The Red Bulletin AT 09/22

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ÖSTERREICH SEPTEMBER 2022 € 3,50

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ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

AIRPOWER 2022

WIR SIND SO FREI! Hier sprechen die Stars von Europas größter Flugshow

Faszination trifft Präzision: Skydiver, Flugzeug und Helikopter zeigen das Manöver Red Bull Aerobatic Triple.

H A G A R A & S T E I N A C H E R / J . R . R . T O L K I E N / R E M Y G A R D N E R / V E R E N A A LT E N B E R G E R / P H I L I P K Ö S T E R



E D I TO R I A L

WILLKOMMEN

EIN GRUSS AN CRUISE

JOERG MITTER/RED BULL CONTENT POOL, STEFAN VOITL/RED BULL CONTENT POOL (COVER), STEFAN VOITL/RED BULL CONTENT POOL, PHILIPP MUELLER YANNICK DE LA PÊCHE

KOPF HOCH!

Am 2. und 3. September steigt in Zeltweg wieder die Airpower. Und das ziemlich hoch! Aber wie ist das, wenn man als Mensch wie ein ­Vogel durch die Luft fliegt? Einmal Himmel und ­zurück, Takeoff ist auf Seite 42.

Entfernt erinnert es an „Top Gun“ samt Sportsfreund Tom Cruise. Mit einem ganz entscheidenden Vorteil – hier ist alles live und echt! Wer am 2. und 3. September bei der Airpower22, Europas größter Flugshow in Zeltweg, seine Künste zeigt, gehört zu den Besten der Besten – und lebt einen uralten Menschheitstraum. Was fühlen Piloten, wenn sie Drehungen um alle drei Achsen gleichzeitig hinlegen? Und Sky­diver, die unsere Welt winzig unter sich ­haben? Unserer Autorin Saskia Jungnikl-Gossy erzählen sie ab Seite 42, wie’s im Himmel ist. Vergleichsweise bodenständig ist die amtierende „Buhlschaft“ ­Verena Altenberger: Wie sie ihre Rollen nutzt, um Persönliches zu verarbeiten, verrät die Schauspielerin auf Seite 36. Apropos verraten: Jahrhundertsegler Roman Hagara & Hans-Peter Steinacher, wie stürmisch war euer erstes Mal? Auf Seite 20 wird klar Schiff gemacht.

ALSO SPRACH DER NETZ-FRITZ Im fiktiven Interview auf Seite 18 mahnt uns Friedrich Nietzsche: „Postet nur, was gut genug ist, auswendig gelernt zu werden!“

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Kilometer durch die Namib-Wüste geht es beim Desert Dash, der Reife(n)prüfung auf dem Rad: ab Seite 66.

Viel Freude mit dem neuen The Red Bulletin! Die Redaktion

HEY, HEY, YESTERDAY!

Mode, Sneakers, Musik, Games – Nostalgie boomt und erzielt Höchstpreise. Warum uns das Gestern Lust auf morgen macht: ab Seite 54. THE RED BULLETIN

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I N H A LT The Red Bulletin im September 2022

42 HIGH LIFE Wie die Piloten und Skydiver der Airpower22 ticken – ihr Job im Himmel

NOSTALGIE

54 DER KLICK ZUM GLÜCK

COVERSTORY

42 HIMMELHOCH

Airpower22 – was fühlen Piloten, die Drehungen um alle Achsen hinlegen? Und Sky­diver, die ins Nichts springen? Der Report von oben.

Nostalgie boomt. Dafür gibt es wissenschaftliche und sentimentale Gründe.

BIKE

66 D IE REIFE(N)PRÜFUNG

Eine Grenzerfahrung: 393 Kilometer auf dem Mountainbike durch die Namib-Wüste

Der Berliner Fotokünstler ­Norman Konrad zeigt seine knallbunte Wunderwelt.

FILM

36 V ERENA ALTENBERGER Wie Jedermanns Buhlschaft es schafft, Belastungen in ihren Rollen zu verarbeiten

MOTOGP

38 REMY GARDNER

Der 24-jährige Australier musste als Champion wieder von ganz unten beginnen.

FILM

40 DELEILA PIASKO

Grenzen sind dazu da, ­gesprengt zu werden – sagt die Burgtheater-Schauspielerin.

8 GALLERY 14 ZAHLEN, BITTE! 16 FUNDSTÜCK

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GUIDE

Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen 79 REISEN. Der fünffache Surf-­ Weltmeister Philip Köster zeigt uns ­seine Trauminsel Sylt.

36 SIMPLE LIFE Warum Verena Altenberger ein Leben ganz mit sich alleine wagt

84 BIOHACKING. Wie uns die richtige Abkühlung gut durch die heißen Tage bringt 86 TIPPS & TRENDS. Richtig gutes Zeug für den Sommer 88 P LAYLIST. US-Rapperin Flo Milli und ihre All-Time-Favourites 90 KALENDER. Von der MotoGP bis zum Red Bull Dolomitenmann 92 B OULEVARD DER HELDEN. Michael Köhlmeier über den ­Studentenführer Rudi Dutschke

18 DAS PHILOSOPHEN-INTERVIEW 20 MEIN ERSTES MAL

96 IMPRESSUM 98 CARTOON

66 DESERT LIFE Der Mountainbike-Profi Konny Looser (re.) kämpft sich durch Sand und Staub.

THE RED BULLETIN

ZAJCMASTER/RED BULL CONTENT POOL, MICHAEL DÜRR, TARA METTE, NORMAN KONRAD

PORTFOLIO

22 D IE GRELLE WELLE


22 GOLDEN GOAL Fotokünstler Norman Konrad vergoldet die Welt. Deswegen geht sogar der Fußballstar Christoph Kramer vor ihm in die Knie.

THE RED BULLETIN

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Wir feiern 20 Jahre

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Full Speed – und das Stufe für Stufe: Red Bull Monserrate Cerro Abajo ist mit einer Strecke von 2,4 Kilometern das längste innerstädtische Mountainbike-Downhill­ rennen der Welt. Die Route führt vom 3152 Meter hohen Monserrate, Bogotás Hausberg, hinunter in die kolumbianische Kapitale. Hier eine Bewegungsstudie über Tomáš Slavík aus dem Jahr 2020 – erster Platz für den Tschechen! Und ein Sprung auf der Karrieretreppe: eine Stiege, zwei Siege. Instagram: @kevinmolanoph redbullillume.com

KEVIN MOLANO/RED BULL ILLUME

Die Stiege der Siege

DAVYDD CHONG

BOGOTÁ, KOLUMBIEN


THE RED BULLETIN

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LA PALMA, KANAREN

Skates of Grey Bei Flut und Sturm bricht dieses Beton­ gerippe die Wellen, die auf das Örtchen Tazacorte auf der Kanaren-Insel La Palma zurollen. Bei Ebbe und Flaute bricht es – das Sonnenlicht. Und dient Skate­ boardern so als teilbeschatteter Highway. Der vermeintliche Winzling am unteren Bildrand ist die einheimische BoarderGröße Abraham Cedrés – fotografiert von Jairo Díaz Dévora, der mit seinem Bild bei Red Bull Illume, dem weltweit größten Bewerb für Actionsport-Fotografie, bis ins Halbfinale vorbretterte. redbullillume.com


DAVYDD CHONG JAIRO DÍAZ DÉVORA/RED BULL ILLUME, DAN KRAUSS/RED BULL ILLUME

PALMA, MALLORCA

Eine Hand an Land Vierzehn Meter und fünf Finger, die einen Felsvorsprung umklammern, trennen ­Kletterer Daniel Fong noch vom Meer. Er stürzt nicht, er hüpft nur: Deep Water Soloing nennt sich das, wenn man verti­kale Wände runterhopst. Und im Ernstfall vom Wasser aufgefangen – und von Dan Krauss fotografisch eingefangen – wird. dankraussphoto.com redbullillume.com

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NAZARÉ, PORTUGAL

Und Kai ist high Kai Lenny – oder: Die Legende hebt wieder ab. Nach den Lockdowns und den damit verbundenen Phasen des Sofasurfens ist die hawaiianische Surf-Ikone, ganz nebenbei siebenfacher Weltmeister im Stand-up-Paddling, zurück. Am Wasser. Und hoch darüber. Hier spielt er in Nazaré, einem der legendärsten Surf-Hotspots der Welt, im Training mit einer Riesenwelle; und mit der Kamera spielt der Fotograf Christian Stadler. Instagram: @stadlerphoto redbullillume.com


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CHRISTIAN STADLER/RED BULL ILLUME

DAVYDD CHONG


Z A HL EN, BI T T E!

DER HERR DER RINGE

Ring, ring, ring! J. R. R. Tolkiens „Herr der Ringe“ erobert ab 2. September via Amazon Prime auch die Wohnzimmer. „Die Ringe der Macht“ heißt die Streaming-Serie – machtvoll sind auch die Zahlen zum Phänomen.

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erschien der erste von drei Bänden von John Ronald Reuel Tolkiens Fantasy-Saga: „The Fellowship of the Ring“ besteht aus 187.790 Wörtern.

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Ringe der Macht (drei der Elben, sieben der Zwerge­, neun der Menschen und der eine des „Dunklen Herrschers“) kommen im Gesamtwerk vor.

257

250.000.000

Millionen Mal wurde der Serientrailer in den ersten 24 Stunden nach seiner Premiere beim ­Super Bowl 2022 geklickt.

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Dollar (233,5 Mio. Euro) zahlte Amazon 2017 für die gesamten Filmrechte.

1.000.000.000

Dollar (935 Mio. Euro) stellt Amazon für das gesamte Projekt zur Verfügung – die teuerste Serie der Welt!

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Crew-Mitglieder durften trotz Lockdown zum Dreh nach Neuseeland einreisen.

THE RED BULLETIN

HANNES KROPIK

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Oscars gewann Peter Jacksons Filmtrilogie über Frodo, Aragorn, ­Arwen und Co. Sie spielte 2,7 Milliarden Euro ein.

Hotelübernachtungen ­wurden für die Produktion der ersten Staffel verrechnet. Gute Nacht, gute Serie!

Prozent der Produktions­ kosten – nämlich 98 Millionen Euro – übernahm Neusee­ land, Drehort von Staffel 1.

1954

Sprechrollen stehen im Skript von Staffel 1. Ein Drittel davon entfällt auf Neuseeländerinnen und Neuseeländer.

51.000

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CLAUDIA MEITERT

Episoden umfasst die ­erste Staffel. Vier weitere Staffeln sollen folgen.

Jahre lang dauert das „Zweite Zeitalter der Sonne“, in dem die Serie angesiedelt ist.

GETTY IMAGES, PICTUREDESK.COM (3)

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F U ND ST Ü CK

Die US-Amerikanerin Billie Jean King, 78, gewann 39 GrandSlam-Titel: 1973 gründete sie die WTA, die Vereinigung weiblicher Tennisprofis.

BILLIE JEAN KING

Hoffnungs­ schläger Das Racket, mit dem sie den „Kampf der Geschlechter“ für die Frauen entschied.

GETTY IMAGES, BONHAMS

Tennislegende Billie Jean King wollte zeigen: Frauen sind das selbe Preisgeld wert wie Männer. Und so forderte sie im Jahr 1973, damals 29, ­den ehe­maligen Wim­bledon-Sieger Bobby ­Riggs, 55, in Houston zum Duell am Court. Sie gewann gegen den alten Mann in Weiß ohne Satzverlust! Ihr Holzracket, ein „Billie Jean King Autograph“ von Wilson, wurde um 125.000 Dollar versteigert – und so zum teuersten Schläger der Welt. 2017 eroberte „Battle of the Sexes“ mit Emma Stone die Leinwand.

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stimmung hoch zwei.

KEIN WUNDER BEI DEM WASSER. Noch so hohe Braukunst, noch so feiner Hopfen machen allein noch kein Bier wie Thalheim. Man muss schon ein ganz besonderes Wasser haben. An der Heilwasserquelle von Thalheim entspringt dieser Tropfen mit einer einzigartig positiven Wirkung. Schon die Kelten erfrischten sich an dieser Quelle. Ob sie damit auch schon Bier gebraut haben ist nicht überliefert, aber ein Volk von Frohsinn waren sie schon damals.

THALHEIM QUELL STEIRISCHER LEBENSFREUDE.


DAS F I K T IVE PHILO S O PHEN -IN T ERV IE W

NIETZSCHE SAGT:

„Deine Worte sollen Pfeile der Sehnsucht sein“

Das klingt eher nach Ihrem Zarathustra als nach Ihnen selbst. Eine gute Idee – denn dann könnten Sie Ihre Gedanken einem Also im Ernst: Warum meiden Sie größeren Publikum mitteilen. soziale Medien? Oh, ein listiger Verführer bist du, der Weil es schamlos darin zugeht. Unerträglich ist mir, wenn Menschen du solche Köder auslegst. Aber nein, öffentlich ihr Persönlichstes ausbreiten mein Freund, das werde ich nicht „Was sich lohnt, – wenn sie mir zumuten, in Worten tun. Meine Worte taugen nicht für auswendig gelernt schnelle Medien. Sie sind mit Blut und Bildern an ihrem Privatleben teilzunehmen. Wenn es ihnen Freude geschrieben, sie wollen nicht gelesen, zu werden – nur macht, ihren Leib vor aller Augen auswendig gelernt werden. das solltest du auf sondern zu entblößen, mag das als Spielart Und das nimm zur Mahnung: Man der Erotik durchgehen. Unduldsam Facebook posten.“ sollte überhaupt nur schreiben, was hingegen bin ich, wenn ihr mit eurer dazu taugt, auswendig gelernt zu ach so großen Güte zulasst, dass euch fremde Seelen werden. Vom Geist sollte man reden, nicht von seinem ihren hemmungslosen Exhibitionismus zumuten. Ich. Von Werten, Wahrheiten und Weisheiten sollte man schreiben, nicht von Erlebnissen oder Gefühlen. Das, was Sie Entblößung nennen, kann man auch Man sollte nur das schreiben, was andere wirklich ins Positive wenden. Es gilt heute mitunter als ­angeht – und nicht davon schwafeln, wie es einem menschliche Reife, seine Gefühle auszusprechen. ­selber geht. Pfeile der Sehnsucht sollen deine Worte Reif ist nur die Frucht, die lange wuchs und Sturm sein. Sonst kannst du sie gleich in die Tonne kippen. und Hagel trotzte. Reif ist nur, wer fest verwurzelt und was gut gegründet ist. Die Geschichten, die ich in FRIEDRICH NIETZSCHE (1844  –1900) nahm sich kein Blatt sozialen Medien finde, gleichen keinen reifen Früchten, vor den Mund, wenn es um Kritik an seinen Zeitgenossen ging. sondern Seifenblasen, die zerplatzen, wenn ich sie Immer wieder beklagte er den „Nihilismus“ der modernen Koneines scharfen Blickes würdige. Denn sie haben nichts sumenten: ihren Verzicht darauf, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und höheren Zielen zu folgen. Als Gegenmodell entwarf zu sagen. Viele Worte, schöne Worte auch, die mich er in „Also sprach Zarathustra“ das Ideal des Übermenschen, aber nichts angehen. Ich lerne nichts dabei. Sie alle der in Freiheit sein Leben selbst in die Hand nimmt. Nietzsche künden nur vom Nichts, das sich in eurer digitalen Welt fand zu Lebzeiten wenig Gehör, wurde aber zu einem der meistmit Lichtgeschwindigkeit verbreitet. Social Media, gelesenen und -diskutierten Autoren des 20. Jahrhunderts. mein Freund, sind der Triumph des Nihilismus. Sie selbst forderten den „Übermenschen“, der selbstbestimmt und frei sein Leben gestaltet. Viele Nutzer erzählen davon, wie sie genau das machen.

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CHRISTOPH QUARCH, 58, ist deutscher Philosoph, Gründer der Neuen Platonischen Akademie (akademie-3.org) und Autor zahlreicher philosophischer Bücher. Zuletzt erschien „Kann ich? Darf ich? Soll ich? Philosophische Antworten auf alltäg­ liche Fragen“, legenda Q, 2021.

THE RED BULLETIN

YANNICK DE LA PÊCHE

the red bulletin: Herr Nietzsche, ich habe Sie neulich vergeblich auf Social Media gesucht. Warum fand ich Sie nicht? friedrich nietzsche: Gedenke der Spinne, mein Freund. Sie spinnt ihre Netze, um Beute zu machen. Wahrlich, so ist auch das Internet.

Wenn es doch so wäre! In Wahrheit erzählen sie aber nicht von ihrer Selbstbestimmtheit, sondern von ihrer Selbstverliebtheit. Und das, mein Freund, hat nichts mit dem zu tun, wozu ich einst die Menschen aufrief, als ich schrieb: „Ich liebe den, welcher seine Tugend liebt: Denn Tugend ist Wille zum Untergang und ein Pfeil der Sehnsucht.“ Was ich damit meinte: Ich liebe Menschen, die ihr Bestes – ihre Tugend – geben, die sich einer Vision verschreiben, die ihrer Sehnsucht folgen und sich dabei selbst aufs Spiel setzen. Die meisten Nutzer aber tun nichts von alledem. Sie wollen Aufmerksamkeit und Wertschätzung­für ihr kleines Ich. Fände ich mehr Posts, die von großen Seelen künden, würde ich mich wieder einloggen.

DR. CHRISTOPH QUARCH

Sich zeigen ist angesagt. Ob auf Instagram, Facebook oder LinkedIn: Immer mehr Menschen breiten vor großem Publikum ihre persönlichen Storys aus. Was steckt dahinter? Nichts Gutes, vermutet der für seinen psychologischen Scharfblick berühmte Friedrich Nietzsche. Im fiktiven Interview mit dem Philosophen Christoph Quarch erläutert er, warum er sich von allen sozialen Medien abgemeldet hat.



