Wiener Architekten Franz Kachler entworfenen Pläne. – Als Aussee ab 1868 als Curort empor zu kommen begann und zuziehende Familien hier ihre Sommersitze errichten wollten, fanden sie in Jakob Ramsauer einen höchst versierten Architekten und Bauleiter vor, der als genauer Kenner der klimatischen Verhältnisse und als erprobter Praktiker Villen und Häuser errichtete, die den lokalen Anforderungen sowohl in den Sommer- wie in den schneereichen Winterzeiten bestens entsprachen. Viele Villen wären nicht entstanden, wenn die Bauwilligen hier nicht einen Fachmann vorgefunden hätten, der ihnen die gewünschten Träume in fester, gut brauchbarer Gestalt gleichsam aus dem Boden gezaubert hätte. Es seien nur die bekanntesten Namen von Bauherren genannt: Freiherr von Chlumecký, Josef Reichlé, Hofrat Dr. Franz Rt. Riedl von Riedenau, kaiserl. Rat Dr. Josef Schreiber (1869 Sanatorium Schreiber, das spätere Elisabethheim, dann 1873 das Alpenheim), Dr. Heinrich Obersteiner (Leibarzt von Kaiser Maximilian von Mexiko, später seine Witwe Virginie, später Aranka Munk), Eugen Rt. von Leon, Franz Wiesinger, Johann Neuper, Fanny Haas, Johann Brunnthaler, Andreas Trumler. Viele wertvolle Anerkennungen wurden Jakob Ramsauer ausgesprochen, so auch vom Franz Grafen von Meran, der ihm schrieb: „Ich kann nur sagen, daß ich Ihnen gerne das Zeugnis ausstelle, daß mich die Ausführung der Baulichkeiten meiner Villa am Grundlsee in jeder Beziehung vollkommen befriedigt und Sie wohl wesentlich dazu beigetragen haben, meiner Familie und mir einen so angenehmen Sommeraufenthalt zu schaffen.“
kreuz verliehen. Bekannte Villen tragen seinen Geist in sich Neben seinen technischen Zeichnungen bewies sich Jakob Ramsauer auch als begabter und ideenreicher Graphiker. Das berühmte Ringpanorama des Ausseerlandes stammt von ihm und wurde für den ersten Prospekt des Curortes Aussee des Curarztes Dr. Josef Schreiber 1870 geschaffen. So wie Jakob Ramsauer als anspruchsloser Mensch in Erscheinung trat, sind alle seine Bauten schlicht, nobel, vornehm und ordnen sich unaufdringlich in die Landschaft ein. Sie stellen Musterbeispiele für heute als bodenständig anzusehende Ausseer Häuser dar und kommen ganz ohne architektonische Zierate aus. In seinen 51 Ausseer Jahren hatte Jakob Ramsauer eine große Anzahl von Villen und neueren Häusern des Marktes sowie auch mehrere öffentliche Gebäude geplant und deren Errichtung geleitet. Wenn nichts anderes von ungekünstelten Ausseer Gebäuden bekannt ist als deren Entstehungszeit zwischen 1842 und 1893, darf man getrost davon ausgehen, in Jakob Ramsauer ihren Architekten und zumeist auch ihren Bau-
rungsmeister am 26. Mai 1893 in seiner Ausseer Villa, Markt Nr. 74. Neben zahllosen Ausseern betrauerten ihn seine Frau Magdalena, sein Sohn, der Forstadjunkt Carl und zwei Töchter. Seine Tochter Magdalene hatte den Ausseer Kaufmann Richard Dangl sen. geheiratet, dessen Nachkommen dann in der Familie des Baumeisters Hans Leitner noch vielen heutigen Ausseern in guter persönlicher Erinnerung ist. Eine bekannte Ausseer Enkelin Jakob Ramsauers war Johanna Zwierzina, geborene Dangl. – So wie jeder wirklich gute Architekt setzte auch Jakob Ramsauer klare architektonische Standards und fand bis heute im Ausseerland manche geistige Nachfahren, ohne daß diese jedoch vom k.k. Förster Jakob Ramsauer nähere Kenntnis haben. Das damalige Baugewerbe von Aussee Jakob Ramsauer war freilich kein Gewerbetreibender, er besaß keine Baufirma, beschäftigte keine Bauarbeiter und beschaffte keine Baumaterialien, er war nach heutiger Sprachweise ein Architekt, Bauleiter, Baukonsulent oder Zivilingenieur. Für gewerbliche Bauleistungen waren die
