, Wallstein Verlag 2011, 462 Seiten, 29,90 Euro Johannes Bär, Paul Erker, Bosch – Geschichte eines Weltunternehmens, C. H. Beck 2011, 700 Seiten, 39,90 Euro

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WER WAR EIGENTLICH …

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Fotos (2): M. Palm

DER ADOLF IN UNS Seit diesem Monat ist der Nachdruck von Hitlers »Mein Kampf« theoretisch möglich. Allerdings bleibt die Veröffentlichung umstritten – auch eine Ausgabe mit wissenschaftlichen Kommentaren. Der Satiriker Serdar Somuncu hat bereits rund 1.500 Mal auf deutschen Bühnen daraus gelesen – zum Teil mit kugelsicherer Weste. In seinem eigenen Buch »Der Adolf in mir« untersucht er totalitäre Strukturen in der Gegenwart.


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Herr Somuncu, haben Sie nach dem Lesen von Deswegen ist für mich klar: »Mein Kampf« muss ab 2016 offizi»Mein Kampf« die Ursprünge des Übels begrif- ell auf dem Markt sein. fen? Ich bin immer noch dabei, aber ich habe einen Würde das nicht eine Aufwertung des Autors Hitler großen Teil begriffen. Meine Aufmerksamkeit bedeuten? bleibt auf jeden Fall geschärft. Anhand von »Mein Kampf« kann man die Ursachen und die Auswirkungen sehr gut beschreiben. Was Hitler im Jahr 1923 geschrieben hat, ist ja 1933 auf grausame Weise verwirklicht worden. Bis zum heutigen Tage gibt es Menschen, die im Sinne dieser Ideologie agieren. Damit meine ich nicht nur den Nationalsozialismus, sondern auch faschistoide Systeme oder totalitäre Strukturen, denen wir uns in der Gegenwart unterwerfen. In meinem Buch nenne ich dafür konkrete Beispiele, die man zum Teil gar nicht erwartet: meine Erlebnisse im Hip-Hop und in der Musik- und Medienwelt. Leute, die nicht systemkonform sind, werden dort sanktioniert. All das kann man sehr gut herleiten, wenn man die Ursprünge kennt. Diese sind nicht nur in »Mein Kampf« – einem abgeschriebenen Werk – erkennbar.

Bei wem hat Hitler abgeschrieben? Es gibt viele Forschungsprojekte über »Mein Kampf«. Man kann von Erich Ludendorff über Carl Clausewitz’ Kriegstheorien und Gustav le Bons »Psychologie der Massen« bis hin zum Sozialdarwinismus relativ genau zuordnen, was woher kommt.

Seit diesem Jahr wird eine Neuauflage von »Mein Kampf« nicht mehr durch die Urheberechte verhindert. Allerdings gibt es Kritiker, die sich auch weiterhin gegen eine Veröffentlichung des Buches aussprechen. Ihre Meinung? Dieses Buch ist jetzt schon leicht zu kriegen, deswegen sollte man dazu stehen. Man kann es im Internet bestellen oder in Antiquariaten finden. Dass die Bayerische Landesregierung so tut, als gäbe es das Buch nicht, ist verlogen und ein Indikator dafür, wie wir heute mit den Hinterlassenschaften der Geschichte umgehen. Nämlich sehr unsouverän und ängstlich. Wir unterstellen insbesondere den jungen Leuten, dass sie noch anfällig seien könnten für die Ideen eines Buches aus dem Jahr 1923. Wenn jemand immer noch anfällig für die Aussagen dieses Buches ist, dann haben viel gefährlichere Dinge ihn vorher schon überzeugt: zum Beispiel die Nationalzeitung oder die Sprüche, die Pegida klopft.

Nein, es bedeutet eine Abwertung, weil eine antiquarische Ausgabe viel teurer ist. Viele zahlen dafür auf dem Schwarzmarkt mehrere tausend Euro. Das mystifiziert das Buch. Wenn man »Mein Kampf« für 5.000 Euro ersteht, liest man es ganz anders. Das würde man entschärfen, indem das Buch zu einem günstigen Preis in den Buchhandel kommt.

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Wurde »Mein Kampf« im Dritten Reich breitflächig gelesen? Es wurde nach dem Zweiten Weltkrieg lange behauptet, dass nur die wenigsten es gelesen hätten, das war aber ein Alibi für die Deutschen, die sagen wollten, sie hätten von all dem nichts gewusst. In der Tat spricht aber die Gesamtauflage von über zehn Millionen Exemplaren im Jahr 1945 von einem regen Interesse an dem Buch. Ab 1935 gab es auf Erlass Hermann Görings die Anweisung, dass es bei jeder erdenklichen Gelegenheit verschenkt werden sollte. Ich weiß aus Berichten von Zeitzeugen, dass es zu Feiertagen etwas Besonderes war, daraus vorzulesen. Heute schätzt man, dass weitaus mehr Menschen es gelesen haben als anfangs behauptet wurde.

Welchen Umgang wünschen Sie sich mit der historischen Person Hitler? Einfach gesagt: einen souveränen! Wir könnten in Deutschland klüger sein, wenn wir uns dessen bewusst sind, dass das, was aus der Vergangenheit übrig geblieben ist, nicht nur eine Belastung, sondern auch eine Verantwortung bedeuten kann. Gerade in dieser Zeit, in der rechtsextreme Tendenzen überall in Europa wieder aufkeimen, könnten wir hier in Deutschland eine Sonderfunktion einnehmen. Denn wir wissen, wo dieser Weg entstanden ist und wohin er führt. Damit kann man angstfreier umgehen, ohne gleich verdächtig zu sein, dieser Ideologie hinterherzutrauern oder ihr nachzueifern.

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Indem wir ihn als Teil unserer selbst akzeptieren. Es wird noch lange dauern, bis es ein Deutschland ohne Hitler gibt – und das ist gut so. Denn Hitler ist eine ständige Mahnung für das, was sein konnte und hoffentlich auch für das, was wir als System in diesem Land haben wollen: nämlich ein friedliches und tolerantes Miteinander unterschiedlicher Menschen, aber auch eine Regel für das Zusammenleben. Man muss den Konsens aus der Mitte der bürgerlichen Gesellschaft heraus definieren – vielleicht im Streit, aber nicht im Schreien.

Sie sind auch schon vor Nazis aufgetreten. Wie haben diese auf Sie reagiert?

Serdar Somuncu ist bekannt dafĂĽr, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt.

Wie entsteht Faschismus inmitten unserer liberalen Gesellschaft? Faschismus ist ein Konglomerat aus unterschiedlichen Empfindungen. Er hat etwas mit Minderwertigkeitsgefühlen und Größenwahn und mit Angst vor Unterwanderung zu tun. Diese Elemente nutzt Pegida, wenn sie sagt: »Wir sind das Volk« – und nicht ihr. Wobei sie eher völkisch agiert. Diese Elemente machen die Funktionstüchtigkeit der faschistischen Ideologie aus. An sich ist Faschismus erst einmal nichts anderes als das, was in Italien unter Mussolini entstanden ist. Aber im Prinzip lässt er sich auch auf die Gegenwart anwenden.

In welcher Form? Faschismus ist auch, wenn ein Fernsehredakteur sagt: »Ich bestimme, was der Künstler zu sagen hat«. Oder wenn ein Hip-Hopper rappt: »Ihr seid alle scheiße, ich bin gut!« Es gibt sehr viele unterschiedliche Formen von Faschismus. Das zu erklären und zu zeigen, wie es auch heute noch anwendungsfähig ist, war mir sehr wichtig. Zugleich ist es für mich sehr erschreckend geblieben.

Wie können wir den Adolf in uns loswerden und eine innere Erneuerung unserer Gesellschaft vorantreiben?

Sie haben ganz offen erklärt, dass sie meine Lesung aus »Mein Kampf« stören wollen. Meistens haben sie vor dem Veranstaltungsort Präsenz gezeigt. Oft habe ich mit dem Veranstalter darüber verhandelt, dass die Nazis in meiner Vorstellung sitzen dürfen. Anfangs reagierten sie konsterniert und später waren sie fast sogar schon offen für einen Dialog. Denn sie hatten gemerkt, dass ich jenseits von meiner klaren Position keine einseitige Anklage betrieben habe. Mir ging es immer auch um den Dialog. Ich wollte verstehen, wie andere Menschen denken, um sie in ihrer Argumentation widerlegen zu können.

Kann man mit Nazis wirklich in Dialog treten? Ich finde, man muss mit Nazis reden. Was soll man sonst machen? Verschweigen? Verdrängen? Verbieten? Nazis werden dadurch nicht weniger, dass man sie ignoriert.

Was kam bei diesem Dialog heraus? Ich kann Ihnen sagen, in den 30 Jahren, in denen ich diesen Job jetzt mache und in den 20 Jahren, in denen ich mich mit »Mein Kampf« beschäftige, habe ich sehr, sehr viele Briefe bekommen. Auch von Leuten, die mir schrieben: »Ich war damals auf der anderen Seite und gerade durch die Auseinandersetzung mit deiner Sichtweise habe ich angefangen umzudenken.« Für mich gibt es kein größeres Lob, als Zuspruch von gerade denen zu erhalten, gegen die ich eigentlich auf der Bühne agiert habe.

Aber Sie standen damals auch unter Polizeischutz. Haben Sie heute keine Angst mehr? Ich treffe Vorsichtsmaßnahmen, aber keine Angst der Welt hält mich davon ab, meine Kunst zu


Könnte Ihr Bühnenprogramm auch bei PegidaLeuten etwas bewirken? Ich glaube, das wäre für sie sehr unangenehm. Weil ich auf der Bühne sage, dass ich ein besserer Nazi bin als der Nazi selbst, denn ich beherrsche seine Terminologie. Dadurch kann ich ihn verunsichern. Der Grat zwischen plumper Provokation und Pathologischem ist manchmal sehr schmal. Manche Kollegen von mir wissen nicht, wann sie aufhören sollen. Vor allem aber entblößen sie sich als Dummköpfe, und das ist ja auch wieder etwas Positives.

Warum ist Hass gesellschaftsfähig geworden? Das hat sehr viel mit dem Internet zu tun. Dadurch, dass Menschen sich dort anonym austauschen können, ist die Hemmschwelle gesunken. Wenn Sie heute Abend in Unterhose vor dem Rechner sitzen und drei Bier intus haben, dann schreiben Sie viel schneller mal auf Facebook »Halt die Schnauze, du Arschloch!«, als wenn Ihnen drei Leute im Anzug gegenüber sitzen.

geschaffen haben. Nämlich ein Land, in dem jeder leben kann, egal woran er glaubt und woher er kommt. Sofern er sich an die Regeln dieses Landes hält. Ich glaube aber, dass der Anteil derer, die bereit sind, rechtsextreme Parteien zu wählen, viel größer ist als sich an den Wahlergebnissen ablesen lässt. Ich schätze ihn auf 20 bis 30 Prozent. Das hat etwas damit zu tun, dass viele Menschen die Angst haben, von Fremden unterwandert zu werden. Die Volksparteien müssen diesen Menschen ihre Angst nehmen und ihnen sagen, dass wir heute in einer vielfältigen, multikulturellen Welt leben. Und das geht auch in Frieden und Freiheit.

