zek Hydro - Ausgabe 4 - 2020

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AUGUST 2020

Verlagspostamt: 4820 Bad Ischl · P.b.b. „03Z035382 M“ – 18. Jahrgang

Fachmagazin für Wasserkraft

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Schwerpunkt: Digitalisierung in der Wasserkraft Beschneiungs-Kraftwerk macht Skigebiet energieautark Forstbetrieb in Niederösterreich erneuert erfolgreich zwei Kraftwerke

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Neues Maschinentrio erhöht Eigenversorgung in nordkaukasischer Teilrepublik

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HYDRO

Zur Sache

EIN NACHHALTIGER KONJUNKTUR-MOTOR BRAUCHT INVESTITIONEN IN DEN KLIMASCHUTZ

K

einer soll nachher sagen, er hätte es nicht gewusst. Dafür liegen heute zu viele wissenschaftliche Fakten und Studien auf dem Tisch: Nicht morgen, nicht übermorgen und nicht bei besserer Konjunkturlage müssen wir in den Klimaschutz investieren, sondern genau jetzt. Den Sparstift bei den Erneuerbaren anzusetzen, heißt das Volksvermögen von morgen verbraten. Erst kürzlich veröffentlichte IRENA, die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien, eine brandneue Studie, die ganz klar belegt, dass öffentliche Investitionen in die Energiewende unmittelbar Arbeitsplätze schaffen und das BIP ankurbeln. Demzufolge würde eine Erhöhung der Gesamtinvestitionen in Erneuerbare auf 4,5 Mio. US$ im Jahr die Weltwirtschaft um 1,3 % steigern und zugleich die Arbeitsplätze in der Branche auf 30 Millionen praktisch verdreifachen. Auf diese Weise ließe sich eine wirtschaftliche Erholung und die Erreichung der Klimaziele in Einklang bringen. Die IRENA-Studie mag neu sein, die Erkenntnis scheint aber schon länger in der Bevölkerung eingesickert zu sein. In Österreich setzten gerade 380.000 Menschen ein deutliches Zeichen, indem sie das Klimavolksbegehren für einen ambitionierten Schutz des Klimas unterstützten. Dass „Investitionen in die erneuerbaren Energieträger zugleich der wirksamste Konjunkturmotor“ seien, bekräftigte in diesem Zusammenhang auch der neue Präsident von Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), Christoph Wagner. Der Dachverband rechnete unlängst in einer Aussendung vor, dass in Österreich im Jahr 8 Mrd. € an Wertschöpfungsverlusten durch fossile Importe entstehen, 4 Mrd. € durch umweltschädliche Förderung und 1 Mrd. € für Anpassungen an den Klimawandel – von den immer plausibler werdenden Strafzahlungen bei Nichterreichen der vereinbarten europäischen Klimaziele gar nicht zu sprechen. Die Schlussfolgerung ist deckungsgleich mit jener der IRENA-Studie: Um die Wirtschaft nach dem Corona-Lockdown wieder in Schwung zu bringen und zugleich die Zukunft nachhaltig zu gestalten, braucht es konsequente, verantwortungsvolle Investitionen in die Transition unseres Energiesystems. Die Zahlen, die dafür in den Medien herumgeistern, fallen allerdings höchst unterschiedlich aus. Der renommierte deutsche Klimawissenschaftler Pao-Yu Oei geht davon aus, dass es teuer wird: 3 Billionen € veranschlagt er, damit Europa – wie es der Green Deal vorsieht – bis spätestens 2050 zum klimaneutralen Kontinent wird. Trotz der exorbitanten Summe argumentiert er: „Der Klimaschutzpfad ist günstiger als die Alternative, nichts zu machen. Weil die Schäden ansonsten viel zu hoch sind.“ Im Rahmen des unlängst beschlossenen 1,8 Billionen Euro umfassenden Corona-Hilfspaketes der EU-Staaten haben sich die Staaten verpflichtet, 30 Prozent der Investitionen Klimaschutzmaßnahmen zuzuführen. Allerdings scheinen diese 30 Prozent einerseits nicht auszureichen und sind anderseits an zu schwammige Auflagen gebunden. Umweltschutzverbände monieren, dass es dafür zumindest 40 Prozent gebraucht hätte. Welche Rolle die Wasserkraft im Energiemix der nahen Zukunft spielen wird, scheint sich zunehmend klarer abzuzeichnen. Sie wird dank ihrer Grundlastfähigkeit und den Möglichkeiten, Regel- und Ausgleichsenergie zu liefern, weiterhin eine tragende Säule der europäischen Energieversorgung bleiben. Was dies mit dem großen Thema Digitalisierung zu tun hat, inwieweit vielen Kleinkraftwerken in dieser Hinsicht möglicherweise entsprechende Anpassungen bevorstehen – darüber haben wir mit Dr. Eduard Doujak, Ass.Professor an der TU Wien gesprochen. Lesen Sie das Interview auf S. 58-60. Viel Vergnügen mit der Sommer-Ausgabe der zek HYDRO.

Ihr Mag. Roland Gruber (Chefredakteur) rg@zekmagazin.at ps: Ein herzliches Dankeschön an alle, die an der Entstehung der aktuellen Ausgabe mitgeholfen haben.

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Zur Sache

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Zur Sache

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HYDRO

Inhalt

21 KW MARTINSCHLEIFE

26 KW PAPIERI

37 KW PUHOS

40 KW RATHAUSEN

Aktuell

Technik

Branche

08 Interessantes & Wissenswertes SHORT CUTS

19 Sanfter Materialabtrag in historischer Bausubstanz FRÄSSCHNEIDTECHNIK

30 Steirisches Planungsbüro blickt auf mehr als 1.000 Projekte zurück 15 JAHRE JUBILÄUM

Standpunkt

Projekte

20 Wer braucht schon Beistand? Sachverständigenrat lohnt sich KOLUMNE PELIKAN

34 Dreiergespann erhöht Eigenversor gung in Republik Nordkaukasiens KW VERKHNEBALKARSKAJA

Projekte 21 Forstbetrieb setzt Rundumerneuerung von zwei Kraftwerken um MARIENSEE & MARTINSCHLEIFE 03 Editorial 06 Inhalt 08 Impressum

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Wirtschaft 37 Oberösterreicher fassen erfolgreich Fuß in Finnland KW PUHOS

26 Thurgauer Kraftwerk im Endspurt der ersten Sanierungsetappe KW PAPIERI

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Inhalt

KW FELBERBACH

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KW RIESNERALM

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WASSERKRAFT 4.0

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KW PALANGGENBACH

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Projekte

Technik

Anzeigen

40 Stromversorger der Zentralschweiz saniert 96 Jahre altes Reusswehr KW RATHAUSEN

56 Regionale Partner und Produkte für gelebte Nachhaltigkeit ROHRTECHNIK

Schubert Opener Amiblu U2 Global Hydro U3 Andritz Hydro U4

44 Siemens realisiert neueste Referenzanlage im Salzburger Land KW FELBERBACH

Digitalisierung

46 Berner Gemeinde nutzt neuen Quellabstieg zur Stromerzeugung KW HOWALD 49 Beschneiungs-Kraftwerk macht Skigebiet energieunabhängig KW RIESNERALM 54 Kraftwerk verdreifacht Leistung mit Ossberger-Durchströmer ALVIERWERK II

Anwenderforum KWK Auma Braun Maschinenfabrik Etertec Rohrsysteme EWA Fürholzer Geotrade Geppert Hitzinger Intertechno Jank Kobel Maschinenbau Unterlercher Mayrhofer Maschinenbau MBK Energietechnik Muhr Ossberger PI Mitterfellner Renexpo Interhydro Sora TRM Vienna Hydro Voith-Kössler Wiegert & Bähr Wild Metal WKV Zöschg & Groß

58 Digitalisierung übernimmt zentrale Rolle in der Wasserkraft INTERVIEW DOUJAK 61 Wasserkraftwerk 4.0 Denkbar ist machbar ZUKUNFT IN DER PRAXIS

Projekte 64 Startschuss für die Bauarbeiten am neuesten Kraftwerk im Uri KW PALANGGENBACH

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zek HYDRO 04/2020

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Mag. Andreas Pointinger, ap@zekmagazin.at Mobil +43 (0)664-22 82 323 Mario Kogler, BA, mk@zekmagazin.at Mobil+43 (0)664- 240 67 74

Foto: Wikipedia

MARKETING

Die ÖBB haben mit dem Bau des neuen PSKW Tauernmoos begonnen. Ein neuer Tunnel wird den Weißsee und den Tauernmoossee (Bild) verbinden.

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KANTON SCHAFFHAUSEN WILL WASSERKRÄFTE AM RHEINFALL SELBST NUTZEN Wie mehrere Schweizer Medien im Juli dieses Jahres übereinstimmend berichteten, plant der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, die im Jahr 2030 auslaufende Wasserkonzession für den Betrieb des traditionsreichen Kraftwerks am Rheinfall vor den Toren Schaffhausens nicht zu verlängern. Vielmehr will man im Rahmen des so genannten „Heimfalls“ danach die Anlage selber betreiben. Bis 27. Dezember dieses Jahres soll nun dem bisherigen Konzessionsinhaber, der Rheinkraftwerk Neuhausen AG (RKN), die Entscheidung offiziell mitgeteilt werden. Schließlich hat dies gemäß eidgenössischem Wasserrecht zehn Jahre vor Konzessionsablauf zu erfolgen. Das leistungsstarke Kraftwerk, das 1950 seinen Betrieb aufnahm, speist heute rund 45 GWh ins Netz, womit etwa 11.250 Durchschnittshaushalte versorgt werden können. Es nutzt bis zu 29,9 m3/s Wasser aus dem Rheinfall zur Stromproduktion. Sein allgemeiner Zustand wird als gut beschrieben. Damit könnte die Anlage ohne wesentliche Umbauten oder umweltrechtlichen Auflagen ab 2030 vom Kanton als neuen Konzessionär weiterbetrieben werden. Die Weiterführung der Anlage entspricht der schweizerischen „Energiestrategie 2050“ des Bundes.

Impressum

Der Rheinfall bei Schaffhausen zählt seit Jahrzehnten zu den Touristenattraktionen der Region. Seit 1950 wird hier auch Strom aus Wasserkraft gewonnen.

VERLAGSPOSTAMT

A-4820 Bad Ischl GRUNDLEGENDE RICHTLINIEN

zek HYDRO ist eine parteiunabhängige Fachzeitschrift für kleine bis mittlere Wasserkraft im alpinen Bereich. ABOPREIS

Österreich: Euro 73,00, Ausland: Euro 84,00 inklusive Mehrwertsteuer zek HYDRO erscheint 6x im Jahr. Auflage: 10.800 Stück

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Foto: Wikipedia

ÖBB BEGINNEN MIT BAU VON PUMPSPEICHER-KRAFTWERK TAUERNMOOS Im Frühling 2020 war es soweit: Die Österreichischen Bundesbahnen, ÖBB, haben mit den Vorarbeiten zum Bau an ihrem ersten Pumpspeicherkraftwerk – dem Kraftwerk Tauernmoos im Salzburger Pinzgau begonnen. Nach mehr als 12 Jahren Planungs- und Genehmigungsdauer kann das 300 Millionen-Projekt nun umgesetzt werden, das aller Voraussicht nach Ende 2025 abgeschlossen sein wird. Das Konzept sieht vor, dass die bestehenden Speicherseen Weißsee und der tiefer gelegene Tauernmoossee durch einen neuen, ca. 2 Kilometer langen Tunnel verbunden werden. Auf diese Weise kann ein bisher brachliegendes Nutzgefälle von 220 m für die Stromerzeugung herangezogen werden. Für die Unterbringung der Maschinensätze und Transformatoren wird eine 70 mal 40 mal 25 Meter große Kaverne im Fels angelegt. Der erzeugte Strom soll über den neuen Stollen und weiter über ein unterirdisches, 14 km langes Kabel bis zum Umschaltwerk Uttendorf geleitet werden. Das neue Kraftwerk wird mit einer installierten Leistung von 170 MW im Regeljahr eine Strommenge liefern, die ausreicht um rund 270.000 Personen zu versorgen. Der offizielle Spatenstich für das Projekt soll plangemäß im September stattfinden.

Aktuell

Ab dem Jahr 2030 beabsichtigt der Kanton Schaffhausen, im Rahmen des „Heimfallrechts“ das Wasserkraftwerk in Eigenregie weiterzubetreiben.

Dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet

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Aktuell

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HYDRO

Foto: zek

Foto: Voith

Aktuell

Foto: Wikipedia

Im Rahmen der Modellabnahmeversuche für die neue Speicherpumpe konnten Kenngrößen erzielt werden, die über den vertraglich garantierten Leistungen liegen.

Im idyllischen Bergün in Graubünden hat die ALK mit dem KW Tischbach ein neues Kleinkraftwerk ans Netz gebracht.

Foto: Theny

Matthias Viertler – EFG-Mann der ersten Stunde – tritt den wohlverdienten Ruhestand an.

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VOITH STELLT FORSCHUNGSKOMPETENZ UNTER BEWEIS Der Technologiekonzern Voith hat in seinem Forschungs- und Entwicklungszentrum in Heidenheim drei vollhomologe Modellabnahmeversuche für das schweizerische Pumpspeicherkraftwerk Ritom erfolgreich durchgeführt. Getestet wurden eine fünf- und eine sechsdüsige Peltonturbine sowie eine zweistufige Speicherpumpe. Die Voith-Experten bestimmten anhand der vollhomologen Modelle den Wirkungsgrad, die maximale Leistung, die Durchgangsdrehzahl sowie die hydraulischen Kräfte der Maschinen. Zudem kontrollierten sie das Kavitationsverhalten bei unterschiedlichen Betriebspunkten. So konnte das spätere Verhalten der Maschinen analysiert und die garantierten Kenngrößen nachgewiesen werden. Die vertraglich zugesicherten Garantien wurden durch die Messungen bestätigt und teils übertroffen. WASSERKRAFTWERK TISCHBACH NIMMT BETRIEB AUF Die Albula-Landwasser Kraftwerke AG (ALK) hat in Bergün im Kanton Graubünden das Kraftwerk Tischbach in Betrieb genommen. Das 220 Kilowatt starke Kleinwasserkraftwerk nutzt das Wasser einer bereits bestehenden Zuleitung der ALK und produziert sauberen Strom für rund 120 Haushalte. Das KW Tischbach wurde am Übergang zwischen der bestehenden Wasserfassung Tischbach und dem Ausgleichsbecken Bergün installiert. Damit wird künftig das Wasser der bestehenden Zuleitung zur Energiegewinnung genutzt. Die Durchströmturbine wird jährlich 550.000 Kilowattstunden klimafreundlichen Strom produzieren. Die Anlage wurde ohne Eingriff in die Umgebung realisiert. Bis auf ein Betriebsgebäude direkt beim Ausgleichsbecken ist das Kleinwasserkraftwerk nicht sichtbar.

KÄRNTNER WASSERKRAFT-URGESTEIN VERABSCHIEDET SICH IN DEN RUHESTAND 36 Jahre lang stand Matthias Viertler in Diensten des Kärntner Wasserkraftspezialisten EFG. Am 1. April verabschiedete er sich in den wohlverdienten Ruhestand. In der österreichischen Wasserkraftbranche ist Matthias Viertler eine Größe, eine ruhige, unauffällige Größe, bekannt für seinen technischen Sachverstand, aber auch für seinen Humor und seine Bescheidenheit. Für EFG war der Kärntner mehr als ein Mitarbeiter, als Gründungsvater war er im Jahr 1984 Pionier und Mitarbeiter der ersten Stunde. Nachdem er seine Berufslaufbahn mit einer Mechanikerlehre begonnen hatte, legte er im zweiten Bildungsweg 1983 die Matura an der HTL für Maschinenbau in Klagenfurt ab. Danach „sammelte“ der umtriebige Techniker in den Folgejahren gleich mehrere Meistertitel, wie den Schlosser-, den Schmiede- sowie den KFZ- und Landmaschinenmeister. Bis heute hat er einen Sitz in der Meisterprüfungskommission der Schlosser des WIFI Klagenfurt. Sein Diplom erlangte er mit seiner Projektarbeit „Experimentelle Untersuchungen an der EFG Pelton-Formschlussbauweise“ im Jahre 1997 an der TU Wien. „Für uns war Matthias Viertler immer ein extrem wichtiger Partner und Mitarbeiter. Er war stets bereit, technisches Neuland zu erforschen und neue Wege zu beschreiten. Daher oblag ihm auch die technische Leitung, der Bereich Forschung & Entwicklung sowie die Kooperation mit Partnerfirmen und Universitäten. Seit 2000 bis zum Ausscheiden war er bei EFG auch als Prokurist tätig“, beschreibt EFG-Geschäftsführer Werner Goldberger die Agenden seines ersten Mitarbeiters, mit dem ihn auch eine mehr als 40-jährige Freundschaft verbindet. Er kennt „seinen Mothe“ – wie er sagt – fast so gut wie seine eigene Frau und ist daher auch mit seinen privaten Interessen vertraut: „Matthias war immer sehr reisebegeistert. Im Jahr 1986 übernahm er persönlich die Lieferung von mechanischen hydraulischen Fliehkraftreglern auf die Insel Borneo. Die westmalaysische Insel war damals Expeditionsgebiet. Er unternahm auch einen Einsatz in Kerala in Südindien und führte mehr als 10 Arbeitseinsätze in der Himalaya-Region von Nepal aus, wo er auf unserer höchstgelegenen Wasserkraftbaustelle auf nahezu 4.000 m mit den Sherpas Schulter an Schulter arbeitete. Zuletzt besuchte er das Königreich im Himalaya 2018, um eine 2-düsige EFG-Turbine in Betrieb zu setzen.“ Neben dem Reisen frönt Matthias Viertler auch dem Hobby der Blasmusik, spielt Klarinette, und hält sich beim Bergwandern in Form. Wenig überraschend liebt der technikbegeisterte Kärntner auch alte technische Geräte, hat sich aber in den letzten Jahren darüber hinaus zu einem echten Luftfahrtechnik-Profi gemausert. Er widmet heute viele Stunden seiner Zeit der Entwicklung einer selbstkonstruierten Drohne. Zur Gänze wird Matthias Viertler die Wasserkraftbühne noch nicht verlassen. Bis auf Weiteres bleibt der sympathische Kärntner der EFG als Konsulent erhalten.

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HYDRO

Aktuell

Foto: Wikimedia/Bobo11

Rund 43 Mio. Euro investierte die Betreibergesellschaft Radag in die umfassende Sanierung und Modernisierung des 1930 in Betrieb genommenen Grenzkraftwerks Albbruck-Dogern.

GRENZKRAFTWERK ALBBRUCK-DOGERN NACH 5 JAHREN KOMPLETTSANIERT Nach fünf Jahren konnte die Revitalisierung des am Hochrhein gelegenen Grenzkraftwerks Albbruck-Dogern vom Betreiber Radag nun im Sommer erfolgreich finalisiert werden, berichtete Mitte Juli das Online-Portal econo.de. Mit dem Einbau der dritten, auf 28 MW Engpassleistung ausgelegten Kaplan-Turbine wurde das umfassende Refurbishment erfolgreich abgeschlossen. Rund 43 Millionen Euro investierte Radag in das Großprojekt. Die erneuerten Turbinen und Gewerke sorgen dafür, dass die Leistung der Anlage um ca. 13 Prozent gesteigert werden konnte, womit in weiterer Folge im Regeljahr zusätzlicher Strom für weitere 13.000 Haushalte produziert wird. Von seiner Fertigstellung 1930 bis zum 2015 gestarteten, etappenweise durchgeführten Refurbishment-Einsatz war die Anlage zwischen Deutschland und der Schweiz ununterbrochen in Betrieb.

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„Wir wollen gemeinsam die Zukunft gestalten“, so eww ag Vorstandssprecher Florian Niedersüß (li.) und Energie AG Generaldirektor Werner Steinecker.

Foto: Energie AG

Ein Typ für Schieber, Klappen,

ENERGIEVERSORGER IN OÖ WOLLEN STÄRKER ZUSAMMENARBEITEN eww ag, Wels Stromz GmbH und die Energie AG wollen ihre Kompetenz und Infrastruktur zukünftig noch stärker bündeln, vermeldete die Energie AG am 18. Juni auf ihrer Webpräsenz. „Die eww ag, die Wels Strom GmbH und die Energie AG Oberösterreich streben in einer Absichtserklärung an, ihre bald 20-jährige Zusammenarbeit bei der Stromund Fernwärmeversorgung für die Menschen und Unternehmen im Raum Wels weiter zu vertiefen“, betonen Energie AG Generaldirektor Werner Steinecker und Florian Niedersüß, Vorstandssprecher der eww ag. Zukünftig soll die in der Welser Abfallverwertungsanlage entstehende Abwärme noch effektiver für die Fernwärmeversorgung genutzt werden. Die Experten der Energie AG übernehmen zudem die Betriebsführung des von der eww ag kürzlich neu gebauten Wasserkraftwerks Traunleiten. Gleichzeitig ist geplant, das Stromnetz im Raum Wels an die eww ag zu verpachten und diese damit für die Kunden zum gemeinsamen Ansprechpartner bei der Infrastrukturversorgung zu machen.

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Aktuell

Baufortschritt der Fischwanderhilfe am Donaukraftwerk Altenwörth im Frühjahr 2020. Mit einer Länge von 12,5 km die längste ihrer Art im Bundesland Niederösterreich.

Foto: VERBUND

Foto: Energie Steiermark

Als eine von zahlreichen ökologischen Ausgleichsmaßnahmen für den Bau des Grazer Murkraftwerks werden bis zum kommenden Frühjahr über 20.000 Bäume gepflanzt.

20.000 BÄUME WERDEN FÜR NEUES GRAZER MURKRAFTWERK GEPFLANZT Die Renaturierung beim neuen Grazer Murkraftwerk im Stadtteil Puntigam lief Ende Juli auf Hochtouren, berichtete orf.at. Laut Betreiber Energie Steiermark steht die Hauptpflanzzeit zur Wiederaufforstung im Herbst bevor, bis zum nächsten Frühjahr will man diese Arbeiten abschließen. Eine der zentralen Auflagen zur Genehmigung des umstrittenen Projekts – die Pflanzung über 20.000 Bäumen – wird auf einer Fläche von 7 Hektar umgesetzt. Rund 100 Energie Steiermark Mitarbeiter widmen sich aktuell dieser Aufgabe. „Über 13.000 Büsche und Bäume wurden bereits auf rund fünf Hektar eingesetzt – wo vorher zwei Bäume waren, sind es jetzt in der Regel drei“, so Energie-Steiermark-Sprecher Urs Harnik zum ORF. Offiziell in Betrieb ging das auf eine Engpassleistung von 17,7 MW ausgelegte Murkraftwerk im Herbst des Vorjahres. Das mit etwa 80 Mio. Euro veranschlagte Projekt versorgt rund 45.000 Personen mit sauberem Strom.

ANRAINERSTAATEN FEIERTEN ENDE JUNI INTERNATIONALEN DANUBE DAY Als größter Wassertransversale Österreichs kommt der Donau auch in der Energiestrategie des Landes eine zentrale Rolle zu. So erzeugt VERBUND an zehn Donaukraftwerken rund 20 Prozent des heimischen Jahres-Elektrizitätsbedarfs. Am 29. Juni feierten die Anrainerstatten der Donau den internationalen Danube Day. Dieser erinnert die Öffentlichkeit an die Unterzeichnung des Donauschutz-Abkommens 1994 mit dem Ziel der Förderung von nachhaltigem Wassermanagement an Zentraleuropas längstem Fluss. Gerade die umfangreichen Renaturierungsprojekte an der österreichischen Donau, die VERBUND umsetzt, sind richtungsweisend für ganz Europa. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, Mitteln der Europäischen Union und der Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich gelingt es, der Artenvielfalt an der Donau große Flächen zurückzugeben, verlautbarte VERBUND Ende Juni.

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Aktuell

Foto: EW Höfe AG

Rund drei Millionen Franken investierte die EW Höfe AG in die elektromechanische Kompletterneuerung ihres Kraftwerks Sihl-Höfe im Kanton Schwyz.

Foto: Ennskraftwerke AG Foto: Alperia

Besondere Situationen – wie die Corona-Krise – bedürfen besonderer Ideen: Energieerzeugung in VR. Was die Technik heutzutage ermöglicht.

Am Ennskraftwerk Garsten-St. Ulrich können Fische und aquatische Lebewesen seit Juni zwischen Unter- und Oberwasserbereich wandern.

GELUNGENE VERJÜNGUNGSKUR FÜR KRAFTWERK SIHL-HÖFE Nach fast sechs Jahrzehnten Dauerbetrieb wurde das Kraftwerk Sihl-Höfe vom Schwyzer Betreiber EW Höfe AG während der vergangenen drei Jahre umfassend saniert. Dank der Investition in der Höhe von 3 Millionen Franken ist die Anlage fit für die nächsten Betriebsjahrzehnte und kann weiterhin zuverlässig den Jahresstrombedarf für rund 2.000 Haushalte abdecken. Im Rahmen der Erneuerung wurden unter anderem die Francis-Turbine und der Generator ersetzt sowie auch die gesamte Maschinensteuerung und die Schaltanlage. Unterstützung bei der Projektleitung und Bauherrenvertretung erhielt die EW Höfe dabei vom Elektrizitätswerk Altdorf, das auch technischen Betrieb und den Unterhalt der Anlage übernimmt. „Das Elektrizitätswerk Altdorf hat in den vergangenen Jahren zehn neue Kraftwerke gebaut, eines ist in Bau und zwei weitere in Planung“, erklärt Arne Kähler, Vorsitzender der Geschäftsleitung der EW Höfe AG. ALPERIAS WASSERKRAFTWERKE IN VIRTUELLER REALITÄT BESUCHEN Dank den interaktiven Möglichkeiten virtueller Realität, kurz VR, können Technikinteressierte nun die Südtiroler Wasserkraftwerke von Glurns und Laas auf einer virtuellen Tour auf der Facebookseite von Alperia und auf www.alperiagroup.eu erleben. Auf diesen Touren erhalten die Zuschauerinnen und Zuschauern in anschaulicher Weise Einblicke in die imposante Technik der Wasserkraftwerke. Es treffen sich Geschichte, Mensch und Technik. Es geht um den Weg des Wassers vom See bis zur Produktion von sauberer Energie. Die virtuelle Führung beginnt beim Kraftwerk Glurns mit einem Flug über den Reschenstausee und verfolgt den Weg des Wassers über den Staudamm durch den 12 km langen Stollen bis in die Kaverne, wo sich der Maschinenraum mit den Turbinen befindet. Hier werden jährlich 250 GWh grüner Strom produziert. Auch die VR-Tour zum KW Laas verspricht spektakuläre Eindrücke. FISCHAUFSTIEG AM ENNSKRAFTWERK GARSTEN-ST. ULRICH AKTIV Der Fischaufstieg beim Ennskraftwerk Garsten-St. Ulrich konnte nach etwa 1-jähriger Bauzeit Anfang Juni in Betrieb genommen werden. Betreiberin Ennskraftwerke AG investierte rund 4 Millionen Euro in die Errichtung der Organismenwanderhilfe. Dies führt zu einer Verbesserung der Biodiversität im Fluss und ermöglicht den genetischen Austausch der Wasserorganismen, wie es im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan vorgegeben ist. Eine fruchtbare Zusammenarbeit ergab sich zwischen der Ennskraft und dem Verein „Garsten-For-Future“. Entlang des neuen Fischaufstieges wurden auf einer Fläche von ca. 9.000 m² zertifizierte Wildblumensamen gesät. Diese Blühwiese wird zukünftig als Nahrungsquelle für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge dienen. Die restliche Bepflanzung rund um das Ökobauwerk wird aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit erst im Herbst vorgenommen.

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Aktuell

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Foto: Jank

Foto: Lane Foto:Stuart Energie AG

Foto: Swiss Small Hydro

Aktuell

Swiss Small Hydro geht davon aus, dass sich bei einer Umsetzung des Vorentwurfs die Produktion der Kleinwasserkraft von aktuell über 4.000 GWh rückläufig entwickeln würde und damit die entstehende Lücke durch andere Technologien kompensiert werden müsste.

ENERGIESTRATEGIE: BREMSEN LÖSEN UND KONSEQUENT UMSETZEN Bis zum 12. Juli lief die Vernehmlassung des Vorentwurfs der Revision des Energiegesetzes EnG mit den Vorschlägen des Bundes zur Förderung der erneuerbaren Energien ab 2023. Gleichzeitig sind auch Änderungen an den bestehenden Verordnungen des BFE vorgesehen. Swiss Small Hydro hat daraufhin seine Stellungnahmen zu den beiden Paketen eingereicht: Der Bund hätte sich mit der Energiestrategie 2050 ein ambitiöses Ziel gesteckt. In Anbetracht der zahlreichen Voten für oder gegen die eine oder andere Technologie entsteht der Eindruck, dass eine Wahl des einzuschlagenden Weges möglich ist. Dabei werden insbesondere der zu erwartende Rückgang aus Wasserkraftproduktion wie auch der erforderliche Beitrag zur Deckung des erhöhten Winterstrombedarfs zu oft vernachlässigt. Swiss Small Hydro ist davon überzeugt, dass die Energiewende nur gelingen wird, wenn die Bremsen gelöst und Investitionen wieder vermehrt im Inland getätigt werden. Laut Swiss Small Hydro sei der Vorentwurf des Bundes weiterhin kompliziert und restriktiv, und fokussiere sich vorrangig auf die Bedürfnisse der einzelnen Produktionstechnologien. So vermischt das vorgeschlagene Fördermodell, beispielsweise bei kleinen Wasserkraftwerken, Ansätze zur Förderung mit Kriterien des Gewässerschutzes. Aus Sicht von Swiss Small Hydro soll ein neues Fördermodell sich viel eher an den Bedürfnissen des Markts (bspw. Winterstrom, limitierte Netzkapazitäten oder Reduktion des erforderlichen Speicherbedarfs) orientieren. Für eine effiziente und wirksame Förderung benötigt es auch den Abbau bestehender Hemmnisse. So sind durch ein Urteil des Bundesgerichts vom März 2019 300 bis 400 Wasserkraftwerke in ihrem Bestand gefährdet, oder es werden zwischen der Förderung erneuerbarer Energie und der ökologischen Sanierung der Wasserkraft kaum Synergien ermöglicht. Es ist daher auch wenig verwunderlich, dass bei beiden Programmen durchwegs fehlende Mittel beklagt werden.

Ende Juni montierten die Oberösterreicher an der Wehranlage Kirschbaumwasen, welche zur Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit mit einem Fischlift ausgestattet wird, die ersten Komponenten der neuen Restwasser-Kaplan-Turbine.

