De Psycho-lo No.55

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De Psycho­lo DI EENZEG ZEITUNG DEI EN ECK EWECH HUET! No. 55



INHALTSVERZEECHNES Virwuert Berichter iwwert eis Aktivitéiten

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Soirée d'infomration 2020:

a) Interview mam Prof. Dr. André Melzer 5 b) Interview mam Catherine Richard c) Interview mam Delphine Verton

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d) Interview mam David Benhsain

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e) Interview mam Jyll Duschinger

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Themeberäich ­ Psychologie am Fokus

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1. Neurofeedback Placebo oder Therapie?

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2. Persönliches Interview mit Herrn Mag. bakk. sci. pth. Pazooki (April)

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3. Berricht iwert een Psycho­Stage an Japan

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Kreuzworträtsel

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Virwuert

Léif Lieserinnen a Lieser,

Et ass erëm esou weit fir eis 55. Editioun vum Psycho­lo, mat villen neien Themen, Berichter an interessant Artikelen! Opgrond vun der Covid­19 Pandemie missten leider puer vun eisen Eventer annuléiert gi, wéi d'Soirée d'information oder den Studentebal. Fir trotzdeem nach eppes vun der Soirée d'Information matzehuelen fannt dir d'Interviewen mat den Psychologen déi beim Evenement do gewiescht wieren. Dono hu mir iech ee Artikel virbereet, deen sech op Thema Neurofeedback baséiert. Dobäi geet sech d'Fro gestalt op Neurofeedback éischter Placebo oder Therapie ass. Uschléissend kennt dir een intressanten Interview mam Här Mag. bakk. sci. pth. Pazooki iwwert Steierungsbild PTBS an Folgen vun der Covid­19 Pandemie noliesen. Dono kennt dir nach een flotten Beriicht iwwert d'Experienz vun engem Psycho Student iwwert säin Stage an Japan liesen. Ofschléissend fannt dir nach ee klengt Kräizwuerträtsel, den dir onbedéngt probéieren sollt, well mir verlousen un den Gewënner een Springerbuch! Mir hoffen, dass dir iech bëssen inspiréiere kennt a vill Spaass beim Liesen hutt! Mir wënschen all eise Memberen schéin Summervakanz.

Lena Ewen Chef­Redactrice


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BERICHTER IWWERT EIS LESCHT EVENEMENTER

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Soirée d'information 2020 Interview

Interview mit Prof. Dr. André Melzer Studiendirektor des Bachelor of Science in Psychology und Assistant Professor an der Universität Luxemburg Herr Melzer, aufgrund der derzeitigen Umstände konnte die traditionelle Soirée d’Information sur la Psychologie der ALEP dieses Jahr leider nicht wie geplant stattfinden. Gerne hätten wir vor Ort von Ihrem Studien­ und Berufsweg, so wie dem Bachelor in Psychologie an der Uni Luxemburg gehört. Um unseren Zuhörern trotzdem einen kleinen Einblick geben zu können, möchten wir Ihnen auf schriftlichem Wege ein paar Fragen dazu stellen. Wir danken Ihnen vielmals, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen!

Über Ihre Studienzeit... Weshalb haben Sie sich dazu entschieden Psychologie zu studieren? Ich habe in Deutschland nach dem Abitur meinen 20­monatigen Zivildienst auf einer Schwerstpflegestation in einem Altenheim abgeleistet. Danach war mein bis dahin gehegter Wunsch Journalist zu werden, nicht mehr aktuell. Vielmehr hat mich dann brennend interessiert, wie und warum sich unser Verhalten im Alter ändert, und vor allem, welche Prozesse im Gehirn ablaufen, dass Menschen sich etwa plötzlich nicht mehr erinnern können und das Gedächtnis versagt. Daraufhin habe ich mich eigentlich zum ersten Mal gefragt, wie das mit dem Denken und Erinnern denn eigentlich überhaupt so funktioniert. Hatten Sie schon am Anfang Ihres Studiums eine Idee in welche Richtung der Psychologie Sie später gehen würden? Nein, überhaupt nicht. Ich habe ja damals in Deutschland noch nach dem alten System mit Vor­ und Hauptdiplom studiert, und das Vordiplom hat mir ständig neue Eindrücke

und viel Theorie vermittelt, so dass ich erst einmal orientierungslos war, welcher Bereich der Psychologie für mich der richtige sein könnte. Im Bachelor haben wir in Luxemburg dagegen auch eine Reihe anwendungsbezogener Inhalte. Das hätte ich mir damals auch gewünscht. So kam ich erst gegen Ende meines Studiums erst wieder auf das Thema Gedächtnisforschung, was mich ja schon im Vorfeld sehr interessiert hatte. Entsprach das Psychologiestudium Ihren Vorstellungen? Nur zum Teil. Wie gesagt, es war in der ersten Hälfte schon sehr theorielastig. Erst im Hauptstudium hatten wir dann tolle praktische Anteile, wie z.B. Gesprächsmethoden oder das Praktikum. Beides gibt’s bei uns jetzt schon im Bachelorstudium. Das finde ich sehr wichtig um zu verstehen, was die Arbeit als Psychologin oder Psychologe eigentlich ausmacht. Inwiefern war das Psychologiestudium für Sie eine Herausforderung?


633De Psycho­lo No. 55 2020/1 6 6 Ein echtes Problem waren für mich damals die Staffelprüfungen. Das bedeutete, man ging zu einer Prüfung oder eben nicht. Das hat keinen weiter interessiert, man musste nur irgendwann alle Prüfungen bestanden haben. Bei all dem trockenen Stoff, den man sich irgendwie draufschaffen musste, und wenn man sich ohnehin selber oft in den Hintern treten musste, um zu einer Prüfung zu gehen, und da ohnehin keiner prüfte, wann man welche Prüfung machte, war das eine große Herausforderung für die eigene Motivation. Im Bachelor haben wir dagegen Blockprüfungen. Da ist es ohne Zweifel hart, wenn in drei Wochen sechs bis acht Klausuren zu schreiben sind. Die Regeln sind aber klar, so dass der innere Schweinehund deutlich weniger Chancen hat, einen von den Prüfungen abzuhalten. Was konnten Sie aus Ihrem Studium für sich persönlich mitnehmen, was man nicht unbedingt aus einem Lehrbuch lernen kann? Vieles. Die Zusammenarbeit mit anderen Studierenden, das Zugehen auf Professorinnen und Professoren, den Mut zu haben ihnen Fragen zu stellen, sich Hilfe bei Mitstudierenden oder Dozentinnen zu holen, die Erkenntnis, dass man plötzlich etwas weiß, weil man es gelesen hat, all das hat mir sehr viel gebracht. Hier war übrigens mein Praktikum ein großartiges Erlebnis, das in Luxemburg im Bachelor Psychologie ja auch Pflicht ist. Wie es wirklich ist, als Psychologe zu arbeiten, war ein Augenöffner für mich. Und während der sechs Praktikumswochen fielen mir oft psychologische Theorien und Erklärungen ein, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie jemals gelernt hatte. Ihr Berufsalltag und der Bachelor of Science in Psychology… Herr Melzer, nun sind Sie Studiendirektor des Bachelor of Science des Studienfachs Psychologie an der Universität Luxemburg; was sind in Ihren Augen die zentralen Aspekte auf die es bei einer Bewerbung ankommt?

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Die wichtigste Information, auf die wir beim Lesen einer Bewerbung achten, ist die individuelle Motivation. Warum will diese Bewerberin bzw. dieser Bewerber Psychologie studieren? Natürlich wollen alle helfen, und alle wollen verstehen, warum Menschen sich so verhalten, wie sie es tun. Das ist aber nur eine Grundvoraussetzung. Wichtiger ist für uns anhand des Motivationsschreiben zu erkennen, was das für die Bewerberin oder den Bewerber bedeutet. Wie zeigt sich ihre Motivation? Inwiefern hat die Person sich im Vorfeld der Bewerbung über das Fach Psychologie und das Studium, speziell das in Luxemburg, informiert? Was wird sie hier erwarten, wenn sie akzeptiert würde? Würde sie aufgeben, wenn wir sie nicht nehmen, oder hat sie einen Plan B oder C, um Psychologie zu studieren? Auf der Webpage des Studiengangs (https:// wwwde.uni.lu/studiengaenge/fhse/ bachelor_of_science_in_psychology) kann man ja die klar definierten Erwartungen Ihrerseits an die Bewerbungsmappe der Interessenten erfahren. Gibt es Ihrer Meinung nach Vorkenntnisse oder praktische Vorerfahrungen die einen besser auf das Psychologiestudium vorbereiten? Ganz wichtig: Sie müssen keine Vorerfahrungen haben, um sich erfolgreich zu bewerben. Aber natürlich ist es prima, wenn jemand Vorkenntnisse noch praktische Vorerfahrungen hat, etwa weil Psychologie bereits ein Thema oder gar ein Fach in der Schule war, oder jemand schon mit Psychologinnen oder Psychologen Kontakt hatte. Sich aber nur darauf zu berufen, dass diese Vorkenntnisse und Erfahrungen vorhanden sind, reicht allein nicht aus, damit wir einen Studienplatz anbieten. Wie schon gesagt, kommt es darauf an, dass die Bewerberin oder der Bewerber uns ihre Motivation verdeutlicht. Wenn Vorerfahrungen bestehen, wollen wir wissen, warum diese zu


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zu dem Studienwunsch geführt haben. Neben Ihrer Tätigkeit als Studiendirektor forschen und lehren Sie auch an der Universität. Welches sind Ihrer Ansicht nach die schönsten Eigenschaften dieser beiden Berufungen? In meiner beruflichen Tätigkeit kann ich zwei wirklich tolle Dinge tun: Ich kann in der Forschung Wissen aufbauen und in der Lehre Wissen weitergeben. In beiden Fällen habe ich mit Menschen zu tun. Was könnte schöner sein? Gibt es auch Aspekte dieser Arbeit, die Sie vergleichsweise weniger mögen? Was ich überhaupt nicht mag, ist das Überbringen schlechter Nachrichten. Das muss ich als Dozent tun, wenn es um eine ungenügende Note geht, was aber zum Glück nicht so häufig vorkommt, da wir tolle und engagierte Studierende haben. Als Studiendirektor muss ich mit Studierenden ab und an Probleme lösen, die sich im Studium ergeben. Manchmal muss ich dabei streng sein und sagen, was die Studierenden tun müssen. In den allermeisten Fällen finden wir dann jedoch gemeinsam eine gute und einvernehmliche Lösung für alle Beteiligten, was mir auch deutlich besser gefällt. Wenn wir noch einmal kurz auf das Studium zurückkommen können, welche Türen stehen den Absolventen des BAPs erfahrungsgemäß offen? Unser Bachelorstudium der Psychologie hat einen sehr guten Ruf und ist auch international sehr gut angesehen. Das Qualitätssiegel der Deutschen Gesellschaft für Psychologie zu besitzen, ist für uns wirklich eine Auszeichnung wirklich eine Auszeichnung. Eine Reihe von Absolventinnen und Absolventen des BAP bleiben in Luxemburg und schließen das Psychologiestudium beispielsweise im

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Master of Science in Psychology: Psychological Intervention ab. Viele gehen zum Masterstudium aber auch in andere Länder, zum Beispiel nach Deutschland. Da unser Bachelorstudium sehr anspruchsvoll ist und die Studierenden im Regelfall mit guten oder sehr guten Noten abschließen, finden die allermeisten dort auch sehr schnell einen Platz in einem Masterprogramm. Zum Abschluss, hätten Sie noch einen Rat, den Sie sich sonst für Ihre Erstsemester aufbewahren, den Sie uns trotzdem verraten können? Etwas verstehen ist für das Erinnern immer besser als etwas nur auswendig zu lernen. Wer das Gehörte und Gelesene nach jeder Veranstaltung überprüft, hilft seinem Verstehen und hat später in der Prüfung bessere Karten. Hier können Sie optional noch weitere Anmerkungen zu Ihrem Studien­ und Berufsweg, so wie dem Bachelor in der Psychologie an der Universität Luxemburg anhängen: Informationen zum Studium bietet nicht nur unsere Webseite des Bachelor of Science in Psychology. Unsere Studiengangsspezialistin Simone Heiderscheid und ich stehen für Fragen und weitere Informationen gerne zur Verfügung.

Herr Melzer, wir danken Ihnen für das Interview! Sam Bernard Student Universität Luxemburg sam.bernard@alep.lu


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Interview mit Frau Catherine Richard Klinische Psychologin und Psychotherapeutin in der Kognitiven Verhaltenstherapie und Koordinatorin , Centre de Psychotherapie Bereldange Frau Richard, aufgrund der derzeitigen Umstände konnte die traditionelle Soirée d’Information sur la Psychologie der ALEP dieses Jahr leider nicht wie geplant stattfinden. Gerne hätten wir vor Ort von Ihrem Studien­ und Berufsweg, so wie Ihrem derzeitigen Berufsalltag gehört und uns anschließend darüber ausgetauscht. Um unseren Zuhörern trotzdem einen kleinen Einblick in Ihren Werdegang geben zu können, möchten wir Ihnen auf schriftlichem Wege ein paar Fragen dazu stellen. Wir danken Ihnen vielmals, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen! Über Ihre Studienzeit... Weshalb haben Sie sich dazu entschieden Psychologie zu studieren? Nach dem Abitur vor 13 Jahren wollte ich eigentlich Grundschullehrerin werden, habe aber das Aufnahmeexamen nicht geschafft. Danach war es zu spät, mich an einer anderen Uni als die in Luxemburg einzuschreiben und da hat mir das Psychologiestudium am meisten zugesagt. Anfangs wollte ich mit Kindern arbeiten. Mittlerweile bin ich sehr froh, dass es so gekommen ist und ich denke, ich wäre eine grauenvolle Lehrerin geworden und habe mich mittlerweile auf Erwachsene spezialisiert. Entsprach das Psychologiestudium Ihren Vorstellungen? Ich hatte keine wirklichen Vorstellungen vom Bachelorstudium, aber es hat mich sehr überrascht, wie komplex die Psychologie ist, und dass es neben der klinischen Psychologie auch andere Bereiche gibt wie die Sozial­, Neuro­ oder Arbeits­ und Organisationspsychologie. Ich war auch überrascht über die viele Biologie, Statistik und Forschungsmethodologie. Was hat Ihnen besonders Psychologiestudium gefallen?

am

Im Bachelor hat mir am meisten gefallen, zu verstehen, wie Menschen im Allgemeinen

lernen, denken, handeln und fühlen und was sie dazu motiviert. Ich hatte nur ein oder zwei Semester ein Fach über klinische Psychologie aber im dritten Semester durfte ich ein Praktikum in einer Beratungsstelle machen und mein Betreuer war ein kognitiver Verhaltenstherapeut. Ab diesem Zeitpunkt, wusste ich genau, dass ich das auch machen wollte. Deshalb habe ich mich für einen klinischen Master entschieden, der mir sehr gefallen hat, weil er sich mit psychischen Störungen befasst hat. Darüber hinaus gab es neben den klassischen Examen auch viele Gruppenarbeiten und Referate zu halten, die benotet wurden. Das war eine tolle Abwechslung zum reinen Lernen. Sie haben in Luxemburg und in Fribourg in der Schweiz studiert. Warum gerade an diesen Orten? Ich habe 2007 an der Uni Luxemburg angefangen, weil mir nicht viel anderes übrigblieb. Für den Master, drei Jahre später, habe ich mich für einen klinischen Master in Fribourg entschieden, da dieser sehr kognitiv­ verhaltenstherapeutisch aufgebaut ist, ich in Deutsch, Französisch und English studieren konnte und weil die Stadt sehr übersichtlich ist. Dort habe ich meine zwei schönsten Studienjahre verbracht. Inwiefern war das Psychologiestudium für Sie


933 9 De Psycho­lo No. 55 2020/1 eine Herausforderung?

