zek Hydro - Ausgabe 6 - 2020

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DEZEMBER 2020

Verlagspostamt: 5450 Werfen · P.b.b. „03Z035382 M“ – 18. Jahrgang

Fachmagazin für Wasserkraft

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HYDRO

Zur Sache

VON WEGEN „BRÜCKENTECHNOLOGIE“

N

atürlich schrillen hierzulande sämtliche Alarmglocken, wenn Österreichs größte Kleinformatige titelt „EU plant, Wasserkraft den Hahn abzudrehen“. So geschehen vor wenigen Wochen. Stein des Anstoßes: ein Aspekt der so genannten Taxonomie-Verordnung, ein als Leitinstrument und Entscheidungshilfe intendiertes Projekt für den Finanzmarkt, das nach Möglichkeit Investitionen in grüne und nachhaltige Projekte lenken soll. Für die Banken soll es bedeuten, dass Finanzierungen billiger oder teurer werden, je nachdem wie stark der „grüne“ Faktor eines Projekts bewertet wird. Soweit die Grundidee – ganz im Sinne des „Green Deals“. Nun muss die Taxonomie-Verordnung noch vom Europäischen Rat und vom Europäischen Parlament geprüft werden und soll ab Januar 2022 in Kraft treten. Was hat dies aber nun mit der Wasserkraft zu tun? Und welche negativen Implikationen könnte es nach sich ziehen? Wie nun auch von Seiten des österreichischen Umweltministeriums bestätigt wurde, lag tatsächlich die Empfehlung einer Expertengruppe auf europäischer Ebene auf dem Tisch, die Wasserkraft lediglich als „Brückentechnologie“ einzustufen. Dies hätte nichts anderes bedeutet, dass die Wasserkraft damit auf eine Stufe mit Atomstrom und fossiler Energie gestellt worden wäre. Und zweifellos hätte diese Fehleinschätzung der nicht näher genannten Experten negative Auswirkungen auf mögliche künftige Wasserkraftinvestitionen gehabt. Doch danach sieht es jetzt zum Glück nicht mehr aus. Magnus Brunner, Staatssekretär im Umweltministerium, hatte sich jüngst per Brief an die zuständige Kommissarin für Finanzpolitik, Mairead McGuiness, dafür eingesetzt, dass der Expertenempfehlung nicht nachgekommen werden sollte. Mit Erfolg. Entgegen der umstrittenen Empfehlung wird die Wasserkraft weiterhin von der Europäischen Kommission als klimafreundlich eingestuft. Eine wahrlich gute Nachricht in Zeiten, in denen man dankbar für jede einzelne wird. In wenigen Wochen neigt sich ein Jahr dem Ende entgegen, das wir uns wohl alle anders vorgestellt haben. Die Auswirkungen der Pandemie auf Gesellschaft, Wirtschaft, auf Beruf und Familie waren einschneidend, tiefgreifend. Natürlich hat das Virus auch Auswirkungen auf diverse Projekte in der Wasserkraft gehabt: Es gab Verzögerungen, Verschiebungen und aufwändige Schutzvorkehrungen – und dennoch konnten so viele Bauvorhaben erfolgreich abgeschlossen werden. Man kann den Projektbetreibern, den Planern und Professionisten dazu nur gratulieren. Sie haben damit auch eine Visitenkarte für die Zeit nach der Corona-Krise abgegeben. Und die ist in Sicht. In diesem Sinne möchte ich mich abschließend wieder bei allen bedanken, die uns in diesem wahrlich schwierigen Jahr die Treue gehalten haben. Mein Dank gilt natürlich auch all jenen, die beim Entstehen der einzelnen Ausgaben mitgewirkt haben. Ich wünsche Ihnen, liebe Leser und Ihnen, liebe Geschäftspartner, ein besinnliches Weihnachtsfest, entspannte Feiertage und vor allem Gesundheit und viel Kraft. Möge uns das Jahr 2021 den Unbill aus 2020 vergessen lassen.

Ihr Mag. Roland Gruber (Chefredakteur & Herausgeber) rg@zekmagazin.at

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Zur Sache

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Zur Sache

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HYDRO

Inhalt

16 KW GERE

22 KW NOGUEIRA

25 KW VOMPERBACH

28 HEROS

Aktuell

Standpunkt

Technik

08 Interessantes & Wissenswertes SHORT CUTS

15 Eine widerlegte Vermutung – stichhaltige Argumente gefordert KOLUMNE PELIKAN

28 Global Hydro stellt Innovations geist weltweit unter Beweis LEITTECHNIK

Projekte

Projekte

16 KWOG verdreifacht ihre Erzeu gungskapazitäten auf einen Schlag KW GERE

31 Schnecken-KW ermöglicht nach haltige Nutzung von Industrieareal KW DABALADABACH

22 Erfolgreicher Premierenauftritt für StreamDiver in Brasilien KW NOGUEIRA

38 Rot-weiß-rote Technik für Nutz wasserkraftwerk in Sakarya KW SAKARYA

25 Stadtwerke Schwaz setzen auf E-Technik aus Niederösterreich KW VOMPERBACH-UST.

42 Almbetriebe schicken Diesel aggregate in Pension KW NEUALMBACH

03 Editorial 06 Inhalt 08 Impressum

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44 Kleinkraftwerk versorgt 120 Haus halte mit grünem Strom KW TISCHBACH

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Inhalt

KW SAKARYA

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TWKW BAUHOF

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KW YBBSITZ

Technik

Branchennews

46 Know-how für geschlossene Kühlsysteme in der Wasserkraft KÜHLSYSTEME

60 Steirischer Stahltwasserbauer feiert seinen 30er FIRMENJUBILÄUM

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30 JAHRE S.K.M.

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zek HYDRO 06/2020

Schubert Opener Amiblu U2 Global Hydro U3 Andritz Hydro U4

Projekte

Auma 12 AEM 12 Armaturen Ventile Betschart 20 Braun Maschinenfabrik 14 Danner Wasserkraft 35 Future Pipe Industries 21 Geotrade 13 Hitzinger 41 HYDAC 47 Jank Hydropower 53 M+G Ingenieure 37 Omicron 10 Ossberger 45 Rinninger RIKI 36 Sora 15 Spaans Babcock 33 Tomaselli Gabriel Bau 35 TRM 11 Troyer 19 Walcher 34 Watec-Hydro 59 Wild Armaturen 18 Wild Metal 03 WKV Wasserkraft Volk 09 WWS Wasserkraft 40

48 Modernisierungspaket bringt Bündner Kraftwerk wieder in Schuss KW MADULAIN 51 Dank umfassender Sanierung wieder zum Leben erweckt KW STEINWANDLEITEN 54 Trinkwasserkraftwerke bewähren sich in Pongaus Hauptstadt TWKW BAUHOF 57 Gemeinde setzt weiteren Schritt in Richtung Energieunabhängigkeit KW YBBSITZ

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KRAFTWERK ERSTFELDERTAL PRODUZIERT ZUM ERSTEN MAL STROM Die Vision ist endgültig Wirklichkeit geworden: In der zweiten Novemberwoche 2020 wurde die rund 1 Kilometer lange Druckleitung zum ersten Mal befüllt. Am 19. November konnte Werner Jauch, Verwaltungsratspräsident der KW Erstfeldertal AG, Maschine 3, die sogenannte Wintermaschine des Kraftwerks, erstmals in Betrieb setzen. „In zweieinhalb Jahren vom ersten Bewilligungsschritt bis zur Inbetriebnahme ist bei einem Kraftwerk dieser Größenordnung absolut einmalig“, freut sich Werner Jauch über das Erreichen eines der letzten Meilensteine. Bis spätestens Ende Dezember 2020 musste das KW Erstfeldertal zum ersten Mal Strom produzieren“, führt Werner Jauch aus. „Sonst wären die Beiträge der nationalen Förderung an das Kraftwerk endgültig verfallen und das Projekt gescheitert. Wir haben an die Machbarkeit geglaubt und es ist uns gelungen, das Kraftwerk bereits mehr als einen Monat vor Ablauf der Frist in Betrieb zu nehmen.“ Das KW Erstfeldertal produziert erneuerbaren Strom für 7.200 Haushalte und reduziert den CO2-Ausstoß gegenüber einem Kohlekraftwerk um 40.000 Tonnen jährlich.

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Impressum HERAUSGEBER

Mag. Roland Gruber VERLAG

Gruber-Seefried-Zek Verlags OG Brunnenstraße 1, 5450 Werfen Tel. +43 (0)664-115 05 70 office@zekmagazin.at www.zek.at ­­CHEFREDAKTION

Mag. Roland Gruber, rg@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-115 05 70 REDAKTION

Mag. Andreas Pointinger, ap@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-22 82 323 MARKETING

Mario Kogler, BA, mk@zekmagazin.at Mobil+43 (0)664- 240 67 74

Foto: TU Graz

GESTALTUNG

Gruber-Seefried-Zek Verlags OG Brunnenstraße 1, 5450 Werfen Tel. +43 (0)664-115 05 70 office@zekmagazin.at www.zek.at UMSCHLAG-GESTALTUNG

MEDIA DESIGN: RIZNER.AT Stabauergasse 5, A-5020 Salzburg Tel.: +43 (0)662/8746 74 E-Mail: m.maier@rizner.at

„Es gibt viel über Hydraulische Strömungsmaschinen aus Graz zu berichten, und wir haben in den kommenden Jahren viel vor“, sagt Prof. Helmut Jaberg, der diesen Sommer eremitiert wurde.

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zek HYDRO ist eine parteiunabhängige Fachzeitschrift für kleine bis mittlere Wasserkraft im alpinen Bereich. ABOPREIS

Österreich: Euro 73,00, Ausland: Euro 84,00 inklusive Mehrwertsteuer

Das KW Erstfeldertal produziert erneuerbaren Strom für 7.200 Haushalte und reduziert den CO2-Ausstoß gegenüber einem Kohlekraftwerk um 40.000 t pro Jahr. Foto: Katharina Wieland Müller_pixelio.de

PROFESSOR HELMUT JABERG VON DER TU GRAZ WURDE EREMITIERT Zum Ende des diesjährigen Sommersemesters wurde Helmut Jaberg nach über 25 Dienstjahren als Leiter des Instituts für Hydraulische Strömungsmaschinen (TU Graz) emeritiert. Seit 1995 hatte er die Leitung des Instituts inne. Unter seiner Führung erarbeitete sich das Institut einen Ruf von internationaler Reichweite. Die fünf Tätigkeitsfelder Numerik in Maschinen und Systemen, Laborforschung, Anlagenmessung, postgraduale Lehrgänge und Konferenzen wurden von Helmut Jaberg konsequent aufgebaut und weiterentwickelt. Kaum ein anderes Institut deckt heute diese Leistungsbreite auf dem Gebiet Hydraulischer Strömungsmaschinen ab. 2013 wurde mit Unterstützung eines einschlägigen Fachgremiums der berufsbegleitende Universitätslehrgang Wasserkraft aus der Taufe gehoben, wieder als Fernlehrgang mit Präsenzveranstaltungen. Prof. Jaberg sah einerseits das Potenzial von Wasserkraft, aber auch die Notwendigkeit einer vertiefenden Ausbildung in diesem Fachbereich. Mit seiner Emeritierung kehrt nicht der Ruhestand ein, denn als geschäftsführender Partner des international tätigen technischen Beratungsunternehmens, der Prof. Dr. Jaberg und Partner GmbH, als Veranstalter der branchenbekannten Praktikerkonferenzen und als Geschäftsführer des Pumpenfachingenieur-Lehrgangs wird er auch weiterhin aktiv sein.

Aktuell

Große Erleichterung beim Team der EWA um Verwaltungsratspräsident Werner Jauch (li, hinten). Das Kraftwerk Erstfeldertal konnte allen Hürden zum Trotz einen Monat früher fertiggestellt werden.

zek HYDRO erscheint 6x im Jahr. Auflage: 10.800 Stück

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Dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet

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Aktuell

Foto: zek

ANDRITZ RÜSTET WASSERKRAFTWERK BARKLEY IN KENTUCKY AUS Der internationale Technologiekonzern ANDRITZ hat vom U.S. Army Corps of Engineers' Nashville District einen Auftrag zur Erneuerung der Turbinen und Generatoren des Wasserkraftwerks Barkley (186 MW) am Cumberland River in West-Kentucky erhalten. Die erwartete Stromerzeugung wird nach voller Inbetriebnahme etwa 150 GWh pro Jahr betragen. Der Auftragswert beläuft sich auf etwa 65 Mio. Euro. Die Inbetriebnahme des ersten Maschinensatzes wird für September 2023 erwartet. Der Lieferumfang umfasst die Konstruktion, Fertigung, Transport, Montage, Prüfung und Inbetriebnahme von vier Kaplan-Maschinensätzen mit einer Leistung von je 46,5 MW sowie der zugehörigen Hilfs- und Nebenanlagen. Der Auftrag wird von der ANDRITZ-Tochtergesellschaft in Charlotte, North Carolina, USA, ausgeführt.

Foto: U.S. Army

Andritz liefert unter anderem vier neue Kaplan-Maschinensätze für das US-Army-Kraftwerk Barkley im Bundesstaat Kentucky.

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WASSERKRAFT MACHT SCHWEDENS STAHLPRODUKTION GRÜN Im nordschwedischen Luleå wurde, wie die Salzburger Nachrichten berichteten, vor kurzem ein Stahlwerk eröffnet, das richtungsweisend für die gesamte Stahlindustrie werden könnte. Der Grund: Im Gegensatz zu herkömmlichen Stahlwerken, die bislang vor allem auf fossile Brennstoffe bauten und in der Regel enorme Mengen an CO2 ausstießen, wird das neue Werk des traditionsreichen schwedischen Stahlherstellers SSAB auf klimaneutraler Basis arbeiten. Konkret wird die bislang als Reduktionsmittel benötigte Kohle dabei durch Wasserstoff ersetzt. Die Zeit der rauchenden Schornsteine ist damit vorbei. Zudem werden die gesamten anderen Arbeitsabläufe klimaneutral elektrifiziert. Und zwar vor allem durch Wasserkraft. Den Strom dafür will der Stromkonzern Vattenfall vorranging aus seinen Wasserkraftwerken liefern. Bereits ab 2026 will SSAB den klimaneutralen „Öko-Stahl“ auf den Markt bringen. Ein Vorbild, das Schule machen könnte. Foto: pixabay

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In Schweden rückt die Stahlproduktion von fossilen Brennstoffen ab und wird dank Wasserkraft und Wasserstoff klimaneutral.

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Aktuell

DB FÄHRT BALD MIT WASSERKRAFTSTROM VON VERBUND Der österreichische Wasserkraftkonzern Verbund wird ab 2023 Strom an die Deutsche Bahn (DB AG) liefern. Laut einer Aussendung der DB haben die beiden Unternehmen einen Vertrag über die Lieferung von fast 440 Gigawattstunden Ökostrom jährlich geschlossen. Die Menge wird aus dem Wasserkraftwerk Egglfing-Obernberg am Inn, an der Grenze zwischen Niederbayern und Österreich, bezogen. Das Kraftwerk, das im Zweiten Weltkrieg errichtet wurde, besteht aus einer Wehranlage mit fünf Wehrfeldern, sowie einem Krafthaus mit sechs Turbinen und den sechs zugehörigen Generatoren, die auf eine Leistung von je 16 MVA ausgelegt sind. Der Vertrag mit der Verbund AG hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Insgesamt hat sich die DB zusätzliche 780 Gigawattstunden Ökostrom gesichert, was acht Prozent nachhaltigen Bahnstroms ausmacht.

Foto: Voith

Foto:Wikipedia

Ab 2023 werden 440 Gigawattstunden Ökostrom aus dem Wasserkraftwerk Egglfing-Obernberg am Inn an die Deutsche Bahn geliefert.

Voith Hydro wird unter anderem vier Francis-Turbinen-Generator-Einheiten für das neue Kraftwerk am Mohmand-Staudamm in Pakistan liefern.

VOITH LIEFERT HERZSTÜCK FÜR PAKISTANISCHES KRAFTWERK Ende September haben das chinesisch-pakistanische Konsortium (CGGC) und Voith Hydro Shanghai Limited (VHS) einen Vertrag für das geplante Wasserkraftwerk am Mohmand-Staudamm in Pakistan abgeschlossen, in dessen Rahmen VHS vier 200-MW-Francis-Turbinen-Generator-Einheiten samt entsprechenden digitalen Überwachungssystemen liefern wird. Der Bau des Mohmand-Damm Wasserkraftprojekts liegt in den Händen des CGGC. Die Übergabe der ersten Einheit ist für 2025 geplant, und bis 2026 sollen alle Einheiten in Betrieb sein. Das Kraftwerk liegt in der pakistanischen Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Seine Gesamtleistung wird 800 MW betragen. Es ist das erste Leuchtturmprojekt, das von der neuen pakistanischen Regierung finanziert wird. Durch das Projekt werden in der Hochphase des Baus ca. 6.000 Arbeitsplätze für Pakistan entstehen. Im Vollbetrieb wird das Kraftwerk jedes Jahr 2.862 GWh sauberen Strom liefern.

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Der Ersatzneubau des EVN-Kraftwerks Brandstatt an der Erlauf macht eine komplexe Baugrubenabsicherung erforderlich.

Foto: EVN

Aktuell

NEUBAU VON KW BRANDSTATT IN NÖ VERDREIFACHT DEN STROMERTRAG Der im heurigen Sommer gestartete Ersatzneubau des EVN-Kraftwerks Brandstatt in der niederösterreichischen Gemeinde Scheibbs ist voll im Gange. Bei der Neuausführung der Anlage an der Erlauf kommt anstelle einer Francis-Turbine nun eine doppeltregulierte Kaplan-Maschine mit direkt gekoppeltem Generator zum Einsatz. Um potentielle Auswirkungen auf die Anrainer des Kraftwerks so gering wie möglich zu halten, wird die Turbine mit einer Körperschalldämmung ausgestattet. Geliefert wird der neue Maschinensatz mit einer Engpassleistung von 740 kW von der oberösterreichischen Jank GmbH. „Die Modernisierung ermöglicht es uns die Erzeugungsmenge zu verdreifachen und damit rund 1.000 Haushalte mit Ökostrom zu versorgen“, so EVN Vorstandssprecher Stefan Szyszkowitz. Darüber hinaus wird im Zuge des umfassenden Ersatzneubaus eine moderne Fischaufstiegs- und Fischabstiegshilfe realisiert.

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Foto: Prof. Dr. Jaberg & Partner GmbH

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LEW Wasserkraft hat vier Wasserkraftwerke am Unteren Lech umfassend modernisiert. Dabei wurde auch das Kraftwerk Ellgau auf den neuesten Stand der Technik gebracht.

Die Konferenz „Pumpen in der Verfahrenstechnik“ bietet eine einmalige Plattform von Praktikern für Praktiker zum Austausch von Erfahrungen, neuen Entwicklungen und Ideen für die alltäglichen Herausforderungen mit dem Umgang von Pumpen und Anlagensystemen.

Aktuell MODERNISIERUNG VON VIER LECHKRAFTWERKEN ABGESCHLOSSEN Mit der Wiederinbetriebnahme der zweiten Turbine an der Staustufe Ellgau schließt die LEW Wasserkraft GmbH ihr umfangreiches Modernisierungsprojekt an den vier Wasserkraftwerken der Rhein-Main-Donau GmbH (RMD) am Unteren Lech ab, teilten die Betreiber Mitte November in einer Presseaussendung mit. Über einen Zeitraum von zehn Jahren hat LEW Wasserkraft die zwischen 1952 und 1960 errichteten Wasserkraftwerke Ellgau, Oberpeiching, Rain und Feldheim auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Dabei wurde neben der Revision der Turbinen und Generatoren die gesamte Kraftwerkstechnik instandgesetzt und modernisiert sowie die Steuerung der Anlagen durchgängig digitalisiert und vernetzt. Die Kosten für das Gesamtprojekt belaufen sich auf rund 16 Mio. Euro. Mit ihren insgesamt acht Turbinen erzeugen die leistungsstarken Lechkraftwerke zusammen pro Jahr etwa 220 Millionen kWh Strom aus erneuerbarer Energie. Diese Strommenge reicht aus, um mehr als 80.000 Haushalte über das ganze Jahr hinweg mit elektrischer Energie zu versorgen. Die vier RMD-Kraftwerke werden von LEW Wasserkraft betrieben und von deren Zentralwarte in Gersthofen bei Augsburg aus überwacht und gesteuert. 25. PRAKTIKERKONFERENZ „PUMPEN IN DER VERFAHRENSTECHNK“ IN GRAZ Die 25. Praktikerkonferenz „Pumpen in der Verfahrenstechnik" findet kommendes Jahr vom 30. August bis zum 1. September im Congress Graz statt. Aufgrund der ungewissen Entwicklung der Corona-Pandemie gehen die Organisatoren der renommierten Konferenz auf Nummer sicher und haben den Termin der üblicherweise im April abgehaltenen Veranstaltung auf den Spätsommer 2021 verschoben. Wie der Name schon sagt, dreht sich alles um die Verfahrenstechnik – aber auch die Kraftwerks- und Abwassertechnik zählt zu den Schwerpunktfeldern der Konferenz. Die ca. 45 minütigen Beiträgen mit technischen Details richten sich dezidiert an ein Fachpublikum. Ein wichtiges Anliegen ist Veranstalter Prof. Helmut Jaberg die Pflege des offenen Wortes, für Diskussionen steht traditionell genügend Zeit zur Verfügung. Der „Call for Papers“ hat bereits begonnen. Interessierte Referentinnen und Referenten sind herzlich eingeladen, ihre auf einer A4-Seite formulierten Vorschläge als Kurzfassung bis Ende Februar 2021 an info@praktiker-konferenz.com zu senden. „Nützen Sie die Praktikerkonferenz zum Anfang der Weinlese in der österreichischen Genuss- und Kulturhauptstadt Graz und besuchen Sie auch die berühmten Weinstraßen der schönsten Gegenden der Südsteiermark“, so Helmut Jaberg.

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Standpunkt Standpunkt

Eine widerlegte Vermutung?

Foto: Pelikan

Leider werden oft genug unbewiesene Annahmen – wenn man sie oft genug wiederholt – zu vermeintlichen Tatsachen. Im modernen Sprachgebrauch: Fake News. Letztere sind doppelt gefährlich, da zumeist eine Absicht desjenigen dahintersteht, der die Inhalte weitergibt und verwendet. Es wird also manipuliert. Dagegen wehre ich mich – auch wenn es oft genug anstrengend ist. Worum geht es? Der biologische Zustand eines Gewässers sollte gemäß den Zielen der EU-Wasserrahmenrichtlinie möglichst gut sein. Dagegen ist auch grundsätzlich gar nichts einzuwenden. Allerdings werden bei weitem nicht an allen Fließgewässern spezifische und damit belastbare Untersuchungen zum aktuellen Status durchgeführt, da diese aufwändig und entsprechend teuer sind. Hingegen geht die Behörde allgemein davon aus, dass Unterbrechungen des Gewässerkontinuums wie z.B. Rampen oder Wehranlagen jedenfalls negative Auswirkungen haben und der biologische Gewässerzustand entsprechend schlechter eingestuft wird. Dieser kausale Zusammenhang ist jedoch falsch und wird durch eine Studie an der Universität Kassel sowie durch eine vergleichbare Studie an der Universität für Bodenkultur in Wien hinlänglich widerlegt. Beide Studien teilen sorgfältig in unterschiedliche Fischregionen und analysieren anhand mehrerer Hundert sogenannter Detailwasserkörper – das sind einigermaßen ähnliche mehr oder weniger kurze Gewässerstrecken. Die nicht ganz überraschende Erkenntnis beider Studien ist, dass eine hohe Anzahl von Wanderhindernissen und damit stark fragmentierter Gewässer keineswegs automatisch zu einem schlechten fischökologischen Status führt. In einigen Fällen stellte sich die Unterbrechung der Durchgängigkeit sogar als vorteilhaft für das Erreichen der festgelegten Ziele der WRRL heraus. Im direkten Vergleich der Ergebnisse zeigte sich, dass im Hinblick auf den morphologischen Zustand eines Gewässers die intensiven Regulierungsmaßnahmen vergangener Jahrzehnte von wesentlich größerem negativen Einfluss auf den fischökologischen Status sind als Querbauwerke. Das sollte nicht nur uns, sondern insbesondere den Entscheidungsträgern sehr zu denken geben. Während Hunderte von Fischaufstiegshilfen mit dem Geld der Kleinkraftwerksbetreiber gebaut wurden und werden, sind die Anstrengungen, um öffentliches Geld gewässermorphologische Verbesserungen zu verwirklichen, enden wollend. Tausende Kilometer streng regulierter Gewässer mit stetig schlechter werdendem Fischbestand harren einer Renaturierung. Es ist eben wesentlich einfacher, das Geld anderer auszugeben, als sich selbst Fehler der Vergangenheit einzugestehen und zu reparieren, so gut es noch geht. Mit dem Bau auch noch so vieler Fischaufstiegshilfen werden die Ziele der WRRL nicht erreichbar sein. Und noch einen Gedanken ermöglichen die oben genannten beiden Studien: Auch die Neuerrichtung von Querbauwerken sollte in neuem Licht betrachtet werden. Es handelt sich dabei also nicht um katastrophale und abzulehnende Eingriffe in ein Gewässer. Deren Auswirkung sollte in Zukunft nicht auf Grundlage vermeintlich gesicherter Rückschlüsse, sondern ausschließlich und ergebnisoffen aufgrund einer individuellen und fachlich nachvollziehbaren Analyse beurteilt werden. Der Rat eines seit 40 Jahren in der Branche Tätigen kann also nur lauten: Glauben Sie möglichst nicht, was Ihnen ein vermeintlich Kundiger erzählt und fordern Sie stichhaltige Argumente ein. An der Unsicherheit des Befragten können sie einfach ablesen, wo Beweisbares endet und Fake News beginnen. Bleiben Sie (beruflich) also lästig und ungemütlich und scheuen sie keinen Widerspruch. Es lohnt sich. Ich wünsche Ihnen herzlich körperliche, geistige und auch seelische Gesundheit!

Herzlich

Ihr Pelikan

Prof. Dr. Bernhard Pelikan

Ihr Spezialist für Wasserkraftwerke von 5 – 1000 KW Sora GmbH Handwerkerzone 24 I-39030 Kiens/Ehrenburg T +39 0474 565516 www.sora.bz.it

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Mithilfe von Bruchsteinen und Schüttungen wurde die Wasserfassung für das neue Kraftwerk Alvierbach im Vorarlberger Brandnertal naturnah gestaltet. Die Anlage, die seit Februar letzten Jahres in Betrieb ist, erzeugt grünen Strom für rund 1.700 Haushalte.

Zwei 4-düsige Peltonturbinen im Größenverhältnis 1:3 sorgen für eine optimale Nutzung des Triebwasserdargebots im neuen Kraftwerk Gere im Walliser Obergoms. Die Turbinen, ebenso wie die leittechnische Ausrüstung, wurden vom Südtiroler Wasserkraftspezialisten Troyer AG designt und umgesetzt. Die Turbinen liefern im Jahr circa 22 GWh.