JANK LIEFERT TURBINE FÜR NEUES DOTATIONSKRAFTWERK An der Wehranlage Kirschbaumwasen und am Niederdruckwerk in Forbach/Baden Württemberg sorgt Betreiber EnBW aktuell für die Herstellung der Durchgängigkeit der Murg. Ende Juni konnte mit der Montage der ersten Turbinenteile des neuen Restwasserkraftwerks ein weiterer Projektmeilenstein erreicht werden. Nach Projektabschluss wird die ökologische Durchgängigkeit durch den Einbau eines Fischlifts gegeben sein. Das neue Dotationskraftwerk kann künftig mit einer Leistung von maximal 200 kW CO₂-freien Strom erzeugen. Darüber hinaus werden auch die Rechenreiniger am Einlauf für das Rudolf-Fettweis-Werk Forbach komplett erneuert. Für Konstruktionsleiter Siegi Jank zählen die extrem schwankende Fallhöhe zwischen 7,3 – 14,8 m, die variierenden Durchflüsse durch den Staubetrieb, der enge Bauraum, eine Vielzahl von Schnittstellen zu anderen Gewerken und der flexible Umgang mit dem Altbestand während der Bauphase zu den zentralen Projektherausforderungen. Der gesamte Jank-Lieferumfang besteht aus zwei Seilrechenreinigern und Profilrechenfeldern für den Einlauf des Hauptkraftwerks und den dazugehörigen Spülrinnen und -pumpen, dem Stemmtor für den Zulaufkanal des Fischlifts, die komplette Turbinenanlage inklusive Zulaufrohren und Abzweigern sowie der elektrotechnischen Ausrüstung.

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HYDRO

Aktuell

Turbinenbau Stahlwasserbau Automation

HYDROPOWER FOR GENERATIONS

PROJEKT „UNTERER TUXBACH“ KURZ VOR VOLLENDUNG Einem Bricht der Zillertaler Zeitung zufolge sind die Bauarbeiten zum Projekt „Unterer Tuxbach“ des Verbund Konzerns, die mit der Andrehfeier im September 2017 gestartet waren, noch voll im Gange. Zwischenzeitlich sind die Vortriebsarbeiten zur Herstellung der rund 8,6 km langen Stollenverbindung zwischen dem unteren Tuxbach in Vorderlanersbach bis zum Bereich Karlsteg vor Ginzling, sowie die Verbindung unter dem Zemmbach bis zum Stillupspeicher seit Anfang Mai zwar abgeschlossen. Doch aufgrund von unvorhergesehenen Wassereintritten und dem daraus resultierenden Mehraufwand beim Innenausbau verzögert sich die Gesamtinbetriebnahme des 60-Millionenprojekts noch etwas. Parallel zu den Auskleidungs- und Abdichtungsmaßnahmen im Stollen wird derzeit im Bereich Karlsteg der Düker errichtet. Dabei handelt es sich um die Unterquerung der Stollenverbindung unter dem Zemmbach und der Zillertal Straße hindurch. Foto: Katharina Wieland Müller_pixelio.de

Foto: Repower

GESAMTERNEUERUNG DES WASSERKRAFTWERKS ROBBIA STARTET Repower plant in den nächsten drei Jahren das größte Sanierungsprojekt in der Geschichte des Unternehmens. Das Wasserkraftwerk Robbia in der Valposchiavo wird von den Wasserfassungen bis zum Auslauf komplett erneuert. Die Vorbereitungsarbeiten für das Refurbishment des Wasserkraftwerks Robbia starten mit Ende Juni. Der Baustart war ursprünglich für Mai 2020 vorgesehen, doch wegen Covid-19 musste der Termin verschoben werden. Die Inbetriebnahme des generalsanierten Wasserkraftwerks soll voraussichtlich Ende 2023 stattfinden. Das Speicherkraftwerk an der oberen Stufe im Puschlav wurde 1910 in Betrieb genommen, im Jahr 1921 erweitert und zwischen 1940 und 1945 immer wieder revidiert und modernisiert. Um den langfristigen Weiterbetrieb des Kraftwerks sicherzustellen, ist nun eine umfassende Grunderneuerung nötig. Mit einer Investitionen von 125 Mio. CHF ist auch künftig die zuverlässige Stromproduktion am Standort gesichert.

www.jank.net

Das Kleinkraftwerk am Stillupspeicher wird bis Ende dieses Jahres äußerlich fertiggestellt sein. Die Turbine und der Transformator sind bereits im Krafthaus installiert.

Foto: VERBUND

Die größte Erneuerungsinvestition von Repower seit ihrer Gründung ist ein starkes Bekenntnis zur Bündner Wasserkraft. Mit dem Abschluss der Arbeiten kann die jährliche Stromproduktion um rund zehn Prozent auf ca. 120 GWh erhöht werden.

2009 hat die Familie Bruckmann die Lonnerstadter Mühle gekauft und richtet das Gebäude seither her. „Eine Lebensaufgabe“, wie sie selbst sagen.

LONNERSTADTER MÜHLE FINDET SICH AUF UNESCO-LISTE Die Aufrechterhaltung des traditionellen Handwerks wird nun als immaterielles Kulturerbe gewürdigt, so ein Artikel der Nordbayerischen Nachrichten. Von ehemals rund 50.000 Mühlen bundesweit nutzen heute noch ungefähr 50 die Antriebstechniken Wind- oder Wasserkraft. Eine davon steht in Lonnerstadt. Weil ihre Besitzer Paul und Regina Bruckmann das traditionelle Müllerhandwerk am Leben erhalten, sind sie jetzt gelistet im Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der Unesco. Eine wichtige Rolle dabei spielt ein Riemen. „Es geht um den Kraftschluss“, erklärt Mühlenbautechniker Paul Bruckmann, der das Gebäude in Lonnerstadt im Jahr 2009 gekauft hat und seither saniert. „Eine Lebensaufgabe“, für die das Ehepaar schon viele Preise bekommen hat. Als die Unesco die traditionelle Handwerksmüllerei Anfang Dezember 2018 zusammen mit 17 weiteren Kulturformen in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen hat, war das für Bruckmanns ein zusätzlicher Anreiz, den Mühlstein wieder mit Wasserkraft anzutreiben.

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Foto: Andritz

Foto:Lane EWE Foto:Stuart Energie AG Foto:

Das Wasserkraftwerk Kiru fokussiert auf die Energieknappheit im Norden Indiens. Es wird saubere erneuerbare Energie in ländliche Wohngebiete bringen und unterstützt die industrielle Entwicklung der gesamten Region.

Foto: SGEW

Dominik Kauss, Leiter Wasserkraft der SGEW, vor einer der beiden Turbinenkammern. Die Turbinen sowie alle anderen Maschinenteile werden komplett erneuert.

Aktuell

ANDRITZ LIEFERT KOMPLETTE KRAFTWERKSTECHNIK NACH INDIEN Der internationale Technologiekonzern ANDRITZ hat vom indischen Versorgungsunternehmen CHENAB VALLEY POWER PROJECTS (P) LTD den Auftrag zur Lieferung der kompletten elektromechanischen Ausrüstung für das Laufwasserkraftwerk Kiru (624 MW) am Fluss Chenab im Distrikt Kishtwar, Jammu und Kashmir, Indien erhalten. Der Auftragswert beträgt über 50 Mio. Euro. Der Auftrag umfasst die Konstruktion, Herstellung, Lieferung, Errichtung, Prüfung und Inbetriebnahme von vier Einheiten (Turbinen und Generatoren), elektrische Zusatzausrüstung und mechanische Ausrüstung sowie eine 400-kV-GIS mit dazugehöriger 400-kV-Netzanschlussausrüstung. Der Auftrag wird von der indischen ANDRITZ-Tochtergesellschaft mit ihren hochmodernen Produktionsstätten in Mandideep (nahe Bhopal) und Prithla (nahe Faridabad) ausgeführt. Damit bestätigt Andritz seine Position als führender Anbieter auf dem indischen Wasserkraftmarkt. Foto: Wasserwirtschaftsamt Rosenheim

REAKTIVIERTES KRAFTWERK IN WANGEN VOR WIEDERINBETRIEBNAHME Seit März 2019 saniert die Süwag Grüne Energien und Wasser (SGEW) das Wasserkraftwerk Elisenhütte. In den kommenden Wochen werden alle neuen schweren Bauteile angeliefert. Die Turbinen sind schon da – eine wurde bereits in die entsprechende Kammer eingebaut. In den nächsten Tagen werden die Generatoren geliefert. Bis Ende August soll der Einbau der Maschinen abgeschlossen sein. Neben den technischen Anlagen modernisiert die SGEW auch die Steuerungs- und Regeltechnik sowie die Elektrik und die Gebäude selbst. Das Gesamtinvestitionsvolumen beträgt 5,2 Mio. Euro. Im Oktober soll das Wasserkraftwerk wieder in Betrieb gehen. Es soll dann jährlich 8,2 Mio. kWh Strom produziern. „Das ist eine Leistungssteigerung von zwölf Prozent. Damit versorgen wir rein rechnerisch insgesamt 2.340 Haushalte mit klimafreundliche Energie“, sagte Dominik Kauss, Leiter Wasserkraftwerk der SGEW.

Die SWM finanzieren Maßnahmen in der Höhe von 500.000 Euro zur ökologischen Aufwertung der Flüsse, die das Leitzachwerk speisen.

ONLINE-ANWENDERFORUM KLEINWASSERKRAFTWERKE Nach sorgfältiger Abwägung wurde entschieden, das Anwenderforum Kleinwasserkraftwerke dieses Jahr in Kufstein nicht abzuhalten. Das Anwenderforum Kleinwasserkraft lebt von Austausch, Diskussionen und persönlichen Gesprächen. Hierfür war die geplante Veranstaltung in Kufstein für die aktuelle Situation nicht mehr ideal, die Einschränkungen und das Risiko für Veranstalter und Teilnehmer zu hoch. Stattdessen ist ein Online-Anwenderforum am 24. und 25. September 2020 geplant. An beiden Terminen wird ein interessantes Programm mit jeweils 4 Vorträgen angeboten. Am Donnerstag, den 24. September 18 Uhr zum Thema Renovierung bestehender Anlagen und am Freitag, den 25. September 10 Uhr zum Thema Neubau und Planung. Jedes Seminar wird ca. 1,5 – 2 h dauern. Auch online soll das Anwenderforum eine Plattform für den Austausch zwischen Betreibern, Planern, Hersteller und Interessierten bleiben! Die Teilnahme ist kostenfrei.

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SWM BETEILIGEN SICH AM FISCHFREUNDLICHEN GEWÄSSERAUSBAU Seit bald 110 Jahren erzeugt das 1913 in Betrieb genommene Leitzachwerk Ökostrom aus Wasserkraft. Das große Speicherbecken Seehamer See wird aus den Flüssen Leitzach, Mangfall und Schlierach gespeist. Die SWM betreiben das Wasserkraftwerk, das 40 Kilometer von München entfernt liegt. Die SWM haben im Jahr 2017 für das Leitzachwerk 1 vom Landratsamt Miesbach als zuständige Wasserrechtsbehörde das Wasserrecht für weitere 30 Jahre bewilligt bekommen. Im Vertrag vereinbart ist eine größere Mindestwassermenge. Sie wird zudem dem jahreszeitlich schwankenden Wasservorkommen angepasst. So können Fische besser zu ihren Laichplätzen gelangen. Zu den weiteren ökologischen Auflagen gehört, die ökologische Durchgängigkeit in den Flüssen und die Gewässerstruktur zu verbessern. Zum Nutzen für Fische und Kleinstlebewesen werden unter anderem Felsbrocken durch niedrigere Schwellen aus Wasserbausteinen ersetzt.

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Technik

SCHNEIDIGER EINSATZ FÜR WASSERKRAFT Eine Wehranlage in Wettin an der Saale (Sachsen-Anhalt) muss modernisiert werden, damit das angeschlossene Wasserkraftwerk weiterhin Ökostrom erzeugen kann. Bei der Gründung neuer Betonelemente ging der Spezialbetrieb von Mathias Walter mit einer neuartigen Methode zu Werk. Anstatt bestehende Bausubstanz per Bagger und Hydraulikhammer abzutragen, verwendete er eine Querschneidkopffräse KEMROC KR 120 am 26-t-Trägergerät. Die Arbeiten im Frühjahr 2020 verliefen so erfolgreich, dass Walter diese Kombination auch für den zweiten Bauabschnitt vorbestellt hat.

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lektrischen Strom aus Wasserkraft erzeugen – dafür kooperieren deutschlandweit zahlreiche, oftmals private Betreiber von Wasserkraftanlagen mit örtlichen Energiedienstleistern. Das Geschäft klingt einleuchtend: Die Betreiber erhalten eine gesetzlich festgelegte Einspeisevergütung für Naturstrom und verpflichten sich im Gegenzug, die Kraftwerks- und Wehranlagen technisch in Schuss zu halten. Auch beim Wasserkraftwerk Pögritzmühle in Wettin-Löbejün an der Saale (Sachsen-Anhalt) hat das bereits eine lange Tradition. Das Hochwasser 2013 hatte die bestehende, historische Wehranlage zum Aufstauen des Saalewassers beschädigt. Eine umfangreiche Reparatur wurde notwendig: Das Holzwehr soll im Laufe des Jahres 2020 durch stählerne hydraulische Wehrklappen ertüchtigt werden. Zu ihrer Befestigung müssen eine Bodenplatte sowie zehn Wehrpfeiler aus Beton errichtet werden. Um eine ebene Fläche zur Gründung dieser Konstruktionen zu schaffen, musste in den bestehenden Wehrkörper eingegriffen werden. Aus dem sogenannten Schussboden unterhalb der Wehranlage musste ein keilförmiges Stück von insgesamt 120 m Breite und 0 – 40 cm Höhe entfernt werden. ALTERNATIVE ZUM SCHNEIDEN UND STEMMEN Den Auftrag für dieses Bauprojekt in Wettin-Löbejün sicherte sich das Baugeschäft Mathias Walter aus Chemnitz. Zu dessen Kompetenzen gehören insbesondere der Neubau und die Instandsetzung von Wasserkraftanlagen. Für das Abtragen des Materials aus

Mit einer KEMROC KR 120 am 26 t Bagger ging das Spezialunternehmen Matthias Walter bei der Modernisierung des Großen Wettiner Wehrs zu Werk.

dem Schussboden überlegte man sich, ob es eine brauchbare Alternative zum üblichen Schneiden und Stemmen gäbe, denn ein Hammereinsatz könnte die historische Bausubstanz beschädigen. Schon bei einer früheren Gelegenheit hatte sich der Bagger-Maschinist Wolfgang Felber über den Einsatz von Bagger-Anbaufräsen informiert. Und so nahm man Kontakt mit dem Hersteller KEMROC auf, schilderte dem Anwendungsberater Enrico Trender das Vorhaben und bekam von ihm auch umgehend die Bestätigung: „Ja, das klappt.“ Der KEMROC-Spezialist ließ auch eine geeignete Kombination aus einem 26-Tonnen-Bagger und der KEMROC-Querschneidkopffräse KR 120 vom kooperierenden Baumaschinenhändler TBH auf die Baustelle bringen. SCHONENDER EINSATZ FÜR BAUKÖRPER Im Einsatz zeigte sich das Bagger-Fräse-Gespann nach Aussage des Bauunternehmers leistungsfähig, präzise und schonend für den Baukörper: „In einer Phase mussten wir Spundwände, Pumpensumpf und Wandanschlüsse freilegen – hier ging Genauigkeit vor Tempo. In der anderen Phase war jedoch das großvolumige Abtragen des Materials aus dem 60 m langen, ersten Abschnitt des Schussbodens angesagt. Hier erreichten wir mit der Anbaufräse einen sehr raschen Baufortschritt. Das Highlight in beiden Fällen war für mich, nahezu erschütterungsfrei zu arbeiten. Das Fräsen erzeugte in dem vorhandenen, sensiblen Gemenge aus Bruchstein und Beton lange nicht solche Schläge und

Das Team von Rittmeyer Wien lieferte für die beiden Drau-Kraftwerke Annabrücke und Edling sämtliche Schaltanlagen.

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Foto: KEMROC

SANFTER MATERIALABTRAG IN HISTORISCHER BAUSUBSTANZ

schädlichen Frequenzen wie ein Hydraulikhammer.“ Auch mit der Abtragsleistung war der Bauprofi hoch zufrieden: „Unser KEMROC-Berater hat uns genau die richtige Kombination aus Geräteträger und Anbaufräse empfohlen. Der Bagger besaß genügend Literleistung und Standfestigkeit für dieses Projekt und die Fräse brachte – beim überaus schonenden Einsatz – auch die erwünschte Abtragsleistung.“ Im zweiten Bauabschnitt will Walter, ein Spezialunternehmer und Selfmademan, diese Gerätekombination auf jeden Fall wieder einsetzen. Er hat sie bereits beim Hersteller KEMROC vormerken lassen. Weiteres Potenzial für diese neuartige Vorgehensweise sieht er bei zahlreichen anstehenden Umbauten von Wasserkraftwerken. Andere Kraftwerksbetreiber haben sich gemäß seiner Aussage auch schon dafür interessiert.

Den Spezialisten Mathias Walter überzeugte die KEMROC Baggeranbaufräse mit ihrer Kombination aus hoher Präzision, Abtragsleistung und Laufruhe.

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Standpunkt

Wer braucht schon Beistand? Es gibt wohl kaum einen Kleinkraftwerksbetreiber in Österreich, der nicht schon mindestens einmal mit den für ihn zuständigen Behörden und ihren Vertretern Kontakt hatte. Denken wir nicht nur an den sehr oft steinigen und endlos scheinenden Weg zu einer neuen Bewilligung, sondern auch an Änderungen oder Anpassungen des bereits vorhandenen Wasserrechtes auf Wunsch des Berechtigten aber auch auf Wunsch der Behörde. Häufige Stichworte dazu sind Fischaufstiegssysteme und Pflichtwasserabgaben. Im Falle einer neu zu bewilligenden Anlage steht der Bauherr ja zumeist in enger Abstimmung mit dem hoffentlich fachkundigen und erfahrenen Planer, dessen Aufgabe es auch ist, das Projekt gegenüber den Behörden darzustellen und bis zur Erteilung der Bewilligung zu vertreten und dessen Umsetzung zu erkämpfen. Dafür bekommt er auch sein Honorar. Der Planer ist zumeist Techniker und das ist auch richtig so. Aber in unseren Zeiten haben Projekte auch viele andere, nicht technische Aspekte zu berücksichtigen, die außerhalb des Kompetenzbereiches eines Technikers liegen und von diesem auch nicht glaubhaft vertreten und argumentiert werden können. Als Beispiel dafür seien einmal mehr ökologische Themen genannt. Somit liegt es auch im Verantwortungsbereich des technischen Planers, sich personell um Fachkompetenz zu kümmern, die er selbst nicht abdeckt – also z.B. einen kundigen Ökologen beizuziehen. Auch die Behörde folgt diesem Prinzip und zieht nach Ermessen fachkundige Sachverständige nicht nur für Wasserbau, sondern z.B. auch für Ökologie, Fischerei, Forstwesen, Elektrotechnik u.a. bei. Im Zuge einer Verhandlung, in der Argumente ausgetauscht und bewertet und weit in die Zukunft tragende Entscheidungen getroffen werden, ist es also nur fair und gerecht, sich auch als Konsenswerber mit entsprechender Kompetenz zu umgeben. Zugegeben – das kostet etwas Geld, aber die Erfüllung einer möglicherweise nicht berechtigten Forderung der Behörde, die man fachkundig hätte zurückweisen können, kostet viel mehr Geld. Noch prekärer wird die Situation, wenn eine Forderung der Behörde ins Haus flattert, und es aktuell gar keinen Planer gibt. So mancher Wasserberechtigte nimmt es auf die leichte Schulter und verzichtet aus Sparsamkeit auf fachlichen Beistand welcher Art auch immer. Ohne solide Argumente und Fachkompetenz wird es aber ganz schwer, Behördenforderungen zu beurteilen, zu bewerten und gegebenenfalls auch abzuwehren. Und es geht nicht nur um potentielle Forderungen der Behörde, sondern auch um jene anderer Interessensvertreter wie z.B. der Fischerei. Vergessen wir letztlich auch nicht, dass jeder Verhandlungsleiter in der Regel Jurist, also rechtskundig ist. Das Wasserrecht ist ein Spezialgebiet, das einer Foto: Pelikan

Vielzahl von Juristen wohl namentlich bekannt ist, aber nur wenige werden diesbezüglich auch Erfahrung aufweisen können. Aber genau um diese geht es, wenn in einer Wasserrechtsverhandlung Entscheidungen getroffen werden. Somit ist auch die Beiziehung eines Wasserrechtskundigen keineswegs unpassend, sondern wird nur dazu beitragen, ein Gleichgewicht unter den Beteiligten herzustellen. Und noch ein letzter Satz aus der Praxis: Niedergeschriebenes lässt sich ganz schwer ändern. Versuchen sie also bei noch nicht endgültig geklärten Themen eine Verschriftlichung zu vermeiden und bieten Sie lieber dazu eine noch nähere Untersuchung an. Ich drücke Ihnen für Ihren nächsten Behördenkontakt beide Daumen!

Herzlich

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Projekte

WECHSEL-FORSTBETRIEB SCHENKER BRINGT KRAFTWERKS-DUO WIEDER AUF VORDERMANN

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nmitten der beschaulichen Naturkulisse am Nordabhang des niederösterreichischen Wechselgebiets erstrecken sich von 800 bis auf 1.740 m hinauf die rund 2.000 Hektar bewirtschaftete Waldfläche des Forstbetriebs Schenker. Die wirtschaftliche Basis des seit 1865 in Familienbesitz stehenden Unternehmens, heute von Forstwirt Thomas Schenker in fünfter Generation geführt, stellt naturgemäß der Rohstoff Holz dar. Darüber hinaus ist das Unternehmen mit der Zeit gegangen und hat sein Portfolio unter anderem auch in sport-touristischer Hinsicht erweitert. Dazu zählen ein Streckennetz für Mountainbi­ ker oder die von Wanderern im Sommer bzw. von Langläufern im Winter gern genutzte „Wech­sel-Semmering-Panoramaloipe“. Das Kern­­geschäft besteht allerdings nach wie vor aus dem Holzhandel, konkret primär Fichtenholz, das vor allem an Abnehmer aus dem Papier- und Zellstoffsektor vertrieben wird. Früher wurde das Holz noch verstärkt selbst verarbeitet, zunächst in einem Sägewerk in Mariensee, später zusätzlich noch in einer um 1900 errichteten Hohlpappenfabrik. Zum Antrieb der mechanischen Maschinentransmissionen dieser Gewerke nutzte man Was-

Foto: zek

Oberwasseransicht der neuen Wehranlage Mariensee am Gelände des Forstbetriebs Schenker im idyllischen Wechselgebiet.

serräder, die vom durch das Tal mäandernden hiesigen „Großen Pestingbach“ in Rotation versetzt wurden. Im Laufe der Zeit sollten die Betriebe elektrifiziert werden, die Wasserräder wichen Turbinen und Generatoren. Beim Kraftwerk Martinschleife wurden um 1970, dem Jahr, in dem die Hohlpappenfabrik die Produktion einstellte, zwei unterschiedlich groß dimensionierte Pelton-Turbinen installiert. Nach der Produktionsstillegung fungierte die Wasserkraftanlage nur mehr zur Einspeisung ins öffentliche Netz. Die Anlage Mariensee nutzte zur Stromgewinnung früher ein zweistufiges Konzept, bei dem zwei Durchström-Turbinen an zwei separaten

KOMPLETTERNEUERUNG IM DOPPELPACK Wie Thomas Schenker im Gespräch mit zek HYDRO vor Ort darlegt, erfolgte die Kompletterneuerung der beiden Wasserkraftwerke zwischen 2017 und 2018 aus mehrerlei Gründen: „Ein Ausgangspunkt war, dass die Anlagen das Ende ihrer technischen Lebensdauer

Die weiter bachabwärts situierte Wehranlage des Kraftwerks Martinschleife wurde 2018 ebenfalls völlig neu ausgeführt.

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Standorten entlang des Gewässers zum Einsatz kamen. Der dort erzeugte Strom diente vorrangig zur Deckung des Eigenbedarfs des Forstbetriebs, wozu heute unter anderem akkubetriebene Kettensägen, ein Elektroauto aber auch ein Biomasse-Heizkraftwerk zählen.

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In der Gemeinde Aspangberg-St.Peter im niederösterreichischen Wechselgebiet, nur wenige Kilometer von den steirischen und burgenländischen Landesgrenzen entfernt, hat Fortstwirt DI Thomas Schenker im November 2018 mit der Anlage Martinschleife das zweite seiner beiden grundlegend erneuerten Kleinwasserkraftwerke wieder ans Netz gebracht. Schon im Februar 2018 war das auch zur Eigenstrombedarfsdeckung des Forstbetriebs produzierende Kraftwerk Mariensee wieder in Betrieb gegangen. Bis auf das adaptierte Krafthaus Mariensee wurde sämtliche Anlageninfrastruktur – von den Wehranlagen über die Druckrohrleitungen bis hin zur gesamten elektromechanischen Ausrüstung – vollständig neu ausgeführt. Neben wesentlichen Verbesserungen ökologischer Natur, wie einer konstant erhöhten Restwasserabgabe oder der Herstellung zweier Fischpassagen, bescherte die umfassende Erneuerung eine Leistungssteigerung von rund 130 Prozent.

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erreicht hatten. Zusätzlich mussten bis 2025 die Vorschreibungen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie – sprich erhöhte Restwasserabgabe, die Herstellung ökologischer Durchgängigkeit, usw. – erfüllt werden. Also, da wäre ohnehin etwas Größeres angestanden. In wirtschaftlicher Hinsicht zielten wir mit der Modernisierung auf die Gewährung des geförderten Ökostromtarifs ab, ohne den das Projekt nicht darstellbar gewesen wäre. Darüber hinaus sind Wasserkraftwerke eine auf lange Sicht betrachtet sichere Investition, die heutzutage mit geringem Personalaufwand unkompliziert funktioniert. Im Vordergrund stand auch, dass die neuen und leistungsstärkeren Anlagen uns wie gehabt ein fixes holzpreisunabhängiges Zusatzeinkommen bescheren.“ Die ersten Konzepte in Form einer Machbarkeitsstudie für die geplanten Erneuerungen entstanden 2014, ­bereits im darauf folgenden Jahr wurde das Projekt bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde Neunkirchen eingereicht. Schenker lobt in diesem Zusammenhang ausdrücklich die effiziente Abwicklung des Verfahrens seitens der Behörde und Sachverständigen. So konnte die Genehmigung zur

Realisierung beider Erneuerungsprojekte im Rahmen eines gemeinsamen Verfahrens vergleichsweise schnell und unkompliziert erlangt werden. 2016 startete die ebenfalls gleich für beide Projekte lancierte Ausschreibung, darunter die Lose für Hoch- und Tiefbau, die Druckrohrverlegung, den Stahlwasserbau sowie das gesamte elektromechanische und leittechnische Equipment. HEIMISCHE PROFIS AM ZUG Schenker zeigt sich erfreut, dass im Sinne der heimischen Wertschöpfungskette ausschließlich österreichische Unternehmen für die Projektumsetzung beauftragt werden konnten – allesamt Branchenexperten mit langjähriger Erfahrung im Kleinwasserkraftbereich. So wurden die Maschinensätze, jeweils eine ­Pelton- und eine Durchström-Turbine inklusive Generatoren, von der Osttiroler Maschinenbau Unterlercher GmbH geliefert. Die ebenfalls aus Osttirol stammende SoWa Control GmbH, ein langjähriger Geschäftsund Projektpartner von Turbinenbauer Unterlercher, erhielt

den Zuschlag für das gesamte elektro- und leittechnische Equipment. Für die Ausführung der kompletten Stahlwasserbauausrüstung engagierte Schenker die Mayrhofer Maschinenbau GmbH von der anderen Seite des Wechsels aus der Gemeinde Wenigzell. Die Firma Mayrhofer war dem Forstbetrieb schon länger gut bekannt, diese hatte man in der Vergangenheit mehrfach für Reparaturen am stillgelegten Sägewerk beauftragt. Mit der Generalplanung der Wasserkraftprojekte wurde das bewährte, ebenfalls aus der Steiermark stammende Ingenieurbüro interTechno Engineering GmbH betraut. interTechno-Geschäftsführer Martin Konrad umreißt den Auftrag folgendermaßen: „Beim Ausbau der beiden Kraftwerke Mariensee und Martinschleife galt es, das vorhandene energetische Potential auf dem Eigengrund der Familie Schenker bestmöglich unter Miteinbeziehen von Kraftwerksstrukturen der Altanlagen zu nutzen. So konnte trotz Anpassung der Restwasserabgaben in Summe 130 Prozent Leistungssteigerung erzielt werden. Durch die Errichtung zweier Fischaufstiege nach Leitfaden an den neuen Fassungsstellen und durch den Abtrag der unpassierbaren Altwehranlagen hat man viel zur Ökologisierung der durch die beiden Kraftwerksanlagen beanspruchten Gewässerstrecken des Großen Pestingbaches beigetragen.“ KW MARIENSEE MACHTE DEN ANFANG Als erstes wurde im Frühsommer 2017 die Erneuerung des Kraftwerks Mariensee in Angriff genommen. Dies erfolgte Schenker zufolge einerseits aus dem naheliegenden Grund, dass diese Anlage übers Jahr gesehen den gesamten Eigenstrombedarf des Forst­ betriebs abdeckt. Außerdem erhielt man von der für die Abwicklung des geförderten Ökostromtarifs zuständigen OeMAG vorerst nur für den Neubau des Kraftwerks Mariensee eine positive Zusage. Mit der Umsetzung des gesamten Hoch- und Tiefbaus inklusive Rohrverlegung beim Projekt Mariensee wurFoto: zek

Die Durchström-Turbine der Anlage Mariensee wurde auf eine Ausbauwassermenge von 450 l/s und eine Bruttofallhöhe von 32,2 m ausgelegt, unter Volllast kommt die Maschine auf eine Engpassleistung von 110 kW. Turbinen und Generatoren für beide Anlagen fertigte bzw. lieferte die Osttiroler Maschinenbau Unterlercher GmbH.

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Leittechnik-PC mit nutzerfreundlicher Visualisierung von der SoWa Control GmbH im Krafthaus Mariensee.

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de die Heinrich-Bau GmbH aus Fürstenfeld beauftragt. Zu Beginn der Bauphase konzen­ trierte man sich zunächst auf den Abbau des Altbestands. Damit die obere Stufe der alten Anlage so lange wie möglich zur Eigenbedarfsdeckung genutzt werden konnte, wurde zuerst nur die untere Stufe außer Betrieb genommen. Kurz nach den Demontagearbeiten startete die Verlegung der komplett aus glasfaserverstärkten Kunststoffrohren (GFK) DN700 der Marke Hobas (Amiblu) hergestellten Kraftwerksleitung. Durch den Wegfall der Zwischenstufe wurde eine neue Trassenführung für den insgesamt 680 m langen Kraftabstieg gewählt. Dank Wetterglück und günstiger geologischer Bedingungen konnte die Rohrverlegung zügig voranschreiten, der Neubau der Wehranlage startete wenige Monate nach Baustart im Frühherbst. NEUE WEHRANLAGE AM ALTEN STANDORT Der Standort der neu gestalteten Wasserfassung blieb gleich in unmittelbarer Nähe zu den Büroräumlichkeiten des Forstbetriebs. Zum Aufstauen des Gewässers dient eine Wehrklappe mit einseitigem hydraulischem Antrieb. Um die Hochwassersicherheit bei Starkregenereignissen zu gewährleisten, wurde im Oberwasserbereich der Wasserfassung eine Sonde installiert, die bei einem abrupten Anschwellen des Wasserspiegels das automatische Senken der Wehrklappe in Gang setzt. Die Ausleitung von maximal 450 l/s Ausbauwassermenge erfolgt mittels Seitenentnahme. Als verpflichtende Restwassermenge wurde ein Basiswert von mindestens 100 l/s festgelegt plus eines dynamischen Anteils des Zuflusses bis zu maximal 113 l/s. Zum Schutz vor sperrigem Treibgut wurde am Einlauf ein Grobrechen mit händisch ziehbaren Rundstäben montiert. Ein fixer Anteil der Restwasserabgabe von konstant 87 l/s dient zur Versorgung der in technischer Variante realisierten Fischaufstiegshilfe auf der orographisch rechten Gewässerseite. Die restliche, dynamisch bemessene Dotation erfolgt über eine Froschklappe am linken Ufer der Wehranlage. Im holzverkleideten Wehrhaus sorgt eine nach massivem Mayrhofer-Standard gefertigte Feinrechenreinigungsanlage für optimale Durchflussbedingungen vor dem Beginn der Druckrohrleitung. Das von der pegelgeregelten Maschine entfernte Geschwemmsel wird von der Putzharke in eine Spülrinne befördert und direkt wieder ins Unterwasser abgegeben. Zusätzlich beheimatet das Wehrhaus einen Schaltschrank für die Elektrotechnik inklusive Touchpanel und das Hydraulikaggregat für die Regelung und den Betrieb der zentralen Stahlwasserbauteile.