De Psycho­lo No. 55 2020/1 Schwierigkeiten. Für meine persönliche Entwicklung war die Selbsterfahrung äußerst hilfreich, um mich selber besser kennen zu lernen und zu verstehen. Ihr Start in den Beruf…

Es ist ein komplexes Fach mit sehr viel Lernstoff. Alleine dieses zu bewältigen war eine Herausforderung, die viel Organisation benötigte, aber das ist bei allen Unistudien so. Im Allgemeinen war die Forschungsthematik aber die größte Wie sah Ihr Weg nach dem Studium aus? Wo Herausforderung, inkl. meiner Bachelor­ und Masterarbeiten, wo ich mit der Statistik haben Sie Ihre ersten beruflichen Erfahrungen gemacht? teilweise überfordert war. Sie haben nach dem Studium eine Ausbildung zur Psychotherapeutin und eine EMDR­Weiterbildung absolviert. Erachten Sie Weiterbildungen nach dem Studium als wichtig oder gar notwendig für den späteren Beruf?

Nach dem Master habe ich ein halbes Jahr eine Pause gemacht und bin viel gereist. Im Frühling 2013 habe ich die Therapieausbildung an der Uni Trier begonnen und gleichzeitig ein einjähriges Praktikum in der Clinique des Troubles Emotionnels des Centre Hospitalier de Luxembourg. Hier habe ich Gruppentherapien beobachtet und einige Einzelgespräche geführt. Danach habe ich ein halbes Jahr bei der Ligue Luxembourgeoise d’Hygiène Mentale gearbeitet, wo ich nur Einzeltherapien machte. Schließlich habe ich zweieinhalb Jahre am Institut der Uni Trier Einzeltherapien gemacht. Das alles im Rahmen meiner Therapieausbildung.

Definitiv notwendig. Nach dem Master habe ich mich nicht in der Lage gefühlt, Patienten mit psychischen Störungen zu behandeln. Deshalb war es für mich außer Frage, eine zusätzliche Therapieausbildung zu machen, die vier Jahre gedauert hat, und die ich 2017 abgeschlossen habe. Die EMDR­ Weiterbildung habe ich nach der Therapieausbildung gemacht, weil ich selbst von einer Arbeitskollegin vor sieben Jahren wegen einer spezifischen Phobie in einer einzigen Sitzung (!) damit behandelt worden Wie war für Sie die Umstellung vom Unileben bin und begeistert war, wie schnell und auf das Berufsleben? Hatten Sie eventuell langfristig der Erfolg war/ist. Mittlerweile Startschwierigkeiten? arbeite ich sehr viel mit EMDR. Hatten Sie das Gefühl während Ihrer Therapieausbildung an der Universität Trier genügend Unterstützung, z.B. in Form von Supervisionen/ theoretischem Input, während den ersten Patientenkontakten gehabt zu haben? Was hat Ihnen am meisten geholfen? Ja, definitiv. Unter der Woche habe ich gearbeitet und am Wochenende die theoretischen Seminare gehabt. Dadurch konnte ich sofort die neu gelernten Techniken bei den Patienten anwenden. Darüber hinaus hatte ich alle zwei Wochen Supervision, was sehr viel geholfen hat bei

Meine ersten Einzelgespräche nach dem Master waren schon, wie ein Sprung ins kalte Wasser. Ich war manchmal überfordert, aber glücklicherweise hat der Austausch mit erfahrenen Therapeuten sehr geholfen. Der Beruf des Psychotherapeuten ist ein Beruf, der sehr auf Erfahrung basiert und mit der Zeit fühlt man sich immer sicherer. Welche Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach für die Arbeit als Psychotherapeutin essentiell? Für mich sind Empathie und bedingungslose


1033 De Psycho­lo No. 54 2019/2 De Psycho­lo No. 55 2020/1 positive Wertschätzung essentiell. Dies beinhaltet, dass man sich in den Patienten hineinversetzen und einfühlsam verstehen kann, was in ihm vorgeht, ohne zu bewerten. Einfach ohne Wertung und Vorurteile akzeptieren und annehmen, was der Patient fühlt und sagt. Nur wenn sich der Patient verstanden und nicht bewertet fühlt, kann er sich öffnen, und das ist die Basis für eine therapeutische Arbeit. Haben Praktika während des Studiums Ihnen beim Berufseinstieg geholfen? Ich habe während des Bachelor­ und Masterstudiums zwei Beobachtungspraktika gemacht, die mir einen ersten Einblick in die klinische Psychologie gewährt, und mich in meiner Studienwahl bestärkt haben. Die Praktika während der Therapieausbildung waren definitiv hilfreicher, weil ich hier praktische Erfahrung mit Patienten sammeln konnte. Wie vorhin erwähnt, basiert der Beruf des Psychotherapeuten stark auf Erfahrung. Ihr aktueller Berufsalltag… Frau Richard, Sie arbeiten derzeit als Psychotherapeutin im Centre de Psychotherapie Bereldange. Können Sie uns kurz beschreiben, wie Ihr beruflicher Alltag dort aussieht? Wir sind ein Team von fünf selbstständigen Psychotherapeutinnen und ein rein kognitiv­ verhaltenstherapeutisches Zentrum, das neben Einzeltherapien auch Gruppentherapien anbietet. Wir haben drei Therapieräume für Einzeltherapie und einen Gruppentherapieraum. Zweimal in der Woche biete ich ein Gruppentraining der sozialen Kompetenzen an. Das Training mit jeweils fünf Teilnehmern geht über 12 Wochen und richtet sich an Personen, die Probleme haben sich durchzusetzen, nein zu sagen, eine Kritik zu äußern oder über ihre Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen. Einzelgespräche habe ich maximal fünf am Tag, wenn keine Gruppentherapie ist.

10 Das ist eine gute Anzahl für mich, wo ich qualitativ gute Therapie machen kann. Ich lege mir die Termine nach meiner täglichen Leistungsfähigkeit. Deshalb habe ich Mittagspausen von drei bis vier Stunden, weil ich um die Zeit ein Konzentrationstief habe. Kein Arbeitgeber würde diese Flexibilität genehmigen, und deshalb liebe ich die Selbstständigkeit. Montags habe ich mir frei gegeben. Neben der Therapie fällt auch administrative Arbeit an, wie Akten führen, Dokumentation, Rechnungen bezahlen (z.B. für Reinigung, Büromaterial, usw.), Rechnungen für die Patienten ausstellen und die ganze Buchhaltung. Mit welchen psychischen Störungen haben Sie in Ihrem Beruf am häufigsten zu tun? In der Einzeltherapie arbeite ich ausschließlich mit Erwachsenen Patienten ab dem Alter von 21 Jahren. Am häufigsten sind Depressionen, Ängste und Panikattacken, Burnout, Anpassungsstörungen, sowie Persönlichkeitsstörungen mit vielen Traumata. Mit welchen Herausforderungen werden Sie als Psychotherapeutin im Alltag konfrontiert? Patienten, die Druck machen, dass sich sofort etwas ändern soll und die möglicherweise die Erwartung haben, man hätte einen Zauberstab. Mittlerweile habe ich einen Umgang damit gefunden, aber es bleibt immer eine Herausforderung. Manchmal kommt es auch vor, dass mir Patienten Nachrichten schreiben, abends oder am Wochenende, dass es ihnen sehr schlecht gehe. Ich bin noch dabei, einen guten Umgang mit letzterem zu finden. Schwierig sind auch immer akute Krisen, wie Suizidalität oder wenn ich einen Patienten in die Psychiatrie einweisen muss. Wie gehen Sie mit emotional belastenden Situationen in Ihrem Beruf um?


1133 11 De Psycho­lo No. 54 2019/2 Wie finden Sie einen Ausgleich? Ich spreche mit meinen Arbeitskolleginnen darüber, mit denen ich auch privat sehr gut befreundet bin. Hier kann der Austausch egal zu welcher Uhrzeit stattfinden oder beim After Work. Der Austausch mit Arbeitskollegen ist im Allgemeinen extrem wichtig in unserem Beruf. Deshalb haben wir einmal im Monat eine strukturierte Teamsitzung, wo wir uns u.a. über schwierige Patienten unterhalten. Supervision von einem externen Therapeuten ist ebenfalls in Planung. Hier können Sie optional noch weitere Ausführungen zu Ihrem Studien­ und Berufsweg, so wie Ihrer derzeitigen Arbeit machen: Seitdem ich wusste, dass ich Psychotherapeutin werden möchte, war es mein Traum gewesen, selbstständig in einer Gemeinschaftspraxis zu arbeiten, wo sich das Team sehr gut versteht und austauschen kann. Nach der Therapieausbildung habe ich mich 2017 direkt selbstständig gemacht, bekam aber nur ein Büro für zwei Tage in der Woche und war immer alleine. Daneben hatte ich immer nur befristete Arbeitsverträge in unterschiedlichen Institutionen. Als der letzte Vertrag im September 2019 endete, war ich den ständigen Wechsel leid und habe mich entschlossen, 100% selbstständig zu arbeiten und eine Gemeinschaftspraxis zu eröffnen, zusammen mit vier Arbeitskolleginnen, die ich auf meiner letzten Arbeitsstelle kennengelernt habe und mit denen mittlerweile eine echte Freundschaft entstanden ist. Nach mehreren Monaten Vorbereitung und Umbauten eines Apartments, das meiner Mutter gehört, haben wir schließlich im Januar 2020 das Centre de Psychothérapie Bereldange eröffnet und mein persönliches Herzensprojekt realisiert. Selbstständig kann ich mehr Geld verdienen, als angestellt, bin sehr flexibel und meine eigene Chefin, nehme nur die Patienten an, die ich möchte und arbeite mit meinen Freundinnen

De Psycho­lo No. 55 2020/1 und arbeite mit meinen Freundinnen zusammen. Ich bin endlich angekommen in meinem absoluten Traumjob mit einem Traumteam. Am Schluss, haben Sie noch einen Rat für zukünftige Studierende der Psychologie? Ein Psychologiestudium macht nur Sinn, wenn man auch einen spezialisierten Master macht. Sonst sehen die Berufschancen als Psychologe/in ziemlich schlecht aus. Wenn man sich für die klinische Psychologie entscheidet und als Therapeut/in arbeiten möchte, ist eine Therapieausbildung notwendig. Nach dem Master kann man Störungsbilder diagnostizieren, aber wie man sie konkret behandelt, lernt man erst in der Therapieausbildung. Es ist ein langer Weg, der sich für mich aber definitiv gelohnt hat.

Frau Richard, wir danken Ihnen für das Interview! Lena Ewen Studentin Universität Fribourg lena.ewen@alep.lu


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Interview mit Frau Delphine Verton Neuropsychologin im Rehazenter Luxembourg mit Spezialisierung auf kognitive Rehabilitation Frau Verton, aufgrund der derzeitigen Umstände konnte die traditionelle Soirée d’Information sur la Psychologie der ALEP dieses Jahr leider nicht wie geplant stattfinden. Gerne hätten wir vor Ort von Ihrem Studien­ und Berufsweg, so wie Ihrem derzeitigen Berufsalltag gehört und uns anschließend darüber ausgetauscht. Um unseren Zuhörern trotzdem einen kleinen Einblick in Ihren Werdegang geben zu können, möchten wir Ihnen auf schriftlichem Wege ein paar Fragen Über Ihre Studienzeit... Weshalb haben Sie sich dazu entschieden Psychologie zu studieren? J’ai décidé d’étudier la psychologie parce que je voulais devenir neuropsychologue. Durant mes études secondaires, j’étais définitivement attirée par les domaines de la santé, des sciences et de la relation humaine. Dans un premier temps, mes réflexions étaient tournées vers la médecine mais le nombre d’années d’étude ne correspondaient pas à mon souhait de devenir autonome et indépendante (je voulais finir mes études et aller travailler rapidement !). Après recherches, il s’avérait que la neuropsychologie remplissait tous les critères que je m’étais fixés. Je me suis alors inscrite en psychologie à Louvain­la­Neuve (Belgique). Entsprach das Psychologiestudium Ihren Vorstellungen? Je répondrais oui et non. D’une part parce que je crois que, à un certain moment donné de notre vie, on est plus ou moins prêt à recevoir et « digérer » de la matière (en fonction de notre expérience personnelle, nos valeurs et notre éducation, etc.). Lorsque j’ai fait mes études, j’étais prête à recevoir les enseignements plus scientifiques (neurosciences, biologie, neuropsychologie par ex.), j’étais ouverte et à l’écoute d’autres matières (psychologie générale, systémique et cognitivo­ comportementale, statistiques) et moins disponible pour ce qui me paraissait plus

abstrait (psychanalyse, psychiatrie, par ex.). D’autre part, au­delà de notre disponibilité pour certains cours, l’accès à l’enseignement dépend également du professeur qui présente la matière. Ainsi, même si la matière enseignée n’était pas d’emblée ma favorite, le professeur pouvait néanmoins m’accrocher s’il rendait la matière captivante et en lien avec des expériences concrètes de la vraie vie. Et l’inverse est également vrai. Donc, pour résumer, certains cours répondaient à mes attentes et d’autres non. Un ami plus âgé m’avait partagé un enseignement que lui­même avait fait dans le courant de ses études : selon lui, les études n’apprenaient rien d’autre qu’un esprit critique et une capacité réflexive ; le reste se trouvait dans les livres. Je dois dire qu’avec du recul, je pense qu’il a raison. De ce fait, les études universitaires m’ont permis d’avoir un esprit plus éclairé et m’ont équipée pour recevoir d’autres enseignements avec un regard critique. Sie haben in Louvain studiert. Warum gerade an diesen Orten? La réponse pourrait se résumer de la manière suivante : parce que ma grande sœur y était et que la vie étudiante était folklorique ! Plus sérieusement, belge d’origine, peu aventurière et en provenance d’un petit village de 300 habitants, je n’imaginais pas partir dans un autre pays, ni même m’immerger dans une grande ville.