M EIN ERST ES M A L

HANS-PETER STEINACHER & ROMAN HAGARA

„Rein körperlich waren wir kein Dreamteam“ Hans-Peter Steinacher, 53, aus Zell am See und der Man sieht, wir leisten uns kleinere Frechheiten erst Wiener Roman Hagara, 56, sind ein Duo mit folknach dem Sieg. Arroganz haben wir nie entwickelt, loristischem Rückenwind: Die Österreichische Post dafür war der Respekt für unsere Betreuer zu groß. ehrte die beiden Tornado-Segler, Aber apropos Größe – damit die vor zwei Jahren ihre Profikonnten wir nie dienen: Im karriere beendeten, 2018 sogar Segelsport gibt es den ‚idealen‘ mit einer Sonderbriefmarke – Vorschoter mit einer Körper­ weil sie viermal die EM und eingröße von 1,90 Metern und mal die WM (1999) gewannen einem Gewicht von 80 Kilo. und zweimal (2000 und 2004) Von den 1,90 Metern bin ich Olympia-Gold holten. Und weil fast 20 Zentimeter entfernt, sie wissen, wie man eigene und dem Hans-Peter fehlen Schwächen durch unerwartete da auch 10 Zentimeter. Stärken kompensiert: Dazu geKurz gesagt: Rein körperlich hören Analytik, Experimentierwaren wir kein Dreamteam. freude – und ein ganz eigener Also mussten wir dieses Manko Segelstil. Wie der entstand, wettmachen, indem wir Muskel­ entstehen musste und wie sich masse zulegten, mit unseren ihr erstes Gold anfühlte, ver­ Technikern und Segelmeistern 0:00 –41:27 raten sie hier. am Material tüftelten und Steinacher & Hagara unseren Stil auf unser Gewicht Mein erstes Mal – der Podcast „Unser großes Ziel“, sagt abstimmten. Wir fanden schnell Roman, „war immer schon die Stärken unseres individuel­len Olympia, und im Jahr 2000 Set-ups, besonders bei we­nig qualifizierten wir uns für die Wind und bei Mittelwind. Bei Spiele in Sydney. Da wir damals Starkwind konnten wir un­ser „Wir starteten gut, schon an der Weltspitze segelten, Untergewicht durch Taktik, kamen voll in gehörten wir zum Favoritenkreis. Technik und Teamgeist aus­ Allerdings erst hinter dem austragleichen.“ unseren Flow – dann lischen Team, das in diesem Jahr Hans-Peter Steinacher: „Was plötzlich eine ebenfalls konstant vorn lag. Alle noch zusammenpasste, waren waren der Meinung, dass sich die unsere Betreuer und wir. Roman Schrecksekunde …“ Australier die Medaille einfach und ich sind immer lernfähig Hans-Peter Steinacher und Roman Hagara gewesen und hatten ein aus­ nur abzuholen brauchten. Als über die schönste Panne ihrer Karriere gezeichnetes Team. Alles, was deren Vorschoter (der bedient das sie uns an Input zukommen Vorsegel und gleicht mit seinem ließen, nahmen wir mit offenen Ohren auf. Das hat uns Gewicht die Schräglage des Bootes aus; Anm.) bei der geholfen, trotz großen Erfolgs am Boden zu bleiben.“ Pressekonferenz den Mund etwas zu weit aufriss, dachten wir uns: ‚So leicht wird euch das jetzt auch nicht gelingen, Burschen!‘ Wir starteten positiv ins Rennen, kamen voll in unseren Flow. Plötzlich – eine Schrecksekunde: Ein Segel ging auf, doch wir hatten ein Back-up dabei. Bei der anschließenden Pressekonferenz wurden wir „MEIN ERSTES MAL“ IST DIE RED BULLETIN-PODCAST-SERIE, in der gefragt, ob es denn ein harter Wettkampf gewesen sei, Heldinnen und Helden über ihre Anfänge sprechen. In dieser Folge woraufhin ich antwortete: ‚Na ja, so hart war’s eigenterzählen Steinacher und Hagara, weshalb Hagara keinen S ­ egelschein lich gar nicht …‘ Woraufhin sich die zweitplatzierten hat. Zu finden auf redbulletin.com/podcast, dem Podcast-Kanal von The Red Bulletin, und allen gängigen Plattformen wie Spotify. Australier mit einem ‚Thanks, Roman!‘ bedankten.

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THE RED BULLETIN

SAMO VIDIC/RED BULL CONTENT POOL

Plötzlich Olympia-Gold! Hier verraten die Segel-Legenden, wie sich dieser erste Karriere-Höhepunkt anfühlte – und warum ihre Größe niemals entscheidend war.


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s e o r e h / m o .c in t e ll u b getred


Der Kugelhupf Berlin, 2021

„Ich inszenierte das Thema ‚Lügen‘, da bot sich Münchhausen an. Die Kanonenkugel ist zwar nur aus Styro­ por, trotzdem war das Shooting ein Höllenritt: Mein Model musste 50-mal aus dem Stand in die Höhe springen, ehe das Bild perfekt war. Oder, um die volle Wahrheit zu sagen, 100-mal!“

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P O RT FO L IO

Knall-Bunt-Effekt! Münchhausen hopst durch Berlin. Marcel Hirscher fährt auf Fliesen ab. Regisseurin Katja von Garnier fliegt durchs Kino: Der Foto­künstler Norman Konrad zeigt uns seine grelle Wunderwelt. Und verrät, wie sie entstand. Text MAXIMILIAN REICH


P O RT FO L IO

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„Schön? Fotos müssen bunt und chaotisch sein – eine ansprechende Arbeit fürs Auge.“ Norman Konrad

Der Meerwert Berlin, 2019

„Das Auftragswerk für einen Sofa-Hersteller – meine Idee: Ich wollte das Möbelstück inszenieren wie eine dieser ZierSchatztruhen in einem Wohnzimmer-Aquarium: Abtauchen in der Er­ holung, mit einem grellen Fisch als Meerwert …“

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P O RT FO L IO

Am Rad ins Bad Salzburg, 2021

„Red Bull-Mountainbiker und YouTuber Fabio Wibmer ist ein Medien-Profi, der gute Ideen sofort umsetzt. Die Bilder für seine Homestory waren rasch im Kasten. Und in der Kabine. Hier mag ich diesen Hell-Dunkel-Kontrast.“

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Schnee war gestern

Annaberg, 2014 „Verrückterweise kannte ich Marcel Hirscher bis dahin gar nicht. Als Berliner waren mir die Berge nicht so nahe. Gerade deshalb fand ich dieses Shooting spannend: Hirscher, vor Alpenkulisse in Öl und auf Fliesen als Piste. Schneeweiß waren nur die Wände.“


P O RT FO L IO

Schauspielerin in der Spiele-Schau Berlin, 2014

„Die deutsch-russische Moderatorin und Schauspielerin Palina Rojinski, bekannt aus der RTL-Show ‚Gipfel der Quizgiganten‘, sollte ich fotografisch inszenieren. Und möglichst bunt sollte es sein. Also wurde es dieses Wimmelbild – ich mag es, wenn’s viel zu entdecken gibt.“

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P O RT FO L IO

Geballte Ladung

Leipzig, 2021

„Für das Foto mit dem damaligen RB Leipzig-Kapitän Marcel Sabitzer hatten wir kaum Zeit. Deshalb war es in der Vor­ bereitung wichtig, alle Blitzlichter richtig zu positionieren. Wirkt alles wie zufällig, war aber akribisch geplant.“

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Der Gartentorhüter

Markt Neuhodis, 2019 „Diesen netten Herrn hatte ich für eine Serie über Häuser von Fußballfans im Burgenland besucht. Zum Abschied schenkte er mir noch eine selbst bedruckte Kaffeetasse. Und nein, sie war nicht violett.“


P O RT FO L IO

„In einer Zeit, als viele andere Fotografen anfingen, ihre Bilder zu entsättigen, wollte ich: Farbe, Farbe, Farbe!“ Norman Konrad

Hai Society

Bangkok, 2013 „Dieses Foto entstand auf einer Südostasienreise – und zwar zu Silvester, weshalb auf dem Boden so viel Müll liegt. Meine damalige Freundin Birte und ich hatten in einer Bar ums Eck gefeiert und entdeckten zufällig vor einer Mall diesen dicken Fisch.“

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Luftspielbühne Berlin, 2015

„Ich liebe es, wenn ein Bild Widersprüche vereint. Wie hier: Einerseits ist dieser Raum ein Kino – aber irgendwie auch eine Bibliothek. Eigentlich hatte ich Regisseurin Katja von Garnier, die unter anderem den Film ‚Ostwind‘ inszenierte, nur gebeten, sich auf einen Stuhl zu stellen. Der Vorschlag zu springen kam dann von ihr. Danke an dieser Stelle!“

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P O RT FO L IO

DER FOTOGRAF

NORMAN KONRAD Tom Schilling, Sido, Til Schweiger, Tim Mälzer – die Liste jener Persönlichkeiten, die der Berliner bereits vor seiner Linse platzierte, würde Alben füllen. „Ich arbeite gerne mit Menschen. Eine mei­ ner Stärken ist, ihnen schnell ein gutes Gefühl geben zu können“, sagt Norman Konrad, 46, den eine Freundin, die er mit 16 in seiner Geburtsstadt Gotha kennengelernt hatte, zur Fotokunst ­verführte. „Die hatte damals eine Lehr­ ausbildung für Fotografie gemacht und brachte mich erstmals mit einer Kamera zusammen.“ Konrad richtete sich zu Hause eine Dunkelkammer ein, studierte Foto­ grafie und Design in Bielefeld und ­assistierte Kristian Schuller: Von dem berühmten Modefotografen lernte er das Handwerk – stilistisch wollte er ­aber lieber einen anderen Weg ein­ schlagen. „Ich mag es nicht, wenn Fotos schön sein sollen.“ Stattdessen hat er es lieber bunt und chaotisch. Das Auge soll arbeiten. Zu Konrads Kunden gehören Publikationen wie „Geo“, „Der Spiegel“, „Rolling Stone“ und The Red Bulletin. normankonrad.de

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Ein Zerrbild Berlin, 2018

„Eben noch Bangkok, jetzt schon Berlin – bei der Dame handelt es sich wieder um meine Ex-Freundin Birte. Ich hatte sie öfter für Shootings eingesetzt, wie hier bei einer Werbeauf­nahme für Trainingsjacken, die wir zu diesem Anlass zusammen­ge­knüpft hatten. Manch­ mal hab ich eine Idee im Kopf und merke später, sie funktioniert nicht. Doch diese Verbindung hielt.“

Yello, grün und blau Berlin, 2016

„Das Shooting mit Yello fand an meinem Geburtstag statt. Da wollte ich ursprünglich nicht arbeiten. Aber eigentlich war es dann gar keine Arbeit, Dieter Meier, den Herrn im Vordergrund, und den hintergründigen Boris Blank im Café Einstein zu fotografieren. Denn die Songs von Yello sind für mich eine schöne Jugenderinnerung.“

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Film

ist so richtig dramatisch. Und trotzdem glücklich! Weil die Schauspielerin es schafft, persönliche Belastungen in ihren Rollen zu verarbeiten: jeder Film ein innerer Prozess. Interview RÜDIGER STURM

Foto MICHAEL DÜRR

Verena Altenberger ist in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten ­Namen in der österreichischen Filmund Fernsehbranche avanciert. ­Zurzeit verkörpert die 34-jährige Pongauerin bei den Salzburger Festspielen die Buhlschaft im „Jeder­ mann“. In all ihren Erfolgen spiegelt sich eine Persönlichkeit, die sich seit ihrer Kindheit mit den großen Fragen des Lebens auseinander­ setzt – auch wenn das gelegentlich schmerz­voll sein kann. the red bulletin: Aktuell bist du im Kinodrama „Märzengrund“ zu sehen, dessen Protagonist sich in die Einsamkeit einer Alm zurück­ zieht. Wäre das auch was für dich? verena altenberger: Auf jeden Fall. Ich hatte eine minimal ähnliche Erfahrung im Februar. Die Performancekünstlerin Marina Abramović entwickelte die Methode „Cleaning the House“, zu der sie Workshops gibt. Wir trafen uns als eine Gruppe von Menschen, die einander nicht kannten, in den griechischen Bergen. Am Anfang musste man alle Uhren und Handys abgeben. Es wurde nicht gesprochen. Unter Anleitung machte man die verschiedensten Übungen. Am Anfang hatte ich wahnsinnige Angst, ganz ohne Ablenkung mit mir selbst zu sein. Die ersten Tage waren auch sehr anstrengend, sodass ich dachte, ich werde verrückt. Aber

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dann legte sich ein Schalter um, und ich habe mir gesagt: „Ich kann eine richtig coole Zeit mit mir selbst haben.“ Das habe ich getan – und war selten so glücklich. Und, ist dein „Haus“ immer noch sauber? Mittlerweile nicht mehr ganz so. ­Leider – aber irgendwie auch verständlicherweise. Was war dein bislang ein­ schneidendstes Erlebnis? Das war der Tod meiner Mutter. Sie ist Ende 2015 an Brustkrebs gestorben, und sie zu verlieren hat so vieles so unwichtig werden lassen. Wie hast du das verarbeitet? Zusammen mit meiner Familie, meinen Freundinnen und dank ­Therapie. Später habe ich mich indirekt damit konfrontiert, als ich im Film „Unter der Haut der Stadt“ selbst eine Krebskranke gespielt habe. Das ist mir sehr nahegegangen und hat richtig an meinem Körper gezehrt. Denn ich habe gegenüber meinen Rollen keine Distanz. Auch wenn das in diesem Fall sehr kraftraubend war, würde ich es jeder­zeit wieder machen. Auch im „Jedermann“, in dem du derzeit auf der Bühne stehst, geht es um die großen Fragen. Die Botschaft: Tue möglichst viel Gutes im Leben, um am Ende nicht schlecht dazustehen.

Jedermann möchte seinen Reich­ tum mit ins Grab nehmen. Sind Besitztümer für dich wichtig? Geld ist schon wichtig. Geld ist ­Sicherheit, und wie viele Menschen fühle ich mich unsicherer, wenn alles teurer wird. Da geht es nicht um Perlen und Geschmeide, sondern um die Angst vor der Zukunft. Wobei meine größte Angst die Stagnation ist. Eine ganz andere Bedrohung für Schauspielerinnen geht von sexu­ alisiertem Machtmissbrauch aus. Man möchte hoffen, dass du dich mit deiner gefestigten Persönlich­ keit gut dagegen behauptet hast. Nein. Ich habe in keiner Weise das Gefühl, mich gut genug geschützt zu haben beziehungsweise meine eigenen Grenzen adäquat gespürt, verteidigt und ernst genommen zu haben. Was kannst du – nicht zuletzt in deiner Funktion als Präsidentin der Akademie des Österreichi­ schen Films – tun, um Betroffene zu unterstützen? Ich versuche, Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen, wo es nur geht. Ich hätte mir früher jemanden gewünscht, der zu mir kommt und etwas sagt wie „Hey, ich habe da gerade eine Situation beobachtet. Von außen hatte ich das Gefühl, das war nicht ganz so okay für dich. Falls das stimmt: Ich bin da, wie auch immer du reagieren möchtest“. Heute ver­ suche ich, ebendiese Kollegin zu sein. Altenberger ist aktuell als Buhlschaft bei den Salzburger Festspielen zu sehen – und ab 18. August im Kinofilm „Märzengrund“. Instagram: @verena_altenberger

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LOCATION: RADISSON RED VIENNA, MAKE UP AND HAIR: JULIA MARINICS

Verena Altenberger

Klar ist es wichtig, Gutes zu tun – aber nicht wegen des Lebens danach, sondern wegen des Lebens im Hier und Jetzt. Wenig könnte mir ferner liegen als die Haltung mancher Religions­ausleger, die sagen: „Haupt­ sache, am Ende bereust du.“


„Anstrengung, Angst – aber dann wurde es richtig cool …“ Verena Altenberger, 34, über ihre Grenzerfahrung in den Bergen

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MotoGP

ist Weltmeister der Moto2-Kategorie. In der Königsklasse MotoGP musste er trotzdem wieder von unten beginnen. Sein großes Vorbild? „Ein Bastard mit einem Lächeln …“ Interview WERNER JESSNER

Der 24 Jahre alte Australier ist der Sohn der Motorrad-Legende Wayne Gardner, Weltmeister des Jahres 1987. Remy musste sich seinen ­Karriereweg dennoch selbst bahnen. Nach durchwachsenen Lehrjahren gelang ihm in der letzten Saison der große Wurf: Weltmeister in der zweithöchsten Kategorie, Moto2, im Team von Red Bull KTM Ajo. Beeindruckende Bilanz: 12 Podiumsplätze in 18 Rennen, nur ein einziges Mal gelangte er nicht ins Ziel. Seit seinem Aufstieg in die höchste Kategorie, die MotoGP, bei Tech3 KTM Factory Racing weht ein anderer Wind: Statt um Siege kämpft Remy nun um einzelne WM-Punkte oder gar ein Top-10-Ergebnis. Doch das kann Remy, der mittlerweile in Barcelona lebt, nicht verdrießen: Er weiß nämlich ganz genau, wie es ist, sich „von hinten nach vorn durchzubeißen“. the red bulletin: Wie ist es, als Champion wieder ganz hinten beginnen zu müssen? Remy Gardner: Es war mir klar, dass es hart werden würde – aber nicht, dass es so hart werden würde, mit keinem einzigen Top-10-Platz in der ersten Saisonhälfte. Mein Aufstieg in die MotoGP war definitiv ein Reality Check! Es gibt so viel zu lernen: neues Team, viel Elektronik am Bike, neue Reifen, um nur einige Punkte zu nennen. Außerdem sind die Gegner fast ausschließlich Weltmeister. Aber gut, wenn du hinten

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bist, kann es nur nach vorn gehen, oder? Jedes Mal auf dem Bike lerne ich etwas dazu. Und man verzweifelt nicht, wenn man statt in der ersten Reihe plötzlich in der letzten steht? Dieses Gefühl kenne ich bereits aus meiner Vergangenheit in den niedrigeren Klassen: Wenn du neu bist, musst du dich nach vorn arbeiten. Das ist wohl in jedem Job so. Mein Ansatz: Ich teile den großen Kuchen in viele kleine Stücke: das nächste Training, das nächste Qualifying, das nächste Rennen. Jedes Mal versuche ich, mich zu steigern. Viele kleine Fortschritte, statt auf ein ­unrealistisches Wunder zu hoffen. Wenn die Fortschritte aber ausbleiben? Klar geht es manchmal besser und manchmal weniger gut. Aber auch das ist Teil des Prozesses – genau wie Verletzungen, die bei uns ein­ fach dazugehören und dich zurück­ werfen. Fehlender Fortschritt wäre im Vergleich dazu ja noch richtig gut! (Lacht.) Diese Saison hat mit ­einem Handgelenksbruch begonnen, das macht es natürlich nicht ein­ facher, in die Königsklasse reinzufinden. Aber ich glaube schon, dass einen jede Verletzung in Summe stärker macht – weil man einen Weg gefunden hat, damit umzugehen. Dieses Wissen macht dich stark. Verletzungen belasten dich nicht? Wenn du ein Champion werden willst, musst du damit umzugehen lernen. Alle Champions waren

War dein Vater ein Vorbild? Nicht wirklich. Meine Vorbilder hießen Valentino Rossi und Casey Stoner. Wenn die beiden um den Sieg gekämpft haben, waren das die schönsten Rennen für mich. Da war mir egal, wer gewonnen hat. Die zwei haben einander gehasst, aber ich liebte sie beide! Casey für seinen Fahrstil und Valentino dafür, der Cleverste da draußen zu sein: ein Bastard mit einem Lächeln im Gesicht. Im Rückblick: War die letzte Saison, die mit dem WM-Titel endete, zu einfach? Oh, die war gar nicht einfach! Es hat vielleicht nach außen einfach gewirkt, aber es war sauschwer, jedes Wochenende im Scheinwerferlicht perfekt zu performen, die Emotionen zu kontrollieren, keine Fahrfehler zu machen. Insofern ist es heute sogar einfacher – wobei: Eigentlich ist mir der Druck der ­Öffentlichkeit ziemlich egal. Was zählt, ist der Fortschritt: mit jedem Mal auf dem Bike besser zu werden, Vertrauen auf­zubauen. Die Technik besser zu verstehen und daher präziseres Feedback zu geben. Es gibt keine Wunder. Es gibt nur harte Arbeit, Schritt für Schritt, Runde für Runde. Lernst du schnell? Ich meine: ja. Dass der Lernfortschritt nach außen hin so langsam wirkt, zeigt nur, wie hart es in der MotoGP zugeht. Man muss einfach realistisch sein: Je höher man steigt, desto kleiner sind die Stücke, in die man das große Ganze zerlegen muss. Instagram: @remygardner Großer Preis von Österreich in der MotoGPKlasse: 19. bis 21. August, Red Bull Ring. ­Tickets unter: redbullring.com

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PHILIP PLATZER/RED BULL CONTENT POOL

Remy Gardner

i­ rgendwann in ihrer Karriere an diesem Punkt – und haben ihn ­überwunden.