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Bei ihrer Neuausführung wurde das Kraftwerk Martinschleife mit einer hocheffektiven 6-düsigen Pelton-Turbine ausgestattet. Die mit einem luftgekühlten Hitzinger-SynchronGenerator gekoppelte Freistrahl-Maschine deckt konstruktionsbedingt ein breites Betriebsband ab und erzielt somit auch bei geringen Zuflüssen sehr gute Wirkungsgrade.

ALLES NEU IM KRAFTHAUS MARIENSEE Das Krafthaus Mariensee blieb in seinem Äußeren von den Bauarbeiten weitgehend unbeeinträchtigt. Im Inneren hingegen wurde der Altbestand zur Gänze gegen den Letztstand moderner Wasserkrafttechnik getauscht. Als Herzstück der Anlage lieferte Maschinenbau Unterlercher eine Durchström-Turbine mit 2-zelligem Laufrad, die konstruktionsbedingt auch bei wechselhaften Zuflussbedingungen sehr gute Wirkungsgrade erreicht. „Unsere anfänglichen Bedenken, die Anlage Mariensee im Winter abstellen zu müssen, haben sich als unberechtigt erwiesen. Selbst bei extrem niedrigem Wasserstand konnten wir den Betrieb mit immerhin rund 15 kW Leistung

aufrechterhalten“, sagt Schenker. Die Engpassleistung der von vormals zwei auf nun eine einzige Kraftwerksstufe zusammengefassten Neuanlage konnte trotz gleichbleibender Fallhöhe von 33 m und sogar etwas verringerter Ausbauwassermenge erheblich gesteigert werden. Unter Volllast schafft die neue Turbine eine Engpassleistung von 110 kW, die beiden alten Maschinen erreichten gemeinsam lediglich eine maximale Leistung von knapp 60 kW. Als Energiewandler dient ein direkt in horizontalter Richtung mit der Turbinenwelle gekoppelter Asynchron-Generator mit 400 V Spannung. Dieser dreht wie das von oben angeströmte Turbinen-Laufrad mit exakt 600 U/min und ist auf eine Nennscheinleistung

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Im mittleren Teilstück der insgesamt fast 1,4 km langen Rohrtrasse des Kraftwerks Martinschleife wurden Gussrohre von TRM verlegt.

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Thomas Schenker, Forstwirt in fünfter Generation, ist davon überzeugt, mit der umfassenden Erneuerung seiner beiden Eigenkraftwerke eine gute wirtschaftliche Entscheidung getätigt zu haben.

von 132 kW ausgelegt. Die von SoWa-Control gelieferte elektro- und leittechnische Ausstattung befindet sich wie der Steuerungs-PC direkt im Krafthaus. Mittels sicherer VPN-Verbindung hat der Betreiber – wahlweise auch über ein mobiles Endgerät wie sein Smartphone – rund um die Uhr Fernzugang auf die Steuerung. Das Einspeisen des Überschussstroms ins öffentliche Netz erfolgt an einer Trafostation des niederösterreichischen Energieversorgers EVN in der Nähe des alten Sägewerks. Rund ein halbes Jahr nach Beginn der zügig verlaufenen Umbauphase konnte noch kurz vor dem anstehenden Jahreswechsel ein erster Probebetrieb gestartet werden. Nach Abschluss der finalen Restarbeiten nahm die Anlage Mariensee im Februar 2018 schließlich den Regelbetrieb auf. BAUSTART MARTINSCHLEIFE IM MAI 2018 Wenige Monate nach der Fertigstellung des ersten Kraftwerks folgte schon im Mai 2018 der Baustart für das Projekt Martinschleife, dessen Neuausführung laut Schenker deutlich mehr Aufwand mit sich brachte. Dies hatte vor allem mit der Trasse der neuen Druckrohrleitung zu tun, welche beim Kraftwerk Martinschleife durch geologisch anspruchsvolleres Gebiet und einen Steilabschnitt führte. Zusätzlich wurde entgegen dem ursprünglichen Konzept, den Maschinensatz wieder im Untergeschoss der stillgelegten Pappfabrik unterzubringen, ein alternativer Standort für ein neues Krafthaus gewählt. „Summa summarum kam es uns billiger, ein neues Krafthaus zu errichten als den alten Standort, über den keinerlei brauchbaren Unterlagen für die notwendigen baustatischen Berechnungen vorhanden wa-

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ren, aufwändig zu adaptieren. Zudem haben wir durch die Verlegung des Krafthauses bachabwärts einige Höhenmeter für die Stromgewinnung dazu gewonnen“, erklärt Schenker. Für die Umsetzung der Bauarbeiten beim Projekt Martinschleife sollten die Lose auf zwei Unternehmen aufgeteilt werden. Heinrich-Bau konnte seine Kompetenz ein weiteres Mal beim Hochziehen des neuen Krafthauses unter Beweis stellen. Den Zuschlag für die Verlegung der Druckrohre und den Bau der neuen Wehranlage sicherte sich die oberösterreichische Hoch- und Tiefbaugesellschaft Baumeister Ing. Karl Fürholzer. Gleich zu Beginn konzentrierten sich die Unternehmen auf die Aushub- und Betonarbeiten an den jeweiligen oberen und unteren Ende der Anlage, sprich der Errichtung von Wehranlage und Krafthaus. Ungefähr zeitgleich startete eine zweite Fürholzer-Montagepartie mit der Verlegung der Druckrohrleitung. Beim Kraftwerk Martinschleife besteht

der insgesamt 1.393 m lange Kraftabstieg DN800 hinsichtlich des verwendeten Rohrmaterials aus drei Abschnitten. Während beim ersten und dritten Teilstück Flowtite-GFK-Rohre von Amiblu verlegt wurden, setzte man bei der Steilstufe im mittleren Trassenabschnitt auf etwa 450 m Länge auf noch höhere beanspruchbare Gussrohre. Geliefert wurden die in schub- und zuggesicherter Ausführung verlegten Rohre, hergestellt zu 100 Prozent aus Recyclingmaterial, vom westösterreichischen Gussrohrspezialisten Tiroler Rohre GmbH (TRM). WEHRANLAGE AN DER MARTINSCHLEIFE Die Ausführung und Ausstattung der neuen Wasserfassung beim Kraftwerk Martinschleife unterscheidet sich von jener des Oberlieger Mariensee in wenigen Details. Ein wesentlicher Unterschied hinsichtlich des wieder von Mayrhofer gelieferten Stahlwasserbaus besteht in dem gleich neben der Wehrklappe

Technische Daten KW Mariensee • Ausbauwassermenge: 450 l/s • Bruttofallhöhe: ca. 32,2 m • Druckleitung: 680 m, GFK „Flowtite“ • Ø: DN700 • Hersteller: Amiblu • Turbine: Durchström, horizontale Welle • Engpassleistung: 110 kW • Hersteller: Maschinenbau Unterlercher GmbH • Generator: Asynchron • Hersteller: WEG • Jahresarbeit: ca. 480.000 kWh

KW Martinschleife • Ausbauwassermenge: 900 l/s • Bruttofallhöhe: ca. 74,6 m • Druckleitung: 1.393 m, GFK „Flowtite“ - Guss - GFK • Ø: DN800 • Hersteller: Amiblu (GFK), Guss (TRM) • Turbine: 6-düsige Pelton, vertikale Welle • Engpassleistung: 555 kW • Hersteller: Maschinenbau Unterlercher GmbH • Generator: Synchron • Hersteller: Hitzinger • Jahresarbeit: ca. 2,5 GWh

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Grundstruktur und äußeres Erscheinungsbild vom Krafthaus Mariensee blieben von der Modernisierung unbeeinträchtigt.

angeordneten Grundablassschütz mit Spülklappe, über den dort auch gleich ein Teil des Restwassers abgegeben wird. Der Hauptteil der Pflichtwasserabgabe – ganzjährig stets mindestens 140 l/s sowie 20 Prozent vom aktuellen Zufluss – fließt über den naturnah gestalteten Beckenpass. Mit 900 l/s ist die genehmigte Ausbauwassermenge doppelt so hoch wie beim Standort Mariensee. Vom ebenfalls seitlich angeordneten Einlauf mit ziehbarem Grobrechen gelangt das Triebwasser wieder über ein betoniertes Beruhigungsbecken mit Entsandungsfunktion zum vertikalen Feinrechen und dem dazugehörigen Rechenreiniger. Flankiert wird die Rechenanlage im Wehrhaus wie beim Pendant Mariensee von einem E-Technikschrank mit Steuerun­gs-Touchpanel und dem Hydraulik­ aggregat zur Regelung von Wehrklappe und Schützen. NEUE LEISTUNGSDIMENSIONEN Das an neuer Stelle errichtete Krafthaus wurde mit einer abhebbaren Dachkonstruktion ausgeführt, womit sich der Betreiber den Einbau eines fixen Gebäudekrans ersparte. Sollte Bedarf für eine Generator-Demontage bestehen, kann diese unkompliziert mit dem Einsatz eines mobilen Schwerlastkrans be-

Das Krafthaus Martinschleife wurde wie der Rest der Anlageninfrastruktur und Technik völlig neu ausgeführt.

wältigt werden. Anstelle von zwei unterschiedlich groß dimensionierten Pelton-Maschinen der Altanlage kommt beim Neubau nun eine einzelne Pelton-Turbine zum Einsatz – diese übertrifft die Maximalleistung der ausgedienten Turbinen allerdings bei weitem. Deren gemeinsame Engpassleistung war aufgrund des fortgeschrittenen Alters und damit einhergehenden Abnützungen auf rund 280 kW limitiert. Das neue, mit insgesamt sechs elektrisch geregelten Düsen in vertikaler Bauform gefertigte Kraftpaket aus dem Hause Unterlercher schafft bei vollem Wasserdargebot nun eine Engpassleistung von 555 kW. Darüber hinaus zeichnet sich die Turbine durch beste Wirkungsgrade in einem breiten Betriebsspektrum aus. Der vertikal direkt mit der Turbinenwelle verbundene Synchron-Generator vom Linzer Hersteller Hitzinger dreht wie die Turbine mit 500 U/min und wurde in luftgekühlter Ausführung gefertigt. Die Elektro- und Leittechnik für den Neubau Martinschleife stammt wieder von SoWa Control, Steuerungs-PC und E-Technik Schaltschrank wurden dort über dem im Untergeschoss des Krafthauses befindlichen Maschinensatz installiert. Zur Ableitung des erzeugten Stroms stellte der Netzbetreiber EVN einen neuen Einspeise-

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punkt direkt am neben der Landstraße errichteten Krafthaus her. INVESTITION MACHT SICH BEZAHLT Im November 2018, etwa sieben Monate nach dem ersten Spatenstich, konnten schließlich die Inbetriebnahme und der Probebetrieb des zweiten Kraftwerks des Forstbetriebs erfolgen. Nach rund 1,5 Jahren Betriebserfahrung mit seinen neuen Anlagen zeigt sich Schenker im zek HYDRO-Interview davon überzeugt, eine gute Investition getätigt zu haben: „Aus heutiger Sicht war die Entscheidung zur Kompletterneuerung unserer Wasserkraftanlagen absolut richtig. Als Forstbetrieb, der hauptsächlich vom Verkauf von Holz lebt, war und ist die Stromproduktion aus eigenen Ressourcen ein absolut wichtiges Einkommensstandbein.“ Dass sich die umfassenden Modernisierungen in erzeugungstechnischer Hinsicht bezahlt machen, steht außer Frage. Die in Summe 130-prozentige Leistungssteigerung der Anlagen geht Hand in Hand mit einer entsprechend erhöhten Jahreserzeugung. Diese steigerte sich beim Kraftwerk Mariensee auf ca. 480.000 kWh, die Produktion des Kraftwerks Martinschleife erhöhte sich im Regeljahr auf rund 2,5 GWh.

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Anstelle eines Ersatzneubaus wird das Traditionskraftwerk Papieri in Bischofszell umfassend revitalisiert. Als erste Sanierungsetappe wurde das Krafthaus am Gelände des Gewerbepark vom Betreiber Generalunternehmen Koch AG modernisiert. Der niederösterreichische Automatisierungsexperte Schubert Elektroanlagen GmbH sorgt dabei für die Ausführung des gesamten elektro- und leittechnischen Equipments.

THURGAUER KRAFTWERK PAPIERI IM END­ SPURT DER ERSTEN SANIERUNGSETAPPE Anfang August steht das Traditionskraftwerk Papieri im Schweizer Bischofzell kurz vor der Wiederinbetriebnahme. Als erste von insgesamt vier Sanierungsetappen wurde zu Jahresbeginn die umfassende Modernisierung des um 1860 errichteten Krafthauses in Angriff genommen. Das gesamte elektro- und leittechnische Equipment zur Regelung der neuen Gewerke stammt vom niederösterreichischen Branchenspezialisten Schubert Elektroanlagen GmbH. Trotz eines straffen Zeitplans und den mit der Corona-Pandemie einhergehenden Einschränkungen konnte die erste Etappe der großangelegten Kraftwerkserneuerung ohne nennenswerte Verzögerungen wunschgemäß umgesetzt werden. Dank der neuen doppeltregulierten Kaplan-Turbine von ANDRITZ Hydro steigern sich sowohl Wirkungsgrad als auch das durchschnittliche Regelarbeitsvermögen von vormals 3,3 auf rund 5 GWh/a erheblich.

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Das Wasserkraftwerk Papieri entstand um 1860 gemeinsam mit der Leinen verarbeitenden „Jacquardweberei“, 1887 ging gleich nebenan eine „Carton- und Papierfabrikation“ in Betrieb.

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u seinem 120-jährigen Bestehen wird das Thurgauer Wasserkraftwerk Papieri in der Gemeinde Bischofszell einer umfassenden Erneuerung unterzogen. Die 1860 an einem 1,9 km langen Ausleitungskanal der Thur errichtete Anlage versetzte ursprünglich mit Wasserrädern die mechanischen Transmissionen einer Weberei in Bewegung. 1887 entstand auf dem Werksgelände eine zusätzliche „Carton- und Papierfabrikation“, woher auch die Namensgebung des heute als Gewerbepark genutzten Areals stammt. Die Elektrifizierung des Kraftwerks Papieri erfolgte ca. 1910, bis 1924 wurden insgesamt fünf ­Francis-Turbinen installiert. Nachdem die Papierfabrik kurz vor der Jahrtausendwende endgültig den Betrieb eingestellt hatte, sollte August 2020

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Die Tiefbauarbeiten des Projekts erledigte die ebenfalls in Familienbesitz stehende Koch AG. Mit den Beton- und Hochbauarbeiten wurde die Bauunternehmung Landolt der Niederlassung Andelfingen beauftragt.

rung und der Wiederherstellung der Fischdurchgängigkeit ausgeführt. 1 KAPLAN-TURBINE STATT 5 FRANCIS-MASCHINEN Im Rahmen der Vergabe auf Basis der Ausschreibung kam eine ganze Reihe von renommierten Branchenvertretern zum Zug. Bedingt durch die relativ geringe Fallhöhe von rund 7 m und einer maximalen Ausbauwassermenge von 13 m³/s – die zentralen Kraftwerksparameter blieben unverändert – ersetzt nun eine einzige Kaplan-Turbine in vertikaler Bau­form das bislang installierte Maschinenquintett. Gefertigt wurde die auf eine Engpass­leistung von 820 kW ausgelegte Turbine beim erfahrenen Branchenführer für Kleinwasserkraftanlagen ANDRITZ Hydro. Sämtliche Stahlwasserbaukomponenten, konkret ein horizontaler Schutzrechen inklusive dazugehörigem Rechenreiniger sowie die entsprechenden Absperr- und Regulierorgane lie­ ferte die in Baden-Württemberg ansässige Wiegert & Bähr Maschinenbau GmbH. Ge-

3 MM „LUFT“ BEI DER TURBINENMONTAGE Prinzipiell setzte sich der Lieferumfang der E-Technikspezialisten für die Anlage Papieri aus der Kraftwerkssteuerung und der Generatorschaltanlage zusammen. Schubert-Projektleiter Benjamin Wagner sagt, dass die Projektdurchführung an einen straffen Zeitplan

Die auf 820 kW Engpassleistung ausgelegte vertikale Kaplan-Turbine von ANDRITZ Hydro beim Einbau. Der hydroelektrische Altbestand, bestehend aus einem Francis-Fünfergespann der Baujahre 1910 bis 1924, durfte aus Gründen des Denkmalschutzes nicht demontiert werden.

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schäftsführer Koch lässt nicht unerwähnt, dass er während des Projektvorfelds für die Aus­wahl der neuen Ge­werke eine ganze Reihe von Referenzanlagen besichtigt hat. Beim elektro- und leittechnischen Equipment ging der Zuschlag an die in­te­rnational renommierte Schubert Elektroan­lagen GmbH aus dem nieder­öster­reichischen Ober-Grafendorf aus gutem Grund. „Bei meiner ‚Kraftwerks-Recherche‘ haben die Schubert-Lösungen hinsichtlich Qualität und Funktionalität einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Ausschlaggebend für die Auftragsvergabe war sicherlich auch das faire Preis-Leistungsverhältnis“, so Koch.

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UMFASSENDE SANIERUNG STATT NEUBAU Geschäftsführer Sacha Koch hält fest, dass der technische Altbestand trotz seiner durchschnittlich 100-jährigen Betriebsdauer bis zuletzt relativ problemlos seine Funktion erfüllte: „Die alten Turbinen schafften durch natürliche Abnützungen zwar nicht mehr die volle Leistung, grundsätzlich hatten wir aber nur wenige Ausfälle.“ Koch erklärt, dass ursprünglich eine komplette Erneuerung der Anlage geplant war, wobei sich die maximale Leistung im Vergleich zum Altbestand um das 4,5-Fache gesteigert hätte. Die Wasserfassung wäre dabei am vorhandenen Standort erneuert worden, das Krafthaus wäre mittels Anbindung durch eine unterirdische Druckleitung an anderer Stelle neu gebaut worden. Rund 12 Jahre hatte man sich schon mit der Projektierung und der Genehmigung des angedachten Neubaus beschäftigt. Aufgrund zahlreicher Widerstände, die von verschiedenen Seiten auf das Projekt einwirkten, musste die Neubauvariante allerdings aufgegeben werden. Stattdessen entschlossen sich die Betreiber für eine umfassende Erneuerung und Sanierung ihres historischen Kraftwerks. Umgesetzt wird diese Total-Revitalisierung zeitlich versetzt in insgesamt vier Etappen, wobei die Modernisierung des Krafthauses zuerst auf dem Plan stand. In Summe nahm die großangelegte Sanierung bis zur geplanten Wiederinbetriebnahme Mitte August rund acht Monate in Anspruch. Bereits Anfang Juli zeigte sich Koch im Telefon-Interview mit zek HYDRO sehr zufrieden über den Projektverlauf auf seinem Areal: „Das Schwierigste bei unserem Projekt war sicherlich die Genehmigungsphase. Bei der baulichen Umsetzung waren sehr fähige Unternehmen und Mitarbeiter am Werk, die allesamt eine zufriedenstellende Leistung abgeliefert haben. Glücklicherweise sind wir beim Corona-Ausbruch mit einem blauen Auge davon gekommen, mit der Einhaltung der geforderten Sicherheits- und Hygienemaßnahmen konnte der Baustellenbetrieb ohne längere Verzögerungen aufrecht erhalten werden.“ In zwei Jahren soll die Sanierung des Oberwasserkanals erfolgen, danach die Erneuerung von Wehranlage und Wasserfassung. Bei der abschließenden vierten Phase werden die kantonalen Auflagen hinsichtlich der Restwassersanie-

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der erzeugte Strom des Wasserkraftwerks ausschließlich ins öffentliche Netz eingespeist werden. Der Zahn der Zeit hatte natürlich auch nicht vor dem Kraftwerk Papieri halt gemacht, weswegen die langjährige Anlagenbetreiberin, das familiengeführte „Koch Generalunternehmen AG“, eine umfassende Erneuerung ins Auge gefasst hatte.

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gekoppelt war. „Gleich nach der zu Jahresbeginn erhaltenen Auftragserteilung wurde mit dem Engineering der Generatorschaltanlage und der Erstellung der Stromlaufpläne begonnen, um den avisierten Liefertermin einhalten zu können.“ Wagner führt weiter aus, dass beim Design der Generatorschaltanlage auf eine zentrale funktionelle Eigenschaft des Generators der finnischen Marke Danfoss Bedacht genommen werden musste. Weil der Energiewandler auf Permanentmagnet-Technologie basiert und somit konstruktionsbedingt bei Überdrehzahl Spannungsspitzen von bis zu 2,3 kV erreicht, musste die Schaltanlage zum Schutz mit einem entsprechenden Mittelspannungs-Leistungsschalter ausgestattet werden. Laut Betreiber Koch fiel die Entscheidung zugunsten eines Permanentmagnet-Generators vor allem wegen des bekannt hohen Wirkungsgrads sowie den platzsparenden Abmessungen und seines äußerst geräuscharmen Betriebs. Da sich das Krafthaus in eine bestehende Gebäudestruktur einfügt, die von den Untermietern des Gewerbeparks genutzt wird, hatte die Minimierung von Schall

Die Montage der e-technischen Komponenten im Krafthaus startete im Juli.

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Sprichwörtliche Millimeterarbeit beim Einbringen der weitestgehend vormontierten Maschinengruppe.

und Vibrationen oberste Priorität. Die Platzthematik stellte außerdem eine wichtige Rolle bei der großangelegten Revitalisierung dar. Sowohl das Gebäude als auch die fünf ausgedienten Turbinen stehen unter Denkmalschutz. Weil die alten Maschinen keinesfalls entfernt werden durften, musste für die neue Kaplan-Turbine eine geeignete Einbauposition neben dem Altbestand gefunden werden. Richtig knapp wurde es bei der Anlieferung der Turbine, wie das obige Bild zeigt. Zwischen Raumdecke und Maschinengehäuse passte bei der Einbringung nur mehr ein ca. 3 mm breites Blatt eines Zollstocks. Dies bestätigt ANDRITZ Hydro-Projektmanager Kevin Brodd: „Eine zentrale technische Herausforderung bestand während der Konstruktion und der Montage darin, die Turbine weitestgehend vormontiert auf die Baustelle zu transportieren. Die ausgelieferte Baugruppe bestand schließlich aus dem kompletten Leitapparat inklusive den Leitschaufeln, dem Stützschaufelring, dem oberen Leitapparatdeckel, dem Laufradmantel und der Turbinenwelle.“

LEITTECHNIK VON DEN PROFIS Neben ihrer Hauptaufgabe – der vollautomatischen Regelung der Stromproduktion und aller damit in Verbindung stehenden Gewerke – wartet das Anlagen-Leitsystem von Schubert mit einer ganzen Reihe von zusätzlichen Features und Funktionen auf. Die Steuerung basiert auf dem zum weltweiten Industriestand zählenden SPS-Controller SIMATIC S7-1500, als Leitsystem kommt das ebenfalls von Siemens stammende WinCC zum Einsatz. Projektleiter Wagner sagt, dass die leittechnische Anbindung der sowohl mit elektrischen als auch mit hydraulischen Antrieb­en ausgeführten Rechenreinigungsmaschine durch­ aus eine Herausforderung darstellte. Die mit einem Zahnradantrieb bewegte Maschine ist in der Lage, den Reinigungsvorgang am Schutzrechen individuell anzupassen. Wenn ein Abschnitt des 11 m langen und 3 m hohen Rechens von einem sperrigen Hindernis blockiert wird, das von der Putzharke nicht eigenständig entfernt werden kann, wird dieser Sektor während der Blockade von der Maschine bewusst nicht bearbeitet. Mit-

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Die Anlagen-Leittechnik basiert auf der global im Einsatz stehenden SPS-Steuerung SIMATIC S7-1500 von Siemens.

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Technische Daten • Ausbauwassermenge: 13 m³/s • Bruttofallhöhe: 7 m • Ausleitungskanal: ca. 1.900 m • Turbine: Kaplan, vertikal • Nenndrehzahl: 250 U/min • Engpassleistung: 820 kW • Hersteller: ANDRITZ Hydro • Generator: Permanentmagnet • Nennspannung: 690 V • Max. Generatorspannung: 2.342 V • Nennscheinleistung: 855 kVA • Hersteller: Danfoss • E-& Leittechik: Schubert Elektroanlagen GmbH • Regelarbeitsvermögen: ca. 5 GWh/a

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sichere Datenschleuse via VPN oder Firewall as a Service bzw. Cloud-Backup as a Service, um einige davon zu nennen.“ Bei der zentralen Leitsystem-Applikationen verfolgt Schubert die Philosophie, dass die Steuerung stets im Mittelpunkt der Anlage stehen sollte und sämtliche zur Anlage gehörenden Gewerke darin integriert sind.

Schubert-Projektleiter Benjamin Wagner zeigt sich kurz vor der für Mitte August geplanten Anlagen-Inbetriebsetzung sehr zufrieden mit dem Projektfortschritt.

DIGITALISIERUNG IN DER PRAXIS Die Montage der e-technischen Komponenten des rundum erneuerten Krafthauses Papieri startete schließlich im Juli. Schubert-Projektleiter Wagner gab schon vor dem Beginn der Inbetriebsetzungsphase ein positives Vorab-Fazit ab: „Die Kooperation mit allen am Umbau beteiligten Unternehmen und Personen hat sehr gut und wunschgemäß funktioniert, es war sehr angenehm, mit den Leuten zusammenzuarbeiten. Ich bin mir sicher, dass die Betreiber viel Freude an ihrer im Prinzip neuen Anlage und unserer modernen Steuerung haben werden.“ Alexander Schneeweis, seines Zeichens Leiter Technik und Produktion bei Schubert, fügt an, dass die Komplettsanierung des KW Papieri hinsichtlich Leistungssteigerung und Bedienkomfort einem Quantensprung gleichkommt. So verfügten zuvor nur zwei der alten Francis-Maschine über eine rudimentäre Pegelregelung, die restlichen Turbi-

nen mussten in Abhängigkeit vom jeweiligen Wasserdargebot manuell zu- oder abgeschaltet werden. Dem Stand der Technik entsprechend sorgt das intelligente Schubert-Leitsystem nun für einen vollständig automatisierten und maximal effizienten Anlagenbetrieb. Schneeweis hält fest, dass der in der jüngeren Vergangenheit immer stärker um sich greifende Trend Richtung Automatisierung – auch bekannt als „Digitalisierung 4.0“– seit jeher eine zentrale Rolle im Schubert-Portfolio einnimmt: „Wir haben eine ganze Reihe von Lösungen im Angebot, die die Kriterien von „Digitalisierung 4.0“ erfüllen. Grundsätzlich sind wir in der Lage, eine Vielzahl von anlagenspezifischen Dingen zu regeln und zu überwachen, wenn dies kundenseitig gewünscht oder für notwendig erachtet wird. Beispielsweise können wir Unterstützung bei einem Cyber-Angriff leisten oder einen unerwünschten Zugriffsversuch nachverfolgen. In Sachen IT-Security haben wir sehr viele Pakete im Haus, etwa Log Management, unsere

Trotz Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr konnten die Arbeiten ohne nennenswerte Projektverzögerungen fortgesetzt werden.

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tels automatischer Alarmierung wird das Betriebspersonal sofort nach Auftreten einer solchen Betriebsstörung informiert, um die notwendigen Maßnahmen zur Fehlerbehebung in die Wege leiten zu können. Wagner ergänzt, dass in die Anlagensteuerung des Kraftwerks Papieri eine äußerst nützliche Wartungsunterstützung implementiert wurde. Konkret wird der Betriebswart der Anlage davon in Kenntnis gesetzt, wenn einzelne Komponenten wie Hydraulikpumpen, Generator oder Leistungsschalter eine vordefinierte Anzahl an Betriebsstunden erreicht haben, die ein Wartungsintervall erforderlich machen. Komplettiert wurde der Schubert-Lieferumfang durch die Herstellung der Online-Anbindung, die eine komfortable Anlagenüberwachung aus der Ferne ermöglicht.

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VERNETZTER WORKFLOW Darüber hinaus sieht man es bei Schubert laut Schneeweis als sehr sinnvoll an, wenn sich die jeweiligen Gewerke auch untereinander digital austauschen können. Für die Optimierung des unternehmensinternen Workflows haben die Niederösterreicher eine eigene Wissensdatenbank entwickelt. Dieses „Schubert-Wikipedia“ dient den rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Ober-Grafendorf als zentrale Informationsplattform über unterschiedliche aktuelle und vergangene Projekte und Themen. „Zurzeit arbeiten wir im Haus an der Digitalisierung unseres Engineerings. Gemeint ist damit, dass wir Pläne zukünftig nicht mehr ausdrucken, sondern in ein, vereinfacht gesagt, ‚intelligentes‘ PDF umwandeln. Damit können Kollegen aus verschiedenen Abteilungen den Status und den Fortschritt eines gemeinsamen Projekts in Echtzeit verfolgen und ohne Umwege direkt ihre eigenen Beiträge dazu leisten.“ Weit fortgeschritten ist man bei einem weiteren aktuellen Vorhaben, nämlich der Digitalisierung von Stromlaufplänen. Dabei geht es ebenfalls darum, die konkrete Umsetzung - vom anfänglichen Engineering bis hin zur finalen Montage - so kooperativ und universell zugänglich wie möglich zu gestalten. Wie diese Anwendungsbeispiele aus der Praxis zeigen, ist die Thematik „Digitalisierung 4.0“ bei Schubert mehr als nur ein Schlagwort.

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STEIRISCHES PLANUNGSBÜRO BLICKT AUF 15 JAHRE UND MEHR ALS 1000 PROJEKTE ZURÜCK

Seit der Firmengründung vor 15 Jahren hat sich das steirische Planungsbüro PI Mitterfellner GmbH als kompetenter Partner in sämtlichen technischen und organisatorischen Planungsagenden in der Wasser- und Energiewirtschaft einen Namen gemacht. Was das Team von Firmengründer und Geschäftsführer Dipl.-Ing. Helmut Mitterfellner dabei besonders auszeichnet, sind seine Unabhängigkeit, Kompetenz und Zuverlässigkeit. Mit diesen Attributen hat das Ingenieur- und Sachverständigenbüro mit Sitz in Scheifling mittlerweile mehr als 1000 Projekte abgewickelt, von komplexen Wasserkraftwerken angefangen bis zu Beratungs- oder Sachverständigenaufträgen. In den letzten Jahren hat man das eigene Portfolio erweitert: Mittlerweile setzt DI Helmut Mitterfellner mit seinem Team auch Photovoltaikanlagen oder Aquakulturen um. Trotz Corona-Restriktionen nutzt man das Jubiläum für eine kleine Atempause und eine Rückschau.