Wie kann man zwischen den verhärteten Fronten einen Dialog herstellen? Ich glaube, durch die richtigen Signale. Fatalerweise hat Sigmar Gabriel diejenigen, die ohnehin schon gereizt sind, noch weiter provoziert, indem er sie zu »Pack« erklärte. Man muss auf diese Leute trotz aller Verachtung mit einem gewissen Respekt zugehen. Man muss darüber nachdenken, was sie sagen und wie man dies mit handfesten Argumenten entkräften kann. Sind ihre Ängste überhaupt begründet? Das Wort »Lügenpresse« wird von Pegida als Kampfwort benutzt. Es gibt in Deutschland zum Teil tatsächlich eine tendenziöse Presse. So gibt es einen Generalverdacht gegenüber den Pegida-Demonstranten, obwohl diese bei weitem nicht alle Nazis sein müssen. Unsere Regierung ist in dieser Hinsicht zu passiv. Wenn es so weitergeht, wird sich der Konflikt sogar noch verschärfen. Interview: Olaf Neumann

Der Hass wird jetzt sogar auf die Straße ge­t ragen. Das ist eine immanente Katapultwirkung. Durch das Internet hat die Meinung des Einzelnen eine Bedeutung bekommen. Was zu Gruppierungen wie der Pegiga geführt hat, die meinen, die Stimmung der Allgemeinheit zu vertreten. Da muss man argumentativ drauf reagieren. Die Pegida-Leute sind nicht das Volk, sie sind ein Teil davon. Ich vermute, dass es nicht dieselben Leute sind, die damals bei der Auflösung der DDR an vorderster Front standen, sondern eher parteikonforme Leute, die sich jetzt den Anstrich des Revolutionären geben wollen.

Serdar Somuncu, geboren 1968 in Istanbul, studierte Musik, Schauspiel und Regie in Maastricht und Wuppertal. Er schreibt Bücher und tritt als Kabarettist auf. Vor allem bekannt wurde er in letzter Zeit durch Auftritte in Fernsehsendungen wie »Die Anstalt« und die »heute-show«.

Ist dieser Hass systemgefährdent?

Serdar Somuncu: Der Adolf in mir – Die Karriere einer verbotenen Idee (Wortart, 158 Seiten, 12,95 Euro, ISBN 978-3-942454-17-9)

Er kann tatsächlich dazu führen, dass die Gesellschaft sich spaltet. In letzter Zeit haben wir gesehen, dass nicht wenige dazu bereit sind, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Gleichzeitig steht der große Teil der Bevölkerung in der Verantwortung, für das zu kämpfen, was wir in den letzten 20 Jahren

Die Bundeszentrale für Politische Bildung hat in ihrer Reihe »Aus Politik und Zeitgeschichte« (APUZ 43 – 45/2015) eine Sammlung von Beiträgen von namhaften Experten zum Thema »Mein Kampf« zusammengestellt. Sie ist kostenlos im Internet abzurufen unter: www.bpb.de/apuz/213510/hitlers-mein-kampf

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machen. Die dunkle Seite dieser Geschichte ist: Auch heute noch mĂĽssen wir um unser Leben fĂĽrchten, wenn wir eine Meinung vertreten, die nicht konform ist. Das klingt vielleicht nach Pegida, aber wir dĂĽrfen diesen Satz nicht denjenigen ĂĽberlassen, die in Wirklichkeit gegen unsere aufgeschlossene Gesellschaft sind.

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Foto: Picture-Alliance/Wolfram Steinberg

BALD AM ENDE Lange waren Antibiotika selbstverständlich: harte Geschütze gegen harte Kankheiten. Doch immer mehr Keime werden resistent. Immer weniger Medikamente wirken noch. Ein Wettlauf mit der Zeit hat begonnen. Der Satz sollte ein Weckruf sein: »Wenn jetzt nicht schnell und koordiniert gehandelt wird, bewegt sich die Welt in eine postantibiotische Ära, in der gewöhnliche Infektionen und kleine Verletzungen, die für Jahrzehnte behandelbar waren, wieder tödlich sein können.« Vor einem Jahr mahnte Keiji Fukuda, Generaldirektor für Gesundheitssicherheit bei der WHO, mit diesem Satz die Welt. Spätestens seitdem ist das Rennen um die Gesundheit der Menschheit eröffnet. Gegner: schnell mutierende Bakterien. Aussichten? Wenig rosig: Vor

einigen Wochen erst berichteten Experten in der renommierten Fachzeitschrift »The Lancet« von einem Bakterium, gegen das nicht einmal mehr so genannte Reserveantibiotika helfen.

Verbreiteter Irrglaube Jeder kennt das: Schnell mal werden – oft auf ausdrücklichen Wunsch von Patienten – vom Arzt Antibiotika verordnet. Weil es schneller gehen soll, weil krank sein lästig ist, weil man auf


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Nummer sicher gehen will. Häufig sogar mit einem (siehe Grafik) zur Verfügung, unterschiedlich in der Zusamso genannten hochwirksamen Breitspektrum-Anti- mensetzung und Wirkungsweise. biotikum anstelle von einem erst nach Laboruntersuchung auf den Erreger abgestimmten Mittel. Oft TBC-Drama in Zürich sind nicht einmal Bakterien sondern Viren Auslöser von Krankheiten. Gleichwohl glauben 50 Prozent Doch viele helfen nicht mehr oder nicht mehr so gut. Bei Tuberaller Europäer immer noch, dass Grippe und Erkäl- kulose etwa: Die auch Schwindsucht genannte Krankheit, 16 tungen mit Antibiotika behandelbar wären, obwohl schien hierzulande überwunden, komm aber wieder. Weil die nur Bettruhe hilft. So eine im November von der Bakterien mutiert sind. Jeder zehnte Tuberkulose-Erreger in 17 Deutschen Gesellschaft für Infektiologie veröffent- Deutschland ist mittlerweile gegen ein Antituberkulotikum lichte Umfrage. Außerdem sind 36 Prozent davon resistent. Ursache für viele Resistenzen ist die Variabilität des überzeugt, dass man nach Abklingen der Beschwer- bakteriellen Erbguts und die enorme Vermehrungsrate. Aus den Antibiotika nach Gutdünken absetzen könne. einem einzelnen Bakterium können innerhalb weniger StunDoch genau das führt zu Resistenzen. den mehrere Milliarden Zellen entstehen. Immer wieder treWenn dann noch wie in manchen Ländern – ten dabei zufällig Veränderungen des Erbguts auf, die WiderSpanien, Griechenland oder Amerika zum Bei- standskraft gegen ein Antibiotikum verleihen. Solange diese spiel – Antibiotika frei in Apotheken oder Super- resistenten Bakterien nicht mit dem Antibiotikum konfronmärkten verkäuflich sind, ist dem unsachgemä- tiert werden, unterscheiden sie sich in nichts von ihren nichtßen Gebrauch die Tür weit geöffnet. Mit hindurch resistenten Artgenossen, sie sind wegen dieses unnötigen geneschlüpfen dann immer neue Antibiotikaresistenzen. tischen Ballasts eigentlich sogar benachteiligt. Sie reagieren Wo Penicillin wie Nasenspray oder Magnesiumta- ebenso empfindlich auf Umwelteinflüsse und können ebenso bletten über die Ladentheke geht, ist die Unwirk- gut vom Immunsystem vernichtet werden. Sind Bakterien samkeit der Mittel vorprogrammiert. Hinzu kommt, allerdings längere Zeit Antibiotika ausgesetzt, haben die resisdass auch in der Tiermastindustrie tonnenweise tenten Keime einen Vorteil – und vermehren sich stark. »AntiAntibiotika eingesetzt werden, gerade auch in Nie- biotika sind eine Waffe für eine gezielte und genau dosierte dersachsen. Damit Fleisch für Verbraucher billig bleiben kann. Wie wirken Wie entsteht eine Welche Folgen Das Ergebnis: Rund 15.000 Menschen, so heißt Antibiotika? Antibio­ t ika-Resistenz? kann eine Antibiotikaes aktuell seitens des Bundesgesundheitsministe­ Resistenz haben? riums, sterben jährlich allein in Deutschland an Antibiotika können Durch Mutation des Keims Erregern, die über Jahre gegen die allermeisten Bakterien auf drei Wegen Veränderung des Proteins Resistente Keime in Antibiotika unempfindlich geworden sind. Weltweit bekämpfen: durch Bestandteile von Krankenhäusern werden sind es 700.000 Menschen pro Jahr, so die WeltgeReinigungsmitteln zu Gefahrenquellen Zellwandauflösung sundheitsorganisisation WHO. Und diese Zahlen bei nicht bedrohlichen steigen. Weltweit. Erkrankungen. Stoffwechselblockade des Bakteriums Keine hundert Jahre ist es Jahr, dass vormals tödMultiresistente Keime lich endende Krankheiten wie Lungenentzündung, (z.B. MRSA**) können Wachstums­hemmung Wundinfektion, Scharlach oder Meningitis ihren zu lebensbedrohenden des Bakteriums Schrecken verloren haben. 1910 wurde in DeutschInfektionen führen. land mit Arsphenamin das erste Antibiotikum überÜber ein Protein kann Durch das veränderte Es können chronische haupt eingeführt. Es tötet das Bakterium Trepodabei das Antibiotikum Protein kann das AntibiotiKrankheitsverläufe ent­ nema pallidum, Auslöser für die letzlich tödliche seinen Wirkstoff ins kum nicht mehr andocken. stehen. Geschlechtskrankheit Syphilis. Ein großer Schritt Bakterium einbringen Die Wirkstoffe* können * z.B. Penicillin, Methcillin in der Medzizingeschichte war das, das Startsignal nicht mehr reagieren. ** Methcillinresistenter für eine ärztliche Erfolgsstory. Als dann 1928 der Staphylococcus aureus Schotte Alexander Fleming das Penicillin entdeckte, konnten Ärzte weltweit endlich Kämpfe gegen vormals tödliche Krankheiten zuhauf ge­w innen. Heute stehen Medizinern etwa 80 unterschiedliche BreitQuelle: dpa-Infografik bandantibiotika aufgeteilt auf rund 20 »Klassen«


Kurzzeittherapie. Die Bakterien müssen in kurzer Zeit – in der Regel binnen zwei Wochen – soweit dezimiert sein, dass das Immunsystem ihrer wieder Herr werden kann«, sagt der renommierte Hygieneexperte Professor Klaus Heeg von der Unklinik Heidelberg. »Wo das nicht berücksichtigt wird, werden Resistenzen zum Problem.« 90 Prozent aller Antibiotika würden außerhalb von Kliniken eingenommen. »Leider zu häufig unnötig«, bemängelt der Professor. »Dass unkontrollierter und vor allem unsachgemäßer Antibiotikagebrauch Probleme verursacht, sehen wir vor allem in Ländern, in denen Antibiotika nicht verschreibungspflichtig sind.« So seien In Spanien, wo Penicillin frei käuflich ist, rund 30 Prozent der Pneumokokken, die Lungen-, und Mittelohrentzündungen verursachen, gegen dieses Antibiotikum resistent. Spanienurlauber brächten solche Bakte-

EinfĂĽhrung neuer Antibiotika-Klassen weltweit

Pleuromutiline, 2007

Glycylcycline, 2005 zyklische Lipopeptide, 2005

Ketolide, 2001

Oxazolidinone, 2000

Carbapeneme, 1985

Fluorchinolone, 1983 Lincosamide, 1964 Streptogramine, 1962

Glykopeptide, 1958 Cephalosporine, 1953 Makrolide, 1952 Amphenicole, 1949

Tetrazykline, 1948

Polymyxine, 1947

Aminoglykoside, 1944 Penicilline, 1943 Sulfonamide, 1936 Arsphenamin, 1910

Quelle: vfa

1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 Die Jahreszahlen geben an, wann das erste Medikamente der genannten Klasse in Deutschland oder andernorts eingefĂĽhrt wurde. Nicht berĂĽcksichtigt sind Medikamente gegen Tuberkulose.

rien unbemerkt mit nach Deutschland und sorgten damit auch hierzulande für schleichende Resistenzen der Bakterien. Ein jüngst veröffentlichter Fall aus der Schweiz macht das Drama deutlich: 2010 wurde bei einem Mann in Zürich eine multiresistente Tuberkulose diagnostiziert. Eine Therapie mit vier verschiedenen Antibiotika verlief erfolglos. Erst der neue, zu dem Zeitpunkt noch gar nicht zugelassene Wirkstoff Bedaquilin führte zu einem befriedigenden Behandlungs­ ergebnis. Drei Jahre später wird der Patient für vollständig genesen erklärt und aus dem Krankenhaus entlassen. Nur fünf Monate später aber wird er mit einem Rückfall wieder eingeliefert. Nach wirkungsloser Behandlung mit sieben unterschiedlichen Antibiotika wird der Patient schließlich auch mit dem allerneuesten Antibiotikum Delamanid behandelt. Doch auch gegen dieses Antibiotikum entwickeln die TB-Erreger innerhalb weniger Wochen Resistenzen. Der Patient überlebte 2014 nur Dank einer operativen Teilentfernung seiner Lungenflügel.