KWOG KRAFTWERKE OBERGOMS AG VERDREIFACHT IHRE ERZEUGUNGSKAPAZITÄTEN AUF EINEN SCHLAG Seit Sommer dieses Jahres drehen sich die Turbinen im neuen Kraftwerk Gere im Walliser Obergoms. Ein echtes Marathonprojekt, an dem die Projektbetreiber mehr als eine Dekade geplant und gearbeitet hatten, fand damit einen erfolgreichen Abschluss. Rund 36 Mio. CHF investierte die KWOG, kurz für Kraftwerke Obergoms AG, in die neue Ökostromanlage, die im Jahr circa 22 Mio. kWh Strom ins Netz speist. Verantwortlich für die maschinelle wie die leittechnische Ausrüstung zeichnete der Südtiroler Wasserkraft-Allrounder Troyer AG. Für die Sterzinger bereits der dritte Auftrag durch die KWOG.

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on mächtigen Dreitausendern umgeben zählt das Obergoms im Gebirgskanton Wallis zu den naturbelassensten Gegenden der Schweiz. Gerade einmal 8 Einwohner kommen hier auf einen Quadratkilometer – somit gehört es auch zu den am dünnsten besiedelten Gebieten. Die ursprünglichen Naturlandschaften gelten als der große Schatz der Region. Im Sommer locken sie zahlreiche Wanderer und Naturliebhaber und im Winter die Langläufer auf das sonnenreiche Hochtal. Neben dem Tourismus kommt im Wallis der Wasserkraft große Bedeutung als veritabler Wirtschaftsfaktor zu. Der Wasserreichtum und große Fallhöhen stellen geradezu ideale Voraussetzungen für eine effiziente Nutzung der erneuerbaren Ressource Wasser dar. Laut dem eidgenössischen Statista Research Department nimmt der Kanton die Pole Position

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in Sachen Energieproduktion aus Wasserkraft ein. In den vergangenen Jahren wurden hier jährlich knapp 10 TWh aus der Kraft des Wassers produziert, gut ein Viertel des gesamten Wasserkraftstroms der Schweiz. Einen kleinen Teil davon steuerte bisher schon die KWOG mit ihren beiden Kraftwerken Ulrichen und Niderbach bei. Und vor kurzem konnte endlich mit dem Kraftwerk Gere auch ihr größtes und am aufwändigsten zu realisierendes Kleinkraftwerk ans Netz genommen werden. KOMPROMISS NACH RECHTSSTREIT Mit dem Ziel, Wasserrechtskonzessionen zu erwerben und zu nutzen sowie Kleinwasserkraftwerke zu errichten, wurde 2009 die KWOG Kraftwerke Obergoms AG aus der Taufe gehoben. Es handelt sich um eine Partnergesellschaft mit Sitz in der Gemeinde Obergoms, an der die Gemeinde Obergoms

mit 50,5 Prozent, die Elektrizitätswerk Obergoms AG mit 24,1 Prozent, die EnAlpin AG mit ebenfalls 24,1 Prozent und die Einwohnergemeinde Goms mit 1,3 Prozent beteiligt sind. Die EnAlpin übernimmt dabei die Betriebsführungsagenden der Anlagen. Bereits im Gründungsjahr 2009 hatte die KWOG ein Nutzungskonzept entwickelt, das noch im selben Jahr bei den Kantonsbehörden eingereicht wurde. Konkret ging es darin um die hydroelektrische Nutzung der beiden Bäche Gerewasser und Gonerliwasser in Oberwald. Doch das Projekt stieß auf Widerstand. Die Umweltverbände WWF, Pro Natura und Stiftung Landschaftsschutz erhoben Einspruch und zogen diesen nach langwierigen Verhandlungen bis zum Bundesgericht weiter. „Am Ende dieses Prozessmarathons wurde im April 2014 durch den Entscheid des Bundesgerichts ein Kompromiss erzielt,

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der einen Verzicht auf Gonerliwasser vorsah. Das neue Kraftwerk sollte somit sein Triebwasser ausschließlich aus dem Gerewasser beziehen“, erklärt Diego Pfammatter, Leiter Produktion von der EnAlpin AG. In der Folge setzten sich die Vertreter der Umweltverbände und der KWOG an einen Tisch, um letztlich auf einvernehmlicher Basis ein ökologisch vertretbares Konzept auszuhandeln. Am Ende der Gespräche stand ein ökologisches Kompromissprojekt, das im Hinblick auf sein Regelarbeitsvermögen um etwa 23 Prozent gegenüber dem ursprünglichen Konzept schrumpfte. Am 22. Juni 2016 genehmigte der Walliser Staatsrat die neue Konzession auf Basis dieser Einigung und erteilte kurz vor Weihnachten 2016 die Baubewilligung.

Im September 2017 konnten die Bauarbeiten beginnen, der Auftakt erfolgte am Portaleinschnitt für den Stollen bzw. durch die Instandsetzung der Zufahrtsstraße zur geplanten Fassung. „Die Bauarbeiten an der Wasserfassung im Geretal konnten erst im Sommer 2018 mit Verspätung starten, da der Winter 2017/2018 extrem schneereich war. Gleiches galt für den drauffolgenden Winter. Generell stellte die Witterung in den alpinen Hochlagen eine zentrale Herausforderung für die Bauarbeiten dar. Besonders die durch Südstaulagen häufig auftretenden, teils heftigen Sommergewitter waren ein Thema. Vor allem, da aufgrund der Höhenlage nur ein relativ kurzes Zeitfenster im Sommer für den Bau der Wasserfassung zur Verfügung stand“, resümiert Diego Pfammatter.

WITTERUNG ALS HERAUSFORDERUNG Das letztlich umgesetzte Konzept sieht ein Hochdruck-Kraftwerk mit einer Wasserfassung auf rund 1.645 m.ü.M. vor. Von hier wird das Wasser durch einen gedeckten Kanal zum Entsander und danach weiter in einen rund 2,5 Kilometer langen Schrägstollen geleitet. Daran anschließend gelangt es durch eine 150 Meter lange, unterirdisch verlegte Druckrohrleitung zum Zentralengebäude, das auf ca. 1.390 m.ü.M. am Fuße des Hungerbergs liegt. Die elektrische Energie, die von den hier installierten Maschinen erzeugt wird, wird ins Netz des Elektrizitätswerks Obergoms eingespeist.

18 MONATE FÜR DEN STOLLENVORTRIEB Etwas einfacher sollte sich dagegen der Bau des 2.560 m langen Schrägstollens gestalten. Er wurde im konventionellen Sprengvortrieb ausgebrochen, die Kalotte dann auf der ganzen Länge mit Spritzbeton ausgekleidet und die Sohle betoniert. Ein seitlicher Kanal wurde integriert, welcher der Stollenentwässerung dient. Pfammater: „Die geologischen Bedingungen entpuppten sich besser, als wir das angenommen hatten. Daher konnte die geplante Dauer der Ausbruchsarbeiten um rund 2 Monate verkürzt werden.“ Nach 18 Monaten war es schließlich soweit: Am 17. Juli 2019 freuten sich Betreiber und Baufirma über den Durchstich.

Der 2.560 m lange Stollen wurde im klassischen Sprengvortrieb ausgebrochen.

Dank günstiger Geologie konnte der Stollen in nur 18 Monaten ausgebrochen werden. Im Bild: Stollenportal unten.

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Während der Schneeschmelze wird der Spülkanal an der neuen Wasserfassung bereits dringend benötigt.

An der Wasserfassung auf rund 1.645 m ü.M. war man auch in der kurzen sommerlichen Bauphase mit beachtlichen Schneemassen konfrontiert.

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Rohrlager für die duktilen Gussrohre DN1000

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In weiterer Folge konnte die Rohrleitung im Stollen verlegt werden. Zu diesem Zweck kamen GFK-Rohre DN1200 der Steifigkeitsklasse SN5000 zum Einsatz, die auf vorgefertigten Rohrsätteln montiert wurden. „Wir haben bei diesem Kraftwerk eine Art hybride Leitung gewählt. Für den oberen Abschnitt mit geringerem Druck haben wir auf GFK-Rohre gesetzt, danach auf duktile Gussrohre DN1000“, so der Projektleiter von EnAlpin.

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Montage der Verteilrohrleitung an der Maschinenzentrale

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„HYBRIDE“ KRAFTWERKSLEITUNG Der Einsatz der GFK-Rohre stellte dabei so etwas wie eine Schweiz-Premiere dar. Zum ersten Mal brachte das internationale Rohr-Unternehmen Future Pipe Industries, kurz FPI, seine Produkte bei einem eidgenössischen Wasserkraftprojekt zum Einsatz. Das Unternehmen, dessen Zentrale in Dubai ansässig ist und weltweit rund 3.300 Mitarbeiter beschäftigt, gehört heute zu den weltweit größten Herstellern von glasfaserverstärkten Kunststoffrohren. Dass die Verantwortlichen des Kraftwerksprojekts auf die GFK-Rohre „FiberstrongTM“ von FPI setzten, lag nicht zuletzt an der hohen Wirtschaftlichkeit und am einfachen Handling der Rohre, das sich speziell bei der Verlegung im Stollen bezahlt machte. Neben den Rohrschüssen lieferte FPI auch Bögen, Mannlöcher, Flansche sowie Reduzierungen. Der untere Teil des Kraftabstiegs besteht aus duktilen Gussrohren. Dabei handelt es sich um hochwertige und langlebige Duktilgussrohre vom französischen Hersteller PAM Saint-Gobain. Geliefert wurden diese Rohre von der Schweizer Branchenspezialistin Wild Armaturen AG aus Rapperswil-Jona im Kanton St. Gallen, die am Schweizer Wasserkraftmarkt einen ausgezeichneten Ruf genießt. Das Rohrsystem für das Kraftwerk Gere wurde mit der bewährten TIS-K Schubsicherung ausgeführt, die eine längskraftschlüssige Verbindung der einzelnen Rohrstücke ermöglicht. Dadurch entsteht ein widerstandsfähiges und

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In mustergültiger Form wurden von der Troyer AG die beiden Kühlsysteme, inkl. 3-Wege Mischern, Strömungswächtern, sowie diversen Druck- und Temperatursensoren geliefert, montiert und in Betrieb gesetzt.

Im oberen Abschnitt der Druckrohrleitung wurden GFK-Rohre vom Typ „Fiberstrong“ von FPI der Dimension DN1200 verlegt. Die Verbindungen wurden mittels bewährter Doppelmuffenkupplungen erstellt.

flexibles Rohrleitungssystem, das kaum Betonwiderlager benötigt. STARK SCHWANKENDE WASSERFÜHRUNG Im Herbst 2018 wurde mit dem Bau der Maschinenzentrale in Oberwald begonnen. Hier sollten in den nächsten Monaten nicht nur die beiden geplanten Maschinengruppen, sowie sämtliche Hilfsaggregate, Steuerungseinheiten und Absperrorgane, sondern auch die beiden Maschinentransformatoren und die 9-feldrige Mittelspannungsanlage untergebracht werden. Aufgrund der stark schwankenden Wassermengen des Gerewassers musste eine elektromaschinelle Lösung gefunden werden, die unter diesen Bedingungen noch effizient und zuverlässig Strom erzeugt, wie Pfammatter bestätigt: „Das Wasser für den Turbinenbetrieb unterliegt hier Schwankungen zwischen

minimal 85 l/s und maximal 3.000 l/s – also unserer Ausbauwassermenge. Daher brauchte es eine Maschinenlösung, die diese Spreizung bestmöglich abdeckt.“ Man entschied sich für zwei 4-düsige Peltonturbinen aus dem Hause Troyer AG im Größenverhältnis 1:3. Dass die Wahl auf Turbinen des Sterzinger Wasserkraftunternehmens fiel, lag nicht zuletzt daran, dass die KWOG bereits Erfahrungen mit Troyer-Turbinen in ihren beiden anderen Werken gesammelt hatte – und diese waren schlichtweg sehr gut. Ende Mai 2018 erhielt der Südtiroler Wasserkraft-Allrounder den Zuschlag im Rahmen der Ausschreibung. Das Komplettpaket umfasste dabei neben den beiden Turbinen auch die Kugelschieber mit Revisionsdichtung, zwei Kühlsysteme, die beiden WKV-Generatoren mit Gleitlagern, zwei Hydraulikaggregate sowie die Steuerung der kompletten Anlagen inklusive Visualisierung. KEIN ZEITVERLUST DURCH CORONA „Durch den raschen Baufortschritt des Kraftwerks einerseits und der zügigen Turbinenfertigung bei uns im Werk anderseits konnten

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wir die beiden Turbinen inklusive Ringleitung und Kugelschieber früher als geplant, schon im Dezember 2019, anliefern. Ausgerechnet an diesem Tag verschönerte ein Wintereinbruch das Obergoms, die Anlieferung bei dichtem Schneefall gestaltete sich damit durchaus heikel. Vor der Zentrale musste daher extra noch einmal umgeladen werden“, erinnert sich der Projektleiter der Troyer AG, Hubert Wassertheurer. Für besonderes Ungemach sorgte der erste Corona-Lockdown im Hinblick auf die Montagearbeiten, wodurch sich trotz spezieller Sicherheitsmaßnahmen immer wieder Unterbrechungen ergaben. Nach dem Lockdown habe man allerdings, erzählt Wassertheurer, die Mannstärke für die Montage erhöht, um den Zeitverlust wieder aufzuholen: „Das klappte in der Folge so gut, dass wir sogar einen Monat früher in Betrieb gehen konnten. In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch beim Team der EnAlpin bedanken, das uns sowohl während des Corona-Lockdowns als auch danach bestens vor Ort unterstützt hat.“

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Die gesamte Steuerungs- und Leittechnik inkl. Visualisierung wurden vom Südtiroler Wasserkraft-Allrounder Troyer AG in bewährter Form ausgeführt.

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Technische Daten • Ausbauwassermenge: 3,0 m3/s • Fallhöhe: 260 m • Turbinen: 2 x 4-düsige Peltonturbine • M1: 2.250 l/s Leistung: 4,85 MW • M2: 750 l/s Leistung: 1,6 MW • Fabrikat: Troyer • Engpassleistung: 6,25 MW • Generator: 2 x Synchrongenerator • M1: 5.500 kVA M2: 1.900 kVA • Fabrikat: WKV • Stahlbau: Stahleinbau GmbH / P.Imhof AG Metallbau • Stahlwasserbau: Stahleinbau GmbH / Wey Sistag AG • Rohrbruchklappe: AVB Armaturen Ventile Betschart AG • Druckrohrleitung: Länge: 2.710 m • DRL-Teil 2: Duktile Gussrohre: PAM Saint Gobain • Rohrlieferant Gussrohre: Wild Armaturen • Planung: EnAlpin

EFFIZIENTE MASCHINENLÖSUNG Am 24. Juli dieses Jahres erreichte das Projekt den letzten großen Meilenstein: Die Maschinen wurden erstmalig angedreht. Seit der Probebetrieb in den darauffolgenden Wochen erfolgreich abgeschlossen wurde, sind die beiden Maschinengespanne im Einsatz. Mit 600 Upm dreht die größere Turbine, die bei einer Ausbauwassermenge von 2.250 l/s und 244 m Netto-Fallhöhe eine Nennleistung von 4,85

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MW erreicht. Die kleinere „Winterturbine“ ist bei einem Schluckvermögen von 750 l/s und einer Nenndrehzahl von 1.000 Upm auf eine Nennleistung von 1,6 MW ausgelegt. Dank eines ausgeklügelten Laufrad- und Turbinendesigns ist sie in der Lage, auch geringste Wassermengen noch effizient zu verarbeiten, sodass das Kraftwerk selbst in den wasserarmen Wintermonaten nicht abgestellt werden muss.

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• DRL-Teil 1: GFK Fabrikat: FPI Future Pipe Ind.

• Regelarbeitsvermögen: 22 GWh

Direkt an das fliegende Ende der Laufradwellen ist jeweils ein leistungsstarker Generator aus dem Hause WKV gekoppelt. Beide Generatoren sind mit Gleitlagern und einem effizienten Kühlsystem ausgeführt. Bislang haben sich die beiden Maschinengespanne im täglichen Einsatz bewährt, wie Diego Pfammatter

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MIT ÖKOLOGISCHER VERANTWORTUNG Neben der Technik wurde auch auf ökologische Belange großes Augenmerk gelegt. Zum einen wurde an der Wasserfassung ein Fischabstieg integriert, zum anderen wurden die bestehenden Schwellen unterhalb der Wasserrückgabe nach dem Zentralengebäude ­fischgängig gestaltet. „Als Ersatzmaßnahme für das Kraftwerk Gere hat sich die KWOG dazu verpflichtet, die Goneri vor der Einmündung in die Rhone bei Oberwald aufzuwerten. In einem ersten Schritt wurde die Fischgängigkeit hergestellt, in einem weiteren sollen das Bachbett erweitert und renaturiert werden“, umreißt Pfammatter die ökologischen Maßnahmen. Parallel dazu wird zudem auch der Hochwasserschutz für Oberwald verbessert. In Summe stehen für die Ausgleichsmaßnahmen rund 750.000 Franken zur Verfügung.

Betreiber KWOG hat mit der Inbetriebnahme des neuen Kraftwerks Gere seine Erzeugungskapazitäten verdreifacht. Das neue Kraftwerk liefert sauberen Strom für 5.000 Haushalte.

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betont. „Wir sind mit der Performance der Maschinen bisher sehr zufrieden. Die prognostizierten Erzeugungswerte werden erbracht, und auch in Bezug auf Lagertemperaturen und Vibrationen gibt es nichts zu beanstanden.“ Er verweist darauf, dass im nächsten Sommer, zum Höhepunkt der Schneeschmelze, noch umfangreiche Volllasttests auf dem Programm stehen.

ÖKOSTROM FÜR 5.000 HAUSHALTE Insgesamt flossen rund 36 Millionen CHF in die Realisierung des neuen Kraftwerks Gere. Mit seinen beiden Maschinensätzen, die eine Engpassleistung von 6,25 MW erbringen, wird die neue Ökostromanlage im Regeljahr rund 22 GWh ins 16-kV-Netz der Elektrizitätswerke Obergoms AG einspeisen. „Das entspricht etwa dem Elektrizitätsbedarf von 5.000 Walliser Haushalten – oder umgerechnet dem Ertrag aus einer Photovoltaik-Anlage

mit einer Gesamtfläche von 120.000 m2“, rechnet Diego Pfammatter vor. Das Kraftwerk erfüllt sämtliche Kriterien des eidgenössischen Energiegesetzes und arbeitet dank zugesicherter Einspeisevergütung aus dem KEV hoch wirtschaftlich. Für die KWOG hat es sich am Ende doch bezahlt gemacht, hart­ näckig zu bleiben und einen langen Atem zu beweisen. Mit ihrem neuen Kraftwerk Gere konnte sie ihre jährliche Gesamtproduktion nun fast verdreifachen.

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Im südlichen brasilianischen Bundesstaat Paraná wird aktuell das erste StreamDiver®Kraftwerk Brasiliens verwirklicht. Es gilt als richtungsweisendes Pionierprojekt für eine nachhaltig-ökologische Nutzung eines Niederdruck-Standorts.

ERFOLGREICHER PREMIEREN-AUFTRITT FÜR DEN STREAMDIVER IN BRASILIEN ®

Knapp 20 Kilometer vor der Einmündung des Rio Chopim in den bekannten Rio Iguaçu im brasilianischen Bundesstaat Paraná nimmt der brasilianische Spezialist für Kleinwasserkraftwerke Energias Renováveis MAZP aktuell das erste StreamDiver®-Kraftwerk Brasiliens in Betrieb. Die Anlage besteht aus sieben modular gekoppelten StreamDiver®-Einheiten, die im Verbund rund 5 MW Leistung bringen. Dank seiner komplett öl- und fettfreien Kraftwerkstechnologie bietet der StreamDiver® ein Höchstmaß an ökologischer Verträglichkeit. Da man für den Standort am Rio Chopim nach einer möglichst wirtschaftlichen und zugleich ökologisch-nachhaltigen Kraftwerkslösung suchte, konnte sich StreamDiver®-Hersteller Voith Hydro den Auftrag für das richtungsweisende Projekt sichern. Die Inbetriebnahme des Kraftwerks Nogueira soll im Januar 2021 abgeschlossen sein.

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ach Angaben der Internationalen Energieagentur IEA gilt Brasilien als der drittgrößte Ökostromproduzent der Welt. Vor allem die Wasserkraft spielt im Land am Amazonas eine tragende Rolle. Der Verbrauch von Strom aus Wasserkraft belief sich laut Angaben des Statistik-Portals Statista im Jahr 2019 auf rund 399 Terawattstunden. Fast 80 Prozent seines Strombedarfs deckt Brasilien mit Wasserkraft. Doch die brasilianische Ausbaustrategie stieß gerade in den letzten Jahren auf Kritik, im Inland wie auch im Ausland. Korruptionsvorwürfe und ökologische Probleme mit Mega-Projekten brachten im Jahr 2018 auch die brasilianische Politriege zum Umdenken. Mittlerweile wird von offiziellen Stellen bereits das Ende der

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Ausbaupläne für Großstaudämme angekündigt. Das gilt allerdings nicht für die Pequenas Centrais Hidrelétricas, wie die Kleinwasserkraftwerke in Brasilien genannt werden. Schließlich dienen diese der dezentralen Versorgung am Land und stellen somit eine wichtige Säule im Ausbau der ruralen Energie­in­frastruktur dar. Ein Unternehmen, das sich seit Jahren mit der Errichtung von umweltfreundlichen Kleinwasserkraftwerken beschäftigt, ist der Elektrizitätsdienstleister Energias Renováveis MAZP, der vor allem im Süden des Landes aktiv ist. Im Bundesstaat Paraná gelang ihm nun ein Projekt, das im Hinblick auf seine Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit neue Maßstäbe setzte.

PUNKTET MIT GERINGEM BAUKOSTENANTEIL 19,3 Kilometer von der Einmündung des Chopim in den Rio Iguaçu entfernt, unweit der Gemeinde São Jorge de Oeste im Bundesstaat Parana befindet sich eine natürliche Gefällstufe, die den erfahrenen Wasserkraftentwicklern von Energias Renováveis MAZP nicht zuletzt aufgrund des stabilen Wasserdargebots ins Auge gestochen war. Das auf Kleinkraftwerke spezialisierte Unternehmen hatte zuvor bereits mehrere Anlagen am Rio Chopim errichtet und erkannte in der natürlichen Gefällstufe einen durchaus geeigneten Standort für ein modernes Kleinwasserkraftwerk. Allerdings musste dafür eine zentrale Frage geklärt werden: Wie sollte die geeignete technische Lösung aussehen, die sowohl besonde-

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re ökologische als auch wirtschaftliche Erfordernisse abdeckt? „Die Antwort darauf lautete StreamDiver®. Zum einen erhöhte die umweltfreundliche Technologie die Chancen auf die Genehmigung durch die Behörden, und zum anderen stellt sie die eindeutig kosteneffektivste Lösung dar – verglichen etwa mit einer konventionellen Kaplan-Turbine, wie sie im ursprünglichen Planungskonzept vorgesehen war“, erklärt Rodrigo Miranda, verantwortlich für den brasilianischen Small Hydro-Markt bei Voith Hydro. Er verweist darauf, dass die Baukosten dadurch markant gesenkt werden konnten. Im Gegensatz zu herkömmlichen Wasserkraftwerken, bei denen das Kostenverhältnis von Baukosten zur elektromechanischen Ausrüstung im Schnitt bei 70:30 liegt, sinkt der Baukostenanteil bei einer StreamDiver®-Anlage auf 50 Prozent ab. Vor diesem Hintergrund beschloss MAZP daher, die Pionier-Technologie aus dem Hause Voith Hydro beim Kraftwerk Nogueira erstmalig in Brasilien zum Einsatz zu bringen.

Die beiden Turbinen mussten speziell an die sehr schmale Baukubatur des Maschinenhauses angepasst werden. Sieben StreamDiver® sind in modularer Anordnung in dem neuen Kraftwerk verbaut. Damit lässt sich eine Engpassleistung von 5 bis 5,5 MW erzielen.

Flussbauwerke mit niedrigen Gefällstufen konzipiert und entwickelt. Standorte wie jener am brasilianischen Rio Chopim eignen sich daher hervorragend für den Einsatz dieser Technologie. Rodrigo Miranda: „Für Kraftwerksstandorte wie diesem ist die prädestiniert. StreamDiver®-Technologie Zum einen liegt ein unschlagbares Kosten-Nutzen-Verhältnis vor und zum anderen punktet die Technologie durch ein sehr robustes Design. Sie birgt deutlich weniger Komponenten als andere Lösungen am Markt. Das erleichtert die Handhabung bei der Montage und verringert die Ausfallswahrscheinlichkeit. Im Wesentlichen besteht sie aus einer starren Propellerturbine, die mit einem Permanentmagnetgenerator gekoppelt ist.“ Er verweist auch darauf, dass aus diesem Grund keine komplexen Wartungen anfallen. Im Gegenteil: Die Wartungsintervalle liegen in der Regel bei über zehn Jahren. Grundsätzlich sprechen darüber hinaus auch die sehr niedrigen Betriebskosten für den StreamDiver®.

von Voith Hydro Brasilien. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass ein wichtiger Vorteil der Technologie auch in ihrer Kompaktheit und im vergleichsweise geringen Gewicht der Einheiten liege. Aus diesem Grund reduzieren sich somit auch die Kosten für Transport und Montage, für die keine Schwerlastkräne erforderlich sind. „Wir haben mittlerweile sämtliche Maschi­ neneinheiten installiert, die dank des einfachen Handlings innerhalb von nur dreieinhalb Tagen mechanisch montiert werden konnten. Die gesamte Trockeninbetriebnahme wurde quasi per 'Remote Control' aus Österreich durchgeführt. Im Januar sollen die Inbetriebsetzungsarbeiten abgeschlossen sein und das Kraftwerk den Probebetrieb aufnehmen“, sagt Miranda. LANGE WARTUNGSINTERVALLE Der StreamDiver® wurde von Voith Hydro als kompakte Turbine-Generator-Einheit für

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MODERATE BAULICHE EINGRIFFE Ohne aufwändige Umleitungen des Flusses konnten die Bauarbeiten für das StreamDiver®Kraftwerk im Juli 2018 beginnen, nachdem sämtliche behördliche Genehmigungen für das Projekt vorgelegen waren. Die baulichen Eingriffe am Standort nahmen sich im Vergleich zu herkömmlichen Kleinkraftwerken deutlich moderater aus. „Die StreamDiver®Einheiten wurden innerhalb von 11 Monaten gefertigt, zusammengebaut und am österreichischen „Division Small Hydro“ Standort in St. Georgen vorab geprüft, bevor sie dann den Weg zum Kraftwerksstandort angetreten haben“, erklärt Riccardo Volonterio, ebenfalls

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ÖKOLOGISCH-NACHHALTIGE LÖSUNG Einer der Hauptgründe, warum die Betreiber von MAZP beim Kraftwerk Nogueira auf die Pioniertechnologie von Voith Hydro setzen, ist auch in deren ökologischen Vorzügen zu sehen. Vor allem die bewusste Abkehr von öl- oder fettgeschmierten Lagern macht die Maschineneinheit zu einer herausragenden ökologisch-nachhaltigen Lösung in der Wasserkraft. Im StreamDiver® wird diese Funktion zur Gänze durch Wasserschmierung gewährleistet. Damit ist es ausgeschlossen, dass durch das Kraftwerk etwaige Verunreinigungen in das Gewässer gelangen. „Wir sehen auch einen großen Vorteil darin, dass die Maschineneinheiten komplett überströmt, also unter Wasser arbeiten. Dadurch sind die Lärmemissionen äußerst gering – und davon profitieren die terrestrische und die

Das Kraftwerk Nogueira wurde an einer natürlichen Staustufe errichtet, an der ein Nettogefälle von 8,2 m nutzbar ist. Das Triebwasserdargebot des Rio Chopim stellt sich relativ konstant dar.