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den: Es haben sich daraus zum Teil auch Freundschaften entwickelt“, freut sich Firmengründer Helmut Mitterfellner. Ihm und seinem Team merkt man die Leidenschaft an, mit der sie sich ihren Aufgaben widmen. Und dass sie dabei bodenständig und geerdet

wirken, macht wohl den hohen Sympathiefaktor des Unternehmens aus. ÜBER 1000 AUFTRÄGE IN 15 JAHREN Nach seinem Diplomstudium an der TU Graz, drei Jahren in Linz und ersten gemein-

In Aserbaidschan hat sich das Planungsbüro mit spektakulären Bewässerungsprojekten einen Namen gemacht.

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ie Zufriedenheit eines Kunden ist der ultimative Qualitätsbeweis für jedes Unternehmen. Wenn Kunden nach Jahren wiederkehren, sie weiterhin den Kontakt suchen und regelmäßig Rat einholen, dann hat man offensichtlich vieles richtig gemacht. Das Ingenieur- und Sachverständigenbüro PI Mitterfellner GmbH erfreut sich dieses guten Rufes und gilt heute zurecht als eine der ersten Anlaufstellen in der Steiermark, wenn es um technische, konzessionsrechtliche oder planerische Fragen im breiten Themenkreis der Wasserkraft, oder der Energiewirtschaft geht. Die Kunden- und Referenzliste der PI Mitterfellner GmbH liest sich wie das Who is Who der österreichischen Wasserkraftbranche, wenn man dabei auf Unternehmen wie Verbund, Österreichische Bundesforste, Wien Energie, ÖBB und viele andere stößt. „Aus vielen unserer Kundenkontakte ist im Laufe der Zeit mehr geworAugust 2020

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Wasserfassung des KW Flitzenbach in Gaishorn am See. Das Kraftwerk mit 736 kW Ausbauleistung wurde im Herbst 2013 in Betrieb genommen.

Und kaum ein anderes Planungsbüro konnte in dieser Zeit so viele dieser Projekte betreuen. Insgesamt waren es über 50 Kraftwerke, die das Team von Helmut Mitterfellner von der Idee bis zur Inbetriebnahme führte – und um ein Vielfaches mehr an anderen Projekten, für die etwa „nur“ Gutachten, wasserrechtliche Überprüfungen, Einreichungen, oder eben Teilprojekte abgewickelt wurden. Die extra für das Jubiläum nachgerechnete Zahl beziffert nicht weniger als 1.107 Aufträge und 51.000 Tassen Kaffee.

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SOFTWARE AUS EIGENER PRODUKTION Das Thema Wasserkraft stellte von Anfang an das zentrale Betätigungsfeld für DI Mitterfellner und sein Team dar: Bereits in seiner Diplomarbeit hatte sich der junge Planer mit der numerischen Abflussmodellierung an der Staukette der Verbund-Kraftwerke an der Drau beschäftigt – ein hochinteressantes For-

Foto: zek

samen „Lehrjahren“ mit einem anderen steirischen Planungsingenieur, mit dem anfänglich das Unternehmen gemeinsam geführt wurde, hob Helmut Mitterfellner im Jahr 2005 seine PI Mitterfellner GmbH aus der Taufe. Als Standort wählte er seine nähere Heimat Scheifling im Bezirk Murau, was sich in den Folgejahren als kluger Schachzug erweisen sollte. „Auch wenn Scheifling keine Metropole ist, so sehen wir für uns einen sehr großen Vorteil des Standorts: Wir können alle für uns wichtigen Zielorte in relativ kurzer Zeit erreichen: Ob Linz, Salzburg, Graz, Wien, oder Klagenfurt – alles in optimaler Reichweite“, sagt Helmut Mitterfellner. Außerdem, so der Planungsingenieur, habe sich die Grüne Mark gerade in den letzten 15 Jahren als der Hot­ spot des österreichischen Kleinwasserkraftausbaus erwiesen. In keiner anderen Region der Alpenrepublik sind in dieser Zeit so viele Kleinwasserkraftprojekte umgesetzt worden.

schungsprojekt, an dem das Planungsbüro heute noch arbeitet: „Es ist ein sehr spannendes, ein sehr wissenschaftliches Thema, wie sich an einer Staukette rund 1 Million Kubikmeter an jährlicher Sedimentenzufuhr wirtschaftlich managen lassen. Ein sehr komplexes Thema, das die Rechenleistung von Cluster Computing erforderlich macht und das uns heute noch beschäftigt.“ Dabei zeigt sich nicht zuletzt die offenkundige Vielseitigkeit des Planungsbüros, das auch Software im eigenen Haus produziert. Und dies derart erfolgreich, dass einige der Software-Lösungen auch Dritten angeboten werden. Dabei vorrangig zu nennen ein eigenes, nur intern verwendetes Zeiterfassungssystem für die Mitarbeiter, oder die iPI.App für überschlagsmäßige Berechnung der wesentlichen Parameter von Ausleitungskraftwerken, oder die Software KWKW. opt® für die Optimierung der Energieeffizienz von Kleinwasserkraftwerken, um nur drei zu nennen. „Das KWKW.opt® hat sich sehr bewährt, es wurden bereits über 200 Kleinkraftwerke damit berechnet. Es ist unter anderem ein sehr gutes Prüfinstrument für behördliche Zwecke, um über die Viertelstunden-Erzeugungsdaten auf den Turbinendurchfluss und damit auch auf die erforderliche Restwasserdotation rückrechnen zu können“, erklärt der Planer, der in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass das System auch für Betreiber sehr interessant ist. Speziell jene, deren Kraftwerke an größeren Flüssen noch nicht mit den Ober- und Unterliegern kommunizieren – sprich keine klar koordinierten Regelungen haben. Über das KWKW.opt® kann dabei nicht nur die Energieeffizienz gesteigert, sondern mitunter auch die Schwall-Sunk-Problematik gelindert oder behoben werden.

DI Helmut Mitterfellner flankiert von den beiden Betreibern im Krafwerk Kreuzer/Rössler am Gastlbach. Das Doppelkraftwerk mit einer Gesamtleistung von 1.444 kW wurde 2011 in Betrieb gesetzt.

Helmut Mitterfellner (mi) mit den Betreibern des KW Schattseite im Gespräch. Das 1,8 MW-Kraftwerk wurde im Jahr 2015 in Betrieb genommen.

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Im Jahr 2016 haben Helmut Mitterfellner und sein Team der alten Technik des Wasserrads mit neuem Material – Carbon – neues Leben eingehaucht.

VIELSEITIGKEIT ALS TRUMPF IM TEAM Dass die PI Mitterfellner GmbH in der Lage ist, Anforderungen mit derart großer, thematischer Anforderungsbreite zu erfüllen, ist ein weiteres Qualitätsmerkmal des Unternehmens und lässt sich auf einen kleinsten Nenner bringen: das Team. Es genügt nicht, nur flexibel zu sein. Es braucht auch das professionelle Zusammenspiel von Spezialisten – und auf die kann Helmut Mitterfellner zurückgreifen. „Unser siebenköpfiges Team ist von Anfang an unverändert an Bord – ein echter Glücksfall. Wir verfügen über Maschinenbau-, Bau- und Softwareingenieure. Unsere Mitarbeiter bringen Erfahrung sowohl aus der Energiewirtschaft, als auch der Wildbachverbauung, oder dem Siedlungswasserbau mit und kennen Land und Leute“, sagt der Firmenchef und ergänzt nicht ohne Stolz: „Wir wissen durch-

Der Hochleistungswerkstoff Carbon ist ein geradezu ideales Material für den Einsatz in Wasserrädern.

aus, was wir können. Aber in erster Linie wollen wir das unseren Kunden zeigen. Da wir alle aus der Gegend kommen, wissen wir auch unsere Natur zu schätzen. Alles verbauen zu wollen, wie uns Wasserkraftgegner manchmal vorwerfen, liegt uns wirklich fern.“ Um Projekte größerer Dimensionen abwickeln zu können, verfügt das Unternehmen heute über ein kompetentes Netzwerk: Bei Bedarf kann man auf renommierte Ökologen, Geologen, Hydrogeologen, Statiker, Lärmgutachter, Rechtsanwälte, Vermesser etc. zurückgreifen. Das hat sich bewährt. Dass die PI Mitterfellner GmbH mehr ist als nur ein Ingenieurbüro, liegt überdies an der Gutachtertätigkeit ihres CEOs. DI Helmut Mitterfellner ist Ziviltechniker und gerichtlich beeidigter Sachverständiger, der auch viele Bewertungsgutachten erstellt. Neben der österreichischen

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ERFAHRUNG MACHT UNABHÄNGIG Die große Erfahrung und auch seine Unabhängigkeit schöpft das Unternehmen nicht zuletzt daraus, dass man bislang mit einer ellenlangen Liste an Branchen-Unternehmen zusammenarbeiten konnte. 25 Baufirmen, 12 Turbinenhersteller, 13 Elektrotechnik-Unternehmen, 11 Stahlwasserbaufirmen, 10 Rohrherstellern – kaum ein österreichisches Wasserkraft-Unternehmen, mit dem man noch keine Erfahrung gesammelt hat. Diese Vielfalt belegt auch, dass letztlich der Bauherr über Vergabe entscheidet und nicht das Planungsbüro. Dabei ist der Aktivitätsradius des Unternehmens keineswegs auf Österreich be-

Foto: zek

Die 4-düsige Peltonturbine mit 504 kW Nennleistung ist im KW Einachbach installiert. Die Anlage wurde 2007 in Betrieb gesetzt.

Foto: Mitterfellner

Die 4-düsige Peltonturbine und eine 6-stufige Pumpturbine des KW Feistritzbach III mit einer Gesamtleistung von 526 kW wurden im April 2014 in Betrieb genommen.

Zertifizierung ist er auch im Bund deutscher Sachverständiger engagiert und arbeitet aktuell gerade an der europaweiten Zertifizierung.

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Jubiläum Gesamtkonzept

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Wasserfassung KW Kreuzer am Katschbach

Foto: zek

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Vorbeurteilung Bestandsanalyse Sensitivitätsanalyse Wirtschaftlichkeitsanalyse

Basisdaten - Technische Daten - Allgemeine Daten - Preise

Projektdaten - Projekt A - Projekt B - ...

- Stammdaten - Technische Daten - Recht - Bautechnik - Elektromechanik - Betrieb - Ökologie

Die Software KWKW.opt® Optimierung der Energieeffizienz von Kleinwasserkraftwerken wurde vom Ingenieurbüro PI Mitterfellner GmbH entwickelt und ist seit August 2010 erfolgreich im Unternehmen im Einsatz.

BEITRAG ZUR ENERGIEAUTARKIE GELEISTET Am besten bekannt ist das Planungsbüro dennoch für seine Wasserkraftlösungen. Einige Kunden haben eine spezielle Qualität des Unternehmens in den letzten Jahren besonders zu schätzen gelernt: die wohlsortierte Datenablage aller Projekte – sowohl analog wie digital. „Wir haben unter Einhaltung aller DSGV-Regeln unsere Projekte so archiviert, dass wir jederzeit darauf zurückgreifen können. Gerade Kunden, die keine alten Pläne mehr hatten oder den einen oder anderen Bescheid vermissten, waren froh über unser Archiv. Außerdem können alte Pläne dann wichtig werden, wenn es um Revitalisierungen oder Wiederverleihungen geht – zwei Punkte, die in letzter Zeit immer bedeutsamer werden“, erklärt der Firmenchef. In der Rückschau wird evident, welchen Fußabdruck das Unternehmen in der österreichischen Wasserkraftbranche hinterlassen hat. Kaum ein anderes Planungsbüro hat in den letzten 15 Jahren bei der staatlichen OeMAG derart viele Ansuchen eingereicht – in Summe waren es circa 50. Und bricht man die Planungsleistung auf die Heimatregion, das Murtal, herunter, darf das Planungsbüro zurecht stolz auf seine Leistung sein: Heute leisten die von PI Mitterfellner GmbH geplanten Kraftwerke einen jährlichen Ökostrombeitrag von insgesamt über 100 GWh – genug um damit etwa 30.000 Haushalte zu versorgen. Damit hat das Planungsbüro aus Scheifling einen entscheidenden Beitrag zur Energieautarkie des Bezirks Murau beigetragen.

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KOMPETENZ ABSEITS VON WASSERKRAFT Mit den Jahren wurde das zentrale Thema der Wasserkraft durchaus um einige andere erweitert: Während Siedlungswasserbau und Trinkwasserversorgung von Anfang an und später auch Bewässerungsprojekte im Fokus waren, nahm man sich erst in den letzten Jahren verstärkt des Themas Photovoltaik an. Das ist naheliegend, schließlich bringt das sonnenreiche und nebelarme Murtal auch dafür hervorragende Voraussetzungen mit sich. Ein anderes wichtiges Thema hat ebenfalls mit der wirtschaftlichen Nutzung von Wasser zu tun: Seit einigen Jahren entwickelt das Planungsbüro auch Lösungen für Aqua-Kulturen. Zuletzt wurde ein Zuchtprojekt am steirischen Zirbitzkogel auf 1.300 m Seehöhe umgesetzt, wo heute Seesaiblinge gezüchtet werden. Zu diesem Zweck konnte die PI Mitterfellner GmbH eine eigene Software beistellen – das sogenannte „Agro-Smart-System“. Dazu Helmut Mitterfellner: „In Kooperation mit acht Partnern haben wir dieses Überwachungs- und Kontrollsystem entwickelt. Sonden messen den Sauerstoffgehalt, den pH-Wert und die Wassertemperatur. Zudem werden die Fischarten und -größen erfasst. Angepasst an diese Parameter werden die Systembedingungen gehalten oder geändert und die Nahrungszufuhr geregelt. Eine Alarmfunktion ist inklusive. Das alles läuft vollautomatisch, ohne dass jemand vor Ort sein muss. Das System lässt sich zudem auch auf andere Tierzuchtbetriebe adaptieren.“

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schränkt, wie der Firmenchef betont: „In Österreich waren wir in fast allen Bundesländern aktiv. Darüber hinaus haben wir aber auch international schon einige Projekte umgesetzt – angefangen bei den Nachbarländern Deutschland, Italien, Schweiz, Slowenien, über Bosnien­Herzegowina und Rumänien bis zu Tadschikistan, Aserbaidschan oder sogar den Salomonen in der Südsee.“

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Vor wenigen Wochen ging das neue Kleinkraftwerk Verkhnebalkarskaja in der russischen Teilrepublik Kabardino-Balkarien in Betrieb. Ausgestattet mit deutsch-österreichischer Turbinentechnik, wird die Anlage im Jahr rund 60 Gigawattstunden sauberen Strom für die Region liefern.

Foto: RusHydro

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LEISTUNGSSTARKES DREIERGESPANN BRINGT MEHR EIGENVERSORGUNG IN REPUBLIK NORDKAUKASIENS Unweit der georgischen Grenze, in der russischen Region Kabardino-Balkarien wurde erst vor kurzem ein neues Kraftwerk in Betrieb genommen, das mit deutsch-österreichischer Wasserkrafttechnik glänzt. Ausgerüstet mit drei baugleichen Francis-Spiralturbinen von Voith Hydro, liefert das 10 MW starke Kraftwerk Verkhnebalkarskaja im Jahr rund 60 Gigawattstunden sauberen Strom. Damit trägt die neue Ökostromanlage von RusHydro wesentlich zu einer besseren und stabileren Stromversorgung einer Region bei, die bislang großteils von Stromlieferungen aus dem Umland abhängig war. Trotz der Corona-bedingten Einschränkungen konnten die Techniker von Voith Hydro die Nassinbetriebnahme im Frühling aus der Ferne vornehmen.

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m Fuße des Elbrus wird gebaut. Mit der verstärkt forcierten Nutzung der lokalen Ressourcen wird das Potenzial der russischen Teilrepublik Kabardino-Balkarien weiter ausgeschöpft. In den letzten zehn Jahren ist schon einiges geschehen: Waren es zuvor der Bergbau und die Forstwirtschaft, die die Region im Nordkaukasus geprägt hatten, so läuft der Tourismus diesen immer mehr den Rang ab. Vor allem der Ski-Tourismus. Immer mehr Seilbahnen und Skilifte transportieren heute die Wintersportler auf die hoch gelegenen Hänge des nordkaukasischen Hauptkamms. Parallel zur Entwicklung des Wintertourismus konnte aber auch die Energiewirtschaft weiter ausgebaut werden. Vor allem die Wasserkraft spielt in der russischen Teilrepublik mittlerweile eine wichtige Rolle. Rund 188

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MW installierte Leistung weisen die Wasserkraftwerke in Kabardino-Balkarien auf, rund ein Drittel davon entfällt auf Kleinwasserkraftwerke. Diese Anlagen stehen in Diensten eines Betreibers – RusHydro, dem größten, börsenotierten Wasserkraftproduzenten Russlands. Von seinen insgesamt 31 Kleinwasserkraftwerken sind 27 im Nordkaukasus und vier im Osten Russlands situiert. Das jüngste Vorzeigeprojekt wurde erst vor kurzem abgeschlossen und ans Netz genommen: das neue Kraftwerk Verkhnebalkarskaja am Fluss Tscherek-Balkarsky, der nach dem Zusammenfluss mit dem Tscherek-­ Chulamski den Fluss Tscherek bildet. Das Gewässer ist dafür bekannt, dass es hauptsächlich vom Schmelzwasser der Gletscher und von der Schneeschmelze gespeist wird.

PREMIERENAUFTRAG AN VHGE Vom Prinzip her handelt es sich um eine Hochdruckanlage, die ein natürliches Gefälle von 136 m hydroenergetisch nutzt. Gemäß Konzessionsbescheid können an der Wasserfassung, die auf rund 1.350 m über Meeres­ niveau situiert ist, 10 m3/s entnommen und dem Triebwasserweg zugeführt werden. Bei der technischen Umsetzung der Anlage vertrauten die erfahrenen Wasserkraftbetreiber von RusHydro einmal mehr auf das Know-how und die Qualität von Voith Hydro. „In der Vergangenheit hat Voith schon einige, vor allem sehr große Kraftwerke, für RusHydro ausgerüstet. Für den Voith-Standort der Division Small Hydro VHGE in St. Georgen in Niederösterreich war es aber eine Premiere – der erste Auftrag, den wir für den russischen Wasserkraftbetreiber ausfüh-

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Foto: Voith

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Die beiden Turbinen mussten speziell an die sehr schmale Baukubatur des Maschinenhauses angepasst werden.

Das Maschinentrio wurde im Werk der österreichischen Division Small Hydro VHGE in St. Georgen in Niederösterreich vormontiert.

ren durften“, erzählt Area Sales Manager Sebastian Mayerhofer von VHGE. Während die russischen Kollegen von Voith Hydro Balakovo mit der Lieferung der Saugrohre, Kühlwassersysteme, Einlaufrohre, Synchrongeneratoren sowie der Steuerung betraut waren, steuerte die österreichische Division Small Hydro VHGE die komplette elektromechanische Ausrüstung in Form dreier horizontaler Francis-Spiralturbinen mit elektrischem Antrieb für den Leitapparat und drei Einlaufklappen DN 1000 mit elektrischem Antrieb bei. Zudem war VGHE federführend bei Supervision und Inbetriebnahme der Anlage im Frühling dieses Jahres.

INBETRIEBSETZUNG AUS DEM HOME-OFFICE Der Zeitplan erwies sich als straff, sollte am Ende aber eine unvorhergesehene Verzögerung bereithalten. Bereits im Herbst 2017 erging der Auftrag für das elektromechanische Equipment an die Wasserkraftspezialisten aus Niederösterreich. Im August 2018 erfolgte termingerecht die Auslieferung, von März bis August 2019 standen die Montagearbeiten auf dem Programm, die unter Supervision von Voith durch Montage-Personal von RusHydro umgesetzt wurden. „Die Trockeninbetriebnahme ging zeitgerecht von November bis Dezember 2019 über die Bühne. Für die Nassinbetriebnahme hieß es allerdings ‚Bitte warten‘. Der Grund dafür war, dass die Hochspannungsleitungen zum Umspannwerk noch fehlten. Und ohne Energieableitung konnten wir die Nassinbetriebnahme nicht durchführen“, erinnert sich Sebastian Mayerhofer. Dieser Umstand sollte letztlich eine weitere, ungeplante Herausforderung für die Wasserkraftspezialisten aus Niederösterreich nach sich ziehen. Denn bedingt durch die Corona-Reisebeschränkungen im Frühling 2020 konnte die Nassinbetriebnahme nur über Telefon und Videokonferenz vom Werk in St. Georgen gesteuert werden. Man habe – wie Sebastian Mayerhofer erläutert – die russischen Fachkräfte vor Ort instruiert und auf diese Weise die Anlage in Betrieb nehmen können. Im Nachhinein stuft der Area Sales Manager diese Art von „Remote-Inbetriebnahme“ als die größte Herausforderung des Projektes ein.

Foto: Voith

Die Wasserfassung am Fluss Tscherek-Balkarsky, wo für den Kraftwerksbetrieb bis zu 10 m3/s entnommen werden.

UNTERSTÜTZUNG DURCH RUSSISCHE KOLLEGEN Weniger herausfordernd waren die Lieferung der Komponenten in die nordkaukasische Republik, da die gesamten administrativen Hürden mithilfe der Unterstützung der russischen Konzernkollegen von Voith Hydro Balakovo genommen werden konnten. Dennoch brachten die sprachlichen Barrieren ab und an kleinere Herausforderungen im Baualltag mit sich: „Das Projekt wurde natürlich in der Landessprache, also auf Russisch, abgewickelt. Das bedeutete, dass für jede Aktivität, auch für kleinere Details eine Übersetzung erforderlich war. Gerade in diesem Punkt waren uns die Kollegen von Voith Hydro Balakovo eine wertvolle Unterstützung. Voith hat das Produktionswerk für Turbinenausrüstung in Balakovo in der Region Saratov im Juni 2019 eröffnet, um diese wichtigen Marktvoraussetzungen dauerhaft erfüllen zu können“, sagt Sebastian Mayerhofer.

Gemäß Kundenwunsch wurden die Francis-Spiralturbinen mit einem Elektromotor für die Steuerung des Leitapparats ausgerüstet – eine komplett ölfreie Maschinenvariante.

WIRKUNGSGRAD ÜBER 94 PROZENT Auf Basis der hydrologischen Gegebenheiten entschieden sich die Verantwortlichen für den Einsatz von drei baugleichen Francis-Spiralturbinen, die jeweils ein Schluckvermögen von 3,33 m3/s aufweisen. Ein

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Dank ihres ausgereiften Laufraddesigns erreichen die Francis-Spiralturbinen einen Wirkungsgrad von über 94 Prozent.

Das Maschinenhaus fügt sich nicht nur aufgrund der geschmackvollen Optik bestens in das Naherholungs- und Wohngebiet im Zentrum von Gravellona Toce von am Lago ein,Motoren nun seine Service-Dienstleistungen weltweit anbieten. Mit dem Vertriebsnetz VoithMaggiore kann ELIN sondern auch aufgrund der getroffenen Lärmschutzmaßnahmen, wodurch vom Kraftwerksbetrieb kaum etwas nach außen dringt.

starkes Argument für diesen Turbinentypus ist mit Sicherheit in der überzeugenden Performance zu sehen. Dank eines modernen Designs erreichen die Maschinen im Optimalpunkt Wirkungsgrade jenseits der 94 Prozent. Dabei sind die Maschinen extrem kompakt konstruiert, das Laufrad ist direkt auf der Generatorwelle montiert. Eine Turbinenwelle sowie ein Turbinen-Führungslager entfallen. Eine Maxime für das Maschinendesign bestand in einer möglichst weitreichenden Reduktion der Komplexität und einer Minimierung des Wartungsaufwands. Eine andere zielte auf den Natur- und Gewässerschutz ab: „Eine Vorgabe des Kunden sah vor, dass es kein Öl im wasserberührten Bereich Die drei Maschinensätze sind bereit für die Montage. Ihre Nassinbetriebnahme wurde aufgrund der Corona-Restriktionen aus der Ferne abgewickelt.

geben dürfe. Daher haben wir eine komplett ölfreie Maschinenvariante realisiert. Konkret bedeutet das, dass die Steuerung des Leitapparats und der Absperrklappen mit Elektromotoren erfolgt und die Führungslager wassergeschmiert sind“, erörtert Mayerhofer die größte Abweichung von herkömmlichen Maschinenlösungen in der Wasserkraft. Die Vorgabe rührt von einem steigenden Umweltbewusstsein her. Da die Region stark touristisch genutzt wird, ist man um die Beibehaltung der bekannt guten Wasserqualität des Tscherek-Balkarsky bemüht. STÄRKUNG DER REGIONALEN EIGENVERSORGUNG Knapp zwei Monate ist die Anlage nun in Betrieb und überzeugt die Betreiber in der täglichen Praxis. Das Maschinengespann arbeitet geräuscharm, effizient und zuverlässig. Zusammen erreicht das Turbinen-Trio unter Volllast eine Engpassleistung von 10 MW. Im Regeljahr wird die Anlage rund 60 GWh sauberen Strom an die 35kV-Leitungen liefern, die den Strom zum 40 Kilometer entfernten Umspannwerk Kaschatau führen. Dank der gebirgigen Topographie und des Wasserreichtums bringt die Region Kabardino-Balkarien sehr gute Voraussetzungen für die hydroelektrische Nutzung mit. Wo einst die Flüsse vorwiegend zum Flößen von Holz dienten, wird heute sauberer Strom aus Wasserkraft gewonnen. Dieser trägt mittlerweile zu einer Stabilisierung der Versorgung einer Region bei, die zuvor großteils auf Strom aus den Umlandregionen angewiesen war. Anlagen wie das neue Wasserkraftwerk Verkhnebalkarskaja bedeuten zudem ein Mehr an Arbeitsplätzen sowie sichere Steuereinnahmen für die Region und stellen somit einen wertvollen Mehrwert für eine aufstrebende Tourismusregion dar.

Foto: Voith

Technische Daten

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• Gewässer: Tscherek-Balkarsky

• Kraftwerkstyp: Hochdruck

• Ausbauwassermenge total: 10 m3/s

• Bruttofallhöhe: 136 m

• Turbinen: 3 Francis-Spiralturbinen

• Fabrikat: Voith Hydro

• Drehzahl: 1.000 Upm

• Nennleistung: 3.835 kW

• Betreiber: RusHydro

• Inbetriebnahme: Juni 2020

• Regelarbeitsvermögen: 60 GWh

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Fotos/Screenshot: Global Hydro Energy

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Mit der elektromechanischen und leittechnischen Komplett-Erneuerung des Kraftwerks Puhos konnte der ober­ österreichische Branchenspezialist Global Hydro Energy sein erstes Projekt in Finnland erfolgreich abschließen.

GLOBAL HYDRO FASST MIT REFURBISHMENT VON KW PUHOS ERFOLGREICH FUSS IN FINNLAND Im Sommer hat der international renommierte Wasserkraftallrounder Global Hydro Energy in der Region Nordkarelien sein erstes Projekt in Finnland erfolgreich abgeschlossen. Dabei wurde das nach einer kleinen Ortschaft benannte Kraftwerk Puhos im Südosten des Landes von den Oberösterreichern grundlegend saniert sowie in elektro- und leittechnischer Hinsicht modernisiert. Im Zentrum des Projekts stand die Komplett-Revitalisierung einer knapp 50 Jahre alten, auf 20 m³/s Ausbauwassermenge ausgelegten Kaplan-Turbine in horizontaler Pit-Ausführung. Zusätzlich lieferte Global Hydro einen direkt mit der Turbinenwelle gekoppelten Synchron-Generator. Das rundum erneuerte bzw. auf Vordermann gebrachte Maschinengespann schafft nach der Wiederinbetriebnahme eine Engpassleistung von rund 800 kW. Dies entspricht – bei gleichbleibender Ausbauwassermenge und Fallhöhe – einem beachtlichen Leistungszuwachs von mehr als 10 Prozent. Zur Steuerung der zuvor nur rudimentär automatisierten Anlage kommt nun das selbst entwickelte Global Hydro Power Plant Management System HEROS zum Einsatz.

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ür die im oberösterreichischen Niederranna am Nordufer der Donau ansässige Global Hydro Energy GmbH ist der Großraum Skandinavien schon länger ein interessantes Geschäftsfeld, erklärt Refurbishment-Teamleiter Daniel Altendorfer. Vor allem in Norwegen haben die international aktiven Turnkey Supplier in der jüngeren Vergangenheit eine ganze Reihe von Projekten aller Art realisiert. Auch im benachbarten Schweden kann Global Hydro mittlerweile auf mehrere Referenzprojekte verweisen. Mit dem Zuschlag für die Modernisierung des Wasserkraftwerks Puhos erhielt man 2019 schließlich den ersten Auftrag im „Land der tausend Seen“, besser bekannt als Finnland. Das Kraftwerk Puhos wurde in den 1970er-Jahren in der gleichnamigen kleinen Ortschaft weit im Südosten des Landes, rund 60 km von der russischen Grenze entfernt, errichtet. Die erst vor kurzem abgeschlossene Komplettrevitalisierung der Anlage resultierte

laut Altendorfer in erster Linie aus dem durchwegs desolaten Zustand der Bestandstechnik: „Ein Betreibervertreter meinte bei einer Besprechung im Scherz, dass die Maschine nur mehr dann in Gang gesetzt wird,

wenn es unbedingt sein muss, weil diese im Betrieb schon mehr Öl als Wasser verbraucht.“ Den Zuschlag für das Refurbishment-Projekt erteilte Betreiber „Pohjois-Karjalan Sähkö Oy“ (PKS), ein mittelständisches finnisches Elektrizitätsunternehmen, dessen Netze die Regionen Nordkarelien und Ost-Savo mit Strom versorgen, im Februar 2019. Insgesamt betreibt die auf erneuerbare Energiegewinnung fokussierte PKS zehn Wasserkraftwerke, darüber hinaus stammt ein wesentlicher Anteil des erzeugten und vertriebenen Stroms aus Photovoltaikanlagen.