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Louvain­la­Neuve était donc un bon compromis : une ville­campus avec une université de bonne renommée – même si j’avoue ne pas avoir fait une analyse détaillée de toutes les universités belges. Was hat Ihnen besonders Psychologiestudium gefallen?

am

Le domaine des neurosciences était et reste pour moi un domaine captivant et toujours en renouvellement. Inwiefern war das Psychologiestudium für Sie eine Herausforderung? Au­delà du domaine de la psychologie, le challenge pour moi était de devenir autonome (excepté l’aspect financier) et de réussir mes études : faire soi­même ses courses, se faire à manger, apprendre à évoluer dans une ville qu’on ne connaît pas, aller à la rencontre de nouvelles personnes, étudier, passer ses examens, trouver le bon compromis entre détente et études, etc. Zu welchem Zeitpunkt wussten Sie, dass Sie später als Neuropsychologe arbeiten wollen würden? Durant mes années de secondaires, j’étais indécise par rapport au chemin professionnel que je voulais emprunter. Ce n’est qu’en dernière année, après consultation d’un centre d’orientation, que je me suis décidée à aller dans une faculté de psychologie pour devenir neuropsychologue. Heureusement pour moi, mes stages ont confirmé que je ne m’étais pas trompée. Haben Sie nach Ihrem Masterabschluss weiterführende Studien, Fort­ oder Ausbildungen gemacht? Erachten Sie solche als wichtig oder gar notwendig für den späteren Beruf? Je n’ai pas fait d’études complémentaires dans la foulée de ma licence en psychologie. Mais j’ai repris de nombreuses formations en parallèle de ma carrière professionnelle.

Au vu de l’évolution des législations actuelles par rapport à la protection du titre de psychothérapeute, si j’étais encore étudiante en psychologie aujourd’hui, j’envisagerais peut­être de faire un complément de formation axé sur les psychothérapies. Ihr Start in den Beruf… Wie sah Ihr Weg nach dem Studium aus? Wo haben Sie Ihre ersten beruflichen Erfahrungen gemacht? Mon diplôme en poche (septembre 2008), j’ai eu la chance de trouver directement une place au sein d’un laboratoire du sommeil dans une structure hospitalière belge (Vivalia à Arlon). Au départ à 75% puis rapidement à 100% en intégrant une unité de revalidation dans la même institution en tant que neuropsychologue. En 2010, j’ai eu la possibilité de travailler au sein d’un service de gériatrie à la Clinique Sainte­Marie à Esch­sur­Alzette (maintenant entité des Hôpitaux Robert Schuman ­ HRS). Dans un premier temps 50% (l’autre 50% toujours chez Vivalia) puis 100%. En 2016, l’opportunité s’est présentée à moi d’intégrer l’équipe du service de Psychologie du Rehazenter et je l’ai saisie. En septembre 2020, je serai à ma douzième année dans le monde du travail en tant que psychologue/neuropsychologue. Wie war für Sie die Umstellung vom Unileben auf das Berufsleben? Hatten Sie eventuell Startschwierigkeiten? Par rapport à l’aspect « recherche de travail », je ne peux pas me plaindre. Mes recherches pour un travail ont rapidement porté leur fruit. D’autres personnes de ma promotion ont dû patienter beaucoup plus longtemps pour intégrer le monde du travail. Je me considère donc chanceuse d’avoir trouvé rapidement un emploi à la suite de l’obtention de mon diplôme et ce, dans


1433 De Psycho­lo No. 55 2020/1 dans l’orientation et type d’institution voulus (neuropsychologie et domaine hospitalier). Par rapport au « travail » proprement dit, je résumerais avec l’adjectif suivant : « désarçonnant ». En effet, j’avais eu l’occasion de faire mon stage pratique aux seins des Cliniques Universitaires Saint­Luc où l’unité de revalidation est largement reconnue et bien développée (équipe d’une dizaine de personnes avec collaboration dans les différents services de l’hôpital et à l’extérieur). Lorsque j’ai intégré l’unité de revalidation de Vivalia : pas de local défini pour m’installer, pas de matériel et les personnes présentes ne savaient pas toujours pourquoi j’arrivais… Il a donc fallu faire preuve de débrouillardise, de patience et de souplesse. Pour ma part, le stage que j’avais pu réaliser et mon entrée dans le milieu professionnel étaient fort différents. Un autre aspect qui me semble important de mentionner dans cette interview est le fait que, très rapidement après ma prise de fonction, je me suis aperçue que les connaissances universitaires théoriques sont loin d’être suffisantes. Afin de me sentir plus à l’aise dans mes différents emplois, j’ai toujours opté pour des formations complémentaires. Welche Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach für die Arbeit als Neuropsychologe essentiell? Au vu de mon expérience professionnelle (toujours en équipe pluridisciplinaire), je dirais les qualités suivantes : la flexibilité, l’humilité, la prise de recul, le contact humain. Comme expliqué dans la question précédente, le travail ne se passe pas toujours comme nous l’avions imaginé, il faut pouvoir faire preuve de compromis pour intégrer les équipes en place et progressivement amener nos propres idées. Haben Praktikas während des Studiums Ihnen beim Berufseinstieg geholfen? J’avais réalisé deux stages : un en recherche et un autre en clinique.

14 Le second a été essentiel pour moi. Il m’a montré concrètement ce qu’était le travail de neuropsychologue et comment je devais travailler. Sans ce dernier, mon début de carrière n’aurait pas été pareil. De plus, sans pouvoir le confirmer, je suppose qu’au regard de l’employeur, l’endroit de stage doit avoir une importance lorsqu’un étudiant fraîchement diplômé postule à une offre d’emploi. Ihr aktueller Berufsalltag… Frau Verton, Sie arbeiten derzeit als Neuropsychologin im Rehazenter Luxembourg. Können Sie uns kurz beschreiben, wie Ihr beruflicher Alltag dort aussieht? Le service est disponible du lundi au vendredi. Ma journée commence généralement par du travail administratif (lecture de mails, horaire, encodage des patients vus, intervisions, etc.). Ensuite, une heure de mon horaire est bloquée tous les jours pour proposer une rééducation assistée par ordinateur en groupe. Le reste de la journée est dédiée à des consultations individuelles (d’une durée moyenne d’une heure). Si une annulation est annoncée, je redirige mon temps sur le suivi des dossiers (transmissions dans le dossier informatisé propre à l’institution, corrections de bilan et rédaction de rapports). Il y a également des réunions avec le patient et sa famille, des synthèses entre les thérapeutes et le médecin, des staffs institutionnels et cliniques qui sont à destination de tout le personnel. Enfin, il y a également la réunion hebdomadaire du servie de psychologie (1h30). Worin besteht die größte Herausforderung in der Arbeit mit kognitiv beeinträchtigten Patienten?


1533 15 Selon moi, le plus gros challenge est lié à la diversité des cas cliniques. Ce ne sont pas que des patients avec des troubles neurologiques, ce sont des patients qui doivent également s’adapter à un changement de vie souvent radical. Ainsi, il n’est pas seulement question de tenir compte des troubles cognitifs mais également de la personne dans sa globalité. De plus, le tableau neurologique actuel peut s’inscrire sur un fonctionnement antérieur dysfonctionnel, des troubles de l’apprentissage et du développement, etc. Le Rehazenter prend également des patients avec atteinte orthopédique ou traumatologique. Il est donc également possible de rencontrer des patients sans trouble cognitif. La palette de prise en charge peut donc être large et, dans tous les cas, il est nécessaire de garder le cap et de savoir quel objectif poursuivre avec le patient. Le risque est grand de se perdre face aux multiples facettes avec lesquelles il est possible de travailler (travail cognitif, thérapeutiques). Was macht Ihnen besonders Spaß bei der Arbeit im Rehazenter? Probablement un mélange de plusieurs éléments. Le premier est sans doute le fait que les patients sont tous uniques et que dès lors nous devons sans cesse se remettre en question, réfléchir et s’adapter au rythme et difficultés de ces derniers. Il est pour moi impossible de s’ennuyer en (neuro)psychologie ! Ensuite, le fait d’avoir intégré une équipe riche, composée de plusieurs psychologues avec chacun une expertise différente, est vraiment une plus­value. Dans cette même idée, j’apprécie également le travail en interdisciplinarité. Cet environnement de travail permet d’évoluer et d’apprendre constamment. Enfin, la neuropsychologie et les neurosciences restent des domaines que j’affectionne particulièrement. Pouvoir travailler dans ces domaines et pouvoir proposer une rééducation concrète

De Psycho­lo No. 55 2020/1 aux patients souffrant de troubles cognitifs sont une source de motivation quotidienne. Welche Art von (Gruppen)interventionen führen Sie häufig durch? Actuellement, deux groupes sont développés. Le premier concerne la rééducation cognitive assistée par ordinateur – destinée principalement pour les patients avec troubles attentionnels. Ce premier groupe est réalisé conjointement avec Monsieur David Benhsain (cf. l’autre interview). Le second est dédié à un cycle de sessions de relaxation en collaboration avec d’autres psychologues (Mesdames Danielle Chudy, Sandrine Degrotte­Frenay et Anne­ Marie Schuller). Un autre groupe a été tout récemment mis en place par Madame Degrotte­Frenay et je serai amenée à poursuivre le travail considérable réalisé par cette dernière. Il s’agit d’une intervention conjointe diététicienne­psychologue auprès de jeunes patients présentant une obésité (plan national de prévention). Plusieurs projets sont en cours de réflexion : un groupe d’échanges destiné aux familles de patients hospitalisés dans les unités dites « neurologiques » avec Madame Chudy, des groupes de rééducation de patients avec troubles cognitifs (hors contexte de rééducation informatisée des troubles attentionnels) avec Monsieur Benhsain. A côté des groupes où j’interviens, mes collègues psychologues réalisent d’autres démarches de prise en charge à destination des patients avec des pathologies traumatologiques (douleurs chroniques, douleurs du dos, etc.) – Madame Sandrine Degrotte­Frenay et Monsieur Dimitri Vas. Welche Aufgaben bekommen Praktikanten bei Ihnen? Welche Vorkenntnisse müssen sie mitbringen?


1633 De Psycho­lo No. 55 2020/1 Actuellement, le service de psychologie accueille des stagiaires en dernière année. Afin de limiter la charge de travail sur le service, nous souhaitons intégrer les stagiaires au plus vite dans le travail concret du neuropsychologue. Ainsi, un pré­requis nécessaire est la connaissance théorique des fonctions cognitives globales et leur évaluation. Après une première phase d’observation, nous demandons au stagiaire de réaliser des bilans neuropsychologiques en présence du psychologue référent et de rédiger les rapports qui en découlent. Le stagiaire est également amené à réfléchir aux pistes rééducatives et à participer concrètement à la rééducation. De ce fait, la participation de ce dernier aux différentes réunions organisées autour du patient se met en place automatiquement. Si cela est possible, nous essayons que l’étudiant puisse suivre un patient de A à Z lors de son hospitalisation. Le stagiaire est également invité à suivre chaque psychologue du service afin qu’il puisse voir la variété de prise en charge possible au sein du Centre. Hier können Sie optional noch weitere Ausführungen zu Ihrem Studien­ und Berufsweg, so wie Ihrer derzeitigen Arbeit im Rehazenter machen: Comme expliqué au début de l’interview, j’ai continué des formations en parallèle de mon parcours professionnel. Tout d’abord, j‘ai suivi une formation sur les troubles du sommeil et sur les thérapies cognitivo­comportementales de l’insomnie lorsque je faisais partie du laboratoire du sommeil. Par la suite, il m’a semblé essentiel de « m’équiper » dans l’accompagnement thérapeutique des patients. De ce fait, j’ai alors fait des formations en thérapies brèves (toujours en cours), en hypnose, en IMO (Intégration par les Mouvements Oculaires), en EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing). C’est sur base de ces formations que j’ai obtenu le titre de psychothérapeute. Dernièrement, j’ai débuté une formation

16 orientée sur la rééducation cognitive au sens large à l’Université de Liège. Am Schluss, haben Sie noch einen Rat für zukünftige Studierende der Psychologie? N’ayez pas peur d’aller à la rencontre de l’autre – que ce soit un proche, un patient ou un professionnel. Et pour le reste… Je suis convaincue que tout un chacun fait ce qu’il peut, comme il peut et au moment où il peut. Dès lors, vous faites déjà pour le mieux. Prenez soin de vous et de ceux que vous aimez… et restez chez vous !

