De Psycho-lo No.55

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633De Psycho­lo No. 55 2020/1 6 6 Ein echtes Problem waren für mich damals die Staffelprüfungen. Das bedeutete, man ging zu einer Prüfung oder eben nicht. Das hat keinen weiter interessiert, man musste nur irgendwann alle Prüfungen bestanden haben. Bei all dem trockenen Stoff, den man sich irgendwie draufschaffen musste, und wenn man sich ohnehin selber oft in den Hintern treten musste, um zu einer Prüfung zu gehen, und da ohnehin keiner prüfte, wann man welche Prüfung machte, war das eine große Herausforderung für die eigene Motivation. Im Bachelor haben wir dagegen Blockprüfungen. Da ist es ohne Zweifel hart, wenn in drei Wochen sechs bis acht Klausuren zu schreiben sind. Die Regeln sind aber klar, so dass der innere Schweinehund deutlich weniger Chancen hat, einen von den Prüfungen abzuhalten. Was konnten Sie aus Ihrem Studium für sich persönlich mitnehmen, was man nicht unbedingt aus einem Lehrbuch lernen kann? Vieles. Die Zusammenarbeit mit anderen Studierenden, das Zugehen auf Professorinnen und Professoren, den Mut zu haben ihnen Fragen zu stellen, sich Hilfe bei Mitstudierenden oder Dozentinnen zu holen, die Erkenntnis, dass man plötzlich etwas weiß, weil man es gelesen hat, all das hat mir sehr viel gebracht. Hier war übrigens mein Praktikum ein großartiges Erlebnis, das in Luxemburg im Bachelor Psychologie ja auch Pflicht ist. Wie es wirklich ist, als Psychologe zu arbeiten, war ein Augenöffner für mich. Und während der sechs Praktikumswochen fielen mir oft psychologische Theorien und Erklärungen ein, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie jemals gelernt hatte. Ihr Berufsalltag und der Bachelor of Science in Psychology… Herr Melzer, nun sind Sie Studiendirektor des Bachelor of Science des Studienfachs Psychologie an der Universität Luxemburg; was sind in Ihren Augen die zentralen Aspekte auf die es bei einer Bewerbung ankommt?

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Die wichtigste Information, auf die wir beim Lesen einer Bewerbung achten, ist die individuelle Motivation. Warum will diese Bewerberin bzw. dieser Bewerber Psychologie studieren? Natürlich wollen alle helfen, und alle wollen verstehen, warum Menschen sich so verhalten, wie sie es tun. Das ist aber nur eine Grundvoraussetzung. Wichtiger ist für uns anhand des Motivationsschreiben zu erkennen, was das für die Bewerberin oder den Bewerber bedeutet. Wie zeigt sich ihre Motivation? Inwiefern hat die Person sich im Vorfeld der Bewerbung über das Fach Psychologie und das Studium, speziell das in Luxemburg, informiert? Was wird sie hier erwarten, wenn sie akzeptiert würde? Würde sie aufgeben, wenn wir sie nicht nehmen, oder hat sie einen Plan B oder C, um Psychologie zu studieren? Auf der Webpage des Studiengangs (https:// wwwde.uni.lu/studiengaenge/fhse/ bachelor_of_science_in_psychology) kann man ja die klar definierten Erwartungen Ihrerseits an die Bewerbungsmappe der Interessenten erfahren. Gibt es Ihrer Meinung nach Vorkenntnisse oder praktische Vorerfahrungen die einen besser auf das Psychologiestudium vorbereiten? Ganz wichtig: Sie müssen keine Vorerfahrungen haben, um sich erfolgreich zu bewerben. Aber natürlich ist es prima, wenn jemand Vorkenntnisse noch praktische Vorerfahrungen hat, etwa weil Psychologie bereits ein Thema oder gar ein Fach in der Schule war, oder jemand schon mit Psychologinnen oder Psychologen Kontakt hatte. Sich aber nur darauf zu berufen, dass diese Vorkenntnisse und Erfahrungen vorhanden sind, reicht allein nicht aus, damit wir einen Studienplatz anbieten. Wie schon gesagt, kommt es darauf an, dass die Bewerberin oder der Bewerber uns ihre Motivation verdeutlicht. Wenn Vorerfahrungen bestehen, wollen wir wissen, warum diese zu


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