„Casey Stoner und Valentino Rossi hassten sich – aber ich liebe beide.“ MotoGP-Pilot Remy Gardner, 24, über Vorbilder – und Emotionen

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Film

wird bereits als „neue Penélope Cruz“ gefeiert. Hier erzählt die Burgtheater-Schauspielerin von ihrem persönlichen Freiheitskampf: mit voller Wucht gegen die Grenzen im Kopf. Interview RÜDIGER STURM

Ihr Lächeln wirkt sympathisch, aber stets ein wenig nachdenklich. Dabei bewegt sich die Karriere von Deleila­ Piasko, 31, steil nach oben. Seit 2019 gehört die Schweizerin zum Ensemble des Wiener Burgtheaters. Und auch vor der Kamera machte sie Eindruck. Nach Aufritten in Prestige­ produktionen wie „Die Ibiza Affäre“ oder „Felix Krull“ spielt sie jetzt eine tragende Rolle in „Stasikomödie“. Im Film zieht sie als Muse die Sehn­ süchte von Ostberliner Künstlern in der damaligen DDR auf sich. Doch Kunst in der DDR, das war immer auch die Kunst, die persön­ liche Freiheit zu behaupten. Was, fragten wir, bedeutet Freiheit für eine Frau wie Deleila Piasko? the red bulletin: In der deut­ schen Großproduktion „Stasi­ komödie“ spielen Sie eine Muse im Ostberliner Künstlermilieu vor dem Mauerfall. Hätten Sie selbst damals das Bedürfnis verspürt, aus der DDR zu fliehen? Deleila PIASKO: Es kann immer nur eine Ver­mutung sein, wie man sich in Zeiten, in denen man noch nicht gelebt hat, verhalten hätte. Aber aus meiner heutigen Perspektive hätte ich unter solchen Umständen den Drang zu fliehen. Was bedeutet für Sie Freiheit? Freiheit ist ein Raum, in dem man sich kreativ austoben und seinen ­Gedanken freien Lauf lassen darf: Man bekommt keine Schablone

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für Richtig und Falsch vorgelegt. ­Deshalb ist Freiheit auch eine sehr wichtige Basis für Kreativität. Müssen Sie Widerstände über­ winden, um Freiheit zu finden? Ja. Bei vielen gibt es noch immer diese Begrenzungen im Kopf – und eine klare Definition, was richtig und nicht richtig ist. So gesehen suche ich als Künstlerin immer nach Wänden, die ich sprengen kann. Wie machen Sie das? Ich bemühe mich, dass diese Men­ schen nicht mental die Oberhand über mich gewinnen. Und ich erlaube mir nicht, mich selbst an­ zupassen. Ich will keinem fremden Denken entsprechen. Was war der größte Befreiungsakt Ihres Lebens? Als Teenager hatte ich das Gefühl,­ dass ich aus meinem Umfeld aus­ brechen muss. Ich habe eine ge­ wisse Hassliebe zu Zürich und zur Schweiz. Obwohl dort nicht alles nur Postkarte ist, wurde es mir zu eng. Deshalb war der Wechsel mit 20 nach Berlin genau richtig. Wie schwer war dieser Schritt? Ich kannte damals niemanden und war auf mich allein gestellt. Ich habe mich damals auch sehr für meinen Akzent geschämt. Die Leute in Berlin waren wahnsinnig schlagfertig, die Rhetorik war eine andere. Das erste halbe Jahr an der Schauspielschule bestand aus einem Improvisations­ seminar, und mir war mein Schweizer Akzent so unangenehm, dass ich

Brauchen Sie immer Menschen um sich, oder kommen Sie mit sich allein klar? Es ist immer die goldene Mitte. Ich mag, wenn es vor der Tür brummt und Lebendigkeit und Kreativität vorhanden sind. Deshalb wohne ich gerne in einer Stadt, wo viel passiert, wo man verschiedene Gesichter sieht und eine Dynamik spürt. Aber es ist auch wichtig, dass man sich dem wieder entzieht. Gibt es etwas, was Sie in diesem Leben verpasst haben? Nach der Matura wollte ich noch ein bisschen mehr die Welt sehen und etwas Produktives machen. Deshalb hatte ich vor, in einen Kibbuz nach Israel zu gehen. Aber dann wurde ich wider Erwarten schon bei der ersten Bewerbung an der Schauspielschule Ernst Busch aufgenommen. Außerdem wollte ich Religionswissenschaft studieren. Ich finde es faszinierend, was in der Geschichte alles durch den Motor Religion und Glaube in Bewegung gesetzt wurde. Was machen Sie im Alltag, wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie mehr Freiheit brauchen? Ich tanze sehr gerne, habe früher Ballett gemacht, Hip-Hop, Modern Dance. Jetzt mache ich das vor allem daheim. Ich halte es für eine sehr sinnliche Art, sich auszudrücken – und dabei fühle ich mich frei. Aber mein eigentliches Ziel ist es, mich im Beruf frei zu fühlen. Deleila Piasko sah man unlängst in „Stasikomödie“ im Kino. Instagram: @deleila_piasko

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JEANNE DEAGRAA/PHOTOSELECTION

Deleila Piasko

immer nur nonverbal gespielt habe. Aber ich bin an dieser Erfahrung gewachsen. Es ist die beste Lebens­ schule, wenn man sich in neue ­Gewässer begibt.


„Als Künstlerin suche ich stets nach einer Wand, die ich sprengen kann.“ Deleila Piasko, 31, über die Triebkraft hinter ihrer steilen Karriere

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JOERG MITTER/RED BULL CONTENT POOL

Das Red Bull Skydive Team beim Training: Felix Seifert (vorn), Marco Waltenspiel (links) und Marco Fürst fliegen zusammen mit einem Heli und einem Flugzeug.


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SAGT UNS, WIE IST’S IM HIMMEL? Uns da herunten bleibt nur die Luft weg. Aber wenn du frei über den Wolken schwebst, wenn du dort oben tanzt mit den Flugzeugen und Helikoptern? Die AIRPOWER22 – und was ihre Stars fühlen, wenn sie fliegen. Text SASKIA JUNGNIKL-GOSSY


„Wenn da Angst wäre, würde ich was anderes machen – etwa Delfine trainieren.“ Eskil Amdal, einer der Flying Bulls-Piloten. Wie bei der Airpower 2019 (Bild) fliegen Amdal und seine Kollegen als präzise Einheit.


Airpower22

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entlemen, Sie sind die Elite, die Besten der Besten.“ Die Worte von Flugtrainer Mike „Viper“ Metcalf in „Top Gun“ an „Mave­ rick“, „Iceman“ und Mitflieger könnten genauso gut für die Besetzung der Air­ power passen. Denn klar ist: Wer am 2. und 3. September in Zeltweg in der Steiermark seine Künste in der Luft zeigt, gehört zu den Besten der Besten – und lebt einen uralten Menschheitstraum. In echt, live und ­ungeschnitten, nicht nur im Film. Die ersten Piloten der Luftfahrtge­ schichte schwangen sich noch mit selbst gebastelten Luftbällen und fliegenden Kisten aus Sperrholz und Leinwand dem Himmel entgegen, heute herrschen bei Fluggerät und Besatzung Präzision und ausgefeilte Technik. Wobei: Das große Glücksgefühl, einen Arbeitsplatz über den Wolken zu haben, schwingt in jedem Wort der Piloten mit. Und der Pioniergeist ist auch geblieben: Dieses Jahr wird es eine Weltpremiere geben. Beim Red Bull Aerobatic Triple kombinieren die Flying Bulls nämlich gemeinsam mit dem Red Bull Skydive Team und dem italienischen Kunstflugpiloten Dario Costa drei Aero­ batic-Elemente, die wenig miteinander zu tun haben: Helikopter, Flugzeuge und Fallschirmspringer. Für diesen Stunt muss alles auf Sekundenbruchteile getimt sein.

Zwei Mann auf den Trittbrettern, ein Flugzeug auf Tuchfühlung: Bei den Manövern der Flying Bulls müssen die Abläufe präzise getaktet sein.

Faszination aus der Bodenperspektive: drei Skydiver gemeinsam mit Dario Costa beim Training für die Airpower 2019 in Aigen im Ennstal

JOERG MITTER/RED BULL CONTENT POOL

Ein erweiterter Traum

Insgesamt werden 200 Fluggeräte aus 20 Nationen vor erwarteten 300.000 Zu­seherinnen und Zusehern ihr Können­ ­zeigen. Das freut auch das Land Steier­ mark, das etwa infolge der Übernachtun­ gen der Gäste mit einer Wertschöpfung von rund neun Millionen Euro rechnet. Das Bundes­heer wird als Aufgabenträger der Landes­verteidigung in der Luft und auf dem Boden für eine reibungslose Koordination sorgen. Mit einer Reihe an Maßnahmen soll die Veranstaltung außerdem unter das Zeichen der Nach­ haltigkeit gesetzt werden. Der ewige Menschheitstraum vom Fliegen, eben weitergedacht. THE RED BULLETIN

Piloten der Flying Bulls und Friends – Marco Waltenspiel, Mirko Flaim, Felix Seifert, Dario Costa und Marco Fürst (von links) – nach einem Training

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Geboren 1984 in Oberndorf bei Salzburg. Er ist Skydiver, einer der vier Stammspringer im Red Bull Skydive Team und Teil des Red Bull Aerobatic Triple. Vor kurzem ist er Vater geworden.

WIE VIEL ÜBERWINDUNG BRAUCHT ES, UM 10.000-MAL INS NICHTS ZU SPRINGEN? marco waltenspiel: „Es ist wichtig, Nein sagen zu können – wenn man mit den Gedanken woanders ist oder sich aus irgend­ einem Grund nicht wohlfühlt. Da muss man den Mut haben, zu sagen: ‚Ich spring nicht, und es ist mir egal, was andere davon halten.‘ Entscheidungen, die sich nicht gut anfühlen, zahlen sich nicht aus. Abgesehen davon be­ ginnt so ein Sprung mit der Vor­ bereitung. Es braucht körperliche Fitness, damit man auch im Kopf klar ist. In Sachen Ausdauer muss man auf einem guten Level sein, damit man in Extremsituationen Fehler ausgleichen kann. Ich habe einmal vor Jahren einen Fehler gemacht – die Folge: eine härtere Landung, bei der ich mir den Fuß gebrochen habe. Man muss in dem Sport wissen, was man tut. Man muss seine Grenzen kennen. Ich bin gerade Papa geworden, das ändert zwar meine Nächte, aber nicht mein Springverhalten. 46

Ich war vorher schon sehr akri­ bisch bei der Vorbereitung, das ist geblieben. Da ist dann kein Platz mehr für andere Gedanken. Mein Herzensding ist, wenn ich vor dem Sprung auf den Berg gehe. Da ist die Arbeit des Hinauf­ gehens, dann sitz ich oben, das ist Seelenbalsam. Und dann springe ich. Es ist meine absolute Lieblingsdisziplin. Heutzutage wird einem dauernd etwas ab­ genommen, aber da oben bin ich auf mich zurückgeworfen, das baut Vertrauen in mich selbst auf. Direkt vor dem Sprung checke ich noch alle Faktoren wie Wetter, Wind, Landezone, den Allgemein­ zustand, ob es im Team allen gut geht und jeder bei der Sache ist. Wenn es dann losgeht, bin ich in so einer konzentrierten Zone, da kann ich alles abrufen, was ich brauche. Und da zählt dann auch das Publikum, das macht eine ganz eigene Stimmung. Das Fas­ zinierende am Red Bull Aerobatic Triple ist, dass so viele Luftsport­ arten zusammenkommen. Man kann währenddessen nicht mit­ ein­ander reden, da gibt es oft nur Augenkontakt. Wir setzen viel Vorbereitung rein, und wenn alles funktioniert, ist das ein unglaub­ liches Gefühl. Das kostet dann gar keine Überwindung. Da ist nur Vorfreude auf den Sprung.“

„Ich bin gerade Papa geworden. Das ändert zwar meine Nächte – aber nicht mein Sprungverhalten.“

MICHAEL GROESSINGER/RED BULL CONTENT POOL, MIHAI STETCU/RED BULL CONTENT POOL

Marco Waltenspiel

Fliegen, über 200 km/h schnell: Marco Waltenspiel im Wingsuit – der Stoff zwischen Armen und Rumpf wirkt wie Flügel.

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Dario Costa Geboren 1981 in Manchester, hat Physik studiert. Er ist ­Stuntpilot, Kunstflieger und Red Bull Air Race-Pilot. 2021 steuerte er in Istanbul ein Stunt-Flugzeug durch zwei Tunnel und stellte dabei einen Weltrekord auf. Er ist Teil des Red Bull Aerobatic Triple.

WORAUF IST MEHR VERLASS – AUF MENSCH ODER MASCHINE? dario costa: „Ganz einfach, das lässt sich nicht trennen: Die Maschine wird von Menschen konstruiert und gewartet, das ganze System wird also von Men­ schen gemacht und betrieben. Es ist mir sehr wichtig, meine Maschine gut zu kennen, ich bin aber auch immer bereit, mehr zu lernen. Aus diesem Grund verbringe ich, wann immer ich kann, Zeit vor Ort, um daran zu arbeiten. Aber auch Intuition in der Luft ist wichtig und kann einen retten – jedenfalls wenn wir uns darüber einig sind, dass Intuition durch unsere Erfahrung und u ­ nser Wissen entsteht. 48

Beim Red Bull Aerobatic Triple verbinden wir drei verschiedene Elemente in der Luft, die nur funktionieren, wenn alles auf den Bruchteil einer Sekunde getimt ist. Dazu müssen wir Vertrauen zueinander haben und viel von­ein­ ander lernen, wir müssen unsere Hausaufgaben am Boden machen und dann in der Luft üben.

„Das Ganze funktioniert nur, wenn alles auf den Bruchteil einer Sekunde getimt ist.“

Es sind Schlüsselelemente, dass wir physisch und mental fit sind, und ich habe das große Glück, beides im Red Bull Athlete Per­ formance Center zu trainieren. Während des Events bin ich sehr fokussiert, da ist keine Zeit, um das Ganze auch zu genießen. Doch anschließend, wenn alles geklappt hat, fühle ich mich für meine Arbeit und meine Leiden­ schaft belohnt. Ich versuche, geerdet zu bleiben und das Beste aus mir herauszuholen. Das, was mir am meisten Sorgen im Leben macht: etwas bereuen zu müssen.“ THE RED BULLETIN


Airpower22

Mirko Flaim

Dario Costa hebt ab: Sobald er in der Luft ist, blendet er alles andere aus.

Applaus, nachdem Costa mit s­ einem Flugzeug in Istanbul durch zwei Tunnel (Gesamtlänge 2,6 Kilometer) ­geflogen ist und dabei in 44 Sekunden fünf Welt­rekorde knackte

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JOERG MITTER/RED BULL CONTENT POOL, SAMO VIDIC/RED BULL CONTENT POOL (2), BALAZS GARDI/RED BULL CONTENT POOL

Geboren 1983 in Lana in Südtirol. Er ist Hubschrauber­pilot und wird mit Ende des Jahres neuer Hubschrauber-Chefpilot der Flying Bulls, wenn die Legende Siegfried „Blacky“ Schwarz in Pension geht. Flaim ist Teil des Red Bull Aerobatic Triple.

WIE FÜHLT ES SICH AN, WENN’S DEN KÖRPER DURCHDREHT? mirko flaim: „Beim Heli-Kunstflug geht es weniger um die g‑Kräfte, die Belastung besteht mehr aus den Drehungen um alle drei Achsen gleichzeitig. Das kann man trainieren, dazu muss man körperlich fit sein – vor allem aber mental: Der Kopf muss frei sein, und Konzentration und ­Fokus müssen zu hundert Prozent passen. Dann wird einem auch nicht schlecht dabei. Wobei mir noch nie wirklich schlecht ge­ worden ist. Es ist anders, wenn man selber fliegt. Wenn man nur ­danebensitzt und nicht genau weiß, wann welches Manöver ­geplant ist, kann das anders sein. Das ist ein wenig, als würde man beim Autofahren auf der Bergstraße am Beifahrersitz sitzen: Beim Kunstflug danebenzusitzen – da wird sogar mir manchmal

flau im Magen! Und dennoch: Inter­essanterweise sind viele Menschen, die Höhenangst haben, positiv überrascht, wenn sie mit mir mitfliegen, weil es eigentlich wie Bus­fahren mit besserer Aussicht ist. Man ist in der Kabine geschützt. Beim Heli-Fliegen geht es um sehr viele Feinheiten, da fliegt man mit mehr Gefühl. Allein wenn man etwa an die Einsatzart „Rettungsflug“ denkt: Dort muss man in so kurzer Zeit so viel bedenken und ausloten – das geht nur mit Fingerspitzengefühl. Flugangst hatte ich nie, Re­spekt sehr wohl. Angst zu haben ist falsch, weil es den Fokus ab­leitet. Respekt ist nötig, auch damit die Konzentration passt. Und dann ist das Fliegen an sich halt mega! Da oben zu sein bedeutet Glück für mich. Gerade in den vergangenen Jahren, während der Lockdowns, war es wichtig für mich, rauszukommen und frei da oben in der Luft zu sein.“

„Eigentlich ist’s im Hubschrauber ja wie beim Busfahren – nur mit besserer Aussicht.“ 49


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„Den Regenbogen von oben, die tief verschneiten Berge, das Meer: Das Schönste am Fliegen ist, was man sieht.“

Eva Berginc Geboren 1984 in Tulln an der Donau. Sie ist Hubschrauber­pilotin beim ­Bundesheer und Hundetrainerin.

IST FLIEGEN DIE GRENZENLOSE FREIHEIT?

eva berginc: „Flugzeugfliegen wäre es für mich nicht, Helikopter­ fliegen ist es schon. Für mich entscheidet sich das danach, wo ich landen kann, also macht die Freiheit des Landens für mich die Freiheit des Fliegens aus: Ich kann auf einem Containerdach landen, auf einem Schiff, auf dem Großvenediger, egal. Alles, was so groß ist, dass meine Kufen Platz haben, ist ein Landeplatz – ja selbst wenn es kleiner ist, denn sobald ich die Kufen abstützen kann, ist es gut. Da reicht ein Hausdach, wo ich meinen Heli mit einer Kufe stabilisiere. Das ist spannend, weil sich bei mir die Faszination Fliegen verschoben hat: Anfangs war es das bloße Fliegen, dann die knif­ feligen Herausforderungen mit 50

dem L ­ andeplatz und die Arbeit mit den Spezialkräften. Jetzt arbeite ich auch als Taktik­ trainerin und kann anderen diese Faszination mitgeben. Ich habe das Glück, dass ich beruf­ lich meine beiden Leidenschaften ausüben kann: das Fliegen und andererseits das Rettungshunde­ wesen. Ich habe vier Hunde, und mein morgendliches Ritual ist, dass ich mit ihnen jeden Tag von fünf bis sieben Uhr früh unter­ wegs bin. Das ist mir ganz wich­ tig – denn ich bringe die Erfah­ rung als Hundeführerin auch in meine andere Arbeit ein. Es muss bei der Ausbildung nicht nur stupiden militärischen Drill ge­ ben, da geht es auch um positive Verstärkung und klares Festlegen

Die Airpower war für mich 2003 das größte Event zwischen mei­ ner Schulzeit und meinem Ein­ rückungstermin, also freu ich mich, dass ich heuer die Frauen in der Fliegerei r­ epräsentieren darf. Ob ich als Frau zum Fliegen ge­ eignet bin, ist keine geschlechter­ spezifische Frage, sondern eine persönliche. Komme ich mit den Anforderungen klar? Da gibt es ein Auswahlverfahren, und wer das schafft, wird Pilotin. Ich wollte schon immer fliegen. Wir waren drei Kinder, da ging das leider nicht. Mein erster Flug war, als wir in der Handelsakademie nach Malta geflogen sind. Da sind wir beim Übergang von Nacht auf Tag gelandet, und ich wusste: „Das will ich machen!“ Das Schöne am Fliegen ist, was man alles sehen darf: Einmal waren wir ganz weit im Norden Norwegens, da sieht man dann bei minus 20 Grad die verschnei­ ten Berge und daneben das Meer. Oder die Wetterphänomene: Wenn man draufkommt, dass ein Regenbogen kein Halbkreis ist, sondern ein ganzer, und man den so von oben sieht – das ist das Mitreißende am Fliegen.“ THE RED BULLETIN

FERDINAND BERGINC

von Kriterien. Unsere militärische Ausbildung beim Heer ist hier großartig: Was wir lernen, ist alles zu festigen. Das ist wichtig. Vor allem in Stresssituationen in der Luft, wo etwas anders kommt, als es sollte. Da ist wichtig, drei­ mal durchzuatmen, alles kurz aus der Drohnenperspektive zu betrachten, die Checkliste durch­ zugehen und eine passende Ent­ scheidung zu treffen.