Wettlauf mit der Zeit Vier neue antibiotische Medikamente wurden 2015 in Deutschland zugelassen. Im Fokus der Forscher stehen neben neuen TBC-Medikamenten aktuell vor allem die berüchtigten Krankenhauskeime Methicilllin-resistenter Staphylococcus aureus, landläufig kurz MRSA genannt, sowie eine spezielle Bakteriengruppe, so genannte Gram-negative Erreger. Darunter welche, die schwere Harnwegsentzündungen verursachen und andere, die für Lungenentzündungen und Blutvergiftungen verantwortlich sind. Jeder fünfte bis zehnte Erreger der genannten Arten ist in Deutschland mittlerweile so weit mutiert, dass er von den bisherigen antibiotischen Mitteln der Wahl unbeeindruckt im Körper der Patienten überlebt. Bis er seinen Wirt selbst zu Grunde gerichtet hat. In anderen europäischen Ländern ist die Lage noch weit dramatischer: In Rumänien sind 56 der Staphylokokken-Erreger unbehandelbar, in Portugal 47 Prozent, auf Malta 42 Prozent. Die jüngst entwickelten neuen Medikamente sollen möglichst selten zum Einsatz kommen. Nur so können sie den harten Fällen dienen, können dann eingesetzt werden, wenn nichts anderes mehr hilft. Nur rund eine Hand voll solcher Reserveantibiotika stehen Krankenhäusern derzeit noch zur Verfügung. Und sie haben meist heftigste Nebenwirkungen. Wie lange sie reichen, um das schlimmste zu verhüten, ist nicht abzusehen. »Die Entwicklung neuer Medikamente wird nicht mit der Geschwindigkeit mithalten können, mit der die Evolution der Krankheitserreger neue Behandlungsresistenzen hervorbringt«, prognostizierte wenig hoffnungsvoll vor zwei Monaten die auf Resistenzentwicklung spezialisierte Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Volker Macke


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TUNNELBLICK Hannover – eine typische Großstadt voller Werbung: Schriftzüge auf Gebäuden, moderne LED-Tafeln, traditionelle Litfasssäulen. Eine ganz besondere Werbe­strecke ist Bezirksrat und Kaufleuten schon seit Jahren ein Dorn im Auge: der Posttunnel neben dem Hauptbahnhof, ausschließlich bestückt mit Werbeplakaten eines Bordells. Eine halbe Stunde Sex kostet 50 Euro, Extrawünsche immer gerne, und wer kürzlich bei der Tombola das große Los zog, gewann sogar fünf mal eine halbe Stunde mit dem Girl seiner Wahl. Sexdienstleistungen als Ware anzubieten, ist das Geschäft der FKK-Villa am Tönniesberg, unweit des Großmarkts in Hannover. Werbung dafür macht das Bordell schon seit Jahren, unter anderem deutlich im sogenannten Posttunnel neben dem Hauptbahnhof: Alle dort vermieteten Werbeflächen werden von der FKK-Villa belegt, die Plakate hängen dort in verschiedenen Sprachen. »Ich würde mir wünschen, dass die Schmuddelwerbung da weg kommt«, sagt Michael Sandow, Bezirksbürgermeister für Hannover-Mitte. Für ihn ist der gesamte Tunnel ein Ärger-

nis, ein Schandfleck für die Innenstadt, die in den vergangenen Jahren doch so aufgewertet worden sei. Auch Catharina Schubert, Center-Managerin der an den Tunnel angrenzenden Ernst-August-Galerie, ärgert sich schon lange über den Schmuddeltunnel. Die Werbung an sich sei schon fragwürdig, sagt sie, und dass viele ihrer Kunden diese Plakate passieren müssten, sei sehr ärgerlich. Werbung für Prostitution ist ein schwieriges Thema. Zwar ordnet Paragraph 120 im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OwiG) Werbung für Prostitution als ordnungswidrig ein, doch mit dem seit 2002 geltenden Prositutionsgesetz haben sich die Rahmenbedingungen geändert: Der Bundesgerichtshof urteilte 2006, dass Werbung für Prostitution, etwa in Zei-


Fotos: Harald Koch

Nicht verboten, aber nicht von allen gern gesehen: In jedem Schaukasten des Posttunnels am Hauptbahnhof hängt ein Bordell-Plakat.

tungsanzeigen, nicht verboten ist, wenn die Werbung nach Aufmachung, Inhalt oder Umfang in einer zurückgehaltenen Form erfolgt. Reine Textwerbung, wie sie etwa auch im Tunnel neben dem Bahnhof zu finden ist, ist also nicht per se verboten. »An diesen gesetzlichen Vorgaben orientieren wir uns«, sagt denn auch Andrea Breyther, Sprecherin des Kölner Unternehmens Ströer Media, das diese Flächen für die Deutsche Bahn vermarktet. Ströer gehört zu den größten Werbeanbietern in Deutschland, betreut hierzulande nach eigenen Angaben 280.000 Werbeflächen und erzielte im Jahr 2014 einen Umsatz von gut 635 Millionen Euro. In Hannover kümmert sich Ströer um etwa 2.000 Werbeflächen. Werbung kann auch als Stütze kommunaler Aufgaben dienen: Die Deutsche Städte Medien GmbH (DSM), an die sämtliche städtische Werbeflächen verpachtet sind, gebe »einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Einnahmen« an die Stadt ab, sagt diese. Zudem finanziere die DSM den Unterhalt und die Reinigung öffentlicher Toilettenanlagen. Die Werbung an Haltestellen wiederum

bringt das Geld in den städtischen Haushalt, das für den Bau und die Reinigung derer benötigt wird. Die Deutsche Städte Medien gehört zu hundert Prozent der Ströer Media Gruppe. Der Werbemarkt in Deutschland ist riesig: Etwa 15 Milliarden Euro wurden im Jahr 2014 netto umgesetzt. Die größten Werbeträger sind das Fernsehen und die Tageszeitungen. Die sogenannten 18/1-Großfläche ist das beliebteste Produkt der »Out-of-Home-Medien« genannten Werbeflächen, die man im öffentlichen Raum antrifft. Diese etwa neun Quadratmeter großen Plakatflächen sind in Hannover für Tagespreise zwischen 10 und 50 Euro zu mieten. Wer vielleicht lieber eine Stadtbahn mit Werbung versehen möchte, zahlt etwa 1.500 Euro pro Monat an X-City Marketing (XCM), eine Tochter der Nahverkehrsbetriebe Üstra. Das Unternehmen vermarktet Werbung auf einigen Flächen in der Innenstadt, auf Bussen, Bahnen und im Fahrgastfernsehen. Seit 1998 ist Ströer Media ebenfalls an X-City Marketing beteiligt. Zahlreiche Verordnungen, etwa die niedersächsische Bauordnung, regeln den Einsatz von Werbung, was Größe, Platzierung und Dauer angeht. Für politische Parteien darf nur in einem bestimmten Zeitraum rund um den Wahltermin geworben werden. Werbung für Zigaretten dagegen ist auf Plakaten noch erlaubt, obwohl diese im Fernsehen seit vielen Jahren verboten ist. Und dann gibt es den Graubereich – Werbung für Branchen, die nicht verboten ist, aber vielleicht doch fragwürdig. Deshalb sind auch inhaltliche Fragen im Pachtvertrag zwischen Stadt und Vermarkter DSM geregelt: »Die DSM hat sich im Pachtvertrag mit der Stadt Hannover verpflichtet, Aufträge zurückzuweisen, deren Inhalt gegen die guten Sitten verstößt, insbesondere frauen- oder fremdenfeindlich ist«, heißt es dazu bei der Verwaltung. Bei X-City Marketing gibt es nach Angaben einer Sprecherin keine »Blacklist«. Es gebe aber »sicherlich kritische Branchen« bei denen man vor Veröffentlichung Motiv und Werbeaussage prüfe. Auch die Deutsche Bahn prüfe die Aussagen auf ihren Werbeflächen, verrät eine Sprecherin, und sei wegen der Plakate im hannoverschen Schmuddeltunnel mit dem Vermarkter im Austausch. Das Motiv sei in den vergangenen Jahren auch schon einmal verändert worden. Ein grundsätzliches Problem mit einer solchen Werbung habe das Unternehmen aber nicht. Vielleicht, so mutmaßt Bezirksbürgermeister Michael Sandow, würden die beiden in die Jahre gekommenen Tunnel links und rechts vom Hauptbahnhof auch absichtlich in einem solchem Zustand belassen, um die Frequenz im »Einkaufsbahnhof« zu erhöhen. Der Bezirksrat habe jedenfalls immer mal wieder Versuche unternommen, hier eine Änderung herbeizuführen – letztlich fehlte es aber an der rechtlichen Handhabe. Michael Sandow blickt, so wie viele andere Kritiker der Situation, hoffnungsvoll auf die Veränderungen, die der Ausbau der


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09. + 10.02.2016

U. A. MIT FRITZI DT HABERL AN

DIE MARQUISE VON O. / DRACHENBLUT NACH HEINRICH VON KLEIST UND CHRISTOPH HEIN REGIE ARMIN PETRAS SCHAUSPIEL STUTTGART

Fritzi Haberlandt in Die Marquise von O. / Drachenblut (Schauspiel Stuttgart)

Stadtbahnlinien 10 und 17 mit sich bringen wird. Dann wird der Boden im Posttunnel abgesenkt werden, zudem soll es Aufgänge zu den ersten Gleisen des Bahnhofs geben, auf denen überwiegend die S-Bahnen verkehren. Wie genau der Posttunnel nach diesem Umbau aussehen wird, steht noch nicht fest. Der Bezirksbürgermeister hofft jedenfalls, dass so ein Umfeld entsteht, in dem sich Anwohner und Passanten wieder wohlfühlen können. Er glaubt, dass die Bahn gerade mit Blick auf den geplanten Neubau für die Verwaltung am ZOB hier auch ein deutliches Eigeninteresse haben müsste. »Ich habe die begründete Hoffnung, dass dieser Tunnel dann deutlich freundlicher daherkommen wird«, sagt Sandow. Auch ErnstAugust-Galerie-Managerin Catharina Schubert hofft auf den Ausbau der D-Linie und einen damit einhergehenden Umbau des Tunnels. Dann könne sie sich sogar vorstellen, dort für das Einkaufszentrum zu werben. Ein bisschen Zeit wird bis dahin noch vergehen: Der Ausbau der D-Linie, mittlerweile auch »Projekt 10/17« genannt, wird wohl bis zum Jahr 2019 dauern. Gerd Schild

