Alpenpost 17 2012

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Lipizzanern bespannten Hofwagen, ihm folgten im zweiten Hofwagen Fregatten-Capitän Ludwig Ritter von Höhnel und General-Adjutant Graf Paar, im dritten Hofwagen Statthalter Graf Attems und Graf zu Clary und Aldringen, nachdem Bezirkshauptmann Esebeck, Cabinettsdirektor Franz Schiessl von Perstorff, zweiter Obersthofmeister Fürst Alfred Montenuovo, k.k. Direktor für Hof- und Eisenbahnreisen Claudius Alexander von Klaudy, erster Leibkammerdiener Eugen Ketterl und Leibarzt Hofrat Dr. Josef Kerzl in drei anderen Hofwagen vorangefahren waren. Hinter dem prächtigen Banderium: dem Vorreiter Franz Ritter auf einem Lipizzaner, der das Banner der Steiermark führte und sechs steirisch gewandeten Reitern auf edlen, bunt geschmückten Rappen mit hell blinkenden altsteirischen Zaumzeugen, fuhr der Kaiser bis zur Ehrenpforte der Gemeinde Strassen mit der Aufschrift: Hoch! Seine Majestät Kaiser Franz Joseph I. In unwandelbarer Treue, Gemeinde Straßen. Hier warteten der Gemeindevorsteher von Strassen, Gregor Resch, mit den übrigen Gemeindevertretern sowie k.k. Obersudhüttenverwalter Robert von Possanner und weitere Beamte der k.k. Saline Aussee. Nach einer kurzen Begrüßungsansprache und einer freundlichen Antwort reichte der Kaiser dem Freiherrn von Chlumecký die Hand. Die Fahrt ging weiter bis zur Schießstätte im Neuperprater, wo alle Schützen des Kaiserschießens unter der Leitung des Landes-Oberschützenmeisters Dr. Johann Graf Meran und dem Schützenmeister Johann Haim angetreten waren. Glocken und Kaiserhymne Die Kirchenglocken begannen zu läuten, als die sieben prächtigen Pferde des Banderiums in funkelndem altsteirischem Zaumzeug zum Curhausplatz herabritten. Stolz führte der Vorreiter das Banner der Steiermark, und als der offene Hofwagen des Kaisers, von zwei prachtvollen, schneeweißen Lipizzanern gezogen, den fahnengeschmückten Triumphbogen mit der kaiserlichen Devise „Viribus Unitis“ durchfuhr, intonierte die Bürgermusik die Kaiserhymne. Vor dem Kaiserzelt hielt Bürgermeister Theodor Hölzlsauer die Begrüßungsansprache. Nach der von allen gesungenen Kaiserhymne dankte der Kaiser lächelnd nach allen Seiten mit erhobener rechter Hand und einem huldvollen Nicken des Kopfes und richtete daraufhin an den Bürgermeister seine Dankesworte: „Ich bin sehr erfreut, heute hier in Aussee weilen und die reiche Beflaggung und Ausschmückung des Marktes sehen zu können. Ich bedauere nur, daß am letzten Freitag so schlechtes Wetter herrschte, wodurch mein Kommen nicht möglich war. Vor zwei Jahren haben Sie durch das Hochwasser sehr gelitten. Ich habe lebhaften Anteil genommen an dem Markte Aussee. Seien Sie versichert, daß Ich wie bisher auch fernerhin dem Markte Aussee gewogen sein werde. Die Bewohner von Aussee haben Mir viel Freude bereitet. Ich danke Ihnen nochmals für den freundlichen und herzlichen Empfang im schönen Aussee“.

Ausseerlandrundfahrt Nach zahlreichen Vorstellungen sprach der Kaiser mit den hier weilenden k.u.k. Offizieren, mit dem Leiter der Curkommission, mit dem kaiserlichen Rat Dr. Schreiber, und gelangte zum Veteranen-Korps, wo er zu seinem höchsten Erstaunen erfuhr, daß der Vorstand, Herr Clement Köberl, schon in der Schlacht von Solferino 1859 mitgefochten hatte, so wie auch Vinzenz Fuchs; Franz Moser habe sogar noch unter Radetzky in Italien mitgekämpft. Als in Altaussee die Kirchenglocken verkündeten, der Kaiser sei in den Ort eingefahren, stand eine große Menschenmenge beiderseits der Straße schon seit längerem bereit, ihm zuzujubeln. Längs der Straße waren Säulen aufgestellt, die mit Fähnchen und Tannenreisig verziert waren. Dazwischen erhoben sich hohe Flaggenmaste mit wehenden Fahnen. Wie in Aussee waren auch hier alle Häuser mit Moos, Feldblumen und Tannenreisig überreich geschmückt und festlich beflaggt. Bei der Ehrenpforte des