Einbringen des Kaplan-4-Flüglers mit einem Durchmesser von 2.150 mm

DEMONTAGE IM HERBST 2019 Altendorfer weist darauf hin, dass man sich im Rahmen der Projektbewerbung vor allem aufgrund des durchdachten Sanierungskonzepts von den Mitbewerbern abgehoben hat: „Unser Konzept basierte darauf, den Turbinen-Leitapparat, der sich trotz seines fortgeschrittenen Alters in einem grundsätzlich gu-

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Umfassend sanierter Leitapparat im Global Hydro Werk kurz vor dem Rücktransport nach Finnland.

ten Zustand befand, nicht zu entsorgen, sondern wieder in Gang zu bringen. Verkürzt ausgedrückt konnten mit dieser Sanierungsvariante im Vergleich zu einer Neuausführung des Verstellmechanismus erhebliche Kosten eingespart werden.“ Dieses Konzept fand bei den PKS-Entscheidungsträgern großen Anklang, wodurch den Mühlviertlern schließlich der Zuschlag zur Ausführung eines elektrohydraulischen und leittechnischen Komplettpakets erteilt wurde. Die Revitalisierung und Neuanfertigung der Turbinenkomponenten erfolgte bei Global Hydro, die Demontage startete im Herbst des Vorjahres. Mit Ausnahme des fix einbetonierten Pits wurden sämtliche Bestandteile der Maschine ausgebaut und via Lkw nach Oberösterreich transportiert. TURBINE VON GRUND AUF ERNEUERT Neben der umfassenden Sanierung des Turbinen-Leitapparats, bei welchem die Leitschaufeln und Leitradringe erhalten blieben, wurde

zusätzlich eine ganze Reihe von zentralen Komponenten neu ausgeführt. Bis auf die von einem Subunternehmen bezogene Turbinenwelle fertigte Global Hydro sämtliche Hauptkomponenten der doppeltregulierten Maschine aus eigener Hand. Beispielsweise das neue 4-flügelige Laufrad mit einem Durchmesser von 2.150 mm. Neu angefertigt wurden darüber hinaus der Stützschaufelring, der Laufradring, das Ausbaustück, der Saug­ rohrkonus, die Lagerungen sowie die Wellenabdichtung der Turbine. Ebenfalls komplett neu ausgeführt wurden zentrale Hilfsgewerke wie das Hydraulikaggregat oder das Schmieraggregat des Generators, die von namhaften Herstellern bezogen wurden. Altendorfer sagt, dass ein zentraler Kundenwunsch darin bestand, eine direkte Kupplungsvariante zwischen Turbine und Generator anstelle der bestehenden Getriebeübersetzung zu realisieren, welche letztlich mit Leistungseinbußen verbunden ist. Dies

brachte die in logistischer Perspektive größte Projektherausforderung mit sich. Bedingt durch die bestehende Getriebelösung handelte es sich um einen kompakten Schnellläufer mit geringen Abmessungen. Sein Nachfolger, eine langsam drehende Maschine, sollte deutlich größere Dimensionen aufweisen. Der neue, vom kroatischen Hersteller KONČAR stammende Energiewandler in luftgekühlter Ausführung, wiegt mit seinen rund 28 Tonnen Auslieferungsgewicht etwa das 7-Fache der alten Maschine. Die an die Turbine angeglichene Nenndrehzahl von 150 U/min des neuen Generators bewirkt aus technischen Gründen wesentlich umfangreichere Abmessungen der Maschine. HERAUSFORDERNDE GENERATOR-EINBRINGUNG Weil die Montage des weitaus größeren und viel schwereren Generators mit der vorhandenen, unterdimensionierten Krananlage nicht bewerkstelligt werden konnte, mussten sich die Oberösterreicher eine andere Herangehensweise überlegen. So wurde für den Einsatz im Krafthaus ein zusätzliches Tragegestell konstruiert, um die Maschine in den Pit einheben zu können. Für den eigentlichen Hebevorgang bediente man sich eines mobilen Schwerlastkrans. Damit dieser Kran eingesetzt werden konnte, mussten zunächst an der direkt über den Krafthaus-Pit führenden Straße vier Kernbohrungen hergestellt werden. Durch diese Bohrlöcher konnte im Krafthaus schließlich eine eigens angefertigte Hebetraverse bewegt werden, die den Generator an seinen umständlich zu erreichenden Bestimmungsort beförderte. Altendorfer erwähnt, dass der neue Generator abseits seines höheren Wirkungsgrads auch hinsichtlich Servicefreundlichkeit eine deutliche Verbesserung darstellt. Die Lagerung der in horizontaler Richtung direkt mit der Turbinenwelle ge-

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Neben den Stützschaufel- und Laufradringen, dem Ausbaustück, dem Saugrohrkonus und den Lagern wurde auch das Turbinen-Laufrad von den Mühlviertler Refurbishment-Profis neu gefertigt.

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• Ausbauwassermenge: 20 m³/s • Bruttofallhöhe: 3,7 m • Nettofallhöhe: 3,6 m • Turbine: Kaplan-Pit • Anzahl Laufradflügel: 4 • Ø Laufrad: 2.150 mm • Drehzahl: 150 U/min • Engpassleistung: ca. 800 kW • Generator: Synchron • Drehzahl: 150 U/min • Spannung: 400 V • Frequenz: 50 Hz • Nennscheinleistung: 750 kVA

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Projekte koppelten Synchron-Maschine wurde mit wartungsarmen Gleitlagern ausgeführt, ein separates Schmieraggregat macht regelmäßige manuelle Schmierintervalle obsolet. BEACHTLICHES LEISTUNGSPLUS Die umfassende Sanierung sämtlicher elektromechanischer Turbinen-Komponenten, vom Verstellapparat über das Laufrad bis hin zum Saugrohr, bewirkte natürlich eine Vielzahl von betrieblichen Verbesserungen. Dies betrifft sowohl das generelle Verhalten des Maschinensatzes in einem konstruktionsbedingt breiten Betriebsband, als auch dessen generelle Leistungsfähigkeit. Bei der Wiederinbetriebsetzung des Kraftwerks im Juli stellte die generalüberholte Turbine ihre wiedergewonnene Effektivität gleich unter Beweis. „Im Vergleich zum Altbestand, der im Prinzip ans Ende seiner technischen Lebensdauer angelangt war, haben wir definitiv einen erheblichen Leistungszuwachs erreicht. Generell kann man von einem Leistungsplus von mehr als 10 Prozent sprechen, bei der Engpassleistung schaffen wir nun rund 800 kW. Außerdem konnte natürlich auch das Teillastverhalten bei stark verringertem Wasserdargebot optimiert werden. Wir gehen davon aus, dass die Anlage während der Wintermonate nur mehr selten abgestellt wird“, so Altendorfer, der ergänzend darauf hinweist, dass die weltweiten Auswirkungen der Corona-Pandemie auch vor der finnischen Landesgrenze nicht Halt machten. Ein temporärer Baustopp und die Einführung von europaweit gültigen Reisebeschränkungen führten zu einer Projektverzögerung von mehreren Wochen. HEROS REGELT DIE ANLAGE Das von Global Hydro geschnürte Elektrotechnikpaket setzte sich aus der gesamten Niederspannungsverteilung, der Mittelspannungsschaltanlage, den Transformatoren sowie dem Turbinenregler inklusive SCADA-System zusammen. Komplettiert wurde die elektrotechnische Ausstattung mit einem Batteriesystem, das bei einem großflächigen „Blackout“ die Stromversorgung der Steuerung aufrechterhält. Zusätzlich versorgen die Batterien die an den Generator gekoppelte Schmierpumpe. Die Pumpe bleibt somit auch bei einem Stromausfall zuverlässig in Betrieb und verhindert mit einem Schmierausfall einhergehende Abnützungen oder Beschädigungen. Als leittechnisches Herzstück des Projekts Puhos setzt Global Hydro einmal mehr auf seine Leittechniklösung HEROS. Die von den Automatisierungsexperten ständig weiterentwickelte Software stellt ein bis ins De-

Visualisierung der von Global Hydro selbst entwickelten Automatisierungslösung HEROS.

tail optimiertes Produkt dar, mit dem bei allen Betriebszuständen eine vollautomatische und maximal effektive Stromproduktion gewährleistet wird. Altendorfer merkt an, dass HEROS stets individuell an die Bedürfnisse eines jeweiligen Kraftwerks angepasst wird – „keine Anlage ist gleich, auch wenn man das oft nicht glauben möchte“, so Altendorfer. Die ebenfalls von Global Hydro hergestellte Internetverbindung der Kraftwerkssteuerung erfüllt natürlich die hohen Standards sicheren Datenverkehrs. Zum digitalen Austausch über das Internet verfügt HEROS über eine ganze Reihe von Kommunikationsschnittstellen. Eines dieser gängigen und genormten Kommunikationsprotokolle kam auch bei der Online-Anbindung zur zentralen PKS-Leitwarte im nordkarelischen Verwaltungshauptsitz Joensuu zum Einsatz. MARKTEINSTIEG GEGLÜCKT Im Anschluss an die erfolgte Modernisierung der Krafthaustechnik plant die Betreibergesellschaft als nächste Sanierungsmaßnahme Neben der Revitalisierung der Turbine lieferten die Oberösterreicher das gesamte elektro- und leittechnische Equipment.

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die Erneuerung der Stahlwasserbaukomponenten. Altendorfer bestätigt, dass Global Hydro als Turnkey Supplier, dessen Portfolio prinzipiell sämtliche Gewerke einer Kleinwasserkraftanlage umfasst, natürlich auch die Umsetzung der anstehenden hydromechanischen Revitalisierung anbieten wird. Nach der erfolgreichen Inbetriebsetzung zieht Altendorfer im zek HYDRO-Interview ein positives Resümee über die Global Hydro-Premiere in Finnland: „Wir sind in erster Linie sehr glücklich darüber, dass der Refurbishment-Einsatz zu einer ganzen Reihe von betrieblichen Optimierungen und einer deutlichen Leistungssteigerung geführt hat. Ich würde sagen, der Einstieg in den finnischen Markt ist uns mit dieser Referenz-Anlage gut geglückt.“ Abschließend erwähnt Altendorfer, dass Betreiber PKS weitere Revitalisierungsmaßnahmen seiner Kraftwerksflotte ins Auge gefasst hat. Die Chancen stehen also gut, dass die Oberösterreicher ihre Kompetenzen bald wieder im „Land der tausend Seen“ unter Beweis stellen können.

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Von November letzten Jahres bis diesen April sanierte die Centralschweizerischen Kraftwerke AG (CKW) die drei Rollschützen an der denkmalgeschützten Wehrbrücke. Während der gesamten Sanierungsphase blieben die Wege an beiden Seiten der Reuss für Fußgänger und Radfahrer zugänglich.

GRÖSSTER STROMVERSORGER DER ZENTRALSCHWEIZ SANIERT 96 JAHRE ALTES REUSSWEHR Die Centralschweizerischen Kraftwerke AG (CKW) renovierte während der vergangenen Wintermonate drei ihrer ausgedienten Wehrfelder am Kraftwerk Rathausen im Gemeindegebiet Emmen nahe Luzern. Seit 96 Jahren ist die heute denkmalgeschützte Wehrbrücke im Einsatz und ist über die Jahrzehnte stets gut in Schuss gehalten worden. Doch der Zahn der Zeit hatte an den Verschlussorganen genagt, die nun durch moderne Technik ersetzt werden sollten. Ein technisch wie logistisch aufwändiger Auftrag, der vom Baden-Württembergischen Branchenspezialisten Wiegert & Bähr Turbinen- und Stahlwasserbau GmbH mustergültig umgesetzt und im Mai dieses Jahres abgeschlossen wurde. Knapp 2 Millionen Franken investierte die Betreibergesellschaft CKW, um einen sicheren Weiterbetrieb am Standort zu gewährleisten. Die Anlage wird somit auch weiterhin sauberen Strom für rund 3.600 Haushalte liefern.

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geht auf ein lokales Zisterzienserinnenkloster zurück. Doch die Nutzung hatte ihre Tücken. Aufgrund des mäandrierenden Flusslaufes hatte man seine Schwierigkeiten, die Mühlen direkt am Fluss zu betreiben. Abhilfe schaff-

Foto: Wiegert & Bähr

uf dem Gemeindegebiet Emmen klapperten schon früh viele verschiedene Mühlen an der Reuss. Der älteste schriftliche Nachweis über ein verbrieftes Wasserrecht stammt aus dem Jahre 1266 und

Selbst bei Wiegert & Bähr sind solche Dimensionen nicht alltäglich. Die drei je 18,5 m langen, 2,7 m hohen und rund 12 t schweren Schweißkonstruktionen sind erheblich robuster als die alten, genieteten Verschlussorgane.

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ten sich die Bewohner im 16. Jahrhundert mit der Errichtung des Reusskanals, der parallel zum Reussfluss angelegt wurde. Der Grundstein für die moderne Wasserkraftnutzung in Emmen wurde zwischen 1894 und 1896 gelegt, als der Fabrikant Eduard von Moos das erste Wasserkraftwerk am Standort Rathausen am Reusskanal errichten ließ. Das Kraftwerk lieferte den erzeugten Strom hauptsächlich an die nahen Industriebetriebe. Aber auch die ersten Haushalte wurden an das Versogungsnetz angeschlossen. 1896 brannte die erste private Glühbirne in Emmen. Noch im selben Jahr gründete von Moos gemeinsam mit Theodor Bell die Elektrizitätswerke Rathausen AG – woraus später die heutige Centralschweizerischen Kraftwerke AG (CKW) hervorging. Das alte Kraftwerk war für die damalige Zeit äußerst leistungsstark. Bei einem Gefälle von 4,6 m und einem Schluckvermögen von

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8 m³/s kam die Anlage auf eine Leistung von knapp 220 kW bzw. 300 PS. Die damals verbaute Henschel-Jonval-Turbine von Bell Kriens war von 1896 bis 1978 im Einsatz. Danach wurde die alte Anlage durch einen Neubau ersetzt, in dessen Zentrale eine Kaplan-Rohrturbine installiert wurde. Sie ist bis zum heutigen Tag in Betrieb und erzeugt bei einer Ausbauwassermenge von 45 m³/s jährlich ca. 16 GWh Strom.

die neuen Schützen in Optik und Bauart den alten gleichen mussten – von einem Detail abgesehen: „Aus Hochwasserschutzgründen hatten wir die Auflage bekommen, die Hubhöhe der Schützen von knapp 4 m auf 5 m zu erhöhen.“ Für die Projektabwicklung beauftragte die CKW den Wasserkraftspezialisten Wiegert & Bähr aus Renchen nahe Offenburg in Baden-Württemberg. Im Laufe seiner mittlerweile 50-jährigen Tätigkeit in der Wasserkraftbranche konnte sich das Unternehmen vor allem in den Bereichen Turbinenbau, Stahlwasserbau und Rechenreinigungsanlagen einen hervorragenden Ruf erarbeiten. Das geballte Know-how aus einem halben Jahrhundert war in der Folge durchaus gefordert.

Foto: CKW

SUKZESSIVER TAUSCH DER WEHRVERSCHLÜSSE Mitte Oktober letzten Jahres war es schließlich soweit: Der Kraftwerksbetrieb wurde eingestellt, die Bahn war frei für die anstehenden Arbeiten. Nachdem die Techniker der CKW mit Revisionsarbeiten am Kraftwerk selbst begonnen hatten, wurde der Reusskanal im No-

EIGENS KONSTRUIERTER VORSCHUBWAGEN Für die Trockenlegung des Baufeldes wurden zuerst oberwasserseitig Dammbalken gesetzt. „Auf der Unterwasserseite war es etwas schwieriger: Hier kamen ‚BigBags‘, also große Sandsäcke zum Einsatz“, erinnert sich Thorsten Becker. Dafür wurde zuerst der Boden geebnet und mit einer speziellen Folie abgedichtet. Bei der Demontage der alten, ausgedienten Rollschützen konnten die Techniker von Wiegert & Bähr ihr Know-how und ihren Innovationsgeist unter Beweis stellen. Für diese Arbeit rückten sie mit einem eigens zu diesem Zweck konstruierten Vorschubwagen an. Thorsten Becker erläutert den Arbeitsvorgang: „Zuerst wurde die Schützentafel hochgezogen. Dann führte man den Vorschubwagen unterwasserseitig an die Tafel heran, um sie daraufhin abzusenken und zu demontieren. Das ausgediente Verschlussorgan konnte in der Folge Richtung Unterwasserseite abtransportiert werden.“ Der Einbau der neuen Schützentafel erfolgte entsprechend in umgekehrter Reihenfolge. „Diese spezielle Technik, die hier von Wiegert & Bähr angewandt wur-

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WEHRBRÜCKE UNTER DENKMALSCHUTZ Um die wasserarmen Monate der Reuss zu überbrücken und die Wasserzufuhr im Reusskanal zu regulieren, errichteten die Betreiber im Jahr 1924 rund einen Kilometer flussaufwärts des Zentralenstandorts eine Wehranlage. Hier wird das Wasser der Reuss ausgeleitet und auf diesem Weg der Turbine zugeführt. „Da die Wehrbrücke denkmalgeschützt ist, durfte an der baulichen Substanz nichts verändert werden. Deshalb hatten wir in der Planung diverse Herausforderungen zu bewältigen“, erklärt CKW-Projektleiter Thorsten Becker. Das bedeutete auch, dass

vember trockengelegt. In der Folge legte die beauftragte Baufirma auf dem Weg zum Reusskanal eine temporäre Behelfsstraße an, die als Baustellenzufahrt, aber auch als Zufahrt für die Schwerlastkräne diente. Zusätzlich wurde der Güterweg, der üblicherweise als Zufahrtsstraße genutzt wird, auf sechs Meter verbreitert. „Für die Einhebung der Wehrverschlüsse war aufgrund der Hubweite des Kranarms von bis zu 68 m ein 500-Tonnen-Kran notwendig“, sagt Projektleiter Becker. Erschwerend kam hinzu, dass die drei Wehrfelder nicht in einem Durchgang saniert werden konnten. „Wir mussten jede Schützentafel einzeln austauschen, da ein Wehrfeld alleine für die Ableitung der großen Wassermassen der Reuss nicht ausreichte. Das heißt: Aus Sicherheitsgründen mussten immer mindestens zwei Wehrfelder offen sein“, so Becker.

Foto: CKW

Die logistischen Herausforderungen waren wesentlich bei diesem Projekt. Dank akribischer Planung funktionierte die Baukoordination wie ein Schweizer Uhrwerk.

Um für Material und Schwerlastkräne die Zufahrt an die Wehranlage zu ermöglichen, wurde der Reusskanal trockengelegt und eine provisorische Straße gebaut.

Von der Behelfsstraße, auf der orografisch linken Flussseite aus, hoben die 500 Tonnen-Kräne sämtliche Bauteile an ihren Bestimmungsort. Bis zum Wehrfeld 1 sind es circa 68 Meter, die der riesige Ausleger zu überbrücken hatte.

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DIE NEUEN WEHRFELDER SIND ROBUSTER Grundsätzlich umfasste der Auftrag der Wasserkraftspezialisten von Wiegert & Bähr beim Projekte in Rathausen die Demontage der alten Verschlussorgane, die Produktion und Montage der drei neuen Rollschützen sowie die gesamte Projektkoordination. Der Tausch der Wehrverschlüsse mit einer Breite von je 18 m, einer Höhe von je 2,7 m und je rund 12 t Gewicht gelang ohne die Antriebsbrücke zu demontieren. Bereits die alten Wehrtafeln waren in ihrer genieteten Ausführung sehr solide. Doch die neuen Rollschützen, deren statische Auslegung nach der neuesten DINNorm erfolgte, sollten noch deutlich robuster ausfallen. Allerdings fielen sie auch schwerer aus. Aus diesem Grund musste von den Baden-Württembergischen Wasserkraftspezialisten eine Konstruktionslösung erarbeitet werden, die einerseits die strengen Auflagen des Denkmalschutzes und andererseits auch die hohen statischen Anforderungen erfüllt. Mit Hilfe aufwändiger Berechnungen nach

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Der speziell für dieses Projekt entwickelte Vorschubwagen wurde von Wiegert & Bähr bereits in der Planungsphase ausgetüftelt und konstruiert. Dank dieser innovativen Lösung konnte vermieden werden, dass zusätzliche Kräfte in die denkmalgeschützte Wehrbrücke einwirken. Diese Konstruktion erleichterte sowohl den Aus- als auch den Einbau.

Foto: CKW

de, hatte einen entscheidenden Vorteil: Auf diese Weise wurden keine zusätzlichen Kräfte in die Baustruktur der denkmalgeschützte Antriebsbrücke eingeleitet“, so Becker. Die Montage am Wehrfeld 1 konnte noch Mitte Dezember abgeschlossen werden, ab Mitte Jänner folgten dann die Schützen 2 und 3.

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der Finite-Elemente-Methode (FEM) konnte letztlich die optimale statische Geometrie für die neuen Verschlussorgane gefunden werden. SPEZIALLÖSUNG GEFORDERT Auch die bestehenden Antriebe an der Wehrbrücke wurden saniert, indem die Ketten und Ritzelwellen erneuert wurden. Dabei galt es zu berücksichtigen, dass sich die Hubkräfte nicht verändern, da dies negative Auswirkungen auf

die Statik der Wehrbrücke zur Folge gehabt hätte. Der genaue Umfang der Sanierung der seitlichen Laufschienen und des Sohlträgers konnte erst nach der Trockenlegung der einzelnen Wehrfelder präzise definiert werden. Um hier nicht zeitlich in Verzug zu geraten, fanden die Ingeneure von Wiegert & Bähr eine einfache aber effiziente Lösung. „Wir haben vorgeschlagen, für die seitlichen Laufschienen und Anlaufflächen der Seitendich-

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Die Montage des 3. Rollschütz am Wehrfeld 3 konnte letzten März abgeschlossen werden.

Technische Daten Wehrsanierung: • Baujahr: 1924 • Sanierte Bauteile: 3 von 3 Rollschützen (B: 18 m/ H: 2,7 m/ 12 t) und alle drei Antriebe • Stahlwasserbau: Wiegert & Bähr • Abschluss der Generalsanierung: 2020 • Investition: 2 Mio. CHF

Technische Daten Kraftwerk: • Betreiber: Centralschweizerische Kraftwerke AG (CKW) • Kraftwerkstyp: Kanalkraftwerk • Turbine: Rohr-Kaplan-Turbine • Mittlere Fallhöhe: 4,6 m Foto: CKW

• Ausbauwassermenge: 45 m3/s • Engpassleistung: 2,2 MW • Jahresproduktion: 16 GWh

Neben den Verschlussorganen wurden auch am Antrieb sämtliche Ritzelwellen sowie die schweren Antriebsketten erneuert.

zur Bestvariante soll bei der CKW voraussichtlich Anfang Herbst eingehen. Damit beginnt noch in diesem Jahr die Planung für das nächste Projekt am Kraftwerk Rathausen.

Im April war es dann so weit: Der Reusskanal füllte sich wieder und nach einer Testphase konnte der Regelbetrieb wieder beginnen.

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Um die Betriebssicherheit für viele weitere Jahre zu gewährleisten, wurden die seitlichen Nischen komplett neu ausgekleidet.

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Foto: zek

NACH DEM PROJEKT IST VOR DEM PROJEKT Nach der Beendigung der Sanierungsphasen wurde der Reusskanal wieder geflutet und ausgiebieg gespült, um die Turbine zu schonen. Thorsten Becker lobt an dieser Stelle die hervorragende Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmen und zeigt sich erleichtert, dass das Projekt allen Befürchtungen zum Trotz von äußeren Einflüssen, wie etwa Hochwasser oder Corona, verschont geblieben ist. „Anfang April dieses Jahres haben wir die Anlage wieder hochgefahren und sind in den Regelbetrieb zurückgekehrt“, so Becker und erklärt resümierend: „Grundsätzlich stellte uns dieses Sanierungsprojekt vor teils schwierige Aufgaben. Umso mehr freut uns der erfolgreiche Abschluss der Generalsanierung unserer historischen Wehrbrücke.“ Laut Projektleiter Becker steht bereits das nächste Projekt ins Haus: „Wir sind vom Kanton verfügt worden, dass wir hier am Standort Rathausen eine moderne Fischwanderhilfe installieren müssen.“ Der behördliche Bescheid

Foto: zek

• Inbetriebnahme: 1980

tung eine komplett neue Auskleidung der seitlichen Nischen zu montieren“, so Markus Rest, Geschäftsführer bei Wiegert & Bähr und erklärt weiter: „Der große Vorteil der neuen Stahl-Auskleidung ist, dass alle Funktionsflächen erhalten bleiben, zudem wird der alte, zum Teil stark ausgespülte Beton komplett überdeckt. Diese technisch saubere Lösung inkl. Korrosionsschutz hatten wir bereits im Vorfeld bei uns im Werk in Renchen produziert. Das verschaffte uns vor allem bei der Montage einen erheblichen zeitlichen Vorteil.“ Bei der schwierigen Baustellenkoordination unter der Leitung des erfahrenen Wiegert & Bähr Projektleiters Gerhard Knapp sind sich Betreiber sowie Wiegert & Bähr Geschäftsführer Markus Rest einig: „Gerhard Knapp hat die Abstimmung und Koordination des großen Mobilkranes, der Spezialtransporte, die Betonarbeiten der Baufirma, unter Berücksichtigung der Witterungsbedingungen und der Wasserführung mit Bravour gemeistert.“

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SIEMENS REALSIERT MIT KW FELBERBACH NEUESTE REFERENZANLAGE IM SALZBURGER LAND

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uf Initiative der in Lend ansässigen Achen Kraftwerke AG entwickelte bereits um das Jahr 2011 das Ingenieurbüro Kohlhofer in Salzburg erste Ideen zum Bau eines neuen Kleinwasserkraftwerks am Felberbach in der Oberpinzgauer Gemeinde Mittersill. „Dazu wurde südlich des Ortskerns ein geeigneter Gewässerabschnitt zwischen zwei bestehenden Wasserkraftwerken ins Auge gefasst“, sagt Felberbach Kraftwerk GmbH-Geschäftsführer Thomas Mayr: „Allerdings gab es zwischen dem Ober- und Unterlieger bereits eine kleine Bestandsanlage. Den Eigentümer mit ins ‚Boot‘ zu bringen war der Schlüssel zum Erfolg. Das Kraftwerk Großbruck war einst zum Zweck der Eigenversorgung des landwirtschaftlichen Anwesens der Familie Rohr­egger errichtet worden. Um das neue, weitaus leistungsstärkere Kraftwerk an der Gewässerstrecke realisieren zu können, wurde eine sehr gute einvernehmliche Lösung gefunden. So beteiligte sich Robert Rohregger, der Besitzer des Kraftwerks Großbruck, als Mitgesellschafter an der 2017 gegründeten Felberbach Kraftwerk GmbH. Im Rahmen der Verhandlungen wurde festge-

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Oberwasseransicht auf die Wehranlage des neuen Wasserkraftwerks am Felberbach in der Pinzgauer Gemeinde Mittersill.

Foto: Felberbach Kraftwerk GmbH

In der Oberpinzgauer Gemeinde Mittersill speiste Ende März das in Rekordzeit errichtete Wasserkraftwerk Felberbach den ersten Ökostrom ins Netz ein. Rund 2.500 Durchschnittshaushalte kann der von der Felberbach Kraftwerk GmbH realisierte Neubau im Regeljahr mit nachhaltig produzierter Energie versorgen. Zur ganzjährig effektiven Strom­gewinnung nutzt die Anlage zwei unter­ schiedlich groß dimensionierte Fran­cis-Turbinen, die aus dem fluktuierenden Durchfluss des alpinen Ge­wäs­ sers ein Maximum an Effizienz ge­ne­ rieren. Die Fertigstellung der ge­sam­t­en Hoch- und Tiefbauarbeiten so­­wie die Ausführung und Montage sämt­ licher elektrohydraulischer Gewerke in einer Bauzeit von nur zehn Monaten ist einer bewährten Konstellation kompetenter Unternehmen zu verdanken. Für die Ausführung des kompletten elektro- und leittechnische Anlagen­equip­­ments sorgte das Kom­petenz­zentrum Wasserkraft der Siemens Energy Austria GmbH aus der Stadt Salzburg.

legt, dass der geplante Neubau wieder inselbetriebs- bzw. schwarzstartfähig ausgeführt werden sollte, wodurch die Eigenversorgung und Energieunabhängigkeit des Bauernhofs weiterhin gewährleistet blieb. Da über den sogenannten Begleitweg der Felbertauern Straße AG der Großteil der Druckrohrtrasse verläuft, war auch rasch der dritte Partner im Bunde gefunden. Einen besonderen Dank spricht Mayr den ortsansässigen Projektpartnern nicht nur für die hervorragende Zusammenarbeit während der Bauphase aus . REKORDVERDÄCHTIGE BAUZEIT Im Anschluss an das Behördenverfahren, dem Erhalt des Wasserrechts und der öffentlichen Ausschreibung konnte im Frühjahr 2019 schließlich in die Bauphase des Projekts übergegangen werden. Entworfen wurde das neue Kraftwerk am Felberbach nach dem klassischen Ausleitungsprinzip. An der WasserfasDer Neubau am Felberbach kann im Regeljahr rund 2.500 Haushalte mit Ökostrom versorgen.

sung wird das Gewässer durch eine einseitig hydraulisch betriebene Wehrklappe aufgestaut und eine maximale Ausbauwassermenge von 4,5 m³/s mittels Seitenentnahme ausgeleitet. Zur Turbinierung ins Krafthaus gelangt das Triebwasser über eine insgesamt ca. 1,6 km lange, komplett in GFK-Rohren DN1500 verlegte Druckrohrleitung, wobei eine Gefällestufe von 54,55 m überwunden wird. Den an der Umsetzung beteiligten Unternehmen, die dank ihres überdurchschnittlichen Engagements eine Fertigstellung innerhalb von rekordverdächtigen zehn Monate ermöglichten, spricht Thomas Mayr allgemein ein großes Lob aus. Diese Firmenkonstellation, zusammengesetzt aus durchwegs namhaften Branchenexperten, hatte sich bereits 2011 beim Bau des Kraftwerks Dientenbach, dem Mayr ebenfalls als Geschäftsführer vorsteht, bestens bewährt. So stammt das Maschinengespann im Krafthaus vom mittlerweile operativ in die Small Hydro-Sparte von Voith integrierten niederösterreichischen Turbinenbauer Kössler. Sämtliche Stahlwasserbauteile lieferte die GMT Wintersteller GmbH aus Salzburg. Für die Durchführung aller Hochund Tiefbauarbeiten sowie der Herstellung des Kraftabstiegs wurde das Mittersiller Unternehmen Empl Bau beauftragt. Das bekanntlich hochwertige GFK-Material der Marke Amiblu Flowtite für den Kraftabstieg stammt vom Rohrspezialisten Etertec GmbH & Co KG aus Niederösterreich. SIEMENS ALS E-TECHNIK SYSTEMLIEFERANT Das gesamte elektro- und leittechnische Equipment wurde wie beim Kraftwerk Dientenbach vom in der Stadt Salzburg ansässigen Kompetenzzentrum für Wasserkraft der Sie-

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Projekte mens Energy Austria GmbH ausgeführt. Siemens Energy verweist im Kleinwasserkraft­ sektor auf eine jahrzehntelange Erfahrung, die auf der Umsetzung hunderter Anlagen weltweit basiert. In der Branche ist das global renommierte Unternehmen bekannt für seine technologische Kompetenz und das fundierte Know-how bei der Errichtung und Modernisierung von Wasserkraftwerken sowie seinen hervorragenden Serviceleistungen. Als System­­ anbieter verfügt Siemens Energy darüber hinaus über umfassende Kenntnisse bei der Realisierung schlüsselfertiger Projekte. Beim Kraftwerk Felberbach bestand der Auftrag grundsätzlich aus der Automatisierung der gesamten Kraftwerksanlage und aller damit in Verbindung stehender Gewerke. Der größere der beiden horizontalen Francis-Maschinensätze speist mit bis zu 1.700 kVA über einen Blocktransformator direkt in das regionale 30 kV-Netz der Salzburg AG ein. Wie das größere Gegenstück ist auch dieses Maschinengespann direkt an einen wassergekühlten Synchron-Generator gekoppelt. Der kleinere Maschinensatz kommt auf eine maximale Leistung von 880 kVA und erzeugt auf der 400 V-Schiene, um den Kraftwerkseigenbedarf und die Stromversorgung des nahegelegenen Bauernhofs decken zu können. Dank der inselbetriebs- und schwarzstartfähigen Ausführung der Anlage bleibt das Anwesen von Miteigentümer Rohregger somit auch weiterhin zuverlässig bei einem großflächigen Blackout sicher mit Energie versorgt. KOMPLEXE REGELFUNKTIONEN ERFORDERLICH Die Gewerke der Wasserfassung werden über eine eigene 950 V-Übertragungsstrecke mit selbst erzeugtem Strom versorgt, erwähnt Siemens-Projektleiter Andreas Lienbacher und weist ergänzend darauf hin, dass hinsichtlich der Steuerung der Wasserfassung komplexe Berechnungen und Regelfunktionen realisiert werden mussten. „Beispielsweise wird durch ein automatisches Umlasten der Wassermenge von der Stauklappe auf die Maschinensätze

Anwenderorientierte Visualisierung der Anlagen-Leittechnik des neuen Vorzeige-Kraftwerks am Felberbach.

respektive umgekehrt ein äußerst konstanter Oberwasserspiegel erreicht. Eine behördenkonforme Restwasserabgabe sowie die Dotation der Fischaufstiegshilfe sind somit auch bei wechselndem Zufluss und unterschiedlicher Betriebsweise des Kraftwerks stets garantiert“, so Simon Hausmaninger, Automatisierungstechniker von Siemens Energy Austria. Das regelungstechnische Herzstück stellt der Siemens-Turbinenregler Sipocon-H dar. Basierend auf der jeweils verfügbaren Wassermenge wird automatisch entschieden, welche Maschine mit welcher Leistung zum Einsatz kommt, um einen permanent wirkungsgradstarken Betrieb zu gewährleisten. Je nach Situation können sowohl eine als auch beide Maschinen gleichzeitig das aktuell verfügbare Wasser abarbeiten. INBETRIEBNAHME WÄHREND CORONA-KRISE Neben der Anlagenleittechnik umfasste der Siemens-Lieferumfang in Sachen Hardware die komplette Gebäudetechnik inklusive Beleuchtung, die Brandmeldeanlage, die 950 V Übertragungstransformatoren der Wasserfassung, die Mittelspannungsschaltanlage sowie die Maschinentransformatoren. Lienbacher bestätigt, dass der straffe Zeitplan eine we-

sentliche Herausforderung des Projekts darstellte. In diesem Zusammenhang hebt der Projektleiter die Leistung des Siemens-Montageteams unter Günther Lukatsch und Gerhard Miesenberger hervor, das den avisierten Zeitplan mehr als eingehalten hat. Nach dem Spatenstich im April des Vorjahres konnte dank unternehmensübergreifend guter Zusammenarbeit im heurigen März bereits ins Netz eingespeist werden. „Die Inbetriebnahme der Anlage fiel genau in die Einführung der Corona-Beschränkungen. So mussten Arbeiten unter besonderen Sicherheitsmaßnahmen erfolgen – Mund-Nasen-Schutz, Abstandsregeln und regelmäßiges Desinfizieren inklusive“ sagt Lienbacher, der weiter ausführt, dass eine Anlagen-Inbetriebsetzung auch unter diesen außergewöhnlichen Bedingungen möglich ist. Die erforderlichen Maßnahmen stellten aber definitiv eine spezielle Herausforderung für alle Beteiligten dar. „Es erfüllt mich mit besonderem Stolz, bei diesem außerordentlichen Projekt mitgewirkt zu haben“, so Lienbacher. Anmerkung der Redaktion: Ein umfassender Bericht über das neue Pinzgauer Vorzeige-Kraftwerk wird in der kommenden Oktober-Ausgabe von zek HYDRO publiziert.