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Seit 1978 braut die in Familienbesitz befindliche Privatbrauerei Egger mit Leidenschaft, Qualität und technischer Perfektion das genussvolle Egger Bier. Das Sortiment reicht vom klassisch-herben Märzenbier über den fruchtigen Zitrus Radler bis hin zum alkoholfreien Premiumbier.

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Bereits zum zwölften Mal in Folge wurde das Egger Märzen zum besten Bier gewählt und mit Gold prämiert! 2001 und 2006 wurde Egger als ­einziger österreichischen Brauerei der „Preis der Besten“ verliehen. ­Zudem holte das Egger Märzen ­erneut Platz 1 bei der renommierten Falstaff Bier Trophy 2022.

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FLUG­ANGST – FÜR DICH WIRKLICH EIN FREMDWORT?

Eskil Amdal Geboren 1978, aufgewachsen in Trondheim, Norwegen, hat über 125 verschiedene Flugzeugtypen und Helikopter geflogen. Er ist Pilot der Flying Bulls und Testpilot der „Forsvarsmateriell“, der Norwegian Defence Materiel Agency.

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Die Frecce Tricolori – die Kunstflugstaffel der italienischen Luftwaffe, hier bei der Airpower 2016 – werden auch dieses Jahr wieder in Zeltweg zu sehen sein.

„Triebwerksausfall? Hatte ich auch schon. Da zahlten sich die vielen Trainings aus.“ nehmen, um darüber nachzuden­ ken, ob ich etwas vergessen habe, was mich in der nächsten Minute mein Leben kostet. Die Liste wird aufgrund der fortschreitenden Technik kürzer, und es gibt nur wenige Dinge, die ich kontrollie­ ren kann – aber bei denen muss ich zumindest sicherstellen, dass alles an der richtigen Stelle ist. Manchmal überprüfe ich wäh­ rend eines Fluges Dinge doppelt. Es gibt eine Szene in ‚Top Gun‘, in der Maverick ein Tief hat und sein Trainer sagt: ‚Keep sending him up.‘ (‚Schickt ihn weiterhin rauf.‘) Das ist sehr wahr, man muss so schnell wie möglich ­wieder loslegen. Zwei Monate nach meinem Unfall gab mir mein Arzt das Okay, und ich flog eine P-51 Mustang. Es war das Richtige für mich. Man muss weiter­machen, damit einen die Angst nicht dauer­haft erwischt. Ich liebe das Fliegen und hoffe, dass es so lange wie möglich Teil meines Lebens bleibt. Aber sollte es einmal enden, gibt es zum Glück viele weitere wunderbare Dinge im Leben. Ich würde mit ­Sicherheit etwas Schönes finden.“

Airpower22 Alle Details und Infos zum Flugspektakel in der Steiermark. Die Steiermark ist nicht nur das grüne Herz Österreichs – die Airpower soll dieses Jahr auch besonders nachhaltig vonstattengehen. Das geschieht über eine Reihe an Maßnahmen, etwa beim Verkehr, wo Sonderzüge der ÖBB und Reisebusse aus ganz Österreich bis an die Eingänge des Veranstaltungsgelän­ des fahren, was bis zu 30 Prozent CO² einsparen soll. Bei einer Anreise mit dem Auto muss man sich vorab einen Parkschein auf oeticket.com besorgen. Der Eintritt ist frei, die Zuseher er­ warten von 9 bis 17 Uhr insgesamt 35 „Flying Displays“ mit Vorführungen der Luftstreitkräfte, internationaler ­militärischer Kunstflugstaffeln und der Flying Bulls. Außerdem gibt es 60 Luft­ fahrzeuge am Boden zu besichtigen. Live übertragen wird die Air Show auf ServusTV am 3. 9. von 10 bis 12.25 Uhr und von 16.05 bis 18 Uhr sowie am 2. 9. auf Red Bull TV. Weitere Informationen auf airpower22.at

Der Kampf um die besten Bilder. THE RED BULLETIN

ARMIN WALCHER / RED BULL CONTENT POOL (2), HELGE KIRCHBERGER PHOTOGRAPHY/RED BULL CONTENT POOL

eskil amdal: „Ich hatte nie wirk­ lich Flugangst. Ich bin immer wieder besonders konzentriert – und vielleicht ein bisschen ängstlich. Etwa in einem schwer zu fliegenden Flugzeug, bei schwierigen Manövern oder in Bodennähe. Wäre da Angst vor dem Fliegen selbst, hätte ich ­angefangen, etwas anderes zu tun – etwa Delfine trainieren. Vor zwei Jahren hatte ich ei­ nen katastrophalen Motor­­schaden in einer Hawker ‚Sea Fury‘. Da ist ein paar Sekunden lang Angst da, aber dann muss man handeln, etwas tun. Ich habe so viele Trieb­ werksausfall-Trainings absolviert – was sich ausgezahlt hat. Ich habe mir beim Aufprall zwar den Rücken gebrochen, aber immer­ hin bin ich noch hier. Nichts ist Routine. Jeder Flug ist anders. Es ist wichtig, Fliegen nicht als Routine zu betrachten und so möglicherweise in die Falle der Selbstzufriedenheit zu tappen. Ich versuche mir vor jedem Ab­ flug ein paar Sekunden Zeit zu


VERLEIHT FLÜÜÜGEL. AUCH MIT DEM GESCHMACK VON MARILLE-ERDBEERE.


Nostalgie

Die RückwärtsRevolte Polaroids aus der HartplastikBox, fette Synth Drums und Jeans, die bis zum Nabel reichen. Der große Nostalgie-Boom: So macht uns das Gestern Lust auf morgen. Und auf alte Turnlatschen um 47.000 Euro … Text MARK BAILEY Fotos PHILIPP MUELLER Prop Styling KELLY-ANNE WILLS Objektiv betrachtet gibt es längst bessere Foto­ apparate als die Sofort­ bildkamera von Polaroid. 2008 wäre die Produktion fast eingestellt worden – ehe das gute Stück eine völlig neue Bedeutung bekam: eine Kamera wie damals. Nostalgie zum Abdrücken.

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Nostalgie

Professor Tim Wildschut (Bild links) ist auf die Vergangenheit fixiert. Er hat sein Leben der Erforschung der Nostalgie verschrieben. Schon der Begriff ist vergilbt, er stammt aus dem 17. Jahrhundert: Damals beschrieb man damit die Melancholie von Kriegs­ heimkehrern, eine Kombination der griechischen Wörter nóstos (Heimkehr) und álgos (Schmerz). Seit damals hat Nostalgie einen angekratzten Ruf: als sentimentales Festhalten am Vergangenen. Doch Professor Wildschut sagt: „Nostalgie ist eine kreative Schubkraft, die uns Hoffnung, Selbstvertrauen und Optimismus verleiht!“

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im Wildschut, Professor für ­Sozial- und Persönlichkeits­ psychologie an der Universität Southampton, forscht seit zwei Jahrzehnten an dieser lange missverstandenen Emotion. Anders als vorangegangene Denkschulen konzentrierte sich Wildschut auf die empirische Forschung am Beispiel alltäglicher Durchschnittsmenschen. „Nostalgie“, fand er heraus, „lässt sich ganz leicht wecken, sie liegt direkt unter der Oberfläche.“ Zuerst versetzt er seine Klienten in nostalgische Stimmung: durch Fragen nach alten Spielzeugen, Haustieren oder Wohnorten, durch das Spielen alter Lieblingssongs oder den Duft von Zucker­ watte, mit Bildern längst vom Markt ­genommener Süßigkeitsverpackungen. Darauf folgt eine Serie von Tests, um die Reaktionen darauf zu messen. Das Re­sultat: Wer Nostalgie empfindet, ist nicht traurig. Im Gegenteil: Das individuelle Glücksgefühl steigt, die Verbindung zu anderen wird als stärker empfunden, der Lebenssinn gefestigt. „Die meisten Menschen finden die Emotion angenehm, positiv und bedeutungsvoll“, sagt Wildschut. Und er fand noch etwas Interessantes heraus: Nost­ algie ist keine Schwäche der älteren ­Generation. „Jeder empfindet Nostalgie, doch am stärksten ist das Gefühl bei jüngeren Menschen. Unserer Interpretation zu­folge machen nostalgische Gefühle den Wechsel von Lebensphasen einfacher – etwa den Auszug aus dem Elternhaus oder den Übergang von der Jugend ins Erwerbsleben.“ 56

Statt die Vergangenheit zu ver­klären, scheint uns Nostalgie für unsere Pläne zu inspirieren. „Nostalgie ist keine Einbahnstraße: Die bittersüße Erinnerung an glückliche Zeiten, die niemals wieder­ kommen werden, gibt uns Mut, uns auch eine glücklichere Zukunft auszumalen“, sagt Wildschut. Doch das ist nicht alles. Nostalgie ist auch der perfekte Beziehungskitt. ­„Gemeinsamkeiten, die uns mit unserem Jahrgang oder unserer Generation verbinden, erfüllen unser Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit.“ So gesehen überrascht es nicht, dass Popstar Billie Eilish nach der US-Version von „The Office“ süchtig ist – immerhin ist das eine Serie, die im Jahr 2005 erstausgestrahlt wurde, als Billie selbst erst zarte drei war. Doch Eilish sampelt „The Office“ auch in ihren Songs und setzt die Titelmelodie als Opener für ihre Shows ein. Das PopkulturMagazin „Vulture“ nennt das „eine ex­ treme Addiction der Generation Z“, Billie selbst findet es „therapeutisch“. Notalgie – die heilende Sucht! Auch für US-Schauspielerin Olivia Munn, die als Jugendliche mit Hingabe das 1992 auf den Markt gebrachte Nintendo-Game „Super Mario Kart“ gespielt hat. Heute, mit 42, sei Gamen „wie Meditation für mich“, meint Munn. „Nostalgie stachelt unsere Kreativität an“, resümiert Wildschut. „Du wirst ­offener. Sie ist wie ein Sprungbrett für die Entdeckung der Welt.“

MODE

Stranger Trends Wie eine Netflix-Serie den Kleidungsstil der 1980er zurückbrachte. „Stranger Things“ ist nicht nur Sci-Fi-Drama. Mit seiner Hommage an die 1980er-Jahre war es auch Mitgrund für das Comeback der dazugehörigen Mode – obwohl der Großteil der Fanbase viel zu jung ist, um sich zu erinnern. Kostüm­ designerin Kimberly Adams-Galligan stellte sich dieser Herausforderung: „Als wir 2015 begannen, trug kein Mensch High-Waist-Jeans“, sagt sie. „Die jungen Schauspieler fanden sie total komisch, sie waren noch an die Low-Rise-Ära aus den 2000er-Jahren gewöhnt. Heute sind die Kids verrückt nach Hosen mit High Waist.“ Die jungen Stars von „Stranger Things“, etwa Millie Bobby Brown, 18, und Finn Wolfhard, 19, wurden zu Stil-Ikonen der Generation Z. Fawnia Soo Hoo, Redakteurin der Fashion-Website „Fashionista“: „Die Ästhetik der 80er stellt Spaß und Exzess in den Vordergrund, die Farben knallen. Die Generation Z hingegen ist verantwortungs­ bewusst, darum verleiht ihr ein ­Ausflug in die 80er so ein Freiheits­ gefühl. Der bewusste Umgang mit Ressourcen in Form von Vintage steht bei dieser umweltbewussten ­Generation hoch im Kurs.“ Die Serie inspirierte auch ein paar retromoderne Kollabora­tionen – von Nikes „Hawkins High School“ Air Tailwind 79 Sneakers bis zum „Stranger Things“-T-Shirt, mit dem Louis-Vuitton-Designer Nicolas Ghesquière 2017 ein Model auf den Laufsteg der Pariser Fashion Week schickte. Die vierte Staffel von „Stranger Things“ läuft derzeit auf Netflix. THE RED BULLETIN


„In den 80ern drehte sich modisch alles um Spaß und Exzess. Für die Generation Z wirkt das wie ein Aus­ flug in die Freiheit.“ Fashion-Autorin Fawnia Soo Hoo über den Retro-Appeal der Sci-FiDrama-Serie „Stranger Things“


„Jeder Schuh ist ein Kunstwerk – das kostet eben seine 47.000 Euro.“ Nohman Ahmed, Besitzer des Londoner Schuhladens Presentedby (Bild), einer Pilger­­ stätte für Sneaker-Nostalgiker aus aller Welt

SNEAKERS

Herz und Sohle Früher landeten alte Turnschuhe ganz prosaisch im Müll. Heute gibt’s eine eigene Börse für sie. Als Nohman Ahmed mit seinen Brüdern Imran und Rizwan 2017 in London das Sneaker-­ Geschäft Presentedby eröffnete, war der Hauptantrieb ­Nostalgie. „Wir liebten schon als kleine ­Buben Turnschuhe – ich mochte Reebok Workouts und Reebok 58

Classics am liebsten“, erinnert er sich. Im Shop in der Tottenham Court Road findet man Sammlerstücke, Neuauflagen und Klassiker. Seine Spezialität sind, wie Ahmed das nennt, ­„refined regenerations“: Vin­ tage-Trainer auf kunstvollen

­ ockeln, Retro­-Designs, die sich S mit f­ u­turistischem Dekor schlagen – und darüber ein Börsen­ ticker mit den aktuellen Preisen. Die Klientel ist entsprechend prominent, Fußballstar Neymar Jr. zählt ebenso dazu wie der britische Sänger Liam Payne. „Jeder weiß, wie selten diese Stücke sind“, sagt Ahmed. „Du weißt: ‚Diesen Style hat ­niemand außer mir!‘ Ganz so, als ob du ein feines Kunstwerk erwirbst.“ THE RED BULLETIN


Nostalgie

Polaroidkamera: grauer Kunststoff, knallige Bilder

FOTOGRAFIE

Mit allen Sinnen

ÁKOS BURG

Ein analoger Optimist holt uns zurück in eine prädigitale Welt.

Der Vergleich passt auch in Bezug auf die Preise: Ein Paar Air Jordan 4 Undefeated aus dem Jahr 2005 kostet umgerechnet 47.000 Euro, der Eminem × Carhartt × Air Jordan 4 kommt auf 41.000 Euro. Es gibt aber auch den Limited Edition Air Max 90 für rund 230 Euro. „Hinter jedem Schuh steckt eine Story“, sagt PresentedbyDirektor Ridwane Ettoubi. „Der Nike Yeezy Red October für 10.000 Pfund markiert zum BeiTHE RED BULLETIN

spiel das Ende der Beziehung von Nike und Kanye West. Die Schuhe sind Geschichte.“ Sneaker-Nostalgie mag heute ­Luxus sein, doch das war für Ahmed nie ein Antrieb. „Viele glauben, man braucht tausend Paar, um ein Sneakerhead zu sein, aber das ist Unsinn. Du brauchst allein Leidenschaft.“ Und ein bisserl Taschengeld. presentedby.com

Florian Kaps (Bild), 53, verliebte sich in analoge Technik, als er 2003 sein erstes Foto mit einer Polaroid-­ Kamera schoss. „Ich fand alles daran toll, vom Auslöser-Geräusch bis zum Bild“, sagt der Eigentümer von Supersense, einem analogen Konzept-­Store in Wien, der alles von der Sofortbildkamera bis zu Vintage-Turntables anbietet. „Digitales beschränkt uns auf zwei Dimensionen: Du kannst hören und sehen. Alles, was analog ist, lässt sich zusätzlich auch noch berühren oder riechen.“ Kaps war überrascht, wie jung seine Kunden sind: „Die jüngeren Generationen lieben die analoge Technik. Sie sehnen sich nach Dingen, die bleiben – Digitales ist ja so vergänglich, ohne iPod existieren deine Songs gar nicht. Aber eine Plattensammlung, Mixtapes, Fotogra­ fien – die gehören für immer dir.“ 2008 erfuhr Kaps von der bevorstehenden Schließung der letzten Polaroidfilm-Fabrik. Daraufhin beschloss er, die einzigartigen Maschinen zu kaufen, die Fabrik zu ­leasen und das ikonische Foto-Medium so am Leben zu halten. 2013 zog er sich aus dem Projekt zurück, um Supersense zu gründen, doch Polaroid erfreut sich noch immer bester Gesundheit. Heute konzentriert sich Kaps auf Produkte, die analoge und digitale Technik auf clevere Weise kombinieren. „Am liebsten sind mir Konverter – und zwar nicht die, die von analog nach ­digital überspielen, sondern umgekehrt“, sagt er. „Mit un­serem Instant Lab verwandeln wir ein digitales iPhone-­ Foto in ein chemisches Kunstwerk auf Polaroid-Film. Und wir machen den ‚Mastercut‘ von digitalen Music-­ Files und pressen sie auf Vinyl.“ Platter geht’s nicht! the.supersense.com

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„Funky, aber unperfekt, so war der Synth-Sound der Achtziger. Also haben wir ihn an die Erwartung von heute angepasst.“ Tyler Lyle vom Synthwave-Duo The Midnight über die 80er-Film- und -Game-Einflüsse auf die Band


Nostalgie

MUSIK

Synthetische Flashbacks Hätte die Nostalgie einen eigenen Soundtrack, so würde er genau wie The Midnight klingen.

SHERVIN LAINEZ

The Midnight: Producer Tim McEwan (li.) und Songwriter Tyler Lyle

Die Band The Midnight ist zwi­ schen zwei Welten hin und her ­gerissen. Der des Sängers und Songwriters Tyler Lyle aus New York, Fan von Bruce Springsteen und Paul Simon. Und der des ­dänischen Producers Tim McEwan, der seine Wurzeln im synthesizer­ geprägten Pop von Toto und Phil Collins hat. Als The Midnight sind sie die Speerspitze von Synth­ wave – einer Musikrichtung, die den Electro-Pop-Sound der Filme und Videospiele der 1980er mit aktueller Popmusik verbindet. „Alles begann, als ich den Film ‚Drive‘ sah und mich im Sound­ track verlor“, sagt McEwan und meint damit Cliff Martinez’ Aus­ wahl von Retro-Synth-Songs. „Ich spürte sofort eine emotionale Verbindung. Mich zog es zu Akkor­ den, die sich irgendwie nostalgisch anhörten, und Tyler schrieb dazu diese wunderbaren Texte.“ In den Folgejahren eroberte der Synthwave-Sound den Main­ stream, etwa mit „Blinding Lights“ von The Weekend (2019) oder „Physical“ von Dua Lipa (2020). Aber anfangs, sagt McEwan, „war das noch eine echte Nische“. Das Motto von The Midnight ist „mono no aware“, eine japanische Redewendung, die übersetzt so THE RED BULLETIN

etwas wie „Trauer über das Ver­ gehen der Zeit“ bedeutet. Ihre ­Alben – veröffentlicht auf NeonVinyl oder Musikkassetten mit Neon-Artwork – haben nostalgi­ sche Titel wie „Endless Summer“, „Kids“ oder „The Rearview Mirror“, die Tracks sind mit ihren gesam­ pelten Kassettendeck-Klicks und Modem-Sounds kleine Zeitreisen. „Nostalgie funktioniert wie ein Fenster in unsere kreativen Ichs“, sagt Lyle. Im vergangenen Jahr kamen The Midnight auf mehr als 70 Mil­ lionen Spotify-Streams in 92 Län­ dern. Lyle: „Wir schauen zurück auf unsere Wurzeln und hoffen dabei, herauszufinden, wie es ­weitergehen soll.“ Genau darum imitieren sie die Sounds der 1980er nicht nur, sondern ver­ suchen, sie neu zu interpretieren. „Der digitale Hall der 1980er-

„Wir blicken zurück auf unsere Wurzeln – und finden dabei heraus, wie es weitergehen soll.“ Tim McEwan, The Midnight

Synths war funky und unperfekt“, sagt Lyle, „wir passen den Bass, die Vocals und die Snare Drum ein wenig an die Ansprüche von heute an.“ Inspirationen dafür finden sie etwa in 80er-Filmen wie „Ter­ minator“ oder „Risky Business“: „Wenn ich einen dieser Filme sehe, gehe ich danach direkt ins Studio“, sagt McEwan. „Der Soundtrack und die Ästhetik ­wecken sofort meine Kreativität.“ themidnightofficial.com

Vintage-Shirt, veredelt von Pharrell Williams. Wow. Wau.

