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Die Quick Fixes kommen
from AnachB 12.2019 Sichtbar sicher – Wie OSRAM seine weltweiten Trade-Compliance-Prozesse optimiert
by AEB Software
Innergemeinschaftliche Lieferungen
Die EU arbeitet an einer großen Mehrwertsteuerreform. Ein wichtiger Schritt dafür sind die sogenannten Quick Fixes. Diese fließen in das deutsche Jahressteuergesetz ein und werden ab Januar 2020 wirksam sein. Ein Blick in den Regierungsentwurf des Gesetzes zeigt, dass sich bei innergemeinschaftlichen Warenlieferungen einiges tut. Insbesondere bekommt die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eine größere Bedeutung.
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Wenn sich die EU an eine grundlegende Reform macht, dann dauert das seine Zeit. So war (und ist es) beim Übergang zum Unionszollko dex (UZK). Und so wird es auch bei der großen Mehrwertsteuerreform sein, an der in Brüssel derzeit gear beitet wird. Die Reform ist für die Jahre 2022 bis 2024 geplant. Mit einigen wichtigen Regelungen will die EU jedoch nicht so lange warten. Diese Sofortmaßnahmen sind als EU Quick Fixes bekannt. Sie wirken ab 1. Januar 2020 und fließen ins „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektro mobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ ein, das man auch als Jahressteuerge setz kennt.
Inhaltlich betreffen die Quick Fixes der EU die Regelungen zu steuer freien innergemeinschaftlichen Lieferungen. Derzeit liegt das Gesetz noch als Regierungsentwurf vor. Dieser fußt auf der Änderung der europäischen Mehrwertsteuer system-Richtlinie (RL (EU) 2018/1910). Mit dieser Richtlinie gibt es eine zusätzliche Vorausset zung für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung: So muss der Abnehmer dem Liefe rer vor Beginn des Transports seine ihm von einem anderen Mitglied staat als dem Abgangsmitgliedstaat zugeteilte Umsatzsteuer-Identifika tionsnummer (USt-IdNr.) mitteilen. Zudem muss der Lieferer die Liefe rung in der Zusammenfassenden Meldung aufnehmen. Damit wird es noch wichtiger als bisher, die USt-IdNr. seiner Kunden rechtzeitig in Erfahrung zu bringen und syste matisch zu prüfen. Diese Regelung gilt nach dem Stand des Regierungsentwurfs grundsätz lich auch, wenn Waren zur eigenen Verwendung in einen anderen Mitgliedstaat nicht nur vorüberge hend verbracht werden. In solchen Fällen mag es ratsam sein, sich vor dem Transport im anderen Mitglied staat steuerlich zu registrieren, sofern nicht die unten beschriebene neue Konsignationslagerregelung angewendet werden kann. Was problematisch wird: Wenn Ware, die vorübergehend im ande ren Mitgliedstaat verwendet werden sollte (was keine Registrierung erfordert), nun endgültig dortblei ben soll. Das hätte eine vorherige Registrierung erfordert.
Die EU Mehrwertsteuer-Durchführungsverordnung wird mit Wirkung zum 1. Januar 2020 durch die Durchführungsverordnung vom 4. Dezember 2018 geändert. Um einheitliches Recht in der EU anwenden zu können, werden damit u. a. Vorschriften über den Beleg nachweis bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen aufgenommen. Demnach kann ein innergemein schaftlicher Transport angenommen werden, wenn der Lieferer folgende Dokumente vorlegen kann: • Er weist die Lieferung durch zwei von unabhängigen Dritten erstellte Transportbelege nach.
Das können beispielsweise ein unterzeichneter CMR-Frachtbrief sein oder ein Konnossement, eine
Luftfracht-Rechnung oder eine
Rechnung des Beförderers. • Verfügt der Lieferer nur über einen der oberen Belege, kann er außerdem einen der folgenden
Nachweise verwenden: Eine
Versicherungspolice oder
Bankunterlagen über den
Transport der Ware. Auch eine durch eine öffentliche Stelle ausgestellte Unterlage über die
Ankunft der Ware oder eine
Quittung des Lagerinhabers im
Bestimmungsstaat sind zulässig.