Das nach der bewährten 1/3 – 2/3 Lösung ausgelegte Francis-Maschinengespann vom Hersteller Voith gewährleistet eine ganzjährig effektive Stromgewinnung.

Das Siemens-Paket umfasste das gesamte elektround leittechnische Equipment der Anlage.

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Die Brunnengenossenschaft Wengi sanierte die Quellenableitung und integrierte eine Trinkwasserturbine von Andritz. Nach 15-jähriger Vorlaufzeit ging die Anlage vergangenen Mai in Betrieb.

BERNER GEMEINDE NUTZT NEUEN QUELLENABSTIEG ZUR STROMGEWINNUNG

Foto: Brunnengen. Wengi

Im Mai dieses Jahres nahm auf dem Gemeindegebiet Reichenbach im Kandertal das neu errichtete Trinkwasserkraftwerk Howald den Betrieb auf. Nach der langen Vorlaufzeit von knapp 15 Jahren gelang es der Brunnengenossenschaft Wengi AG, das Projekt in einer Bauzeit von gerade einmal 10 Monaten zu realisieren. Die Erneuerung ihres Quellenabstiegs nutzte die Berner Gemeinde, um ein modernes Trinkwasserkraftwerk zu errichten. Bei einer Höhendifferenz von 488 m und einem Nenndurchfluss von rund 30 l/s kommt die eindüsige Peltonturbine aus dem Hause Andritz HYDRO auf eine Nennleistung von 122 kW. Dank der neuen Wasserableitung ist die Trinkwasserversorgung für angrenzende Almwirtschaften und weitere Abnehmer im Dorf auch in Zukunft gesichert. Dazu werden mit der Jahresproduktion von rund 500.000 kWh circa 142 Haushalte zusätzlich mit grünem Strom versorgt.

Das Sanierungsvorhaben begann im August letzten Jahres mit der Errichtung der neuen Sammelbrunnstube auf 1.410 m. ü. M.

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it ihren 112 Jahren waren die Leitungen aus den beiden Lehenweidquellen oberhalb von Reichenbach im Kandertal längst an das Ende ihrer technischen Lebensdauer angelangt. Vielfach waren sie in der Vergangenheit schon repariert worden, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können. In ihrem oberen Abschnitt, wo geringerer Wasserdruck auf die Rohre einwirkt, war ursprünglich ein gestecktes Rohr aus Gusseisen mit circa 110 mm Durchmesser in Verwendung, während weiter unten ein verzinktes Gewinderohr installiert war. „Die alten Rohre kamen durch Erosion stellenweise an die Oberfläche und verrosteten zunehmend. Um die beiden Lehenweidquellen weiter für die Trinkwasserversorgung nutzen zu können, musste eine Generalsanierung durchgeführt werden. So viel stand fest“, erklärt Daniel Lauener, Präsident der Brunnengenossenschaft Wengi. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, im Zuge der Generalsanierung den Höhenunterschied von 488 m für die Stromproduk-

tion nutzbar zu machen. Die Voraussetzungen für die Integration eines Trinkwasserkraftwerks (TWKW) waren sehr gut. Bereits 2011 wurde in der Folge das erste Gesuch für ein Trinkwasserkraftwerk beim kantonalen Amt für Wasser und Abfall in Bern eingereicht. Doch leider ohne Erfolg. Aufgrund einer fehlenden Schutzzone lehnten die Behörden den Antrag ab. Die Antragsteller sahen sich letztlich gezwungen, ihr Gesuch zurückzuziehen. Aber man gab nicht auf. Nach intensiven Verhandlungen mit den zuständigen Instanzen reichte die Brunnengenossenschaft Wengi im Dezember 2016 ein überarbeitetes Ansuchen bei den Behörden ein. GENEHMIGUNG MIT AUFLAGEN Im Zuge der Sanierung der Quellenableitung musste gemäß Behördenauflagen eine Wasserschutzzone errichtet werden. „Eine Schutzzone im Wassereinzugsgebiet einzurichten war für uns machbar, doch das reichte leider nicht aus“, erläutert Lauener die

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Foto: Brunnengen. Wengi

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Die rund 1.100 m lange Freispiegelleitung führt über bewirtschaftetes Almgebiet bis zum Wasserschloss Eggweid.

Für die rund 960 m lange Druckleitung wurden duktile Gussrohre DN160 von Wild Armaturen verbaut.

Die Verlegearbeiten waren speziell am unteren Teilstück des Kraftabstieges aufgrund des steilen Geländes extrem schwierig.

VERLEGUNG DURCH STEILES GELÄNDE Um das Energiepotenzial bestmöglich nutzen zu können, wurde die Trassenführung komplett neu geplant. „Mithilfe einer neuen Freispiegelleitung von der Quellenfassung zum Wasserschloss konnten wir sogar die Fallhöhe etwas erhöhen“, freut sich Lauener. Das Sanierungsprojekt wurde oben mit der Erneuerung der Sammelbrunnstube auf 1.410 m. ü. M. begonnen. „Die Quellfassungen der beiden Quellen Lehenweid 1 und Lehenweid 2 selbst waren noch voll funktionstüchtig und mussten nicht saniert werden“, so Lauener. Von der Sammelbrunnstube Lehenweid wurde zunächst eine geschlossene Freispiegelleitung mittels PE Rohr DN180 über eine Länge von rund 1.075 m über bewirtschaftetes Almgebiet erstellt. Bei einem Gefälle von 2 Prozent führt sie das Quellwasser direkt in das neue Wasserschloss Eggweid auf 1.385 m ü. M. Von hier aus fließt es rund 960 m durch die neue Druckrohrleitung in das Krafthaus auf 897 m. ü. M. Für die Druckleitung wurden duktile Gussrohre DN160, geliefert vom Schweizer Rohrvertriebsprofi Wild Armaturen, verbaut. Krümmer und Bögen wurden mit Beton-Auflager gesichert. Zusätzlich wurden in der Künette eine Versorgungsleitung

sowie ein Kabelschutzrohr für ein Signalkabel verlegt. Die Arbeiten gestalteten sich aufgrund der schwierigen Geländetopographie durchaus anspruchsvoll. „In manchen Geländeabschnitten war es derart steil, dass das Verlegeteam bei den Arbeiten kaum mehr aufrecht stehen konnte“, erzählt Lauener und hob dabei die außergewöhnlichen Leistungen des verantwortlichen Baggerfahrers hervor. Entsprechend den Behördenvorgaben wurden zudem umfangreiche Aufforstungsarbeiten umgesetzt, um die baulichen Eingriffe in die Natur wieder zu kompensieren. TURBINE MIT TOP-PERFORMANCE Parallel zur Sanierung des Quellenabstiegs wurde mit den Arbeiten an der neuen Maschinenzentrale begonnen. „Die behördliche Auflage sah vor, das Bauwerk möglichst dezent im Wald zu integrieren“, erzählt Lauener. Das Herzstück im neuen, „versteckten“ Krafthaus bildet die eindüsige Peltonturbine aus dem Hause ANDRITZ Hydro mit einem Laufraddurchmesser von 585 mm. Es handelt sich um einen ausgesprochenen Schnellläufer mit einer Nenndrehzahl von 1.500 Upm, optimal angepasst an die Hochdruckbedingungen des Trinkwasserkraftwerks. Für den weltweit agieFoto: zek

Rahmenbedingungen und weist auf ein anderes Problem hin: „Im Kandertal befinden wir uns in einer Schieferregion. Der Kanton vertritt die Meinung, dass das Schiefergestein zu durchlässig sei, um die notwendigen Filtervoraussetzungen zu erfüllen. Das Argument zielt also nur auf die Geologie, nicht aber auf die tatsächliche Wasserqualität ab. Glücklicherweise hat diese Bestimmung lediglich auf Gemeindeebene Bestand und gilt nicht für uns als Wassergenossenschaften. Für uns zählt einzig und alleine die Wasserqualität, und die ist nachweislich ausgezeichnet.“ Im Kanton Bern wird die Trinkwasserqualität drei Mal pro Jahr geprüft. Nachdem eine Einigung mit der Kantonsverwaltung sowie der Gemeinde Reichenbach erzielt wurde, folgte der positive Bescheid im März letzten Jahres. „Im Juni wurde in der Gemeindeversammlung die finanzielle Beteiligung in Form eines 1,2 Millionen-Kredits beschlossen“, erklärt Lauener. Die dazu gegründete Betriebsgesellschaft ‚Kleinwasserkraftwerk Howald AG‘ besteht nun aus der Brunnengenossenschaft Wengi und der Gemeinde Reichenbach. Nach einem symbolischen Spatenstich im August letzten Jahres konnten die Bauarbeiten beginnen.

Das Krafthaus wirkt aufgeräumt: Die Turbine aus dem Hause Andritz Hydro Compact in Jonschwill leistet bei einer Fallhöhe von 488 m und einem max. Wasserzulauf von 30 l/s rund 112 kW und produziert pro Jahr circa 500.000 kWh. Eine sichere Wasserversorgung garantiert der Bypass, der das Quellwasser im Bedarfsfall über das Schwallbecken zurück in den Trinkwasserkreis leitet.

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Die Elektronik-Modulsteuerung von Kobel Elektrotechnik steuert sämtliche Anlagenteile wie Generator, Turbine und Bypass.

renden Komplettanbieter von Wasserkraftanlagen stellt das Trinkwasserkraftwerksprojekt einen weiteren Kompetenzbeweis im unteren Leistungsbereich dar. Schließlich ist die speziell adaptierte Trinkwasserturbine auf einen Nenndurchfluss von gerade einmal 30 l/s ausgelegt. Bei einer Fallhöhe von 488 m erreicht sie eine Nennleistung von immerhin 122 kW. Im Regeljahr liefert das TWKW Howald somit rund 500.000 kWh ans Netz. Abgesehen von ihrer technischen Ausgereiftheit wurde das Laufrad natürlich an die Anforderungen eines modernen Trinkwasserkraftwerks adaptiert. Das heißt, dass sämtliche wasserberührenden Teile der Turbine trinkwassertauglich, also in Edelstahl, ausgeführt wurden.

liste der Emmentaler. Auch im Fall des TWKW Howald wurde eine moderne Elektronik-Modulsteuerung integriert, über die sämtliche Anlagenteile wie Generator, Turbine und der für ein Trinkwasserskraftwerk obligatorische Bypass angesteuert werden. Die Ingenieure von Kobel stellen damit zum einen die Priorisierung der Trinkwasserversorgung sicher und haben zum anderen eine steuerungstechnische Lösung für das doch saisonal schwankende Wasserdargebot, das mit rund 20 % beziffert wird, entwickelt. Auf diese Weise wird ein effektiver Betrieb über das ganze Jahr hinweg sichergestellt. Selbstverständlich verfügt das vollautomatisierte Steuerungssystem auch über eine Alarmfunktion, die per SMS den Betreiber in Kenntnis setzt.

TRINKWASSERVERSORGUNG HAT VORRANG Direkt an die Turbine ist ein Asynchrongenerator mit einer Nennscheinleistung von 140 kVA gekoppelt. Geliefert, montiert und in Betrieb gesetzt wurde er von der Firma Kobel Elektrotechnik AG aus Affoltern im Emmental. Der erfahrene Spezialist für Steuerungsund Regeltechnik war darüber hinaus für die gesamte elektro- und leittechnische Ausrüstung verantwortlich. Kobel hat sich in den letzten Jahrzehnten einen hervorragenden Ruf in der Schweizer Kleinwasserkraft-Branche erarbeitet. Nicht weniger als 316 Trinkwasserkraftwerke findet man heute auf der Referenz

START OHNE „KINDERKRANKHEITEN“ Nach Abschluss der Arbeiten konnte das TWKW Howald im Mai dieses Jahres in Betrieb genommen werden. „Die Anlage wurde hochgefahren, und alles funktionierte von Anfang an perfekt“, freut sich Daniel Lauener. Er führt den Projekterfolg nicht zuletzt auf die professionelle Umsetzung durch die beteiligten Unternehmen zurück. Und findet lobende Worte sowohl für die bauausführenden, als auch für die elektro- und maschinentechnischen Branchenspezialisten: „Die Techniker von ANDRITZ Hydro und von Kobel haben das Projekt von Anfang bis Ende in optimaler

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Der Wasserstandsregler AWS-150 dient der automatischen Regulierung des Oberwasser-Niveaus. Er besteht aus einem Speise- und einem Reglermodul. Mittels universeller Verstellmöglichkeiten kann der Regler an die jeweilige Anlage angepasst werden.

Technische Daten • Kraftwerkstyp: Trinkwasserkraftwerk • Turbine: eindüsige Pelton-Turbine • Laufraddurchmesser: 585 mm • Produziert und montiert: Andritz Hydro AG • Bruttofallhöhe: 488 m • Ausbauwassermenge: 30 l/s • Nennleistung: 112 kW • Elektrotechnische Ausrüstung: Kobel Elektrotechnik AG • Jahresproduktion: 500.000 kWh • Inbetriebnahme: Mai 2020 • Betreiber: Kleinwasserkraftwerk Howald AG

Abstimmung umgesetzt. Das war der Schlüssel zum Erfolg.“ Das im Trinkwasserkraftwerk turbinierte Quellwasser fließt anschließend in ein Schwallbecken und von dort über eine UV-Aufbereitungsanlage in die Ortswasserleitung. Der vom System ausgehende Bypass mündet in den Schlumpach. Der produzierte Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist. Dessen energiewirtschaftliche Vermarktung unterliegt dem garantierten Vergütungstarif entsprechend der Schweizer Einspeisevergütung (KEV). „Mit dem Abschluss dieses Projekts geht für uns ein sehr arbeitsintensives, aber auch interessantes Kapitel zu Ende. Am Ende können wir mit diesem Projektergebnis mehr als zufrieden sein“, blickt Daniel Lauener in seinem Resümee zurück.

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BESCHNEIUNGS-WASSERKRAFTWERK MACHT SKIGEBIET RIESNERALM ENERGIEUNABHÄNGIG Im obersteirischen Skigebiet Riesneralm wurde Mitte Mai mit der finalen In­be­ trieb­nahme des innovativen „Be­schnei­ un­gs-Wasserkraftwerks“ ein außer­­ge­ wöhnliches Projekt erfolgreich ab­geschlossen. Dessen bemerkenswertes Konzept basiert darauf, das mit einem neuen Kleinkraftwerk zur Stromerzeu­ gung genutzte Wasser auf direktem Weg an einer ebenfalls neu installierten Be­ schneiungsanlage in Maschinenschnee zu verwandeln. Neben dieser rich­ tungsweisenden Symbiose aus Öko­ stromgewinnung und Schneeprodukti­ on macht sich die Investition für die Riesneralm in doppelter Hinsicht be­ zahlt. So dient etwa die Hälfte der rund 6 GWh Ökostrom Jahreserzeu­ gung, die vom neuen Wasserkraftwerk im Verbund mit dem bestehenden Kraftwerk Hinterwald geliefert wer­ den, zur Eigenbedarfsdeckung der kompletten tech­nisch-touristischen In­ frastruktur des Skigebiets. Der Über­ schussstrom wird ins öffentliche Netz eingespeist und verschafft der Riesner­ alm somit ein vom Skibetrieb unab­ hängiges und beständiges Zusatzein­ kommen.

stellt sein muss, damit es wirtschaftlich überlebensfähig ist. Um den zentralen Erfolgsfaktor – die Schneesicherheit der Pisten – zukünftig noch besser zu gewährleisten, stand bei der Riesneralm der Bau eines vierten Beschneiungsteichs schon länger zur Debatte. Mit diesem weiteren, auf 100.000 m³ Inhalt dimensionierten Reservoir sollte die potentielle Maschinenschneekapazität um ein Vielfaches erhöht werden. „Die Kosten zum Bau des Teichs und der Beschneiungsanlage lagen bei rund 3 Millionen Euro, diese Investition hätten wir natürlich wieder kompensieren müssen. Beispielsweise durch erhöhte Liftkartenpreise - was wir aber nicht im Sinn hatten“, sagt Petz und führt weiter aus, dass im Jahr 2016 schließlich das Konzept entstanden ist,

Stolzer Aufsichtsrat, 1. Reihe (v.l.n.r.): Riesneralm-GF Erwin Petz, AR-Vorsitzender Mag. Hochfellner, Kom. Rat Erwin Haider (beide selbst Wasserkraftbetreiber) u. Bgmst. Herbert Gugganig. 2. Reihe (v.l.): Clemens Kauderer, Ing. Josef Mösenbacher, Christoph Gürtler (ebenfalls Wasserkraftbetreiber) und BL Siegfried Kalsberger.

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die notwendige Beschneiungs-Erweiterung mit dem Bau eines Wasserkraftwerks zu kombinieren und damit den geplanten Zusatz­ speicher zu verwerfen: „Die Errichtung des Wasserkraftwerks und der angeschlossenen Beschneiungsanlage kamen in Summe sogar auf rund 5 Millionen Euro. Aber: Die Projektfinanzierung bei dieser Variante basiert nicht auf einer Erhöhung von Kartenpreisen, sondern auf den Faktoren Stromverkauf und Eigenbedarfsdeckung. Zwar gibt es andere Skigebiete, bei denen Strom aus Wasserkraft zur Versorgung von Beschneiungsanlagen verwendet wird. Aber das zur Stromerzeugung genutzte Wasser in einem Zug gleich in Maschinenschnee umzuwandeln macht meines Wissens nach sonst niemand, womit wir in

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as Skigebiet Riesneralm im obersteirischen Donnersbachwald konnte sich in den vergangenen Jahren einen Ruf als Wintersport-Geheimtipp erarbeiten. Geschäftsführer Erwin Petz betont im Interview mit zek HYDRO Ende Juni wiederholt die Innovations- und Investitionsbereitschaft als Erfolgsrezept der Riesneralm, die als wichtiger regionaler Arbeitgeber von ihm auch als „Lebensader“ von Donnersbachwald bezeichnet wird. „Mit unseren 32 Pistenkilometern können wir mit den großen Skischaukeln in Sachen Ausdehnung zwar nicht mithalten. Dafür punkten wir mit einem anderen, ganz wesentlichen Vorteil. Unser Motto lautet: ‚Mehr Skifahren – Weniger Liftfahren‘. Bei uns sind im Winter maximal 3.000 Leute gleichzeitig unterwegs, wodurch auf den Pisten für jeden einzelnen mehr Platz zur Verfügung steht als bei den großen Mitbewerbern.“ Petz erklärt weiter, dass ein Skigebiet von den Pistenverhältnissen über die Liftanlagen bis hin zur Gastronomie heute überall top aufge-

Die zwei MBK-Geschäftsführer Josef Berghold und Christian Mund, Turbinen-Konstrukteur Dominic Riedl und Projektleiter Markus Ribis von Geppert, (hintere Reihe, v.l.) sowie RiesneralmBetriebsleiter Siegfried Kalsberger und Geschäftsführer Erwin Petz (vorne v. l.) freuten sich über die Fertigstellung des innovativen Beschneiungs-Wasserkraftwerks im heurigen Mai.

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Für die Durchführung der gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten inkl. Druckrohrverlegung sorgte die Unternehmensgruppe Gebr. Haider.

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Das Wasser für das neue Beschneiungs-Kraftwerk wird direkt aus dem Unterwasserbereich der Bestandsanlage Hinterwald entnommen.

Donnersbachwald eine Vorreiterrolle einnehmen.“ In ökologischer Hinsicht konnte mit dem „virtuellen Speicherteich“ das Anlegen eines zusätzlichen Wasserspeichers vermieden werden. Als Generalplaner des Projekts wurde das im Kleinwasserkraftbereich vielfach bewährte Ingenieurbüro für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft Zöschg & Groß GmbH aus Graz engagiert.

TEILFERTIGSTELLUNG IN 3 MONATEN REALISIERT Petz betont generell die hervorragende Leistung aller an der Projektumsetzung beteilig-

ten Firmen, besonders aber jene des für die gesamten Hoch- und Tiefbauarbeiten zuständigen Teams der Gebr. Haider. Mit ihrem Know-how als Baufirma und als Betreiber von über 25 Wasserkraftwerken der ideale Partner. Innerhalb von nur drei Monaten konnte eine Teilfertigstellung des Projekts erzielt werden, wodurch ein Teil des neuen Beschneiungssystems rechtzeitig zum Saisonstart am 8. Dezember eingesetzt werden konnte. Der stromerzeugende Teil der Anlage ging – bedingt durch den von der Corona-Krise erzwungenen mehrwöchigen Baustopp – schließlich Mitte Mai in Betrieb. Der aufwändigste Teil des in rekordverdächtiger Zeit umgesetzten Projekts stellte die Herstellung der Druckrohrleitung dar. Rund 1.600 lfm beträgt die Länge des über 30,5 m Nettofallhöhe verlaufenden Kraftabstiegs, der komplett in GFK-Rohren DN1400, DN1300 und DN1200 der Marke Amiblu Flowtite ausgeführt wurde. Die Aufteilung auf mehrere Rohrdimensionen brachte den logistischen Vorteil mit sich, dass mehrere Rohre auf der Ladefläche ineinander geschoben werden

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GENEHMIGUNGSPROZEDERE NICHT EINFACH Der seit 16 Jahren als Riesneralm-Geschäftsführer beschäftigte Petz erwähnt bei der Anlagenbeschau, dass die generelle Genehmigung des Projekts kein leichtes Unterfangen darstellte. „Ich war bis zur 2015 vollzogenen Gemeindezusammenlegung zur neuen Gemeinde Irdning-Donnersbachtal für 18 Jahre als Bürgermeister von Donnersbachwald tätig. Während meiner Amtszeit habe ich die Errichtung des Kleinwasserkraftwerks Hinterwald in die Wege geleitet und hatte somit Ahnung, mit welchen Hürden ein derartiges Vorhaben verbunden sein kann.“ Gemeinsam mit dem Aufsichtsrat, in welchem drei Perso-

nen selbst Wasserkraftwerke betreiben und somit über entsprechendes Know-how verfügen, wurden alle Projektdetails ausgearbeitet. Die Wirtschaftlichkeit der neuen Anlage basiert auf der Kombination zwischen Stromund Schneeerzeugung. In diesem Zusammenhang lobt der langjährige Gemeindevorstand die Kooperationsbereitschaft jener Grundbesitzer, über deren Grundstücke die Rohrleitungstrasse verläuft. Deren Zustimmungen zur Durchleitung der Kraftwerksleitung stellten die wichtigste Voraussetzung für die praktische Projektumsetzung dar. Zusätzlich zu den aufwändigen Vor- und Finanzierungsverhandlungen und der Abwicklung der öffentlichen Ausschreibung musste auch ein behördliches Widerstreitverfahren bewältigt werden. Nachdem im Spätsommer 2019 schließlich die endgültige Bewilligung auf dem Tisch lag, begann unverzüglich darauf am 5. September die Umsetzungsphase.

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Oberwasseransicht der Wehranlage des Kraftwerks Hinterwald, das bereits im Jahr 2006 am Donnersbach in Betrieb genommen wurde.

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konnten. Dieses bewährte Transportkonzept bewirkte eine deutliche Verringerung an Lkw-Verkehr im Projektgebiet und verminderte gleichzeitig die Frachtkosten erheblich. Die Trassenführung der Leitung orientierte sich an einer möglichst direkten Verbindung zum Krafthaus. Bei der zügig verlaufenen Rohrverlegung stellten eine Bachunterquerung sowie der Abschnitt im Gebiet Finsterkargraben, in welchem die Leitung in rund 7 m Tiefe verläuft, die wesentlichen Herausforderungen für die ausführenden Bauarbeiter dar. Geliefert wurden sämtliche Rohre inklusive Sonderformstücke vom Rohrspezialisten Etertec GmbH & Co KG aus dem niederösterreichischen Klausen-Leopoldsdorf. Das bekannt hochwertige Material, gefertigt aus dem kompakten Verbundwerkstoff GFK (glasfaserverstärkter Kunststoff), vereint die positiven Eigenschaften seiner Rohstoffe Harz, Glasfasern und Quarzsand zu einem für den Wasserkraftbereich bestens geeigneten Produkt. Beim Projekt Riesneralm stellten die vom Hersteller Amiblu gefertigten Rohre einmal mehr dank dem anwenderfreundlichen Muffensystem ihre Verlege-Praktikabilität unter Beweis. TRIEBWASSER FAST DIREKT ÜBERNOMMEN Die Wasserfassung des Beschneiungs-Kraftwerks konnte dank der Anbindung an das bestehende Altkraftwerk Hinterwald mit vergleichsweise geringem Aufwand hergestellt werden. Der Unterwasserbereich der Anlage wurde dahingehend adaptiert, dass das eben zur Stromgewinnung genutzte Wasser auf direktem Weg in ein neues Beruhigungsbecken fließt. Dieses mit einem Spülschütz ausgestattete Becken markiert den Beginn der Ausleitungsstrecke, gleichzeitig erfolgt dort auch die vom jeweiligen Zufluss abhängige Restwasserdotation. Dass für den Kraftwerksneubau keine Wehranlage inklusive obligatorischem Fischaufstieg errichtet werden musste, wirkte sich laut Petz ebenfalls positiv auf die Gestehungskosten des Projekts aus. Damit die neue

Sämtliches GFK-Material der Marke Amiblu Flowtite für die rund 1.600 m lange Kraftwerksleitung lieferte die Etertec GmbH & Co KG aus Niederösterreich.