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Das Maschinenhaus fügt sich nicht nur aufgrund der geschmackvollen Optik bestens in das Naherholungs- und Wohngebiet im Zentrum von Gravellona Toce von am Lago ein,Motoren nun seine Service-Dienstleistungen weltweit anbieten. Mit dem Vertriebsnetz VoithMaggiore kann ELIN sondern auch aufgrund der getroffenen Lärmschutzmaßnahmen, wodurch vom Kraftwerksbetrieb kaum etwas nach außen dringt. Das 4-flügelige Laufrad treibt einen direkt Beim StreamDiver® handelt es sich um eine kompakte, öl- und gekoppelten Permanentmagnetgenerator an. fettfreie Maschineneinheit mit wasserdurchflutetem PMG.

aquatische Fauna im Umfeld der Anlage“, argumentiert Riccardo Volonterio. Zudem wurden für den StreamDiver® spezielle, besonders fischfreundliche Laufradkonturen entwickelt.

GROSSTEIL DER DÄMME UNGENUTZT „Heute werden 85 Prozent der weltweit bestehenden Staudämme und Querbauwerke nicht für die Erzeugung von Wasserkraftstrom genutzt. Voith Hydro bietet mit dem StreamDiver® eine Lösung, die eine nachhaltige Nutzung dieses Potenzials im Einklang mit der Natur ermöglicht“, resümiert Rodrigo Miranda. Das neue Kraftwerk Nogueira zeigt diese Perspektive eindrücklich auf. Nachdem in Europa bereits mehrere StreamDiver®-Projekte erfolgreich umgesetzt werden konnten, wurde damit nun auch in Brasilien ein erster Meilenstein dieser Technologie-Entwicklung gesetzt. Foto: Voith

STARK DURCH MODULAREN AUSBAU Technisch gesehen bildet das Kernstück des StreamDivers® das Aggregat mit einem in eine ölfreie Rohreinheit eingebauten Permanentmagnetgenerator. Das Leistungsspektrum dieser Maschineneinheiten liegt nach Angaben von Hersteller Voith Hydro zwischen 50 kW und 1.200 kW. Allerdings können größere Leistungsvarianten ganz einfach durch eine modulare Konfiguration mehrerer StreamDiver®-Einheiten realisiert werden. Im Fall des neuen Kraftwerks Nogueira im brasilianischen Parana wurden in Summe 7 Einheiten mit einer Einzelleistung von je 800 kW modular installiert, die auf eine Nettofallhöhe von 8,2 Meter und einen Gesamt-Ausbaudurchfluss von 80 m3/s ausgelegt sind. Damit leistet die Anlage rund 5

MW Engpassleistung. Aufgrund der günstigen Durchflussbedingungen gehen die Betreiber von einer konstanten und soliden Stromproduktion in den kommenden Jahren aus. Der erzeugte Strom wird ins regionale Netz eingespeist, um in der Region private wie gewerbliche Kunden zu versorgen.

Weltweit rechnet Voith mit einem Potenzial für die StreamDiver®-Technologie von etwa 5.000 MW. Bislang ungenutzte Wasserkraftpotenziale an niedrigen Gefällstufen, die eine wirtschaftlich effiziente und zugleich ökologisch nachhaltige Lösung erfordern, könnten damit gehoben werden. Dank der enormen Flexibilität des Systems StreamDiver® kann die Technik ohne großen Aufwand auch in bestehende Kraftwerke und Wehre integriert werden. Aktuell arbeiten die Techniker bei Voith Hydro an mehreren Weiterentwicklungen: So konnte etwa bereits das Wirkungsgradniveau der Propellerhydraulik verbessert werden. Des Weiteren wurde ein Lagerprüfstand unter Realbedingungen installiert, um die Erweiterung des Fallhöhenbereichs für die eingesetzte triebwassergeschmierte Lagertechnologie zu erproben. Außerdem kann nun bei Bedarf auch eine doppeltregulierte Ausführung, sowie der vertikale Einbau – zum Beispiel in Schachtkraftwerken – realisiert werden. Der StreamDiver® bringt alle Voraussetzungen mit, um die technisch-wirtschaftliche Kraftwerkslösung an niedrigen Gefällstufen der Zukunft zu werden.

Technische Daten • Kraftwerkstyp: Niederdruck • Gewässer: Rio Chopim (Bras) • Ausbauwassermenge total: 80 m3/s • Fallhöhe: 8,20 m • Turbinen: 7 x StreamDiver • Drehzahl: 450 Upm • Generatoren: PMG • Engpassleistung: 5,0 - 5,5 MW • Baubeginn: Juli 2018 Der StreamDiver stellt die ideale technische Lösung für die Nutzung von geringen Gefällstufen dar. Der Standort am Rio Chopim eignet sich daher perfekt für den Einsatz der richtungsweisenden Technologie. ®

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• Inbetriebnahme: Januar 2021

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Foto: Stadtwerke Schwaz

Das Team Stromerzeugung der Stadtwerke Schwaz (v.l.: Bernhard Kreutner, Teamleiter Markus Brunner, Rudolf Sailer, Martin Lechner und Mario Mühlböck, Archivaufnahme vom KW Vomperbach-Oberstufe) freut sich über die sicherheitstechnische Optimierung, die im Zuge der elektrotechnischen Modernisierung beim Kraftwerk Vomperbach-Unterstufe erzielt wurde. Geliefert und installiert wurden die neuen Generator-Zellen für die beiden Maschinensätze von der Schubert Elektroanlagen GmbH.

STADTWERKE SCHWAZ AUS TIROL SETZEN AUF ELEKTROTECHNIK VON SCHUBERT ELEKTROANLAGEN Im Dezember 2018 starteten die Stadtwerke Schwaz im Tiroler Unterland die schrittweise Modernisierung ihres Wasserkraftwerks Vomperbach-Unterstufe. Mittlerweile ist die Erneuerung der 1960 fertiggestellten Anlage mit zwei Francis-Spiral-Turbinen, die unter Volllast eine Engpassleistung von ca. 1.640 kW erreichen, weit fortgeschritten. Den Beginn der Sanierungsmaßnahmen markierte der Austausch der elektrotechnischen Ausrüstung. Für die Lieferung von zwei anlagenspezifisch konfigurierten Generator-Ausleitungszellen engagierten die Stadtwerke Schwaz die Schubert Elektroanlagen GmbH, die für die Tiroler bereits eine ganze Reihe von Projekten umgesetzt hat. Dank der kompakten Spezialanfertigung von Schubert erfüllt die elektrotechnische Ausstattung nun höchste Sicherheitsstandards, darüber hinaus führt die umfassende Modernisierung zu einer erheblichen Verbesserung der Anlagenverfügbarkeit und ermöglicht die Einsatztauglichkeit beim Netzwiederaufbau nach einem Blackout-Szenario.

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urchschnittlich rund 55 GWh Strom werden von den Stadtwerken Schwaz alljährlich aus ausschließlich erneuerbaren Quellen produziert und an die zahlreichen Kundinnen und Kunden verteilt. Der mit Abstand größte Anteil des erzeugten Stroms stammt aus drei zu 100 Prozent im Unternehmensbesitz stehenden Wasserkraftwerken. Mit einer Jahresproduktion von ca. 33 GWh ist das Kraftwerk Vomperbach-Oberstufe der hydroenergetische Spitzenreiter, das Kraftwerk Vomperbach-Unterstufe erzeugt jährlich rund 8,5 GWh, die Anlage Pillbach speist im Regeljahr rund 10,5 GWh in das Verteilnetz ein. Nachdem 2005 eine Großrevision am Kraftwerk Pillbach durchgeführt wurde, erfolgte 2010 die Erneuerung des Krafthauses Vomperbach-Oberstufe. Knapp 9 Jahre später begannen die Stadt-

Maschinenhalle des 1960 fertiggestellten Kraftwerks Vomperbach-Unterstufe vor dem Umbau. Unter Voll-­ last erreichen die beiden Francis-Spiral-Turbinen eine Engpassleistung von ca. 1.640 kW. Im Dezember 2018 starteten die Stadtwerke Schwaz die umfassende elektromechanische Modernisierung der Anlage.

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Foto: Schubert

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Schubert Projektleiter Benjamin Wagner hat die elektrotechnische Modernisierung von Beginn an begleitet.

werke Schwaz im Dezember 2018 mit der Modernisierung der Anlage Vomperbach-Unterstufe. TECHNIK ERNEUERT UND SANIERT Das 1960 erstmals in Betrieb genommene Ausleitungskraftwerk nutzt eine Nettofallhöhe von 58 m und eine Ausbauwassermenge von 3.450 l/s. Zur Stromproduktion kommen zwei identisch konstruierte Francis-Spiral-Turbinen zum Einsatz, die unter Volllast eine Engpassleistung von rund 1.640 kW ­erreichen. Komplettiert werden die Maschinensätze durch zwei direkt gekoppelte horizontale Synchron-Generatoren mit einer Nennscheinleistung von jeweils 1.050 kVA. „Um die Anlagenverfügbarkeit auch zukünftig zu gewährleisten – das elektromechanische Equipment stammt Großteils aus den 1960er Jahren – führen wir seit Ende 2018 eine schrittweise Generalsanierung durch. Ein wesentlicher Punkt der Modernisierungsmaßnahmen ist die Sicherheit für unsere für die

Betriebsführung zuständigen Mitarbeiter, die wir als unser höchstes Gut ansehen“, erklären der für das Stromnetz zuständige Betriebsingenieur Oliver Höllwarth und der Geschäftsbereichsleiter Strom Betrieb Nikolaus Ambacher von den Stadtwerken Schwaz im Ge­spräch mit zek HYDRO. AUFTRAG FÜR BEWÄHRTE PARTNER Zum Beginn der Anlagenrevitalisierung fokussierte man sich auf die Erneuerung der elektrotechnischen Komponenten, konkret die Generatoren-Ausleitungsschränke. Um die Erzeugungsverluste möglichst gering zu halten, wurden die Arbeiten jeweils abwechselnd an einem Maschinensatz während der Niederwasserperiode durchgeführt. Für die Lieferung und Installation der neuen Generator-Schränke wurde der renommierte Branchenexperte Schubert Elektroanlagen GmbH beauftragt. Das in Ober-Grafendorf ansässige Unternehmen hatte für die Stadtwerke Schwaz seine Kompetenz bereits

Die Kommunikationsschnittstellen der Generator-Zellen wurden von Schubert an das Kraftwerks-Leitsystem der Stadtwerke Schwaz angepasst.

mehrfach unter Beweis stellen können. „Damit ein solches Projekt während der Planungs- und Umsetzungsphase möglichst rasch und reibungslos abgewickelt werden kann, ist es wichtig, gute Partner auszuwählen. Mit den Firmen Schubert und Geppert, die die Sanierung der Turbinen erledigen, haben wir zwei bewährte Unternehmen beauftragt, die mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung ein Garant dafür sind, Revitalisierungsprojekte positiv abzuwickeln“, so Höllwarth. KOMPAKTES DESIGN Ambacher weist darauf hin, dass die platzsparenden Abmessungen der neuen Generator-Schränke einen wesentlichen Vorteil mit sich bringen: „Schubert bietet ein äußerst kompaktes System hinsichtlich der Baugröße. Andere Mitbewerber benötigen zum Unterbringen der jeweiligen Komponenten deutlich mehr Platz. Mit diesem kompakten System haben sich die baulichen Maßnahmen in der Maschinenhalle auf ein Minimum beschränkt.“ Schubert-Projektleiter Benjamin Wagner ergänzt, dass die individuell für das Projekt zusammengestellten Komponenten in einem Gehäuse der „Schubert Medium Voltage“­Mittelspannungsschaltanlage verbaut wur­ den: „Bei dieser Generator-Ausleitungszelle wurden die Stromwandler des 5,25 kV-Generator-Sternpunkts und der -Ausleitung, die Generatorspannungswandler und der Erregertrafo kompakt in einem Mittelspannungsfeld zusammengefasst. Damit sind alle Mittelspannungsteile in einem gekapselten Feld integriert. In der Niederspannungs­ nische des Feldes wurden der Generatorschutz, der Back-Up-Schutz, die Syn­ chronisiereinrichtung und der digitale Spannungsregler für die Erregung des Synchrongenerators eingebaut.“

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 3.450 l/s • Nettofallhöhe: 58 m • Turbinen: 2 x Francis-Spiral • Engpassleistung: 1.640 kW

Foto: Stadtwerke Schwaz

Mittelspannungsfeld

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• Bemessungsspannung: 7,2 kV • Blitzstoßspannung: 60 kV • Betriebsverfügbarkeit: LSC1 • Bemessungsstrom: 150 A • Bemessungskurzzeitstrom 1s: 15 kA • Stoßkurzschlussstrom: 37 kA

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Die kompakten Generator-Zellen wurden platzsparend in den vorhandenen Mauer­ nischen der Kraftwerkszentrale platziert.

HÖCHSTE SICHERHEITSSTANDARDS Die neuen Generator-Zellen wurden in den Mauernischen der alten Schaltschränke platziert, wodurch das Volumen der Maschinenhalle optimal genutzt werden konnte. Die bestehende gasisolierte Mittelspannungsschaltanlage des Kraftwerks befindet sich in dem an das Kraftwerksgebäude angebauten Umspannwerk. Das elektrotechnische Update der Anlage brachte hinsichtlich der Mitarbeitersicherheit eine wesentliche Verbesserung mit sich, erklärt Benjamin Wagner: „Die Generator-Zellen sind typengeprüft und entsprechen nun den hohen Anforderungen aktueller Sicherheitsstandards für elektrische Anlagen. Die Hochspannungsnischen der Zellen wurden mit Druckentlastungsöffnungen ausgestattet. Beim Entstehen eines Störlichtbogens wird dieser durch die Oberseite des Gehäuses sicher abgeleitet und stellt somit keine Gefahr für Personen in der Nähe dar.“ REIBUNGSLOSE MONTAGE Der Zusammenbau der neuen Generator-Zellen mit eingehender Funktionsüberprüfung erfolgte in der Schubert-Zentrale in Ober-Grafendorf. Das Aufstellen und Anschließen an die bestehende technische Infrastruktur des Kraftwerks konnte im März des Vorjahres innerhalb von jeweils zehn Tagen erfolgreich über die Bühne gebracht werden. Die von Geppert durchgeführte mechanische Revitalisierung von Turbine 2 startete bereits im Februar und nahm rund drei Monate in Anspruch. Dabei wurden unter anderem das Francis-Laufrad instandgesetzt, die Leitschaufeln saniert, die Leitschaufeldichtungen umgebaut, der Saugkonus durch ein Torpedorohr ersetzt, eine neue Turbinenwelle eingebaut und der Korrosionsschutz der Ma-

Foto: Schubert Sämtliche Komponenten der neuen Generator-Zellen stammen von namhaften Herstellern.

schine erneuert. „Die Stillstandphase der einzelnen Maschinen bis zur Wiederinbetriebnahme sollte natürlich möglichst kurz gehalten werden. Dazu war die Vorbereitung auf den Umbau und die effektive Zusammenarbeit zwischen dem Schubert-Personal und den Technikern der Stadtwerke äußert wichtig. Dank der guten Kooperation aller Beteiligten hat die finale Installation wie geplant sehr gut funktioniert“, so Wagner, der noch ergänzend hinzufügt, dass die Kommunikationsschnittstellen der Generator-Zellen an das von den Stadtwerken Schwaz selbst programmierte Kraftwerks-Leitsystem angepasst wurden. MODERNISIERUNG BALD ABGESCHLOSSEN Oliver Höllwarth und Nikolaus Ambacher zeigen sich unisono sehr zufrieden über die

Die individuell konfigurierten Komponenten (Beispielfoto) für das Projekt Vomperbach-Unterstufe wurden in das Gehäuse einer „Schubert Medium Voltage“-Mittelspannungsschaltanlage verbaut.

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Optimierungen, die im Zuge der elektrotechnischen Revitalisierung erzielt werden konnten: „Schubert hatte sich bereits bei der ersten Modernisierung der Anlage in den 1980er Jahren als guter und kompetenter Partner erwiesen – dies hat sich nun wieder bestätigt.“ Die E-Technik-Profis freuen sich indes über eine Auftragserteilung für das nächste Modernisierungsprojekt der Stadtwerke Schwaz. Beim Kraftwerk Pillbach werden kommendes Jahr die Leistungsschalter, die Schutz- und Erregungssysteme, die Generator-Sternpunktzelle sowie das Kabelfeld von Schubert grundlegend erneuert. Aktuell konzentrieren sich die Tiroler auf die kurz vor dem Abschluss stehende Sanierung der Anlage Vomperbach–Unterstufe. Die Fertigstellung der mechanischen Erneuerung von Maschinensatz 1 ist für den April 2021 geplant.

Foto: Schubert

Foto: Schubert

Projekte

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Als Anbieter von Turnkey-Anlagen ist der Branchenexperte GLOBAL Hydro Energy GmbH international bekannt für seine innovativen Lösungen. Dies stel­ len die Oberösterreicher bei einer Viel­zahl von weltweit realisierten Projekten unter Beweis. Etwa beim isländischen Kraftwerk Holsvirkjun, das dank seiner ausgeklügelten Regel­ architek­tur Lastsprünge und Frequenzabweichungen im Stromnetz einer Kleins­tadt in Sekundenbruchteilen aus­ ­gleichen kann. Bei den Kraftwerken Pe­ dregoso und Pichipedregoso in Chile er­weiterte GLOBAL Hydro den Leittechnik-Algorithmus dahingehend, dass die ursprünglich als reine Laufkraftwerke konzipierten Anlagen nun im Speichermodus betrieben werden können. Beim norwegischen Kraftwerk Star­dalen installierte GLOBAL Hydro er­st­mals das IO-Link-Kommunikationsprotokoll für die Anbindung von intelligenten Sensoren. Das Kraftwerks Management System HEROS wurde hinsichtlich der Analyse von Fehlern weiter optimiert. Mit der Web-Applikation HEROS Connect behalten Betreiber mit individuell konfigurierbaren Dashboards die Über­sicht über alle ihre Kraftwerke.

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reit gefächert in ihrem Anwendungsbereich, komplex und höchst erfolgreich präsentieren sich die steuerungsund leittechnischen Innovationen von GLOBAL Hydro Energy. Im Rahmen einer aufgrund der Corona-Pandemie virtuell abgehaltenen Sitzung mit zek HYDRO erörterten vier Experten von GLOBAL Hydro eine ganze Reihe von innovativen Projekten. Beispielsweise das erst im heurigen September fertiggestellte Kraftwerk Holsvirkjun in Island. Auf der nordatlantischen Insel kommt der hydroelektrischen Energiegewinnung traditionell hohe Bedeutung zu, rund drei Viertel des Strombedarfs werden durch Wasserkraftwerke abgedeckt. Dies zeigt sich auch in den Auftragsbüchern von GLOBAL Hydro, die bis dato mehr als 20 Projekte in Island erfolgreich umgesetzt haben. Für die Anlage Holsvirkjun des Betreibers Arctic Hydro ehf. im Norden der Insel schnürten die Mühlviertler ein elek-

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Fotos: GLOBAL Hydro

OBERÖSTERREICHER STELLEN INNOVATIONSGEIST RUND UM DEN GLOBUS UNTER BEWEIS

Seinen Innovationsgeist stellt der aus Oberösterreich stammende Wasserkraft-Allrounder GLOBAL Hydro Energy GmbH weltweit unter Beweis. Das bereits 2018 mit einem elektromechanischen und leittechnischen Komplettpaket ausgestattete Kraftwerk Pichipedregoso in Chile wurde durch ein komplexes Software-Update für den tarifoptimierten Betrieb fit gemacht.

tromechanisches und leittechnisches Komplettpaket, dessen Herzstück eine 6-düsige Pelton-Turbine mit einer Engpassleistung von 7.020 kW bildet. Softwareentwickler Christian Stingl fasst die zentralen Anforderungen des Auftrags zusammen: „Das Kraftwerk Holsvirkjun spielt für die Energieversorgung der Stadt Akureyri eine wichtige Rolle. Neben dem netzgekoppelten Betrieb kann die Anlage im Inselbetrieb betrieben werden und versorgt somit die umliegenden Verbraucher im Falle des Ausfalls des Verbundnetzes. Im Inselbetrieb muss die Anlage Lastsprünge von 600 kW bei einer maximalen Frequenzabweichung von 2 Hz ausgleichen können. Anstatt den Generator mit einer großen Schwungmasse auszurüsten, um die Frequenzschwan-

kungen mittels Trägheit auszugleichen, haben wir uns eine intelligentere und gleichzeitig viel günstigere Lösung überlegt“. ANFORDERUNGEN ÜBERTROFFEN Stingl erklärt, dass die üblicherweise im Verbund gesteuerten sechs Strahlablenker der Pelton-Turbine jeweils mit einem eigenen Hydraulikventil ausgerüstet wurden. Im Zusammenspiel mit den Pelton-Düsen können die Strahlabschneider innerhalb von 700 800 Millisekunden sehr genau positioniert werden. Lastsprünge und Frequenzabweichungen werden somit ohne zusätzliche Trägheiten im System in Sekundenbruchteilen detektiert und ausgeglichen. Ihre Praxistauglichkeit stellte die Anlage im Zuge der Inbe-

Das im September 2020 fertiggestellte isländische Kraftwerk Holsvirkjun gleicht dank einer ausgeklügelten Regelarchitektur der Strahlabschneider und Pelton-Düsen Lastsprünge und Frequenzabweichungen im Stromnetz der Kleinstadt Akureyri in Sekundenbruchteilen aus.

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Technik triebnahme in zwei Testphasen unter Beweis. Als erster Schritt wurde das Kraftwerk mit einem mobilen Tauchsieder, der eine Last von bis zu 1 MW simulieren kann, auf die Probe gestellt. Auf diesen erfolgreich absolvierten Probelauf folgte die „Feuerprobe“ im regionalen Stromnetz. Um die Verbraucher bei etwai­ gen Problemen möglichst wenig zu beeinträchtigen, wurde der Belastungstest der Anlage in der Nacht zu später Stunde durchgeführt. „Bei dem in Kooperation mit dem Netzbetreiber absolvierten Probelauf wurden die Kundenanforderungen im Livebetrieb sogar übertroffen. Die Anlage hat Lastsprünge von 700 kW bei einer Frequenzabweichung von maximal 1,7 Hz problemlos bewältigt“, so Stingl. VON LAUFKRAFTWERKEN ZU SPEICHERANLAGEN Mit einer Vielzahl von Referenzprojekten stellt der südamerikanische Küstenstaat Chile für GLOBAL Hydro ebenfalls einen wichtigen Markt dar. Für die Betreibergesellschaft Minicentrales Araucanía S.A. wurden 2017 das Kraftwerk Pedregoso und 2018 das Kraftwerk Pichipedregoso mit dem kompletten elecktromechanischen Equipment und der Leittechnik ausgerüstet. Die Anlage Pichipedregoso nutzt zur Stromgewinnung zwei Francis-Spiral-Turbinen mit einer Engpassleistung von 754 und 373 kW, die 5-düsige vertikale Pelton-Turbine des Kraftwerks Pedregoso erreicht unter Volllast eine Maximalleistung von 2.157 kW. Beide Wehranlagen der in zwei Seitentälern errichteten Kraftwerke wurden vom Funktionsprinzip jeweils gleich ausgeführt. Das Wasser wird mittels Querbauwerken aufgestaut und strömt über die Wehrkronen auf selbstreinigende Coanda-Rechen und weiter in unterirdische Einlaufkammern, bevor es durch Druckrohrleitungen zur Turbinierung ins Krafthaus geleitetet wird. „Um den finanziellen Ertrag der beiden Anlagen zu erhöhen, haben sich die Betreiber dazu entschlossen, die Kraftwerke nachträglich auf Speicherbetrieb umzurüsten. Dabei sollten die Anlagen zu Zeiten eines hohen Markttarifs möglichst viel Wasser abarbeiten, umgekehrt wird bei einem niedrigen Strompreis das Stauvolumen genutzt, um das Triebwasser zu speichern“, erklärt Softwareentwickler Stingl. Die Umrüstung des Stahlwasserbaus konnte mit relativ geringem Aufwand bewerkstelligt werden. Dazu wurden die Wehranlagen mit jeweils einem zusätzlichen Schütz ausgerüstet, wodurch die Stauziele entsprechend flexibel geregelt werden können. „Wir haben unsere Anlagensteuerung HEROS aus der Ferne dahingehend adaptiert, dass das verfügbare Stauvolumen sowie der Zufluss auf intelligente Weise optimal turbiniert werden,

5-düsige Pelton-Turbine der chilenischen Anlage Pedregoso mit einer Engpassleistung von 2.157 kW. Die 2017 in Betrieb genommene Anlage wurde ebenfalls via Software-Update aus der Ferne für eine marktpreisorientierte Betriebsart optimiert.

um über den Tag gesehen ein maximales Einkommen zu erzielen. Die Steuerung wurde außerdem um die Option ergänzt, ein Tagesmodell zu erstellen. Dieses kann vom Betreiber im Hinblick auf lukrative Stromtarife individuell konfiguriert werden“, sagt Stingl, der noch ergänzend hinzufügt, dass für das Projekt keine neue Sensorik integriert werden musste, es reichte aus, die vorhandenen Sensoren der Anlage miteinander zu verknüpfen. IO-LINK ZUKÜNFTIGER STANDARD Im ebenfalls wichtigen Geschäftsfeld Norwegen hat GLOBAL Hydro 2020 das Kraftwerk Stardalen in Betrieb genommen. Neben der gesamten Elektro- und Leitechnik lieferten die Oberösterreicher drei Francis-Turbinen. Die beiden größeren Maschinen wurden auf

Beim norwegischen Kraftwerk Stardalen realisierte GLOBAL Hydro die Anlagenautomatisierung erstmals via IO-Link Kommunikationsprotokoll.