Frau Verton, wir danken Ihnen für das Interview! Sim Wagener Studentin Universität Basel sim.wagener@alep.lu


1733 17

De Psycho­lo No. 55 2020/1

Interview mit Herrn David Benhsain Neuropsychologe im Rehazenter Luxembourg mit Spezialisierung auf kognitive Rehabilitation Herr Benhsain, aufgrund der derzeitigen Umstände konnte die traditionelle Soirée d’Information sur la Psychologie der ALEP dieses Jahr leider nicht wie geplant stattfinden. Gerne hätten wir vor Ort von Ihrem Studien­ und Berufsweg, so wie Ihrem derzeitigen Berufsalltag gehört und uns anschließend darüber ausgetauscht. Um unseren Zuhörern trotzdem einen kleinen Einblick in Ihren Werdegang geben zu können, möchten wir Ihnen auf schriftlichem Wege ein paar Fragen Über Ihre Studienzeit... Weshalb haben Sie sich dazu entschieden Psychologie zu studieren? J’ai toujours été fasciné par l’idée de pouvoir aider des gens en détresse. La psychologie m‘a particulièrement intéressé, sachant qu’il y a des moyens/outils, comme la communication p.ex., afin de diminuer la souffrance de l’autre. Entsprach das Psychologiestudium Ihren Vorstellungen? J’avoue que je n’avais pas trop d’attentes par rapport à mes études en psychologie ; donc je ne sais pas trop comment répondre à cette question. Je dirais que j’étais tout simplement un jeune étudiant, content d’avoir obtenu son Bac et prêt à entamer un nouveau chapitre dans sa vie. Sie haben in Brüssel studiert. Warum gerade an diesen Orten? Je me suis inscrit à l’Université Libre de Bruxelles pour plusieurs raisons. Premièrement, je savais que je ne voulais pas rester au Luxembourg, mais, en même temps, ne pas m’éloigner trop loin de ma famille. Je voulais absolument vivre à l’étranger afin de devenir plus indépendant et prouver à moi­ même que je pouvais vivre seul avec un minimum d’aide de mes parents. Deuxièmement, j’ai apprécié la diversité du programme d’étude à l’ULB avec des Master de spécialisations différentes, sachant qu’à Uni Luxembourg il n’y avait encore aucun choix de

Master au début de mes études universitaires. Finalement, un de mes grands objectifs, voire rêve d’enfance, était d’étudier au Canada, plus spécifiquement à Vancouver. Afin de permettre à ses étudiants des échanges hors­Europe similaires aux Erasmus, l’ULB avait des accords particuliers avec des établissements universitaires autour du monde dont un avec University of British Columbia (UBC) à Vancouver. L’ULB constituait donc pour moi le bon choix par rapport aux spécialisations et aux possibilités d’échanges internationaux. Was hat Ihnen besonders Psychologiestudium gefallen?

am

La diversité des thèmes en psychologie. Naïvement, je pensais (et je n’étais pas le seul), qu’il n’y avait qu’une sorte de psychologie : la psychologie clinique. Eh bien, si vous saviez comment j’ai ouvert les yeux lors de ma première semaine à l’université. Lors de cette semaine, j’ai fait connaissance avec la psychologie sociale, la psychologie du travail, la psychologie clinique (il fallait bien !), l’anthropologie, l’éthologie et bien sûr la neuropsychologie. Cette diversité en spécialisations psychologiques m’a beaucoup plu. De plus, les thématiques abordées pendant les cours étaient elles aussi très intéressantes. Je peux effectivement dire que suite à ce que j’ai vu dans mes cours, je comprends mieux le comportement des autres, mais aussi mon comportement à moi.


1833 De Psycho­lo No. 55 2020/1 Inwiefern war das Psychologiestudium für Sie eine Herausforderung? Au cours de mes études, je dirais qu’il y a eu deux moments qui furent particulièrement difficiles. Ma première année d’études a été dure. En effet, j’avais du mal à faire connaissance avec d’autres étudiants à Bruxelles. On pourrait croire que c’est facile de trouver quelqu’un avec qui on s’entend bien quand il y a 600 étudiants en psychologie dans l’auditoire. Cependant ça rend les choses beaucoup plus pénibles. Je ne peux que conseiller à tout nouveau étudiant de participer à des entrainements sportifs ou à se renseigner sur les associations étudiantes comme le C.E.L.B (Cercle des étudiants luxembourgeois à Bruxelles). Un autre défi personnel a été la confrontation avec la psychanalyse au cours de mes études. Bruxelles et le reste des régions francophones restent à ce jour encore fortement fidèles aux théories psychanalytiques. Les approches comme la thérapie cognitivo­comportementale et la systémique sont moins fréquentes. Par conséquent, j’ai souvent dû, avec une certaine difficulté, renoncer à ma vision de la psychologie afin de satisfaire les attentes des professeurs.

18 Après avoir terminé mon Master en neuropsychologie, j’ai décidé d’entamer un master complémentaire en psychologie clinique et psychopathologie, ce qui me permet d’avoir une double casquette : Neuropsychologue et psychologue clinicien. Cette décision a été prise suite à un événement qui s’est déroulé lors d’un de mes stages en 2e année de Master. J’ai été confronté aux pleurs d’une nouvelle patiente ayant subi un trauma crânien avec séquelles cognitives et induisant un trouble de l’humeur significatif. Devant cette dame, n’ayant pas les bases ou les outils corrects afin de la soulager, j’étais complètement incapable de répondre à sa demande de soutien. Par conséquent, j’ai décidé de me former davantage en psychologie clinique pour pouvoir répondre à une telle demande plus convenablement dans le futur. Ihr Start in den Beruf… Wie war für Sie die Umstellung vom Unileben auf das Berufsleben? Hatten Sie eventuell Startschwierigkeiten?

Le choix de devenir neuropsychologue un jour s’est fait assez rapidement. Après avoir eu une première « Schnupperklass » en Ba1, c’est certainement en Ba2 quand le cours de neuropsychologie est devenu moins théorique et plus pratique que la décision s’est concrétisée.

J’estime que j’ai eu beaucoup de chance à la fin de ma période universitaire. Deux mois après avoir terminé mon dernier stage et mes examens universitaires, j’ai commencé mon poste en tant que neuropsychologue et chercheur au Rehazenter. Comme vous le savez, trouver un travail en tant que psy, voire neuropsy, au Luxembourg ne se fait pas en quelques jours. Et pour vous dire la vérité, les entretiens d’embauche, sont une torture et je n’en ai eu que deux ! Effectivement, il faut parfois des mois pour trouver un premier emploi et souvent il s’agit d’abord d’un CDD de 6 mois.

Haben Sie nach Ihrem Masterabschluss weiterführende Studien, Fort­ oder Ausbildungen gemacht? Erachten Sie solche als wichtig oder gar notwendig für den späteren Beruf?

Mon début de carrière s’est, en gros, bien passé. Ceci est surtout dû à l’incroyable équipe au Rehazenter dont je fais maintenant partie. La plus grande difficulté pour moi, ayant été quelqu’un de très actif pendant mes

Zu welchem Zeitpunkt wussten Sie, dass Sie später als Neuropsychologe arbeiten wollen würden?


1933 19 études, était de perdre une certaine flexibilité par rapport à mes autres activités (sport, activités en extérieur, voir mes amis, etc.) et de participer à la routine journalière d’une centaine de milliers d’autres personnes. Malheureusement, mes loisirs ont un peu souffert depuis mon embauche en tant que psychologue et à ce jour je fais de mon mieux pour trouver un mode de vie plus équilibré pour concilier vie professionnelle et vie personnelle. Welche Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach für die Arbeit als Neuropsychologe essentiell? Pour répondre à cette question, j’utiliserais ces mots clés : esprit critique, bienveillance et une bonne oreille. Haben Praktikas während des Studiums Ihnen beim Berufseinstieg geholfen? La théorie a une place importante dans le développement des connaissances. Cependant, comme vous le savez probablement, rien n’est plus enrichissant que les connaissances acquises au cours des stages. J’ai effectué trois stages complètement distincts, ce qui m’a permis de m’immerger dans trois domaines différents en psychologie et de concrétiser mon choix par rapport à mon futur rôle de psychologue. J’ai complété un premier stage de recherche dans un laboratoire de psychologie médicale, alcoologie et addictologie à Bruxelles (CHU Brugmann). Mon deuxième stage a été réalisé dans un centre de revalidation à Bruxelles où j’ai eu mon premier vrai contact avec la tâche du neuropsychologue. Finalement, j’ai accompli un stage au C.H.L dans un hôpital de jour psychiatrique. Chacun de ces stages m’a permis de me développer en tant que psychologue. De plus, cela facilite l’intégration au sein d’un futur poste de travail grâce aux connaissances plus pratiques acquises au cours des stages.

De Psycho­lo No. 55 2020/1 Neuropsychologe im Rehazenter Luxembourg. Können Sie uns kurz beschreiben, wie Ihr beruflicher Alltag dort aussieht? Un jour normal pour moi commence à 8 h, ce qui me permet de lire et répondre aux demandes (ex. bilans neuropsychologiques) ou de fixer de nouveaux rendez­vous pour mes patients. Les horaires de 9 h à 11 h sont bloqués pour proposer une rééducation cognitive assistée par ordinateur avec ma collègue Delphine Verton. Le reste de la journée est dédié à voir mes patients de manière individuelle pour continuer les thérapies en cours ou à rencontrer de nouveaux patients afin de réaliser un bilan neuropsychologique. Un bilan neuropsychologique est composé d’une série de tests permettant d’évaluer les différentes capacités cognitives (ex. mémoire, concentration, flexibilité, planification, impulsivité, etc.) d’une personne. Quand un bilan est réalisé, j’écris un rapport qui sera envoyé au médecin et présenté au patient lors de notre prochaine rencontre. Au cours de cette rencontre, un plan thérapeutique, tenant compte des résultats obtenus durant le bilan et des objectifs du patient, sera proposé. Étant aussi engagé comme chercheur, je consacre une partie de mon temps à la recherche. Nous sommes en train de développer et pourrons bientôt tester, avec des collaborateurs au Portugal et en Espagne, une plateforme (COGNIVITRA) qui permettra à la population âgée d’effectuer des exercices cognitivo­moteurs à leur domicile. Worin besteht die größte Herausforderung in der Arbeit mit kognitiv beeinträchtigten Patienten?

Ihr aktueller Berufsalltag… Question compliquée sachant que chaque Herr Benhsain, Sie arbeiten derzeit als


2033 De Psycho­lo No. 55 2020/1 atteinte cognitive peut être vécue différemment d’une personne à l’autre. Personnellement, je pense à un contexte particulier où le travail avec des patients à atteintes neurologiques peut être un défi : un patient anosognosique. La plupart de vous se demande probablement ce que cela veut dire. C’est un patient qui n’est pas du tout conscient de ses troubles. Après un trauma crânien, certains patients développent des comportements non­conformes à ceux avant l’accident. Les proches parlent souvent d’un changement de personnalité. Nous observons des comportements plus agités et impulsifs. Un discours non­ordonné, sans plainte et une humeur fluctuante. Selon eux, ils vont bien et ne comprennent pas pourquoi ils doivent passer toute une après­midi avec moi à faire des tests. Ces cas, plus ou moins fréquents, rendent le travail thérapeutique extrêmement difficile et la situation doit être abordée de manière très délicate. Was macht Ihnen besonders Spaß bei der Arbeit im Rehazenter? La diversité des cas cliniques rencontrée au Rehazenter est fascinante et demande de bonnes capacités d’adaptation d’une situation à l’autre. À un moment vous voyez un jeune adolescent complètement désinhibé avec un trauma crânien et à un autre moment vous rencontrez une dame réservée avec une sclérose en plaque (SEP) et un trouble dépressif. Ceci requiert beaucoup de ressources, mais rend aussi le travail plus intéressant et dynamique. De plus, il s’avère parfois que je suis confronté à une certaine pathologie (comme c’était le cas pour la SEP) que je n’ai pas particulièrement traitée au cours de mes études et par conséquent je suis forcé de m’éduquer sur ce sujet. Un autre facteur important qui rend mon travail si chouette est l’équipe dont je fais partie. Aimer son travail est une chose. Le partager avec une équipe qu’on apprécie est encore autre chose. L’équipe ne se limite pas seulement aux autres psychologues du service mais inclut aussi les autres thérapeutes avec qui je passe également un

20 thérapeutes avec qui je passe également un temps considérable à discuter de patients communs. Vive la pluridisciplinarité ! Welche Art von (Gruppen)interventionen führen Sie häufig durch? L’intervention thérapeutique utilisée par excellence est, sans grande surprise, la réhabilitation cognitive. La plupart des patients que je vois en consultation, sont des personnes avec atteintes neurologiques. Après avoir réalisé un diagnostic cognitif, un plan d’intervention sera proposé en fonction des déficits retrouvés. Soit, nous (re)entrainons les fonctions cognitives atteintes, soit nous envisageons la mise en place de stratégies de compensation. Ceci représente la majorité de mes cas. Ceci dit et comme avancé plus haut, les cas ne sont pas homogènes. Ainsi, il se peut que je sois confronté à un patient avec un trouble anxieux, avec ou sans déficits cognitifs et qui profite davantage de séances de relaxation/ pleine conscience. Welche Aufgaben bekommen Praktikanten bei Ihnen? Welche Vorkenntnisse müssen sie mitbringen? Pour cette question, je préfère vous renvoyer à la réponse de ma collègue Delphine Verton. Am Schluss, haben Sie noch einen Rat für zukünftige Studierende der Psychologie? La psychologie est une science complètement vaste et je suis sûr que chacun de vous y trouvera sa niche. Soyez motivé, profitez de vos études et qui sait, peut­être que dans quelques années, vous serez le psychologue dont on demande de résumer son activité professionnelle. Wir danken Ihnen für das Interview! Sim Wagener Studentin Universität Basel sim.wagener@alep.lu


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Interview mit Frau Jyll Duschinger Psychologin im Service d’Aide aux Victimes des Service Central d’Assistance Sociale Frau Duschinger, aufgrund der derzeitigen Umstände konnte die traditionelle Soirée d’Information sur la Psychologie der ALEP dieses Jahr leider nicht wie geplant stattfinden. Gerne hätten wir vor Ort von Ihrem Studien­ und Berufsweg, so wie Ihrem derzeitigen Berufsalltag gehört und uns anschließend darüber ausgetauscht. Um unseren Zuhörern trotzdem einen kleinen Einblick in Ihren Werdegang geben zu können, möchten wir Ihnen auf schriftlichem Wege ein paar Fragen dazu stellen. Wir danken Ihnen vielmals, dass Sie sich die Zeit für dieses Über Ihre Studienzeit... Weshalb haben Sie sich dazu entschieden Psychologie zu studieren? Es gab viele und auch sehr unterschiedliche Gründe, die mich dazu bewegt haben, Psychologin zu werden. Darunter zählen unter anderem meine persönlichen Stärken und Werte. Kontakte mit Menschen zu knüpfen fällt mir deshalb leicht, weil es mich interessiert, was in ihnen vorgeht und was sie bewegt. Mich offen und ehrlich auf andere Menschen einzulassen, Beziehungen zu pflegen und mich zu engagieren und andere Menschen dabei zu unterstützen, aus ihrem Leiden herauszukommen, sind mir sehr wichtig. Ich bin zudem ein praktisch veranlagter Mensch, dem es Spaß macht zu analysieren und Vorgänge verstehen zu wollen. Schon auf 4e wusste ich, dass ich einmal Ärztin oder Psychologin werden möchte. Mein Vater ist Arzt, ich habe also schon früh Bekanntschaft mit dem Gesundheitswesen gemacht, und schon im Gymnasium den Schwerpunkt auf Naturwissenschaften und Mathematik (Sektion C) gelegt. Nach dem Abitur habe ich dann drei Jahre Humanmedizin in Luxemburg und Strasburg studiert. Leider musste ich mein Studium dann abbrechen und es lag auf der Hand, dass meine Alternative zum Medizinstudium das Psychologiestudium war. Entsprach das Psychologiestudium Ihren Vorstellungen?