Beschneiungsanlage zeitgerecht in Betrieb gehen konnte, war bei der Umsetzung der Bauund Montagearbeiten paralleles Vorgehen unumgänglich. Neben der Herstellung der Druckrohrleitung und der Anbindung des Beruhigungsbeckens an das KW Hinterwald mussten unter anderem das Anlagengebäude hochgezogen, die Pumpleitungen des neuen Beschneiungssystems hergestellt sowie eine Vielzahl unterschiedlicher Gewerke installiert werden. DIAGONAL-TURBINE – DIE ZWEITE Im Krafthaus-Abschnitt des Gebäudes kommt wie beim Oberlieger Hinterwald eine Diagonal-Turbine vom Wasserkraft-Allrounder Geppert GmbH zum Einsatz. Den Projektzuschlag für ein hydroelektrisches Kom­plettpaket erhielten die Tiroler erst unmittelbar vor dem konkreten Baustart Anfang September. Um den straff organisierten Projektablauf nicht zu beeinträchtigen, musste das Einlaufrohr der Turbine bereits acht Tage nach Vertragsunterzeichnung auf die Baustelle geliefert und montiert werden. Bereits Mitte November folgte die Montage der Bypassleitung, damit die Beschneiungsanlage zeitgereicht in Betrieb genommen werden konnte. Geppert-Projektleiter Markus Ribis zeigt sich grundsätzlich

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erfreut über die kurze Projektdauer von rund acht Monaten bis zur erfolgreichen Nassinbetriebsetzung am 13. Mai. „Seither ist die Turbine im störungsfreien Betrieb. Hätten Corona und die Quarantänemaßnahmen in Tirol nicht für Unterbrechungen bei der Montage gesorgt, hätte man die Inbetriebnahme sogar schon Mitte April abschließen können“, so Ribis. Dank der heuer relativ spät einsetzenden Schneeschmelze konnte die auf eine Ausbauwassermenge von 2 m³/s ausgelegte Turbine ausgiebig getestet werden. Die Entscheidung beim neuen Wasserkraftwerk wieder auf eine Diagonal-Turbine von Geppert zu setzen begründet Petz mit den guten Erfahrungen, die man mit der baugleichen Maschine beim seit rund 14 Jahren in Betrieb stehenden Kraftwerk Hinterwald sammeln konnte. Projektleiter Ribis fasst die Vorzüge von Diagonal-Turbinen zusammen: „Generell entsprechen Diagonal-Turbinen dem Aufbau und der Wirkungsweise von Francis-Turbinen, Leitapparat und Spiralgehäuse sind bei beiden Maschinen grundsätzlich gleich. Die Bezeichnung der Diagonal-Turbine resultiert aus der diagonalen Anströmung im Meridianschnitt diagonal zur Turbinenachse. Ihr optimaler Einsatzbereich liegt bei Fallhöhen bis zu 80 m. Die funktionelle Besonderheit von Diagonal-Tur-

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Der wirkungsgradstarke Synchron-Generator vom Linzer Traditionshersteller Hitzinger erfüllt sämtliche TOR-Richtlinen der E-Control-Austria.

binen liegt darin, dass die Laufschaufeln in jedem Betriebszustand optimal zum Leitapparat positioniert werden können. Dies resultiert im Vergleich zu Francis-Turbinen in einem wesentlich höheren Wirkungsgrad im Teillastbereich. Der Einbau einer Diagonal-Turbine bietet sich vor allem bei jenen Kleinwasserkraftanlagen an, bei denen aus wirtschaftlichen Gründen eine Mehrmaschinen-Lösung wie bei größeren Anlagen nicht sinnvoll ist.“ GENERATOR DER OBERSTEN LEISTUNGSKLASSE Als Energiewandler der Wasserkraftanlage dient ein direkt mit der Turbinenwelle in horizontaler Richtung gekoppelter Generator vom oberösterreichischen Traditionshersteller Hitzinger. Die Synchron-Maschine dreht wie die Turbine mit exakt 600 U/min, hat eine Frequenz von 50 Hz, eine Anschlussspannung von 400 V und wurde auf eine Nennscheinleistung von 600 kVA ausgelegt. Hitzinger-Projektleiter Gregor Bauer weist darauf hin, dass bei der Konstruktion des Generators neben den leistungstechnischen Aspekten auch die Vorgaben des sogenannten „TOR“-Regelwerks erfüllt werden mussten. TOR steht für „Technische und organisatori-

Die Pumpstation der Beschneiungsanlage wird direkt vom Wasserkraftwerk gespeist.

sche Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen“. Im Prinzip stellt TOR ein von der E-Control-Austria aufgestelltes Regelwerk dar, an das sich sowohl Betreiber als auch Hersteller aus dem hydroelektrischen Bereich zu halten haben. Grundsätzlich behandelt TOR die Interoperabilität der Netznutzung in der elektrischen Energietechnik zwischen Netzbetreibern und Netzbenutzern. Beim Maschinendesign fokussierten die Konstrukteure zudem auf die Vermeidung von Schall- und Schwingungsemissionen. Um die Übertragung von Geräuschen und Vibrationen im Betrieb zu minimieren, wurde der Luft-Wasser-Wärmetauscher des Generators körperschallentkoppelt ausgeführt. Zur Emmisionsdämmung kommen passgenaue Gummi-Elemente zwischen Generatormantel und den umgebenden Wärmetauscherkomponenten zum Einsatz. Diese zigfach bewährte Variante etabliert sich bei Hitzinger laut Projektleiter Bauer dank positiver Betreiberrückmeldungen immer mehr als Standardausführung bei wassergekühlten Maschinen. Wie man es von den Linzern gewohnt ist, spielt auch der Generator für das Projekt Riesneralm hinsichtlich Effektivität und Wirkleistungsfaktor in der obersten

Klasse mit. Unter Volllast erreicht die Maschine einen Wirkungsgrad von 96,3 Prozent, darüber hinaus überzeugt der für das Zusammenspiel mit der Diagonal-Turbine optimierte Generator mit konstant hohen Werten in einem breiten Teillastbereich. MBK ZUSTÄNDIG FÜR E- UND LEITTECHNIK Gesteuert wird die modernisierte Beschneiungsanlage von der zentralen Riesneralm-Betriebswarte aus. Die komplette elektro- und leittechnische Ausstattung der kombinierten Wasserkraftanlage wurde vom steirischen Branchenprofi MBK Energietechnik GmbH ausgeführt, der Lieferumfang umfasste zudem die gesamte Energieversorgung der neuen Beschneiungs-Pumpstation: „Nachdem der Leistungsbedarf für die Pumpstation bekannt war, wurde entschieden, eine gemeinsame Trafostation für das Kraftwerk und die Pumpstation zu errichten. Die neue Station wurde in das bestehende 30 kV-Netz der Riesneralm eingebunden, außerdem wurde zusätzlich noch die Einbindung des vorhandenen Wasserkraftwerks in das eigene Netz vorgesehen. Um die Pumpstation bereits während der Wintersaison 2019/2020 nutzen zu können,

Technische Daten

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• Ausbauwassermenge: 2 m³/s • Bruttofallhöhe: 32,5 m • Nettofallhöhe: 30,5 m • Druckleitung: GFK, ca. 1.600 m • Ø: DN1400/1300/1200 • Hersteller: Amiblu • Turbine: Diagonal-Turbine • Drehzahl: 600 U/min • Ø Laufrad: 700 mm • Engpassleistung: 502 kW • Hersteller: Geppert GmbH

• Generator: Synchron • Spannung: 400 V • Drehzahl: 600 U/min • Gewicht: ca. 5.400 kg • Erreger Spannung: 57,3 V • Frequenz: 50 Hz • Phasen: 3 • Erregerstrom: 3,1 A • Nennscheinleistung: 600 kVA • Hersteller: Hitzinger • Jahresarbeit: ca. 2,5 GWh

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Turbinen-Spiralgehäuse beim Abladen vor dem Krafthaus in Donnersbachwald.

mussten die Arbeiten an der Energieversorgung zeitgerecht im Spätherbst 2019 durchgeführt werden. Dank der großen Bemühungen aller Beteiligten konnte die Trafostation schließlich wie geplant Mitte November in Betrieb gehen“, erklärt MBK-Geschäftsführer Christian Mund. Wegen der besonderen Konstellation der Anlage – einerseits ist diese direkt an das Unterwasser des Oberliegers angeschlossen, und andererseits hat die Wasserversorgung der Pumpstation höchste Priorität – waren steuerungstechnisch einige Sonderlösungen gefragt. „Aber gerade das macht Anlagen für uns besonders interessant, wenn Anforderungen gängige Standards übertreffen. Vor allem das Gesamtkonzept der Anlage ist besonders rund – Wasser wird zur sauberen

Visualisierung der Kraftwerkssteuerung von der steirischen MBK Energietechnik GmbH

Energieerzeugung genutzt, wird danach in Maschinenschnee verwandelt und schmilzt schließlich wieder in seinen Urzustand zurück – ein schöner Kreislauf“, resümiert Mund über das Referenzprojekt. INVESTITION IN DIE ZUKUNFT Rund 2,5 Monate nach der Projektfertigstellung verspürt Erwin Petz in erster Linie große Erleichterung, dass das nachhaltige und innovative Projekt nach einer schwierigen 4-jährigen Verhandlungsphase tatsächlich realisiert werden konnte. Man hat nun mit der Sparte „Energie Riesneralm“ neben dem Lift- und Gastronomiebereich eine dritte wirtschaftliche Säule errichtet, die das Skigebiet ökonomisch und ökologisch breiter absichert. Für

die Region und das Unternehmen selbst ist dies vor allem generationsübergreifend von enormer Bedeutung. „Wenn man bedenkt, dass die Riesneralm nun mehr als doppelt so viel Strom mit Wasser aus dem Donnersbach erzeugt, als sie überhaupt im gesamten Betrieb inklusive Beschneiungsanlage verbraucht, ist man damit auch zum ökologischen Vorreiter in der Branche geworden“, so Petz. Im August 2020 starten die Arbeiten um den beliebten Europacuphang zu modernisieren und die dortigen Beschneiungsleitungen zu erneuern, die ebenfalls vom neuen Beschneiungs-Wasserkraftwerk versorgt werden, womit in Summe rund 5 Millionen Euro in die nachhaltige Zukunft des Skigebiets investiert wurden.

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ALVIERWERK II VERDREIFACHT LEISTUNG BEI ERSATZNEUBAU DANK OSSBERGER-DURCHSTRÖMER

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n der Gemeinde Bürs südwestlich vom Bludenzer Stadtgebiet befindet sich die Getzner Textil AG, die seit jeher zu den größten privaten Unternehmen und Arbeitgebern in der Region sowie ganz Vorarlbergs zählt. Das 1818 im „Ländle“ gegründete Traditionsunternehmen gehört zur international aktiven Holding Getzner, Mutter & Cie. (GMC) und ist durch das Tochterunternehmen Getzner Textil AG weltweit bekannt für seine hochwertig verarbeiteten Baumwollstoffe. Durch die Tochtergesellschaft Getzner Werkstoffe GmbH ist man zudem an kleineren Produktionsstandorten in Nordamerika und Asien vertreten. Neben dem Kerngeschäft der Textilverarbeitung gilt Getzner als kompetenter Spezialist in Sachen Schall- und Schwingungsdämmung – die von der Getzner Werkstoffe GmbH hergestellten „Sylomer“-­ Matten sind im Bau- und Industriesektor gleichermaßen ein gängiger Begriff und weit verbreitet. Zur Deckung des eigenen Strombedarfs der Produktion setzt GMC in Bürs traditionell auf erneuerbare Energie, konkret die Wasserkraft. Mit zwei Laufwasserkraftwerken an der Ill sowie zwei Ausleitungskraftwerken am Alvierbach erzeugt man übers Jahr gesehen sogar mehr Strom, als die Textilproduktion insgesamt benötigt.

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Foto: Ossberger

Für den Ersatzneubau des Alvierwerk II im Vorarlberger Bürs lieferte Ossberger das gesamte elektrohydraulische und leittechnische Equipment. Die Inbetriebsetzung der Anlage konnte im heurigen März innerhalb kurzer Zeit erfolgreich abgeschlossen werden.

VON LANGER HAND GEPLANT Bereits vor etwa 11 Jahren gab GMC die Neuausführung der Druckleitung und die Revitalisierung der Maschinengruppen des 1910 fertiggestellten Alvierwerks I in Auftrag. Eine noch umfassendere Erneuerung hatte man im Anschluss mit dem Unterlieger ­Alvierwerk II im Sinn. Der geplante Ersatzneubau, für welchen während des Pro­ jektierungszeit­raums mehrere Variantenstudien ent­standen sind, sollte im Rahmen eines Hochwasserschutzprojektes der Gemeinde realisiert werden. „Die beschlossene Variante brachte mehrere grundlegende Verbesserungen mit sich – sowohl was die Hochwasserthematik, also auch die Stromproduktion betrifft“, sagt der ehemalige Betriebsleiter Manfred Harrasser, der die Kraftwerkserneuerung als GMC-Projektmanager federführend konzeptioniert und bis zu seiner Pensionie-

rung begleitet hat. Die im Ortskern situierte Wehr­ anlage des Altkraftwerks wurde komplett rückgebaut, womit sich die Hochwassersituation in diesem Gewässerabschnitt erheblich entspannt. Die neue Wasserfassung kon­nte mit vergleichsweise wenig baulichem Aufwand an den Unterwasserbereich des Alvierwerk I angeschlossen werden. Außerdem ersetzt die nun zur Gänze unterirdisch verlegte Druckrohrleitung den zuvor oberirdischen Ausleitungskanal. Harrasser erklärt, dass die Neuausführung des nun etwa 800 m langen Kraftabstiegs eine wesentliche Projektherausforderung darstellte. „Ein beträchtlicher Teil der Rohrtrasse verläuft durch verbautes Gebiet, teilweise lag der Abstand zu den angrenzenden Gebäuden bei den Verlegearbeiten unter 5 m. In bau- und transportlogistischer Hinsicht galt es also einiges zu bedenken.“ Beim Rohrmaterial setzte man auf duktile

Unter Volllast kommt die in einem breiten Betriebsband wirkungsgradstarke Ossberger-Turbine auf eine Engpassleistung von 443 kW.

Foto: Ossberger

In Westösterreich ging im Vorarlberger Bürs vor wenigen Monaten das neu gebaute Alvierwerk II ans Netz. In ­ Auftrag gegeben wurde das Projekt von der Betreibergesellschaft Getzner, Mutter & ­ Cie., die den Ersatzneubau im Rahmen eines Gemeinde-Hochwasserschutzprojektes in die Wege geleitet hat. Von der nun unmittelbar an den Oberlieger Alvier­ ­ werk I angeschlossenen Wasserfassung über die rund 800 m lange erdverlegte Druckrohrleitung bis hin zum eb­en­­­­­­­falls unterirdisch angelegten Krafthaus wurde die Anlage von Grund auf neu errichtet. Bei der elektromaschinellen Ausstattung setzen die Betreiber auf ein Komplettpaket vom deutschen Kleinwasserkraftexperten Ossberger. Unter Voll­last schafft die in einem breiten Betriebsband effektiv produzierende Maschine eine Engpassleistung von mehr als 440 kW – im Vergleich zum Altbestand kommt diese einer Fast-Verdreifachung gleich.

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DURCHSTRÖMER STATT KAPLAN-MASCHINE Das Krafthaus des Alvierwerk II wurde bei der kompletten Neuausführung ebenfalls unterirdisch errichtet. Entstehen sollte die Kraftwerkszentrale gleich neben einem noch weitaus größeren GMC-Projekt, einer neuen Lagerhalle der Getzner Werkstoffe GmbH. Beim Bau des Krafthauses hatte die Vermeidung von Schall- und Schwingungsemissionen durch die Turbine höchste Priorität. Gewährleistet wurde dies durch eine 2-schalige Ausführung des Gebäudes und der Verwendung von Getzner-eigenem Dämmmaterial. Bernhard Massimo, der im Juli des Vorjahres Manfred Harrasser als Betriebsleiter des E-Werks gefolgt ist, weist darauf hin, dass sich beim neuen Alvierwerk II eine Durchström-Turbine aus mehrerlei Gründen angeboten hat. „Ursprünglich war eine Kaplan-Turbine vorgesehen, die einen etwas höheren Wirkungsgrad aufweist. Allerdings konnte unterm Strich mit dem Einsatz eines Durchströmers eine deutlich höhere Wirtschaftlichkeit erzielt werden. So liegen alleine die Anschaffungskosten einer Durchström-Turbine und dem dazugehörigen

Der nun komplett unterirdisch verlegte Kraftabstieg wurde zur Gänze in Gussrohrausführung DN1280 hergestellt.

Foto: Getzner, Mutter & Cie./B.Massimo

Gussrohre DN1280, die von der Vorarlberger Hilti & Jehle GmbH im 3. und 4. Quartal 2019 verlegt wurden. Die angepasste Rohrtrasse orientierte sich auch an dem zuvor abschnittweise als Aquädukt verlaufenden Kanalbauwerk, dessen steinerner Hochbau komplett abgetragen wurde. Mit der Neuausführung der Ausleitungsstrecke wurde eine erzeugungstechnisch entscheidende Verbesserung erzielt. Weil der Durchfluss des alten Oberwasserkanals aus Sicherheitsgründen auf maximal 2 m³/s begrenzt war, konnte die konzessionierte Wassermenge von 2,5 m³/s nie zur vollen Gänze für die Stromproduktion genutzt werden. Darüber hinaus hat sich die nutzbare Fallhöhe mit der Verlegung des Krafthauses an einen neuen Standort fast verdreifacht.

Equipment bei rund der Hälfte einer Kaplan-Maschine. Durch den funktionsbedingt einfachen Aufbau ist eine Durchström-Turbine auch aus weniger Teilen zusammengesetzt, wodurch in weiterer Folge weniger Wartungskosten entstehen. Außerdem konnte das Krafthaus dank der platzsparenden Abmessungen im Vergleich zu einer Kaplan-Maschine kleiner bemessen und somit komplett unterirdisch angelegt werden.“ LEISTUNG UND ERZEUGUNG MASSIV ERHÖHT Bei der Ausschreibung erhielt der süddeutsche Wasserkraft-Allrounder Ossberger den Zuschlag zur Lieferung eines elektromechanischen und leittechnischen Komplettpakets. Dessen Herzstück bildet eine von oben gespeiste Durchström-Turbine, ausgelegt auf eine Bruttofallhöhe von ca. 21 m. Unter Volllast erreicht die über ein Stirnradgetriebe mit einem horizontalen Synchron-Generator gekoppelte Turbine eine Engpassleistung von 443 kW. Dies entspricht einer fast-Verdreifachung des vormals auf etwa 150 kW limitierten Altbestands. Zusätzlich bietet die mit einem 2-zelligen Gehäuse bestückte Maschine

ein sehr zufriedenstellendes Verhalten im Teillastbereich. Der Ossberger-Lieferumfang beinhaltete zudem die Absperrklappe sowie sämtliche Hilfsgewerke der Anlage, die ausschließlich von namhaften Herstellern bezogen wurden. Bei der Anlagen-Leittechnik setzen die Deutschen auf die weltweit im Automatisierungssektor bewährte SPS-Steuerung SIMATIC S7-1500 von Siemens. Die Bedienung der Anlage erfolgt über ein in die Schaltschrankfront integriertes Touchpanel, darüber hinaus wurde für den Fernzugang eine Anbindung an die zentrale Leitwarte von GMC hergestellt. Wenige Monate nach der im März erfolgten Inbetriebnahme geben Harrasser und Massimo unisono ein positives Fazit über die Erneuerung des Alvierwerks II ab: „Die Umsetzung hat durchwegs sehr gut funktioniert, dies ist in erster Linie dem guten Zusammenspiel aller Projektbeteiligten zu verdanken.“ Naturgemäß sehr erfreut zeigen sich der neue und der alte Betriebsleiter über die enorme Leistungssteigerung der Anlage, die im Regeljahr nun durchschnittlich rund 3 GWh Öko­ strom erzeugen kann.

Technische Daten • Ausbauwassermenge: 2,5 m3/s

• Getriebe: Stirnrad

• Bruttofallhöhe: ca. 24,5 m

• Übersetzung: 1:3,46

• Nettofallhöhe: ca. 21,5 m

• Generator: Synchron

• Druckleitung: ca. 800 m

• Drehzahl: 1.000 U/min

• Material: Guss

• Frequenz: 50 Hz

• Ø: DN1280

• Spannung: 400 V

• Turbine: Durchström-Turbine

• Leistungsfaktor: 0.9

• Drehzahl: 289 U/min

• Kühlung: Luft

• Engpassleistung: 443 kW

• Nennscheinleistung: 455 kVA

• Hersteller: Ossberger

• Jahresarbeit/Regeljahr: 3 GWh

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Bauleiter und Polier der Fa. Fröschl, Franz Fröschl (Fröschl), Petra Mussmann (Ragg), Eva-Maria Posch (Bgm. Stadt Hall), Max Kloger (Tiroler Rohre) und Artur Egger (Hall AG)

REGIONALE PARTNER UND PRODUKTE ALS GELEBTE NACHHALTIGKEIT Die neue Hauptwasserleitung entlang der Salzbergstraße in Hall in Tirol sorgt als perfektes Beispiel für die Vorteile eines eingespielten regionalen Wirtschaftskreislaufes für Aufsehen: Die Stadt Hall mit dem kommunalen Dienstleister Hall AG setzen bei dem Infrastrukturprojekt auf höchste Qualität, beginnend beim wiederverwerteten Rohstoff (Ragg GmbH), über die Produktion (Tiroler Rohre GmbH) bis zur Installation (Fröschl AG & Co KG). Ein von Respekt geprägtes Vertrauensverhältnis mit der Zielsetzung, den Bürgerinnen und Bürgern das sauberste Wasser vom Bettelwurf bis in die Haushalte zu liefern.

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3 MIO. EURO INVESTITION IN DIE INFRASTRUKTUR Nachdem bereits im Vorjahr der Trinkwasser-Hochbehälter fertiggestellt wurde, folgt in diesem Jahr die Erneuerung der Hauptwasserleitung. Dazu der technische Vorstand der Hall AG, Artur Egger: „Wir erneuern die

Einbau der neuen Leitung auf der Salzbergstraße. Die Baustelle wird jedes Wochenende geschlossen, um Verkehrsbehinderungen zu minimieren.

Leitung DN 300 von Absam bis zum Hötzendorfplatz nach Hall. Darüber hinaus investieren wir allein 2020 über drei Millionen Euro in die Infrastruktur der Region in den Bereichen Strom, Wärme, Wasser, IT sowie Immobilien.“

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okale Unternehmen bei einer Investition wie in die neue Hauptwasserleitung einzubeziehen entspricht für Halls Bürgermeisterin Eva Maria Posch den Grundsätzen für nachhaltiges und regionales Wirtschaften: „Die Stadt Hall in Tirol ist ein Zentrum mit einem umfassenden Angebot an Dienstleistungen und Produkten, welches seinesgleichen sucht. Das reicht vom berühmten Branchenmix im Einzelhandel bis zu den mittelständischen Unternehmen, welche am Weltmarkt erfolgreich zu bestehen wissen. Im Fall dieses Bauprojektes zeigt sich, über welchen Vorteil wir uns im Bereich der Infrastruktur und der Versorgung – dank der hohen Qualität der ausführenden Betriebe aus der Region – freuen dürfen. Der Wirtschaftskreislauf beginnt hier bei der Wiederverwertung von Reststoffen, geht weiter über die Verarbeitung bis zur Installation und endet in der Sicherung der besten Trinkwasserqualität, was letztendlich dem Versorgungsauftrag der Hall AG und der Stadt Hall entspricht.“ August 2020

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Gerade in der aktuellen Situation ist das ein sehr guter Grund, sich auf regionale Partner verlassen zu können.“

Der Einbau der Rohre funktioniert dank des einfachen Verbindungssystems problemlos.

BESTES MATERIAL FÜR TRINKWASSERLEITUNG Bei der Wahl des optimalen Rohrmaterials für die Trinkwasserleitung entschieden sich die Verantwortlichen für duktile Gussrohre des Haller Traditionsherstellers Tiroler Rohre GmbH. Bedingt durch ihre lange Lebensdauer stellen sie nicht nur eine wirtschaftliche, sondern vor allem auch eine nachhaltige

Lösung dar, wie Max Kloger, Geschäftsführer Tiroler Rohre GmbH, bestätigt: „Nachhaltigkeit hat für die Tiroler Rohre GmbH seit jeher einen besonderen Stellenwert. Kurze Wege bei der Beschaffung recycelter Grundstoffe bilden die Basis. Der Einsatz in der Umgebung zum Produktionsort reduziert den ökologischen Fußabdruck weiter.

STOLZ AUF BETEILIGUNG Die Partner kommen aus der Region und freuen sich entsprechend, ein so wichtiges Infrastrukturprojekt vor der Haustür für die Bevölkerung von Hall zusammen umsetzen zu können. Franz Fröschl, Geschäftsführer der mit der Installation betrauten Fröschl AG & Co KG sagt: „Als Haller Bauunternehmen sind wir besonders stolz, dass wir einen wesentlichen Beitrag zur Erneuerung der Wasserleitungen leisten können und damit den Wasserbedarf von 15.000 Menschen sowie zahlreicher Betriebe in Hall für die nächsten Jahrzehnte zu sichern.“ Ähnlich sieht das auch Petra Mussmann, Geschäftsführerin der RAGG GmbH, die sich den Auftrag für Wiederverwertung des Rohstoff sichern konnte: „Wir sehen uns als wichtiges Bindeglied in diesem Ablauf, indem wir die Voraussetzungen für Wiederverwertung und neue Produktion schaffen. Das Sammeln, Aufbereiten und Bereitstellen vorwiegend metallischer Altstoffe ist aber nicht nur die wirtschaftliche Säule des Unternehmens, sondern auch eine verantwortungsvolle Verpflichtung gegenüber Mensch und Umwelt.“

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Das Team von Rittmeyer Wien lieferte für die beiden Drau-Kraftwerke Annabrücke und Edling sämtliche Schaltanlagen.

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Grafik: pixabay / Gerald Altmann

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DIGITALISIERUNG ÜBERNIMMT ZENTRALE ROLLE IN DER WASSERKRAFTNUTZUNG Die Architektur der kontinentaleuropäischen Energieinfrastruktur wurde vor Jahrzehnten entworfen und weiterentwickelt – und hat sich durchaus bewährt. Im Wesentlichen waren thermische Kraftwerke, assistiert von Kernenergie und Wasserkraft die tragenden Säulen des Systems. Aber mit der laufenden Abkehr von fossilen Energieträgern ist ein Wandel in Gang gekommen, der eine Neuauslegung des gesamten Systems erfordert. Gemäß den Zielen des European Green Deals, der eine vollständige Klimaneutralität der EU bis zum Jahr 2050 anpeilt, wird eine neue Systemarchitektur zu errichten sein. Thermische Kraftwerke werden mittelfristig auf ein Minimum reduziert und deren Erzeugungskapazitäten im Wesentlichen durch Wind- und Solar-­ Kraftwerke ersetzt. Dies wird aber zweifellos hohe Herausforderungen im Hinblick auf die Stabilisierung der Netze mit sich bringen, die den starken Schwankungen dieser volatilen Energieressourcen ausgesetzt sind. Dafür braucht es neue Technologien. Und genau an diesem Punkt wird aller Voraussicht nach die älteste Form der erneuerbaren Energien ins Spiel kommen: die Wasserkraft, die wie keine andere Energieform für den erforderlichen Ausgleich im Netz sorgen kann. Aber dafür wird auch eine ganze Reihe an Anpassungen und technischen Innovationen umzusetzen sein. Um die Wasserkraft für diese anspruchsvolle Aufgabe zukunftsfit und bereit zu machen, hat sich im Rahmen der European Energy Research Agency (EERA) ein hochkarätiges Forschungsnetzwerk zusammengeschlossen, das sehr umfassend über ganz Europa verteilt die aktuellen Forschungsagenden vorantreibt. Der Koordinator im so wichtigen Sub-Programme „Digitalisierung“ ist gerade in Österreich sehr gut bekannt: Dr. Eduard Doujak von der TU Wien, der sich für ein garantiert Virus-geschütztes Interview per Skype mit zek HYDRO Zeit nahm. zek: Herr Dr. Doujak, vor einigen Monaten wurde das renommierte Energie-Forschungsnetzwerk der European Energy Research Agency, kurz EERA, um das Joint Programme Hydropower erweitert. Können Sie kurz umreißen, wie es dazu kam und welche Ziele damit verfolgt werden? Doujak: Das ist vor allem den Initiatoren der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) zu verdanken, die sich für die Aufnahme in das Netzwerk eingesetzt hatten. Wie einige andere Universitäten auch, wurde aus diesem Grund die TU Wien angefragt. Wir fanden, dass der Zusammenschluss eine gute Idee ist und interessante Perspektiven bietet. Daher sind wir heute auch Teil der EERA. Generell verfolgt dieses Forschungsnetzwerk das Ziel, die Transformation des europäischen Energiesystems für

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eine klimaneutrale Gesellschaft bis zum Jahr 2050 voranzutreiben. In diesem Dachverband sind rund 50.000 europäische Forscher vernetzt, die in unterschiedlichsten Bereichen aktiv sind.

JP HYDROPOWER – ein neues Teilnetzwerk innerhalb der EERA Das Joint Research Programme Hydropower stellt eines von insgesamt 17 Forschungs-Hauptprogrammen im Rahmen des EERA-Netzwerks dar. Seine Zielsetzung lautet, der Wasserkraft eine neue Schlüsselrolle beim Umbau des erneuerbaren Energiesystems Europas zu ermöglichen. Zu diesem Zweck sollen die einschlägigen Forschungsaktivitäten gebündelt und auf das gemeinsame Ziel orientiert werden. Geleitet wird das Joint Programme von Ole Gunnar Dahlhaug Professor an der Norwegian University of Science and Technology (NTNU).

zek: Wer kann heute in diesem Netzwerk Mitglied werden? Doujak: Es ist ein Forschungsnetzwerk, in dem nur Universitäten und Forschungseinrichtungen Mitglieder werden können. Die 6 Sub-Programmes von JP HYDROPOWER SP1 Hydroelectric Units: Elektromaschinelle Komponenten eines Wasserkraftwerks n SP2 Hydropower structures: Sämtliche physischen, baulichen Teile eines Wasserkraftwerks n SP3 Grid, System Integration and Markets: Netz, Systemintegration und Märkte n SP4 Water resources, environmental impacts and climate adaptation: Umweltrelevanter Themenkreis n SP5 Social acceptance, engagement and policy: Sozio-ökonomische Perspektiven n SP6 Digitalization: Digitale Transformation in der Wasserkraft n

Homepage: www.eera-hydropower.eu

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Foto: pixabay / liggraphy

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zek: Kommen wir zur Wasserkraft: Wie ist das Joint Programme Wasserkraft mit seinen 6 Sub-Programmes strukturiert und organisiert? Doujak: Das ist sehr einfach: Jedes der sechs Sub-Programmes wird von einem Koordinator plus dessen Vertreter geleitet. Zusammen mit dem Joint Pogram-Koordinator sind es letztlich gerade 15 Personen, die das Management Board bilden und sich einmal im Monat zu einem virtuellen Treffen einfinden. Sie sitzen verteilt über ganz Europa. zek: Einer der Sub-Programme-Koordinatoren sind Sie – zuständig für den Bereich Digitalisierung. Was versteht man eigentlich im Bereich Wasserkraft genau darunter? Doujak: Gar keine so einfache Frage, weil Digitalisierung heute ein Schlagwort geworden ist, unter dem sehr vieles subsummiert wird. Daher haben wir klare Definitionen vorgenommen: Zuerst einmal haben wir den Begriff für die Maschinenebene definiert. Es betrifft vor allem den Bereich Sensorik, Datenauswertung, Maintenance und diverse Metatrends. Eine Ebene darüber zielt die Definition auf die gesamte Anlage ab – dabei geht es um die Kraftwerksoptimierung. Und eine weitere Ebene darüber erreiche ich das Systemlevel: Dabei geht es um Fragen, wie ganze Kraftwerksketten für das Netz optimiert werden können. Zusätzlich wird der Begriff Digitalisierung auch für Umweltfragen relevant: Dabei spielen digitale Rechenmodelle auch bei Umwelteinflüssen und äußeren Randbedingungen, wie etwa beim Geschiebetransport, eine immer größere Rol-

le. Heute gibt es Monitoringsysteme, die den Geschiebeweg durch den Stauraum erfassen. In neuen Modellen wird dies heute mit Niederschlägen verknüpft, um die Verfrachtung der Sedimente genau prognostizieren zu können. Abgerundet wird das breite Feld der Digitalisierung durch den sozialen Bereich, in dem der Fokus auf den gesamten Arbeitsablauf im Betrieb gerichtet wird. zek: Wo liegen die Schwerpunkte im Bereich der Maschinenebene? Doujak: Nach wie vor geht es dabei sehr viel um die Sensorik: Welche Sensoren kann ich wofür verwenden? Was wird benötigt, um Schädigungsmechanismen auflösen zu können? Wir haben in diese Forschungen viel Zeit und Rechenstunden investiert. Für die Untersuchungen von transienten Betriebsbereichen, wie zum Beispiel der Wirbelzopfbildung im Teillastbereich, dem Start-Stopp einer Maschine oder dem Lastabwurf, beliefen sich diese in den letzten zwei Jahren auf rund 2 Millionen CPU-Stunden. Diese Ergebnisse sollen im Detail übrigens an der Viennahydro im Herbst vorgestellt werden. zek: Bezogen auf die CFD Rechnungen klingt das danach, als ob immer noch befürchtet wird, dass die anfallenden Datenmengen nicht mehr handhabbar seien? Doujak: Natürlich, große Datenmengen sind oft vor Ort nicht mehr speicherbar. Man muss sich schon im Vorfeld überlegen, welche Erkenntnisse man gewinnen will und danach die Parameter für das sogenannte Post-Processing abspeichern. Man kann unmöglich alle

Parameter abspeichern, weil dies die Festplattenkapazität sprengen würde. zek: Spielt in diesem Zusammenhang das Thema High Performance Computing HPC und künstliche Intelligenz KI eine Rolle? Doujak: Ja durchaus, wobei man hier auch differenzieren muss: HPC kommt sowohl im Bereich der numerischen Simulation (CFD) als auch bei der Verarbeitung von vielen Sensordaten zur Anwendung. KI kommt mehr oder weniger bei der Sensordatenverarbeitung und der Interpretation zur Anwendung. Bei numerischen Simulationen kommt man heute ohne HPC kaum mehr aus, und in der Zukunft wird man im Bereich der Sensordatenverarbeitung wohl an dieser Technologie auch nicht vorbeikommen. Dabei geht es um die parallele Messdatenverarbeitung unter realen Bedingungen – also live. Das Thema KI ist auf Maschinenebene – Stichwort Machine Learning ML – derzeit ein Thema. Es kann natürlich sein, dass wir in weiterer Zukunft auch bei der numerischen Simulation über KI nachdenken, aber da sind wir – glaube ich – noch sehr weit weg. zek: Auch das Stichwort vom „Digitalen Zwilling“ ist sehr präsent. Wo findet es in der Wasserkraft seinen Niederschlag? Doujak: Auch beim digitalen Zwilling sollte man klar definieren, was darunter zu verstehen ist und was man damit eigentlich anfangen möchte. Wie wir es auf industrieller Ebene verstehen, stellt er ein virtuelles Abbild des Realen in 3D-Form dar, das man mitunter heute auch schon mittels VR-Brille besichtigen

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Für den flexiblen Einsatz im Rahmen der Netzstabilisierung werden robustere Maschinendesigns gefragt sein.