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eine Engpassleistung von jeweils 6,8 MW ausgelegt, die kleinere Turbine erreicht unter Volllast 3,38 MW. Thomas Stütz, seines Zeichens Leiter der Abteilung Electrical Engineering und Software Development beschreibt die Besonderheit des Projekts für GLOBAL Hydro: „Beim Kraftwerk Stardalen haben wir erstmals das IO-Link-Protokoll eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein weltweit im Automatisierungssektor eingesetztes Kommunikationsprotokoll für die Feldebene von Sensoren und Aktoren. Die Anwendung von IO-Link ermöglicht eine direkte Kommunikation mit Sensoren, wobei Daten nicht nur ausgelesen, sondern die Sensoren auch programmiert bzw. parametriert werden können. Anders gesagt, werden die einzelnen Signale nicht mehr in einem zentralen Schaltschrank

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Das GLOBAL Hydro Kraftwerks Management System HEROS wurde durch HEROS Connect mit einer Web-Applikation ergänzt, die das Erstellen individueller Dashboards ermöglicht.

zusammengefasst, sondern direkt dort abgeholt, wo sie entstehen. Auf den jeweiligen Aggregaten der Anlage, wie Turbinen oder den Hydraulikeinheiten, werden sogenannte IO-Link Masterboxen installiert, die via Kommunikationskabel direkt mit der Steuerung verbunden sind. Dies bringt im Hinblick auf den Verkabelungsaufwand einen wesentlichen Vorteil mit sich, beim Projekt Stardalen konnten wir die Verkabelung um rund 35 Prozent verringern.“ Stütz führt weiter aus, dass das System auch beim Troubleshooting aus der Ferne wesentliche Vorteile bietet. Via Internet haben die Techniker Zugriff bis auf die Sensor-Ebene und können umfassende Analysen anstellen. Basierend auf den positiven Erfahrungen wird GLOBAL Hydro das System IO-Link zukünftig bei allen Kraftwerks-Automatisierungen als Standard verwenden. Softwareentwickler Michael Ludhammer ergänzt, dass bei der Anlage Stardalen eine neue Funktionalität für die Optimierung des gesamten Anlagen-Wirkungsgrads implementiert wurde: „Es geht nicht um die Wirkungsgrad-Optimierung einer einzelnen Turbine, sondern um das Zusammenspiel aller drei Maschinen. Dabei errechnet das System aus den 3D-Kennlinien der Turbinen und der vorhandenen Wassermenge die beste Maschinen-Kombination, um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen. Grundsätzlich wird dabei zwischen Kurzzeitund Langzeit­optimierung unterschieden. Bei der Kurzzeit­optimierung bei schwankenden Zuflüssen liegt der Fokus darauf, das vorhandene Wasser durch möglichst wenige Start- und Stopp-Vorgänge mit einer

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HEROS greift Anwendern bei der Fehleranalyse nun noch stärker unter die Arme.

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einzelnen Turbine abzuarbeiten. Die Langzeitoptimierung kommt bei ausgeregeltem Wasserstand und einem stabilen Betriebspunkt zur Anwendung. Das System erkennt automatisch, welche Turbinen über einen längeren Zeitraum den höchsten Wirkungsgrad erreichen und kombiniert so die unterschiedlich groß dimensionierten Maschinensätze.“ HEROS OPTIMIERT FEHLERANALYSEN Um Anlagenbetreiber bei Alarmierungen und der Behebung von Störungen bestmöglich zu unterstützen, wurde die Visualisierung des von GLOBAL Hydro selbst entwickelten Kraftwerks Management System HEROS weiter optimiert. So wurde die Anzeige von Fehlermeldungen, die bislang nur mit dem Quittier-Button bestätigt wurde, um einen zusätzlichen Informations-Button ergänzt. „Beim Klick auf diesen Info-Button gelangt man automatisch zum Stromlaufplan, auf dem die elektrotechnische Dokumentation der Anlage hinterlegt ist. Beispielsweise wird damit ein bestimmter Sensor angezeigt, der eine Fehlermeldung ausgelöst hat. Des Weiteren erhalten Nutzer detaillierte Informationen, warum ein Fehler aufgetreten ist und wie dieser am wahrscheinlichsten wieder behoben werden kann. Mit wenigen Klicks können die Anwender die gängigsten Ursachen eruieren und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gleich wieder lösen“, erklärt Softwareentwicklung-Teamleiter Martin Raab. ALLES IM BLICK MIT HEROS CONNECT Mit HEROS Connect hat GLOBAL Hydro seine Automatisierungslösung um eine intuitive Web-Applikation erweitert. Das auf der Microsoft Azure Cloud basierende System richtet sich vor allem an jene Kunden, die mehrere Anlagen betreiben und sich schnell einen Statusüberblick verschaffen wollen. HEROS Connect ist als intuitive Website entworfen und wurde sowohl für mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablets als auch Desktop-Geräte optimiert. Die Anwendung erlaubt eine sichere und komfortable Visualisierung, wobei weder eine App installiert, noch eine VPN-Verbindung hergestellt werden muss. Von einer Kartenansicht aller Kraftwerke bis hin zur aktuellen Leistung einer Turbine oder Generator-Wicklungstemperaturen sind die Anwender jederzeit in der Lage, eine Vielzahl von Informationen abzurufen. Darüber hinaus wartet HEROS Connect mit einer nützlichen Dashboard-Funktion auf. Dabei können von verschiedenen Anwendern für mehrere Anlagen individuelle Dashboards erstellt werden, auf denen mittels übersichtlicher Kachel-Ansichten genau jenen Informationen anzeigt werden, die für die einzelnen Nutzer relevant sind. Mit den innovativen Lösungen und Weiterentwicklungen hat GLOBAL Hydro in den vergangenen Jahren seine Markposition kontinuierlich gestärkt und ausgebaut. Dies bestätigt sich vor allem in den vollen Auftragsbüchern, aber auch durch das positive Feedback, das die Oberösterreicher von Kunden aus aller Welt erhalten.

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Foto: zek

Am Industrieareal von Bludesch-Gais realisierte die illwerke vkw AG im Rahmen eines umfassenden Öko-Konzepts eine Wasserkraftschnecke, die seit Ende Juli in Betrieb ist. Sie gilt als Herzstück des Konzeptes, das mehrere Synergieeffekte – wie Hochwasserschutz, Renaturierung oder Aufwertung des Betriebsareals – möglich gemacht hat.

Foto: zek

Foto: Marc Lins (https://marclins.com)

Projekte

ERSTES SCHNECKEN-KRAFTWERK DER ILLWERKE VKW ERMÖGLICHT NACHHALTIGE NUTZUNG AM INDUSTRIESTANDORT Selbstredend liegt jedem modernen Kraftwerksprojekt heute ein Nutzungskonzept zugrunde, das mehrere Synergien in sich zu vereinen sucht. Im Fall des neuen Kraftwerks Dabaladabach im Vorarlberger Bludesch-Gais ist es der illwerke vkw AG mit einem Öko-Gesamtkonzept gelungen, in dieser Hinsicht ein absolutes Maximum herauszuholen. Einerseits sollte durch das Projekt die teilweise Renaturierung eines zentral gelegenen Industriegeländes bei gleichzeitiger Verbesserung des Hochwasserschutzes erreicht werden. Und anderseits galt es, das Areal möglichst aufzuwerten, indem man das Kraftwerksprojekt an die Peripherie des Areals verlegte. Auf diese Weise wurde es möglich, ein Höchstmaß an Nutzfläche zu generieren, die in Zukunft von interessierten Unternehmen in Anspruch genommen werden kann. Hinzu kommt natürlich die Erzeugung von grünem Strom im Ausmaß von rund 600.000 kWh im Jahr. Damit kann das neue Schnecken-Kraftwerk mit Technologie des holländischen Branchenspezialisten Spaans-Babcock etwa 130 Vorarlberger Haushalte mit sauberem Ökostrom aus Wasserkraft versorgen.

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er Walgau, jenes rund 20 Kilometer lange Trogtal zwischen Bludenz und Feldkirch im Süden Vorarlbergs, verdankt seine Bekanntheit der langen Industriegeschichte. Bis 1850 befand sich rund die Hälfte aller Webereien in der stark industriell genutzten Talsohle des Walgaus. Neben dem Rheintal galt es als das Industriezentrum Vorarlbergs. Speziell die Voraussetzungen für die Textilindustrie waren günstig: Es gab ausreichend Wasserkraft und billige Arbeitskräfte. Eines der zahlreichen Unternehmen, die sich im Walgau niederließen, war die Textilfabrik Degerdon, die sich am Standort BludeschGais über mehr als ein Jahrhundert mit der Lohnveredlung von Stickereien und anderen Stoffen behaupten konnte. Im Zuge der im-

mer wieder erfolgten Investitionen in den Standort wurde, wie damals generell unüblich, wenig oder gar kein Augenmerk auf ökologische Belange, oder nachhaltige Raumplanung wertgelegt. Flächen wurden großzügig verbaut, Bäche in Rohre gezwängt und offene Fließstrecken begradigt. Daran sollte sich auch nichts ändern, als ein selbsternanntes Technologieunternehmen 2006 am Standort ansässig wurde. Im Übrigen ein kurzes Gastspiel, das 2009 in einem schlagzeilenträchtigen Konkursverfahren endete. Danach wurde es ruhig um das traditionsreiche Industrieareal. Es sollte über mehr als ein Jahrzehnt brach liegen, ehe nun der Vorarlberger Energiedienstleister illwerke vkw daran ging, ein neues Kapitel nachhaltiger Prägung zu schreiben.

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GEWÄSSERLAUF AN DIE PERIPHERIE VERLEGT „Das ganze Areal wurde von der illwerke vkw aus der Konkursmasse des vorigen Eigentümers erworben. Damit verbunden war aber auch einiges an Altlasten“, erklärt illwerke vkw-Projektleiter Ing. Martin Neuhauser bei einem Lokalaugenschein und verweist darauf, dass von Seiten der Gemeinde Bludesch ein umfangreiches Renaturierungsprojekt ausgeschrieben worden war. Zudem mussten Hochwasserschutzauflagen erfüllt werden, und eine Grundwasserentlastung sollte Verbesserungen für die Anrainer bringen. Im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung des Industriegeländes mussten entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. So wurde nun ein Umgehungsgerinne (GießenbachöffDezember 2020

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Knapp 100 kW leistet die neue Wasserkraftschnecke von Spaans-Babcock.

Foto: Marc Lins (https://marclins.com)

Fotos: Schröckenfux Foto: illwerke vkw

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Die Wasserkraftschnecke wurde komplett eingehaust. Damit ist sie leiser und vor Eis und Schnee geschützt.

te Technik am Ende ihrer Lebensdauer und der Triebwasserkanal stand kurz vor dem Zusammenfallen. Daher war der Beschluss zugunsten eines Neubaus logisch und konsequent.“ Gemeinsam mit dem beauftragten Ziviltechnikerbüro M+G Ingenieure aus Feldkirch, das seit fast 30 Jahren seine Dienste im Wasser- und Siedlungswasserbau anbietet, konnte ein umfangreiches Maßnahmenpaket geschnürt werden.

Foto: Marc Lins (https://marclins.com)

nung) zur Wasserkraftschnecke angelegt, welches als Fischaufstieg und zugleich als Grundwasserentlastung dient. Die Schwarzbacheinmündung in den Dabaladabach wurde strömungstechnisch optimiert. Auf diese Weise konnten die drei Bäche in ein neues Gewässersystem eingebunden werden, das den hohen ökologischen Anforderungen entspricht. Der Gewässerlauf wurde an die Peripherie des Areals verlegt und damit auch ein Kraftwerksprojekt, das letztlich ein altes Kraftwerk ersetzen sollte, welches zuvor inmitten des Geländes situiert war und sich in einem sehr schlechten Gesamtzustand befand – wie Martin Neuhauser bestätigt: „Das alte Kraftwerk war komplett renovierungsbedürftig, die gesam-

Über ein 3-stufiges Stirnradgetriebe erfolgt die Drehzahlübersetzung auf den Asynchrongenerator. Ein Frequenzumrichter ermöglicht den drehzahlvariablen Betrieb der Schnecke.

Foto: Marc Lins (https://marclins.com)

Das Ingenieurteams von EDF Luminus und Andritz HYDRO bei der Inbetriebname der Anlage im Dezember 2015.

PREMIERE FÜR DIE „SCHNECKE“ Das Wasser für das Kraftwerk stammt zum größten Teil aus der Ill – etwa 3 m3/s von insgesamt 4 m3/s, die maximal genutzt werden können. Der Rest stamme aus dem Schwarzbach bzw. der hier sehr auffälligen Grundwasser-Exfiltration, erklärt Martin Neuhauser. Angesichts des relativ geringen natürlichen Gefälles von 3,4 m sowie der örtlichen Gegebenheiten entschieden sich die Verantwortlichen der illwerke vkw erstmals, das zum Schnecken-Kraftwerk weiterentwickelte Prinzip der archimedischen Schraube einzusetzen. Es stellte die ideale Antwort auch für die ökologischen Anforderungen am Standort dar. Schließlich können die Fische relativ gefahrlos über die langsam rotierende Schnecke den Weg ins Unterwasser finden. Konkret fiel die Wahl auf eine Wasserkraftschnecke des holländischen Branchenspezialisten Spaans-Babcock, dessen Technik sich seit Jahrzehnten im praktischen Einsatz behauptet. Im Paket mit der 8 m langen und 15 Tonnen schweren Schnecke lieferte das Unternehmen auch das direkt gekoppelte Stirnradgetriebe, den Asynchrongenerator sowie den Frequenzumrichter, der eine drehzahlbasierte Regelung der Anlage ermöglicht. Im Gegensatz zu vielen anderen vergleichbaren Systemen wurde die neue Wasserkraftschnecke in Bludesch-Gais komplett in eine Beton-Einhausung installiert. Das bedeutet nicht nur Vorteile im Hinblick auf den Schutz der Schnecke vor Eisbildung im Winter und auf sicherheitstechnische Apekte, sondern ermöglicht auch einen ausgesprochen geräuscharmen Betrieb.

Mithilfe zweier Telekräne wurde die 15 t schwere Schnecke (inkl. Trog) eingehoben.

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Foto: MUHR

Foto: illwerke vkw

Projekte

Zusammen mit dem Industrieareal übernahm die illwerke vkw AG auch ein altes Kraftwerk, das sowohl im Hinblick auf seine technische Ausrüstung, als auch der Wasserzuführung am Ende seiner Lebensdauer angelangt war. Es wurde komplett rückgebaut und an anderer Stelle durch das neue Schnecken-Kraftwerk ersetzt.

GRUNDWASSER ALS HERAUSFORDERUNG In baulicher Hinsicht brachte das Projekt gleich mehrere Herausforderungen mit sich. Speziell der hohe Grundwasserpegel am Areal erforderte besondere Maßnahmen. Für die Wasserhaltung musste die Baugrube komplett umspundet werden. Letztlich zeigte sich, dass der Strombedarf für die Pumpen nicht so hoch war, wie die Verantwortlichen das anfänglich erwartet hatten. Das anstehende Grundwasser beeinflusste auch die bauliche Ausführung. Ein massiver Einsatz von Stahlbeton war unumgänglich, um die Gefahr des Aufschwimmens zu vermeiden. Darüber hinaus wurden im Unterwasserbereich vom beauftragten Bauunternehmen Tomaselli Gabriel Bau zwei Drainage-Leitungen verlegt, wodurch die Grundwassersituation für die Anrainer verbessert werden konnte. Parallel dazu galt es, auch die Hochwasserrisken am Areal zu entschärfen. Zu diesem Zweck wurde nach Plänen der M+G Ingeni-

eure am Kraftwerk ein Leerschusskanal angelegt, über den im Hochwasserfall die vorgeschriebene Wassermenge von 11 m3/s abgeführt werden kann. Das Wasser gelangt dabei vom Triebwasserkanal aus über einen physikalischen Überfall in den Leerschusskanal – eine einfache, aber effiziente Lösung. CORONA BREMST DAS PROJEKT Dank der großen Erfahrung des Bauteams von Tomaselli Gabriel Bau, die gerade im Tiefbau über enormes Know-how verfügen, verliefen die Bauarbeiten am neuen Kraftwerk Dabaladabach grundsätzlich zügig und plangemäß. Doch der erste Corona-Lockdown im März dieses Jahres sollte sich zur echten Bremse für den Projektfortschritt auswachsen. Martin Neuhauser: „Eigentlich war die Montage der Schnecke für den 17. März vorgesehen. Doch das fiel leider genau mit dem Start der Pandemie-Einschränkungen zusammen, woraufhin die Baufirma die Bauarbeiten einstellen muss-

te. Wir haben die Schnecke dann in der Halle unseres Rodundwerks II zwischengelagert, wo wir einen 50-Tonnen-Hallenkran zur Verfügung hatten.“ Erst rund zwei Monate später, am 25. Mai, konnte der 15 Tonnen schwere Maschinenteil auf die Baustelle verfrachtet werden. Das Einheben, das Eingießen des Schneckentrogs in Beton durch die Baufirma und sämtliche Montagearbeiten verliefen reibungslos, auch wenn dabei ein paar Hürden zu nehmen waren. „Vor allem das Einheben der 8 m langen Schnecke ins Ortbetonbauwerk war anspruchsvoll. Da wir die Anlage – ganz bewusst im Hinblick auf die Maximierung der nutzbaren Bebauungsfläche – unterhalb der hier verlaufenden 380 kV-Hochspannungsleitung verlegt haben, musste ein Sicherheitsabstand von mindestens 6 m eingehalten werden. Beim Aufstellen des Baukrans musste die Hochspannungsleitung sogar abgestellt werden. Beim Einheben der Schnecke war

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Für eine sichere Hochwasserabfuhr wurde vor dem Kraftwerk ein physikalischer Überfall angelegt. Im parallel geführten Leerschuss können im Fall der Fälle maximal 11 m3/s abgeführt werden.

photo: zek

- Feinrechen

Foto: Marc Lins (https://marclins.com)

- Oberflächenbelüfter

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Foto: Marc Lins (https://marclins.com)

Projekte

Kraftwerksbaustelle am Industrieareal Bludesch-Gais: Die Baufirma Tomaselli Gabriel Bau beherrschte die schwierigen Untergrund- und Grundwasserbedingungen.

WARTUNGSFREUNDLICHE TECHNOLOGIE Was zukünftige Wartungsarbeiten anbelangt, so können diese ohne Kraneinsatz abgewickelt werden. Schließlich kann der Lagerwechsel sehr einfach an einem halben Tag durch leichtes Anheben der Schnecke durchgeführt werden. Dies spricht für die ausgesprochen wartungsfreundliche Technologie der Wasserkraftschnecke von Spaans-Babcock. Zugleich handelt es sich um eine sehr wartungsarme Technologie.

Für die Betreiber des neuen Kraftwerks sollte vor allem auch die hohe Robustheit des Systems ein zentraler Entscheidungsfaktor werden. Schließlich wird in dem Gewässer viel Sand angeführt, der problemlos im Bachbett weitertransportiert werden soll. Auch Geschwemmsel, Laub und Kleinteile bis 100 mm stellen keine Beeinträchtigung für die massive Stahl-Schnecke dar. Im Betrieb zeigte sich die Anlage seit ihrer Inbetriebnahme am 30. Juli stabil und zuverlässig. Mit einer Nenndrehzahl von 26 Upm dreht der Stahlkoloss in seiner Betoneinhausung und überträgt seine Energie über ein dreistufiges Stirnradgetriebe auf einen Asynchrongenerator. Der drehzahlvariable Betrieb der Wasserkraftschnecke ermöglicht einerseits einen effizienten Betrieb auch bei geringeren Wasserlasten und anderseits sorgt er dafür,

dass der Pegel im Oberwasser auf einem konstanten Niveau gehalten wird. Dies ist insofern wichtig, da andernfalls Fallhöhenverluste die Folge wären. LEITTECHNIK MIT VIEL KNOW-HOW Der von der Wasserkraftschnecke angetriebene Asynchrongenerator wird über einen rückspeisefähigen 4-Quadranten-Frequenzumformer drehzahlgeregelt. Die Pegelregelung ist über die variable Drehzahl der Schnecke und ein Leerschussschütz mit Stellantrieb für den Hochwasserfall gewährleistet. Für die zuverlässige Funktionsabläufe sorgt ein Leitsystem, das vom E-Technik-Spezialisten Walcher aus Foto: Walcher

der Sicherheitsabstand ausreichend – auch wenn bei den Arbeiten höchste Konzentration geboten war. Für den Einbau brauchte es zwei Telekräne, damit die Wasserkraftschnecke samt Trog besser ins Ortbetonbauwerk eingefädelt werden konnte“, so der Projektleiter.

Übersicht über die Schnecke

Einblick in den Steuerungskasten: Die gesamte Leittechnik wurde von der Firma Walcher realisiert.

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285 kW

36124 Eichenzell, info@walcher.com Tel.:+49 6659 987940

www.walcher.com

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Foto: zek

Foto: illwerke vkw

Projekte

Sehr ruhige Strömungsverhältnisse am Grobrechen

Eine RRM mit Teleskoparm sorgt für einen ungehinderten Zutritt des Triebwassers am Grobrechen. Für sämtliche stahlwasserbaulichen Arbeiten zeichnete die Firma Danner verantwortlich.

dem hessischen Eichenzell geliefert wurde. Walcher hat sich seit Jahrzehnten als bewährter Partner für alle relevanten elektro- und leittechnischen Fragen in der Wasserkrafttechnik etabliert. Für das Kraftwerk Dabaladabach setzten die Techniker von Walcher als zentrales Steuerungsorgan eine SPS vom Typ S7-1500 ein, die über ein 15“-Touchpanel bedient werden kann. Der Datenaustausch mit der Leitwarte der illwerke vkw wurde über das Fernwirkprotokoll IEC 60870-5-104 realisiert. Über die Walcher-Leittechnik werden überdies der Knickarm-Rechenreiniger, die elektrisch betriebenen Spülschieber, der hydraulisch betriebene Notfallschütz sowie jene

EFFIZIENTE STAHLWASSERBAU-TECHNOLOGIE Da das Gewässer im Wechsel der Jahreszeiten immer wieder einiges an Schwemmgut mit sich führt, wurde eine Rechenreinigungsmaschine in Form eines Teleskoparm-Reinigers installiert. „Äste, Totholz, Laub, Grasschnitt oder Äpfel: Es kommt doch einiges an Geschwemmsel auf die Anlage zu. Daher hat sich der Einbau einer Rechenreinigungsmaschine angeboten“, sagt Martin Neuhauser. Der Auftrag darüber ging an den erfahrenen oberösterreichischen Kleinwasserkraftspezialisten Danner, der darüber hinaus auch die gesamte stahlwasserbauliche Ausrüstung des Kraftwerks beisteuerte. Dazu zählen neben dem Grobrechen mit 100 mm Stababstand auch zwei Spülschütze, ausgeführt als Gleitschütze, sowie ein 4,4 m x 2,0 m großes Notfallschütz, ausgeführt als Rollschütz hinter dem Grobrechen, der bei einem Ausfall der Schnecke den Wasserzulauf sperrt. Im Fall einer Überdrehzahl der Schnecke muss dieser innerhalb von 10 Sekunden für einen effekti-

elektrische Bremse mit Failsafe Federbetätigung angesteuert, die als Sicherheitsorgan zur Absicherung der Wasserkraftschnecke gegen Überdrehzahl fungiert. Zudem werden neben dem Turbinen- und Generatorschutz auch Funktionen wie Brandmeldung, Objektschutz, oder Betriebs- und Störmeldungen mit Zeitstempel über das System gesteuert. Neben der Leittechnik projektierte und lieferte der hessische Branchenspezialist noch den Zählermessschrank und eine 24V DC Versorgung für das komplette Kraftwerk. Zudem hat Walcher die komplette elektrotechnische Projektierung durchgeführt: CAD-Pläne, SPS-Programmierung, Programmierung HMI, Montage der Schränke, Elektroinstallation, Inbetriebnahme. Als wichtige Vorgabe dabei galt es, die Einhaltung und Umsetzung der TOR D4 – also die technischen und organisatorischen Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen – sicherzustellen. Ein umfassendes Auftragspaket, das Walcher zur vollen Zufriedenheit der Betreiber erfüllte.

Tomaselli Gabriel BauGmbH Bundesstraße 12 6714 Nüziders

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Die Elementverbindungen der Module aus dem Hause Rinninger sind gelenkig und druckwasserdicht bis 1,5 bar.

ven Verschluss sorgen. Aus Redundanzgründen ist neben dem hydraulischen Notfallschütz eine elektrische Scheibenbremse installiert, welche bei Überdrehzahl über ein Federpaket die Scheibenbremse aktiviert. Die Rechenreinigungsmaschine wird üblicherweise regeltechnisch auf Basis der Pegeldifferenz am Grobrechen betrieben. Natürlich funktioniert dies auch über vorgegebene Zeitintervalle. Aus Rücksichtnahme gegenüber den Anrainern, um diese vor eventuellen Geräuschbeeinträchtigungen zu schützen, werden Spülvorgänge üblicher Weise stets tagsüber durchgeführt. AUFWÄNDIGE LÖSUNG FÜR DURCHGÄNGIGKEIT Ein wesentliches Kriterium des gesamten Projektes betraf die ökologische Verträglichkeit des Konzepts im Allgemeinen und des Kraftwerks im Speziellen. Am Kraftwerk werden 180 l/s über ein naturnahes Gerinne vorbeigeleitet, das als Aufstiegshilfe für die Bewohner des Gewässers dient. Dabei wurde außergewöhnlich großes Augenmerk auf die Ausführung des Gerinnes gelegt, wie Martin Neuhauser bestätigt: „Der Fischerei-Sachverständige ließ es sich nicht nehmen, persönlich an der Setzung der einzelnen Positionssteine im Umgehungsgerinne mitzuarbeiten. Die Fischaufstiegshilfe besteht aus 17 kleinen Becken, sie wurde in naturnaher Form ausgestaltet“, erklärt Martin Neuhauser. Zudem gelang es den Projektverantwortlichen, durch die Renaturierung der Uferböschung am neu gestalteten Bachlauf einen Naherho-

Am Ende wurde der Unterwasserkanal erdüberschüttet. Auf diese Weise konnte mehr nutzbare Fläche gewonnen werden.

Foto: Marc Lins (https://marclins.com)

Fertigteil-Module aus Hochleistungsbeton wurden für die Herstellung des Unterwasserkanals eingesetzt. Die einzelnen Bauteile wiegen 22,5 Tonnen und weisen eine Baulänge von 2,50 m auf.