13. + 14.02.2016

Das französische Grenoble hat seit Jahresbeginn mehr als 300 Reklametafeln und Schilder aus dem öffentlichen Raum entfernt. Stattdessen will die Stadt 50 Bäume pflanzen und Tafeln für Ankündigungen für die Stadtbewohner aufstellen. »Wir wollen die Stadt von Werbung befreien«, sagt Bürgermeister Eric Piolle von der Partei der Grünen. Einnahmeverluste im sechsstelligen Euro-Bereich nimmt er dafür in Kauf. Die brasilianische Millionenstadt Sao Paulo hatte schon vor einigen Jahren Werbung aus dem öffentlichen Raum verbannt – und gilt in diesem Bereich seitdem als Vorbild für viele Initiativen. Für den hannoverschen Vermarkter XCM, das verwundert wenig, wäre ein solches Stadtbild ohne Werbung »um einiges trostloser und grauer«. Eine Stadt ganz ohne Werbetafeln wäre nach Ansicht der Verwaltung auch gar nicht sinnvoll. Denn die Werbung im öffentlichen Raum diene »auch der Information über Stadt und Stadtleben und künftige Veranstaltungen«. Das Unternehmen Ströer hat am Düsseldorfer Hauptbahnhof gerade ein Pilotprojekt beendet: Sechs Monate lang wurden dort »Beacons« von verschiedenen Unternehmen getestet. Beacons – Leuchtfeuer – nennt man kleine Geräte, die auf Basis der Drahtlos-Technologie Bluetooth Signale etwa an Smartphones senden können. Innerhalb von Gebäuden ermöglicht das die einfache Navigation und Versorgung mit Daten – Anwendung findet diese Technik schon in Museen. Von täglich 250.000 Besuchern im Bahnhof hatten etwa 40 Prozent Bluetooth aktiviert, waren also grundsätzlich empfangsbereit für diese neue Werbetechnik.

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GASTSPIELE 2016

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AUS DER SZENE

Sozialtarif in der Region Hannover jetzt menschlicher

Foto: M. Narten/Picture-Alliance

Hannover. Sie galt vielen sozial benachteiligten Nutzern der öffentlichen Verkehrsmittel als Schikane: die Wertmarke S. Wer den 2009 im Großraumverkehr der Region Hannover eingeführten Sozialtarif nutzen wollte, durfte dies nur tun, wenn er monatlich zusätzlich eine Wertmarke für 4 Euro kaufte. Wie die Region Hannover jetzt äußerte, diente die Wert-

marke lediglich dem Zweck, die exakte Anzahl der Nutzer des Sozialtarifs zu ermitteln: 1 Wertmarke = 1 Person pro Monat. Nun hat man offenbar Klarheit gewonnen über die Anzahl der Nutzer, zum 1. Januar 2016 fällt der Erwerb der Wertmarke weg. Inhaber einer Region-S-Karte können nun an allen Fahrkartenautomaten sofort den Sozialtarif wählen. Bedürftige, zum Beispiel Hartz-IV-Empfänger, Aufstocker oder anerkannte Asylbewerber, erhalten die Region-S-Karte automatisch jährlich kostenlos zugeschickt. Eine wissenschaftliche Evaluation des Nutzerverhaltens war zu dem Ergebnis gekommen, dass zahlreiche Berechtigte den Sozialtarif nicht in Anspruch nahmen, weil die Wertmarke zusätzlich kostete und ihre Handhabung umständlich war. Unter diesen Bedingungen wählten im Jahr 2015 pro Monat 31.000 Berechtigte den Sozialtarif, 16.600 unter ihnen kauften ein vergünstigtes Monatsticket, 14.700 ein oder mehrere Tagestickets. Das Sozialticket gewährt eine Ermäßigung um 50 Prozent gegenüber dem regulären Tarif: So zahlen Bedürftige künftig für eine Zone 34,60 Euro, für zwei Zonen 38,30 Euro und für drei Zonen 50,20 Euro pro Monat. Allerdings: Der ab Januar 2016 geltende Hartz-IV-Satz sieht pro Person und Monat nur 25,45 Euro für Mobilität vor. 6 Millionen Euro muss die Region für die Vergünstigungen, die sie sozial Benachteiligten Personen gewährt, pro Jahr als Ausgleich an den GVH Hannover entrichten. SCH

Obdachlose tagten in Niedersachsen

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Beratung sofort nach Beitritt! Jetzt Mitglied werden! Kompetente Hilfe bei allen Fragen zum Mietrecht. Herrenstraße 14 · 30159 Hannover Telefon: 0511–12106-0 Internet: www.dmb-hannover.de E-Mail: info@dmb-hannover.de Außenstellen: Nienburg, Hoya, Celle, Neustadt, Springe und Obernkirchen.

Freistatt. Vertreter der europäischen Obdachlosen-Organisation HOPE trafen sich Ende 2015 in der diakonischen Einrichtung Freistatt (»Bethel im Norden«, gelegen zwischen Sulingen und Diepholz). Eingeladen hatte das deutsche Armutsnetzwerk e.V.. Eine finanzielle Absicherung der Teilnahme von Frauen und Männern mit Obdachlosigkeitserfahrung aus acht europäischen Ländern leistete das Diakonische Werk Niedersachsen, das die Tagung mitgestaltete. HOPE besteht seit vier Jahren und will sowohl auf europäischer Ebene als auch in den Mitgliedsländern politischen Einfluss nehmen zugunsten von wohnungslosen Menschen. Deutlich wurde auf der Tagung, dass Europa weit entfernt ist von einer gemeinsamen Politik gegen Wohnungslosigkeit. Die fortschrittlichsten Hilfesysteme, so zeigten vergleichende Berichte, haben derzeit offenbar Finnland, Dänemark, Österreich und Deutschland. Der brutalste Umgang mit Obdachlosen wurde unisono Ungarn bescheinigt. Einen Anstieg der Obdachlosigkeit verzeichnet ganz Europa, in besonderem Maße aber die europäischen Mittelmeerstaaten. Weitere Ergebnise der Tagung unter www.armutsnetzwerk.de und www.homelesspeople.eu. HOPE arbeitet eng zusammen mit FEANTSA, der größten europäischen Organisation gegen Wohnungslosigkeit, und versteht sich dabei als Sprachrohr der direkt Betroffenen. SCH


Eigentlich, ja eigentlich wollte ich etwas ganz anderes schreiben – so viele Negativzeilen beherrschen derzeit die Medien, soviel Leid haben die Attentäter in Paris und anderswo verursacht in der Zeit, als ich meine JanuarKolumne für Asphalt vorbereiten musste. Dann entdeckte ich in der neugestalten Dezember-Ausgabe »meine« neue blaue Seite, worüber ich mich sehr gefreut habe! Und da entschloss ich mich spontan: Mit der ersten Januar-Ausgabe 2016 auf meiner farbenstarken Seite will ich nicht negativ starten. Ich wünsche mir einfach mal, dass wir uns 2016 nicht vom IS unser Leben beeinflussen lassen, dass wir uns weder vor der rechten noch vor der braunen Seite fürchten (denn welchen Anteil der Bevölkerung haben die denn tatsächlich gegenüber der großen Anzahl mitfühlender Menschen?)! Es wimmelt in Deutschland von hilfsbereiten Menschen. Deutschland ist ein humanes Land für diejenigen, die unserer Hilfe bedürfen. Deutschland ist ein friedliches Land. Deutschland ist ein schönes Land. Ich wünsche Ihnen ein wundervolles Jahr 2016 und freue mich darauf, auch weiterhin mit meiner blauen Farbseite regel­ mäßig bei Ihnen vorbeizuschauen! Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden…

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gesucht – gefunden Verkäufer Mario: Suche Schlafsofa und einen Laptop oder einen PC. Danke. [V-Nr. 1970] Kontakt: 0157 – 55 43 35 09.

Verkäuferin Heidi: Ich suche dringend mit Motte, meinem Hund, eine kleine 1 bis 2-Zimmer-Wohnung. [V-Nr. 1786] Kontakt: 0179 – 377 75 92.

Verkäufer Reinhold: Ich suche Arbeit als Hausmeister oder in der Gartenpflege, Laubenrenovierung (Winter Hecken- und Baumschnitt) oder Maler. Außerdem suche ich einen gut erhaltenen Fahrradanhänger und eine Mofa/Roller 25 km/h. Welcher Mechaniker kann bei einem Viertaktrasenmäher die Zündung einstellen und bei einer Zweitaktheckenschere den Seilzug reparieren oder eine gebrauchte abgeben? Ich wünsche allen meinen Kunden und Spendern ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr. [V-Nr. 137] Kontakt: 0175 – 80 22 2 23.

Verkäuferin Christine: Ich suche eine 1-ZimmerWohnung. Bis 1. Etage. [V-Nr. 2058] Kontakt: 0162 – 740 30 65.

Verkäufer Jörg: Ich suche eine Garderobe, einen Schreibtisch und einen Computer. Außerdem wünsche ich meinen Kunden aus Sarstedt ein schönes und gesundes neues Jahr 2016. [V-Nr. 2117] Kontakt: 0171 – 195 78 89.

In eigener Sache: Die Asphalt-Fahrradwerkstatt bedankt sich bei den Leserinnen und Lesern, die uns in der Vergangenheit mit ihren Fahrradspenden unterstützt haben. Auch weiterhin suchen wir nach gut erhaltenen gebrauchten Fahrrädern, die wir an unsere Verkäuferinnen und Verkäufer weitervermitteln können. Außerdem würde Asphalt sich über folgende Spenden freuen: Flachbettscanner, digitale Spiegelreflexkamera. Kontakt: 0511 – 30 12 69 21.

Kommen Sie mit – zum sozialen Stadtrundgang! Asphalt zeigt Ihnen das andere Hannover.

Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer führen Sie zu Orten, an denen Wohnungslose keine Randgruppe sind. Erleben Sie die Straße neu und lernen Sie spezielle Anlauf­s tellen kennen: Wo sind die Schlafplätze von obdachlosen Menschen? Wo duschen oder essen sie? Wo gibt es Konflikte? Ein außergewöhnlicher Stadtrundgang – von ExpertInnen der Straße geführt!

IMMER AM LETZTEN FREITAG IM MONAT! Nächster Termin: 29. Januar 2016, 15 Uhr. Treffpunkt: Asphalt, Hallerstraße 3, 30161 Hannover. Bitte melden Sie sich telefonisch an: 0511 – 30 12 69-20. Teilnahme auf Spendenbasis: ab 5 Euro pro Person. Gruppen (Studierende, Schulklassen, Vereine etc.) vereinbaren bitte gesonderte Termine! Übrigens: Unseren sozialen Stadtrundgang gibt es auf Nachfrage auch in englischer Sprache!