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Grafik: pixabay / Stux

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Das Maschinenhaus fügt sich nicht nur aufgrund der geschmackvollen Optik bestens in das Naherholungs- und Wohngebiet im Zentrum von Gravellona Toce am Lago Maggiore ein, sondern auch aufgrund der getroffenen Lärmschutzmaßnahmen, wodurch vom Kraftwerksbetrieb kaum etwas nach außen dringt.

kann. Auf universitärer Ebene betrachtet, wird die Technik des Digitalen Zwillings so definiert, dass man damit eine Kopplung der virtuellen und der realen Welt ermöglicht. Auf diese Weise lassen sich Probleme verstehen und vermeiden, bevor sie überhaupt auftreten. Man kann neue Betriebsvarianten in Simulationen testen und optimierte Prozesse gegebenenfalls wieder auf die reale Anlage rückübertragen. Das Thema ist in der Wasserkraft angekommen, und bildet ein weitreichendes Potential für die Zukunft. So greifen zum Beispiel Hersteller bereits heute in Fertigungsprozessen vermehrt auf diese Technologie zurück. zek: In einen größeren Zusammenhang gestellt: Was kommt auf die Wasserkraft zu? Doujak: Genau kann Ihnen diese Frage wohl niemand seriös beantworten. Aber meiner persönlichen Einschätzung nach wird die Wasserkraft in Richtung Netzstabilisierung rücken, um auch weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können. Das trifft vor allem auf unsere Breiten zu. Global gesehen muss der Einsatzbereich wohl breiter gefasst werden. So soll im Rahmen eines Horizon 2020 Forschungsprojektes in Zentralasien eine Demonstrations- und Forschungsanlage errichtet werden, die ein Bündel an Aufgaben übernehmen soll: Von der Bewässerung,

Foto: Doujak / TU Wien

Dr. Eduard Doujak von der TU Wien ist Koordinator des Sub-Programms Digitalisierung im JP Hydro der EERA.

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über den Hochwasserschutz, Geschiebemanagement bis hin zur Stromproduktion und Netzstabilisierung – also ein sehr breites Aufgabenfeld unter modernsten Gesichtspunkten. zek: Wenn es in Richtung Netzstabilisierung geht, was bedeutet das in weiterer Folge für die Kraftwerksbetreiber? Doujak: Maschinentechnisch bedeutet das natürlich eine Erhöhung der Flexibilisierung. Das heißt, es wird der gesamte Betriebsbereich freigegeben. Und das bleibt nicht ohne Folgen. Wir haben für diese Fragestellung eine Maschine untersucht, unterschiedliche Lastkollektive durchgerechnet und uns angesehen, was passiert, wenn sich die Betriebsweise derart ändert: In diesem konkreten Fall stellte es sich so dar, dass die Maschine um den Faktor 6 schneller altert, wenn sie derart flexibel am Netz arbeitet. Allerdings muss man betonen, dass dies keine allgemeine Aussage ist und wir mit diesen Untersuchungen eher noch am Anfang stehen. Um eine generelle Aussage treffen zu können, bedarf es noch weiterer Untersuchungen an unterschiedlichen Maschinentypen. zek: Was bräuchte es, um die Maschinen dafür betriebsbereit und zukunftsfit zu machen? Doujak: Es braucht Veränderungen am Maschinendesign, die Turbinen müssten robuster werden. Das passiert heute bereits in den jüngst gebauten Pumpspeicherkraftwerken. Die Schaufeln wurden in dem Fall dicker, die Querschnitte steifer. Das Problem dabei: Man verliert an Wirkungsgrad. Schaut man sich ältere Anlagen an, stellt sich die Frage: Wo kann der Hebel angesetzt werden? Und wie kann ich die Anlage weiterhin wirtschaftlich betreiben? Das ist die essentielle Frage: Wenn ein Betreiber weiß, dass bei dieser Betriebsweise die Anlage um x-Jahre schneller kaputt geht, kann er dies dem Erlös gegenüberstellen. Wenn er dieses x aber nicht kennt, wo setzt er dann an? Woher weiß er, dass er am Ende des Tages noch profitabel sein wird? Das heißt, es bedarf umfangreicher Untersuchungen, um darauf seriöse Antworten liefern zu können. Da liegt noch viel Arbeit vor uns. zek: Wo sehen Sie die Vorteile, dass die Wasserkraftforschung in der EERA miteingebunden ist? Doujak: Die Hauptintention liegt darin, gesamtheitliche Lösungen zu entwickeln. Dafür ist es sicher ein Vorteil, dass man heute gemeinsame Projekte für die Zukunft plant. Es geht auch darum, die Wasserkraft in einen breiteren Konnex zu betten. Deshalb versuchen wir auch eine Art von transversaler Forschung zwischen den einzelnen Joint Programmes in die Wege zu leiten. Gerade im Bereich Digitalisierung können auch sehr unterschiedliche Bereiche voneinander stark profitieren. Daher glaube ich, dass wir uns gerade in einer sehr spannenden Phase befinden. zek: Herr Dr. Doujak, vielen Dank für das Gespräch!

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Fotos: VERBUND

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Die Live-Demonstration im steirischen Pilotkraftwerk Rabenstein ist europaweit einzigartig. Der VERBUND präsentiert gemeinsam mit der europäischen Kraftwerks-Vereinigung, mit der Technischen Universität Graz sowie mit Technologiepartnern erstmals die Zukunft der Stromerzeugung in einem „digitalisierten Wasserkraftwerk 4.0“.

WASSERKRAFTWERK 4.0 – DENKBAR IST MACHBAR Im steirischen Rabenstein erprobt VERBUND das Wasserkraftwerk der Zukunft. Auf dem Prüfstand stehen u. a. Tauchroboter, smarte Datenbrillen, digitale Zwillinge und das Instandhaltungskonzept der Zukunft, Predictive Maintenance.

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er in Frohnleiten nahe Graz den Blick vom Felsen auf die Mur schweifen lässt, könnte sich auf einer Zeitreise vom Mittelalter ins dritte Jahrtausend wähnen. Während auf einem Hügel die im 12. Jahrhundert entstandene Burg Rabenstein thront, wird ein Stück weiter unten am Fluss ein Tauchroboter zu Wasser gelassen, um zentimetergenau das Laufrad der rund hundert Tonnen schweren Rohrturbine

des Wasserkraftwerks anzusteuern. Die Anomalie-Detektoren hatten zuvor aufgrund der Sensordaten aus dem Maschinensatz Alarm geschlagen. Im digitalen Zwilling wurde eine massive Lebensdauerverkürzung essentieller Teile erkennbar. Die Betriebsingenieure reagieren unmittelbar und stellen die Turbine für eine Schnellinspektion ab. Währenddessen wird mit dem Echtzeit-3D-Sonar, das für Menschen gefährliche Tauchgänge im eis-

Verbund-Vorstandsmitglied Achim Kaspar zum Thema: „Mit dem ,Digitalen Kraftwerk‘ richten wir unsere Wasserkraft neu aus, um für die zukünftigen Herausforderungen und auch für die Anforderungen der Energiewende gerüstet zu sein. Unser Ziel ist es, alle für die Wasserkraft denkbaren Möglichkeiten von digitalen Anwendungen zu evaluieren, die aussichtsreichsten Technologien in unserem Pilotkraftwerk Rabenstein intensiv zu testen und danach erfolgreich zu implementieren. Dabei setzen wir auf Entwicklungspartnerschaften mit der Industrie und internationale Kooperationen.“

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kalten Wasser übernimmt, der Einlaufbereich der Maschinen kontrolliert. Das Sonar stört das trübe Wasser nicht, weil es akustische Signale aussendet und im Unterschied zu Tauchern bei jeder Wassertrübung noch sieht. Ein Ausblick auf die Arbeitswelt der Zukunft in Wasserkraftwerke. DIGITAL INTELLIGENT Was futuristisch klingt, ist zunehmend gelebte Realität im steirischen VERBUND-Murkraftwerk Rabenstein. 1987 ging das Laufkraftwerk in Betrieb, ab 2018 wurde es zu einem europaweit einzigartigen Schauplatz digitaler Technologien. „Unser Ziel ist, alle für die Wasserkraft denkbaren Möglichkeiten von digitalen Anwendungen zu evaluieren, die aussichtsreichsten Technologien in unserem Pilotkraftwerk intensiv zu testen und danach erfolgreich gesamt bei Verbund zu implementieren“, erklärt Achim Kaspar, im VERBUND-Vorstand für Digitalisierung und Erzeugung zuständig. In Rabenstein testen Projektleiter Bernd Hollauf und sein Team mit intensiver Unterstützung der Betriebsmannschaft ein dutzend Anwendungen, die Automatisierung August 2020

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Foto: CKW

Im Rahmen des Pilotprojektes „Digitales Kraftwerk“ werden die Ideen zur Digitalisierung am echten Kraftwerk Rabenstein getestet und weiterentwickelt. Dabei wird eruiert, inwieweit die erarbeiteten Möglichkeiten auf andere Kraftwerke übertragbar sind.

VORAUSSCHAUEND EFFIZIENT Soll beispielsweise ein Maschinen-Störfall vorhergesagt werden, werden intelligente, teils akustische Überwachungssysteme mit künstlicher Intelligenz eingesetzt, um die Datenbasis für Modelle zur Detektion und Prognose von Anomalien zu liefern. Digitale Zwillinge errechnen mit Hilfe der Sensordaten in Echtzeit-Simulationen nicht nur die Restlebensdauer von wichtigen Maschinenteilen, sondern untersuchen ebenso alternative Betriebsweisen und deren Auswirkungen. Das Schlagwort in diesem Zusammenhang heißt Predictive Maintenance, das Instandhaltungskonzept für die Industrie der Zukunft. Was reaktive Verfahrensweisen (gehandelt wird erst, wenn ein Störfall bereits eingetreten ist) und präventive Instandhaltung (vorbeugende Maßnahmen nach starren periodischen Plänen) nicht leisten können, soll dank Predictive Maintenance gelingen: Das Vorhersagen von Mängeln, um proaktiv Aktionen zu setzen, die Schadensfälle vermeiden bzw. Anlagenleistungen optimieren. Im Kraftwerk bietet sich das Konzept insbesondere beim Generator und der Turbine an, die als Herzstück der Stromerzeugung zuverlässig und pausenlos laufen

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sollen, da jeder Stillstand oder Schaden einen massiven Erzeugungsverlust bewirken kann. Ein innovatives, mit künstlicher Intelligenz gekoppeltes Kamera-Inspektionssystem erlaubt etwa die rechtzeitige Erkennung negativer Veränderungen im Generator. PROAKTIV PRODUKTIV Die Vorteile von Predictive Maintenance liegen auf der Hand. Der ideale Zeitpunkt für Instandhaltung und Wartung wird planbar, bevor noch das Problem entsteht. Das bringt nicht nur Effizienz beim Einsatz von Service arbeitern und beim Ersatzteilemanagement, sondern spart vor allem Kosten, die durch Ertragausfall bei Maschinenstillstand entstehen. Zudem lässt sich mit der vorausschauenden Instandhaltung die Performance von Maschinen verbessern und ihre Lebensdauer verlängern. Ein weiterer wesentlicher Pluspunkt:

Ändert sich die Betriebsweise eines Kraftwerks, können die Beanspruchungen der Komponenten in den digitalen Zwilling eingespeist werden, um vorab die Auswirkungen auf die Bauteile zu berechnen. Anlagen werden somit transparenter und mit der Abnahme von Kraftwerksausfällen steigt die Versorgungssicherheit. Ist ein Störfall dennoch nicht zu vermeiden, können mobile Assistenzsysteme alle für die Reparatur erforderlichen Informationen in Echtzeit an jedem Ort im Kraftwerk bereitstellen. Getestet wird in diesem Zusammenhang in Rabenstein neben dem Einsatz von Tablets oder Smartphones auch jener der Datenbrille. Insgesamt verspricht man sich eine völlig neue Art der Störungsbehebung, wenn die Kraftwerker dank ihrer mobilen Endgeräte Zugriff auf sämtliche Daten eines Anlageteils erhalten, sich online von Kollegen Unterstützung holen

Foto: CKW

und intelligente Datenverarbeitung miteinander vereinen. Das Ziel von VERBUND und somit sein Auftrag ist klar und herausfordernd, es sind die erfolgversprechendsten Technologien im Pilotkraftwerk auf den Prüfstand zu stellen und auf Herz und Nieren zu prüfen. Dabei reicht die Bandbreite der Technologien von intelligenten Sensorik-Konzepten, Prognosemodellen, digitalen Zwillingen, mobilen Assistenzsystemen und neuartigen autonomen Vermessungs- und Inspektionskonzepten bis hin zu vernetzten Plattformlösungen.

Der Tauchroboter hat unbegrenzt Luft und ein präzises Scanner-Auge. Das sogenannte „remotedly operation vehicle“ übernimmt die für Menschen zum Teil gefährlichen Tauchgänge im eiskalten Wasser.

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Technische Daten KW-Rabenstein • Kraftwerkstyp: Laufkraftwerk • Turbinen: 2 Kaplan Rohrturbinen, horizontal verbaut • Jahresproduktion: 65.981 MWh • Fischwanderhilfe: 200 m • Inbetriebnahme: 1987

Die Datenbrille hat Potenzial bei der interaktiven Störungsbehebung.

und vor Ort papierlos dokumentieren können. Ob schlussendlich die Datenbrille oder doch ein Tablet das Technologie-Rennen für sich entscheidet, ist derzeit noch offen. HYDROPOWER 4.0 Gesetzt wird im Pilotkraftwerk auf Entwicklungspartnerschaften mit der Industrie und internationale Kooperationen mit Herstellern und Forschungseinrichtungen. Was in Rabenstein vorangetrieben wird, schreibt sich dabei in ein weit gefasstes Automatisierungs- und Digitalisierungsportfolio von VERBUND ein, der diesbezüglich europaweit zu den Bran-

chenvorreitern gehört. Das dokumentieren schon heute u.a. die zentrale Betriebsdatenerfassung, die Fernsteuerung aller 131 Kraftwerke oder die automatisierte Zustandsüberwachung der elektrischen und mechanischen Hauptkomponenten und Optimierung des Maschinen-Einsatzes. Auch die durchgehende Onlineüberwachung der Talsperren, teils über mobile Devices, die digitale Datenerfassung der Vermessung und Hydrographie sowie die SAP-unterstützte Instandhaltungsplanung und -durchführung gehören bei VERBUND zum etablierten Alltag. Für den nächsten Schritt in Richtung „Gläsernes Wasserkraft

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werk“ wurde bereits 2018 ein millionenschweres Digitalisierungspaket initiiert. Die Ziele lauten, Prozesse von Betrieb und Instandhaltung zu vereinheitlichen, digital abzubilden und so die Arbeit in den Kraftwerken ohne Medienbrüche einfacher zu gestalten (Stichwort: Digital Workforce Management) sowie die schrittweise Umsetzung des digitalen Kraftwerks à la Rabenstein an weiteren Standorten von VERBUND. „Die Wasserkraft ist eine technisch sehr ausgereifte Technologie, aber wir sehen, sie hat noch Potential für mehr. Mit dem digitalen Kraftwerk richten wir in diesem Sinne unsere Wasserkraft neu aus, um für die zukünftigen Herausforderungen und auch Anforderungen der Energiewende gerüstet zu sein“, bringt es Achim Kaspar auf den Punkt. Die Digitalisierung dient dabei als Werkzeug, das Arbeit erleichtern und effizienter gestalten soll. Experten mit handwerklichen und planerischen Fachkenntnissen sind auch künftig unentbehrlich. Dieser Bedarf scheint – mit Blick auf die Felsenburg – zeitlos zu sein.

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Foto: zek

Spatenstich für das jüngste Kraftwerk im Kanton Uri am Palanggenbach: Herbert Brandstätter, Philipp Zurfluh, Hanspeter Bonetti, Werner Jauch, Bernhard Furrer, Eric Wagner, Kurt Schuler, Anton Stadelmann (v.l.)

STARTSCHUSS FÜR DIE BAUARBEITEN AM NEUESTEN KLEINKRAFTWERK IM KANTON URI Unter Einhaltung aller Corona-Schutzmaßnahmen und bei besten äußeren Bedingungen wurde am 9. Juli der Spatenstich für das neue Kraftwerk Palanggenbach in der Urner Gemeinde Seedorf gefeiert. Eine überschaubare Gruppe, bestehend aus Vertretern von Bauherrschaft und den beteiligten Bauunternehmen, hatte sich anlässlich des offiziellen Baustarts auf der Baustelle eingefunden. In den kommenden zwei Jahren soll ein baulich aufwändiges Kleinkraftwerk unter Federführung des EWA realisiert werden, das künftig im Jahr 11,5 Mio. Kilowattstunden sauberen Wasserkraftstrom liefern wird. Genug, um die gesamte Standortgemeinde Seedorf damit zu versorgen.

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ie wichtig lokale Produktion ist, sei sicher eine der Lehren aus der Corona-Krise gewesen, rief Werner Jauch, Verwaltungsratspräsident der KW Palanggenbach AG, den Anwesenden der Spatenstichfeier in Erinnerung und führte in seiner Rede weiter aus: „Die Pandemie hat uns innert sehr kurzer Zeit unsere internationalen Abhängigkeiten und Verletzlichkeit der Lieferketten vor Augen geführt. Es geht schnell, bis nicht mehr viel geht.“ Eine gesicherte Stromversorgung gilt somit als Trumpf in schwierigen Zeiten. Ein Trumpf, auf den es zu achten gilt, wie Werner Jauch weiter betonte. Selbstläufer sei die Wasserkraft keineswegs. Die tiefen Strompreise und neue, rasch wechselnde Regularien aus der Politik machen heute das Klima für neue Investitionen in Wasserkraftprojekte schwierig. Projekte, wie das neue Kraftwerk Palanggenbach, stellen

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somit auch eine große Herausforderung dar, der sich die vier Projektpartner aber gerne stellten. Werner Jauch: „Schön, dass in der Schweiz Unternehmen wie die aventron AG und EWA zusammen mit der öffentlichen Hand – der Korporation Uri und der Gemeinde Seedorf – weiterhin in die Wasserkraft investieren.“ Insgesamt nimmt die KW Palanggenbach AG 21 Millionen Franken für das neue Kraftwerk in die Hand. Es handelt sich um ein Partnerwerk, an dem die aventron AG, die Elektrizitätswerk AG und die Korporation Uri sowie die Gemeinde Seedorf beteiligt sind. FLÖSSER NUTZTEN EINST DEN WILDBACH Für die Standortgemeinde Seedorf nimmt der Palanggenbach, an dem das neue Kraftwerk errichtet wird, einen besonderen Stellenwert ein, wie Seedorfs Gemeinderatspräsident Toni Stadelmann in seiner Festansprache

betonte. Der Wildbach, der zugleich die natürliche Grenze zur Nachbargemeinde Attinghausen bildet, hatte in seiner Geschichte immer wieder mit Hochwasser und Murgängen Verwüstungen angerichtet – zuletzt im Jahr 1977. Doch er war auch ein Segen. Schließlich wurde seine Kraft, wie Toni Stadelmann erzählte, in der Vergangenheit bereits intensiv genutzt: und zwar für das Holzflößen. Zu diesem Zweck wurden die im Winter gefällten Baustämme zu 1-Meter-Stücken geschnitten und in Bachnähe aufgestapelt. Wenn im Frühling dann das Schmelzwasser kam, wurde das für die Bevölkerung so wichtige Brenn- und Nutzholz über den Palanggenbach nach Seedorf transportiert. Die Bezeichnung „Palanggen“ sei romanischen Ursprungs und habe Rundholz oder Prügel bedeutet, erklärte der Gemeindepräsident in seiner Rede.

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Visualisierung: EWA Foto: Glanzer

zielt werden konnte, lag im September 2018 schließlich die Konzessionserteilung vor. Wenig später wurde die KW Palanggenbach AG als Betriebsgesellschaft gegründet, die den finalen Bauentscheid im März dieses Jahres erhielt. Damit standen alle Ampeln auf Grün.

Bis Mitte 2023 soll das neue KW Palanggenbach fertiggestellt sein. Im Betrieb soll es jährlich etwa 11,5 GWh Strom erzeugen.

das Projekt bereits in den Jahren 2007/2008 im Rahmen unser groß angelegten Potenzialstudie angesehen. Doch aufgrund des geringeren Wasserdargebots konzentrierten wir uns zuvor auf größere Anlagen, wie das KW Bristen, KW Gurtnellen oder KW Schächen. 2009 haben wir dazu ein Vorprojekt ausgearbeitet und eingereicht. Es wurde aber auf Eis gelegt, nachdem wir es 2013 mit gewissen Modifikationen in das SNEE – das Schutz-Nutzungskonzept für Erneuerbare Energien – überführen konnten“, erinnert sich Werner Jauch. Nachdem mit den Umweltschutzorganisationen eine Einigung er-

Fotos: zek

SNEE ÜBERZEUGTE BEHÖRDEN Beim gegenständlichen Projekt handelt es sich um ein Laufwasserkraftwerk, für dessen Betrieb das Wasser im Ausmaß von bis zu 1,1 m3/s im Gitschital gefasst und über eine knapp 1.680 m lange, unterirdisch verlegte Druckrohrleitung zur Maschinenzentrale im Palanggental geführt wird. Dabei überwindet das Triebwasser eine natürliche Gefällestufe von 356 m. Auf diese Weise wird die 3 MW starke Anlage im Regeljahr rund 11,5 GWh Strom produzieren. Die Geschichte des Kraftwerksprojekts liegt über ein Jahrzehnt zurück. „Wir haben uns

ANSPRUCHSVOLLE BAULOGISTIK Der nun erfolgte Spatenstich markiert den Startschuss für Bauarbeiten, die für die Beteiligten durchaus Herausforderungen bereithalten. „Der Zentralenstandort bringt optimale Voraussetzungen mit. Er ist gut erschlossen und wir können Synergien mit dem benachbarten Steinbruch nutzen, wo das Ausbruchmaterial aufbereitet werden kann. Aber der Standort der Wasserfassung ist das Gegenteil, er befindet sich in einer sehr schwer zugänglichen Schlucht, deren Erschließung uns Kopfzerbrechen bereitet hat“, erklärt Werner Jauch. Für den Stollenbau wurden unterschiedliche Verlaufsvarianten geprüft, um sich letztlich für eine Variante mit etwas längerer Trasse zu entscheiden. Für die Wasserfassung im Gitschital wird ein Tirolerwehr installiert, dem ein Entsandungssystem vom Patent HSR angeschlossen wird. Die Herausforderung dabei liegt vor allem in der Baulogistik. Schließlich muss zuerst der Stollen errichtet werden, damit die Wasserfassung gebaut werden kann, was letztlich auch nur während der Niederwasserphase möglich ist. Erst danach kann die Druckrohrleitung durch den Stollen verlegt werden. Damit erklärt sich auch die relativ lange Bauzeit von gut zwei Jahren. Im August dieses Jahres wird nun mit den Sprengarbeiten für den Stollenbau begonnen. Zwei bis maximal drei Sprengungen pro Arbeitstag sind für den geplanten Vortrieb

Technische Daten • Typ: Laufwasserkraftwerk • Gewässer: Palanggenbach • Kote Fassung: 866 m ü.M. • Kote Zentrale: 510 m ü.M. • Ausbauwassermenge: 1,1 m3/s • Brutto-Fallhöhe: 356 m • Druckleitung: 1.678 m • Durchmesser: DN800 • Leistung: 3 MW • CO2-Ersparnis p.a.: 14.000 t • Regelarbeitsvermögen: 11,5 GWh • Wasserzinsen: 90.000 CHF

Die Vertreter der vier Stakeholder Werner Jauch, Verwaltungsratspräsident der neuen KW Palanggenbach AG, Bernhard Furrer, CFO der aventron AG, Kurt Schuler, Vizepräsident der Korporation Uri und Toni Stadelmann, Gemeindepräsident von Seedorf, bei ihren Festansprachen anlässlich der Spatenstichfeier am 9. Juli.

• Inbetriebnahme: 2023

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Visualisierung: EWA

Foto: zek

Projekte

Norbert Troyer, Werner Jauch und Manfred Moling (Troyer AG) genießen die kleine Spatenstichfeier bei Kaiserwetter in Seedorf am Vierwaldstättersee.

erforderlich. Bei günstigem Verlauf sollten diese Arbeiten Ende 2021 abgeschlossen sein. Dabei soll penibel darauf geachtet werden, dass die Sprengarbeiten möglichst erschütterungsarm erfolgen. Zu diesem Zweck werden an mehreren Standorten Messgeräte zur Überwachung aufgestellt. KOMPETENZ UND ERFAHRUNG GEFRAGT Dass ein Neuprojekt dieser Kategorie in der Schweiz alles andere als einfach zu realisieren ist, bestätigt auch der CFO des Hauptaktionärs Bernhard Furrer von der aventron AG. In seiner Festrede verwies er darauf, dass das Projekt für sein Unternehmen ein ganz besonderes sei: „Für uns schließt sich ein Kreis. Wir haben mit der Kleinwasserkraft begonnen und kommen hier zu unseren Wurzeln zurück.“ Den Weg dafür habe aber – so Furrer – die EWA geebnet, die durch ihre Kompetenz, ihre Hartnäckigkeit und ihr Stehvermögen das Projekt auf Schiene gebracht habe. Einmal mehr werden für das neue Kraftwerksprojekt sämtliche Planungs- und Ingenieurleistungen im Hause von EWA umgesetzt. Daher wird auch dieses Projekt die Hand-

Die Maschinenzentrale wird harmonisch in die Landschaft integriert.

schrift des erfahrenen Urner Wasserkraftentwicklers und -betreibers tragen. Speziell die konzessionsrechtlichen Belange, oder die Verhandlungen mit den Umweltverbänden brauchen neben Erfahrung und Kompetenz auch das nötige Fingerspitzengefühl. Nach seiner Inbetriebnahme wird das neue Kraftwerk in das Betriebsregime von EWA integriert. Damit wird nicht nur ein sicherer Kraftwerksbetrieb mit einer 24-Stunden-Überwachung in der Leitstelle garantiert, sondern darüber hinaus auch ein wirtschaftlicher Betrieb, der heute mehr denn je die Erfahrung von Profis benötigt. INBETRIEBNAHME IM JAHR 2023 Die Standortgemeinde Seedorf hat bereits Erfahrung mit modernen Wasserkraftprojekten. Nach den Anlagen KW Seedorf und KW Isenthal stellt das KW Palanggenbach bereits das dritte Kleinkraftprojekt dar, das gemeinsam mit EWA realisiert werden konnte. Nicht zuletzt aus diesem Grund kam im Rahmen der Spatenstichfeier auch der wichtige Effekt der regionalen Wertschöpfung zur Sprache. Immerhin bringt ein Kraftwerksprojekt dieser

Größenordnung einen wichtigen wirtschaftlichen Impuls in die Region: Am Bau werden 40 bis 50 Firmen beteiligt sein, ein Großteil davon aus dem Urnerland. Das bedeutet, dass gut 85 Prozent oder 18 Millionen Franken im Kanton verbleiben werden. Außerdem wird das Kraftwerk einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen generieren: Die Wasserzinsen zugunsten der Korporation Uri beziffert Verwaltungsratspräsident Werner Jauch mit rund 90.000 Franken im Jahr. Darüber hinaus wird es für Steuereinnahmen für den Kanton und die Standortgemeinde sorgen. Anfang oder Mitte 2023 wird das neue Kraftwerk voraussichtlich seinen Betrieb aufnehmen. Es wird im Jahr rund 11,5 Gigawattstunden Strom erzeugen. Genug um damit rund 2.600 Haushalte, oder eben die ganze Gemeinde Seedorf zu versorgen. „Wir sparen rund 14.000 Tonnen CO2 pro Jahr gegenüber einem Kohlekraftwerk ein und leisten somit einen wichtigen Beitrag an die Energiestrategie von Bund und Kanton“, ist Werner Jauch auch von der ökologischen Sinnhaftigkeit des Projektes überzeugt. Von nun an sind die Baumaschinen am Wort.

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GLOBAL Hydro Energy GmbH . 4085 Niederranna 41 . Austria . +43 7285 514 10 . info@global-hydro.eu 03.08.2020 09:41:35


AUGUST 2020

Verlagspostamt: 4820 Bad Ischl · P.b.b. „03Z035382 M“ – 18. Jahrgang

Fachmagazin für Wasserkraft

OPTIMALE R SERVICE FÜR IHR WASSERKRAFTWERK

ANDRITZ zählt zu den weltweit führenden Anbietern von elektromechanischen Ausrüstungen für Wasserkraftwerke. Einer der Schwerpunkte liegt in der Sanierung, Modernisierung und Optimierung bestehender Wasserkraftanlagen. Zu unseren Dienstleistungen zählen auch Ersatzteillieferungen, Inspektionen,

Reparaturen und Revisionen sowie Anlagenmessungen und Analysen. Mit dem von ANDRITZ entwickelten Monitoringservice DiOMera kann der Betrieb und die Wartung Ihrer Anlage optimiert werden. Maßgeschneiderte Lösungen können basierend auf hoher technischer

Kompetenz und langjähriger Erfahrung realisiert werden. Durch Modernisierungsmaßnahmen können signifikante Verbesserungen der Jahresproduktion und die ökologische Kompatibilität von langjährig im Einsatz befindlichen Kaplanturbinen bei möglichst geringem Eingriff in die bestehende Baustruktur erzielt werden.

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HYDRO

Schwerpunkt: Digitalisierung in der Wasserkraft Beschneiungs-Kraftwerk macht Skigebiet energieautark Forstbetrieb in Niederösterreich erneuert erfolgreich zwei Kraftwerke

ANDRITZ HYDRO GmbH ⁄ Escher-Wyss-Weg 1 / 88212 Ravensburg Tel: + 49 (751) 295 11-0 / www.andritz.com/hydro-de

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Neues Maschinentrio erhöht Eigenversorgung in nordkaukasischer Teilrepublik

14.07.2020 16:27:40

www.zek.at 03.08.2020 09:41:35 30.07.20 11:00


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