Um ganz ehrlich zu sein, hatte ich vor Beginn des Psychologiestudiums keine klaren Vorstellungen. Sie haben in Luxemburg und in Fribourg in der Schweiz studiert. Warum gerade an diesen Orten? Nach dem Medizinstudium hatte ich mich an 6 Universitäten in Deutschland und an der Uni.lu beworben. Die Uni Luxemburg war die einzige Universität, die mich angenommen hatte, da ich durch den NC in Deutschland keinen Studienplatz bekommen hatte. Das lag auch an dem – meiner Ansicht nach – lobenswerten Auswahlverfahren der Uni.lu, die nicht nur die Abiturnoten der Bewerber berücksichtigt, sondern durch Vorstellungsgespräche den Menschen hinter den Bewerbungsunterlagen kennenlernen möchte. Aber nicht nur das Aufnahmeverfahren schätze ich an der Uni.lu, auch ihre Mehrsprachigkeit, den einfachen persönlichen Kontakt zu den Dozenten (durch die kleinen Kohorten) und die Multikulturalität sind bemerkenswert und einzigartig. Als ich meinen Bachelorabschluss in der Tasche hatte, wollte ich aber noch einmal ins Ausland. Ich brauchte zu der Zeit die Distanz zu Luxemburg. Da ich den mehrsprachigen Weg der Uni.lu weiterführen wollte, habe ich mich darüber informiert, an welchen Unis in Europa man ein mehrsprachiges Diplom erlangen kann – so habe ich Freiburg im Üechtland kennengelernt. Die Schweiz ist ein Land, das mich schon immer angezogen hat


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und mit dem ich Familie (ein Teil meiner Familie lebt dort), Natur und Genuss verbinde. Was hat Ihnen besonders Psychologiestudium gefallen?

am

Die Vielfalt der Psychologie und die Menschen. Die Welt der Psychologie, und somit auch das Psychologiestudium, ist sehr facettenreich und man hat so viele Möglichkeiten. Im Bachelor lernt man zunächst die verschiedenen Bereiche der Psychologie kennen, man erhält ein Basiswissen, das man im Master (und auch in späteren Weiterbildungen) vertiefen kann, um sich immer mehr in eine Richtung zu spezialisieren: klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie, Psychotherapie, Entwicklungspsychologie, Neuropsychologie, Arbeits­ und Organisationspsychologie. Neben der Vielfalt der Psychologie hat mir aber auch die Vielfalt der Menschen, meiner KommilitonInnen, gut gefallen. Wir waren – sowohl in Luxemburg, als auch in Fribourg – eine kunterbunt gemischte Gruppe an Menschen. Die einen kamen gerade aus dem Lycée, andere hatten vorher schon ein anderes Fach studiert, und wieder andere haben vor dem Psychologiestudium schon gearbeitet. Auch aus kultureller Sicht, war unsere Kohorte eine heterogene Gruppe, was das Studium sehr bereicherte. Inwiefern war das Psychologiestudium für Sie eine Herausforderung? Das Psychologiestudium war auch mit viel Aufwand verbunden. Es gab viel Stoff, der zu lernen war, die Statistikfächer, die einen nicht unerheblichen Teil des Studiums ausmachen, waren für viele nicht leicht, und bei den Hausarbeiten wurde sehr viel Wert auf korrektes, wissenschaftliches Arbeiten gelegt. Sie haben nach Ihrem Masterabschluss verschiedene weiterführende Studien und Fortbildungen gemacht. Erachten Sie solche

als wichtig oder gar notwendig für den späteren Beruf? Das Studium hat mir einen (eher theoretischen) Überblick über psychologische Prozesse und Psychopathologie gegeben.Nach dem Studium haben mir trotz allem wichtige Fähigkeiten, um meinen Beruf angemessen ausüben zu können, gefehlt. Aus diesem Grund habe ich 2017 den Grundkurs in der systemischen Therapie gemacht und 2018 den Master in Psychotherapie an der Uni.lu begonnen. Diese Zusatzausbildungen sind, vor allem wenn man im klinischen Bereich arbeitet, unentbehrlich. Auf der anderen Seite lebe ich aber auch das Konzept des Lifelong Learning – die Welt entwickelt sich schnell, das gilt auch für die Psychologie und die Psychotherapie, die als recht junge Disziplinen ständig im Wandel sind. Aus diesem Grund erachte ich es als notwendig sich regelmäßig weiterzubilden, um auf dem neusten Stand der Forschung bzw. der Erkenntnisse zu bleiben. Durch die ständige Weiterentwicklung der Psychotherapie, vor allem in der kognitiven Verhaltenstherapie, entstehen immer wieder neue Verfahren. Das Erlernen dieser Verfahren gibt einem im therapeutischen Alltag neue Möglichkeiten und Herangehensweisen. Es macht mir großen Spaß mich mit diesen Verfahren auseinanderzusetzen und verschiedene davon durch Weiterbildungen zu erlernen. Ihr Start in den Beruf... Wie sah Ihr Weg nach dem Studium aus? Wo haben Sie Ihre ersten beruflichen Erfahrungen gemacht? Ich hatte während meines Masterstudiums bereits ein Praktikum im Service IMPULS (Fondation Solina, früher Solidarité Jeunes a.s.b.l.) gemacht. Das Praktikum hatte mir so gut gefallen, dass ich mich nach meinem Abschluss noch einmal in der Einrichtung


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beworben hatte. Da eine der Mitarbeiterinnen zu der Zeit schwanger war und sie gerade auf der Suche nach einem Ersatz waren, bekam ich sofort nach meinem Masterabschluss einen befristeten Vertrag, aus dem dann, ein gutes Jahr später, ein unbefristeter Vertrag wurde. Ich habe insgesamt 3 Jahre im Service IMPULS gearbeitet.

einen großen Einblick in die Diagnostik ermöglicht. Außerdem konnte ich mich mit erfahrenen Psychologen über ihre Ausbildungen und Weiterbildungen und ihre Arbeit austauschen.

Welche Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach für die Arbeit als Psychologin essentiell?

Frau Duschinger, Sie arbeiten derzeit als Psychologin im Service d’Aide aux Victimes des Service Central d’Assistance Sociale. Können Sie uns kurz beschreiben, wie ihr beruflicher Alltag dort aussieht?

Ich merke in meinem beruflichen Alltag immer wieder, wie wichtig das eigene Menschenbild ist, wenn man mit Menschen arbeitet. Für Psychologen – aber auch für andere Berufsgruppen, wie Erzieher, Lehrer, Polizisten, Sozialarbeiter, etc. – ist es meiner Ansicht nach essentiell, dass man dem Menschen mit einer neutralen, offenen, neugierigen und wertschätzenden Haltung begegnet. Die besten Methoden und Interventionen funktionieren nicht, wenn man mit Vorurteilen und Bewertung mit einem anderen Menschen in Kontakt tritt. Dann sollte man als Psychologe unbedingt seine eigenen Grenzen kennen und diese auch respektieren. Man sollte für sich wissen, mit welchen Themen und mit welcher Population man gerne arbeitet und bei welchen Themen man eher Schwierigkeiten hat – dem können ganz unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen. Es ist zudem wichtig, dass man nur an Themen arbeitet, mit denen man sich auskennt und über die man ein fundiertes Wissen besitzt. Haben Praktika während des Studiums Ihnen beim Berufseinstieg geholfen? Auf jeden Fall! Mein Praktikum bei IMPULS hat mir viel Wissen über Drogen, Konsum, Arbeit mit Jugendlichen und Familien, aber auch das Jugendschutzgesetz und die Funktionsweise der Staatsanwaltschaft, der Schulen, der Heime und Internate, etc. gegeben und mir meinen ersten Arbeitsvertag ermöglicht. Aber auch mein Praktikum, das ich im Rahmen meines Bachelorstudiums im SDIP (Service de Détection et d’Intervention Précoce pour troubles psychiques, Hôpitaux Robert Schuman) absolviert habe, hat mir

Ihr aktueller Berufsalltag...

Das Team des Service d’Aide aux Victimes setzt sich aktuell aus 5 Psychologinnen und Psychotherapeutinnen (3,75 Posten) zusammen. Unser Aufgabenbereich liegt vor allem in der psychologischen, psychotherapeutischen und juristischen (Aufklärung, Vorbereitung und Begleitung von Gerichtsterminen) Betreuung von Menschen, die Opfer einer Straftat geworden sind. Neben den Opfern, begleiten wir auch deren Angehörige, sowie Zeugen von Straftaten und unser Angebot richtet sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die Menschen, die wir betreuen, werden hauptsächlich von der Polizei zu uns geschickt, manche werden aber auch von anderen Einrichtungen, von Sozialarbeitern, ihrem Arzt oder Psychologen zu uns orientiert. Führen Sie auch Psychotherapien mit Ihren Klienten durch, oder beschränkt sich Ihre Arbeit eher auf beraterische Tätigkeiten? Meine Tätigkeit im Service d’Aide aux Victimes ist sehr vielfältig und orientiert sich stark an den Bedürfnissen und Anliegen meiner Klienten. Manche suchen uns ausschließlich für eine juristische (eher administrative) Begleitung und eine Aufklärung über ihre Rechte auf. Andere kontaktieren uns, weil es ihnen seit der Straftat nicht besonders gut geht und sie psychologische Unterstützung brauchen. Und wieder andere haben durch die


2433 De Psycho­lo No. 55 2020/1 Straftat, die sie erlebt haben, eine Psychopathologie (Angststörung, Depression, akute Belastungsstörung, posttraumatische Belastungsstörung, Anpassungsstörung, etc.) entwickelt. Wir machen also sowohl psychologische Beratung, als auch Psychotherapie – aus diesem Grund ist eine psychotherapeutische Weiterbildung eine Voraussetzung, um im Service d’Aide aux Victimes tätig zu sein. Täglich werden viele Menschen Opfer von Straftaten. Kann der SAV sich überhaupt um alle diese Personen kümmern? Um alle mit Sicherheit nicht, und es gibt auch immer wieder Zeiten, in denen der SAV, als einzige staatliche Einrichtung, die mit Opfern von Straftaten arbeitet, stark überlaufen ist, aber zurzeit kriegen wir es hin allen Anfragen in einem Zeitraum von maximal 3 Wochen entgegen zu kommen. Es melden sich allerdings bei weitem nicht alle Opfer einer Straftat bei uns und glücklicherweise gibt es in Luxemburg mehrere Einrichtungen, die diesen Menschen ebenfalls helfen, vor allem wenn es um häusliche Gewalt geht. Kümmert der SAV sich um Opfer sämtlicher Straftaten? Wie verhält es sich mit Personen, die nicht direkt Opfer von Straftaten wurden, z.B. Verkehrsopfer? Der SAV kümmert sich um alle Personen, die Opfer einer Straftat aus dem Strafgesetzbuch (code pénal) geworden sind – Aggression, Körperverletzung, häusliche Gewalt, Überfälle, Belästigung, Sexualdelikte, Vergewaltigung, etc. Verkehrsopfer und deren Angehörige orientieren wir für gewöhnlich an die AVR (Association nationale des Victimes de la Route) weiter. Wie funktioniert eine Fallübernahme Ihrerseits? Arbeiten Sie mit anderen Institutionen, wie beispielsweise der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder anderen Anlaufstellen für Opfer (z.B. Femmes en détresse) zusammen?

24 Wenn eine Person, die Opfer einer Straftat geworden ist, eine Anzeige bei der Polizei erstattet, bekommt sie ein Dokument, das sie über ihre Rechte aufgeklärt; dieses Dokument heißt Infodroit. Neben den Rechten des Opfers werden in diesem Dokument auch zahlreiche Einrichtungen aufgezählt, bei denen sich die Person melden kann, um Unterstützung zu bekommen: Service d’Aide aux Victimes (SAV), Wäisse Rank Lëtzebuerg a.s.b.l., Association Nationale des Victimes de la Route (AVR), Service d’Assistance aux Victimes de Violence Domestique (SAVVD), Fraenhaus, InfoMann, Alupse a.s.b.l., Fondation Maison de la Porte Ouverte und Femmes en Détresse. Ein Großteil unserer Klienten wird demnach von der Polizei zu uns orientiert und unsere Zusammenarbeit mit der Polizei funktioniert sehr gut. Da wir Teil der Generalstaatsanwaltschaft sind, arbeiten wir auch eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen. Aber auch mit den anderen Anlaufstellen für Opfer arbeiten wir Hand in Hand. Am Schluss, haben Sie noch einen Rat für zukünftige Studierende der Psychologie? Als ich Präsidentin der ALEP und viel im Austausch mit Schülern und Studierenden war – und auch als ich selbst noch Schüler war – habe ich oft erlebt, wie einem vom Psychologiestudium abgeraten wird, weil es schon so viele Psychologen gäbe und man mit diesem Diplom später keine Arbeit finden würde ... Mein Rat an alle Psychologie­ Interessierte: traut euch und geht dem nach, was euch interessiert und was euch Spaß macht. Das gilt auch für jede Entscheidung, die ihr auf dem Weg eurer Ausbildung und Weiterbildung trefft.Wie bereits eingangs erwähnt, sind Psychologie und Psychotherapie im ständigen Wandel, auch auf gesetzlicher und gesellschaftlicher Ebene, so dass meiner einung nach die Rolle des Psychologen in unserer Gesellschaft immer wichtiger werden


2533 25 wird – die aktuelle Krise, bedingt durch das Corona­ Virus ist der beste Beweis dafür. Demnach, Psychologen werden immer gebraucht.