SPORT

Der Rückpass Wie Pharrell Williams Vintage-­ Fußball-Trikots neu erfand. Das Adidas-Archiv im deutschen Herzogenaurach ist das Fort Knox der Sportgeschichte, 18 Grad kühl, 55 Prozent Luftfeuchtigkeit. Hier lagern 40.000 Produkte, die ältesten sind 100 Jahre alt. „Sie müssen Spezial-Handschuhe überziehen“, mahnt Inigo Turner, Design-Direktor der Adidas-Fußballabteilung. Normalerweise dürfen hier keine firmenfremden Personen herein, doch einmal hieß man einen ganz besonderen Gast willkommen: US-Hip-Hop-Star Pharrell Williams. „Wir zeigten ihm die Abteilung mit den alten Fußballdressen, um einzelne Trikots für ein Redesign auszuwählen. Pharrell weiß viel über Mode, Menschen und Kultur, aber wenig über Fußball. Das machte seine Ideen doppelt spannend.“ Williams wählte ein paar ikonische Stücke aus, darunter das gelbe Arsenal-Trikot der Jahre 1991 bis 1993, das wie eine fleckige Banane aussah, oder das blaue Manchester-United-Schneeflocken-Trikot (1990 bis 1992). Diesen Jerseys verpasste er ein Graffiti-Makeover und ersetzte alle Sponsoren­ aufdrucke durch den Namen seines eigenen FashionLabels Humanrace. „Wir haben ihn in unser Labor mitgenommen, wo er selbst zu Spray und Paintbrush griff“, sagt Turner. „Diese neuen alten Jerseys entsprachen genau dem Zeitgeist der Acid-House-Clubbing-Szene. Williams’ Limited-Edition-Jerseys wurden rasch zu Klassikern, mit denen auf eBay eine Menge Geld zu machen ist. „Die Vergangenheit formt die Zukunft“, sagt Turner. Was für ein Turn! adidas.at

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Nostalgie

GAMING

Zurück zum Anfang

US-Autor Ernest Cline vor seinem DeLorean DMC-12

POPKULTUR

Die doppelte Zeitreise Ein Sci-Fi-Autor findet den Schlüssel zur Welt von morgen in den Achtzigern. Wenn Nostalgiker die Vergangenheit glorifizieren, sind Science-Fiction-Autoren wohl eher Postalgiker, also so etwas wie Zukunfts-Fans. Der US-Autor Ernest Cline ist beides. Das liegt vor allem an seinem 2011 erschienenen Buch „Ready Player One“, das Steven Spielberg 2018 verfilmte. Um die Zukunft zu reparieren, switcht Cline in die Vergangenheit. „Ready Player One“ spielt in einem dystopischen 2045, in dem Klimawandel, Überbevölkerung und Energieknappheit die Welt prägen. Zur Ablenkung flüchten die Menschen in eine Online-Welt. Der spannende Dreh: Das Virtual-Reality-Reich OASIS hat ein exzentrischer Spinner aus den 1980ern ­erfunden, der ein Vermögen für den Sieger eines Games auslobt, das voller Referenzen an pop­ kulturelle Meilensteine wie „Dungeons & Dragons“, „Star Wars“, „Pac-Man“ und „Blade Runner“ ist. Cline setzt also clever auf die Kraft der Nostalgie, um die Sci-Fi-Fans bei der Stange zu halten. „Fantasy tut immer so, als gäbe sie uns eine Fluchtmöglichkeit in eine andere Realität“, sagt Dr. Allen Stroud, Vorsitzender der Britischen Science Fiction Association. „Dabei fliehen wir doch alle ­immer in etwas Vertrautes. Zu Dingen, die wir schätzen, an die wir anknüpfen. Wir fliehen in unsere Erinnerungen.“ Für Cline spielen aber auch moderne Phänomene wie Online-Games, Social ­Media oder Reality-TV eine Rolle. „Die beiden Pole müssen miteinander verschmelzen“, sagt Stroud. „Einerseits braucht Cline Anknüpfungspunkte, mit denen die Leute von heute etwas verbinden, etwa riesige Multi­ player Online Games, zugleich wirft er uns zurück in unser Nostalgiegefühl.“ Ein großer Wurf. ernestcline.com

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Im Juli vergangenen Jahres wurde ein originalverpacktes Exemplar des 1986er-NintendoAdventure-Games „The Legend of Zelda“ für umgerechnet 815.000 Euro versteigert – ein Weltrekord. Der zwei Tage später schon pulverisiert wurde, als jemand für eine neuwertige 1996er-Ausgabe von „Super Mario 64“ stolze 1,46 Millionen Euro auf den Tisch legte. Im selben Jahr, in dem Sony und Microsoft gerade aufwendig konstruierte neue Spielkonsolen herausbrachten, hatten die marktführenden Spiele der Welt ein Vierteljahrhundert auf der knallroten Schirmkappe. „Die Leute denken nostalgisch an einfachere Zeiten zurück“, sagt Dr. Pippin Barr, stellvertretender Direktor des Technoculture, Art and Games Research Center in Montréal, Kanada. „Der Reiz

„Keine spritzenden Gehirne – bei den alten Spielen geht es noch um Spaß.“ Dr. Pippin Barr, Game-Forscher

dieser alten Spiele ist ihre Einfachheit. Sie sind nicht besonders ­realistisch, da spritzen keine Gehirne an die Wand. Der Spaß steht im Vordergrund.“ Die Lust auf alte Games hat eine eigene Subkultur entstehen lassen. Retro Gamers sammeln ROMs (digitale Kopien alter Kassetten-Spiele) und spielen sie mithilfe von Software-Emulatoren (digitalen Simulationen alter Konsolen). Die rechtlichen Grenzen der Copyright-Gesetze werden d ­ abei nicht ganz so streng genommen. Parallel dazu entstand eine eigene Industrie von Mini-RetroKonsolen – offiziell lizenzierte, verkleinerte Nachbildungen der

alten Geräte von Sega, Sony und Nintendo mit vorinstallierten klassischen Games. Für wahre Game-Archäologen geht das allerdings nicht weit genug. Denn anstelle der Hardware von einst kommen auch hier Software-­ Emulatoren zum Einsatz, das Spielgefühl reicht also nicht ganz ans Original heran. Hier kommt die US-Company Analogue ins Spiel. Seit ihrer Gründung durch den Hobby-­ Gamer Christopher Taber hat sie nur eine Mission: das Spiel­ erlebnis alter Cartridge Games so präzise und originalgetreu wie möglich zu rekonstruieren. Zu diesem Zweck baute Taber neue Konsolen mit maßgeschneiderten Chips, die die Original-Schaltkreise in der Hardware eins zu eins ­kopierten. Laut Taber dauerte es allein drei Monate, „Sonic the Hedgehog“ auf der Mega Sg (dem Analogue-Klon der Sega Mega Drive) zum Laufen zu bringen. Das Design des Innenlebens der Super Nt (des Nachbaus der ­Super Nintendo) kostete weitere 5000 Arbeitsstunden. Analogue geht es aber nicht nur um das Bewahren traditioneller Spielerlebnisse, sondern auch um die Verbindung von persönlicher Erinnerung und moderner Ästhetik. Denn die Konsolen fühlen sich mit ihren OriginalKassetten zwar an wie früher, Videoauflösung, Sound und die Möglichkeit, sich kabellos mit anderen Mitspielern zu verbinden, entsprechen aber dem tech­ nischen Stand von heute. Taber: „Wir haben die Seele nicht ver­ ändert, sondern nur optimiert.“ Alte Seele, neues Glück. Und so wurde auch der Profit optimiert. analogue.co

THE RED BULLETIN

DAN WINTERS, STYLING ASSISTANT: LOTTIE HORNER

Amerikanische Tüftler kreieren Vintage-Erlebnisse – und zwar mit der neuesten Mikrotechnologie.


„Wir veränderten ‚Super Marios‘ Seele nicht – wir optimierten sie.“ Retro-Spiele-Entwickler Christopher Taber, der Orignal-Schaltkreise auf Chips komprimiert


CUPRA GIBT

STROM Sie heißen CUPRA Tavascan, CUPRA Terramar und CUPRA UrbanRebel – und sind die neuen elektrifizierten Modelle, mit denen die spanische Performance-Marke in eine neue Ära aufbricht. CUPRA startet weiter durch. Bis 2025 bringt die spanische Performance-Marke drei komplett neue Modelle auf die Straße. Getreu der Vision, dass CUPRA bis 2030 vollständig elektrisch unterwegs sein will, sind zwei der drei Neuheiten reine Elektroautos, das dritte Modell begeistert in Form eines Plug-in-Hybrids teilelektrifiziert. CUPRA Tavascan: definiert Leistungsfähigkeit neu Den Anfang macht 2024 der CUPRA Tavascan. Das Modell verbindet modernste Antriebstechnologie mit dem sportlichen und gleichzeitig eleganten Design eines viertürigen Crossover-SUV, der die Herzen von Auto­mobil­fans höherschlagen lässt. Namensgeber des CUPRA ­Tavascan ist ein idyllisch gelegenes Dorf in den Pyre­näen, das mit seiner atemberaubenden Landschaft und der umgebenden Natur einzigartig ist. CUPRA Terramar: der erste elektrifizierte SUV Nächstes Mitglied des zukünftigen Trios ist der voll­elek­ trische CUPRA Terramar. Er ist der erste elektri­fizierte SUV von CUPRA, der mit Verbrennungsmotoren und fortschrittlichen Plug-in-Hybridantrieben (die elektrische Reichweite beträgt dabei rund 100 Kilometer) erhältlich sein wird. Der CUPRA Terramar verbindet schwung- und kraftvolle Proportionen mit markantem

FUTURISTISCH Die zukünftigen Elektro­ modelle bestechen ­allesamt mit einem mini­ malistischen Design und fortschrittlicher Technik.


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URBANREBEL CONCEPT Rebellisch und un­ konventionell soll er sein, der erste elektrische Klein­wagen von CUPRA.

Design. Mit diesem emotionalen, sportlichen und ­elektrischen SUV wird CUPRA in höhere Preissphären im SUV-Segment vordringen, des am schnellsten wach­ senden Segments in Europa. Von da kommt er schließ­ lich auch: Gebaut wird der CUPRA Terramar im AudiWerk im ungarischen Györ. CUPRA UrbanRebel: das wird ein E-Stadtflitzer Für 2025 plant CUPRA den UrbanRebel. Das front­ getriebene urbane E-Auto basiert auf der Plattform MEB Small des Volkswagen-Konzerns. Mit rund vier

DIE CUPRA BORN CHALLENGE mit Andrea Schla

ger

Meter Länge zielt er direkt ins Kleinwagenangebot, ­bekommt aber ordentlich Power. Die Leichtbauweise ­sowohl beim Exterieur als auch beim Interieur trägt dazu bei, dass der 226 PS (166 kW) starke Elektromotor und das Batteriepaket den umweltfreundlichen Stadtflitzer in nur 6,9 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen lassen und ihm eine beeindruckende Reichweite von bis zu 440 Kilometern (Range Version) verleihen. Designt und entwickelt in Barcelona, tritt der CUPRA UrbanRebel dazu an, die Welt der vollelektrischen urbanen Fahr­ zeuge zu evolutionieren.

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cupraofficial.at/born-challenge Teilnahmeschluss ist der 2. September 2022


Bike FLOTTER DREIER

Favorit Konny Loser (rechts), Newcomer Vinzent Dorn (Mitte) und Lokalmatador Tristan de Lange kämpfen hier sich durch die namibische Wüste.

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Wild auf Wüste Sand, Staub, Schotter. 393 Kilometer auf dem Mountainbike durch die Savanne. Nachts lauern die Hyänen, tagsüber brütet die Hitze. Schon sechsmal hat der Schweizer Konny Looser das DESERT DASH gewonnen. Warum quält er sich jetzt ein siebentes Mal? Text ANNIKA BROHM

Fotos TARA METTE


Bike

NAMIBIA

Windhoek

Swakopmund NamibWüste

A

m Ende entscheiden 30 Zentimeter, ­armselige 30 Zentimeter. Konny Looser geht in die Knie, er lässt den Kopf hängen, sein Gesicht ist mit Staub und Dreck gezeichnet. „Scheiße, Mann!“, ruft er. Es ist kurz nach fünf Uhr morgens in Swakopmund, einer Küstenstadt in Namibia. Looser hört, wie die Wellen des Atlantiks heranpreschen und sich langsam wieder zurückziehen; er sieht die Blitzlichter der Kameras, die ihn umzingeln; er fühlt die Kälte in jede Faser seines drahtigen Körpers kriechen. 30 verdammte Zentimeter haben ihm die Siegesserie vermasselt, haben ihn zum Verlierer gemacht. Looser – wie ironisch. Er ist Zweiter geworden, aber das tröstet ihn nicht, nein, das macht alles nur noch bitterer. „Am Ende schaut doch eh jeder nur auf den Sieger, oder?“, sagt er. Es klingt niedergeschlagen und hoffnungsvoll zugleich: oder? „Wie lange haben die sich schon die Finger nach dem Titel geleckt?“, fragt sein Schwiegervater, aber eigentlich ist es keine Frage. Keine 15 Stunden zuvor genießt ­Konny Looser den Ruf einer Legende. Was Michael Schumacher einst für die Formel 1 war und Bayern München für die Bundesliga, ist Konny Looser 68

DEN PASS ENTLANG

Das Trio Tristan de Lange (vorn), Konny Looser (Mitte) und ­Vinzent Dorn hat die Konkurrenz hinter sich gelassen.

für das Desert Dash. Sechsmal hat der Schweizer an dem Mountainbike-Rennen in Namibia teilgenommen. Sechsmal hat er gewonnen. „Langweilig“, sagen DesertDash-Fans über ihn, „der gewinnt doch eh.“ Einer seiner stärksten Konkurrenten sagt: „Konny ist so gut wie unschlagbar.“ Und er selbst sagt: „Etwas anderes als der Sieg kommt für mich nicht infrage.“ Das Desert Dash ist ein Rennen der Extreme: Auf dem Mountainbike durchqueren die Teilnehmer die älteste Wüste der Welt. 393 Kilometer fahren sie durch die Namib, von bis zu 35 Grad Celsius

in der Mittagshitze bis in die Kälte der Wüstennacht, von der Hauptstadt Windhoek bis zur Küstenstadt Swakopmund. Wer dort ankommt, sieht, wie die Dünen der Namib und die Wellen des Atlantiks in einem krachenden Showdown auf­ einandertreffen. Wer länger braucht als 24 Stunden, scheidet noch davor aus. So gegensätzlich die Natur in Namibia ist, so gegensätzlich sind auch die Ansprüche der Teilnehmer. An der Spitze des Rennens loten Profis wie Looser ihre körperlichen und mentalen Grenzen aus. Sie streben nach Bestzeiten und greifen nach dem Titel. Loosers Titel. Im hinteren Feld hieven Hobbyfahrer ihre Bierbäuche die Straßen hinauf, für sie zählt die Teilnahme allein. Ankommen? THE RED BULLETIN


DER SIEGER

Nach seinem Triumph an der Ziellinie in Swakopmund: der Namibier Tristan de Lange


Bike

STARTBEREIT

Die Teilnehmer des Desert Dash kurz vor dem Start in Windhoek

Vielleicht, mal schauen. Wer will, kann im Team antreten und die Last der Strecke halbieren oder gar vierteln. Ein Auszug aus der Startliste des Desert Dash 2021: Team „Just riding along“ hat sich angemeldet, außerdem „The Vomit“ und „Fat Fun“. Für ein dünn besiedeltes Land wie Namibia ist das Desert Dash ein großes Event. Bereits Wochen davor drehen sich die Gespräche im Fahrradladen und im Supermarkt um das Dash. Wer sich als namibischer Einzelfahrer an die Strecke heranwagt, wird für kurze Zeit zur lokalen Berühmtheit. „Hast du gehört, dass Martin in diesem Jahr wie­ der mitmacht?“ – „Vielleicht reicht es ja diesmal für den Sieg.“ Als Profifahrer aus Europa blickt Looser, verheiratet mit einer deutschnamibischen Radfahrerin, beinahe belustigt auf das Geschehen. Er sei andere Konkurrenz gewohnt, sagt er: „Es ist nicht gerade so, als ob sich hier die Weltklasse versammeln würde.“ Trotzdem spürt er, dass in seinem siebten Jahr irgendetwas anders ist. Er kann es nur noch nicht greifen. Er reist früher als sonst nach Namibia, bereitet sich ­intensiver vor. Das Desert Dash findet alljährlich an einem Feiertag mit einem sperrigen Namen statt, dem „Tag der namibi­ schen Frauen und internationalen Tag der Menschenrechte“. Stunden vor dem Startschuss parken Familien ihre Gelände­wagen am Straßenrand, Koffer­ räume und Ladeflächen werden zu Zu­ schauerrängen. Fleisch brutzelt auf Bar­ becues, die hier jeder nur „Braais“ nennt. Daneben brutzeln nackte Bäuche in der Sonne. In sicherer Entfernung haben sich Paviane auf Bäumen und Zaunpfählen positioniert, als wollten auch sie einen Blick auf die Wahnsinnigen werfen, die im afrikanischen Sommer über die 70

Schotterstraßen brettern. Immer wieder hört man an diesem Nachmittag das Afrikaans-Wort „Gees“. Wörtlich über­ setzt bedeutet es „Geist“. Wenn jemand aber die wahre Bedeutung von „Gees“ erklären kann, dann wahrscheinlich die Dash-Zuschauer am Straßenrand: Es ist eine Atmosphäre, die einen unweigerlich mitnimmt, ein Sog, dem man sich nicht entziehen kann.