Die im Jahr 2015 verstorbenen Männer und Frauen aus der Wohnungslosenszene sind nicht vergessen. Wir haben sie geschätzt, wir sind mit ihnen einen Teil ihres Weges gemeinsam gegangen, wir haben mit ihnen gelacht und geweint. Wir trauern um sie. Wir erinnern an sie – als Würdigung ihrer starken Persönlichkeiten und als Trost für die Lebenden. Denn tot ist nur, wer vergessen wird. Gerhard Anderson

Angelika Hensen

Manfred Rogge

Ilona Beregus

Armin Höne

Sylvia Rogge

Michael Bertram

Beatrice Jokisch

Clemens Sandkuhl

Andreas Bloch

Dainis Klubis

Hans-Joachim Schättschen

Oliver Brenecke

Rainer Kolodiczyk

Torsten Schillig

Alksandys Broks

Jörg Leue

Berthold Schmidt

Oliver BrĂĽckner

Daniel Lipinski

Sebastian Seifert

Norbert Eisenberger

Anka Meister

Elfriede StĂĽrzekarn

Jörg Ernst

Heiko André Meyer

Andreas Thiers

Dirk Uwe Freimuth

Waltraud Moje

Dimitri Unruh

Carl Fuchs

Wolfgang Möller

Arvi Virand

Ernesto Gaby

Dieter MĂĽller

Nils Werner

Ute Grewe

Matthias Neusel

Selma

Michael Haase

Andreas Novatzki

Andreas Hartmann

Heribert Rausch

Freundinnen und Freunde, Besucherinnen und Besucher, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter hannoverscher Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe: »DüK« – Dach überm Kopf, Frauenwohnheim Gartenstraße, Karl-Lemmermann-Haus – Sozialpädagogisch betreutes Wohnen eV., Kontaktladen »Mecki«, Krankenwohnung »Die KuRVe«, SeWo Nordbahnhof, SeWo »Szenia« Tagestreff für Frauen, SeWo Saftladen, Werkheim Büttnerstraße, Zentrale Beratungsstelle Hagenstraße, Asphalt-Magazin.

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WIR GEDENKEN

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ARM UND REICH IM BUCH

Was westliche Politik im Orient anrichtet Die seit Jahrzehnten eingeübte Katas­ Als Sündenfall des Westens trophen-Berichterstattung in den Medien schlechthin bezeichnet er den lässt uns den Nahen und Mittleren Staasstreich 1953 im Iran, der Osten nur noch als bedrohliches Chaos auf Initiative der britischen erscheinen: blutige Anschläge, funda- und amerikanischen Geheimmentalistische Ideologien, Bürgerkriege, dienste erfolgte. Der demoZerstörung staatlicher Ordnungen, das kratisch gewählte iranische Auftreten vermeintlicher Schurken und Premierminister Mossadegh Helden und immer wieder westliche mili- hatte es gewagt, das seit 1909 tärische Interventionen. Wer hingegen bestehende britische Monowirklich verstehen will, was heute im pol auf die iranische ÖlinduOrient passiert, sollte dieses Buch von strie in Frage zu stellen. Der Michael Lüders lesen. Denn der ehema- Putsch im Jahr 1953 zeigt ein lige Nahost-Redakteur der »Zeit« mit Grundmuster, das die USA vorausgegangenem Studium arabischer und ihre Verbündeten noch Literatur, Publizistik und Islam- und Poli- immer bei angestrebten Regitikwissenschaft in Damaskus und Berlin mewechseln anwenden: die ist zugleich Fachexperte und Journalist. Dämonisierung des Gegners Michael Lüders zeigt nicht mit dem Finger im Vorfeld der eigentlichen auf die arabisch-islamische Welt, sondern Operation. Ohne Putsch 1953 fragt systematisch, welche politische Ent- keine islamische Revolution scheidung im Westen nach dem Zweiten 1979 – diese Einsicht fällt der Weltkrieg welche Art von blutigem Chaos amerikanischen Politik noch immer schwer. in der orientalischen Welt zur Folge hatte. Informativ und übersichtlich zeichnet Lüders den mittlerweile durchgängigen Krisenbogen von Algerien bis Pakistan. Das wiederkehrende Grundmuster westlicher Interventionen sieht er begleitet von regionalen MiliAnzeige tärs, Milizen oder Warlords, von Clans und Stämmen, von religiösen oder ethnischen Gruppen, mithin Kleinstaaterei, Selbstzerstörung und BarbaUnsere Mieter wohnen rei. In diesem Umfeld gedeihen unterschiedliche Gruppen von Dschihadisten, denen der Koran als Folie zur Rechtfertigung von Willkür, Eroberung und Terror dient. Jedoch: Die großen Bruchlinien verlaufen nicht zwischen Staaten, Religionen oder Ideologien. Sondern dort, wo es um die Verteilung von Macht und Ressourcen geht. Einen »Kampf der Kulturen« gibt es nicht. Wohl aber einen Kampf um die Fleischtöpfe. Wenn Menschenrechte vor allem dazu herhalten müssen, eigene Machtpolitik zu tarnen oder unliebsame Politiker anzugehen, etwa Putin oder Erdoǧan, während sie ansonsten, etwa im Umgang mit Israel oder den USA, Stichwort Gaza oder Guantanamo, so gut wie keine Rolle spielen, werden sie zu Worthülsen, gerinnen sie zur Gesinnungsethik. Das Wort von der westlichen WerWir haben mehr als 13.000 Wohnungen in tegemeinschaft bleibt für Michael Lüders noch mit Leben zu erfüllen: ÄchHannover – und begeisterte Mieter. Denn unsere Objekte sind top modernisiert, attraktiv und ten wir Antisemitismus und Islamhass. Zeigen wir Härte denen gegenüber, energiesparend. Für Singles, Paare, Familien die unsere Freiheit missbrauchen. Dazu gehören auch und vor allem diejeund Senioren. In allen Größen und vielen Stadtgebieten. nigen, die Wind säen und Sturm ernten, nicht allein im Orient. Der richtige www.gbh-hannover.de Ort für sie ist der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag. Heiko Geiling creativteam.com

MEGA CLEVER

Michael Lüders, Wer den Wind sät – Was westliche Politik im Orient anrichtet. C. H. Beck 2015, 175 Seiten, 14,95 Euro


Zum Text »Strozeck, Schmierek, Klackler und ich« von Wolfram Hänel in der Dezember-Ausgabe 2015.

Wirre Fantasien Wie können Sie die Frustationen eines sogenannten Schriftstellers über seine angeblichen Schulerlebnisse an einer der besten Schulen Hannovers, dem Leibnizgymnasium, ungeschützt so abdrucken und damit das Ansehen der Schule und einer verstorbenen Lehrerin, Frau Dr. BogerBlümel, in den Schmutz ziehen lassen? »Schmierek«, der wahrscheinlich erfundene Name eines seiner Kumpel aus den 60igern, passt zu diesen Fantasien! Weder Strozeck noch Hänel habe ich im Jahrbuch der Leibnizschule, in dem die Abiturienten abgedruckt sind, gefunden, ich habe die Leibnizschule von 1958 bis zum Abitur 1966 besucht. Frau Dr. Boger-Blümel, die ich zwar nicht selbst als Lehrerin hatte, dürfte niemals einem Schüler eine »gescheuert« haben, weil er auf einem Gang gelaufen war, und dass Russen grundsätzlich in den Keller kacken, weil sie keine Klos kennen, sowie dass Neger nur Milchpulver brauchen, das wurde sicher am Leibnizgymnasium nie gelehrt. Lehrer, die Schüler schlagen, dass sie mit dem Gesicht auf die Tischplatte knallen, andere Studienräte, die von Schülern verlangen, dass sie ihn auf den nackten Hintern schlagen: was für wirre Fantasien! Nächstes Jahr geht unsere Klasse fast geschlossen zum 50-jährigen Jubiläum in die Leibnizschule, wir haben die besten Erinnerungen an unsere Schulzeit! Norbert Sandermann, Hannover

Zu den Artikeln von Volker Macke und Renate Schwarzbauer ĂĽber fehlende Wohnungen fĂĽr ehemalige Obdachlose in der Oktober-Ausgabe 2015.

Wohnen in Dörfern und Vororten Ich bin regelmäßiger Leser von Asphalt: Wenn ich lese, dass Axel Fink und Christian Müller keine Wohnung bekommen, dann geht mir der Hut hoch. Immer wieder ist zu lesen, dass in den Vororten oder Dör-

fern Wohnungen leer stehen und die Gemeinden veröden. Können diese Herren zur Wiedereingliederung nicht in solche Gebiete ziehen? Die Mieten sind billig, menschliche Kontakte sind leichter als in einer Großstadt zu knüpfen, und es gibt auch Möglichkeiten, durch Arbeit sich einzugliedern. Gibt man diesen Wohnungslosen auch freie Fahrt für Besuche in die Stadt, wäre viel erreicht, und die Kosten sind überschaubar. Offensichtlich ist aber ein solches Ansinnen unzumutbar. An unserer Gesellschaft herumzunörgeln ist eben zeitgemäßer. Klaus Borchert, Hemmingen

Zum Artikel »Das Beschützerdorf« von Sabine Göttel in der August-Ausgabe 2015.

Ein Beispiel von Zivilcourage Ich habe im Asphalt-Magazin die Geschichte von Dieulefit gelesen und gestaunt, was eine kleine Gemeinde so schaffen kann. Die Stadt Bad Nenndorf veranstaltet jedes Jahr am jüdischen Gedenkstein am 9. November zur Erinnerung an die Reichs-Pogromnacht 1938 eine Feierstunde, bei der Vereine, Kirchen, Schulen und die jüdische Gemeinde Gedenkreden halten. Für das Bündnis gegen Rechtsextremismus »Bad Nenndorf ist bunt« habe ich in diesem Jahr die Rede gehalten und an den Ort Dieulefit erinnert. Die Textvorlage lieferte Ihr Magazin. In Bad Nenndorf lebten vor 1938 sieben jüdische Mitbürger, die dann vertrieben wurden. In Dieulefit wurden 1.500 Menschen, davon 100 Kinder, versteckt und so gerettet. Das ist ein wunderbares Beispiel für Zivilcourage und Zusammenstehen eines Ortes. Ich danke Ihnen für diesen interessanten Bericht. Im übrigen steht im Asphalt-Magazin immer etwas, was man woanders nicht liest. Auch für unsere Kunden im Umsonstladen ist es eine Hilfe. Der neue Preis ist gerechtfertigt. Rosemarie Börner, Bad Nenndorf

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BRIEFE AN UNS

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»WAS WILL ICH MEHR?« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäufer Olaf.

Olaf, wir sitzen hier im Tagesaufenthalt der Diakonie- stinksauer, heute denke ich: Das war das Beste, was sie machen Wohnungslosenhilfe in Oldenburg. Wie oft bist du hier? konnten. Eigentlich fast täglich. Ich komme gerne vorm Asphalt-Verkauf hierher, weil es die Möglichkeit gibt, günstig zu frühstücken: Becher Kaffee 50 Cent, halbes belegtes Brötchen 30 Cent. Da der Asphalt-Vertrieb über den Tagesaufenthalt läuft, ist das für mich ganz praktisch.

Seit wann bist du Asphalt-Verkäufer? Angefangen hab ich 1997. Damals auch hier in Oldenburg. Ich hab direkt sehr gute Erfahrungen gemacht. Zum einen vom Verkaufen her, zum anderen mit den Kontakten, die man dadurch knüpfen kann. In der Anfangszeit bin ich oft angesprochen worden zum Thema Wohnungslosigkeit: ›Sind Sie selber wohnungslos?‹, ›Wie ist das überhaupt, auf der Straße zu leben?‹ und so weiter.

Warum? Mittlerweile weiß ich: Irgendwie muss man jemanden, der in der Sucht lebt, dazu bringen, dass er nachdenkt. Meine Eltern wussten keinen anderen Weg. Ich hab’s oft genug von anderen gehört, die ihre Sucht bekämpft haben: Es muss im Kopf erst ›Klick‹ machen! So war es auch damals bei mir, als ich angefangen hab, richtig gegen meine Sucht zu arbeiten. Es hat aber Jahrzehnte gedauert, bis ich soweit kam.

Konnte dir Asphalt dabei helfen?

Ich habe kürzlich wieder ein möbliertes Zimmer in Oldenburg gefunden. Für mich alleine reicht das voll und ganz.