Ein Hauch von Schweiz in Aussee 1872–1873 leitete Jakob Ramsauer die Bauausführung der beiden sogenannten Schweizer-Villen im Praunfalk. Die Bezeichnung „SchweizerVillen“ wurde wegen des als nationalen Schweizer-Baustiles empfundenen Charakters dieser Villen geprägt. Bauherren waren Heinrich Hürsch und Wilhelm Schosberg aus Wien, Architekt war der Wiener Baukünstler Viktor Rumpelmayer (1830–1885), der 1880 auch die Erweiterung des Schlosses Keszthely des ungarischen Grafen Festetics am Südende des Plattensees durchführte. Dort hatte übrigens schon 1860 der dann mit 29 Jahren verstorbene Ischler Architekt Christoph Hofstädter das Schloß Keszthely groß ausgebaut und den weitläufigen Park entworfen. Die zwei Ausseer Schweizer-Villen und die beiden im selben Jahr 1884 begonnenen Bauten, die Villa Roth am Grundlsee in Gößl des Wiener Architekten Franz Roth und die Villa Saria-Lang-Pollner des Grazer Privatarchitekten Ferdinand Saria im Markt Aussee sind echte Kinder ihrer Entstehungszeit, der zweiten Gründerzeit der Wiener Ringstraße. – In Anerkennung der besonderen Leistungen Jakob Ramsauers wurde ihm am 6. Dezember 1880, zugleich mit der Fertigstellung des Ausseer Schulhauses, von Kaiser Franz Josef das goldene Verdienst-
Die Villa Roth am NO-Ende des Grundlsees, erbaut an der Stelle eines alten Vorgängerhauses, wo auch der Turm schon vorhanden war, beherrscht ab 1884 die Landschaft.
leiter zu sehen. Eine dieser so bescheidenen wie unauffälligen Villen ist die sich elegant dem fotografischen Zugriff entziehende und trotzdem sehr bekannte Villa von Karl Claus an der Blutschwitz in Obertressen Nr. 48, die nach ihm vom Wiener Fabrikanten Adolf Klostermann sen. übernommen wurde und bis heute als Villa Klosterhof bekannt ist. Wie eine leichtflügelige Schwalbe schwebt die Villa seit etwa 1880 edel über dem Ort. Man darf dem Schicksal dankbar sein, daß es dem bekannten Wiener Architekten und Zivilingenieur vor etwa 30–40 Jahren trotz trickreicher Anstrengungen verwehrt war, diese Villa zu erwerben, sonst könnte man heute erleben, was ein gelernter Architekt (© Thomas Mann) an diese Stelle an moderner, ästhetisch überfrachteter Architektur mit viel Geld hingeklotzt hätte. Für mich wird diese zarte, edle Schwalbe immer mit der intensiven Erinnerung an ihre frühere Eigentümerin und unvergeßbare mütterliche Freundin, die mehrsprachige Journalistin Frau Gerte von Neufville (1904–1988), verbunden sein. – Nach einem stets mit Arbeit überhäuften Leben starb Jakob Ramsauer als pensionierter 77jähriger k.k. Holzliefe-
Baumeister zuständig. Eine mit Jakob Ramsauer eng verbundene Ausseer Baufirma war die Baukanzlei des aus Italien mit 60 Arbeitern 1869 zugezogenen Maurermeisters Massimiliano (Maximilian) Cordignano (1851– 1898). Dessen heutige Bekanntheit dürfte weniger mit seinem Beruf als Inhaber einer rein ausführenden Baukanzlei, sondern mehr mit dem italienischen Schmelz seines Namens und der Existenz seines später in Aussee sehr bekanntgewordenen Sohnes, des Musikers und Malers Hugo Cordignano (1882–1959), begründet