Ein Tunnel der Einbildung

All das rauscht an Looser vorbei. Er befindet sich jetzt in seinem Tunnel, und dieser Tunnel soll ihn geradewegs zum siebten Sieg in Folge führen. In der ­Startzone in einem Windhoeker Park­ haus dröhnt „Black Betty“ von Ram Jam aus den Lautsprechern. Der Moderator zählt den Countdown zum 17. Desert Dash herunter. Das letzte „Bam-ba-lam“ ist noch nicht verstummt, da bringt ­Looser die ersten Fahrer schon an ihre Grenzen. Er zieht die Menge aus der

stickigen Hauptstadt hinaus, den Kupfer­ berg-Pass hinauf, vorbei an trockenen Gräsern und Dornbüschen. Bergab lässt er sich zurückfallen. Bergauf beschleu­ nigt er wieder. Er spielt mit seiner Kon­ kurrenz wie ein Kind, das eine Horde Ameisen mit einer Zuckerspur anlockt, nur um sie dann zu zerquetschen. Der Wind bläst ihm gnadenlos ins Gesicht. Aber Looser wird nicht langsamer, bis im Spitzenfeld nur noch sechs Fahrer ­übrig sind. Alles läuft nach Plan. Sie bahnen sich ihren Weg durch eine Umgebung, die lebensfeindlicher kaum sein könnte. Warum tun sich die Fahrer das eigentlich an? Spaß macht ihm das Ganze nicht, das gibt Konny Looser offen zu. Und das Preisgeld von umgerechnet etwas mehr als 2100 Euro? Geschenkt. Warum es ihn dennoch Jahr für Jahr im Dezember nach Namibia zieht, kann Looser nur schwer in Worte fassen. „Man könnte tausend Geschichten über das Dash erzählen“, sagt er. Zum Beispiel die, wie ein Skorpion bei einer nächt­ lichen Pinkelpause in das Lichtfeld seiner Stirnlampe tänzelte, als hätte er sein Leben lang auf diesen Auftritt gewartet. Das Dash sei ein Mythos, sagt Looser. „Letztendlich muss man es selbst erlebt haben.“ Rein zahlenmäßig hat er schon ganz andere Extreme bewältigt. Im Oktober 2021 etwa hat er das „Titan Desert“ in Marokko gewonnen: rund 640 Kilo­ meter, 7600 Höhenmeter, insgesamt 24 Rennstunden, aufgeteilt auf sechs Tage. Dagegen erscheint das Desert Dash mit seinen knapp 400 Kilometern und 3000 Höhenmetern geradezu mickrig.

DIE SPITZE

Schon im ersten Streckenabschnitt haben sich sechs Fahrer abgesetzt, darunter ­Konny Looser (vorn links).

THE RED BULLETIN


„Die Gedanken in der Nacht sind das Schlimmste. Und erst die Geräusche: War das eine Hyäne oder gar ein Löwe?“ Konny Looser, hier bei einer kurzen Verschnaufpause am Rande der Schotterpiste


Bike Lorem


TAGESENDE

Die Sonne geht unter. Konny Looser (vorne) wird die nächsten Etappen in der Dunkel­ heit bewältigen.

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Bike GESCHAFFT

Konny Looser an der Ziellinie in Swakopmund. Sechs Jahre in Folge hatte er hier gewonnen.

Aber für den Kopf, sagt Looser, sei das Rennen in Namibia die härteste aller Prüfungen. Auf mentale Vorbereitung verzichtet er. Nicht trotzdem, sondern gerade deshalb. Seine Strategie: Einfach nicht darüber nachdenken. Sonst wird man nur nervös. „Das Desert Dash ist unberechenbar“, sagt er bei einer Apfel­ schorle am Tag vor dem Rennen, und irgendwie fühlt er sich jetzt doch nervös, zum ersten Mal in all den Jahren. „Letzt­ endlich kommt doch alles anders, als man es sich ausgemalt hat.“ Rund 40 Prozent der Einzelfahrer werden in diesem Jahr die Ziellinie nicht erreichen. An der dritten Wasserstelle kauert Daniel Abraham Gebru neben seinem Fahrrad. Bei den Paralympics in Rio de Janeiro und Tokio hat der ­Niederländer Goldmedaillen gesammelt. Das Desert Dash endet für ihn noch in der ersten Hälfte, ein Supportwagen gabelt ihn unterwegs auf. „Ich hab viel zu schnell angefangen“, sagt er. „Irgend­ wann war ich einfach ausgebrannt.“ Die Beine krampfen, der Kopf tut weh, der Bauch auch, eigentlich tut alles weh. „Dann versuchst du es im nächsten Jahr halt wieder“, sagt jemand und klopft ihm auf die Schulter. Gebru lächelt, als hätte ihn jemand dazu gezwungen. In diesem Moment scheint ein zweiter Versuch das Letzte zu sein, woran er denken will.

Die Luft brennt

Als Looser den steilen Us-Pass hinunter­ brettert, fühlt es sich an, als hätte jemand die Tür eines Backofens geöffnet. So be­ schreibt er es später selbst. Die Luft, die ihm entgegenströmt, brennt wie Höllen­ feuer. Am Straßenrand erinnert ein Kreuz an einen Teilnehmer, der 2006 an dieser Stelle einen schweren Herzinfarkt erlitten hat. Bis heute ist es der einzige Todesfall beim Desert Dash. Vor den Fahrern breitet sich jetzt eine Landschaft von absurder Schönheit aus. Steile Hänge rauschen Zentimeter neben

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„Die Beine ­krampfen, der Kopf tut weh, der Bauch auch, eigentlich tut alles weh.“ THE RED BULLETIN


ihren Reifen in die Tiefe, der Himmel färbt sich zum Tagesende allmählich rot und lila. In der Ferne ragt ein Tafelberg auf, gespickt mit Akazienbäumen. Die Fahrer kriegen davon nicht viel mit. Sie kämpfen gegen den Staub der Schotterstraße, der sich auf ihren Brillen festsetzt und in ihren Lungen ausbreitet. Die Fahrt über die Passstraße wird zeitweise zum Blindflug. Bereits am zweiten Checkpoint ist die Spitzengruppe auf drei Fahrer geschrumpft. Die Startnummern 1001, 1035 und 1273 scheinen zu einer Einheit verwachsen zu sein. Es sind Looser, Tristan de Lange – namibischer OlympiaTeilnehmer im Straßenrennen – und dessen Verbündeter Vinzent Dorn. Den Studenten aus Deutschland hatte vor dem Rennen niemand auf der Rechnung. Selbst die Veranstalter müssen in der Startliste nachschlagen, wer sich da an der Spitze festgesetzt hat. Kilometer um Kilometer fahren sie dicht hintereinander, der ewige Sieger, der namibische Shootingstar und der Underdog. Nicht einmal ein Lineal würde zwischen ihre Reifen passen. Aus der Ferne betrachtet, könnte man meinen, dass sich drei sehr sportliche Freunde zu einer Radtour durch Afrika verabredet haben. Dünne Körper rollen auf dicken Reifen durch die Landschaft, dem Sonnenuntergang entgegen. Zwischendurch zeigen sie auf Tiere am Straßenrand, ein Schakal hier, ein paar Paviane da. An der Spitze wechseln sie sich ab. Jeder darf mal im Windschatten fahren. Ist das noch das härteste Eintagesrennen der Welt, von dem Looser gesprochen hat? „Es wird nicht mehr lange dauern, bis einer zum Angriff bläst“, verspricht der Veranstalter.

An der Grenze

Sie machen keine Pause, kein einziges Mal. An den Checkpoints geht alles rasend schnell. Sie füllen ihre Wasser­ flaschen auf, kramen nach etwas Essbarem, dann fahren sie auch schon weiter. Im vergangenen Jahr hat Looser sich an einem Checkpoint eine Schnitzelsemmel genehmigt, zur Freude seines stärksten Kontrahenten. Es war eine höllische Arbeit, den wieder einzuholen. Das passiert Looser diesmal nicht wieder. Er kann ­ohnehin nichts mehr bei sich behalten. Sein Magen macht ihm zu schaffen. THE RED BULLETIN

DIE VERBÜNDETEN

Tristan de Lange (links) und Vinzent Dorn vor dem Start

40 Prozent der Einzelfahrer werden in diesem Jahr die Ziellinie nicht erreichen. „Zu viel Süßkram“, sagt seine Schwieger­ mutter, während sie die vorbereiteten Snacks wieder einpackt. „Mir ist übel“, sagt Looser. Seine Konkurrenten hören es. De Lange erhöht das Tempo. Nicht zu viel, schließlich müssen auch er und Dorn sich ihre Kräfte einteilen. Aber es ist genug, um Looser an seine Grenzen zu bringen. Die Idee für das Desert Dash entstand in einer langen Nacht im Jahr 2004. Der Alkohol floss in großzügigen Mengen, und nach einer Weile dachte sich der Namibier Aiden de Lange: Wie wäre es, mit dem Rad innerhalb von 24 Stunden durch die Namib zu fahren? „Du bist doch flippen mal“, haben die Leute ihm daraufhin gesagt, vollkommen verrückt. Wenig später verabredeten sich de Lange und ein paar Freunde zu einer Radtour von Windhoek nach Swakopmund, auf halber Strecke übernachteten sie in Zelten. Ein Jahr später fand das erste offizielle Rennen statt, damals mit 44 Teilnehmern. Im Jahr 2021 sind es trotz der Pandemie 24 Einzelfahrerinnen und 187 Einzel­ fahrer. Und ausgerechnet de Langes Sohn Tristan macht Looser das Leben schwer.

De Langes Strategien kennt Looser nur zu gut. Er hat sie ihm selbst beigebracht. Vor zwei Jahren hat er den namibischen Profifahrer trainiert, in der Woche vor dem Desert Dash haben sie sich ­gemeinsam im kargen Süden Namibias vorbereitet. Wenn de Lange ihn nun schlägt, dann mit seinen, Konnys, eigenen Waffen. Looser schwankt irgend­ wo zwischen Stolz, Wohlwollen und Verzweiflung. Als er kurz vor dem Rennen von der Omikron-Variante gehört hatte, saß er quasi schon im Flugzeug zurück in die Schweiz. In letzter Sekunde entschied er sich dafür, doch in Namibia zu bleiben. „Wäre doch dumm, nach all der Vor­ bereitung doch nicht teilzunehmen“, hat er sich gedacht. Schließlich hat er einen Ruf zu verteidigen. „Back in the Game for the Dash!“, schreibt er an ­jenem Tag auf seinem Blog. „Full Gaz!“ Nun sitzt er auf seinem Rad und strampelt durch die Wüste, aber von „Full Gaz“ ist er weit entfernt. Sein ­Magen rumort, die Wellen und Buckel der Schotterstraßen geben ihm den Rest. Dreimal übergibt er sich vom ­Fahrrad aus.

In die Dunkelheit

Die Gedanken sind das Schlimmste, vor allem in der Nacht. Und dann sind da noch die Geräusche. War das eine Hyäne? Ein Schakal? Ein Löwe? Die Dunkelheit verschluckt die Lichter der Fahrräder beinahe. Mehr als fünf, zehn Meter können sie nicht vorausblicken. Einige Teilnehmer behaupten nach dem Rennen, sie hätten Geister gesehen. In der Finsternis, wenn sich die Sinne an nichts festhalten können, tritt der Wahnsinn auf die Bühne. 75


SAND UND STEIN

De Lange (hinten), Dorn (Mitte) und Konny Looser brettern durchs endlose Ödland.


Bike

„Ich bin leer, vollkommen leer“, denkt Looser. „Vielleicht sollte ich einfach auf­ geben.“ Dann denkt er: „Was sollen nur die Leute von mir denken? Meine Schwieger­ eltern, die sich für mich die Nacht um die Ohren schlagen? Meine Frau, die in der Schweiz auf mich wartet? Meine Sponsoren? Die, die mich nach sechs ­Siegen in Folge voller Häme scheitern sehen wollen?“ Er fährt weiter. Zumindest der Halbmond zeigt in ­dieser Nacht etwas Gnade mit ihnen. Für einen kurzen Moment schaltet das Trio an der Spitze die Lichter aus. ­Ungefiltert lassen sie die Wüstennacht auf sich wirken. Sie sehen Orion am Himmel strahlen. Orion, der sich selbst für den größten Jäger hielt, bis ihm ein Skorpion einen tödlichen Stich versetzte. Nach ein paar Sekunden ist die Magie vorbei. Gegen zwei Uhr nachts nähern sie sich der Mondlandschaft von Goani­ kontes. Tatsächlich könnte man zwischen all den Steinhügeln und Kratern meinen, dass man die Erde inzwischen verlassen hat. Hollywood hat die Kulisse für den Blockbuster „Mad Max“ genutzt, außer­ dem für „Odyssee im Weltraum“. Genau hier hat sich das Rennen in den vergan­ genen Jahren entschieden, und immer war die Gunst auf Loosers Seite. Ist die Rolle des ewigen Siegers Fluch oder Segen? Gegen drei Uhr nachts erreichen sie den letzten der fünf Checkpoints. In der Oase von Goanikontes füllen sie ihr Wasser auf. Loosers Getränkebeutel hat ein Loch, die Flüssigkeit rinnt an seinen Beinen hinunter und versickert im Sand. Nichts läuft nach Plan. „Tristan ist stark“, sagt er seiner Schwiegermutter.

Es überrascht ihn selbst, dass er sich noch auf dem Fahr­rad halten kann.

THE RED BULLETIN

TANKSTOPP

Konny Looser füllt am Checkpoint 2 seine Flasche mit Trinkwasser auf.

Er weiß, dass er bis zur sandigen Ziel­ linie in Swakopmund alles geben muss. Er weiß nur nicht, woher er die Energie dafür nehmen soll. Sein Körper ver­ braucht nun mehr als 900 Kilokalorien pro Stunde, und doch wehrt sich alles in ihm gegen feste Nahrung. Es über­ rascht ihn selbst, dass er sich noch auf dem Fahrrad halten kann.

14 Stunden, 55 Minuten

50 Kilometer vor dem Ziel löst Looser das Versprechen des Veranstalters ein: Er bläst zum Angriff. In der Ferne sehen sie die Lichter von Swakopmund, wie rote Rettungsbojen leuchten sie in der Nacht. Bald wird alles vorbei sein. Looser beschleunigt, er tritt in die Pedale wie ein Wahnsinniger. Aber diesmal wird er seine Konkurrenten einfach nicht los. „Was, wenn sie Katz und Maus mit mir spielen?“, fragt sich Looser plötzlich, als sie die Wüste hinter sich lassen und die Straßen von Swakopmund durch­ queren. Als Verbündete könnten de Lange und Dorn ihn leicht überlisten. Sie tun es aber nicht. Jeder kämpft nun für sich allein. Die Luft riecht salzig, endlich füllen­ sich ihre Lungen wieder mit etwas Feuchtigkeit. Und da sind sie dann auch schon: der Strand und die rettende Ziel­ linie. Looser eröffnet den Sprint durch den Sand. Nur noch 20 Meter trennen ihn von seinem siebten Titel, 10 Meter, 30 Zentimeter. Die Zuschauer beobachten, wie zwei blaue Trikots und weiße Helme kurz nacheinander auf ihren Rädern heran­ preschen, gefolgt von einem Fahrer in Schwarz-Weiß. Wenige Meter nach der

Ziellinie lassen sie ihre schlaffen Körper und ihre Fahrräder in den Sand fallen. Im Blitzlicht der Kameras kneifen sie die Augen zusammen, als müssten sie erst einmal wieder wach werden. Ist das alles gerade wirklich passiert? Am Ende trennen sie Sekunden. Ihre Zeiten: Vinzent Dorn: 14 Stunden, 55 Minuten, 43 Sekunden; Konny Looser: 14 Stunden, 55 Minuten, 31 Sekunden; Tristan de Lange: 14 Stunden, 55 Minu­ ten, 30 Sekunden. Später wird Looser noch sagen, dass de Lange den Titel verdient hat. Dass es ein faires Rennen war und schluss­ endlich der Stärkere gewonnen hat. Dass es halt einfach nicht sein Tag war. Sieg und Niederlage liegen dicht beieinander, so ist das im Sport eben, ansonsten gäbe es ja gar keinen Reiz. Nach der Siegerehrung am Nach­ mittag nimmt Loosers Schwiegermutter den Pokal in die Hand, es ist ein schlich­ ter Holzklotz mit einer eingeschnitzten Zwei. „Den benutzen wir als Feuerholz für unseren nächsten Braai“, sagt sie. Für einen kurzen Moment vergisst L ­ ooser seine Enttäuschung, er lacht. Im Tages­ licht sieht alles ganz anders aus, wohl­ wollender. Er verlässt das Festzelt in Swakopmund, lange bevor die After­ show vorüber ist. Noch am nächsten Tag will er zurück nach Zürich fliegen. In Namibia hält ihn erst einmal nichts mehr. Am Ende schaut doch eh jeder nur auf den Sieger. Oder? Info: desertdashnamibia.com

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GUIDE Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen

GEORG SUPANZ/RED BULL CONTENT POOL

ZWISCHEN MILD UND WILD Der fünfmalige Surf-Weltmeister Philip Köster brettert mit uns durch sein Sylt.

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GUIDE Reisen

„Kein Wind zum Surfen? Dann fahr ich Fahrrad. Sylt hat so viel zu bieten.“ Hier beschreibt Windsurf-Weltmeister Philip Köster seine Trauminsel.

S

ylt ist für mich ein ganz beson­ derer Ort. Vor allem weil auf der Insel jedes Jahr ein Surf­ weltcup stattfindet, mit dem ich viele wunderbare Erlebnisse verbinde. 2012 ist mir hier auch ein Trick gelungen, den ich bis dahin noch nie geschafft ­habe: Im Prinzip vollführte ich dabei eine 360-Grad-Drehung in der Luft – und hängte dann, schon auf dem W ­ asser, noch eine Extradrehung dran. Am Ende konnte ich damit sogar den Wettbewerb gewinnen. So ein Triumph beim heimi­ schen Weltcup vor tausenden deutschen Fans am Strand – das ist schon etwas ganz Besonderes.

Tourenziel und Orientierungspunkt: der 160 Jahre alte Leuchtturm List-Ost auf Sylt

Protokoll der Gezeiten Der Weltcup wird immer im September ausgetragen. Das hat einen guten Grund, denn da ziehen die Herbststürme über die Insel hinweg und bieten den Profis die perfekten Bedingungen zum Windsurfen. Wer sich auf dem Brett sicher fühlt und es gerne etwas wilder mag, sollte des­ halb zwischen September und November nach Sylt reisen. Außerdem empfehle ich, j­ eden Tag den Gezeitenkalender auf der Homepage der Insel zu checken und zu kontrollieren, zu welchen Tageszeiten ­Ebbe und Flut kommen. Bei Hochwasser sind die Wellen kräftiger.

Wunder-Westerland Die Hauptstadt von Sylt ist Westerland. Hier tummeln sich die meisten Touristen, an der Promenade reihen sich Geschäfte 80

Wellen, Wonne, Sonne – und auch Philip Köster strahlt: Soeben hat er sein Training am Brandenburger Strand beendet. THE RED BULLETIN


Ellenbogen List

Branden­ burger Strand Westerland

Königshafen

SYLT

Deutschland

Anreise Mit dem Auto: Von Hamburg gelangt man über die A7 in 2½ Stunden nach Niebüll. Dort wird am Terminal das Auto auf den DB Sylt Shuttle geladen. Der Autozug erreicht Sylt über den Hindenburgdamm in 35 Minuten. Die Hin- und Rückfahrt mit dem Shuttleservice kostet 103,99 Euro.

Düsseldorf, Frankfurt, Stuttgart, Hamburg, Zürich und Wien.

Mit dem Flugzeug: Ab 167 Euro fliegt Lufthansa von München nach Westerland. Der Flug dauert 1½ Stunden. Es gibt außerdem Direktflüge von

Mit der Bahn: Vom Hamburger Hauptbahnhof fährt der Zug in 3 Stunden und 20 Minuten ohne Umsteigen nach Westerland.

Gut zu wissen

PICTUREDESK.COM, GEORG SUPANZ/RED BULL CONTENT POOL, ALAMY, SUNSETBEACH.DE, ADOBE STOCK MAXIMILIAN REICH

Wo schlafen? Wo essen? Und wohin, wenn kein Wind weht? Wir haben alle wichtigen Antworten. HOTEL Wer sich etwas Luxus gönnen möchte, übernachtet im Miramar. Das FünfSterne-Hotel (ab 230 Euro pro Nacht) bietet eine feine Palette an Spa-Behand­ lungen an. Perfekt für regnerische Tage, an denen man lieber im Warmen bleiben möchte. hotel-miramar.de

und Restaurants aneinander, und selbst Die Ärzte haben dem Ort schon einen Song gewidmet – wenig überraschend heißt er „Westerland“. Wenn ich auf Sylt bin, dann meist hier am Brandenburger Strand, wo auch der Weltcup stattfindet. Sylt ist ja ohnehin schon die westlichste Insel Deutschlands, und der Strand liegt auch noch an der Westküste. Und da der Wind meistens aus dieser Himmelsrichtung kommt, ist der Strand für Windsurfer wie mich extrem reizvoll. Die Wellen sind hier perfekt.

