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Gletscherblick inklusive
from Bergauf #1.2025
Vier Hütten, bei denen du deinen Blick aus dem Hüttenfenster noch über Gletscher(reste) schweifen lassen kannst.
von Carolin Scharfenstein
Der Anblick der mächtigen Eisflächen lässt einen schon mal innehalten, auch wenn einen der rasante Rückgang nachdenklich stimmt. Die Gletscher der Alpen sind aber nicht nur erfahrenen Bergsteiger*innen vorbehalten. Auch auf ein paar Hütten kann man dem Eis von der Terrasse „zum Greifen“ nah sein.
Zittel-Haus, 3.105 m, Alpenverein Rauris
Auf 3.105 m klammert sich das Zittel-Haus an den Gipfel des Hohen Sonnblicks und ist damit als höchste bewirtschaftete Hütte des Österreichischen Alpenvereins gelistet. Die andere Hälfte des alpinen Doppelhauses belegt das Sonnblick Observatorium, eine Mess- und Forschungsstation der GeoSphere Austria. Eine Nacht im Zittel-Haus zu verbringen ist schon allein aufgrund des einmaligen Panoramas auf die umliegenden Gipfel der Hohen Tauern bei Tage, aber auch aufgrund der fantastischen Sonnenauf- und -untergänge sowie des Nachthimmels ein Erlebnis. Die Aussichten muss man sich aber verdienen – etwa fünf Stunden und 1.500 Höhenmeter gilt es zu meistern, unterwegs werden dabei aber als Rastmöglichkeiten das Schutzhaus Neubau sowie die Rojacher-Hütte passiert. Nicht nur der Hüttenzustieg ist anspruchsvoll und lang, auch die Übergänge im Rahmen des Tauernhöhenwegs umfassen Gletscherübergänge und technisch schwere Passagen.
Die Bewirtschaftung solch einer hochalpinen Hütte erfordert einiges an Knowhow und nach der langjährigen Bewirtschaftung durch das bisherige Pächterpaar ist der Alpenverein Rauris erst wieder auf der Suche nach einem Nachfolger (gewesen). Auch die klimatisch herausfordernden Begebenheiten auf über 3.000 Metern Höhe rütteln an der Hütte, sodass umfassende Sanierungen in den nächsten Jahren notwendig sind.

Adamek-Hütte, 2.196 m Alpenverein Austria
Heroben auf der Adamek-Hütte gibt es kaum eine Bergsportart, die man nicht ausführen kann. Die Hütte ist lohnendes Ziel für eine Besteigung des Dachsteins, für genussreiche Klettertouren im Kalkgestein, für Hochtouren, aber auch für Hüttenwanderungen wie die Dachsteinrunde. Vor allem ist die Hütte aber wichtiger Stützpunkt für Ausbildungskurse im Bereich Hochtouren in Eis und Fels dank der Nähe zum Gosaugletscher. Der Pächter Martin Scherr ist selbst Berg- und Skiführer und steht den Hüttengästen mit seiner Expertise bei der Tourenplanung zur Verfügung. Die Hütte des Alpenverein Austria wird als Inselbetrieb geführt: Die Stromversorgung erfolgt mit einer Photovoltaikanlage, das Abwasser wird biologisch geklärt und die Versorgung mit Lebensmitteln wird durch wenige Hubschrauberflüge gewährleistet. Unter anderem deshalb wurde die Hütte mit dem Umweltgütesiegel ausgezeichnet. Die Gäste müssen vielleicht aufgrund von Trockentoiletten und lediglich einer kalten Dusche auf etwas Komfort verzichten, werden aber mit leckeren regionalen Speisen und Getränken sowie einer einzigartigen Bergkulisse deutlich entschädigt.

Zittauer Hütte, 2.328 m Alpenverein Warnsdorf-Krimml
Man könnte meinen, der Blick von der Zittauer Hütte sei eine bemalte Leinwand – von der Hüttenterrasse schweift der Blick über den Unteren Gerlossee auf die vergletscherten Flanken der Wildgerlosspitze, Reichenspitze und den Gabler: lohnende, aber anspruchsvolle Touren für Bergsteiger*innen mit der notwendigen Erfahrung. Gen Norden zieht sich der Weg durch das Wildgerlostal bis zum Speicher Durlaßboden, der auch mit etwa drei Stunden den kürzesten Zustieg darstellt. Mit dem Rad kann der Zustieg bis zur Materialseilbahn abgekürzt werden. Auf der Zittauer Hütte angekommen, werden die Gäste mit regionalen Spezialitäten von der Familie Kogler verwöhnt. Aber nicht nur versierte Alpinisten kommen in den Genuss von Ausblicken auf die vergletscherten Gipfel. Auch auf der anspruchsvollen Dreiländertour mit sechs Hüttenstützpunkten können Wandernde mit entsprechender Erfahrung die hochalpine Bergwelt des Zillertals und der Hohen Tauern erleben und Landesgrenzen überschreiten.

Kürsinger-Hütte, 2.558 m Alpenverein Salzburg
Die meisten Gäste der Kürsinger-Hütte haben sicherlich das gleiche Ziel – den Großvenediger mit 3.657 m, seines Zeichens höchster Gipfel Salzburgs. Der Erstbesteiger Ignaz von Kürsinger hat der Hütte den Namen gegeben und seitdem locken Gipfel wie Hütte viele Bergsteiger*innen an. Im Sommer kann man den Großvenediger als Hochtour erreichen, im Frühjahr ziehen Skitourengänger Richtung Gipfel. Aber auch für andere Bergabenteuer ist die Kürsinger-Hütte mit mehr als 150 Schlafplätzen von März bis Mitte September das ideale Basislager oder Etappenziel von hochalpinen Hüttenübergängen. Der Zustieg durch das Obersulzbachtal ist zugegeben etwas lang, führt aber entlang von Almen und dem Gamseck-Wasserfall taleinwärts und belohnt bereits mit imposanten Ausblicken auf die Gletscherlandschaft. Der Zustieg kann bis zur Materialseilbahn mit dem Tälertaxi oder dem Rad abgekürzt werden. Wer mehr über Gletscher und deren leider rasanten Rückgang erfahren möchte, kann auf dem Weg zur Hütte auf den Gletscherlehrweg abbiegen, der einen in etwa eineinhalb Stunden durch das Vorfeld des Obersulzbachkeeses zum gleichnamigen See führt.

Autorin: Carolin Scharfenstein ist Mitarbeiterin der Abteilung Hütten und Wege im Österreichischen Alpenverein.