Wird der Transport durch den Abnehmer der Ware veranlasst, braucht der Verkäufer zusätzlich eine schriftliche Erklärung des Abnehmers ähnlich der deutschen Gelangensbestätigung. Gemäß dem Regierungsentwurf wird vorge nannte Vermutungsregelung den bisherigen Vorschriften zur Nach weisführung vorangestellt, die somit ebenfalls anwendbar blieben.
Innergemeinschaftliche Reihengeschäfte
Neu in der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie ist eine Regelung zur
Zuordnung der bewegten Lieferung im Fall, dass in einem Reihengeschäft ein Zwischenhändler den Transport bewirkt. In einem Reihengeschäft schließen mehr als zwei Parteien Kaufgeschäfte über dieselbe Ware ab. Die Ware gelangt unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer. Umsatzsteuerrechtlich liegen jedoch mehrere Lieferungen vor. Nur eine davon ist die steuerfreie „bewegte Lieferung“. Der Regierungsentwurf führt dazu aus: • Bewirkt der erste Lieferer den
Transport, ist ihm die bewegte
Lieferung zuzuordnen. • Bewirkt der letzte Abnehmer den
Transport, ist die Lieferung an ihn die bewegte Lieferung. • Bewirkt ein Zwischenhändler den
Transport, ist die Lieferung an ihn die bewegte Lieferung – außer er tritt mit einer USt-IdNr. auf, die ihm vom Abgangsstaat der
Warenbewegung erteilt wurde.
Dann ist seine Lieferung die bewegte Lieferung. Gleiches gilt bei Ausfuhrlieferungen. Bei Einfuhren ist die Lieferung durch den Zwischenhändler die bewegte Lieferung, wenn diese in seinem Namen oder in indirekter Vertretung auf seine Rechnung zum freien Verkehr
Die EU Quick Fixes wirken ab 1. Januar 2020 und fließen ins „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ ein.
angemeldet wird. Die bisherigen Regelungen zu innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften bleiben bestehen.
Konsignationslager einheitlich geregelt
Mit der MehrwertsteuersystemRichtlinie wurden auch Lieferungen über ein Konsignationslager in einem anderen Mitgliedstaat einheitlich geregelt. Der Lieferer braucht sich unter bestimmten Bedingungen nicht umsatzsteuer lich im Empfangsland zu registrieren und kann eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung geltend machen. Dies ist möglich, obwohl die Ware in den anderen Mitgliedstaat verbracht und dort gelagert wird, während sie sich weiterhin im Eigentum des Lieferers befindet. Diese Voraussetzungen nennt der Referentenentwurf: • Der Erwerber ist vor Beginn des
Transports bekannt. • Der Lieferer hat keinen Sitz,
Betriebsstätte, Geschäftsleitung oder Wohnsitz im Bestimmungs mitgliedstaat. • Der Erwerber verwendet seine
USt-IdNr. und führt Aufzeich nungen über die Lieferung. • Auch der Lieferer führt Aufzeich nungen über den Transport und die Lagerung und gibt in der
Zusammenfassenden Meldung die Lieferung in das Konsignati onslager an. • Der Erwerber muss die Ware innerhalb von 12 Monaten dem
Konsignationslager entnehmen.
Wann aus dem Regierungsentwurf ein Gesetz wird, ist allerdings schwer vorauszusagen. Im vergan genen Jahr verlangten Bundestag und Bundesrat den Unternehmen einiges an Geduld ab und veröf fentlichten das Jahressteuergesetz erst Mitte Dezember. Ein kleiner Trost: Grundlegende Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf sind beim Jahressteuergesetz eher die Ausnahme.
Der Autor: Dr. Thomas Hartinger ist beim Softwareunternehmen AEB in der Produktentwicklung Zoll und Außenwirtschaft tätig.