geschmückter und mit Jagdtrophäen verzierter Triumphbogen. Die Gemeindevorstehung, die Feuerwehr, die Jäger und das Forstpersonal hatten Aufstellung genommen. Bürgermeister Franz Gaiswinkler sprach die Begrüßungsworte. Dann bestieg der Kaiser eine festlich geschmückte Plätte, die, vom Dampfer gezogen, ihn und sein Gefolge bis zum Landungsplatz Schraml zog. Hier wartete eine Ehrenpforte mit einer wunderschön gestellten, lebenden Kindergruppe. Mittlerweile war am Bahnhof Aussee ein zweiter Hofzug aus Ischl angekommen, der die Mitglieder des ah. Kaiserhauses für die kaiserliche Tischgesellschaft nach Aussee brachte. Prinz Leopold von Bayern und seine Gemahlin Erzherzogin Gisela, Tochter Kaiser Franz Josephs, dann eine weitere Tochter Franz Josephs, Erzherzogin Marie Valerie mit ihrem Gemahl Erzherzog Franz Salvator und schließlich ein Bruder des Kaisers, Erzherzog Ludwig Victor aus Salzburg. An der Festtafel, die 18 Gedecke trug, wurde das déjeuner dîna-

Das Banderium beim Probereiten, Vorreiter Franz Ritter, rechts, noch zu Fuß.

Prinzen Hohenlohe wurde der Kaiser mit besonders lauten und freudigen Hochrufen empfangen. Hier überreichte die kleine Prinzessin Marianne dem Kaiser einen Alpenblumenstrauß. Freudiger Empfang am Kirchenplatz unter dem nächsten Triumphbogen. Veteranenverein mit Fahne, Feuerwehr, Gemeindevertretung, viel jubelndes Volk, Schuljugend, Musikkapelle, Kaiserhymne. Begrüßung durch Bürgermeister Franz Scheichl. Brausende Hochrufe und Dank des Kaisers. Er sagte, es sei schon lange her, seit er das letztemal in Altaussee gewesen wäre, aber die verstorbene Kaiserin, die besonders gern vom Loser auf das schöne Thal herabgeblickt habe, hätte ihm oft vom Ort erzählt. Sodann betrat er die Kirche, die er 1859 bis 1860 hatte renovieren und neu ausstatten lassen. Draußen überreichte ihm dann die kleine Marie Wimmer mit den Worten: Euer Majestät! Wir Schulkinder bringen in größter Ehrfurcht und Liebe unseren Gruß dar einen Strauß Alpenblumen, und der Kaiser bedankte sich und hängte dem Kind höchstpersönlich ein goldenes Kettchen mit den Kaiser-Initialen und der Krone um den Hals. Auf der Fahrt nach Grundlsee läuteten in Aussee wieder die Kirchenglocken, als der Kaiser, trotz leichtem Regen im offenen Wagen sitzend und nach allen Seiten die jubelnden Menschen grüßend, den Markt durchfuhr. In Grundlsee erwartete den Kaiser an der Seeklause ein prächtiger, mit einem mächtigen kaiserlichen Adler

toire eingenommen. Als Dank des Kaisers für die aufmerksame Bedienung erhielt der Oberkellner eine goldene Taschenuhr. Der Besitzer des Hotels, Herr Alois Hackinger, erhielt als kaiserliche Anerkennung für die prächtig geschmückte Tafel eine brillantverzierte Krawattennadel sowie die allerhöchste Erlaubnis, sein Haus zum Andenken an diesen großen Tag künftighin „Hotel zum Kaiser von Österreich“ nennen zu dürfen. Die Heimat grüßt Nach dem Mittagessen hörte der Regen auf. Am Festplatz wurde der Kaiser stürmisch und jubelnd begrüßt. Die Gräfin Franziska zu Clary und Aldringen überreichte die in weißes Leder gebundene Festschrift, welche von Frau Lilly Baitz mit einer Ausseer Ansicht und einem Alpenblumenbild bemalt worden war, sowie die silberne Festmedaille in einem roten Samtetui. Danach lief die kleine Grete von Höfken auf den Kaiser zu, machte einen anmutigen Knicks, überreichte einen Strauß Edelweiß und sagte: Grüß Gott, Herr Kaiser! Nimm hier den Strauß aus meiner Hand, als Gruß vom schönen Ausseerland. Und halt es lieb für alle Zeit, wie wir es treu in Ewigkeit!