Ich sag mal so: Asphalt gibt mir einen Grund, morgens aufzustehen. Es gibt mir Tagesstruktur. Das ist bei mir besonders wichtig. Wenn ich den ganzen Tag nur in meinem Zimmer sitzen würde, wäre ich schnell lethargisch. Und das wäre für mich wieder ein Abstieg in die Sucht. Ich brauche eine gewisse Struktur – dieses Aufstehen, Duschen, frische Klamotten anziehen, zur Arbeit gehen.

Was heißt »wieder«?

Welche Arbeit hattest du vorher? Hast du einen Beruf

Wie ist deine Wohnsituation heute?

Bei mir ist das so, dass ich zwischendurch immer mal auf Tour erlernt? gehe. Das steckt in mir drin, das mache ich jetzt seit 25 Jahren. Angefangen habe ich mit einer Lehre als EinzelhandelskaufIch weiß heute mit 48 natürlich, dass es endlich mal Zeit wird, mann, musste die aber durch meine Sucht abbrechen. Dann mich irgendwo festzumachen. Aber ich kenne mich: Im Früh- habe ich lange Zeit auf dem Bau gearbeitet, als Trockenbaujahr, wenn es wärmer wird, fängt das Kitzeln wieder an, dann monteur. Und dann bin ich durch Zufall in Bremen in die Soziwill ich los … Dann lebe ich zwischendurch auch auf der Straße. alarbeit gerutscht und habe für ein privates Hilfsprojekt einige Zeit als Streetworker mitgeholfen. In diesem Bereich würde ich gerne weitermachen. Auf der einen Seite weiß ich natürlich: Das Du bist also ein klassischer Vagabund? ist ein Job für Idealisten, das sehe ich gerade hier tagtäglich. Auf Ja. der anderen Seite ist das eine Sache, die mir viel Spaß macht.

Wie bist du das geworden? Seit meinem 19. Lebensjahr bin ich pathologisch spielsüchtig. Ich bin durch meine Spielsucht das erste Mal auf der Straße gelandet und zwischendurch immer wieder. Vor gut vier Jahren, damals lebte ich in Bremen, hatte ich endlich die Möglichkeit, über eine spezielle Suchteinrichtung Hilfe zu bekommen. Seit dieser Zeit bin ich spielfrei.

UsprĂĽnglich kommst du aus Bremerhaven. Wie bist du dort aufgewachsen?

Was wäre in dieser Hinsicht dein Wunsch? Mein größter Wunsch wäre es, dass ich es hinkriege, in der nächsten Zeit – ich kann jetzt keinen festen Zeitraum sagen, aber in der nächsten Zeit – meinen ›Suchtberater‹ zu machen, um dann gerade im Bereich Spielsucht zu arbeiten. Den Suchthelferschein habe ich schon, den braucht man zum Beispiel, um bei Selbsthilfegruppen die Leitung zu übernehmen.

Wie würdest du den Satz vervollständigen: Mit meinem

Gutbürgerlich, eher schon etwas höher – Mutter, Vater, drei Leben … Geschwister. Mein Vater kam aus der Seefahrt, war zuletzt  … bin ich eigentlich zufrieden, so wie es im Moment ist. Ich leitender Ingenieur. Ich bin eigentlich schon seit meiner brauche keinen großen Luxus. Ich hab mein Essen und Trinken, Jugend das schwarze Schaf in der Familie, der Rebell. Die erz- ich hab mein kleines Zimmer, ich hab meine Arbeit als Asphaltkonservative Erziehung war nichts für mich. Ich bin zu Hause Verkäufer. Was will ich mehr? rausgeflogen, auch wegen meiner Spielsucht. Damals war ich Interview und Foto: Jeanette Kießling


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Asphalt-Verkäufer Olaf steht in der Achternstraße in Oldenburgs Innenstadt.


RUND UM ASPHALT

Drache Kokosnuss und Co. Volles Haus im Ballhof Eins in Hannover am Freitag, den 13. November: Zu Gunsten von Asphalt hatte der bekannte Kinderbuchautor und -zeichner Ingo Siegner zu einer Benefizlesung eingeladen. Für seine kleinen und großen Gäste las er aus seinen spannenden Geschichten. Wobei der Schöpfer vom kleinen Drachen Kokosnuss und seinen Freunden nicht immer ungestört dazu kam: Viele Kinder diskutierten lautstark mit Siegner, wenn dieser von seinen eigenen Geschichten abwich. Der Künstler ließ sich jedoch nicht stören, stieg in die Diskussion ein und hatte sichtlich Spaß daran. Ebenso haben wir Spaß an dem Ergebnis: Während des Abends spendeten die kleinen und großen Gäste mehr als 500 Euro für Asphalt. Ein großes Dankeschön an alle Spender und Ingo Siegner. ME

Wenn der Landtagspräsident einlädt, muss man nicht lang überlegen: Man kommt. So geschehen Anfang Dezember: Landtagspräsident Bernd Busemann lud das gesamte AsphaltTeam als Würdigung für den »beeindruckenden Einsatz der Mitarbeiter« und die »interessanten Artikel« in den ÜbergangsPlenarsaal des Landtags im Georg-von-Coelln-Haus ein. Eine tolle Überraschung für uns. Nicht zuletzt, da der Hausherr des hohen Hauses auch noch einen Scheck über 1.000 Euro mit dabei hatte, den er an unseren Geschäftsführer Reent Staade überreichte. Busemann outete sich dabei als durchaus talentierter Verkäufer für unser Magazin: In seiner kurzen Ansprache empfahl er mit geschickten Worten, »dass auch andere sich die Zeitung kaufen sollten«. Busemann selbst machte gleich den Anfang: Für die Abgeordneten und Verwaltungsangestellten im Landtag erwarb er 500 Exemplare, um sie so auf den Geschmack unserer Zeitung zu bringen. Bei dem Besuch im Landtag durften unsere Verkäuferinnen und Verkäufer sogar auf den Sitzen der Abgeordneten Platz nehmen. Da, wo sonst auch über das Schicksal der Leute auf der Straße debattiert und entschieden wird. Bei Kaffee und Kuchen nahm sich der Landtagspräsident anschließend auch noch die Zeit, sich mit seinen Gästen über Gott und die Welt auszutauschen. Sicherlich eine bereichernde und inspirierende Erfahrung für beide Seiten – für Asphalt-Verkäufer Marcus (Foto oben) auf jeden Fall. ME

Foto: Dr. A. Fuchs

Foto: Nds. Landtag

Foto: J. KieĂźling

Asphalt im Landtag


Foto: H. Koch

Er ist mittlerweile schon ein fester Bestandteil am Ende des Jahres: der Weihnachtsbasar in der Kreuzkirche in Hannover. Auch in diesem Jahr verkauften auf dem vom Diakonischen Werk Hannover organisierten »Weihnachtsmarkt mit Herz« Ehrenamtliche Nützliches und Leckeres rund um Weihnachten. Und viele Besucher kamen. Der Verkaufsschlager waren in diesem Jahr die selbstgebackenen Kekse. Der Erlös ging, wie in den vergangenen Jahren auch, an Asphalt. Rund 8.900 Euro sind dabei zusammengekommen. Das sind noch einmal etwa 90 Euro mehr als im vergangenen Jahr. Geld, das wir sehr gut zum Start in das neue Jahr gebrauchen können. Ganz großen Dank an alle, die sich für uns so ins Zeug gelegt haben. ME

Impressum

Herausgeber: Prof. Dr. Heiko Geiling, Hanna Legatis, Rainer MĂĽller-Brandes

Gründungsherausgeber: Walter Lampe Geschäftsführer: Reent Stade

Redaktion: Volker Macke (Leitung), Jeanette KieĂźling, Renate Schwarzbauer Fotografin: Karin Powser

Freie Mitarbeit dieser Ausgabe: A. Blanke, M. Eickhorst, H. Koch, O. Neumann, K. Powser, B. PĂĽtter, G. Schild, L. Stegner, W. Stelljes, S. Wolligandt, K. Zempel-Bley Anzeigen: Heike Meyer

Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer

Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Christian Ahring (Sozialarbeiter)

GroĂźer Andrang und reichhaltiges Angebot beim Weihnachtsbasar in der Kreuzkirche.

Azubis für Asphalt Überraschung zum Erstverkaufstag der neuen Ausgabe von Asphalt Ende November: Auszubildende zum Kaufmann/-frau für Büromanagement und Glas- und Gebäudereiniger des Service-Dienstleisters R+S aus Hannover empfangen unsere Verkäuferinnen und Verkäufer mit leckeren Brötchen und heißem Kaffee. Da fiel das Anstehen für die neue Ausgabe in unserem Vertrieb in der Hallerstraße sehr viel leichter als sonst. Verkäufer Hasso hat sich ebenso wie seine Kollegen sehr darüber gefreut: »Ich bin sehr dankbar für diese wirklich tolle Aufmerksamkeit der Azubis. Und es ist einfach großartig von den jungen Leuten, dass sie extra für uns seit 7.30 Uhr in der Früh im Einsatz waren.« Die Auszubildenden von R+S unterstützen in jedem Jahr ein soziales Projekt und in diesem Jahr fiel die Wahl auf unsere Straßenzeitung. Wir finden, ein schöner Einsatz und sicherlich ein spannendes Erlebnis für die Azubis, auch mal das Leben am Rand der Gesellschaft kennenzulernen. ME

Asphalt Vertrieb & Verlag gGmbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15

Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1

Online: www.asphalt-magazin.de redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Herstellung: eindruck, Hannover

Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: 30.000

Asphalt erscheint monatlich.

Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 10. Dezember 2015

Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde.

Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser BĂĽrger

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Basar in der Kreuzkirche

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DIE LESEBÜHNE – KURZGESCHICHTE IN ASPHALT

Neulich war gestern noch heute Von Annika Blanke

N E U L I C H

las ich im Internet einen interessanten Satz. Ein Blogger merkte an, dass das englische Wort »war« – also »Krieg« – im Deutschen eine Vergangenheitsform ist. Das gefiel ihm. Und ich lese das und ertappe mich, wie ich denke: »Ja – aber was ist mit »Ich KRIEGE dich?«

Da draußen … ist Chaos vor unseren Fenstern. Auf meinem Balkon … streiten sich die Meisen um die verbliebenen Körner im schlaff herunter hängenden, neongrünen Kunststoffgeflecht und da draußen … ist Chaos. Es herrscht nicht. Es tobt nicht. Es ist. In meinem Supermarkt  … gibt es neuerdings Spendenkisten für Lebensmittel, jemand hat mit Edding »Aber bitte nur für Deutsche!« drauf gekritzelt, bisher hat niemand den Stift oder den Mut gehabt, es zu übermalen, und da draußen … ist Chaos. Es herrscht nicht. Es tobt nicht. Es ist. In meiner Schule … geht morgens die Tür auf und Kinder kommen herein, verängstigt von zu viel anders und verlassen von allen guten Geistern, denn die dürfen sie nur bis zur Tür bringen, hin-

eingehen müssen sie alleine, 24 Augenpaare begutachten ein neues und dann vergleichen wir die Hausaufgaben. In der Pause … spielen zwei neue Beine mit zwanzig anderen Fußball und ich muss an den immer wieder heraufbeschworenen Spruch von Politik und Sportartikelindustrie denken, der besagt, dass sowohl die Musik als auch der Sport nur eine gemeinsame Sprache kennt, und dann stelle ich mir kurz eine Welt vor, in der alle Menschen nur noch entweder Musik machen oder Fußball spielen, und dann denke ich, dass ich das ganz schön doof fände, denn ich beherrsche weder ein Instrument noch kann ich singen, und dass ich zudem in der Grundschule in den Pausen immer dann ins Tor gestellt wurde, wenn beide Mannschaften so richtig Bock hatten, zweistellig zu spielen! Und dann frage ich mich, ob das immer so sein muss, dass eine Seite zu verlieren hat, und dann denke ich, dass das doch ziemlich ungerecht ist und dass es sowieso viel zu viele Menschen auf der Welt gibt, die gar nichts mehr zu verlieren HABEN, und da draußen … ist immer noch Chaos. Es herrscht nicht. Es tobt nicht. Es ist. Lautlos. Und ich weiß, wovon ich schweige. Ich weiß aber auch, dass unsere Lautlosigkeit lauter sein kann als alle gebrüllten Parolen zusammen.