Foto: Marc Lins (https://marclins.com)

Foto: illwerke vkw

Projekte

lungsraum zu schaffen, der einerseits von den Anrainern des Areals goutiert wird und der andererseits auch einen Mehrwert für all jene Unternehmen generiert, die sich hier in Zukunft ansiedeln werden. MEHR FLÄCHE DANK BETONKANAL Zu einer weiteren Wertsteigerung des Areals trug zudem die spezielle Gestaltung des Unterwasserkanals bei. Dieser wurde – nicht wie man erwarten könnte – einfach als offenes Gerinne ausgeführt. Vielmehr entschied man sich, die gesamte Unterwasserstrecke in Form eines geschlossenen Betonkanals zu realisieren. Auf diese Weise konnte zusätz-

Hans Rinninger u. Sohn GmbH u. Co. KG • Betonwarenfabriken • Stolzenseeweg 9 • D-88353 Kißlegg/Allgäu Tel +49 7563 9320 • Fax +49 7563 3072 • Weitere Infos unter: www.rinninger.de

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Foto: Marc Lins (https://marclins.com)

Technische Daten

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• Ausbauwassermenge: 4,0 m3/s • Fallhöhe: 3,40 m • Maschine: Wasserkraftschnecke • Länge: 8 m / Durchmesser Ø: 3,0 m • Gewicht: 15 t / Drehzahl: 26 Upm • Fabrikat: Spaans-Babcock • Leistung: ~ 100 kW • Generator: Asynchrongenerator • Getriebe: Stirnradgetriebe 3-stufig • Stahlwasserbau: Danner • Spülschütz 1: 2 x 2 m Spülschütz 2: 0,6 x 1,0 m • Notfallschütz als Rollschütz: 4,4 m x 2,0 m • RRM: Teleskoprechenreiniger [Danner] • Elektrotechnik: Walcher • Bauarbeiten: Tomaselli Gabriel BauGmbH • Beton-Unterwasserkanal: Länge: 125 m • Module: l = 2,5 m b = 3,0 m h = 1,75 m • Gewicht: 22,5 t Hochleistungsbeton C 60/75 • Fabrikat: RIKI - Rinninger, Kißlegg (D) • Planung: M+G INGENIEURE, Feldkirch • Inbetriebnahme: Juli 2020 • Regelarbeitsvermögen: 600.000 kWh

liche Nutzfläche gewonnen werden. Der Kanal wurde aus Stahlbetonfertigteilen erstellt, die vom Branchenspezialisten Rinninger aus Kißlegg im Allgäu gefertigt und geliefert wurden. Konkret handelt es sich dabei um das System „RIKI“, bestehend aus Stahlbetonmodulen im Rechteckprofil mit den Abmessungen 3,0 m x 1,75 m. Über eine Länge von 125 m wurden die Module verlegt, die gleich mehrere Qualitätskriterien aufweisen. Zum einen handelt es sich dank der schalungshärtenden Produktion von Rinninger um einen Hochleistungsbeton, der extrem beständig und widerstandsfähig ist – und somit die höchsten Expositionsklassen repräsentiert. Zum anderen kamen dabei Elementverbindungen zum Einsatz, die im Gelenk eine Abwinkelbarkeit ermöglichen und zugleich wasserdicht bis 1,5 bar sind – und dies alles ohne Verspannelemente. Für eine optimale Anpassung an die Trassenführung vor Ort wurden die mitgelieferten biegesteifen Krümmer-Module im entsprechenden Radius ausgeführt. Außerdem kamen noch Pass- und Endstücke sowie ein Sonder-Auslaufelement hinzu. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen vor Ort konnte der Einbau der 22,5 Tonnen schweren Einzelbauteile in Rekordzeit erfolgen. In diesem Zusammenhang heben die Verantwortlichen die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit Tomaselli Gabriel Bau lobend hervor.

Die Anrainer freuen sich, dass das traditionsreiche Industrieareal dank umfassender Renaturierungen nun Naherholungscharakter bekommen hat.

VIELSCHICHTIGES PROJEKT SORGT FÜR WIN-WIN-SITUATION Bei 4 m3/s Ausbauwassermenge und einer Fallhöhe von 3,4 m kommt das neue Schneckenkraftwerk auf eine Leistung von knapp 100 kW. Damit wird die neue Ökostromanlage in Gais im Regeljahr rund 600.000 kWh sauberen Strom erzeugen. Genug, um damit etwa 130 Vorarlberger Haushalte zu versorgen. Im Kraftwerkspark der illwerke vkw zählt das Kleinkraftwerk mit diesem Leistungsvermögen zweifellos zu den kleinsten Kraftwerken. Dennoch kommt ihm eine Sonderstellung zu – nicht nur, weil es das erste Schneckenkraftwerk der illwerke vkw ist: Schließlich handelt es sich um das Herzstück eines kompletten Ökokonzeptes, das in mehrerlei Hinsicht einen Mehrwert erzielen konnte. Im Zusammenspiel mit Land und Gemeinde gelang es dem Vorarlberger Energiedienstleister, Verbesserungen sowohl für den Hochwasserschutz, die Grundwassersituation, das optische Erscheinungsbild des Areals sowie dessen ökologische Situation zu schaffen. Am Ende bedeutet dies eine massive Aufwertung für das Betriebsareal in der traditionsreichen Industriezone von Bludesch. Eine Win-Win-Situation für Betreiber, die regionale Wirtschaft, Anrainer, Gemeinde und nicht zuletzt die Umwelt.

Foto: illwerke vkw

Das neue Kraftwerk wurde ganz in die Peripherie des Areals und zudem unter die bestehende 380 kV-Hochspannungsleitung verlegt. Damit konnte eine Maximierung der nutzbaren Fläche für all jene Betriebe erreicht werden, die sich in Zukunft hier in Bludesch-Gais ansiedeln werden.

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Foto: WWS

Seit Herbst dieses Jahres sind sämtliche Maschinensätze in den fünf neuen Kraftwerken im Trink- und Nutzwassersystem der Provinz Sakarya in der Marmara-Region in Betrieb. Dabei bewähren sich die unterschiedlichen Turbinentypen aus dem Hause WWS im Zusammenspiel mit den bewährten Wasserkraftgeneratoren aus dem Hause Hitzinger. Im Bild: das Kraftwerk Hizirilyas im Stadtgebiet von Adapazarı.

ROT-WEISS-ROTE WASSERKRAFTTECHNIK SORGT FÜR ENERGETISCHE NUTZUNG DES NUTZWASSERS IN SAKARYA Gleich fünf neue Wasserkraftwerke wurden kürzlich vom oberösterreichischen Wasserkraft-Allrounder WWS Wasserkraft GmbH in der türkischen Marmara-Region ausgerüstet. Alle fünf Anlagen wurden in das weitläufige, bislang nicht energetisch genutzte Wasserversorgungssystem von Adapazarı, der Hauptstadt der Provinz Sakarya, integriert. Insgesamt lieferte WWS dafür nicht nur sieben leistungsstarke Turbinen, sondern auch die dazu passenden Generatoren, die allesamt vom Linzer Traditionshersteller Hitzinger geliefert wurden. Seit Oktober dieses Jahres sind alle Wasserkraftwerke in der westanatolischen Provinz in Betrieb.

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dapazarı zählt zu den am stärksten wachsenden und zu den wirtschaftlich aufstrebenden Städten in der Türkei. Alleine in den letzten 70 Jahren hat sich die Bevölkerung fast verzehnfacht. Heute leben in der Provinzhauptstadt von Sakarya rund 270.000 Einwohner. Die Lage ist günstig: Man profitiert von der Nähe zum großen Absatzmarkt Istanbul und den Häfen in Izmit. Die wichtigsten Wirtschaftszweige sind die Textilindustrie, Industriezulieferer sowie Dienstleistungen. Für die Wasserversorgung von Adapazari sorgt das Wasser aus dem Fluss Akçay, eines Zubringers zum Fluss Sakarya – dem die Provinz ihren Namen verdankt. „Schon vor vielen Jahren hat die staatliche Organisation SASKI gemeinsam mit dem Versorgungsunternehmen der Provinz Sakarya beschlossen, einen Damm am Fluss Akçay zu errichten, um die Wasserver-

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sorgung der rund 1 Million Einwohner von Sakarya sicherzustellen“, erzählt Ing. Günther Scharrer, Sales Manager bei WWS. 2016 wurde das Dammprojekt fertiggestellt. Ein 55 m hoher Staudamm ermöglicht heute das Speichern von knapp 10 Millionen Kubikmeter Wasser. Er dient nicht nur der Sicherung der Trinkwasserversorgung, sondern darüber hinaus auch der Bewässerung von landwirtschaftlich genutzten Flächen. VOM DAMM IN DIE STADT Über ein Rohrleitungssystem wird das Wasser vom Akçay-Damm über eine Entfernung von ca. 27 km bis in die Provinzhauptstadt Adapazarı geleitet. Dabei blieben anfänglich beachtliche energetische Potenziale ungenutzt. Ein Umstand, den das stadteigene Versorgungsunternehmen Akim Enerji Inc. Co. ändern wollte. Dabei setzten die Betreiber vor allem auf

Know-how und Technik aus Österreich: Der Auftrag ging an das oberösterreichische Wasserkraftunternehmen WWS Wasserkraft GmbH mit Sitz in Neufelden im Bezirk Rohrbach. Insgesamt sollte WWS dabei sieben Turbinen für vier Krafthäuser im Rahmen von fünf Projekten liefern, die Günther Scharrer wie folgt beschreibt: „Das Wasser vom Akçay-Damm wird zuerst in Ikramiye turbiniert, fließt dann weiter nach Hacimercan, wo sich die nächsten Maschineneinheiten befinden. In Hacimercan wurde zudem noch eine weitere Anlage – Balikci – installiert, die von einem anderen Fluss gespeist wird. Anschließend fließt das Wasser mitten in die Stadt Adapazarı zum Krafthaus Hizirilyas, wo ebenfalls zwei Maschinengespanne untergebracht sind. Das Kraftwerk Keremali wurde von diesem System unabhängig in eine bestehende Rohrleitung anstelle eines Druckreduzierventils verbaut.“

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Das Kraftwerk Hacimercan liegt am Ende einer rund 10 km langen Druckrohrleitung. Zwei 6-düsige Pelton-Turbinen treiben je einen direkt gekoppelten, leistungsstarken Synchrongenerator an.

Foto: WWS

PELTON-TECHNIK FÜR 78 BAR DRUCK Konkret stellen sich die fünf Anlagen somit folgendermaßen dar: Im Kraftwerk Ikramiye wurde eine 3-düsige Pelton-Turbine am Ende einer 9,4 Kilometer langen Druckrohrleitung installiert. Sie ist auf 390 Meter Fallhöhe und einen Ausbaudurchfluss von 1,2 m3/s ausgelegt und erreicht damit 4.140 kW. In Hacimercan wurden zwei baugleiche vertikalachsige, 6-düsige Pelton-Turbinen, ausgelegt auf 260 Höhenmeter und je 1,25 m3/s Ausbaudurchfluss eingebaut. Das Kraftwerk erreicht eine Engpassleistung von 2.868 kW. Das im selben Maschinenhaus mit integrierte Kraftwerk Balikci nutzt eine Francis-Spiralturbine, die für eine Fallhöhe von 49,27 m und ein Schluckvermögen von 0,5 m3/s konzipiert wurde. Ihr Leistungsvermögen liegt bei 220 kW. Das Kraftwerk Hizirilyas beherbergt zwei Francis-Spiralturbinen, ausgelegt auf eine Nennfallhöhe von 84,34 m sowie einen Ausbaudurchfluss von je 1,25 m3/s. Am Ende einer 12 km langen Rohrleitung kommt das Maschinenduo auf eine Engpassleistung von 967 kW. Außerdem wurde für das Kraftwerk Keremali eine 1-düsige Peltonturbine installiert, die zwar nur auf 75 l/s Schluckvermögen ausgelegt wurde, dafür aber eine Nettofallhöhe von 779 m energetisch nutzt. „Das Kraftwerk Keremali war mit Sicherheit die technisch anspruchsvollste der fünf Anlagen. Der hohe Druck von 78 bar bei sehr geringen Wassermengen stellte unsere Konstrukteure vor gewisse Herausforderungen“, erklärt Günther Scharrer. Die Rahmenbedingungen ergaben letztlich eine extrem kompakte und robuste Turbine mit kleinen Laufradbechern. „Die Turbine ist das Resultat aus der jahrzehntelangen Erfahrung unseres technischen Leiters, Herrn Josef Wögerbauer sen. und der Expertise der Wissenschaftler der TU Graz, die hier ihr Fachwissen beisteuerten.“ Diese Turbine, ebenso wie die anderen

sechs überzeugten mit ihrer qualitativen Ausführung und ihrer Performance die Betreiber von Anfang an. MASSGESCHNEIDERTE GENERATOREN „Unsere Referenzen, zahlreiche Empfehlungsschreiben zufriedener Kunden sowie auch die hohe Qualität unserer Premium-Sublieferan-

Foto: Glanzer Foto: WWS

Die Maschinenzentrale des Kraftwerks Hacimercan von außen. Anlieferung und Montage der Maschinen gingen problemlos über die Bühne.

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ten, hier vor allem zu nennen die Firma Hitzinger, hat die Kunden von Akim Enerji Inc. Co. auf ganzer Länge überzeugt“, freut sich Günter Scharrer. Auch für die erfahrenen Generatorhersteller aus der Stahlstadt Linz war der Auftrag durchaus etwas Besonderes. „Wir haben schon häufiger Generatoren in die Türkei geliefert. Der Auftrag über sieben Generatoren in die Marmara-Region durch die Firma WWS war aber eine neue Dimension“, so Volker Schmid von Hitzinger. Er verweist dabei auf die unterschiedlichen Leistungsgrößen und Bauvarianten der gelieferten Generatoren, wobei jeder einzelne – wie bei Hitzinger üblich – passgenau für die jeweilige Anforderung designt wurde. Dabei wird bei jeder Bestellung eines Hitzinger-Generators bereits im Vorfeld genau abgeklärt, welche Priorität gegeben ist: ob die Robustheit oder ein High-End-Wirkungsgrad Vorrang hat. Beim Linzer Qualitätshersteller werden die Maschinen somit von Grund auf individuell konzipiert und ausgelegt: Das beginnt bei der magnetischen Auslegung, geht weiter über das Verhältnis von Kupfer zu Eisen und endet noch nicht beim verwendeten IsolationssysDezember 2020

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Technische Daten

Das Kraftwerk Keremali ist ein Hochdruck-Kraftwerk mit 779 m Nettofallhöhe. Die Beherrschung der dabei auftretenden Drücke wurde zur zentralen Herausforderung für die Konstrukteure von WWS.

tem. Dank jahrzehntelangem Know-how und hauseigener Forschung und Entwicklung liefert Hitzinger heute Generatoren für die Wasserkraft, die einerseits über eine hohe Drehzahlfestigkeit und eine starke Leistungs-Performance verfügen sowie andererseits eine enorme Langlebigkeit aufweisen. Aus diesem Grund zeigten sich die Betreiber der neuen Wasserkraftwerke in Sakarya durchaus angetan von den leistungsstarken

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Maschinengespannen aus oberösterreichischer Provenienz. „Für den Kunden spielte es durchaus eine Rolle, dass unser Komplettpaket einen sehr hohen Eigenfertigungsgrad hat. Sowohl die Turbinen als auch die Generatoren werden zur Gänze in Österreich hergestellt“, so Günther Scharrer. Er verweist darauf, dass vor allem die kompetente und unkomplizierte Unterstützung im After-Sales ein wesentlicher Punkt war, der sowohl vom

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Ikramiye Hn: 390 m Q =1,2 m3/s Turbine: 3-düsige Pelton-Turbine Leistung: 4.140 kW Hacimercan Hn: 260 m Q = 2 x 1,25 m3/s Turbine: 2 x 6-düsige Pelton-Turbine Leistung: 2 x 2.868 kW Balikci Hn: 49,27 m Q =0,5 m3/s Turbine: Francis-Spiralturbine Leistung: 222 kW Hizirilyas Hn: 84,34 m Q = 2 x 1,25 m3/s Turbine: 2 x Francis-Spiralturbine Leistung: 2 x 967 kW Keremali Hn: 779 m Q = 0,075 m3/s Turbine: 1-düsige Pelton-Turbine Leistung: 507 kW Turbinen: WWS Wasserkraft Generatoren: Hitzinger Regelarbeitsvermögen: 45 GWh

Turbinenbauer selbst als auch vom Kraftwerksbetreiber hochgeschätzt wird. BYPASS GARANTIERT WASSERVERSORGUNG Wie man es in unseren Breiten auch von Trinkwasserkraftwerken kennt, ist jede einzelne der Kraftwerksanlagen mit einem

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MEILENSTEIN IN DER ENTWICKLUNG 2017 erhielt der oberösterreichische Wasserkraftspezialist den Zuschlag für die Ausrüstung der Kraftwerke. Gegen Ende 2019 konnte das Montageteam von WWS die Montagearbeiten in Sakarya aufnehmen. „Der Transport und die Montage durch unser eigenes Personal gestaltete sich im Grunde als ‚Business as usual‘, da wir aufgrund unserer großen Erfahrung in der Türkei die zu erwartenden Probleme und Tücken bereits im Vorfeld ausräumen und klären konnten. Durch die angenehme Zusammenarbeit und die offene Kommunikation mit dem Kunden konnten einige zusätzliche Kundenwünsche gut realisiert werden. Da es eine bauliche Verzögerung am Akçay-Damm gegeben hatte, wurde auch unser Terminplan ein wenig nach hinten ver-

Vom Akcay-Damm gelangt das Trink- und Nutzwasser über eine rund 27 km lange Rohrleitung nach Adapazarı, der Hauptstadt von Sakarya.

Foto: WWS

Bypass-System ausgestattet. Damit ist sichergestellt, dass auch im Falle eines Stromausfalls die Wasserversorgung jederzeit gewährleistet bleibt. Aktuell wird der in den Kraftwerken erzeugte Strom zu 100 Prozent ins öffentliche Versorgungsnetz gespeist. Zusätzlich ist für die nahe Zukunft auch eine Inselbetriebslösung angedacht, da man für den Fall der Fälle auch den Pumpenbetrieb für die Wasserversorgung sicherstellen möchte.

schoben – aber ohne nennenswerte Folgen“, erzählt der Projektleiter Lukas Wögerbauer jun.. Auch die Restriktionen und Hürden durch die Corona-Pandemie konnten den Projektfortschritt nicht bremsen. „Unser Team musste zwar viele zusätzliche PCR-Tests über sich ergehen lassen, aber das hat unseren Arbeitsablauf in keiner Weise beeinflusst.“ Seit Oktober dieses Jahres sind nun die Inbetriebsetzungsarbeiten abgeschlossen, alle sieben Maschinen laufen einwandfrei und bewähren sich bereits im täglichen Praxiseinsatz.

Die Bedeutung für die Stadt Adapazarı und die ganze Provinz Sakarya ist nicht hoch genug einzuschätzen. Zweifellos stellt die hydroelektrische Nutzung ihres Wasserversorgungssystems einen weiteren wichtigen Meilenstein in ihrer infrastrukturellen Entwicklung dar. Zudem stellen die sieben Maschinengespanne sicher, dass im Regeljahr rund 45 GWh sauberer Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird. Und dass dies verlässlich über die nächsten Jahre und Jahrzehnte geschieht, dafür steht die bewährte rot-weiß-rote Wasserkrafttechnik.

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Fotos: zek

Für das Inselkraftwerk Neualmbach in den Schladminger Tauern lieferte die Tiroler Rohre GmbH (TRM) 435 m duktile Gussrohre DN200.

SCHLADMINGER ALMBETRIEBE SCHICKEN MIT KW NEUALMBACH DIESELAGGREGATE IN PENSION Im Herzen der Schladminger Tauern soll nächstes Frühjahr ein Kleinwasserkraftwerk am Neualmbach seinen Betrieb aufnehmen. Realisiert wird das Projekt von Martin Moosbrugger und Herwig Steiner, die mit der Inselanlage die Stromversorgung ihrer Almbetriebe bald auf ökologisch nachhaltige Weise gewährleisten können. Anstelle von Dieselaggregaten kommt zukünftig eine 1-düsige Pelton-Turbine mit einer Engpassleistung von rund 55 kW als Stromlieferant zum Einsatz. Zur Herstellung des rund 430 m langen Kraftabstiegs DN200 setzen die Betreiber auf duktile Gussrohre von der Tiroler Rohre GmbH (TRM).

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as erste Konzept zum Bau des inselbetriebsfähigen Kleinwasserkraftwerks Neualmbach am Hochplateau der Schladminger Tauern entstand vor rund 5 Jahren, erklären die zukünftigen Betreiber Martin Moosbrugger (Kerschbaumer-Alm) und Herwig Steiner (Schmiedlech-Alm). Mit der Errichtung einer Ausleitungsanlage soll die bislang mittels Dieselaggregaten sichergestellte Stromversorgung ihrer Almbetriebe im Bewirtschaftungszeitraum zwischen April und Oktober durch die Nutzung der natürlichen Ressource Wasser ermöglicht werden. „Wir befinden uns hier in einem Naturschutzgebiet, wodurch die Konzession für den Bau eines Wasserkraftwerks nicht ganz leicht zu erhalten war. Glücklicherweise hatten die Entscheidungsträger Verständnis für das Projekt und haben uns die Baugenehmigung erteilt“, sagt Moosbrugger Anfang Oktober beim zek HYDRO Lokalaugenschein vor

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Ort. Hinsichtlich der zum Anlagenbetrieb notwenigen Wasserentnahme wurde der NeuZu Beginn der Bauarbeiten Mitte September wurde das Krafthaus errichtet.

bau äußerst genügsam konzipiert. Bei einer maximalen Ausbauwassermenge von 50 l/s liegt die jährliche Wasserentnahmemenge bei rund 8 Prozent der gesamten Jahreswasserfracht und somit deutlich unter den maximal zulässigen 20 Prozent für ein Gewässer mit sehr gutem hydromorphologischem Zustand. BESTES MATERIAL FÜR „GUTEN GRUND“ Mit dem Bau des Krafthauses ging das Gemeinschaftsprojekt Mitte September schließlich in die Umsetzungsphase über. Nach der Fertigstellung wird das in zweckmäßiger Betonbauweise errichtete Gebäude auf drei Seiten mit Erde zugeschüttet und dadurch unauffällig in die Umgebung integriert. Rund zwei Wochen nach Baubeginn konnten die Betreiber bereits mit der in Eigenregie durchgeführten Verlegung der Druckrohrleitung starten. Aufgrund der anspruchsvollen Bodenbedingungen im Projektgebiet wird der

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Projekte rund 435 m lange Kraftabstieg DN200 zur Gänze aus duktilen Gussrohren der Tiroler Rohre GmbH (TRM) ausgeführt. Igor Roblek, zuständiger Vertriebsmanager bei TRM, weist darauf hin, dass das Projekt im Naturschutzgebiet der Schladminger Tauern ein Paradebeispiel für die von TRM unterstützte Initiative „Guter Grund“ darstellt. Bei „Guter Grund“ handelt es sich um eine von der European Association of Ductile Iron Pipe Systems (EADIPS) ins Leben gerufene Kampagne für Boden- und Gewässerschutz. Die europaweit aktive Initiative forciert die Stärkung von Gussrohrsystemen als ideales Produkt für jegliche Wasserver- und -entsorgungssysteme. In diesem Zusammenhang bekräftigt Roblek, dass die Gussrohre zu 100 Prozent aus Recyclingmaterial hergestellt werden. Gefertigt werden die universell anwendbaren Rohre am TRM-Unternehmenssitz in Hall in Tirol, wodurch in weiterer Folge kurze Transportwege ermöglicht werden und ein äußerst geringer ökologischer Fußabdruck hinterlassen wird. „Auch bei der weiteren Auftragsverteilung wurde auf eine Zusammenarbeit mit lokalen Betrieben, die bereits jahrelange Erfahrung im Kraftwerkbau haben, gesetzt. So hat die Firma Stocker Schmied aus Schladming die Tiroler Wehr gebaut und die Sepp Harml GmbH den Fertigbeton bis ins Riesachtal geliefert. Das lokale Erdbauunternehmen Karl Pitzer Tiefbau GmbH hat die Erdarbeiten, die durch den zwischenzeitlichen Wintereinbruch erschwert wurden, auf bis zu 40 Grad steilem Gelände bestens durchgeführt“, so die Betreiber. DRL KOMPLETT SCHUB- UND ZUGGESICHERT „Für das Projekt Neualmbach liefert TRM Rohre mit der ‚PUR-Longlife‘-Beschichtung. Diese Beschichtung dient als zusätzlicher Korrosionsschutz und wird bei der Produktion auf die verzinkten Rohre mit

Technische Daten

Aufgrund der anspruchsvollen Bodenbedingungen wird der komplette Kraftabstieg in schub- und zuggesicherter Ausführung hergestellt. Das TRM-Verbindungssystem VRS-T erlaubt gewisse Abwinkelungen (je nach Dimension bis zu 5°) der Rohrenden innerhalb der Steckmuffen, wodurch weitläufige Richtungsänderungen der Druckleitung ohne zusätzliche Formstücke ermöglicht werden.

lösungsmittelfreiem Polyurethan im ‚Airless‘-Verfahren aufgetragen“, erklärt Roblek. Sämtliche Rohrverbindungen werden mit dem schub- und zuggesicherten Muffen-Verbindungssystem VRS-T hergestellt. Beim Interview zeigen sich die Betreiber unisono sehr überzeugt von dem an­ wenderfreund­lichen Verbindungssystem und verweisen auf den beträchtlichen Ver­ legefortschritt der Druckleitung, den sie in kurzer Zeit erzielt haben. Die Rohrtrasse verläuft im Wesentlichen auf forstwirtschaftlich genützten Grundstücken von Martin Moos­ brugger, konkret rechtsufrig des Neualmbachs bzw. linksufrig des Kaltenbachs. Für den Rohr- und Materialtransport installierten die Betreiber eine temporäre Material­ seilbahn. Die eine Gefällestufe von rund 140 m überwindende Druckleitung wird in einer Tiefe von ca. 1,5 m zur Gänze unterirdisch ausgeführt. „Dank der höchst robusten Materialeigenschaften von duktilem Gusseisen kann das vom Bagger-Sieblöffel aufbereitete Aushubmaterial direkt zum Wiederbefüllen des Rohrgrabens verwendet werden“, ergänzt Roblek.

INBETRIEBNAHME IM FRÜHJAHR 2021 GEPLANT Die Wasserfassung der Anlage wird mit einem klassischen Tiroler Wehr ausgeführt. Nach der Ausleitung fließt das Triebwasser durch ein Entsanderbecken, das mit einem Kiessensor und einem elektrisch angetriebenen Spülschütz ausgestattet wird. Für die Stromversorgung der Wasserfassung und zur digitalen Kommunikation zwischen Krafthaus und Wehranlage werden mit der Druckrohrleitung jeweils ein Strom- und ein Datenkabel mitverlegt. Das Herzstück des Kraftwerks bildet eine 1-düsige Pelton-Turbine in horizontaler Bauform. Unter Volllast kann die Turbine, die mit einem direkt gekoppelten Synchron-Generator gekoppelt wird, eine Engpassleistung von 55,23 kW erreichen. Das elektrotechnische Equipment des Kraftwerks installiert das Elektrounternehmen Pitter Werner aus dem Salzburger Radstadt, das auf über 40 Jahre Erfahrung im Kleinwasserkraftsektor verweisen kann. Die zukünftigen Betreiber Martin Moosbrugger und Herwig Steiner zeigen sich zuversichtlich, dass ihr neues Wasserkraftwerk bereits zum Beginn der nächsten Almsaison im Frühjahr 2021 sauberen Strom liefern wird.

Die zukünftigen Wasserkraftbetreiber Martin Moosbrugger (li.) und Herwig Steiner zeigen sich zuversichtlich, dass ihr Kleinkraftwerk am Neualmbach zum Beginn der nächsten Almsaison im Frühjahr 2021 den Betrieb aufnehmen kann.