sein. Maximilian Cordignano war kein Architekt, sondern nur ein zuverlässiger Maurermeister, der die Entwürfe von Architekten mit seinen ihm ergebenen tüchtigen Landsleuten schnell ausführen konnte. Ein anderer bekannter lokaler Maurermeister war der langjährige Strassner Gemeindevorstand Gregor Resch (1835–1915), der vor allem als Lieferant von Baumaterialien, hauptsächlich von Ziegeln und Zementgußwaren, Erfolg hatte. Die Nachfolgerfirma ist als Baustoffhandlung übrigens heute noch in Bad Aussee tätig, das Unternehmen Gutmann. – Gebrannte Ziegel als Baumaterialien wurden in Aussee
zuerst von der Salinenverwaltung erzeugt, weil sie für die Pfannensteher im Feuerungsraum feuerfeste Materialien benötigte. Als Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen verkaufte die Salinenverwaltung 1854 ihre Ziegelei in Anger am Radling an Eduard Grogger, womit Ziegel uneingeschränkt für die Wohnbevölkerung erzeugt werden konnten. Nach ihrem Konkurs wurde die Ziegelfabrik 1897 von einem Konsortium übernommen, aber bald darauf ganz eingestellt, weil die mit der Eisenbahn eingeführten Ziegel billiger und besser waren. Nur das Baumaterial Holz wurde weiterhin von allen Ausseer Baumeistern aus den Staatsforsten bezogen und in einem der vielen lokalen Sägewerken auf die gewünschten Maße zurechtgeschnitten. Das Ausseerland: Schmelztiegel der Stilrichtungen So wie im oberösterreichischen Salzkammergut, brachten auch viele in das Ausseerland zuziehende Bauherren ihre eigenen, meist großstädtischen Architekten mit, womit der Einzug von eigentlich orts- und landschaftsfremden Bauwerken in die so traditionsgeprägte Kulturlandschaft des Ausseerlandes begann. Die hier auf dieser Basis ausgeführten Landhäuser sehen insoferne einheitlich aus, als sie mit architektonischen Tricks und Zieraten, mit verspielten Grundrissen und mancherlei, nicht immer geschmackvollen Stilgemischen recht auffällig in der Landschaft stehen. Sie sind ein echter Ausdruck ihrer Entstehungszeit, in der die Verfügung über Baustile beliebig möglich war und berechtigt zu sein schien. An diesen Sommerfrischen-Villen konnten sich die an städtische Verhältnisse gewöhnte Architekten in freistehenden Einzelobjekten ohne hemmende städtische oder lokale Bauordnungen geradezu austoben und konnten die (scheinbaren) finanziellen Potenzen ihrer Bauherren deutlich aufzeigen. Heute, nach mehr als hundert Jahren, hat man sich an die Existenz dieser Villen längst gewöhnt, sie sind nach drei bis vier hier ausgelebten Generationen gut in die gewachsene Kulturlandschaft integriert. Aber solche Villen stehen, beliebig auswechselbar, auch am Traunsee oder am Attersee und sind dort gelegentlich sogar noch viel größer als im Ausseerland. Unerreichbare Vorbilder waren berühmte Villen wie etwa die Villa des Erzherzogs Eugen in Baden bei Wien, die Hermesvilla im Lainzer Tiergarten, die Kaiser Franz Joseph seiner Frau, Kaiserin Elisabeth, schenkte, oder das Jagdhaus Blühnbach im Almtal des Erzherzogs Franz Ferdinand. Die Ausstellung im Bad Ausseer Kammerhof-Museum über historische Ausseer Villen zeigt das Schicksal einiger hiesiger Villen auf und öffnet dem Besucher die Augen für architektonische Zusammenhänge in einer als einheitlich empfundenen, heimatlichen Kulturlandschaft. Man kann ja immer nur das sehen, worüber man etwas weiß. Das Unbekannte ist immer unsichtbar. 23