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Rechts riecht es nach Weizen links nach Meer

Sightseeing-Tipp: Wismar Reisetipp: Zug mit Radplatz rechtzeitig buchen sowie Quartiere Mitnehmen: Bikini und Haube

Ein Bericht einer Radreisen-Anfängerin. Von Lübeck bis Stralsund.

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Text und Fotos: Angela Hirsch

Gemütlich sitze ich beim Frühstück und mir fällt ein Katalog über Radreisen in die Hand. Ich habe knapp elf Tage Zeit für eine Reise, inklusive Urlaub. Ich rufe einen absolut radreiseerprobten Freund an und frage ihn nach möglichen Zielen. Ich entscheide mich für die Ostsee und denke mir: Da ist es flach und das Abenteuer überschaubar. Tipps sind schnell eingeholt, zwei Radtaschen gekauft sowie das Nötigste an Radwerkzeug, ein Ersatzschlauch, eine Trinkflasche samt Halterung und ein Zugticket nach Lübeck. Die erste Etappe: 70 Kilometer. Ein guter Tipp: „Mach’ genug Pausen.” Mit neun Kilo Gepäck und meinem alten Drahtesel steige ich in den Nachtzug. Einmal durch Lübeck laufen und schlafen, dann kann es losgehen.

Es regnet. Am Weg raus aus Lübeck sprechen mich zwei ältere Damen an, die auch mit dem Rad unterwegs sind. Irgendwie schaffen wir es gemeinsam aus der Stadt, der Weg wird sofort angenehmer und die Sonne kommt raus. Nach einer ausgiebigen Pause setze ich in Travemünde mit der Fähre nach Priwall über. Ich radle gemütlich vor mich hin, rechts riecht es nach Weizen, links nach Meer. Die zweite Etappe von Zierow über Rerik nach Wendelstorf ist fast geschafft. Der Weg bis Rostock ist wenig spannend. Warnemünde gefällt mir gar nicht und ist total überlaufen. Der Hintern tut irre weh. 170 Kilometer hat er bereits durchgehalten, jetzt will er eine Pause.

Ein Pausentag hat gutgetan. Rostock ist ein feines Städtchen. Es geht weiter auf den Darß. Rückenwind kann jeder. Von 54 Kilometern Strecke waren 34 Kilometer mit Gegenwind. Wegen der Wettervorhersage buche ich ein Zimmer, es soll die nächsten Tage Gewitter geben. Doch ich habe Glück, mir sind ein paar Tage am Strand vergönnt, Sonne statt Gewitter. Was für ein wunderschöner, kilometerlanger, einsamer Strand.

Die letzte Etappe steht an. Es geht zirka 15 Kilometer durch den Wald. Ich komme mir vor wie auf einem MTB-Trail. Endlich raus aus dem Wald begrüßt mich der Gegenwind. Eine Weile später dreht der Wind – wunderbar. Ich allerdings muss auch umdrehen, ich habe die Abzweigung verpasst und muss zurück. In Stralsund treffe ich Kitty und Uschi, die zwei Radfahrerinnen aus Lübeck wieder. Sie haben sich immer wieder bei mir erkundigt, wie es mir geht, und ein bisschen auf mich aufgepasst. Nachdem wir uns verabschiedet haben – Endspurt. Ich trete voll in die Pedale. Mir kommt vor, ich stehe, so stark weht der Wind. Voll Adrenalin komme ich fix und fertig nach 80 Kilometern gegen den Wind an und habe einen Riesengrinser im Gesicht. Bevor es weitergeht, mache ich noch einen Tag Pause in Stralsund. Zum Glück bin ich am Vortag angekommen. Der Wind ist jetzt so stark, es wäre unmöglich gewesen zu radeln. Von den Backsteinbauten habe ich genug gesehen. Ab in den Zug und nach Hannover zu Freunden. Dort hat es 38 Grad. Wir radeln 40 Kilometer durch die Stadt bis wir uns total verschwitzt in einer Kneipe am Wasser niederlassen und uns die Getränke fast schon zur Abkühlung ins Gesicht schütten.

Am nächsten Tag geht es wieder mit dem Zug nach Wien. Beim Aus-dem-Fensterschauen lächle ich, ich hatte so eine schöne Zeit: am Rad bei 15 bis 38 Grad, von Lübeck bis Stralsund und durch Hannover, von Wien mit dem Zug gen Norden und zurück, von einer Radreiseanfängerin zum Radreisefan – und überlege schon, wohin die nächste Radreise geht.

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