Frau Duschinger, wir danken Ihnen für das Interview! Joé Miller Student Universität Basel joé.miller@alep.lu

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THEMENBERAICH PSYCHOLOGIE AM FOKUS

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Neurofeedback Placebo oder Therapie? Die Aufmerksamkeitsdefizit­ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist ein neuropsychiatrisches Störungsbild, welches sich durch eine anhaltende Kombination von unaufmerksamem, impulsivem und hyperaktivem Verhalten äussert und häufig im Kindesalter auftritt (American Psychiatric Association, 2013). Stimulanzien wie beispielsweise Ritalin (Methylphenidat) sind derzeit eine gängige und wirksame Therapieform – dennoch steht die alleinige Anwendung solcher Medikamente immer wieder in der Kritik, weil sie keine langfristige Verbesserung der neurokognitiven Funktionen nach sich zieht und Nebenwirkungen häufig sind (Bink, van Nieuwenhuizen, Popma, Bongers, & Boxtel, 2014; Drechsler et al., 2007). Das Neurofeedback (NF) – eine nicht­invasive neurokognitive Intervention, welche Parameter einer pathologischen Hirnaktivität überwacht und dem Patienten eine Rückmeldung (Feedback) gibt (Sitaram et al., 2017) – könnte in dieser Debatte eine Behandlungsalternative oder ­ergänzung darstellen, da die Selbstregulation des Gehirns trainiert wird (Meisel, Servera, Garcia­Banda, Cardo, & Moreno, 2013). Die Wirksamkeit von NF gilt jedoch noch als umstritten – daher soll im folgenden Essay anhand der Fragestellung «Neurofeedback – Placebo oder Therapie?» überprüft werden, ob es als Behandlungsmethode für ADHS geeignet ist. Das NF­Training basiert darauf, dass Hirnwellen, die bei verschiedenen Frequenzen auftreten, durch Feedback herunter­ oder hochreguliert werden können. Diese Frequenzen der Gehirnströme sind mit einem spezifischen Bewusstseinszustand verbunden. Personen mit ADHS verfügen im Vergleich zu Personen ohne ADHS über mehr Theta­

und weniger Beta­Aktivität im präfrontalen Cortex, was es den Personen erschwert, die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten sowie Emotionen und Verhalten zu kontrollieren (Hammond, 2011). Die Gehirnströme werden in NF­Trainings meist mittels des Elektroenzephalogramms (EEG) überwacht. Diese Methode ist nicht­invasiv, zeitlich hoch­auflösend und gegenüber Bewegungsartefakten weitestgehend unempfindlich (Thibault, Lifshitz, & Raz, 2016). Sie eignet sich also für Patienten, die in der Regel Schwierigkeiten haben, sich über längere Zeit ruhig zu verhalten. Doch wie können die Patienten die Kontrolle über ihre eigenen Gehirnströme erlernen? Normalerweise sind sich Menschen ihrer eigenen Hirnaktivität nicht bewusst. Das NF jedoch macht die Aktivität des Gehirns wenige Millisekunden verzögert auf einem Bildschirm sichtbar. Beruhend auf den Prinzipien der operanten Konditionierung werden Gehirnwellen, die im gewünschten Bereich liegen, positiv verstärkt und unerwünschte Gehirnwellen bestraft. Kinder und Erwachsene mit ADHS können so lernen, in welchen Situationen sie besonders aufmerksam sind und diesen Zustand trainieren (Nooner, Leaberry, Keith, & Ogle, 2017). Bereits im Jahr 1984 testeten Lubar und Lubar die Wirksamkeit einer NF­Intervention an sechs Kindern mit klinisch relevanten ADHS­Symptomen. Die Intervention wurde zweimal wöchentlich über einen Zeitraum von 10 bis 27 Wochen durchgeführt und die Gehirnaktivität mit der EEG­Methode gemessen. Ziel der Studie war es, dass die Kinder den Aktivierungszustand ihres


2833 De Psycho­lo No. 55 2020/1 Gehirns veränderten, indem sie lernten, die Theta­Aktivierung zu senken und die Beta­ Aktivierung zu erhöhen. Die richtige Aktivierung wurde ihnen über das Aufleuchten von Lichtern und auditiven Signalen signalisiert. Zusätzlich zum NF lösten die Kinder auch Lese­, Rechen­ und räumliche Aufgaben, die zur Aufmerksamkeitsfokussierung beitragen sollten. Die Ergebnisse suggerierten positive Ergebnisse: Alle sechs Kindern lernten den Theta/Beta­Index zu senken, was mit reduzierten Symptomen einherging. Die Kinder erzielten in der Schule bessere Leistungen und konnten nach der Behandlung auf Stimulanzien verzichten. Doch kann das Neurofeedback mit anderen Therapieformen mithalten? Gevensleben et al. (2009) erhoben in ihrer Studie 102 Kinder mit ADHS, die sie nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen einteilten. Eine Versuchsgruppe erhielt 18 Trainingseinheiten in NF (EEG), die andere in einem Aufmerksamkeitstraining. Das NF­ Training war als Computerspiel aufgebaut, welches die Kinder über eine erhöhte Beta­ Gehirnaktivität oder gesenkte Theta­ Gehirnaktivität kontrollieren konnten. Die Kinder der Aufmerksamkeits­Gruppe lösten ebenfalls Aufgaben an einem Computer, welche dem NF­Training ähnlich waren. Die Kinder, die sich zu Beginn der Studie nicht signifikant in ihrer Hirnaktivität unterschieden hatten, zeigten nach den jeweiligen Interventionen Unterschiede: Die NF­Gruppe lernte im Gegensatz zur Aufmerksamkeits­ Gruppe die Theta­Gehirnaktivität zu senken. Laut Bewertungen der Eltern und der Lehrpersonen waren die Verbesserungen der ADHS­Symptome nach dem NF ausserdem denen des Aufmerksamkeitstrainings überlegen. In einer weiteren Studie wurde das NF­ Training mit einer pharmakologischen Standardintervention (Methylphenidat) verglichen, um Langzeiteffekte zu messen (Meisel et al., 2013).

28 23 Kinder mit diagnostiziertem ADHS trainierten entweder ihre Gehirnaktivität mit NF (in Form eines Videospiels, welches erhöhte Beta­ oder gesenkte Theta­Aktivität positiv verstärkte) oder erhielten im gleichen Zeitraum Methylphenidat. Die Symptomschwere wurde vor sowie zwei und sechs Monate nach der Intervention von Eltern und Lehrpersonen bewertet. Es zeigte sich, dass beide Behandlungen erfolgreich angewendet wurden, jedoch nur die NF­ Methode auch nach sechs Monaten noch wirksam war. Die bisher aufgeführten Ergebnisse zeigen somit, dass das NF klinisch wirksam ist. Doch wirkt das Neurofeedback an sich oder vielmehr der Glaube daran, dass es wirkt? In neueren Studien, die einen Placebo­ kontrollierten Ansatz verwendeten, kommen Zweifel an der Wirksamkeit auf, da keine zusätzlichen Effekte für das NF gefunden wurden. In diesen Studien wurden die Teilnehmer sogenanntem Schein­Feedback ausgesetzt, welches nicht die Gehirnfrequenz von Interesse, sondern von einer anderen Region oder die Frequenzen eines anderen Teilnehmers abbildete (Thibault et al., 2016). Van Dongen­ Boomsma, Vollebregt, Slaats­Willemse, und Buitelaar (2013) führten beispielsweise eine doppelblinde, randomisierte und Placebo­ kontrollierte Studie mit 41 ADHS­Patienten durch, die in zwei Gruppen aufgeteilt wurden: Eine Gruppe erhielt veritables NF und die andere Gruppe Schein­NF. Die positive Verstärkung in beiden Bedingungen bestand aus der Präsentation von Tönen und Aufhellen des Bildschirms, wobei diese Signale in der veritablen Bedingung bei Erhöhung der Beta­Aktivität und beim Schein­Feedback willkürlich erfolgten. Die Schwere der ADHS­Symptome wurde vor, während und nach dem Feedback erhoben und es zeigte sich, dass sich die Symptome unabhängig von der Gruppenzugehörigkeit verbesserten. Diese Studie belegt, dass Verbesserungen


2933 29 in der Symptomatik von ADHS – anders als zuvor angenommen – nicht nur vom NF an sich, sondern auch von unspezifischen Faktoren abhängen könnten (Thibault et al., 2016). Beispielsweise zeigen Personen häufiger Veränderungen, die vom Experimentator erwartet werden, wenn sie die Hypothesen des Versuchs kennen (Nichols & Maner, 2008). Preisintensive Behandlungen sind ausserdem effizienter und technologische Methoden steigern die Motivation und die Erwartung, dass Interventionen tatsächlich funktionieren (Ali, Lifshitz, & Raz, 2014). Eltern von Kindern mit AHDS scheinen besonders anfällig für solche Erwartungseffekte zu sein (Nooner et al., 2017). Alle drei genannten Gründe, die bewiesenermassen Placebo­Effekte fördern, wurden in älteren Studien zu NF bei ADHS nicht ausreichend kontrolliert und könnten daher die gefundenen Effekte erklären. Ninaus et al. (2013) suchten nach einer alternativen Erklärung: Sie untersuchten in ihrer Studie das neuronale Substrat von zehn gesunden Probandinnen, die Schein­ NF in einem fMRT­Scan (bildgebendes, räumlich hochauflösendes Verfahren) erhielten. Die Teilnehmerinnen wurden angewiesen, ihre Gehirnaktivität, die visuell in Form von Farbbalken dargestellt wurde, zu regulieren. Die Farbbalken zeigten jedoch nicht die eigene Aktivität, sondern eine Aufzeichnung. Im Gegensatz zu einem passiven Beobachten der Balken waren in der Schein­NF­Bedingung die bilaterale Insula, der anteriore, cinguläre Cortex sowie der motorische, dorsomediale und laterale präfrontale Cortex aktiviert. Diese Hirnareale sind unter anderem für die kognitive Kontrolle relevant, die bei ADHS nicht optimal funktioniert. Diese Studie zeigt, dass der alleinige Versuch, die Gehirnaktivität zu regulieren, bereits positive Effekte bringt.

De Psycho­lo No. 55 2020/1 Wir vertreten als Kultur die Überzeugung, dass Verhaltensstörungen wie ADHS ihren Ursprung im Gehirn haben (Rose, 2003). Die Idee des NF­Trainings ist daher für viele Menschen eine logische Art der Intervention und scheint tatsächlich zu funktionieren – allerdings auch dann, wenn Personen eine Placebo­Intervention erhalten. Ninaus et al. (2013) zeigten, dass ein Placebo­Effekt aber nicht bedeutet, dass das Gehirn keine aktive Rolle einnimmt – im Gegenteil: Die Anstrengung und Motivation allein scheint auszureichen, um Gehirnareale zu trainieren und Symptome zu mildern. Diese Ergebnisse belegen daher eindrücklich, wie wichtig es ist, auch psychologische und soziale Faktoren miteinzubeziehen, da diese ebenfalls einen Einfluss darauf haben, wie sich Verhaltensstörungen entwickeln und verlaufen (Thibault, Veissière, Olson, & Raz, 2018). Ich halte das NF – trotz Placebo­ Effekten in einigen Studien – für eine potenzielle Behandlungsergänzung bei ADHS­Patienten. Meiner Meinung nach liegt eine Konfundierung von biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren vor, die mit weiterer Forschung und ausreichender Kontrolle behoben werden kann und die tatsächliche Ursache der vielversprechenden Effekte aufklärt. Wichtig scheinen mir deshalb vorläufig vor allem die positiven und langfristigen Effekte zu sein, die sowohl bei veritablem als auch bei Schein­Feedback bestehen und eine weitere Forschung rechtfertigen. Liv Roth Studentin Universität Fribourg liv.roth@unifr.ch Literaturverzeichnis: Ali, S. S., Lifshitz, M., & Raz, A. (2014). Empirical neuroenchantment: From reading minds to thinking critically. Frontiers in Human Neuroscience, 27(8), 357. https://doi.org/10.3389/fnhum.2014.00357


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Persönliches Interview mit Herrn Mag. bakk. sci. pth. Pazooki (April) Khashayar Pazooki ist Neurowissenschaftler, Psychotherapiewissenschaftler und Traumaexperte. Er leitet das Group Psylux in Mamer, wo er u.a. im hauseigenen Traumainstitut wissenschaftlich und therapeutisch arbeitet. Mit dem Hauptfokus auf Psychotraumatologie und Traumafolgestörungen ist er in den folgenden Bereichen spezialisiert: Kognitive Verhaltenstherapie, Schematherapie und Traumatherapie. Zusätzlich beherrscht er eine Reihe an Vorgehensweisen, welche in der Arbeit mit Traumafolgestörungen in den Einsatz kommen können (z.B. EMDR, BSP und CRM). In diesem Interview wird Herr Pazooki uns mehr über das Störungsbild PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) nahebringen und auf die COVID­19 Krisensituation und deren Folgen für die psychische Gesundheit eingehen. Herr Pazooki, können Sie uns, in einigen Sätzen, erläutern wie Ihr Arbeitsalltag aussieht? Ich fange um 08:00 Uhr meine ersten Patienten an und bleibe fokussiert. Sitzungsprotokolle, Falldokumentationen, Berichte und psychotherapeutische Befunde sowie neurophysiologische, psychologische und psychophysiologische Differentialdiagnostik füllen einen Hauptteil meines Arbeitsalltags.

Können Sie uns kurz erklären, was man genau unter dem Störungsbild PTBS versteht? Was sind die Leitsymptome? PTBS steht für posttraumatische Belastungsstörung und gehört zur Kategorie der Stressbelastungsstörungen, sie kommt in verschiedenen Formen vor, die wichtigsten und gängigsten sind posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), komplexe posttraumatische Belastungsstörung (kPTBS) und die kumulative PTBS, welche auch als Sekundärtraumatisierung bekannt ist. Die Leitsymptome bestehen hauptsächlich aus Symptomtriade bekannt als Symptom­Trias: Flashbacks/Intrusionen –

Vermeidungsverhalten und Hyperarousal (Übererregung). Die Typisierung der klinischen Situationsanalyse stellt folgende Punkte dar: a) Negative Intimität (Täter­Opfer­Beziehung) b) Beraubung c) Victimisierung d)Furcht (Angst) und Erregung e)Todesnähe (als subjektives Erleben der Patienten) Wann spricht man von einem Trauma und welche Traumata sind Ihrer Erfahrung nach sehr häufig? Trauma kann viele Gesichter haben, es ist wichtig zu wissen, dass Patienten mit ihren eigenen Kompetenzen (Resilienz und Bewältigungsstrategien) es nicht packen, die Traumatisierung zu verarbeiten (Symptom­ Trias), sodass aus dem Erlebten und mindestens ein Monat danach die „Symptome“ noch persistieren und die Todesfurcht wiedererlebt wird. In Fachkreisen wird je nach Fall bis zu 6 Monaten gewartet, kommt dann immer noch nicht zu einer Verarbeitung, kann die PTBS diagnostiziert