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Foto: Renata Sedmakova/fotolia

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Und ich lese nochmal Probe (ob’s verständlich ist und rockt). Natürlich ist der Text nicht neu, doch viele haben’s verbockt und die müssen es nochmal hören, finde ich und du doch auch. Wir sind nicht allein, doch das zu wissen wird gebraucht, denn sonst fühlen wir uns wie … Greg: von Idioten umzingelt. Rechtes Gedankengut ist Dreck, »Gedankenschlecht« sollte es heißen und der Newsalarm, der klingelt. Und da steht mein Satz geschrieben. Kurz genug ist er für Twitter, für manch’ Gemüter viel zu groß: »Du, Mensch auf der Straße: Wenn sie dir sagen, dass ein anderer Mensch weniger wert ist als du, dann gibt es nur eins: Sag nein!« Und da draußen … bleibt das Chaos. Es herrscht nicht. Es tobt nicht. Es ist. Und bleibt. Schlimm.

Annika Blanke, geboren 1984 im ostfriesischen Leer, ist Wortakrobatin und Lehrerin für Deutsch und Englisch. Seit 2007 regelmäßig auf verschiedensten Bühnen von Westrhauderfehn bis Wien und von Norderney bis New York City. Mal große Festivalbühnen, mal Schulen, mal die Buchmessen, mal das Opernhaus Hannover. Die kommenden Auftritte in Oldenburg und Leer sind schon ausverkauft. Nächste Chance: 19.3.: Poetry Slam im Polyester Club, Oldenburg. Foto: Matthias Stehr

Und verwechselt unser Schweigen nicht mit »Mir doch egal!« Wir sind nicht ohne Meinung, denn das wär’ uns zu banal! Unser stiller Protest …  … gleicht dem berühmten Manifest: Sie sind immer noch hier, Wolfgang, da draußen … vor der Tür. Du schriebst vor fast schon siebzig Jahr’n so inbrünstig dagegen an und doch sind sie noch HIER! Und Kollege Kästner hat geschaffen mit Stiften statt mit Waffen, schrieb gegen so viel Dummheit an für uns, die immer selben Affen …  … und ich sitz’ an meinem Fenster, ess’ ne Banane, denke nach. Nehme Block und Stift und Mut zusammen für den, ders Schweigen brach, und es schreibt sich aufs Papier, erst nur ein Wort. Dann zwei. Dann drei. Es klingt nicht schön gereimt und etwas holprig ist’s dabei.


BUCHTIPPS Sehen ist Macht Dorian ist 17 und lebt auf der Straße. Er kommt eigentlich ganz gut zurecht. Bis zu der Nacht, als er neben einem anderen Obdachlosen aufwacht, der in einer Blutlache liegt. Dass ein Mann mit einem dunklen Van ihm Hilfe anbietet, kommt ihm selbst seltsam vor. Dieser Nico bringt Dorian in die Villa, in der andere ehemalige Straßenkinder ein geradezu unwahrscheinliches Leben führen: bestens versorgt, in kleinen Gruppen unterrichtet, unter anderem im Pflichtfach Ethik. Einzige Gegenleistung sind Arbeitseinsätze. Dorian überbringt kleine Kästchen. Bis eine Übergabe scheitert. Dorian öffnet das Kästchen. Es enthält eine Datenbrille, mit der »Layers«, Schichten digitaler Texte und Bilder, die über die sichtbare Wirklichkeit gelegt sind, erkennbar werden. Ab jetzt wird Dorian gejagt. Ein Thriller über Datenmacht und Moral. BP Ursula Poznanski | Layers | Loewe | 14,95 Euro | ab 14 Jahren

Papa rief »Lauf!« Albin flieht. Zum zweiten Mal. Die letzten Jahre war er in Sicherheit, mit seiner Familie lebt der 11-Jährige in Norwegen. Als der Familie die Abschiebung droht, macht er sich allein auf den Weg, im Kofferraum eines Autos, Richtung Oslo. Ohne ihn, so glaubt er, würden seine Mutter und seine Schwestern nicht außer Landes gebracht. Unterwegs erinnert er sich dabei an die erste Flucht, als er sechs Jahre alt war, die Geschwister noch Babys. An den Krieg, der ins Dorf kam, an die Ermordung des Vaters. Die beiden Erzählstränge verflechten sich. Als schließlich die Polizei ihn findet, gibt es ein bisschen Hoffnung, vielleicht darf die Familie bleiben. Leise poetische Sätze, die schrecklichen Rückblenden kursiv gesetzt. Bedrückend und beeindruckend, literarisch anspruchsvoll. BP Ingeborg Kringeland Hald | Vielleicht dürfen wir bleiben | Carlsen | 9,99 Euro | ab 11 Jahren

Alles wird gut Jamie-Lee wird bald 10, wohnt im 11. Stock und weiß, wie das läuft mit Tafel und Kleiderkammer, mit selber klarkommen und mit Eimer-an-die-Couch-stellen für die alkoholische Mutter. Vor dem Supermarkt trifft sie Fee, die von zu Hause weggelaufen ist. Da gibt es zwar alles im Überfluss, dafür soll Fee jetzt in ein Abnehm-Internat. Jamie-Lee und ihr Bruder Baron Chuck nehmen sie auf, ihre Mutter ist eh gerade im Krankenhaus. Und dann treffen sie noch den Obdachlosen Herrn Wildeck. Weil noch Platz ist, ziehen Herr Wildeck und Kröger, sein Jagdleopard, mit ein. Dann folgt die vermeintliche Entführung von Fee. Es ist eine dieser wunderbaren Kirsten-Boie-Geschichten, die voller Wärme und mit absurder Komik aus einer Welt erzählen, die nicht heil, aber wahr ist. BP Kirsten Boie | Entführung mit Jagdleopard | Oetinger | 12,90 Euro | ab 10 Jahren


Musik

Die Abenteuer von Ritter Rost

Spenden-Konzert fĂĽr Asphalt

Für Kinder ab vier Jahren führt das Bremer Figurentheater frei nach dem Kinder-Musical von Felix Janosa und Jörg Hilbert das Stück »Ritter Rost und das mutige Burgfräulein Bö« auf. Gemeinsam bestehen der insgeheim fürchterlich ängstliche Ritter Rost, der zum Frühstück am liebsten Maschinenschmier trinkt und sich dazu Büroklammern schmecken lässt, die tapfere Bö mit den feuerroten Haaren und der chaotische Drache Koks, der liebend gerne den ganzen Tag mit Eisschlecken verbringen würde, die wildesten Abenteuer. 28.1. und 29.01., 15.30 Uhr, Haus der Jugend, Langenforther Platz 1, 30851 Langenhagen. Eintritt: 5 Euro. VVK ab 18.1. im Haus der Jugend.

Mittlerweile schon eine gute Tradition: Wie in jedem Jahr sammelt der Kulturpalast Linden auch in diesem Winter wieder für Bedürftige in Not. Neben finanziellen Zuwendungen, die Asphalt zugutekommen, werden auch Sachspenden, wie etwa gut erhaltene Kleidung oder Schlafsäcke, eingesammelt. Für musikalische Unterhaltung sorgen bei dieser Aktion unter anderem die Wunstorfer Pop-Rocker »Auf Reisen«. 8.1., 20 Uhr, Kulturpalast Linden e.V., Deisterstraße 24, 30449 Hannover. Eintritt: frei (um Spenden für Asphalt wird gebeten).

Foto: Marianne Menke

Kinder

Kuersche & Members of Fury Seit 2014 verstärken die ehemaligen »Fury In The Slaughter­ house«-Mitglieder Christian Decker (Bass), Gero Drnek (Gitarre und Gesang) und Rainer Schumann (Schlagzeug) nun schon den Singer-Songwriter Kuersche, der die Band bereits 1995 auf Tour begleitet hat. Im Vorprogramm sorgen die Country-Rocker Port­less für Stimmung. 28.1., 20 Uhr, Capitol, Schwarzer Bär 2, 30449 Hannover. Eintritt: 15 Euro VVK (zzgl. Gebühren)/19 Euro AK.

Verschiedenes Geschenke loswerden Wer Weihnachten beim Geschenkeverteilen Pech gehabt und nun lauter unliebsames Zeug zu Hause hat, muss nicht das komplette Jahr auf das nächste Schrottwichteln warten: Auf dem »Markt der langen Gesichter« können sich Besucherinnen und Besucher jeden Alters schon Mitte Januar wieder von ihren Gaben trennen. Diese kommen ab 15 Uhr auf unterhaltsame Art und Weise unter den (Versteigerungs-)Hammer. Die Präsente werden ab 14 Uhr angenommen. 10.1., 15 Uhr, Kulturtreff Hainholz, Voltmerstraße 36, 30165 Hannover. Eintritt: frei.

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KULTURTIPPS

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Foto: Jochen Quast

Benefiz in Bremen Auf der Wohltätigkeitsveranstaltung für Flüchtlinge »Dafür doch!« treten die Bremer Philharmoniker, Ensemblemitglieder aus dem Schauspiel und dem Musiktheater, der Chor des Theater Bremen und als Gäste die Schwankhalle, Steptext, die Shakespeare Company und Blaumeiers Chor Don Bleu auf. Der Abend findet zugunsten des psychosozialen Zentrums für ausländische Flüchtlinge »REFUGIO« statt. 10.1., 18 Uhr, Theater am Goetheplatz, Goetheplatz 1, 28203 Bremen. Eintritt: 25 Euro auf allen Plätzen. Karten­ reservierung unter der Nummer: 0421 – 3653-333.

Wolf unter Wölfen

Theater Ladies Night mit Musical Die erste Ladies Night im Theater für Niedersachsen lockt mit Tickets zu Sonderkonditionen, einem Glas Sekt zur Begrüßung und einer Verlosungsaktion. Intendant Jörg Gade serviert dazu sein hausgemachtes Gazpacho, eine kalte spanische Suppenspezialität. Aufgeführt wird das Musical »Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs« nach dem gleichnamigen Film von Pedro Almodóvar. Darin begegnet die verlassene Pepa auf der Suche nach ihrem ungetreuen Liebhaber dessen rachsüchtiger Ex-Ehefrau Lucia, seinem Sohn und schließlich seiner neuen Geliebten – ausgerechnet Lucias Scheidungsanwältin. Und dann bittet auch noch Freundin Candela um Hilfe, die sich nach einer Affäre mit einem Terroristen auf der Flucht vor der Polizei befindet. 15.1., 19.30 Uhr, Theater für Niedersachsen, Theaterstraße 6, 31141 Hildesheim. Eintritt: 10 bis 35 Euro, Ladies Night 2 für 1 (nur im Service-Center erhältlich), ermäßigt 9 Euro, Kulturticket 2 Euro. Kartenreservierung unter der Nummer: 05121 – 1693-1693.