• Typ: Ausleitungskraftwerk • Ausbauwassermenge: 50 l/s • Nettofallhöhe: 140,24 m • Druckrohrleitung: 435 m duktiler Guss • Ø: DN200 • Hersteller: Tiroler Rohre GmbH (TRM) • Turbine: 1-düsige Pelton • Drehzahl: 1.000 U/min • Engpassleistung: 55,23 kW • Generator: Synchron 70 kVA • Spannung: 400/230 V

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Foto: Ossberger

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Die OSSBERGER GmbH + Co. KG lieferte für das neue Kleinwasserkraftwerk Tischbach die komplette elektromechanische Ausstattung. Unter Volllast erreicht die für einen breiten Teillastbereich ausgelegte Durchström-Turbine eine Engpassleistung von 238 kW.

KW TISCHBACH VERSORGT MIT BISLANG UNGENUTZTEM ENERGIEPOTENTIAL 120 HAUSHALTE MIT GRÜNEM STROM Rund ein dreiviertel Jahr nach Baustart hat im Juli 2020 im Kanton Graubünden das Kleinwasserkraftwerk Tischbach der Albula-Landwasser-Kraftwerke AG (ALK) den Regelbetrieb aufgenommen. Dank des Neubaus wird eine hydroenergetisch bislang ungenutzte Zuleitungsstrecke von der Wasserfassung Tischbach zum Ausgleichsbecken Bergün nun zur sauberen Stromgewinnung genutzt. Die Anlagenzentrale konnte im Zuge der notwendigen Erneuerung der altersschwachen Zuleitung mit minimalen, temporären Eingriffen in der Landschaft errichtet werden. Das komplette elektromechanische Equipment, dessen Herzstück eine robuste Durchström-Turbine mit einer maximal installierten Leistung von 238 kW bildet, lieferte der deutsche Kleinwasserkraftexperte Ossberger.

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kraftwerk Tischbach ging im Sommer 2020 die dritte Anlage der ALK ans Netz. UNGENUTZTES ENERGIEPOTENTIAL Projektleiter Felix Hansmann erklärt die Entstehungsgeschichte des Kraftwerks Tischbach: „Zwischen der zum Kraftwerk Filisur gehörenden Wasserfassung Tischbach, die über Foto: ALK

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ie Graubündner Albula-Landwasser-Kraftwerke AG (ALK) wurde in den 1960er-Jahren gegründet und betreibt die beiden leistungsstarken Wasserkraftwerke Filisur und Tiefencastel. 75 Prozent der ALK-Gesellschaftsanteile stehen im Besitz des Schweizer Energiekonzerns AXPO, 15,74 Prozent hält die EWD Elektrizitätswerk Davos AG, 5 Prozent der Kanton Graubünden, die Konzessionsgemeinden Albula/ Alvra, Bergün, Filisur und Schmitten teilen sich die restlichen 4,26 Prozent. Das 1967 fertiggestellte Kraftwerk Filisur (Wasserfassungen von Albula und Landwasser und ein zentrales Triebwassersystem) nutzt zur Stromproduktion zwei vertikalachsige Francis-Turbinen mit einer Engpassleistung von jeweils 32,5 MW, im Regeljahr erzeugt die Anlage rund 286 GWh grüne Energie. 1989 nahm die ALK das Unterliegerkraftwerk Tiefencastel in Betrieb. Dessen beide ebenfalls vertikal­ achsig ausgeführten Francis-Maschinen erreichen unter Volllast eine Maximalleistung von jeweils 12 MW und produzieren im Regeljahr rund 103 GWh Strom. Mit dem Kleinwasser-

Anstelle der schadhaften Stahlleitung DN400 wurde die neue Druckrohrleitung mit GFK-Rohren DN700 ausgeführt.

eine rund 300 m lange Zuleitung das Ausgleichsbecken Bergün speist, besteht ein Höhenunterschied von rund 37 m, der bislang energetisch nicht genutzt wurde. Nachdem die ca. 60 Jahre alte Rohrleitung aufgrund von Materialermüdung bzw. Korrosionsschäden ohnehin ersetzt werden musste, wurde ein Konzept entwickelt, die Höhendifferenz zur Stromproduktion nutzbar zu machen.“ Hansmann führt weiter aus, dass die Realisierung des neuen Kleinkraftwerks erst mit der Gewährung des geförderten Schweizer Ökostromtarifs „Kostendeckende Einspeisevergütung“ (KEV) - neue Bezeichnung: Einspeisevergütungssystem (EVS) - wirtschaftlich darstellbar war. Bewilligt wurde die EVS-Förderung schließlich im Sommer 2019, die Genehmigung für den Ersatz der erdverlegten Zuleitungsstrecke und den Bau der Kraftwerkszentrale hatte die ALK bereits im Oktober 2016 erhalten. WASSERFASSUNG ANGEPASST Die Umsetzungsphase des Projekts startete im Mai des Vorjahres mit der Erneuerung der

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erdverlegten Zuleitungsstrecke zwischen der Wasserfassung und dem Ausgleichsbecken. Anstelle der an mehreren Positionen undichten Stahlleitung DN400 wurde die neue Druckleitung innerhalb von zwei Monaten mit glasfaserverstärkten Kunststoffrohren (GFK) DN700 vom Hersteller Amiblu ausgeführt. Nach der bewilligten EVS-Förderung startete im darauffolgenden September schließlich die Errichtung der Kraftwerkszentrale neben dem Ausgleichsbecken Bergün. „An der mit einem Tiroler Wehr und einem Entsanderbecken ausgeführten Wasserfassung Tischbach waren für den Bau des neuen Kraftwerks nur kleinere Anpassungen notwendig. So wurde etwa das Entsanderbecken mit einem neuen Übergangsstück für die vergrößerte Rohrdimension ausgestattet. Zusätzlich haben wir im Entsander eine Trennwand aus Stahl eingezogen, um das Regelvolumen der pegelgeregelten Turbine zu optimieren“, so Hansmann, der neben seiner Funktion als Projektleiter als Ressortleiter für den Bereich Bautechnik zuständig ist. DURCHSTRÖMER IDEALE LÖSUNG Hinsichtlich der Maschinenauswahl für das neue Kraftwerk wurden mehrere Varianten in Im Regeljahr kann die Anlage rund 550.000 kWh Strom erzeugen.

Foto: Ossberger

• Ausbauwassermenge: 820 l/s • Nettofallhöhe: 37 m • Turbine: Durchström • Drehzahl: 600 U/min • max. Leistung: 238 kW • Hersteller: Ossberger • Generator: Synchron • Spannung: 400 V • Frequenz: 50 Hz • Nennscheinleistung: 244 kVA bei cos phi 0,9 • Regelarbeitsvermögen: ca. 550.000 kWh/a

Das Zentralengebäude wurde neben dem Ausgleichsbecken Bergün errichtet.

An der Wasserfassung Tischbach waren für den Kraftwerksneubau nur geringfügige Anpassungen im Entsanderbecken notwendig.

Betracht gezogen, sagt Hansmann: „Es war relativ schnell klar, dass für das Kraftwerk Tischbach eine Durchström-Turbine die ideale Lösung darstellt. Zwar erreichen Durchström-Turbinen im Vergleich zu Maschinen anderer Bauart keine Spitzenwirkungsgrade, dafür decken diese aber einen sehr breiten Teillastbereich ab. Zudem sind Durchström-Turbinen sehr robust konstruiert und können auch bei geringem Wasserdargebot – die gesamte Ausbauwassermenge erreichen wir an vielleicht zehn Tagen im Jahr – zuverlässig betrieben werden.“ Den Zuschlag zur Ausführung des gesamten elektromechanischen Equipments erhielt im Rahmen der Ausschreibung der international renommierte deutsche Kleinwasserkraftspezialist Ossberger. Dieser lieferte als Herzstück der Anlage eine für 820 l/s Ausbauwassermenge und 37 m Nettofallhöhe konzipierte Durchström-Turbine, die unter Volllast eine Engpassleistung von 238 kW erreicht. Als Energiewandler dient der horizontal angeströmten Maschine ein direkt gekoppelter Synchron-Generator der Marke AEM. Der luftgekühlte 400 V Generator wurde auf eine Nennscheinleistung von 244 kVA ausgelegt und dreht wie die Turbine mit exakt 600 U/

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min. Ebenfalls im Ossberger-Lieferumfang enthalten war die Mittelspannungsschaltanlage, diese wurde als Sub-Auftrag an das Südtiroler Unternehmen EN-CO vergeben. SAUBERE ENERGIE FÜR 120 HAUSHALTE Der Ausbruch der Corona-Epidemie im Frühjahr 2020 wirkte sich auch auf die Fertigstellung des Wasserkraft-Projekts aus, erklärt Hansmann: „Zwar konnte das Equipment im Frühling noch auf die Baustelle geliefert werden, die Montage musste aber aufgrund von Reisebeschränkungen von eigenem ALK-Personal erledigt werden. Die finale Inbetriebsetzung der Anlage erfolgte schließlich Ende Mai durch einen Techniker von Ossberger.“ Nach dem vierwöchigen Probebetrieb im Juni konnte die Anlage im Juli schließlich in den Regelbetrieb übergehen. Rund ein halbes Jahr nach Fertigstellung zieht Hansmann ein durchwegs positives Fazit über das Projekt: „Unsere ersten Betriebserfahrungen mit dem neuen Kraftwerk sind sehr zufriedenstellend, die Maschine läuft picobello.“ Im Regeljahr kann das Kraftwerk Tischbach rund 550.000 kWh Ökoenergie erzeugen, womit umgerechnet der Jahresstrombedarf von 120 durchschnittlichen 4-Personenhaushalten abgedeckt werden kann.

Foto: ALK

Technische Daten

Foto: Ossberger

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HYDAC wurde 1963 als Unternehmen für Hydraulikzubehör gegründet und ist heute eine internationale, familiengeführte Unternehmensgruppe mit über 9.000 Mitarbeitern, 50 Tochtergesellschaften und 500 Vertriebs- und Servicepartnern weltweit.

Bilder: HYDAC

Technik

HYDAC – KOMPETENTER PARTNER FÜR GESCHLOSSENE KÜHLSYSTEME IN DER WASSERKRAFT Wasserkraftwerke tragen weltweit einen entscheidenden Anteil zur nachhaltigen Energieversorgung bei. Das Unternehmen HYDAC stellt seine Expertise in der Wasserkraftbranche mit seinem umfangreichen Produktportfolio unter Beweis: Das um­fassende Lieferprogramm setzt sich aus Produkten der Hydraulik, der elektronischen Steuerungstechnik, der Magnettechnik, Regelsensoren sowie Fluidsensorik-/Condition, Monitoring- und Fluidpflege-Produkten zusammen.

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YDAC gilt heute als der ideale Partner für alle Aufgabenstellungen in der Wasserkraft, bei denen Fluidtechnik in Verbindung mit Hydraulik, Elektronik und Engineering gefordert wird. HYDAC blickt auf eine jahrzehntelange Erfahrung in der Ölhydraulik und Prozesswasseraufbereitung zurück. Durch die permanente Erweiterung des Angebotssortiments durch einzelne Komponenten wie Filter, Speicher, Ventile, Pumpen, Kühler und Sensorik entstand im Laufe der Jahre ein umfangreiches und vollständiges Produktprogramm, das alle Möglichkeiten der Gestaltung von Systemen für die Wasserkraft bietet. HYDAC liefert nicht nur einzelne Komponenten sondern auch ganzheitliche Systeme für nahezu alle Anwendungen in der Wasserkraft, die speziell auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse angepasst sind. KÜHLSYSTEME VERBESSERN WIRKUNGSGRAD Bei der Energieerzeugung in Wasserkraftwerken entstehen Verluste durch Erwärmung von Kupferwicklungen und Lagern. Diese Wärme

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Für geschlossene Kühlkreisläufe, die mit Wasserglykol arbeiten, hat HYDAC ein kompaktes System (WGK) entwickelt, das aus einem Motorpumpenaggregat, einem Ausgleichsbehälter, einem Mischventil und Sensoren besteht.

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Technik

Kühlkreislauf im Wasserkraftwerk

abzuführen, ist die Aufgabe von Kühlsystemen. Sie tragen dazu bei, den Wirkungsgrad zu verbessern, Schäden und erhöhten Verschleiß zu vermeiden und so die Life Cycle Costs zu reduzieren. Das HYDAC WGK ist ein kompaktes und modulares System für geschlossene Kühlkreisläufe, die mit Kühlmedien, wie Wasser-Glykol oder Wasser arbeiten und vor allem zur Kühlung des Generators und zur Kühlung von Hydraulikaggregaten in Verbindung mit einem Unterwasserwärmetauscher eingesetzt werden. Im Wesentlichen besteht das WGK aus einer oder mehreren Motor-Pumpen-Einheiten für Förderleistungen bis 1.500 l/min, Ausgleichsbehälter und weiterer Sensorik, wie Druckschalter, Drucksensoren und Druckbegrenzungsventil, Schnellentlüfter und Manometer. Die Rückkühlung des Kühlmediums erfolgt meist über vorhandene Wärmetauscher im Unterwasser. Es können aber auch Luftkühler oder Plattenwärmetauscher angeschlossen werden, die zusätzlich der Maschinenhausheizung oder Hydraulikölkühlung dienen. Das modulare System ist speziell für die Anwendung in Wasserkraftwerken konzipiert und enthält daher

genau die Komponenten, die hierfür benötigt werden.

lumenstrombestimmung über Δp und Pumpenkennlinie

FÜR ERHÖHTE VERFÜGBARKEIT UND SICHERHEIT: • geschlossener Kreislauf zur Vermeidung von diMedienverlust oder Medienalterung • redundante Motor-Pumpengruppe • 3/2-Wege Mischventil für eine gleichmäßige dTemperatur des Kühlmediums und zur Verdmeidung von Kondensation

WGK PRAKTISCH WARTUNGSFREI Geschlossene Kühlkreisläufe zeichnen sich besonders dadurch aus, dass sie – einmal installiert – praktisch wartungsfrei sind und sich zudem flexibel positionieren lassen. Daher werden HYDAC WGK schon seit Jahrzehnten zur Kühlung von Generatoren und Umrichtern in Windkraftanlagen eingesetzt. Diese Erfahrung fließt in die kontinuierliche Entwicklung und Optimierung der Kühlkreisläufe ein. Die Modularität der WGK macht es möglich, den Kühlkreislauf passend für Ihre Anwendung und der gewünschten Fördermenge zusammenzustellen. Der technische Vertrieb bei HYDAC verfügt über jahrelange Erfahrung im Fluid Engineering, um Sie hier zu unterstützen und zusammen mit Ihnen die passende Auswahl zu treffen. Detaillierte Informationen und eine ausführliche Beratung zum Thema WGK für die Wasserkraft erhalten Sie bei den HYDAC Branchenspezialisten, per E-Mail oder auf www.hydac.com.

VEREINFACHTE UND VORAUSSCHAUENDE WARTUNG: • Kugelhähne und Absperrklappen für den diService im laufenden Betrieb • Wartungsfreie magnetgekuppelte Pumpeniiidichtung (MAG-Drive) statt verschleißbedihafteten Wellendichtung • IO-Link Sensorik (optional auch mit Master)

ZUSÄTZLICHE SENSORIK: • Widerstandstemperatursensor mit Auswerdiiteelektronik oder zusätzliche Temperaturdiimessumformer • Druckmessumformer ermöglichen eine Vo-

Komponenten und Systeme für Wasserkraftwerke

Hydraulikspeicher

Vorteile

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Langjährige Erfahrung in allen Bereichen der fluidtechnischen Anwendungen der Wasserkraft Weltweite Servicedienstleistungen von der Inbetriebnahme bis zur sachgerechten Wartung

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Foto: Repower

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Das Kraftwerk Madulain im Schweizer Kanton Graubünden wurde zwischen November 2019 und Sommer 2020 umfassend saniert. Betreiberin Repower investierte rund 2,3 Millionen CHF in die Modernisierung ihres Traditionskraftwerks.

MODERNISIERUNGSPAKET BRINGT SCHWEIZER KRAFTWERK MADULAIN WIEDER IN SCHUSS

Rund ein Dreivierteljahr nach dem Beginn einer grundlegenden Modernisierung ging das Graubündner Wasserkraftwerk Madulain der Repower AG im Sommer 2020 wieder ans Netz. Im Zuge der Sanierung wurden unter anderem die Steuerung, die Leittechnik, die Elektroinstallationen, die Mittelspannungs-Schaltanlage und der Blocktransformator erneuert sowie die 2-düsige horizontale Pelton-Turbine und der Synchron-Generator umfassend revidiert. An der auf 2.077 m ü. M. situierten Wasserfassung fokussierten sich die Arbeiten auf die Erneuerung von sekundärtechnischen Komponenten. Die Revitalisierung der auf knapp 1.530 kW maximale Leistung ausgelegten Turbine erledigte der Südtiroler Wasserkraftexperte Troyer AG. Den Austausch des gesamten elektrotechnischen Equipments führte Repower in Eigenregie durch. Dank der Gesamterneuerung konnten die Betriebssicherheit und die Anlagenverfügbarkeit erheblich verbessert werden.

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Der Umbau startete im Sommer 1979, im Dezember 1980 ging die Anlage wieder ans Netz. Bei der Neuausführung wurde der

1.779 m lange Kraftabstieg komplett ersetzt und eine neue Wasserfassung errichtet. Im Krafthaus tauschte man die Maschinensätze Foto: Wikimedia / Adrian Michael

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as am Dorfrand der Graubündner Gemeinde Madulain errichtete Wasserkraftwerk Madulain nahm im Dezember des Jahres 1903 erstmals den Betrieb auf. Zur Stromgewinnung wurde der Gebirgsbach Ova d‘Es-cha ausgeleitet und das Triebwasser über eine Druckrohrleitung zu vier, in einem Patrizierhaus untergebrachten Turbinen geführt. Unter Volllast erbrachten die Maschinen eine gemeinsame maximale Leistung von ca. 600 kW, die Generatoren der Kraftwerks-Erstausstattung waren auf eine Nennscheinleistung von jeweils 150 kVA ausgelegt. 1920 wurden die Maschinengruppen 3 und 4 gegen eine einzelne Maschine getauscht, die Gruppen 1 und 2 sollten 1930 ebenfalls durch einen Solo-Maschinensatz ersetzt werden. Zu Ende der 1970er Jahre hatten die technischen Gewerke der Anlage ihren Zenit schließlich überschritten und sollten grundlegend erneuert werden, lediglich die baulich adaptierte Kraftwerkszentrale blieb erhalten.

Das am Dorfrand der Gemeinde Madulain errichtete Wasserkraftwerk wurde im Dezember 1903 fertiggestellt. Zwischen 1979 und 1980 erfolgte die Gesamterneuerung der Anlage.

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Foto: Repower

Für die Sanierung der 2-düsigen Pelton-Turbine wurde die Südtiroler Troyer AG beauftragt, die Revision des Synchrongenerators wurde von der Schweizer Firma Gebrüder Meier AG durchgeführt. Das Engineering und den Austausch der elektromechanischen Komponenten erledigte Betreiberin Repower in Eigenregie.

Technische Daten • Einzugsgebiet: 11,6 km² • Ausbauwassermenge: 500 l/s • Bruttofallhöhe: 397 m • Druckleitung: DN470 • Länge: 1.779 m • Turbine: 2-düsige Pelton • Turbinenwelle: Horizontal • Leistung maximal: ca. 1.529 kW • Generator: Synchron • Nennscheinleistung: 1.720 kVA • Erzeugung: ca. 6 GWh/a

genutzt werden. Dies führt dazu, dass sowohl die Anlagenleistung als auch die Stromerzeugung deutlich gesteigert wurden. Die neue Konzession für einen Zeitraum von 80 Jahren wurde dem Kraftwerk Madulain kurz vor dem Beginn des Umbaus 1979 erteilt. RETROFITPROGAMM FÜR TRADITIONSKRAFTWERK Zur Halbzeit der Konzessionsdauer startete die Betreibergesellschaft Repower, die mit ihren zahlreichen Wasserkraftwerken alljährlich rund 1.365 GWh Ökostrom erzeugt, im November des Vorjahres die umfassende Modernisierung der Kraftwerkszentrale. „Aufgrund vermehrter technischer Gebrechen und damit einhergehender Betriebsausfälle in der jüngeren Vergangenheit war es an der Zeit, die Anlage auf den neuesten Stand der Technik zu bringen“, erklärt Reto Isepponi, seines Zeichens Leiter der Abteilung Planung Elektromechanik bei Repower. Neben der Erneuerung der Sekundärtechnik im Krafthaus und der Wehranlage wurde im Rahmen der Revitalisierung auch die Druckrohrleitung einer genauen Inspektion unterzogen. Dazu wurde der Kraftabstieg an zwei Positionen geöffnet und mit einer mobilen Kamera befahren. Bedingt durch den generell guten Zustand der Rohrleitung mussten lediglich punktuelle Ausbesserungen des Korrosionsschutzes durchgeführt werden. Die wesentliche Herausforderung bestand laut Isepponi darin, für das Wiederverschließen der Druckleitung passende Dichtungen zu den vorhandenen Dressler-Kupplungen am Markt zu finden. Der fachgerechte Zusammenschluss der Druckleitung wurde vom Schweizer Unternehmen Fäh AG ausgeführt.

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NEUE SEKUNDÄRTECHNIK FÜR WEHRANLAGE Ebenfalls modernisiert wurde die Sekundärtechnik der auf 2.077 m ü. M. gelegenen Wehranlage. Diese wurde bei der Neuerrichtung vor rund 40 Jahren funktionell relativ einfach konzipiert. Über einen Einlaufschütz gelangt das aus dem Gewässer entnommene Triebwasser in ein unterirdisches Entsanderbecken, in dem die Messsonde der pegelgeregelten Turbine installiert wurde. Der Grund­ ablass der Wehranlage befindet sich ebenfalls im Entsander. „Der Bach führt generell wenig Geschwemmsel mit sich, weswegen auf den Einbau einer separaten Rechenreinigungsmaschine verzichtet werden konnte. Auch der Sedimenteintrag hält sich in Grenzen. Mit kontrollierten Spülungen haben wir das Geschiebemanagement gut im Griff“, so Isepponi. Im Zuge der Sanierung wurde der Wehrschütz renoviert, an den übrigen Schützen Neue Mittelspannungs-Schaltanlage

Foto: Repower

gegen eine einzelne 2-düsige Pelton-Turbine mit direkt gekoppeltem Generator aus, darüber hinaus wurde die Elektrotechnik erneuert. Anstelle der alten Rohre mit einem Durchmesser von 350 mm wurde die neue Druckrohrleitung mit spiralgeschweißten Stahlrohren mit einem Außendurchmesser DN470 ausgeführt. Zur Rohrverbindung setzte man auf „Dressler“-Kupplungen. In diesem Zusammenhang weist Thomas Grond, Leiter der Repower Unternehmenskommunikation auf eine Besonderheit hin: „Die Grabungsarbeiten neben dem Es-chaBach nutzten die Madulainer Bauern dazu, um neben der neuen Kraftwerksleitung eine kleine ‚Milchpipeline‘ von der Alp ins Dorf zu verlegen. Das obere Drittel dieser Leitung wird noch heute zum Transport von frischer Milch verwendet.“ Mit der größer dimensionierten Druckrohrleitung konnte in weiterer Folge auch eine erhöhte Ausbauwassermenge

Foto: Repower

Die Steuerschränke wurden komplett in Eigenregie durch Repower geplant, realisiert und installiert, wobei die einzelnen Komponenten wie Schränke, Geräte und Kleinmaterial von namhaften Herstellern bezogen wurden.

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Zur Steuerung aller Wasserkraftwerke setzt Repower auf eine selbst entwickelte Automatisierungssoftware.

und Rechen erfolgten Instandhaltungsmaßnahmen, alle Komponenten wurden darüber hinaus gereinigt und auf Ihre Funktion hin überprüft. Ebenfalls ausgebessert wurden punktuelle Beschädigungen des Betonbaus. Komplett erneuert wurden hingegen die elektrotechnischen Komponenten der Wasserfassung, darunter verschiedene Sensoren und die Fernanbindung zur Zentrale. TROYER BRINGT TURBINE AUF VORDERMANN Die Modernisierung der Kraftwerkszentrale konnte ohne Beton- und Stemmarbeiten umgesetzt werden. Begünstigt wurde das Projekt nicht zuletzt durch die problemlose Zufahrtsmöglichkeit zum Betriebsgebäude. „Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ein Sanierungsprojekt bei solch guten logistischen Rahmenbedingungen durchgeführt werden kann“, merkt Isepponi an. Zur umfassenden Sanierung der horizontalachsigen Pelton-Turbine beauftragte Repower den renommierten Südtiroler Wasserkraft-Allrounder Troyer AG. Die Demontage der auf 397 m Bruttofallhöhe und 500 l/s Schluckvermögen ausgelegten Maschine erfolgte in Zusammenarbeit mit Repower-Personal, wobei sich der im Krafthaus befindliche Hallenkran mit einer Hublast von 5 t als sehr nützlich erwies. Die Instandsetzung der Turbinenteile wurde im Troyer-Werk in der Stadtgemeinde Sterzing durchgeführt. Dabei wurden unter anderem das aus einem Edelstahl-Block gefräste Pelton-­ Laufrad und der Turbineneinlauf wieder auf Vordermann gebracht. Am Turbinengehäuse wurde der Korrosionsschutz erneuert. Darüber hinaus lieferte Troyer ein neues Hydraulikaggregat für die Regelung der beiden Pelton-Düsen und einen neuen Kugelhahn, der ebenfalls hydraulisch bewegt wird. Der luftgekühlte, direkt mit der Turbinenwelle gekoppelte Synchron-Generator wurde vom Schweizer Unternehmen Gebrüder Meier AG saniert. Bei der Revidierung des Energiewandlers wurde die gesamte Sensorik ersetzt, das Gleitlager getauscht und ein neuer Spannungsregler eingebaut. E-TECHNIK VON REPOWER INSTALLIERT „Das Engineering der neuen Sekundärtechnik, die Montage- und Verkabelungsarbeiten, sowie die Inbetriebsetzung wurden von internem Repower-Personal durchgeführt“, erklärt Isepponi. Das elektrotechnische Equipment wurde durchwegs von bekannten Unternehmen aus der E-Technik Branche bezogen, deren Ausrüstung in allen Repower-Anlagen zum Einsatz kommt. „Dies bringt hinsichtlich des Ersatzteilmanagements, aber auch bei der Störungssuche und -behebung ­wesentliche Vorteile mit sich“, so Isepponi. Neben der Mittelspannungsschaltanlage und dem 16-kV-Blocktransformator wurden auch der Eigenbedarfs-Transformator und die Niederspannungs-Hauptverteilung erneuert. Der elektronische Turbinenregler, die Maschinensteuerung sowie die Schutz- und Synchronisiereinrichtungen wurden eben-

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Das Modernisierungsprojekt brachte hinsichtlich Fernwartung und Regelfunktionalität eine Vielzahl von Optimierungen mit sich.

falls von Repower in Eigenregie installiert. Für die Regelung dieser Anlage setzte Repower zum ersten Mal auf einen selbst entwickelten Turbinenregler. In diesem Zusammenhang weist Isepponi darauf hin, dass das Kraftwerk Madulain schon vor der Modernisierung an das zentrale Repower-Leitsystem angeschlossen war. Dank der Erneuerung stehen den Betreibern nun weitaus verbesserte und detaillierte Überwachungs- und Regelfunktion zur Verfügung. ÖKOSTROM FÜR 1.300 HAUSHALTE Das allgegenwärtige Thema im Jahr 2020 – Corona – wirkte sich auch auf die Modernisierung des Kraftwerks Madulain aus. Gewisse e-technische Komponenten konnten erst mit mehreren Monaten Verspätung ausgeliefert werden. Rund acht Monate nach Projektbeginn erfolgte im Sommer schließlich die Wiederinbetriebnahme der rundum erneuerten Anlage. „Im Hinblick auf die Leistung bzw. den Stromertrag führte die Revision zu keinen nennenswerten Steigerungen. Die Anlagenverfügbarkeit konnte anhand der durchgeführten Erneuerung allerdings massiv erhöht werden. Die vermehrten Betriebsausfälle in den letzten Jahren gehören nun der Vergangenheit an. Wir sind guter Dinge, dass wir das Kraftwerk bis zum Ende der Konzession weitgehend störungsfrei betreiben können“, resümiert Isepponi. In Summe investierte Repower rund 2,3 Millionen CHF in die Modernisierung ihres Traditionskraftwerks, dessen Jahreserzeugung von ca. 6 GWh den Strombedarf von rund 1.300 Durchschnittshaushalten abdeckt. Foto: Repower

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Der Blocktransformator zur Netzeinspeisung des erzeugten Stroms wurde ebenfalls neu ausgeführt. Dank der Gesamterneuerung konnte die Betriebssicherheit des Kraftwerks erheblich verbessert werden.