RESTAURANT Die Anlaufstelle für alle Surfer, wenn der Hunger sie aus dem Wasser treibt: das Sunset Beach direkt am Brandenburger Strand. An der Decke hängen Surfbretter, und die Wände schmücken Schwarz-Weiß-Fotos von legendären Surf-Competitions. Dazu gibt’s pfiffige Burger, Pasta oder Fisch – und natürlich den Blick aufs Meer. sunsetbeach.de

Ein epischer Ellenbogen Etwas ruhiger geht es im Königshafen zu. Sowohl in Bezug auf das Wetter als auch auf die Menschenmengen, denn das THE RED BULLETIN

Das Hotel Miramar (oben), das Restaurant Sunset Beach (Mitte) und der Brandenburger Strand mit der Hauptstadt Westerland

FAHRRADVERLEIH Ab 10 Euro pro Tag kann man sich bei M+M Fahrradverleih ein Rad mieten und damit die malerischen Dünen der Insel erkunden. sylter-fahrradverleih.de Mehr Infos: sylt.de

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GUIDE Reisen

Wo die Robben relaxen Zwischen den Dünen dösen Robben, grasen Schafe und nisten seltene Vogelarten. Surfen ist aber erlaubt, wobei man hier eher die gemütlicheren Akteure antrifft. Die Dünen halten ­nämlich den Wind ab; das Meer ist fast ­spiegelglatt, und besonders tief ist es auch nicht. Selbst bei Flut reicht das Wasser selten über die Hüfte, und man kommt ganz locker rein und raus. Wer einen Surfkurs machen möchte, wird hier auf jeden Fall fündig. Übrigens: Die Gegend ist in Privatbesitz. Wer mit dem Auto kommt, muss deshalb ein paar Euro Maut bezahlen. Besuche mit dem Fahrrad oder zu Fuß hingegen sind wertvoll und doch geschenkt. 82

Die Dünen-Tour

„Das Wetter auf Sylt ist unberechenbar. Deshalb wird es dort nie langweilig.“ Philip Köster, 28

Ein Klassiker ist die Strecke von Wester­ land nach List, die dauert ungefähr zweieinhalb Stunden und führt entlang der alten Bahntrasse durch die malerische Dünenlandschaft und beschauliche Dörfer wie Kampen. Und wenn man doch mal falsch abbiegt: halb so wild. Auf einer Insel führt am Ende jeder Weg an die Küste. Und wenn man am Wasser ist, ist man doch nie wirklich falsch. Mehr über Philip Köster: philipkoester.com oder auf Instagram @philip_koster THE RED BULLETIN

GEORG SUPANZ/RED BULL CONTENT POOL

Solange Ebbe herrscht, kann man das Brett am Strand liegen lassen und sich stattdessen ein Fahrrad schnappen, um die Insel zu erkunden. Verleihgeschäfte stehen praktisch an jeder Ecke, und mit 200 Kilometer Radwegen ist Sylt ein Paradies für Biker. Vor allem weil es auf der Insel so gut wie keine Steigungen gibt. Bloß der Gegenwind kitzelt die Waden manchmal ein bisschen. Aber dafür gibt es ja E-Bikes.

Baden ist hier verboten. Die Bucht liegt im Norden der Insel zwischen List und der Landzunge Ellenbogen und gehört zum Nationalpark Schleswig-Holstein­i­ sches Wattenmeer. Meiner Meinung nach der schönste Flecken Sylts.

MAXIMILIAN REICH

Sylt von oben: Philip Köster ist Weltmeister in der Disziplin „Wave“ und nutzt die Wellen für Luftausflüge.


DUSCH DICH FIT

Wie du lernst, die kalte Dusche zu lieben. Mit welchen Tipps & Tricks du dein Leben verbesserst. Der Biohacking-Podcast von The Red Bulletin. Jeden Dienstag neu.

m Andrea it s Breitf eld Profi-B iohacke r und Red Bull etinKolumn ist


GUIDE Biohacking COOL DOWN

Operation Sommerfrost Profi-Biohacker Andreas Breitfeld verrät uns jeden Monat einen Trick, der dein Leben verbessert. Dieses Mal: So kommst du gut gekühlt durch die heißesten Tage.

Die Eiswürfel im Glas halten hier nicht Getränke, sondern Handflächen kühl.

Warmes Blut vom Herzen ...

... fließt gekühlt zurück.

Genialer Wärmetauscher

Grundsätzlich ist die Idee, den Körper ab einer gewissen Temperatur zu kühlen, ja richtig und gut. Zudem stimmt auch der Ansatz, dass es spezielle Körperteile gibt, an denen dies besonders gut funk­ tioniert. Aber: Der Nacken gehört nicht dazu – sogar ganz im Gegenteil! 84

ANDREAS BREITFELD, 49, ist Deutschlands bekanntester Bio­hacker. Er forscht in seinem speziellen Lab in München. BIOHACKING umfasst, ver­einfacht gesagt, alles, was Menschen eigenverantwortlich tun können, um ­Gesundheit, Lebensqualität und Langlebigkeit zu verbessern.

DIE BIOHACKING-PRAXIS Der Performance-Lifestyle-Podast für alle, die mehr über Biohacking (und sich selbst) erfahren wollen. QR-Code scannen und reinhören. THE RED BULLETIN

ANDREAS BREITFELD

Achtung, ein kalter Nacken macht erst so richtig heiß!

Denn Wissenschaftler an Kaliforniens Stanford University haben nachgewiesen, dass es die wenigen bei allen Menschen unbehaarten Körperteile sind, über die wir die Temperatur senken: Handflächen, Fußsohlen, obere Gesichtshälfte (Stirn). Die übrigen Körperstellen, wie eben der Nacken, fungieren vielmehr als eine Art Temperaturfühler. Sie informieren den Körper über die Außentemperatur, und gemäß diesen Informationen kühlt oder heizt der Körper. Mit einem Eishandtuch im Nacken empfängt dein Körper die Botschaft: Es ist kalt! Und wirft die innere Heizung an …

PRIVAT

S

ich schnell Abkühlung zu verschaffen kann eine Art Superkraft sein. Gerade an brütend heißen Sommertagen, wenn der Asphalt glüht, und wenn du vielleicht sogar körperlich aktiv sein möchtest (oder musst). Ein absoluter Klassiker, den wir alle kennen, ist der schwitzende Tennis-Profi, der sich in der Pause das Eispack in den Nacken legt. Und damit einen biologischen Doppel­ fehler begeht …

SASCHA BIERL

Hände und Füße sind wegen ihres großen Oberflächen-zu-MasseVerhältnisses, guter Blutversorgung und schneller Abkühlungsraten ideal für Wärmeaustausch – übrigens sowohl beim Abkühlen als auch beim Aufwärmen.



GUTE-NACHT-­ GESCHICHTE CALM Bei Stefanie Giesinger ­schlafen wir ein. Nicht aus Langeweile, sondern sehr zufrieden: Die „GNTM“-­ Gewinnerin von 2014 liest eine „Sleep Story“ auf Calm, einer App für Entspannung und Einschlafhilfen. Es geht um eine junge Kolumbianerin, die einen verletzten Eisvogel ­findet und … gääähn ... calm.com

HEISSE NUMMER GASGRILL AUS GRILLFÜRSTS „G-SERIE“ Auf diesem Gasbrutzler kann man mit ruhigem Gewissen grillen. Zumindest wenn man auf Fleisch verzichtet. Grillfürst neutralisiert den CO²Ausstoß, der bei Herstellung, Transport und beim Grillen im ersten Jahr anfällt: Dafür kauft der Hersteller CO²Zertifikate, mit denen Klimaschutzprojekte unterstützt werden. grillfuerst.de

VOLLE HÄRTE Die Türen werden auf Wunsch aus Gusseisen oder Stahl gefertigt.

326 ELEKTRO-PFERDE PORSCHE TAYCAN GTS SPORT TURISMO DAS DACH, DAS DENKT Es verfügt über einen elektrischen Blendschutz.

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Nein, das ist kein klassischer Sportwagen. Eine typische E-­Familienlimousine aber auch nicht. Der Porsche Taycan Sport Turismo füllt die Lücke ­zwischen diesen beiden Welten – und das mit 326 PS und ­einer Reichweite von ­358 bis 498 Kilometern. porsche.at

THE RED BULLETIN


GUIDE Tipps & Trends DAS BLITZ-GLAS SONNENBRILLE BOT VON OUT OF Wasserdichtes Wunderding mit 32 Gramm! Man radelt von der Sonne in einen Tunnel, und die Shades reagieren prompt. Das ist die erste Brille mit einem speziellen, zum Patent angemeldeten Glas: Es passt seine Tönung in 0,09 Sekunden (!) an die Lichtverhältnisse an. out-of.com

EIN KLEINES KRAFTWERK Die Flüssigkristallfolie wird über eine Solarzelle versorgt.

Richtig gutes Zeug Ein Porsche für die ganze Familie, eine Brille mit Solarbetrieb – und ein schwarz-rotes Zeichen der Zeit

GENAU GENOMMEN LONGINES ULTRA-CHRON „Die Präzision eines Schweizer Uhrwerks“ ist nicht einfach nur eine Floskel. Das belegt die Uhrenmarke Longines mittlerweile seit 190 Jahren. Der neueste Meilenstein: die Longines-Uhr Ultra-Chron. Ihr hoch­präzises Uhrwerk misst die Zeit mit zehn ­Schlägen – pro Sekunde! longines.com

THE RED BULLETIN

STÄDTE ALS SPIELPLATZ TEXT-/BILDBAND URBAN SPORTS Nightriding in Lissabon, Freerunning in Venedig, Ballett auf dem BMX. Urban Sports skizziert den Aufstieg dieser Sportarten vom Störfaktor zur Akrobatik – und vereint heraus­­ragende Fotografie und faszinierende Geschichten zu einem modernen Sportbuch. Ab 25. 8. im Buchhandel.

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GUIDE Playlist

FLO MILLI

„Als Kind übte ich Shakiras Hüftschwung“ Es begann daheim vor dem Fernseher. Und mit einem klassischen Popsong. Wer sind die Frauen, die US-Rapperin Flo Milli, 22, so richtig stark machten? Hier verrät sie es in ihrer Playlist.

KERI HILSON

MISSY ELLIOTT

SHAKIRA FEAT. WYCLEF JEAN

FERGIE

PRETTY GIRL ROCK (2010)

WORK IT (2002)

HIPS DON’T LIE (2006)

LONDON BRIDGE (2006)

„,Pretty Girl Rock‘ ist eine kraftvolle Hymne, die wir zur Zeit ihres Erscheinens dringend nötig hatten. Alles, was Hilson sagt, hat mich wahnsinnig bestärkt. Für mich als Jugendliche waren ihre Worte extrem wichtig, sie haben mein weibliches Selbst­ vertrauen gestärkt. Dieser Song hat mir beigebracht, dass ich mich nicht scheuen darf, selbstbewusst zu sein. Und dass ich mein Licht nicht unter den Scheffel stellen muss, nur weil es andere blenden könnte.“

„Jedes Mal, wenn ich diesen Song höre, muss ich an die Zeit denken, als ich noch nicht berühmt war, nur ein kleines Mädchen, das ein Star sein wollte. Meine Lieblingsstelle ist die, an der Missy ihre Worte umdreht – das fand ich immer total kreativ. Missy hat mich beim Erwachsen­ werden stark geprägt. Klar, sie ist eine dunkelhäutige Frau, und mir hat imponiert, dass sie sich nix pfeift. Alles, was sie geschrieben hat, ist ­einfach wahnsinnig kreativ.“

„Ich muss sechs Jahre alt gewesen sein, als ich das zum ersten Mal gehörte habe – einer der ersten Songs, in die ich mich verliebt habe. Ich weiß noch, wie ich vorm Fernseher gesessen, das Video gesehen und ­diesen Hüftschwung von Shakira nachgemacht habe. Mein Musikgeschmack geht seitdem über reinen Rap hinaus. Shakira war ganz anders als alle anderen. Ihren Akzent, ihre Energie und ihre Videos fand ich immer toll.“

„Fergie hat definitiv die Spielregeln der Szene geändert, mit ihren Beats und ihrem ganzen Auftreten. Im Hort hatte ich meine eigenen CDs und einen Player dabei, und auf einer davon war dieser Song von Fergies Solo-Debütalbum ,The Dutchess‘. Dann habe ich mit den Mädels in meiner Gruppe eine ganze Tanznummer dazu entwickelt, wir sind damit sogar bei einer Talenteshow aufgetreten. Das war der Ursprung meiner Liebe zum Performen.“

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THE RED BULLETIN

WILL LAVIN

Der QR-Code führt zu unserer Podcast-Playlist mit Flo Milli auf Spotify flomilli.com

SCRILL DAVIS

Von Flo Milli wird man noch einiges hören. Die 22-Jährige aus Alabama, die mit bürgerlichem Namen Tamia Monique Carter heißt, erregt jede Menge Aufsehen, seit sie 2018 mit dem viralen Hit „Beef FloMix“ auf die Bild(schirm)fläche trat. 2019 folgte „In The Party“ mit mehr als 125 Millionen Streams auf Spotify, das Mixtape „Ho, Why Is You Here?“ aus dem Jahr 2020 wurde auch von der Kritik gefeiert. Ihre neueste Single „PBC“ (das steht für „Pretty Black Cute“) feiert schwarze Frauen und macht auf die vielen ganz alltäglichen Aggressionen aufmerksam, denen sie ausgesetzt sind. „Für Mädchen ist es extrem wichtig, starke Frauen zu haben, bei denen sie sich Inspiration holen können“, findet Flo Milli. Deshalb präsentiert sie hier vier musikalische Vorreiterinnen, deren Songs sie besonders inspiriert haben.



GUIDE Kalender

27

19

und 28. August RACING DAYS AM RED BULL RING

Am Spielberg findet zum 19. Mal das RupertHollaus-Rennen für historische und moderne Motorräder sowie Seiten­ wagen statt. Rund 350 Fah­ rer starten in 14 Klassen, von Superbike, Supersport und Youngtimer bis zu ­Vintage. Bei der „Parade der Legenden“ sind auch Stars wie Giacomo Agostini (feiert seinen 80er und sein 60-jähriges Motor­ sportjubiläum) am Start. Infos: igfc.at

Wenn die besten Fahrer am Red Bull Ring Gas geben, ist – wie auch schon am ­Formel-1-Wochenende – Nervenkitzel programmiert. Auf keiner Strecke sonst gab es bisher so viele Last-Corner-Entscheidungen mit Hochspannung bis zur Zielgeraden. Mit wohliger Gänsehaut erinnern wir uns an packende Duelle – und auch heuer, mit der neuen Schikane auf der Bergauf-Geraden als Action-Magnet, sind Zweirad-Fans bestens bedient. Sichere dir Tickets für das Event des Jahres unter redbullring.com

9

3

Sportlich wird es beim „3×3 Basketball Europe Cup“: Es treten die besten Teams Europas in den ­historischen Kasematten am Schloßberg gegen­ einander an und bringen Fans der Trendsportart in Graz zusammen. Zwölf Herren- und zwölf Damenteams – darunter auch die Nationalmann­ schaft mit zwei Spielerin­ nen aus Graz – kämpfen um die Medaillen. basketballaustria.at

Das legendäre Flavourama, das 14. Streetdance Festi­ val in den Genres House und Hip-Hop, findet von 27. 8. bis 4. 9. in der Szene Salzburg und in Bad Gas­ tein statt. Am 3. 9. gibt es Flavourama Workshops für alle Levels, und es steigt das große ­Finale mit einer sehr ­tanzlastigen Afterparty. Für Tickets zum Battle-Wochenende klick dich am besten hier entlang: flavouramabattle.com

bis 11. September SHOOT SOME HOOPS

90

September FABULOUS FLAVOURAMA

27 August RED BULL 400 Spitzensportler und Hobbyläufer sprinten dort hinauf, wo sonst Skispringer hinuntersegeln. Beim Red Bull 400 geht es 2022 erstmals auf die Bergisel-Schanze in Innsbruck. Fehlt nur noch eure Anmeldung zu den womöglich härtesten 400 Laufmetern der Welt: redbull.com/400

THE RED BULLETIN

GOLD & GOOSE/RED BULL CONTENT POOL, STEFAN VOITL/RED BULL CONTENT POOL, RAPHAEL MITTENDORFER

bis 21. August MOTORRAD-GRAND-PRIX VON ÖSTERREICH 2022


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Oktober RED BULL DANCE YOUR STYLE

ULRICH AYDT/RED BULL CONTENT POOL, CHRISTOPHER KELEMEN/RED BULL CONTENT POOL, BRAD WATSON

Red Bull Dance Your Style ist ein Solo Mixed-Style Battle im Gasometer Wien. Egal ob Hip-Hop, House, Popping, Locking oder Waacking, hier treten Österreichs beste Streetdancer im Zufallsprinzip gegeneinander an. Das Publikum entscheidet, wer gewinnt und am Ende als Red Bull Dance Your Style Champion zum World Final nach Südafrika fliegt. Tickets & Info: redbull. com/dysaustria

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bis 14. August RED BULL BRETTLJAUSE Wakeboarden, Grillen und Chillen: Zuerst polieren sie deine Wakeboard-Skills, und dann chillt ihr noch bei einem gemütlichen Get-together mit einer Grillerei! Verbringe mit den Red Bull Pro-Athleten Dominik Hernler und Felix Georgii einen richtig spannenden Tag am Cable und an drei verschiedenen ­Locations: dem Jetlake Linz, am Schwarzlsee bei Graz und am Wakeground Klingenbach (Burgenland).

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bis 27. August MENSCHEN UND IHRE ABENTEUER

10 September 35. RED BULL DOLOMITENMANN Hier sehen wir die Geburt von Legenden – nicht umsonst genießt der Red Bull Dolomitenmann in Lienz den Ruf, die inoffizielle WM des Extremsports zu sein. Ob im Berglauf, mit dem Gleitschirm, im Kajak oder auf dem Mountainbike, die Athleten erproben nach dem Motto „Wenn Leiden Spaß macht“ gerne ihre Grenzen. Harald Hudetz, hier am Foto, kämpft sich durchs wilde Gewässer. Wer live dabei sein möchte – alle Infos zum Event findet ihr hier: redbulldolomitenmann.com THE RED BULLETIN

Das Filmfest St. Anton ­findet zum 26. Mal im Arlberg WellCom in St. Anton als spätsom­merlicher ­Szenetreff des Outdoorfilms statt. 18 Filme werden vorgeführt, dar­unter viele Premieren. Zu jedem Film sind Gäste anwesend, darunter Legenden des ­Alpinismus wie Ralf Dujmo­vits und Stefan ­Glowacz. Außerdem treten Manu Delago und Helly Vega auf. filmfest-stanton.at 91


B O U L E VARD DER HEL DEN

RUDI DUTSCHKE

„LIEBET EURE FEINDE“

Serie: MICHAEL KÖHLMEIER erzählt die außergewöhnlichen Geschichten inspirierender Figuren – faktentreu, aber mit literarischer Freiheit. Folge 28: Auf eine Pizza Funghi mit dem berüchtigten Studentenführer.