3233 De Psycho­lo No. 55 2020/1 werden, jedoch sollte man hierbei differentialdiagnostisch und sehr genau vorgehen. Wie bereits oben erwähnt sind PTBS, k­PTBS und die kumulative Traumatisierung die Häufigsten… Was ist der Unterschied zwischen einer PTBS und einer komplexen PTBS? Bei PTBS handelt es sich um eine Traumatisierung aufgrund eines Ereignisses (z.B. Vergewaltigung) und bei der kPTBS handelt es sich um sich aufeinander folgende und häufende Traumatisierungen der gleichen Art (z.B. Inhaftierung und Folter über mehrere Wochen/Monate oder Jahre). Ein sehr gängiges Beispiel für eine kPTBS ist der sexuelle Missbrauch bei Kindern und Jugendlichen, was sich ebenfalls über eine „längere Zeit“ ereignet… Eines der häufigsten Komorbiditäten zu kPTBS ist eines der Formen einer dissoziativen Störung, was sehr schwer zu behandeln ist und die Therapie torpediert. Zur Behandlung der dissoziativen Symptome (Störung) setzen wir die Transcraniale Magnetstimulation (TMS) ein, um entsprechend notwendige Neuromudaltion erreichen und diese Komorbidität hinreichend behandeln zu können… Wie viele Menschen leiden in Luxemburg an einer PTBS? Gibt es eine Gruppe von Menschen die besonders gefährdet ist (z.B. Personen mit Migrationserfahrung oder Kriegsveteranen)? Gibt es Möglichkeiten Präventionsmaßnahmen einzuleiten und wie würden diese aussehen? Leider sind keine genauen Statistiken aus Luxembourg bekannt und auf die vorhandenen Zahlen sollte man sich keinesfalls verlassen, denn die schwarzen und verdeckten Zahlen überragen die

32 vorhandenen Zahlen bei Weitem. Mädchen in Familien sind immer noch eine große Risikogruppe, was den sexuellen Missbrauch angeht, denn sie über 95% dieser Opfer trauen sich niemals etwas zu unternehmen und werden daher auch unbekannt bleiben. Die Gesetzgebung in Luxemburg geht damit nicht sehr adäquat um, man müsse sich vorstellen, dass es dafür immer noch eine Verjährungsfrist von 10 Jahren gibt, danach lacht der Täter dem Opfer einfach ins Gesicht. Auch die Vorgehensweise der Exekutive lässt oftmals sehr zu Wünschen übrig. Die effektivste Präventionsmaßnahme seitens der Legislative sei die Änderung und Anpassung der Gesetze, seitens der Menschen einen adäquateren familiären Schutz, Psychoedukation und Veröffentlichung effektiver Umgangsformen gegen den Missbrauch, den sie lauert wirklich um die Ecke. Das soll nicht heißen, dass andere Traumatisierungen nicht vorkommen bzw. weniger Raum einnehmen (sollen)… Es gibt auch andere Risikogruppen, z.B. civile und professionelle Kriegsopfer, Asylbewerber und Migranten aus den Kriegsgebieten etc. Welche Therapieform gilt in diesem Bereich als evidenzbasiert und welche persönlichen Erfahrungen haben Sie mit den verschiedenen therapeutischen Ansätzen gemacht? Gibt es Unterschiede im Erfolg der Therapie? Viele Jahre habe ich nur mit Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) gearbeitet (diese Therapieform gilt seit relativ kurzer Zeit als evidenzbasiert). Danach habe ich mich in narrative Umstrukturierung (von der kognitiven Verhaltenstherapie), Brainspotting (BSP) und Comprehensive Resource Model (CRM), als Traumatherapie spezifische Methoden vertieft. Sie sind alle sehr gut und


3333 33 wirken entsprechend. Dabei sollte man vor Methodenkrieg und Zauberwirkungsversprechen warnen. Man sollte immer schauen, welche Methode für welche Patienten am Besten geeignet ist und diese für die Patienten anwenden, was gleichzeitig eine vielfältige Ausbildung seitens der Therapeuten voraussetzt. Bezüglich der Covid­19 Krisensituation: Welche psychischen Belastungen, bzw. Folgen, könnte die Krise mit sich bringen? Wie könnte man diese vorbeugen? Gibt es verschiedene Faktoren auf die man im alltäglichen Leben besonders achten soll? Eines der Probleme, auf das es ein großes Augenmerk bedarf ist die „soziale Distanzierung bzw. soziale Isolation“, welche unterschätzt werden und damit verheerende Folgen nach sich ziehen kann. Die Krisensituation mit der damit einhergehende Ausgangssperre kann ebenfalls Depressionen, Zwangsstörungen, Kompensationsstörungen (z.B. Essstörung), Traumatisierung bis hin zur PTBS entweder verursachen und als Rezidive entfachen. Angst­ und Panikstörungen könnten ebenfalls die Folge sein. Bei Patienten mit entsprechender Prädisponibilität kann die Suizidalität bzw. Parasuizidalität ein Thema werden u.v.a. An dieser Stelle verweise ich auf ein Artikel, der vor Kurzem in Journal.lu veröffentlicht wurde: 1) Die Folgen von Corona­virus bedingte Ausgangssperre: • Die Beantwortung dieser Frage findet auf viele verschiedene Ebenen statt. Alles hängt von der genetischen sowie psychischen Prädisposition sowie von der Anfälligkeit der Person (siehe Resilienz) als auch von seiner Persönlichkeit ab. Hier gilt introvertiert vs.

De Psycho­lo No. 55 2020/1 sind und damit das Alleinsein sowie das Gefühl von Einsamkeit besser wegstecken können. Trotz allem brauchen auch introvertierte Menschen ein Mindes Maß an Gesellschaft und soziale Bindung. • Zeitliche Veränderungen in alltäglichen Dingen bedarf Adaptation/Neuanpassung und damit stellt uns die Isolation vor einer neuen Herausforderung

• Nicht mehr arbeiten zu gehen und mit Mitmenschen/Freunden etc. keinen Kontakt mehr zu haben hat eine massive zeitliche und inhaltliche Veränderung der Lebensstruktur zu Folge und führt zum Bruch von vielen Ritualen, in welchen sich die Menschen wohlgefühlt haben, mit der Zeit nicht mehr zu wissen, was mit seiner Zeit anfangen zu können bzw. der Bedarf an einer neuen Zeiteinteilung stellt viele Menschen vor einer sehr großen bis in manchen Fällen einer unmöglichen Herausforderung (nicht jeder Mensch verfügt über die nötigen Coping­Strategien bzw. über die hinreichend nötige Resilienz) • Nicht mehr Zeit mit anderen Menschen verbringen zu können ist im Endeffekt eine soziale Isolation und führt zu sozialer Distanzierung

• Isolation und soziale Distanzierung ist letztendlich die Nichterfüllung der aller wichtigsten und ersten psychologischen Grundbedürfnisses, d.h., dass der Bedarf an Bindung und Kontakt zu anderen Menschen (wichtig für hormonellen Haushalt und für unser Immunsystem im Sinne der oxytocinegen Wirkungen (Bindungshormon mit der Folge an Gefühlen von Sicherheit und Geborgenheit) • Es entsteht immer mehr eine Tendenz zur


3433 De Psycho­lo No. 55 2020/1 negativen Hervorhebung (negative Colorisierung). Man sieht nur noch negativ und fängt an tendenziell zu katastrophisieren, sog. Katastrophisierung • Grübeln/Rumination, Gefühle und Zustände von Angst, Unsicherheit, Ausgeschlossensein, Traurigkeit und Aggressivität bis zur affektiven Verstimmung können verstärkt auftreten und sich immer mehr manifestieren, infolge können sich paranoide Gedanken verbreiten, die aus diesen Zuständen resultieren • Das Gefühl von Einsamkeit, Alleinsein, Nutzlosigkeit und Insuffizienz, Hilflosigkeit und Ohnmacht können entstehen und sich verstärken • Aus den o.g. negativen psychologischen Auswirkungen kann sehr viel Stress aufgebaut werden • Der Stress wirkt sich äußerst negativ aus und schwächt unser Immunsystem • Bei vermehrtem bzw. manifestiertem Stress kann es zu einer Hyperaktivität der HPA­ Achse kommen (Hypothalamus­Hypophyse­ Nebennieren­Achse), dies führt zu einer übermäßigen und beständigen Produktion von Stresshormonen wie CRF (Corticotropin Releasing Factor), ACTH (Adreno­ corticotropines Hormon) und Cortisol, ebenfalls vermehrt sich dadurch die Adrenalin und Noradrenalin Produktion, was zu einer Defragmentierung eines gesunden Gehirns führen und auch irreparable Schäden verursachen kann, je nach Prädisposition kann sich daraus eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln, welche an sich verheerende Folgen für die Gesundheit zur Folge hat. 2) Was kann man dagegen tun?

34 • Erstellen Sie eine Liste über das, was Ihnen fehlt (vor allem psychisch) • Erstellen Sie ebenfalls eine Liste aller Dinge, für die Sie nie Zeit hatten und die Sie immer gerne tun wollten • Treten Sie über Telekommunikation, sozialen Medien in Kontakt mit anderen Menschen, vor allem mit Freunden und Bekannten sowie mit ihrer Familie (falls nicht im selben Haushalt) • Teilen Sie sich Ihre Aktivitäten an den Multimediageräten gut ein (nicht den ganzen Tag vor dem PC oder am Handy verbringen) • Mögliche Skype­Videokonferenzen, WhatsApp Gruppen, Facebook­Gruppen etc. können sehr nützlich sein • Suchen Sie sich andere Hobbies und Beschäftigungen, die innerhalb des Hauses, in Ihrer Garage oder in ihrem Garten zu ermöglichen sind • Reduzieren Sie Ihren Alkoholkonsum • Ernähren Sie sich öfter als sonst von Gemüse und Obst • Kochen Sie für sich und andere in ihrem Haushalt, sie werden (in den meisten Fällen) Ihrer Frau auch eine Pause gönnen können • Wechseln Sie sich bei der Hausarbeit miteinander in den Aufgabenbereichen ab und tauschen Sie des Öfteren mal die Aufgaben • Treiben Sie öfters Sport und sorgen Sie für viel Aktivität und Bewegung • Schaffen Sie sich kognitive Beschäftigung (sog. Geistige Aufgaben/Aktivitäten), z.B. Gesellschaftsspiele oder Schachspiel u.v.a.


3533 35 • Haltens Sie einen gesunden zirkadianen Rhythmus ein – der gesunde Schlaf ist nachts, wachen Sie morgens auf und gehen Sie abends nicht zu spät ins Bett. Sie benötigen einen gesunden und erholsamen Schlaf Bitte Achten Sie darauf, dass Sie evtl. professionelle Hilfe und Unterstützung benötigen. Dazu neigen insbesondere Menschen mit einer Prädisposition zu neurotischen Erkrankungen (z.B. Angststörungen), Depressionen, Persönlichkeitsstörungen Auch Menschen mit einem ausgeprägten Neurotizismus neigen in solchen Zeiten zu verstärkten Problemen. Bitte warten Sie nicht zu lange, suchen Sie einen Psychologen bzw. einen Psychotherapeuten auf. 3) Was tun, wenn es richtig kracht? Kritischer Weise muss ich gestehen, dass meinem Verständnis und meinem professionellen Anspruch nach hat es bereits in diesen ersten und momentanen Phasen der Epidemie an psychologischer Unterstützung für die Bevölkerung und den Einsatzkräften arg gefehlt. Der Staat und die verantwortlichen Stellen hätten sowohl der Bevölkerung, als auch den betroffenen Professionellen (dazu gehören Ärzte, Krankschwester, Rettungskräfte, Altenpfleger, Polizisten und alle aus solchen Berufen mit einem Risiko für Sekundärtraumatisierung) viel mehr Psychoedukation und psychologische Unterstützung anbieten müssen. Falls es uns noch härter treffen sollte wünsche ich mir folgende Vorgehensweisen, welche jetzt schon organisiert werden müssen damit wir der Situation nicht wieder überrascht und

De Psycho­lo No. 55 2020/1 hilflos entgegenstehen: • Sofortige Zusammenstellung von KRKs/ KIKs (Krisenreaktionskräften/ Kriseninterventionskräften) in verschiedenen Teams (bestehend aus Psychologen, Psychotherapeuten, Ärzten, Krankenschwestern, welche in Traumatherapie für Akuttraumatisierung, Notfallpsychologie und Notfall­ bzw. Krisenintervention ausgebildet sind bzw. von solchen Teamleitern geführt werden, welche über eine hinreichende Traumatherapieausbildung mit Krisenintervention ausgebildet sind) • Diese sog. KRKs/KIKs sollten sowohl an Notfallzentren, als auch in mobiler Form formiert und einsatzbereit sein • Ein Team von den o.g. psychologischen und psychotherapeutischen Kriseninterventionskräften sollte die sonstigen Einsatzkräfte wie Polizei, Armee etc. unterstützen und ständig begleiten • Es sollte ein Fond für die finanzielle Unterstützung therapie­ und Interventionsbedürftiger Menschen eingerichtet werden bzw. der Staat sollte für diese Kosten aufkommen und die Hilfe garantieren • Sog. Liaison(s) sollten die funktionale und adaptive Kommunikation zwischen den jeweiligen Notfallteams und Notfallzentren begleiten und herrichten Viele andere Maßnahmen müssten schnell möglichst geplant und organisiert werden, welche ich in diesem Interview/Artikel und im Einzelnen nicht erläutern kann, jedoch stehe ich gerne in beratender Funktion zur Verfügung. Das Traumainstitut Luxembourg


De Psycho­lo No. 55 2020/1 hat bereits die Kontingenz erhöht und stellt sich für die pro bono Aufnahme therapeutischer Interventionen von folgenden Personengruppen und im Rahmen unserer Möglichkeiten zur Verfügung: • Gruppe der behandelnden Ärzte von Corona­Patienten • Gruppe der behandelnden Krankschwestern/Pflegern von Corona­ Patienten • Gruppe der Rettungskräften (Ambulanzfahrer, Notfallassistenten etc.) • Gruppe der Psychologen und Psychotherapeuten in Verbindung mit der aktuellen Situation • Gruppe der Polizeibeamten (nur in Verbindung mit der momentanen Situation) • Gruppe von Kassiererinnen/Kassierer von Lebensmittelmärkten und nur in Bezug auf die aktuelle Situation) Die Fälle würden nach ihrem Zusammenhang mit der momentanen und aktuellen Situation geprüf. Wir brauchen Nachweise über die Zugehörigkeit zur jeweiligen und o.g. Gruppen. Der Fall kann nur aufgenommen und behandelt werden, falls es einen Bezug zur Momentanen Situation aufweist (Aktualitätsprinzip. Wir können nur begrenzte Plätze anbieten, da unsere Kontingenz ebenfalls begrenz ist. Das Traumainstitut Luxembourg stellt sich den Behörden zur Zusammenarbeit zwecks Beratung und Exekution zur Verfügung. Aufgrund der Covid­19 Krisensituation werden gehäuft Therapiesitzungen über Webcam durchgeführt. Wie erleben Sie diese Situation und welche Maßnahmen haben Sie zusätzlich noch getroffen? Gibt es

36 es Vor­ und/oder Nachteile bei Therapie­ Sitzungen über Video? Ich führe momentan meine eigenen Therapien via Skype durch. Die persönliche Nähe zum Patienten fehlt und macht einiges schwieriger (Beachtung der Mikroexpressionen, Mimik und Gestik insgesamt…), jedoch funktionieren die Therapien relativ gesehen erstaunlich gut und kommen bei Patienten auch sehr gut an. Es bedarf anfangs eine Adaptationsleistung auf beiden Seiten, einst diese hergestellt ist, funktioniert es gut. Übungen, z.B. jene aus der Schematherapie können erschwert durchgeführt werden und bedürfen einiges an Phantasie und Einfallsreichtum, dennoch mit etwas Innovation und Motivation können auch diese durchgeführt werden. In Anbetracht der Situation bin ich sehr glücklich, dass wir heutzutage über solche Mittel verfügen. Zusätzliche Maßnahmen sind Notfallinterventionsmaßnahmen, die wir unseren Patienten gegenüber garantieren, z.B. im Falle von Suizidalität oder Parasuizidalität führen wir gesonderte Maßnahmen durch und stellen Fachpersonal zur Verfügung damit die Maßnahmen durchgeführt werden können. Ferner bieten wir unsere podcasts und YouTube Videomaterial sowie sonstige Streamings an, die als verstärkende und zusätzlich repetitive Maßnahmen zu Hause induziert werden können, ohne dass unsere Patienten die Therapiefrequenz erhöhen müssen, was auch mit mehr Kosten verbunden wäre. Die Vorteile der Videotherapie sind auch in der Durchführbarkeit auf Distanz zu sehen, was an sich den Verlauf der Therapie ohne Unterbrechung ermöglicht.