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Dem 1893 erstmals in Betrieb genommenen Wasserkraftwerk Steinwandleiten der EVN wurde im Herbst im Rahmen einer umfassenden elektromechanischen Sanierung neues Leben eingehaucht. Das gesamte Equipment lieferte und installierte der Wasserkraft-Allrounder Jank GmbH.

KRAFTWERK STEINWANDLEITEN DANK UMFASSENDER SANIERUNG WIEDER ZUM LEBEN ERWECKT Das 127 Jahre alte Kleinwasserkraftwerk Steinwandleiten im niederösterreichischen St. Veit an der Gölsen wurde zum Herbstanfang grundlegend erneuert. Nachdem die Anlage wegen eines Generatorschadens mehrere Jahre keinen Strom mehr ans Netz liefern konnte, gab der Eigentümer und Betreiber, die evn naturkraft Erzeugungsgesellschaft m.b.H., ein Tochterunternehmen der EVN Gruppe, im heurigen Frühjahr eine Komplettrevitalisierung in Auftrag. Umgesetzt wurde die elektromechanische und leittechnische Modernisierung vom Innviertler Wasserkraft-Allrounder Jank GmbH. Dieser lieferte neben einem nun direkt angetriebenen Synchron-Generator die gesamte Elektrotechnik und Steuerung und installierte beim Kraftwerkseinlauf einen neuen horizontalen Schutzrechen inklusive automatischer Rechenreinigungsmaschine. Trotz unveränderter Ausbauwassermenge und Fallhöhe rechnet die EVN dank der durchgeführten Maßnahmen und der damit erreichten Betriebssicherheit mit einer Erzeugungssteigerung um rund zwei Drittel.

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ngesichts seiner Inbetriebnahme im Jahr 1893 kann das Kleinkraftwerk Steinwandleiten in der niederösterreichischen Gemeinde St. Veit an der Gölsen im Bezirk Lilienfeld durchaus als „Wasserkraft-Dinosaurier“ bezeichnet werden. Der letzte größere Umbau des Traditionskraftwerks der EVN fand Anfang der 1950er Jahre statt. Damals wurde eine Kaplan-Schacht-Turbine, die mittels Getriebe einen horizontalen Synchron-Generator in Rotation versetzte, installiert. Bei einer Ausbauwassermenge von 4 m³/s und einer Nettofallhöhe von 3,73 m erreichte die Maschine eine Engpassleistung von ca. 100 kW. Im Regeljahr konnte die Energieproduktion des Kraftwerks den Strombedarf von rund 70 durchschnittlichen Haushalten abdecken. Nachdem das aus Aluminiumguss gefertigte

Statt eines zwischengeschalteten Getriebes wurde der neue SynchronGenerator von Hitzinger direkt mit der Turbinenwelle verbunden.

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An der Kaplan-Schacht-Turbine installierte Jank eine hydraulische Laufrad-Verstelleinrichtung, womit das 2013 sanierte Laufrad und der Leitapparat unabhängig voneinander geregelt werden können.

Laufrad der Turbine 2013 generalsaniert wurde, musste die Anlage wegen eines wenige Jahre später erfolgten Generatorschadens für längere Zeit außer Betrieb genommen werden. Laut EVN war eine umfassende Modernisierung des Kraftwerks aufgrund der niedrigen Strompreis-Situation wirtschaftlich nicht darstellbar. Mit dem EVN-Pilotprojekt „Energiezukunft Gölsental“ wurde das Kraftwerk wieder zu neuem Leben erweckt. Bei dem Modellversuch testet die EVN in den Ortsteilen Wiesenfeld und Schwarzenbach das Potential soge­ nannter „Erneuerbarer Energiegemeinschaften“. Die Idee hinter diesem Begriff: Innerhalb einer Siedlung verbrauchen Kundinnen und Kunden gemeinsam den lokal produzierten Ökostrom – in diesem Fall aus einem Kleinwasserkraftwerk. Weil sie dafür keine überregionalen Stromnetze beanspruchen, müssen sie auch nicht für deren Nutzung bezahlen. Durch sinkende Abgaben wird der lokal produzierte und konsumierte Strom für alle Verbraucher günstiger.

OBERÖSTERREICHER LIEFERN KOMPLETTPAKET Der Startschuss für die Modernisierung des Kraftwerks Steinwandleiten erfolgte im Februar 2020 im Rahmen einer funktionalen Ausschreibung. Dabei sollte das gesamte neue Equipment der Anlage von einem einzigen Unternehmen geliefert und installiert werden. „Aufgrund der angespannten Erlössituation war es notwendig, die Sanierung auf ein wirtschaftlich sinnvolles Maß zu beschränken. Ziel war es, die Anlage mittels eines neuen Generators wieder in Betrieb zu nehmen und die Effizienz der Anlage zu steigern. Ein Komplettneubau war auch technisch nicht erforderlich“, erklärt EVN-Projektleiter Martin Scharsching. Den Zuschlag für die umfassende Sanierung erhielt der bewährte oberösterreichische Wasserkraft-Allrounder Jank GmbH, der für die EVN bereits eine ganze Reihe von Revitalisierungs- und Neubauprojekten umgesetzt hat. „Bis auf das Laufrad und den Leitapparat der Turbine haben wir die Anlage im Prinzip komplett erneuert. Die größte Herausforderung stellte dabei das Ein-

bringen des neuen Generators in das Kraftwerksgebäude dar“, erklärt Jank-Konstruktionsleiter Siegi Jank. Anstelle des alten Generators mit horizontaler Welle, der durch ein zwischengeschaltetes Getriebe mit der vertikalen Kaplan-Schacht-Turbine gekoppelt war, ist der neue Energiewandler nun direkt mit der Turbinenwelle verbunden. Jank merkt an, dass die Montagekonstruktion des Generators aufgrund von statischen Bedenken angepasst werden musste. Dazu wurden zwei massive Stahlträger in das Krafthaus eingebracht, wodurch die Abstützung der rund 4,5 t schweren Maschine auf den seitlichen Fundamentwänden des Gebäudes sichergestellt ist. Gefertigt wurde der 400 V Synchron-Generator vom Linzer Hersteller Hitzinger. Die luftgekühlte Maschine dreht wie die Turbine mit 250 U/min und wurde auf eine Nennscheinleistung von 150 kVA ausgelegt. TECHNIK GRUNDLEGEND MODERNISIERT Eine zentrale Maßnahme zur Verbesserung des Anlagenwirkungsgrads konnte laut Jank durch den Einbau eines horizontalen Schutzrechens und der dazugehörigen Rechenreinigungsmaschine erzielt werden. Vor dem Umbau musste der alte, vertikal ausgeführte Einlaufrechen von einem Anrainer des Kraftwerks händisch gereinigt werden: „Ich sage es immer wieder – ein sauberer Einlaufbereich und der dafür zuständige Rechenreiniger sind die wichtigsten Komponenten eines Kleinwasserkraftwerks“, bekräftigt Jank. Die Putzharke des pegelgeregelten Rechenreinigers mit ölhydraulischem Antrieb schiebt das Schwemmgut automatisiert zu einer Spülklappe, von wo es in den Unterwasserbereich abgegeben wird. An der vormals nur einfach regulierten Turbine wurde ein Laufrad-Verstellmechanismus installiert, wodurch das Laufrad und der Leitapparat mittels Hydrau-

Technische Daten • Typ: Ausleitungskraftwerk • Ausbauwassermenge: 4 m³/s • Nettofallhöhe: 3,73 m • Turbine: Kaplan-Schacht • Drehzahl: 250 U/min • Engpassleistung: ca. 100 kW • Generator: Synchron • Kühlung: Luft • Spannung: 400 V • Drehzahl: 250 U/min Die Kraftwerkssteurung JaPPOS kommuniziert mit dem zentralen übergeordneten EVN-Leitsystem.

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• Nennscheinleistung: 150 kVA

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Projekte lik-Aggregat getrennt voneinander geregelt werden können. Die elektro- und leittechnischen Komponenten des Kraftwerks wurden im Zuge der Generalsanierung ebenfalls völlig erneuert. Für den vollautomatischen Betrieb der Anlage kommt die Jank-eigene Steuerungs-Software „JaPPOS“ (Jank Power Plant Operating System) zum Einsatz. Die digitalen Kommunikationsschnittstellen der Steuerung wurden von Jank an die Anforderungen des übergeordnete EVN-Leitsystem angepasst. Die Anlage kann somit von der zentralen Leitwarte der EVN aus der Ferne überwacht und geregelt werden. ERZEUGUNG UM 2/3 GESTEIGERT Siegi Jank lässt nicht unerwähnt, dass die Modernisierung der Anlage in einem relativ knapp bemessenen Zeitfenster durchgeführt werden musste. Die Montage des kompletten Equipments konnte dank genauer Vorplanung innerhalb nur einer Woche Mitte September erfolgen. Nachdem die EVN im Anschluss die notwendigen Sanierungsarbeiten an den Ufermauern des Einlaufkanals erledigt hatte, wurde das Kraftwerk schließlich Mitte Oktober innerhalb eines Tages in Betrieb genommen. „Trotz der kleinen An­ lagengröße war der Auftrag keine leichte Her­ ausforderung, vor allem in zeitlicher

Dank der umfassenden elektromechanischen und leittechnischen Modernisierung rechnet die EVN mit einer erheblichen Erzeugungssteigerung der Anlage. Im Regeljahr kann das Kraftwerk Steinwandleiten den Strombedarf von rund 160 durchschnittlichen Haushalten abdecken.

Hinsicht. In Erinnerung bleibt ein sehr interessantes Projekts, bei dem wir wieder einiges dazu gelernt haben“, so Jank. EVN-Projektleiter Martin Scharsching zieht ein positives Resümee: „Da die wesentlichen Parameter wie die Fallhöhe und das Schluckvermögen der Turbine unverändert geblieben sind, haben wir mit keiner Leistungssteigerung kalkuliert. Die Effizienz der Anlage konnte aber sehr wohl deutlich verbessert werden. Infolge der automatischen Rechenreinigung und Laufradverstellung sowie der modernen Steuerung rechnen wir mit einer um rund zwei

Drittel gesteigerten Stromerzeugung, die zahlreichen Störungen und damit verbunden Anlagenstillstände gehören nun der Vergangenheit an. Überdies erwarten wir eine deutliche Reduzierung der Betriebskosten.“ Im November installierte die EVN eine Photovoltaik-Anlage an der Krafthausfassade. Die PV-Anlage nutzt die bestehende Infrastruktur und ergänzt die Energieproduktion aus Wasserkraft in idealer Weise, bei einer Peak­ leistung von 4,69 kWp können somit alljährlich zusätzlich ca. 4.000 kWh Ökstrom erzeugt werden.

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St. Johann im Pongau nutzt die Kraft des Trinkwassers. Die Bilanz der jüngsten Trinkwasserkraftanlage Bauhof, die drei Jahre in Betrieb ist, fällt höchst positiv aus. Bislang produzierte sie rund 600.000 kWh und weist in dieser Zeit keinen außerplanmäßigen Stillstand auf.

WIRTSCHAFTLICHE TRINKWASSERKRAFTWERKE BEWÄHREN SICH IN PONGAUER STADTGEMEINDE In St. Johann im Pongau setzt man auf die Kraft des Trinkwassers: Zwei eigene betreibt die Stadtgemeinde selbst, an zwei weiteren ist sie beteiligt. Seit drei Jahren ist das Trinkwasserkraftwerk Bauhof in Betrieb und hat seitdem in der Praxis mehr als überzeugt. Dementsprechend positiv fällt die Bilanz der Betreiber aus: Rund 600.000 kWh sauberen Strom aus der Energie der Marbachquellen hat die Anlage bislang erzeugt – und ist dabei nicht einen Tag ungeplant stillgestanden. Das bedeutet, dass das Kraftwerk auch mit entsprechend zuverlässiger Technologie ausgestattet wurde: In der Frage der steuerungs- und leittechnischen Ausrüstung vertraute man dabei – nicht zum ersten Mal – auf die Produkte und das Know-how der Firma Rittmeyer, die auch in Sachen Trinkwasserkraftwerke auf eine lange Referenzliste verweisen kann.

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ls so genannte e5-Gemeinde liegt St. Johann im Pongau der nachhaltige Umgang mit lokalen Ressourcen und der Einsatz erneuerbarer Energieträger seit mehr als zwei Jahrzehnten am Herzen. Dies stellte sie in der Vergangenheit eindrücklich unter Beweis, als sie 2008 als erste Bezirkshauptstadt Österreichs mit fünf "e" die höchste Auszeichnung des e5-Programmes entgegennehmen durfte. Wenig überraschend spielt im Nachhaltigkeitskonzept der Verantwortlichen im Stadtgemeinderat seit geraumer Zeit auch die energetische Nutzung der eigenen Trinkwasserquellen eine wichtige Rolle. Nachdem Anfang 2010 bereits das erste stadteigene Trinkwasserkraftwerk im Bereich Hubangerl mit 4,7 kW Leistung in Betrieb genommen wurde, legte man 2017 mit dem Trinkwasserkraftwerk Bauhof noch einmal nach. „Wir verfügen aktuell über die zwei eigenen Trinkwasserkraftwerke und sind darü-

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ber hinaus noch bei zwei weiteren Trinkwasserkraftwerken auf Gemeindegebiet beteiligt, die vom Wasserverband Obere Enns betrieben werden“, erklärt Wassermeister Gerhard Thurner, der mit seinen beiden Kollegen die stadteigenen Trinkwasserkraftwerke betreut. DAS KRAFTWERK, DAS NIE STILLSTEHT Ganz typisch ist das jüngste Trinkwasserkraftwerk von seinem Konzept her eigentlich nicht. Schließlich wird bei einer herkömmlichen Trinkwasserkraftanlage die Höhendifferenz zwischen dem Quellsammelschacht und dem Hochbehälter zur Stromerzeugung genutzt. Nicht so beim TWKW Bauhof. Hier wird das Überwasser aus dem Hochbehälter unterhalb des Trinkwasserkraftwerks Marbach zur Energiegewinnung herangezogen, indem es von einem voll trinkwassertauglichen Maschinensatz – direkt am St. Johanner Bauhof – turbiniert wird. „Das abgearbeitete Trinkwasser gelangt

danach nicht mehr ins Trinkwassernetz, obwohl es perfekt rein ist. Es wird in einen rund 80 m3 fassenden Sammelbehälter geführt und von dort aus zu Kühlzwecken in einen direkt angrenzenden Industriebetrieb geleitet“, so Gerhard Thurner. Daher ist auch das Bypass-System, wie man es generell aus Trinkwasserkraftanlagen kennt, in diesem Fall nicht ganz so wichtig. Dennoch muss gewährleistet sein, dass das Wasser im Fall eines außerplanmäßigen Stillstands der Turbine vorbeigeleitet werden kann. Doch dies sei – so der Wassermeister – in den vergangen drei Jahren noch nicht vorgekommen. „Die Anlage läuft wirklich hochstabil. Abgesehen von den seltenen Wartungszeiten ist das Trinkwasserkraftwerk noch nicht stillgestanden. Daher haben wir auch große Freude mit der Anlage.“ Für die Pongauer Betreiber hat es sich offensichtlich ausgezahlt, dass man bei der Partnerwahl auf Kompetenz und viel Erfahrung gesetzt hat.

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Zuschaltung der Anlage, als auch die Visualisierung. „Wir haben die Visualisierung auf einem 9-Zoll-Tochpanel im Anlagenraum realisiert. Außerdem wurde diese auch ins übergeordnete Leittechniksystem RITOP des Wasserversorgungssystem eingebunden. Also kann man auch über dieses System auf die Anlage zugreifen“, sagt Mario Reh. Als weiteres Sicherheitsinstrument hat das Team von Rittmeyer zudem ein so genanntes Watchdog-Relais integriert. Es dient dazu, bei Ausfall oder Störung einer Komponente die komplette Anlage kontrolliert abzuschalten. Das Alarmierungssystem basiert auf dem ebenfalls vielfach bewährten System RITAS aus dem Hause Rittmeyer. Selbstverständlich werden damit Gerhard Thurner und seine Kollegen im Fall der Fälle via Mobiltelefon alarmiert und über die Form der Störung in Kenntnis gesetzt.

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Der Maschinensatz, bestehend aus einer Häny-Trinkwasserturbine und einem Asynchrongenerator, wurde direkt am Bauhof St. Johann installiert. Die Anlage verfügt auch über einen Bypass, damit die angeschlossene Kühlwasserversorgung auch bei Ausfall gesichert ist.

großes Augenmerk auf die ganze Routine der Sicherheitsabschaltung. Zum einen wurde hier ein Netzentkoppelungsschutz gemäß TOR-Richtlinien (technischen und organisatorischen Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen – Anm. Red.) umgesetzt. Andererseits haben wir eine 3-stufige Blindleistungskompensationsanlage installiert, die in jedem Betriebsbereich dafür sorgt, dass Blindleistung und CosPhi im grünen Bereich bleiben.“ Alle relevanten elektrischen Größen werden dabei über einen Netzanalysator geführt und mittels Modbus in die Riflex M1 geführt. Dabei handelt es sich um die vielfach bewährte Automatisierungseinheit auf Prozessebene – ein Erfolgsprodukt aus dem Hause Rittmeyer, das aufgrund seiner flexiblen Ausrichtung viel Spielraum für allfällige Anpassungen lässt. Diese stellt somit die Schaltzentrale dar, sowohl für die Steuerung der Funktionen, die

STUFENLOSE DÜSENREGELUNG Für den Netzparallelbetrieb braucht es eine zuverlässige und zugleich funktionelle Zuschaltung: Dies wurde in Form eines „Sanftanlaufs“ mit Spannungsrampe realisiert, die ein Hochspannen von 50 auf 100 % in 10 Sekunden sicherstellt. Ein zentraler Aspekt des Steuerungskonzepts betrifft die Düsenregelung. Der Wasserstand im Hochbehälter Zederberg, von dem aus das Überwasser für das Trinkwasserkraftwerk Bauhof übernommen wird, wird auf ein Niveau von 4,60 m geregelt. Fällt der Wasserstand, wird die Öffnung der Düse verkleinert. Mario Reh: „Je nach Wasserstand im Hochbehälter kann die Turbinendüse stufenlos geregelt werden – von 20 bis 4 bar. Im Minimum kann die Turbine noch mit 13 l/s betrieben werden, was in etwa 10 Prozent der ursprüngFoto: zek

VIEL SCHWEIZER KNOW-HOW IM PAKET Das Herz der Anlage besteht aus einer Turbine des Schweizer Spezialisten für Kleinturbinen Häny aus dem St. Galler Rapperswil-Jona. Die kompakte Turbine treibt mit 1.015 Upm einen 6-poligen Asynchrongenerator an, wodurch bei einer Fallhöhe von 92 m und einer Ausbauwassermenge von maximal 55 l/s eine Ausbauleistung von 37 kW erzielt werden kann. Gerade im Trinkwasserkraftbereich zählt Häny zu den führenden Anbietern im Alpenraum. Die innovativen Lösungen des St. Galler Branchenunternehmens garantieren einen zuverlässigen und wirtschaftlichen Betrieb über Jahrzehnte. Für die steuerungs- und leittechnische Ausführung zeichnete ein weiteres Unternehmen mit eidgenössischer DNA verantwortlich: die Rittmeyer GmbH Österreich. Sie hatte bereits das erste Trinkwasserkraftwerk der St. Johanner ausgerüstet – und dies zur größten Zufriedenheit der Betreiber, wie Gerhard Thurner bestätigt: „Für uns war es beruhigend, einen bewährten Partner an der Seite zu haben, der unsere ganze Infrastruktur kennt und der stets flexibel auf unsere spezifischen Anforderungen eingegangen ist“, so der Wassermeister. In Summe lieferte Rittmeyer für das TWKW Bauhof folgende Komponenten: die Schaltschränke, die Niederspannungsverteilung, die Blindstromkompensation, die Zuschaltung und die gesamte Steuerungsund Sicherheitstechnik. NAGELPROBE SICHERHEITSTECHNIK „Was bei derartigen Anlagen immer eine gewisse Herausforderung darstellt, ist die Sicherheitstechnik“, erklärt der Projektleiter von Rittmeyer Ing. Mario Reh und geht ein wenig ins Detail: „Im Hinblick auf mögliche außerplanmäßige Abschaltungen muss stets der Schutz des Netzes vor Spannungsspitzen gewahrt sein. Aus diesem Grund legen wir

Wassermeister Gerhard Thurner hat dank der bedienungsfreundlichen Steuerungs- und Leittechnik das Trinkwasserkraftwerk jederzeit unter Kontrolle.

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Das Maschinenhaus fügt sich nicht nur aufgrund der geschmackvollen Optik bestens in das Naherholungs- und Wohngebiet im Zentrum von Gravellona Toce am Lago Maggiore ein, sondern auch aufgrund der getroffenen LärmDas 4-flügelige Laufrad treibt einen direkt schutzmaßnahmen, wodurch vom Kraftwerksgekoppelten Permanentmagnetgenerator an. betrieb kaum etwas nach außen dringt. Dank bedienerfreundlicher Oberfäche ist das Trinkwasserkraftwerk einfach zu kontrollieren.

Rittmeyer Österreich sorgte für die Steuerungstechnik. Das „Hirn“ der Anlage stellt die bewährte RIFLEX M1 dar, wo alle elektrischen Daten verarbeitet werden.

lichen Ausbauwassermenge entspricht. Unter dem Niveau von 4,20 m wird die Turbine abgestellt und die Bypass-Klappe geschlossen.“ Dabei wird der Durchfluss zusätzlich noch durch einen MID – magnetisch-induktiven Durchflussmesser – überwacht. Die berührungslose Messung des Durchflusses dient damit als zusätzlicher Referenzwert.

Technische Daten

VOLLLAST NUR IN DER NACHT Grundsätzlich verfügt das aus den Flachauer Marbachquellen gespeiste Trinkwassersystem über eine solide, sehr konstante Schüttung. Demgegenüber stellt sich die Stromproduktion des Trinkwasserkraftwerks durchaus schwankend dar. Genau genommen folgt sie der Verbrauchskurve des Trinkwassers – allerdings gegenläufig. „An den Verbrauchskurven erkennen wir ganz klar: Wenn am Morgen oder gegen Mittag der Wasserverbrauch ansteigt, sinkt die Stromproduktion. Und umgekehrt steigt die Stromerzeugung mit dem Absinken der Wassernachfrage. Das heißt, dass die Anlage häufig in der Nacht unter Volllast läuft“, erklärt Gerhard Thurner. Die Anlage ist so konzipiert, dass sie netzparallel fahren kann, prioritär übernimmt sie allerdings die Versorgung von Bauhof eigenen Anlagen. Thurner: „Wir haben bereits im Hinblick auf den realisierten Um- bzw. Ausbau des Bauhofs mit einer ressourcensparenden Heizmöglichkeit geplant und uns für eine Luft-Wärme-Pumpe entschieden, die heute die Gebäude des Bauhofs heizt. Den Strom dafür liefert das Trinkwas-

Hochbehälter Zederberg

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serkraftwerk.“ Und nicht nur dafür wird der Strom herangezogen. Zudem dient er dazu, einen Pufferspeicher bis auf 80 Grad zu erhitzen, dessen Heißwasser für die Werkstätten am Areal benötigt wird. Weiters werden damit Straßenlaternen erleuchtet, immerhin 350 können auf diese Weise mit sauberem Ökostrom betrieben werden. Der Überschuss wird schließlich ins öffentliche Stromnetz gespeist. 600.000 KWH IN DREI JAHREN Die Bilanz nach drei Jahren Betrieb kann sich in jedem Fall sehen lassen. „Wir sind absolut zufrieden mit unserem Trinkwasserkraftwerk. In Summe liefert es ohne Ausfälle im Jahr rund 200.000 kWh sauberen Strom“, betont Thurner. Während die Anlage im Sommer auch einen Teil der Produktion ins Netz der Salzburg AG speist, wird im wasserärmeren Winter der Strom zur Gänze für die Zwecke des Bauhofs verwendet. Rund ein Drittel wird über das Jahr gesehen ins öffentliche Netz eingespeist. Thurner streicht in seinem Resümee auch die Wirtschaftlichkeit derartiger Trinkwasserkraftwerke hervor, die keine eigene Wasserfassung benötigen und deren sauberes Wasser zu keinerlei Verschleißerscheinungen an den Maschinen führt. Außerdem würden mancherorts ohnehin nur Druckvernichter durch Turbinen ersetzt, argumentiert der Wassermeister. Das Trinkwasserkraftwerk Bauhof ist eine von rund 30 derartigen Anlagen, die aktuell in den Trinkwassersystemen des Landes Salzburg installiert sind. Offiziell geht man allerdings von einem nutzbaren Potenzial von 67 Trinkwasserkraftwerken mit einem möglichen Arbeitsvermögen von insgesamt 16 GWh aus. Damit besteht noch eine interessante Ausbauperspektive. Auch in St. Johann im Pongau denkt man bereits über eine weitere Anlage nach.

• Kraftwerkstyp: Trinkwasser-KW

• Quelle: Marbachquelle

• Fallhöhe: 92 m

• Nenndurchfluss: 55 l/s

• Turbine: 1-düsige Pelton

• Fabrikat: Häny

• Drehzahl: 1.025 Upm

• Leistung: 37 kW

• Generator: Asynchrongenerator

• Nennstrom: 68,1 A

• Spannung: 400 V

• Geräuschpegel: 64 dB

• Blindstromkompens.: 3-stufig

• Nennleistung: 31,25 kVAr

• Steuerungstechnik: Rittmeyer

• Spannungsrampe: 10 s (50-100%)

• Druckrohrleitung: duktiler Guss

• Durchmesser: DN200

• Inbetriebnahme: Sommer 2017

• Regelarbeitsvermögen: 200.000 kWh

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Rund 950.000 Euro investierte Ybbsitz in die Errichtung des ersten im Eigenbesitz stehenden Wasserkraftwerks. Im Verbund mit einer Photovoltaik-Anlage produziert das Kleinwasserkraftwerk „Am Wöhr“ nun zwei Drittel des gesamten jährlichen Strombedarfs der kommunalen Einrichtungen aus nachhaltigen Ressourcen.