Der Kaiser war überrascht und sehr gerührt und nahm den Strauß mit besonderer Huld an. Das kleine Gedichtchen war im Protokoll nicht vorgesehen, so daß der Kaiser diesmal kein goldenes Kettchen mehr vergeben konnte. Wie überrascht waren aber die Eltern und das Kind, als vier

Tage später der k.k. Hof-Zahlmeister Eduard Mader bei ihnen erschien und als Dank des Kaisers dem Kind zu seiner grenzenlosen Freude ein kunstvoll gearbeitetes goldenes Armband mit den gekrönten kaiserlichen Initialen überreichte. Der Kaiser war in heiterster Stimmung. Er ging mit den Erzherzoginnen und Erzherzögen und ihren Suiten von Pavillon zu Pavillon. Bei jedem einzelnen Stand verweilte er, zog die Patronessen in ein Gespräch und machte fast überall kleine Einkäufe, denen sich sein ganzes Gefolge anschloß. Jeder Einkauf von jedem Mitglied des Kaiserhauses wurde mit einem Goldducaten bezahlt, wobei auf die Herausgabe des Wechselgeldes überall verzichtet wurde. Der Kaiser war in so guter Stimmung, die beiden Erzherzoginnen und die Erzherzoge sahen so heiter drein, daß General-Adjutant Graf Paar den Kaiser an die Stunde der Abfahrt erinnern mußte: „Es ist höchste Zeit, Majestät.“ Die Hofwagen fuhren vor. Einen huldvollen Blick warf der Monarch noch auf das ganze Leben und Treiben, und unter stürmischen Hochrufen aller Anwesenden setzten sich die schneeweißen Lipizzaner hinter dem stolz mit dem Banner der Steiermark voranreitenden altsteirischen Banderium wieder in Bewegung. Am Bahnhof waren alle Beamten und Honoratioren versammelt, um den Kaiser feierlich zu verabschieden. Die Musikkapelle spielte die Kaiserhymne, der Kaiser dankte allen huldvoll und betonte besonders, daß „es Mir überaus wohlgetan hat, so viel Patriotismus gefunden und erfahren zu haben, daß die Steirer mit der alten Liebe an Österreich und an Meinem kaiserlichen Hause hängen“. Ein volksnaher Monarch Die vielen Ausländer, die als Curgäste in Aussee weilten oder für einen Tag zum Fest gekommen waren, meinten, sie hätten es nie für möglich gehalten, daß sich ein moderner Monarch so vertrauensselig und ohne jeden polizeilichen Apparat unter sein Volk begeben könne. Diese Meinung stärkte das Ausseer Selbstbewußtsein ungemein. Die Erinnerung an das Fest blieb bestehen, und je mehr Zeit verstrich, um so verklärter wurde das Bild des alten Kaisers, der sichtbar und ehrfurchtgebietend, vor aller Augen, mit seinem schneeweißen Gespann unter Glockengeläute durch die Straßen des Marktes gefahren war. Als der Kaiser ein Jahr später zu einem Besuch wiederkehrte, der nur ganz privaten Charakter haben sollte, säumten wiederum Tausende die Straßen, die Veteranen standen mit ihrer Fahne Habtacht, die Feuerwehr, die Salinenarbeiter und die Forstknechte grüßten und winkten begeistert, am Curhausplatz stand wieder die gesamte Gemeindevertretung, und unter stürmischem Jubel fuhr der Kaiser nach Altaussee. Dort waren wieder die Fahnen aufgezogen worden, und trotz eines heftigen Gewitters mit strömendem Regen harrten die Schulkinder und viele, viele Menschen am Straßenrand aus, um den Monarchen noch einmal, wohl zum letztenmal, zu sehen. 25


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