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THE RED BULLETIN

BELICTA CASTELBARCO, CLAUDIA MEITERT MICHAEL KÖHLMEIER

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GETTY IMAGES, PICTUREDESK.COM (2)

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inmal bin ich ihm begegnet. Es war Es war kurios. Gemeinsam mit einem in Marburg an der Lahn – wenn Freund hatte ich das Audimax besucht und ich mich recht erinnere, im späten der Lesung und der Diskussion gelauscht. Herbst 1974. Soeben war sein Buch Natürlich habe ich mich nicht getraut, vor erschienen: „Versuch, Lenin auf die den über tausend Zuhörern dem Helden Füße zu stellen“. Er hatte im Audimax der auf dem Podium eine Frage zu stellen. Aber Universität daraus vorgelesen und sich der warum kurios? Deshalb: Mein Freund Achim MICHAEL KÖHLMEIER Diskussion gestellt, eine halbe Stunde hatte sah dem Rudi ähnlich – sehr ähnlich, mehr Der Vorarlberger er gelesen, die Diskussion mit dem Publikum, als ähnlich, zum Verwechseln ähnlich. Und Bestsellerautor gilt hauptsächlich Studenten, dauerte gut zwei er pflegte diese Ähnlichkeit. Er trug den gleials bester Erzähler deutscher Zunge. chen Dreitagebart, schnitt und kämmte sich Stunden. Seine Lesereise durch die BundesZuletzt erschienen: republik Deutschland sollte den einstigen die Haare auf die vorbildliche Weise, hatte der Roman „Matou“, Anführer der 68er-Studentenbewegung wiesich den typischen quer blau-weiß gestreiften 960 Seiten, der in Erinnerung bringen. Für uns StudenPullover besorgt. Nicht nur einmal war ich Hanser Verlag. ten gehörte er bereits der Vergangenheit an. Zeuge gewesen, als er angesprochen wurde, Er war ein Heros aus einer heroischen Zeit. meistens schüchtern, aber auch a ­ ggressiv: Merkwürdig – das Attentat, das ihn niedergestreckt und „Ich dachte, du bist verreckt.“ Achim sagte jedes Mal ihm für ein halbes Jahr die Sprache geraubt hatte, lag nur, aber doch stolz: „Ich bin’s nicht.“ Eine Frau, ich erinnere mich, nickte verständnisvoll: „Schon klar“, sagte erst sechs Jahre zurück. sie, „recht hast du, würde ich an deiner Stelle auch Am Gründonnerstag, dem 11. April 1968, hatte der sagen. Wenn man bedenkt, was geschehen ist. Ich weiß, dreiundzwanzigjährige Hilfsarbeiter Josef Bachmann was ich weiß, und ich verrate es nicht weiter …“ Als wir drei Kugeln auf Rudi Dutschke abgefeuert, eine durchbohrte dessen Schulter, zwei gingen in den Kopf. durch einen Seiteneingang das Audimax betraten, be­ Nun war er also wieder da, und wie es schien, kraftgannen einige in unserer Nähe zu klatschen. Zum Glück voll und rhetorisch brillant wie ehedem. Ich studierte stieg in diesem Augenblick der echte Rudi aufs Podium. Germanistik und wissenschaftliche Politik. Das Attentat ach der Veranstaltung gingen Achim und ich in die sechs Jahre zuvor hatte mich seelentief erschüttert. Pizzeria Santa Lucia in der Biegenstraße, die hatte Rudi Dutschke mit seiner charismatischen, unvergleichlichen Stimme, seiner unvergleichlichen Art, Vokale zu bis zwei Uhr offen. Da sahen wir an einem langen färben und zu dehnen, hatte in mir die Begeisterung Tisch Rudi Dutschke mit einigen Freunden sitzen. Sonst für Politik geweckt. Die Begeisterung unterschied sich war das Lokal leer. Wir hatten noch keinen Tisch aus­ nur wenig von der für die Rolling Stones, für Bob Dylan, gesucht, da winkte er uns zu, wir sollen uns doch zu ihnen für Jimi Hendrix. Diese Persönlichkeiten sagten zu mir: setzen. Das taten wir. Und wieder lauschten wir der Dis­ Du bist sinnvoll, du kannst es auch, du bist es wert. kussion. Einer, ein in Marburg berühmter Maoist, lieferte Und dann hat man ihn abgeschossen. Aber er ist wieder­ Rudi ein Wortgefecht. In einer Hand hielt er dessen auferstanden. Und ich bin ihm begegnet. Buch, mit dem Zeigefinger der anderen klopfte er hart


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BO UL EVAR D DE R HE L D E N

und bösartig darauf. Er habe einen schwerwiegenden Fehler gefunden, erklärte er, Stimme eisig, Gesicht eisig, Triumph. Dutschke hört ihm zu. Dann sagte er ruhig: „Genosse, ich danke dir, ich werde den Verlag bitten, den Fehler bei den nächsten Auflage zu korrigieren.“ Das Leben des Rudi Dutschke ist exemplarisch. Eine exemplarische deutsch-deutsche Biografie. 1940 in Brandenburg – später DDR – geboren, war er das jüngste von vier Kindern, Mutter Hausfrau, Vater kleiner Postbeamter. Als Jugendlicher interessierte er sich nur für Sport – Zehnkampf, wenn schon, denn schon. Er wollte Sport studieren. Sport war in der DDR sehr angesehen, die DDR-Sportler und -Sportlerinnen dominierten in etlichen Disziplinen die Wettkämpfe der Welt. Sein Wunsch war, Sportreporter zu werden. Er war sechzehn Jahre alt, als in Ungarn der Aufstand gegen das stali­ nistische Regime ausbrach und schließlich von sowjetischen Panzern niedergemacht wurde. Rudi organisierte eine Schülerversammlung und hielt sein erste Rede. Er verurteilte den Einmarsch der russischen Truppen, bezeichnete sich selbst als Pazifisten, plädierte für einen friedlichen Sozialismus. Ergebnis: Nach der Matura bekam er keinen Studienplatz. Aus der Traum vom Sportreporter. Drei Tage bevor die Mauer gebaut wurde, am 10. August 1961, verließ er die DDR und zog nach West-Berlin. An der Freien Universität studierte er ­Soziologie, Ethnologie, Philosophie und Geschichte. Es war die Zeit, als die Jugend in der ganzen westlichen Welt zu rebellieren begann.

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n jenem Tag in der Osterwoche 1968 war Rudi Dutschke mit dem Fahrrad unterwegs. An der Ecke Kurfürstendamm und Joachim-Friedrich-Straße stieg er ab, um bei der Apotheke ein Rezept einzulösen. Da trat ein junger Mann auf ihn zu, nicht älter als siebzehn oder achtzehn schien er zu sein, ein weiches, harmloses Bubengesicht. Er sagte: „Verzeihen Sie, sind Sie Rudi Dutschke?“ Dutschke war gewohnt, angesprochen zu werden. „Ja, der bin ich“, antwortete er. „Du dreckiges Kommunistenschwein!“, schrie ihn nun der junge Mann an, zog einen Revolver aus der Jacke und schoss. Passanten haben die Szene beobachtet und später geschildert. Nach dem ersten Schuss sei Dutschke auf den jungen Mann losgegangen, es habe, sagte ein Zeuge, einen Kampf gegeben, dann der zweite und der dritte Schuss, beide in den Kopf. Der Attentäter lief davon. Dutschke taumelte, langsam zog er sich die Schuhe aus, ein Zeuge berichtete, er habe ihn sprechen hören. Nach Mama und Papa habe er gerufen, dann habe er gesagt, er müsse zum Friseur, und bevor er

„Kommunistenschwein!“, schrie ihn der Mann an, zog einen Revolver und schoss.

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­zusammengebrochen sei: „Soldaten, Soldaten, überall Soldaten.“ Einer der Passanten habe ihm zugerufen: „Sieh mal an, wenn’s ans Sterben geht, ruft sogar so einer nach Vater und Mutter!“ Dutschke wurde ins Westendkrankenhaus gebracht und operiert. Josef Bachmann, der Attentäter, verkroch sich irgendwo, schluckte ein Röhrchen Tabletten, wurde gefunden und ebenfalls ins Westendkrankenhaus gebracht. In einem Prozess wurde er wegen versuchten Mordes zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt.

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udi Dutschke überlebte und lernte von neuem zu leben. Das hieß: Er musste lernen zu sprechen. Er sah einen Baum, wusste, was es ist, kannte aber das Wort nicht. Er war ein starker Mann, er hatte Menschen, die ihm halfen, zuvorderst seine Frau, die Philosophin und Religionswissenschaftlerin Gretchen Dutschke-Klotz. Nach einem halben Jahr konnte er an seinen sprach­ lichen Fähigkeiten von vor dem Attentat anschließen. Aus dem Gefängnis schrieb Josef Bachmann einen Brief an sein Opfer. In ungelenker Sprache teilte er Rudi Dutschke mit, dass es ihm leid tue, dass er auf ihn geschossen habe. „Ich möchte mein Bedauern über das aussprechen, das ich Ihnen angetan habe.“ Dutschke antwortete: „Lieber J. Bachmann! Paß auf, Du brauchst nicht nervös zu werden, lies diesen Brief durch oder schmeiß ihn weg. Du wolltest mich fertigmachen. Aber auch, wenn Du es geschafft hättest, hätten die herrschenden Cliquen (…) Dich fertiggemacht. Ich mache Dir einen Vorschlag: Laß Dich nicht angreifen, greife die herrschenden Cliquen an. Warum haben sie Dich zu einem bisher so beschissenen Leben verdammt? (…) Also schieß nicht auf uns, kämpfe für Dich und Deine Klasse.“ Bachmann darauf: „Lieber Rudi Dutschke! Ich möchte mich für Ihren zweiten Brief bedanken, den ich mit Begeisterung und großer Freude erhalten habe. Ich kann nur hoffen, daß Sie in Ihrer Zukunft und Ihrer weiteren Laufbahn, die für Sie ja erst anfängt, keine ernstlichen körperlichen Schäden zurückbehalten werden. Ich hoffe ja, daß ich alles durchstehen werde und für mich auch noch einmal die Sonne scheinen wird, wenn nicht, bleibt mir noch immer Zeit, von dieser beschissenen Erde zu verschwinden …“ Dutschke antwortete: „Höre auf mit den Selbstmordversuchen, der antiautoritäre Sozialismus steht auch noch für Dich da.“ Dazwischen breitet Bachmann seine politischen ­Meinungen aus – wirr, unverdaut, die Hetzen der „Bild“Zeitung gegen die linken Studenten nachsprechend. Auch Dutschke kommt ins Politisieren, unverständlicher linker Soziologensprech. Die beiden reden aneinander vorbei. Wenn ich den Briefwechsel heute lese, weiß ich nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Es ist ein tragi­ komisches Dokument, das seinesgleichen sucht. Viel später wurde bekannt, dass Josef Bachmann durchaus nicht als Einzelner gehandelt hatte, sondern mit Neonazis in engem Kontakt stand. Noch einmal ­kurios: In seinem letzten Brief an Bachmann schreibt

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Im Gefängnis schrieb der Täter Briefe an sein Opfer. Dutschke schrieb zurück. Dutschke, dass er Deutschland verlassen werde. „PS: Wenn Sie mir einmal schreiben wollen, bitte an: Horst Mahler, 1 Berlin 15, Konstanzer Straße 59.“ Ja, der Horst Mahler – damals enger Vertrauter von Dutschke, später als RAF-Terrorist viele Jahre im Gefängnis, hat er sich schließlich politisch umgedreht und ist er heute einer der radikalsten Neonazis Deutschlands. So kann es gehen.

Mein Freund Achim und ich saßen im Herbst 1974 bis zur Sperrstunde in der Pizzeria Santa Lucia und ­hörten ihm zu, scherzten mit ihm und ließen uns von ihm auf eine Pizza Funghi einladen. Als wir uns verabschiedeten, sagte Rudi Dutschke zu Achim: „Pass auf dir auf. Du weißt, was ich meine.“ Das wusste Achim. Wenige Wochen vor dem Attentat hatte die „Bild“-Zeitung geschrieben: „Man darf nicht die ganze Drecksarbeit der Polizei und ihren Wasserwerfern überlassen.“ Bei einer Veranstaltung in Berlin war ein junger Mann, der Rudi Dutschke ähnlich sah, von der Menge attackiert worden. „Hängt ihn auf!“, soll einer geschrien haben. In Todesangst flüchtete er sich in einen Polizeiwagen.

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m Februar 1970 begeht Josef Bachmann Selbstmord. Er zieht sich in seiner Zelle eine Plastiktüte über den Kopf. Rudi Dutschke notiert: „Der Kampf für die Befreiung hat gerade erst begonnen; leider kann Bachmann daran nun nicht mehr teilnehmen.“ Rudi Dutschke stirbt am Heiligabend 1979 an den Folgen des Attentats. Er ertrinkt während eines epilep­ tischen Anfalls in der Badewanne.

Michael Köhlmeiers Geschichten gibt es auch zum Anhören im Podcast-Kanal von The Red Bulletin. Zu finden auf allen gängigen Plattformen wie Spotify, auf redbulletin.com/podcast oder einfach den QR-Code scannen.

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Herausgeber Andreas Kornhofer Gesamtleitung Andreas Rottenschlager (Ltg.), Sara Car-Varming Chefredaktion Andreas Wollinger Creative Direction Erik Turek (Ltg.), Kasimir Reimann Art Direction Marion Bernert-Thomann, Miles English, Tara Thompson Textchef David Pesendorfer Grafik Martina de Carvalho-Hutter, Kevin Faustmann-Goll, Cornelia Gleichweit Fotoredaktion Eva Kerschbaum (Ltg.), Marion Batty (Stv.), Susie Forman, Tahira Mirza, Rudi Übelhör Digitalredaktion Christian Eberle-Abasolo (Ltg.), Lou Boyd, MarieMaxime Dricot, Melissa Gordon, Lisa Hechenberger, Elena Rodríguez Angelina, Julian Vater, Benjamin Wolf Editor in Chief Global Content Tom Guise Head of Audio Florian Obkircher Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann Managing Editor Ulrich Corazza Publishing Management Ivona Glibusic, Bernhard Schmied, Melissa Stutz Head of Media Sales & Partnerships Lukas Scharmbacher Head of Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger Editorial Director Alexander Müller-Macheck Projektmanagement Co-Publishing, B2B-Marketing & Communication Katrin Sigl (Ltg.), Katrin Dollenz, Thomas Hammerschmied, Teresa Kronreif (B2B), Eva Pech, Valentina Pierer, Stefan Portenkirchner (Communication), ­Jennifer Silberschneider, Sophia Wahl Creative Services Verena Schörkhuber-Zöhrer (Ltg.), Sara Wonka, Tanja Zimmermann, Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart Commercial Management Co-Publishing Alexandra Ita Editorial Co-Publishing Raffael Fritz (Ltg.), Gundi Bittermann, Michael Hufnagl, Alexander Klein, Irene Olorode, Mariella Reithoffer, Wolfgang Wieser Executive Creative Director Markus Kietreiber Senior Manager Creative Elisabeth Kopanz Art Direction Commercial & Co-Publishing Peter Knehtl (Ltg.), Luana Baumann-Fonseca, Silvia Druml-Shams, Erwin Edtmayer, Simone Fischer, Andreea Gschwandtner, Lisa Jeschko, Araksya Manukjan, Carina Schaittenberger, Julia Schinzel, Florian Solly, Sophie Weidinger, Stephan Zenz Head of Direct to Consumer Business Peter Schiffer Direct to Consumer Business Marija Althajm, Victoria Schwärzler, Yoldaş Yarar (Abo) Retail & Special Projects Manager Klaus Pleninger Anzeigenservice Manuela Brandstätter, Monika Spitaler Herstellung & Produktion Veronika Felder (Ltg.), Martin Brandhofer, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailović, Sandra Maiko Krutz, Josef Mühlbacher Finanzen Mariia Gerutska (Ltg.), Elisabeth Maier MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler IT Service Desk Maximilian Auerbach Operations Alice Gafitanu, Melanie Grasserbauer, Alexander Peham, Thomas Platzer, Raphaela Pucher Projekt Management Dominik Debriacher Assistant to General Management Sandra Artacker Geschäftsführung Red Bull Media House Publishing Andreas Kornhofer, Stefan Ebner Verlagsanschrift Am Grünen Prater 3, A-1020 Wien Telefon +43 1 90221-0 Fax +43 1 90221-28809 Web redbulletin.com Medieninhaber, Verlag & Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-LepperdingerStraße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Dietmar Otti, Christopher Reindl, Marcus Weber

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TRAUM ZUM MILLIONENSTART-UP

Sein eigener Herr sein, selbst­ bestimmt arbeiten, etwas Sinn­ volles tun – davon träumen viele. Martin Klässner hat den Traum vom eigenen Start-up verwirklicht und ein Millionen-Unternehmen aufgebaut, das echte Zukunftslösungen bietet.

STROM ALS ANTRIEB Martin Klässner erfand eine Lösung für die Abrechnung von E-Ladestationen – wie jene von MOON.

BEREIT FÜR DIE ZUKUNFT Seine Strecken legt Martin auch privat mit dem Elektroauto zurück.

Mehr Geschichten von Alltagshelden Martin Klässner ist einer von acht Menschen, die im Zuge der MOON-Kampagne Wir geben 8 – acht Alltagshelden für eine bessere Zukunft vor den Vorhang geholt werden. Was sie alle für unsere Zukunft tun, erfährst du online:

LISA RESATZ

alltagshelden.moon­-power.at

311 Kilometer liegen zwischen dem Haupt‑ platz in Radstadt und dem Stephansplatz in Wien. Diese Strecke fährt Martin Klässner im Porsche Taycan 4S Cross Turismo, ohne zu laden – und zwar ganz locker. Der voll‑ elektrische Porsche schafft sogar bis zu 490 Kilometer Reichweite. Der Mann hinter dem Steuer ist ein echter E‑Mobility-Pionier: Mit der Firma has.to.be hat der Wahlsalzburger einen Anbieter zur Abrechnung von Ladestationen gegründet. Das Prinzip funktioniert wie eine Handy­ rechnung: „Wir haben uns darum gekümmert, dass die Ladevorgänge, die in einer Lade­ station getätigt wurden, am Ende des Monats auf der Rechnung des Fahrers aufgetaucht sind“, erzählt er. 2021 hat der 39-Jährige ­seine Firma schließlich für 250 Millionen Euro verkauft. An den Ruhestand verschwendet Martin Klässner aber keinen Gedanken. Jetzt beteiligt er sich an Start-ups und unterstützt sie mit seinem Know-how. An neuen Ideen für die Zukunft mangelt es bestimmt nicht.

Taycan 4S Cross Turismo: Stromverbrauch kombiniert: 21,3 – 24,8 kWh/100 km; CO²-Emissionen kombiniert: 0 g/km. Stand: 06/2022. Die angegebenen Werte wurden nach dem vorgeschriebenen Messverfahren VO (EG) 715/2007 (in der gegenwärtig geltenden Fassung) im Rahmen der Typengenehmigung des Fahrzeugs auf Basis des neuen WLTP-Prüfverfahrens ermittelt.


NICOLAS MAHLER

NIC OL AS M A HL ERS SPI T ZF ED ERL ICHES CHA R A K T ER-K A BINE T T

Die nächste Ausgabe des RED BULLETIN erscheint am 13. September 2022.

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27.AUGUST 2022 BERGISEL-SCHANZE INNSBRUCK

VORLÄUFE: 11:00 UHR FINALLÄUFE: 16:00 UHR


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KEIN WUNDER BEI DEM WASSER. Noch so hohe Braukunst, noch so feiner Hopfen machen allein noch kein Bier wie Thalheim. Man muss schon ein ganz besonderes Wasser haben. An der Heilwasserquelle von Thalheim entspringt dieser Tropfen mit einer einzigartig positiven Wirkung. Schon die Kelten erfrischten sich an dieser Quelle. Ob sie damit auch schon Bier gebraut haben ist nicht überliefert, aber ein Volk von Frohsinn waren sie schon damals.

THALHEIM QUELL STEIRISCHER LEBENSFREUDE.


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