3733 37 Laut Ihren Erfahrungen, wie Patienten/innen mit der Krise um?

De Psycho­lo No. 55 2020/1 gehen

Ich kann nur aus den Erfahrungen mit unseren Patienten berichten und sagen, dass sie die Situation erstaunlich gut nehmen und ihren Alltag trotz der Umstellung meistern. Sie berichten uns sehr wohl von situationsspezifischen Problemen, die wir in der Therapie thematisieren, jedoch gehen sie mit der Krise gut um. Zukunftsängste und Existenzängste sind vor allem allseits präsent und wirken sehr verstörend auf unsere Patienten. Herzlichen Dank!

Wir bedanken uns herzlich für das Interview und freuen uns Ihre Expertise mit angehenden Psycholog/innen teilen zu können.

Lena Ewen Studentin Universität Fribourg lena.ewen@alep.lu


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Erfarungsbericht zu Stagen an dem Statut

vun der Psychologie an Japan (2019) Japan, d'Land vun der opstoender Sonn, ass sécherlech een Reesezel vun ganz villen Léit opgrond vun verschiddensten Motivatiounen. Déi eng wëllen eng friem Kultur kenneléieren déi anerer wëllen d'Land hautno erliewen wou hiren Liblings­Anime oder Videospillkonsole hierkënnt. Mech huet läscht Joer béides motivéiert dohinner ze goen an ech wollt et idealerweis direkt mat zwee Stageplazen vir 10 Wochen, no mengem 6 Semester Psychologiestudium verbannen. 1. Präparatioun an Organisatioun vun engem Psychologie­Stage an Japan Als Psychos­Student an Japan een Stage ze fannen war leider net sou einfach: a) Wat verstinn d‘ Japaner énnert engem Stage? Stage ass en onbekannt Phänomen an Japan, wouduerch een den Adresséierten ëmmer erklären muss em wat et sech dobäi handelt (e.g.: Zitat aus enger Email: "I also need to know whether the word "intern" you use includes payment like a worker."). Zousätzlech kennen weder Gesondheetszentren nach Universitéiten engem eppes ubidden well et och keng rechtlech Strukturen vir Stagiären gett (e.g.: Zitater aus E­Mailen: "... unfortunately such internships are not the general custom in Japan.", " ... psychological/health care services internships are not permitted in counseling centers.")

Stagen maachen kann. d) Wéi hun ech meng Stage­Plazen fonnt? Meng Stage­Plazen hun ech doduerch fonnt, andeem ech all psychologesch Zentren an Praxen an Japan ugeschriwwen hunn déi mindestens eng Englesch Informatiounsäit op hierem Internetsite haten. Ech selwer kann och bëssen Japanesch schwätzen (JLPT­4), wat mir eng weider Zouso verschaaft huet, mee et ass och méiglech Platzen ze fannen ouni Japanesch­Kenntnisser! Allgemeng gelt: Net duerch Ofsoen ënnerkréien loossen an einfach ëmmer weider probéieren. 2. Fuerschungspraktikum ­ Tokyo Mental Health (10 Wochen)

b) Japanesch Sprooch Déi meescht Psychologen an Japan schaffen exklusiv mat japaneschem Clienten wouduerch vir een net perfekt japanesch schwätzen kann déi Dieren schon emol zou ginn. c) Brauch ech een Visum? Een Laangzäit­Visum ze kréien vir Japan ass net ëmmer einfach, mee als Letzeboier huet een Recht op een 90­Deeg Touristen­Visum, wouduerch een bis zu 3 Méint onbezuelt (!)

Eng consultativ­psychiatresch Klinik an Tokyo, déi sech op Migranten an Tokyo spezialiséiert, huet mech ugeholl nodeems ech hinnen eng Prouf­Recherche­Aarbecht geschriwwen hunn. De Stage huet aus enger eegener


3933 39 Fuerschungsaarbecht bestanen, baséierend op eegen Interessen oder Propositiounen vum Psychiater. Dat Ganzt gouf duerchgefouert mat Hëllef vun engem groussen Datensatz vun repeated­measure Self­report Daten an Medikamentenugaben vun 1000+ Patienten. Schlussendlech sollt d'Fuerschungaarbecht mindestens als Pouster op enger Konferenz präsentéiert ginn. Mäin Thema war d'Erfuerschung vun Prädikateuren vir Verbesserung bzw. Remissioun vun Depressiounen mat Hëllef vun Olanzapine (Mood­stabiliser) an Baseline­Charakteristiken bei Patienten déi positiv op Antidepressiva reagéieren. D'Daten geufen mam Psynary (d‘Mental­Health Plattform) erhuewen déi aus psychologescher Diagnostik (PHQ­9, GAD­ 7, ...), demographeschen Froebéi an Medikamentenangaben bestanen huet. Meng Projeten goufen dunn vir eng Posterpräsentatioun bei den zwou gréißten Europäeschen Kongresser vir Psychiatrie (jeweils vun der European Psychiatric Association (EPA) an dem Royal College of Psychiatrists) ugeholl. Un psychologeschen Consultatiounen duerft ech leider net deelhuelen, mee ech gouf vun zwee Psychiater, engem Programméierer an engem Psycholog wärend menger Stagenzeit betreit. Insgesamt haat den Stage vill Virdeeler mat sech gezunn wéi meng éischt Autorenschaft op mengen Projeten, eng fair Autorenschaft op all Paper den ech mat betréit hunn, seuwei een Abléck am Programméieren an eng Weiterbildung an d’Datenextraktioun/ analyse. Bezuelt gouf den Stage leider net, mee dofir gouf emmer d'Autorenschaft un alles ugebueden, Käschten vir Publikatioun an Konferenzen op deenen ech meng Fuerschung vun hinnen präsentéieren iwwerholl an ech gouf ëmmer an "Izakayas" (Japanesch Baren), Restauranten an Starbucks agelueden. Eng Wunneng misst ech selwer organiséieren an Büros Optiounen waren flexibel mat der Méiglechkeet Home­Office

De Psycho­lo No. 55 2020/1 ze maachen an Japan ze bereesen. FAZIT: Gutt vir Fuerschungsinteresséierter déi sech och déi psychiatresch Fuerschung wëllen ukucken an flexibel wëllen bléiwen fir Japan ze bereesen Mee léider éischter schlecht vir Léit déi een klinesch­psychologeschen Stage sichen. 3. Consultatiounspraktikum ­ Medi­Counseling Osaka (2 Wochen)

Osaka, zweetgréisst Metropol an Japan, ass déi zweet Stadt wou ech en Stage fonnt hunn. Dësen Stage huet sech mir erméiglecht duerch Grondkenntnisser an der japanescher Sprooch. All Mataarbechter an dësem Service sinn Japaner, mee den Chefpsychologe huet relativ gutt Englesch geschwat an een vun den Mataarbechter huet och Psychologie an England studéiert. Déi aner konnten sou gutt gebrachent Englesch schwätzen wéi ech Japanesch wouduerch een sech knapps ënnerhaalen konnt. Sie waren immens motivéiert mir sou vill wéi et geet kennen ze erméiglechen. Sou konnt ech um Wochenendseminaren (op Japanesch) mathëlllefen zum Thema Familljentherapie an hier englesch­sproocheg Ressourcen verbesseren seuwei bei der Iwwersetzungen hëllefen. Donieft konnt ech eng englesch­ sproocheg Consultatioun beobachten an een


4033 De Psycho­lo No. 55 2020/1 Intelligenztest auswäerten (innerhalb vun nëmmen 2 Wochen Stage). Allgemeng hunn Sie 1­2 Englesch Clienten all Woch, woubäi den Rascht Japanesch ass. Sou häerzlesch behandelt gouf ech nach an kenger Stageplaz. Sie hunn mech an Restauranten agelueden, sech Zäit geholl mer Psychologie an Japan ze erklären, mech sinn mech suguer an Tokyo komm während mengem éischten Stage an den Chefpsychologe ass mech op Lëtzebuerg besichen komm nodeems hien eng Konferenz an der Schwäiz hatt. Dësen Stage war och onbezuelt an ech misst mir meng Schlofplaz selwer organiséieren, wat zu Osaka awer liicht ze fannen ass (am Géigendeel zu Tokyo). FAZIT: Fachkenntnesser kann een hei wéineg verdéiwen an vill Méiglechkeeten vir mat an Consultatiounen ze goen gett et leider wéineg. Et léiert een awer vill iwwer Psychologie an Japan. 3. Wéien Statut huet Psychologie an Japan? Perséinlech Meenung an Erfahrung Psychologie ass een relativ onbekannten Studium an Japan, den awer vun groussen Universitéiten ugebueden gett. En orientéiert sech dobäi besonnesch nom däitschen Modell an vill Psychologen an Japan sinn op CBT spezialiséiert, besonnesch Mindfulnesstherapie, Traumatherapie an Familijentherapie. Japan huet och bekannterweis kulturspezifesch Stéierungsbiller wéi Hikikomori an Taijin Kyofusho. Auslännesch Psychologen sinn heefeg franséisch an psychoanalytesch orientéiert. Den Begrëff "Psychotherapeut" ass réischt säit kuerzem geschützt an baséiert heefeg nëmmen op engem Masterstudium. An der aktueller Iwwergangsphase kennen all Persounen am Gesondheetssecteur déi annähernd psychologesch geschafft hunn (souguer Krankenpfleeger!) sech duerch eng kurz Weiderbildung Psychotherapeut nennen! Des gouf ech vun mengem Chef an Osaka gewuer den des Weiderbildung ubitt. An den Medien gett d'mental Gesondheet och

40 komplett evitéiert an en Japaner géif ni zouginn bei een Psycholog ze goen. Doduerch ass d'Demande no Psychologen vir Japaner relativ geréng, mee d'Auslänner an Japan sichen aktiv no Psychologen déi hinnen an dëser friemer Kultur, déi oft sozial­ isoléierend ass, hëllefen kennen. Zousätzlech sinn vill Diagnostik­Instrumenter ni op Japanesch iwwersat ginn wouduerch ech an Osaka mam WAIS­III misst schaffen (vun 1997)! Bezüglech der psychologescher Ausbildung / Weiderbildung an Japan gouf mir vun béiden Stageplazen oofgerueden an Japan Psychologie ze studéieren, no Stagen ze sichen oder eng psychotherapeutesch Ausbildung ze maachen. D'Ausbildung wier an Japan relativ schlecht wat Psychologie betrëfft an vill Japaner ginn léiwer an Amerika oder UK Psychologie studéieren wann se genuch Englesch kennen. Den Psychologiestudium an Japan ass nämlech éischter drop ausgeriicht, das d'Psychologen an Firmen am HR (Human Ressources) schaffen ginn. Allgemeng ass den Gesondheetssystem an Japan relativ hierarchesch opgebaut an et kritt een kaum Responsabilitéiten als Psychologe an enger Klinik. De Beruff ass och relativ schlecht bezuelt am Natiounenvergleich an d'Käschten vun engem Psychologe gett vir d'Patienten nëmmen seelen iwwerholl. D'Patienten vun mengen zwee Stageplazen kruten d'Consultatioun beim Psychologe an beim Psychiater net rembourséiert. 4. Fazit "Psychologesch Weiderbildung" an "Japan" sinn nëmmen schwéier ze kombinéieren an och net onbedéngt ze recommandéieren duerch den aktuellen Statut vun der Psychologie an Japan. Et ginn sécher besser Plazen vir een Stage ze maachen, mee trotzdeem bereien ech mein Choix net. Vir jiddereen den fuerschungsinteresséiert ass an gären den Gesondheetssystem duerch Mental­Health Platformen well verbesseren ass Tokyo Mental Health eng super Adress


4133 41 ass Tokyo Mental Health eng super Adress an d'Gaastfrëndschaft vun den Japaner wéisst sech och op den Stageplazen wat eng angeneem Erfarung ass. Zousätzlech sinn ech immens frou, dass ech meng Japanrees mat enger Weiderbildung an Form vun Stagen kombinéieren konnt. Wann een extrem un Japan an Fuerschung interesséiert ass, kann ech een Stage am Land vun der opstoender Sonn recommandéieren. Kevin Berna Student Universität Luxemburg kevin.berna.001@student.uni.lu

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Gewannt eent vun den Psychologie­Fachbicher aus dem Springer Verlag !!


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Éditeur:

Association Luxembourgeoise des Étudiants en Psychologie (ALEP) a.s.b.l. 11, Porte des Sciences L­4366 Esch­sur­Alzette

Email: contact@alep.lu Website: www.alep.lu

Tirage: 72 exemplaires Clôture de rédaction: 1.07.2020 Coordination:

Anne­Catherine Ewen Email: kitty.ewen@alep.com

Cover: © Lena Ewen Kreuzworträtzel: © Lena Ewen Photos: © Lena Ewen (Pages intermédiaires) © ALEP Réalisation:

Autisme Luxembourg a.s.b.l. 1 Jos Seyler Strooss, 8522 Biekerech Luxembourg Dës Zäitschrëft gouf op Recyclingspabeier gedréckt.




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