In seiner neuen Inszenierung widmet sich Regisseur Sascha Hawemann dem Roman »Wolf unter Wölfen« von Hans Fallada aus dem Jahre 1937. Wolfgang Pagel, ein junger Mann aus gutem Hause, lebt im Berlin der 20er Jahre. Beim Glücksspiel verliert er kurz vor seiner eigenen Hochzeit das letzte Geld. Seine Verlobte Petra wird erst aus ihrer Wohnung geworfen, dann von der Polizei festgenommen. Völlig abgebrannt landet Wolfgang schließlich als Verwalter auf dem Gut seines ehemaligen Militär-Vorgesetzten Rittmeister von Prackwitz. Und findet dort noch weitaus zerrüttetere Verhältnisse vor. 13.1. (Preview), 16.1. (Premiere), 20.1., 23.1., 30.1., 19.30 Uhr, Schauspielhaus, Prinzenstraße 9, 30159 Hannover. Eintritt: 15 Euro bis 43,50 Euro, ermäßigt 8 bis 11,50 Euro. Hartz-IVEmpfänger 4,20 bis 6,20 Euro.

Comedy Titanic-Satiregipfel Die drei früheren »Titanic«-Chefredakteure Martin Sonneborn, Thomas Gsella und Oliver Maria Schmitt blicken mit ihrem neuen Buch »Titanic Boy Group Greatest Hits – 20 Jahre Krawall für Deutschland« auf ihre langjährige Satire-Karriere zurück. Legendäre Streitereien mit der FIFA und dem Papst spielen dabei genau so eine Rolle wie Anekdoten aus dem politischen Alltag des Europaabgeordneten Sonneborn und Einblicke in den aberwitzigen Touralltag der drei Berufskomiker. 27.1., 20 Uhr, Pavillon, Lister Meile 4, Hannover. Eintritt: Erwachsene 17,50 Euro VVK/18 Euro AK, ermäßigt 15 Euro, mit Hannover-Aktiv-Pass (nur bei Ticketerwerb vor Ort) 8,75 VVK/9 Euro AK.


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Ausstellung Folter und Flucht Im Rahmen einer weltweiten Kampagne zeigt Amnesty International die Plakatreihe »Stop Folter«. Die Menschenrechtsorganisation möchte damit die fortbestehenden Folterpraktiken anprangern, über Hintergründe informieren und die rechtliche Lage erläutern. Ergänzend dazu widmet sich die Fotoserie »Fluchtlinien« von Günter Lietzmann den aus dem Sudan geflüchteten und nun auf dem Weißekreuzplatz campierenden Flüchtlingen und stellt einige von ihnen in Kurzporträts vor. 11.1. bis 24.3., Montag bis Donnerstag 8.30 bis 22 Uhr, Freitag 8 bis 14 Uhr, Bildungsverein, Viktoriastraße 1, 30451 Hannover. Eintritt: frei.

Am Lindener Berge 38 30449 Hannover Telefon 45 44 55 www.jazz-club.de

Plakatkunst um 1900

Freitag, 8.1.

In einer Sonderausstellung sind noch bis Monatsende die internationalen Pioniere der Plakatkunst um 1900 – darunter Henri de Toulouse-Lautrec, Jules Chéret, Aubrey Beardsley, Edmund Edel, William H. Bradley, Eugène Grasset, Ludwig Hohlwein, Alfons Mucha, Edward Penfield und ThéophileAlexandre Steinlen – zu sehen. Beworben werden Theateraufführungen und Buchveröffentlichungen ebenso wie Fahrräder, Kaffee und Mode der damaligen Zeit. Die Führungen mit Barbara Martin und Jörg Worat kosten zusätzlich zum Eintritt 1 Euro. 12.1., 18.30 Uhr, 17.1., 24.1. und 31.1. jeweils 11.15 Uhr, Kurt-SchwittersPlatz, 30169 Hannover. Eintritt: 7 Euro, ermäßigt 4 Euro. Freitags freier Eintritt.

Musik aus der Konserve Die Sonderausstellung »78, 45, 33 – vom sanften Ton zum starken Sound. Die Schallplatte begeistert die Welt« widmet sich der Geschichte der Musik-Aufzeichnung, die eng mit dem Standort Hannover verbunden ist. 1887 erfand der in der Stadt geborene und später in die USA emigrierte Emil Berliner das Grammophon und die Schallplatte. Zusammen mit seinen Brüdern gründete er 1898 in Hannover die Deutsche Grammophon Gesellschaft, die bedeutende Leihgaben, Originaldokumente und Tonaufnahmen zur Verfügung gestellt hat. Die Palette der Tonkonservierung reicht dabei von frühen Produktionsverfahren bis hin zu aktuellen Musiktrends. Bis 31.10., Dienstag bis Freitag 9 bis 16 Uhr, Museum für Energiegeschichte(n), Humboldtstraße 32, 30169 Hannover. Eintritt: frei.

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Januar 2016

KNUT RICHTER SWINGTETT Eintritt: 20 Euro, keine Erm. Sonnabend, 9.1. LISA BASSENGE Eintritt: 20 Euro, keine Erm. Montag, 11.1. PABLO HELD TRIO Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Freitag, 15.1. BRANFORD MARSALIS SOLO Eintritt: 25 Euro, ermäßigt 20 Euro Ort: Bethlehemkirche Hannover Freitag, 22.1 STEPHAN ABEL & PHILIPP KACZA SEXTETT Eintritt 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Sonnabend, 23.1. FRIEND’N FELLOW Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro Donnerstag, 28.1. JAZZMEIA HORN Eintritt: 20 Euro, ermäßigt 15 Euro

Konzertbeginn jeweils um 20.30 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

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IHR ENGAGEMENT

Ja, ich unterstĂĽtze das Asphalt-Projekt!

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An jedem letzten Dienstag im Monat trifft sich die Runde der Ehren­­amtlichen in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstal­tungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäufe­ rin­nen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen – und ich freue mich, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten!

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Dieser Betrag soll zur Deckung der laufenden Kosten und zum weiteren Ausbau des Projekts verwendet werden.

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Das nächste Treffen ist am Dienstag, 26. Januar 2016, um 17 Uhr.

StraĂźe/Hausnr.: PLZ/Ort:

Rufen Sie mich 0511 – 30 12 69-26.

E-Mail (falls vorh.): Ort, Datum Einfach per Post oder Fax an: Redaktion Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Fax: 0511 – 30 12 69-15

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Herzlichst, Ihr Reent Stade, AsphaltGeschäftsführer

Asphalt dankt: R. Christoleit, I. Kipka, E. + J. Klomp, K. + M. Borchert, J. + W. Schraeder, D. Sladek, J. Stelzner, S. Herbst, J. + R. Kuehne, R. Grethe, G. Wende, G. Borkenhagen, H. Woeckner, E. + K.-H. Neumann, R. Zeller, I. Nagel, R. Kempka, B. Weinberg, S. Hoppe, B. Mozer, E. Hoppe, U. Hoeppner, R. Meissner, G. + F. Deparade, M. Biebrach, D. Boehme, Bakarat & Doering, G. Nerlich-Jacobsen, R. Hollweg, H. Mazur, W. Braun, M. Gewecke, E. Diessel, P.-J. + H. Schmidt, J. Rudloff, Ramin GmbH, K. Schiller, H.-H. Klages, G. Kaufhold, S. Hoeper, A. + I. Trebels, D. Weissschuh, D. + L. Huehnerbein, U. Borges, H. Hedrich, B. Vajen, S. Gruber, H. Trieschmann, U. Benthien, M. Klaus-Horn, M.  +  G. Schnell, R. Genz, W.-D. Mechler, K. Rauschert, R. Kniggendorf, P. Eschenroeder, I. Scholl, W. Ebel, M. Irle, H. Hermann, H.-L. + F. Bertram, R. Woelfert, P. Hunnemann, H. Thurau, H.-D. + G. Ziese, W. Haarmann, M. Kruse, U. Schaper-Makulik, J. de Wall, M. Baum, S. Strombeck, W. Hohberger, M. Hutsch, J. Bahlau, I. Herzberg, K.-H. Schulze, C. Hickethier, L. Hebenstreit, H.-U. v. Marck, T. Wittneben, A. + L. Teckentrup, B. Schulze-Joerns, R. Wittram, U. Roeder, R. Haase, H. Meiners, S. Zimmermann, N. + I. Rapp, G. Haenichen, H. Volker, D. + M. Lechner, K. Uter, H. Tuerk, K. Zimmer, I. + Dr. G. Klinksiek, S. Brand, W. Bothe, M. Fricke, H. Schatteburg, M. + Prof. Dr. H. Reichmann, I. Koehler, M. Wolf, G. Lemmnitz, M. Mahlich, A. Schneider, G. Graser, H.-H. Zeitschel, I. Grethe, H. Weidemann, C. Jungbluth, H. Bartels, Verkäuferausweise T. Siekermann, A. Moorhoff, K.-D. Kastner, A. Knop, S. Schlegel, Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Ver­käuferInnen S. Muehlhaus, F. Jaenecke, I. Bernhard, D. Miessner, mit gültigem Aus­weis! E. Hillnhagen, D. David, R. Schwerin, P. Hagenbach sowie allen Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Hellblau anonymen Spendern und allen Asphalt-Patinnen und -Paten.


Aus den nachfolgenden Silben sind 20 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben jeweils von oben nach unten gelesen einen Spruch von Paul de Lagarde ergeben: bahn – bei – cal – da – dan – do – dom – dy – ei – ele – ent – er – ever – gal – ger – gie – gie – green – gung – ha – ig – ire – ju – kar – le – len – mel – men – mo – nau – ne – ne – neh – nei – no – nos – ranz – rel – ri – rohr – se – see – sen – stan – sub – tal – ten – ti – tiv – trag – um

1. Kampfsportart 2. aus einer Menge entfernen 3. englisch: Stutzer, Modenarr 4. Laubbaum 5. mit dem Reiher verwandter Vogel 6. Sauerkirschen 7. englisch: längere Zeit beliebtes Musikstück 8. Schrägstellung eines Objektes

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir diesmal vier Exemplare des handlichen Polyglott-Reiseführers »Hamburg zu Fuß entdecken«. Auf 30 Touren erleben Sie die Hansestadt in all ihren Facetten und entdecken viele verborgene Winkel. Mit detaillierten Karten, aktuellen Shopping-, Hotel- und Nightlife-Adressen und Tipps, wo Sie zwischendurch Seele und Füße einfach mal baumeln lassen können. Dreimal haben wir für Sie gesammelte Geschichten für Große und Kleine von Otfried Preußler in dem Buch »Winterzeit – tief verschneit«. Wenn der Wind eisig ums Haus fegt, dicke Flocken vom Himmel fallen, Plätzchenduft und Kerzenschein den Raum erfüllen, dann ist das für Otfried Preußler die schönste Zeit des Jahres: Lese- und Vorlesezeit. Machen Sie es sich gemütlich! Ebenfalls dreimal verlosen wir den dtv-Atlas Akupunktur von CarlHermann-Hempen mit 135 farbigen Abbildungsseiten. Dieses mittlerweile zum Standardwerk gewordene Buch bietet interessierten Laien einen anschaulichen Einblick und dient Medizinern als übersichtliches und exaktes Nachschlagewerk über die Geschichte der Akupunktur sowie Indikationen, Behandlung und Wirkung. Die Lösung des Dezember-Rätsels lautete: Ein Mensch, der an nichts glaubt, hat vor allem Angst. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de Einsendeschluss: 31. Januar 2016. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht!

9. Staat in Nordwestafrika 10. Warmbad in römischen Thermen 11. Kreisstadt im Main-Kinzig-Kreis 12. Mädchenname 13. Orientierungsmittel für die Schifffahrt 14. Raubkatze aus Asien 15. wehmütiges Lied 16. Dummheit 17. Sehnsucht nach Vergangenem 18. Anteil an zumeist fortlaufenden Ausgaben 19. Verkehrsmittel 20. lateinisch: Hauptwort

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