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YBBSITZ SETZT MIT ERSTEM GEMEINDEKRAFTWERK WEITEREN SCHRITT ZUR ENERGIEUNABHÄNGIGKEIT Im niederösterreichischen Ybbsitz nahm Mitte August das bereits 32. Wasserkraftwerk im Gemeindegebiet seinen Betrieb auf. Gemessen an der Anzahl der Kraftwerke ist Ybbsitz mit Abstand der Spitzenreiter im gesamten Bundesland. Als Herzstück der Anlage „Am Wöhr“ lieferte der deutsche Niederdruckexperte Watec-Hydro GmbH eine doppeltregulierte Kaplan-Turbine mit direkt gekoppeltem permanenterregtem Synchron-Generator, der konstruktionsbedingt höchste Wirkungsgrade erreicht. Unter Volllast schafft die auf eine Ausbauwassermenge von 3,2 m³/s und eine Nettofallhöhe von 3,4 m ausgelegte Turbine eine Engpassleistung von 90,7 kW. Im Regeljahr kann das Kraftwerk rund 450.000 kWh Ökostrom erzeugen. Die mit einem Investitionsvolumen von rund 950.000 Euro errichtete Anlage ist das erste Wasserkraftwerk im Eigenbesitz der Gemeinde, die damit einen weiteren Schritt zur autarken Energieversorgung gesetzt hat.

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ie heute rund 3.400 Einwohner zählende Gemeinde Ybbsitz im niederösterreichischen Bezirk Amstetten erreichte im 16. Jahrhundert als Mittelpunkt der Eisenverarbeitung in der länderübergreifenden Region Eisenwurzen ihren Höhepunkt. Bedingt durch die Nähe zum steirischen Erzberg und dem regionalen Wasser- und Waldreichtum erblühte in Ybbsitz die Schmiedezunft und sorgte für den Wohlstand der Region. Schon damals nutzen die Handwerker die Kraft des Wassers, indem die schweren Schmiedehämmer mittels Wasserrädern und mechanischer Transmission in Bewegung versetzt wurden. Von der einstigen wirtschaftlichen Bedeutung des Ortes zeugen heute noch eine Vielzahl von montanhistorischen Baudenkmälern, die mittlerweile in touristische Konzepte eingebunden sind.

SPITZENREITER IN NIEDERÖSTERREICH Die ehemalige Hochburg der lokalen Eisenverarbeitung, deren Wasserräder im Laufe der Zeit hydroelektrischen Anlagen gewichen sind, nimmt in der Gegenwart eine beachtli-

Bürgermeister Gerhard Lueger (li.) und Planer Robert Hörhann freuen sich über die Fertigstellung des 32. Wasserkraftwerks in Ybbsitz.

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che Spitzenposition ein. Insgesamt 32 Kleinwasserkraftwerke erzeugen heute in Ybbsitz Ökostrom – mit Abstand die meisten in Niederösterreich innerhalb eines Ortgebiets. Das neueste Wasserkraftwerk wurde von der Ge-

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Watec-Hydro lieferte die doppeltregulierte Kaplan-Turbine mit direkt gekoppeltem Generator. Der auf Permanentmagnet-Technologie basierende Energiewandler stellt hinsichtlich des Wirkungsgrads Bestmarken auf. Bei vollem Zufluss erreicht die Turbine eine Engpassleistung von 90,7 kW.

meinde selbst realisiert, erklärt der Ybbsitzer Bürgermeister Gerhard Lueger beim Gespräch vor Ort mit zek HYDRO: „Wir beschäftigen uns schon seit längerer Zeit mit dem Thema Erneuerbare Energien und haben vor einigen Jahren bereits ein Trinkwasserkraftwerk in Betrieb genommen. Von der Errichtung des ersten ‚reinen‘ Wasserkraftwerks in Gemeindebesitz profitieren wir in doppelter Hinsicht. Zum einen wird mit der modernen Wehranlage der Hochwasserschutz erheblich verbessert. Zum anderen erzeugen wir nun gemeinsam mit der Photovoltaik-Anlage der Gemeinde rund zwei Drittel des jährlichen Strombedarfs unserer kommunalen Einrichtungen wie Kindergarten, Mittelschule, Wasserversorgung, Kläranlage, Freibad oder Feuerwehr selbst aus sauberen Quellen.“ NEUES KRAFTWERK AM ALTEN STANDORT Mit der Planung des ersten Gemeindekraftwerks wurde die niederösterreichische Ener-

giebüro Hörhann GmbH beauftragt: „Der damalige Bürgermeister Josef Hofmarcher ist schon vor mehr als 10 Jahren an mich herangetreten, um ein Energiekonzept für die Gemeinde zu entwickeln. Dieses Konzept wurde im Laufe der Zeit immer mehr verfeinert, und schließlich hat sich die Möglichkeit ergeben, das ohnehin stark sanierungsbedürftige ‚Stein­hauser Wehr‘ für den Bau eines neuen Wasserkraftwerks zu nutzen“, so Robert Hörhann. Die alte Wehranlage bestand aus Holz und diente als Querbauwerk für ein rund 100 m flussabwärts situiertes Ausleitungskraftwerk mit einer Kaplan-Turbine. Hörhann merkt an, dass das neue Gemeindekraftwerk in einem ersten Entwurf ebenfalls als Ausleitungsanlage konzipiert wurde. „Wegen der kostspieligen Druckrohrleitung wurde diese Idee allerdings wieder verworfen, der Fallhöhengewinn hätte die Baukosten nicht aufgewogen.“ Als ideale Lösung wurde stattdessen ein klassisches Flusskraftwerk geplant, bei

Der Turbinen-Leitapparat wird hydraulisch geregelt. Dank des durchdachten Aufbaus bietet die auf 3,2 m³ Ausbauwassermenge und 3,4 m Nettofallhöhe ausgelegte Maschine optimale Wartungsbedingungen.

dem das Triebwasser in einem direkt neben der Wehranlage platzierten Krafthaus turbiniert wird. OBERÖSTERREICHER LIEFERN STAHLWASSERBAU Mit dem Abbruch der alten Wehranlage ging das Projekt im heurigen Jänner schließlich in die Umsetzungsphase über. Für die Ausführung der Hoch- und Tiefbauarbeiten wurde das Ybbsitzer Unternehmen SCE Schaufler Bau GmbH, dessen Werksgelände direkt neben dem neuen Kraftwerk liegt, beauftragt. Trotz zwei kleinerer Hochwasserereignisse konnte die Bauphase ohne nennenswerte Probleme umgesetzt werden. Den kompletten Stahlwasserbau für die Wehranlage lieferte der oberösterreichische Wasserkraft-Allrounder Jank GmbH. Das größte Bauteil der hydromechanischen Ausstattung stellte die 14,5 m breite Wehrklappe mit einseitigen hydraulischem Antrieb dar. An dem auf der orographisch rechten Flussseite befindlichen Kraftwerkseinlauf wurde ein 8,5 m langer und 1,2 m hoher horizontaler Schutzrechen mit 30 mm Stababstand montiert. Für optimale Zuflussbedingungen an dem bekannt fischfreundlichen Horizontalrechen sorgt eine pegelgeregelte Rechenreinigungsmaschine mit hydraulischem Antrieb, die das Schwemmgut über einen neben der Wehrklappe angeordneten Spülschütz direkt in den Unterwasserbereich abführt. HÖCHSTER WIRKUNGSGRAD GARANTIERT Den Zuschlag zur Ausführung der Turbine erhielt die auf den Niederdruckbereich spezialisierte Watec-Hydro GmbH aus dem schwäbischen Unterallgäu. Diese lieferte eine doppeltregulierte Kaplan-Turbine mit vertikaler Welle, die einen direkt gekoppelten Permanentmagnet-Generator antreibt. Bei vollem Zufluss erreicht die für eine

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 3,2 m³/s • Nettofallhöhe: 3,4 m • Turbine: doppeltregulierte Kaplan • Drehzahl: 300 U/min • Welle: vertikal • Engpassleistung: 90,7 kW • Hersteller: Watec-Hydro GmbH • Generator: Permanentmagnet • Drehzahl: 300 U/min • Spannung: 400 V • Nennscheinleistung: 125 kVA • Regelarbeitsvermögen: ca. 450.000 kWh

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Für die Gewährleistung der ökologische Durchgängigkeit sorgt ein Vertical-Slot-Pass bestehend aus 26 Becken.

Ausbauwassermenge von 3,2 m³/s und eine Nettofallhöhe von 3,4 m konstruierte Maschine eine Engpassleistung von 90,7 kW. Der Generator dreht wie die Turbine mit ­exakt 300 U/min und wurde auf eine Nennscheinleistung von 125 kVA ausgelegt. ­Permanentmagnet-Generatoren kommen üb­ licherweise bei Windkraftanlagen zum Einsatz und können bei starrer Drehzahl ohne den Einsatz zusätzlicher Elektronik betrieben werden. Durch die integrierte Bauweise ohne zusätzliche Lager wird die Einfachheit und Zugänglichkeit klassischer Anlagen mit einer hervorragenden Energieausbeute verbunden. Robert Hörhann hebt die Pluspunkte des innovativen Maschinensatzes hervor: „Dank des durchdachten Aufbaus der Turbine können routinemäßigen Wartungen mit minimalem Aufwand und einfachen Werkzeugen bewältigt werden. Der Synchron-Generator benötigt konstruktionsbedingt keine separate Erregung, wodurch die Maschinen äußerst geringe Abmessungen aufweisen. Darüber hinaus stellen Permanentmagnet-Generatoren im Hinblick auf den Wirkungsgrad die Königsklasse dar und verursachen nur sehr leise Betriebsgeräusche.“ Zur Steuerung der Anlage kommt eine von Hörhann selbst programmierte Automatisierungslösung zum Einsatz. Die Leittechnik sorgt für den vollautomatischen Betrieb der Kraftwerksanlage und kann via Online-Anbindung komplett aus der Ferne überwacht und gesteuert werden. STANDORT ÖKOLOGISCH AUFGEWERTET In ökologischer Hinsicht brachte das Wasserkraftwerk mit der obligatorischen Errichtung einer Fischaufstiegshilfe eine wesentliche Verbesserung mit sich. Der Fischaufstieg wurde für die Leitfischart Huchen, welche in ausgewachsenem Zustand eine Länge von bis zu 90 cm erreichen kann, ausgelegt und als technische Vertical-Slot-Pass-Variante realisiert. Da das System eine behördlich anerkannte Me-

Zur vollautomatischen Steuerung der Anlage dient eine von Planer Hörhann selbst entwickelte Leittechniklösung.

thode darstellt, musste der Fischaufstieg keinem separaten Monitoring zum Funktionsnachweis unterzogen werden. In diesem Zusammenhang bemerkt Hörhann, dass sich der Standort des Gemeindekraftwerks am Ende der Huchenregion befindet. Wäre die Anlage wenige 100 m weiter flussaufwärts errichtet worden, hätte der Fischaufstieg aufgrund der dort heimischen Leitfischart Esche wesentlich kleiner dimensioniert werden können. In Abhängigkeit zur Laichzeit der Gewässerbewohner werden die insgesamt 26 Becken des Fischaufstiegs zwischen Mai und Dezember mit 235 l/s dotiert, zwischen Jänner und April beträgt die vorgeschriebene Dotationswassermenge 300 l/s. PROJEKT FÜR GENERATIONEN Die vom Kraftwerk erzeugte Energie speist die Gemeinde auf direktem Weg in das lokale Stromnetz ein, wobei die kommunalen Einrichtungen mit eigenen Stromanschlüssen

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Kaplanturbinen Wasserkraftanlagen Watec Hydro GmbH | Alpenstraße 22 | D-87751 Heimertingen Tel.: +49 (0) 83 35/98 93 39-0 | E-Mail: info@watec-hydro.de

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versehen wurden. Zur nächstgelegen Trafo­ station wurde ein rund 800 m langes Erdkabel verlegt. Bürgermeister Lueger lässt nicht unerwähnt, dass die Projektkosten von rund 950.000 Euro eine Investitionsförderung der Abwicklungsstelle für Ökostrom OeMAG erhalten haben. Nach einer rund achtmonatigen Umsetzungsphase konnte das Gemeindekraftwerk am 20. August das erste Mal in Betrieb gesetzt werden. Die offizielle Eröffnung im Oktober musste bedingt durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie im kleineren Rahmen stattfinden. „Es macht mich stolz, dass wir mit dem Wasserkraftwerk den nächsten Meilenstein in Richtung Energieunabhängigkeit gesetzt haben. Ich bin davon überzeugt, dass von dem Projekt auch unsere kommenden Generationen profitieren werden“, resümiert Lueger, der im Regeljahr mit einer durchschnittlichen Stromproduktion von rund 450.000 kWh rechnet.

www.watec-hydro.de

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Auf eine 30-jährige erfolgreiche Firmengeschichte blickt S.K.M. aus dem steirischen Kammern mittlerweile zurück. Im Bild Geschäftsführer Sepp Köhl (mitte) zwischen seinen beiden langjährigen Mitarbeitern Otto Pobatschnig (li) und Karl Bichler, die einen großen Anteil an der Erfolgsgeschichte der S.K.M. Wasserkraft haben. Das Trio befindet sich am jüngsten Referenzprojekt, dem KW Haunoldmühle an der Steyr. Hier hat S.K.M. unter anderem zwei Wehrklappen mit je 20 m Breite installiert.

STEIRISCHER STAHLWASSERBAUSPEZIALIST FEIERT SEIN 30ER-JUBILÄUM Auf drei Jahrzehnte Firmengeschichte kann das steirische Maschinen- und Stahlwasserbauunternehmen S.K.M. heute zurückblicken. Firmengründer und Geschäftsführer Sepp Köhl, der 1990 gemeinsam mit Erwin Schmid den Betrieb aus der Taufe gehoben hatte, zählt mittlerweile zweifellos zu den bekanntesten und etabliertesten Stahlwasserbau-Experten am österreichischen Kleinwasserkraftsektor. Nicht weniger als 80 Kleinkraftwerke hat S.K.M. in dieser Zeit mit seinen Lösungen ausgestattet – darunter auch ein eigenes, an dem permanent neue Entwicklungen getestet werden. Zählt man alle von S.K.M. ausgerüsteten Kraftwerksanlagen zusammen, reicht der erzeugte Strom aus, um rund 80.000 Haushalte mit Strom zu versorgen. Und darauf können die Jubilare mit Fug und Recht stolz sein.

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it viel Know-how aus dem Anlagenund Maschinenbau und einer großen Portion Zuversicht wagte der Firmengründer aus der Steiermark zu Beginn der 1990er Jahre seine Schritte in die Selbständigkeit. Die ersten Aufträge wickelte das anfänglich aus 4 Personen bestehende Team in Madstein im Liesingtal ab, wo das Unternehmen in Untermiete tätig war. Erst einige Jahre später sollte der Umzug ins zehn Kilometer entfernte Kammern erfolgen, wo S.K.M. eine mechanische Fertigungsstätte mit über 1.000 m2 Fläche errichtete und von hier aus seine Erfolgsgeschichte weiterschrieb. „Die ersten zehn Jahre unserer Firmengeschichte waren von Aufträgen aus dem Stahl- und dem Industrieanlagenbau geprägt. Beispielsweise haben wir damals für den GAK-Trainingsplatz eine Tribüne geliefert“, erinnert sich Sepp Köhl.

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Doch die Ausrichtung sollte sich Stück für Stück ändern, je näher die Nullerjahre rückten. Das Thema Wasserkraft wurde für S.K.M. interessant – und S.K.M. für die Wasserkraft. Sepp Köhl: „Wir haben damals ganz klein begonnen. Das Grazer Planungsbüro Pittino hat an uns einen ersten Auftrag vergeben, es kamen kleinere Anlagen hinzu - von Betreibern wie der Investa in Admont oder der Flick’schen Forstverwaltung in Rottenmann.“ FERTIGUNG IM EIGENEN HAUS Die Anforderungen in der Wasserkraft schienen die Qualitäten des steirischen Unternehmens erst so richtig zur Geltung zu bringen. Die Aufträge wurden mehr, wurden größer und anspruchsvoller. Parallel dazu wuchs auch das hauseigene Know-how im Team von S.K.M., das mit jedem erfolgreichen Projekt

dazu lernte. Vor allem machte sich langsam bezahlt, dass alles im eigenen Haus projektiert, konstruiert und gefertigt wird. „Darauf sind wir auch wirklich stolz. Das ist in Zeiten wie diesen nicht mehr selbstverständlich“, sagt der Geschäftsführer und streicht dabei lobend die Leistung seiner engsten Mitarbeiter hervor: „Die Konstruktion erfolgt unter der Leitung von Meister und Konstrukteur Otto Pobatschnig, die Fertigung und Montage der Anlagenteile unter dem prüfenden Blick von Bichler Karl – beide langjährige Mitarbeiter und Profis mit wirklich viel Erfahrung.“ Mittlerweile gibt es keine Komponente im klassischen Stahlwasserbau, die S.K.M. noch nicht für Kleinwasserkraftwerke im In- und Ausland realisiert hat. Das Leistungsportfolio umfasst dabei sämtliche Varianten von Schützen, unterschiedliche Rechenreinigungsma-

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Jubiläum

Für das Kraftwerk Offner im Kärntner Lavanttal lieferte S.K.M. die 25 m breite Wehrklappe.

schinen – in vertikaler ebenso wie in horizontaler Ausführung, Wehrklappen, Dammtafeln sowie die gesamte Hydraulik für den Betrieb der Wehranlagen, um die wichtigsten Komponenten zu nennen. Außerdem sind in den letzten Jahren auch Fischaufstiegshilfen für einen ökologisch einwandfreien Betrieb der Anlage hinzugekommen. Auch Absperrorgane, Rohrleitungen und sogar ein Fischaufstiegslift wurde vom Team von S.K.M. erfolgreich in Betrieb genommen. Dabei werden die Anlagenteile nach höchsten Qualitätskriterien gefertigt. „Da hinter vielen Projekten ein hohes Invstetionsvolumen steckt, ist es uns wichtig, dass unsere Anlagenteile eine entsprechend lange Lebensdauer haben“, sagt Sepp Köhl. KNOW-HOW AUS EIGEN-KRAFTWERK Ein Erfolgsgeheimnis hinter dem Aufstieg von S.K.M. dürfte mit Sicherheit im hauseigenen Kleinwasserkraftwerk zu sehen sein. Als 40. Kleinkraftwerk in der Firmenge-

schichte haben Sepp Köhl und sein Team 2011 das Eigen-Kraftwerk Vordernbergerbach in der näheren Heimat des Unternehmens realisiert – eine Anlage mit absolutem Mustercharakter: „Das KW Vordernbergerbach dient für uns zum einen als Referenzanlage, die wir gerne Kunden zeigen – auch um gewissen Funktionen zu demonstrieren. Zum anderen stellt sie für uns auch eine perfekte Testanlage dar: Hier können wir neue Entwicklungen und Innovationen auf Herz und Nieren testen. Und davon profitieren unsere Kunden, weil das Know-how in unsere Produkte einfließt“, erklärt Sepp Köhl. Gerade in der Geschäftspraxis in der Kleinwasserkraftbranche erwies es sich für den Steirer immer wieder als höchst nützlich, dass er als Kraftwerksbetreiber von der gesamten Materie Ahnung hat – egal ob es um Fragen der behördlichen Genehmigungsverfahren, oder um Inbetriebsetzungen oder den wartungsfreien, vollautomatischen Betrieb einer Kraftwerksanlage geht.

Sepp Köhls Eigenkraftwerk dient einerseits als Referenzanlage, andererseits werden hier Neuentwicklungen und Innovationen getestet.

Foto: S.K.M.

Foto: S.K.M.

2011 realisierte die J. Köhl Wasserkraft GmbH & Co KG das Kleinkraftwerk Vordernbergbach. Die Anlage liefert im Regeljahr rund 2 Millionen kWh.

WASSERKRAFT ALS LEIDENSCHAFT Heute wird Sepp Köhl gerne auch als Experte von Wasserkraft-Interessierten beigezogen, wenn es um die Bewertung eines Kraftwerksstandorts geht. Kommt es zur Planung der Wehranlage, ist sein langjähriges Expertenwissen ebenfalls gefragt. Aus der Praxis liefert er einen wichtigen Input, um Fehler schon zu einem frühen Zeitpunkt zu vermeiden. Für den steirischen Unternehmer ist die Wasserkraft inzwischen zur Leidenschaft geworden. Über die Grenzen des Liesingtals hinaus wird ihm schon nachgesagt, dass in seinen Adern reines Triebwasser fließe. „Ich habe mit meiner Anlage, die im Jahr rund 2 GWh sauberen Strom erzeugt, eine irrsinnige Freude: Sie ist in neun Jahren Betriebsdauer in Summe nicht einmal eine Woche stillgestanden. Das ist auch ein Beleg dafür, wie betriebssicher wir Wehranlagen bauen.“ An der Anlage werden seitdem permanent Versuche hinsichtlich Geschiebemanagement mittels Grundablass bzw. auch Wehrklappe durchgeführt. Dabei testete S.K.M. auch verschiedene Panzerungen, um die negativen Auswirkungen der Geschiebeabfuhr auf den unmittelbaren Unterwasserbereich zu minimieren. Zudem wurden ein neuartiger Stellungsanzeiger für die Wehrklappe sowie eine Pegelmessung über eine Lasersonde auf Herz und Nieren getestet. Auch die Betriebserfahrungen mit der vertikalen Rechenreinigungsmaschine am Eigen-Kraftwerk flossen letztlich schon in so manches weiteres Kraftwerksprojekt mit ein. Schon bei der Planung und auch in der Umsetzung steht bei S.K.M. stets das Ziel im Vordergrund, die Triebwasserführung an den Wehranlagen so zu gestalten, dass die Anlagen mit geringstem personellen Aufwand und zudem mit hoher Betriebssicherheit betrieben werden können. Grundsätzlich, findet Sepp Köhl, sei die Qualität und vor allem die Bedeutung von Rechenreinigungsmaschinen

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Das Maschinenhaus fügt sich nicht nur aufgrund der geschmackvollen Optik bestens in das Naherholungs- und Wohngebiet im Zentrum von Gravellona Toce am Lago Maggiore ein, sondern auch aufgrund der getroffenen Lärmschutzmaßnahmen, wodurch vom Kraftwerksbetrieb kaum etwas nach außen dringt. Eine weitere Referenzanlage von S.K.M.: Das Kraftwerk Zwutzhof im Metnitztal.

nach wie vor etwas unterbewertet: „Es geht darum, das gefasste Wasser möglichst ungehindert und mit hohem Reinheitsgrad zur Turbine zu bringen. Das erhöht auf der einen Seite die Lebensdauer der Laufräder. Und andererseits muss man sich die Frage stellen: Was nützt denn der höchste Wirkungsgrad einer Turbine, wenn die Wehranlage laufend auf ‚Störung‘ geht?“

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blieben sind“, erzählt der S.K.M.-Geschäftsführer und verweist in diesem Zusammenhang etwa auf die Murwasseranlage der Voestalpine Donawitz, für die 2010 wohl die größte Rechenreinigungsmaschine der Firmengeschichte gebaut worden ist. Auch das Restwasser-Kraftwerk in Gratkorn fällt ihm ein, es sei aufgrund der erhöhten Herausforderungen sehr interessant gewesen. Und natürlich die Auslandsprojekte: S.K.M. hat seine Visitenkarte dabei bereits in Albanien, Armenien, Georgien aber auch in Deutschland hinterlassen. Das größte aller Projekte wurde dabei in Georgien als Subunternehmer des oberösterreichischen Wasserkraft-Allrounders Global Hydro umgesetzt: Neben zwei kompletten Tirolerwehranlagen und zwei vertikalen Rechenreinigungsmaschinen wurden nicht weniger als 25 Schützen zum Kraftwerk in den Südkaukasus geliefert. Und auch beim Aufse-

Foto: S.K.M.

ERFOLGREICH IM IN- UND AUSLAND Wenn sich Sepp Köhl nach 30 Jahren erfolgreichen Unternehmertums die Zeit für eine kleine Rückschau nimmt, fallen ihm schon einige Referenzprojekte ein, auf die man bei S.K.M. besonders stolz ist: „Eigentlich sind wir auf alle 80 ausgeführten Anlagen stolz. Aber natürlich waren einige dabei, die durch ihre schiere Größe, die Komplexität oder Außergewöhnlichkeit stärker in Erinnerung ge-

Eine der größten Rechenreinigungsmaschinen ihrer Firmengeschichte realisierte S.K.M. 2009 für die Murwasseranlage der Voestalpine Donawitz.

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Jubiläum

Das Team von S.K.M. hat sich über die Jahre einen ausgezeichneten Ruf am österreichischen Kleinwasserkraftmarkt erarbeitet. Mittlerweile werden die Stahlwasserbaulösungen von S.K.M. auch im Ausland nachgefragt. Im Bild: Eine horizontale RRM mit einer Schubkraft für das Rechengut von 1,5 Tonnen.

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hen erregenden Praterkraftwerk an der Isar in München durfte S.K.M. einen Beitrag leisten, indem man unter anderem eine Horizontal-Rechenreinigungsmaschine mit 20 m Putzbreite lieferte. Aktuell arbeitet man am Kraftwerk Murinsel in Bruck an der Mur, das nächstes Jahr in Betrieb gehen soll. STROM FÜR 80.000 HAUSHALTE Dank eines modernen und leistungsstarken Maschinenparks in der Fertigungsstätte in Kammern ist das Unternehmen heute in der Lage, auch große Bauteile für die Wasserkraft zu fertigen. „Bei uns können etwa Wehrklappen mit einer Länge von 25 m und einer Höhe von 3 m und einem Gesamtgewicht von mehr als 20 Tonnen problemlos gefertigt werden. Außerdem verfügen wir auch über eine klassische Schlosserei mit Blechbearbeitungsmaschinen. Unser Spektrum reicht vom herkömmlichen Stahlbau, über den Maschinenbau, die Hydraulik, bis hin zur Verarbeitung von rostfreiem Stahl“, erklärt Sepp Köhl. Wie stark mittlerweile das Standbein Wasserkraft geworden ist, verrät die Umsatzverteilung: Rund 90 Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes von Sepp Köhl entfallen heute auf die Wasserkraft. Dieser Erfolg freut Sepp Köhl, der auch die Bedeutung der Wasserkraft in ihrer ökologisch-nachhaltigen Dimension im Blick hat: „Sämtliche Anlagen, die wir mit unseren Produkten und unserem Know-how ausgerüstet haben, erzeugen heute ca. 400 GWh im Jahr. Das entspricht etwa dem Verbrauch von 80.000 Haushalten. Darauf sind wir stolz. Immerhin tragen wir im Hinblick auf das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 den gesamten österreichischen Strombedarf aus Ökostrom zu decken, mit diesen Anlagen ein ganz wesentliches Scherf­ lein dazu bei.“

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