Fitnessstudio - Kundenbindung neu denken

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Schicksal oder selber schuld?

Foto: Tatiana Popova, Aekkaphob, satit_srihin, JIPEN, alle Shutterstock

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Wenn Kunden die rote Karte zeigentg Dabei ist Fluktuation zu reduzieren oft ganz einfach Wie gewonnen – so zerronnen. Kaum sind nach Neujahr die Gute-Vorsätze-Kunden in den Studio-Alltag integriert, schon hagelt es Kündigungen von BestandsKunden. Spätestens im Frühjahr schwillt die Kündigungswelle dann an, um mit der Sommersonne um die Wette dem Zenit zuzustreben. Was ist effektiv dagegen zu unternehmen? Ist Fluktuation etwas Normales und gehört sie einfach zum Geschäft oder kann sie durch Beratung und Betreuung eingedämmt werden? Zur Person Antonio e Silva kennt den internationalen Gesundheitsund Sportmarkt wie seine eigene Westentasche: Seit nunmehr 31 Jahren sammelt er Erfahrungen in einem der wohl härtesten Wirtschaftsbereiche, dem internationalen Freizeit- und FitnessMarkt. Inzwischen hat der Unternehmensberater über 300 Unternehmen betreut.

1 | shape up Business

Beginnen wir zunächst mit der Frage, ob passive Zahler Fluch oder Segen sind. Welchen Vorteil hat es, Mitglieder zu haben, wenn diese Ihre Einrichtung nicht regelmäßig nutzen? Ein Zeitungs-Abo werde ich jedenfalls in dem Moment kündigen, in dem ich das Lesen einstelle. Passive Zahler, so willkommen sie manch einem wegen „Geld für nichts“ sein mögen, sind ein Gefahrenherd. Je weniger regelmäßig Trainierende Sie haben, desto prekärer die Situation. Wie sieht es bei Ihnen im Studio aus? Analysieren Sie doch mal zum Einstieg den Prozentsatz Ihrer aktiven Fitnessmitglieder, d. h. derjenigen, die zweimal die Woche vorbeischauen. c 60 Prozent sind aktiv = Note 1 c 50 Prozent sind aktiv = Note 3 c 30 Prozent sind aktiv = Note 5 c Unter 20 Prozent aktiv = Ihr Studio ist bald pleite!

Mitglieder Fluktuation senken ist relativ simpel Viele Manager und Trainer denken über zu komplexe Lösungen für das Fluktuationsproblem nach, es werden enorme Summen in Geräte und neue Konzepte investiert, wobei aber leider oft die Bedürfnisse der Fitness Konsumenten vergessen werden. Lassen Sie uns doch einmal die Hauptgründe, warum sich Kunden für einen größeren Zeitraum verpflichten, betrachten.

2. Kunde möchte sich wohl fühlen Viele Fitnesskunden kündigen, weil sie sich nicht in Ihr Studio integriert fühlen. Eine meiner besten Ideen war, dass meine Trainer sich verpflichteten, jeden neuen Kunden während des ersten Monats anderen Kunden intensiv während des Trainings vorzustellen (siehe auch meinen Artikel in der letzten shape UP Business). In den ersten 30 Tagen hat so ein Kunde bis zu 70 neue Leute kennen gelernt. Wenn ein Kunde 20 ihm sympathische Mitglieder kennt, fühlt er sich in Ihr Fitnessstudio integriert. Wer in eine nette Trainingsgemeinschaft eingebunden ist, wird keinen Gedanken daran verschwenden, das Fitness-Abo zu kündigen. 3. Kunde interessiert sich primär für Fitness Sport Starten Sie ein Bildungsprogramm für Ihre Mitglieder, einmal pro Monat findet beispielsweise ein Doppelseminar (jeweils 30 Minuten) statt. Seminar 1 ist für alle neuen Mitglieder, die in diesem Monat begonnen haben, dazu präsentieren Sie ein Themenseminar für alle anderen Fitnesskunden. Als Trainer sollten Sie durch Fürsprache dafür sorgen, dass die Veranstaltungen gut besucht sind. Im ersten Seminar lernen neue Mitglieder z. B. die Basics über Fitnesstraining Ausdauer- und Kraftbereiche. Das zweite Seminar ist eine Reihe von X Einheiten, die immer wiederkehren. Beispielhafte Inhalte sind: c Muskeltraining an Geräten mit Übungsvarianten c Fitnessernährung/Sporternährung c Trainingslehre c Gewichtsabbau-Masseaufbau c Vibrations-/Koordinationstraining c Fitness-Training mit Rücken-Problemen c Functional Training Basics c Wozu welcher Kurs

c Sie oder er hat ein Trainingsziel und sucht eine Lösung

(Problem ➝ Lösung) c Sie oder er möchte sich wohl fühlen

(Integration ➝ neue Freunde) c Sie oder er interessiert sich für Fitness Sport

(Focus ➝ Motivation)

Herangehensweise 1. Kunde hat ein Trainingsziel und sucht eine Lösung Natürlich machen Sie einen Eingangs-Fitnesstest für jedes neue Mitglied, um den Kunden einschätzen zu können. Das Ziel, das daraufhin vereinbart wird, sollte aber zum Beispiel nicht lauten, 15 Kilo Körpergewicht zu verlieren. Verabreden Sie stattdessen, alle neun Wochen nach Erstellung eines Trainingsplans zwei kleine Trainingsziele zu erreichen, bis der nächste Trainingsplan nach weiteren neun Wochen da ist. Eine derartige Vorgehensweise lässt die Trainingsmotivation interessanter und realistischer erscheinen. Die Kundin oder der Kunde ist darauf fixiert, im Training zu bleiben. Wichtig ist, dass Trainer die Ziele im Trainingsprogramm derart gestalten, dass Kunden sie bei jedem Trainingsbesuch vor Augen haben. Die Motivation ist wie eine kleine Flamme, wir müssen sie dauerhaft am Leben halten.

Seien Sie präsent! In vielen Fitnesscentern wird neuen Mitgliedern eine hervorragende Betreuung durch qualifizierte Trainer versprochen. Nachdem der Vertrag unterschrieben ist, sieht es oft schon bald ganz anders aus. Einen großen Teil ihrer Zeit verbringen die Trainer eventuell damit, sich neuen Interessenten zu widmen oder frisch gewonnenen Mitgliedern die Übungen zu erklären. Die versprochene Betreuung der nicht mehr so ganz Neuen beschränkt sich dann zum Beispiel auf ein kurzes „Hallo, du kommst doch zurecht, ja?“. Das mag bei Leuten, die von der Mentalität her ihre Ruhe möchten oder sich überaus geschickt anstellen okay sein. Eine regelmäßige Betreuung, wie sie für ein gesundheitsorientiertes Training notwendig wäre, sieht in aller Regel aber anders aus. Von diesem Missstand haben in den letzten Jahren die Discounter stark profitiert. Bei denen gibt es erst gar keine Trainer oder wenn, dann eher alibimäßig. Da den Mitgliedern keine Betreuung versprochen wird, erscheint das auf den ersten Blick zumindest fairer. Dennoch birgt die fehlende Betreuung erhebliche Risiken für die Gesundheit. Falsches und unausgewogenes Training kann genau das Gegenteil von dem bewirken, was erreicht werden

soll: Statt gesund und fit zu werden, kann die Gesundheit auf Dauer Schaden nehmen. Kurzum: Trotz der oben geschilderten Widrigkeiten in „normalen“ Studios muss es irgendwie gelingen, Zeit für Kunden, die Betreuung wirklich benötigen. aufzubringen. Das ist trainerbezogen der einzig wirklich stichhaltige Punkt, um Abwanderungen an die Billigkonkurrenz zu verhindern. Eine einfache Faustregel kann helfen, selbst einzuschätzen, ob die Betreuung durch die Trainer ausreicht oder nicht. Wenn ein Kunde zwei bis drei Mal in der Woche etwa eine Stunde trainiert, sollte der Trainingsplan etwa alle vier bis sechs Wochen angepasst werden. Dazu sind im Regelfall zwischen 30 und 60 Minuten Zeit mit dem Trainer erforderlich. Bleibt dieses Mindestmaß an Betreuung aus, fehlen Ihnen schlichtweg die Argumente, einen Wechsel zu verhindern. Wenn die beschriebene Betreuungszeit in Ihrem Studio aufgrund von Ihnen als Trainer nicht zu vertretener Umstände nicht realisierbar ist, sollten Sie gegebenenfalls selbst über einen Wechsel nachdenken.

Die Betreuungszeit durch Trainerinnen und Trainer darf bei Nicht-Discountern ein gewisses Minimum nicht unterschreiten

Mit Textinput von: Dr. Thomas Leonard, Quelle: formedo GmbH, Bild: Shutterstock ©Microgen

Tipps für besseren Service 1.

Geben Sie Club-News per E-Mail heraus. Inhalt sollten nützliche Tipps (z. B. zur Ernährung, zum Aufwärmtraining, zum Thema Verletzung) sein – dazu interessante Artikel, Interviews mit Kunden etc. Die können Sie bei shape UP online abonnieren!

2.

Lassen Sie Kunden regelmäßig (Richtwert; 4 x im Jahr) ihre Meinung sagen. Dadurch bekommen sie das Gefühl, zum Team zu gehören und ernst genommen zu werden. Das Ganze lässt sich beispielsweise als Wettbewerb mit Gewinnspiel gestalten.

3.

Führen Sie einen Gasttag ein. Der Kunde trainiert seinen Gast selbst, nach dem Motto: „Ich bin der Trainer“. Im Anschluss an das Probetraining nimmt der richtige Trainer Stellung zum Training des „Aushilfstrainers“. Freitag ist der ideale Tag für diese Aktion, weil bereits das Wochenende begonnen hat und die Leute einfach gut drauf sind.

4.

Trotz Homepage und Social Media: Richten Sie ein sorgfältig gepflegtes Info-Board ein und machen Sie es zum Aushängeschild (Schaufenster) der Anlage. Es gibt wichtige Hinweise über die Führung und das Klima in der Anlage. Deswegen sollte es sorgsam gepflegt werden, d. h. einmal im Monat Artikel, Terminankündigungen etc. wechseln. Neue Mitglieder werden fotografiert und mit Namen auf der Info-Wand angeheftet. Auch sollte über den Kursplan, Aktivitäten im Hause und Beratungstermine informiert werden. Des Weiteren lassen sich neue Kurse/Geräte bewerben.

5.

Schicken Sie neue Kunden vor allem in die Kurse, die ohnehin nicht so gut belegt sind. Dadurch halten Sie die Gruppen in den anderen Kursen klein und erhöhen die Auslastung in schwach besetzten Lektionen. Außerdem fördert es das Gruppengefühl, da die meisten Mitglieder dieses Kurses sich und den Trainer gleichzeitig kennen gelernt haben.

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