ZEIT Reiseträume Allgau

Page 1

KULTURSCHÄTZE

Historische Altstädte, Burgen, Klöster und Märchenschlösser

GIPFELSTÜRMER

Ob zu Fuß oder per Bike – das Allgäu ist ein Bewegungsparadies

BESSERMACHER

Wie Allgäuer mit smarten Ideen die natürlichen Ressourcen schonen

ZEIT Reiseträume

Natur pur im Allgäu

SPEZIAL/2024 Eine Sonderveröffentlichung des ZEIT Verlages

1

SIND

WIR NICHT ALLE ALLGÄUER?

FÜNF GRÜNDE FÜR DAS ALLGÄU

So titelten die Wissenschaftsjournale 2020, als Prof. Dr. Madeleine Böhme in der Tongrube Hammerschmiede bei Pforzen Überreste eines Menschenaffen fand, der auf den Namen Udo getauft wurde. Udo lebte vor 11,6 Millionen Jahren im Allgäu und ist der älteste bekannte Affe, der sich aufrecht auf zwei Beinen bewegte. Übrigens: Die Hammerschmiede zählt weltweit zu den reichsten fossilen WirbeltierFundstellen.

MARKE ALLGÄU

RADLERPARADIES

Das Allgäu ist im Süden Deutschlands die beliebteste Radreiseregion, bestätigt der ADFC. Zu verdanken ist dies dem Radfernweg Radrunde Allgäu, die das Tannheimer Tal (Tirol) durchquert, den Flussradwegen Illerradweg und Lechradweg, die die Alpen mit der Donau verbinden, dem Bodensee-Königsee-Radweg im Süden sowie den ausgezeichneten Radreiseregionen Schlosspark und Naturschutzkammern.

SONNENREICH

2

1.700 Stunden scheint durchschnittlich die Sonne im Allgäu. Beim Ranking der sonnenreichsten deutschen Plätze schneiden Allgäuer Orte besonders gut ab: 2020 erklärte der Deutsche Wetterdienst (DWD) Kaufbeuren zur sonnenreichsten Stadt Deutschlands, 2021 erneut und ergänzt durch Leutkirch. Auf Platz fünf und sechs landeten Lindenberg und Isny. Was sagt uns das? Im Allgäu scheint fast immer die Sonne. Beste Voraussetzungen also für einen erholsamen Urlaub.

3 4 5

Wo Allgäu draufsteht, ist auch Allgäu drin: Das garantieren Nachhaltigkeitskriterien, die je nach Branche angepasst werden. So müssen etwa die Allgäuer Käsereien neben Basiskriterien andere Zusatzkriterien erfüllen als die Allgäuer Bäcker oder Gastgeber. Über 800 Markenpartner leben die Werte der bekanntesten Regionalmarke Deutschlands.

NATÜRLICHE SEEN

Größter natürlicher See ist der Große Alpsee in Immenstadt. Durch seine West-Ost-Ausrichtung ist der See bei Seglern beliebt, Regatten sind hier Tradition. So kommt es, dass der Immenstädter Philipp Buhl in die Weltspitze der Segler aufsteigen konnte. Der See ist auch Teil des Allgäu-Triathlon, der Kultstatus hat.

Cover: Allgäu GmbH

IMPRESSUM

Herausgeber

Zeitverlag Gerd

Bucerius GmbH & Co. KG, HelmutSchmidt-Haus, Speersort 1, 20095 Hamburg

Director Editorial

Matthias Ehlert

Direktorin

Vermarktung

Nathalie Senden

Head of Tourism, Culture & Art

Sandra Lindemeier

Projektleitung

ZEIT REISEN

Bernd Loppow

Anke Poggensee

Artdirector

Céline Odermatt

Redaktion

Michael Angele

Ralph Gerstenberg

Bildredaktion

Iris Ströbel

Autoren dieser

Ausgabe

Matthias Eckoldt

Alexander Hosch

Herstellung

Jan Menssen

Lithografie

twentyfour Seven

Creative

Druck

appl druck

Mit Unterstützung

des Tourismusverbands Allgäu/ BayerischSchwaben e.V.

Herzliche Grüße aus

Wiesen, auf denen Kuhglocken läuten, all das findet man hier. Landschaft und Kultur gehen eine geradezu ideale Symbiose ein, die auch auf die Menschen abfärbt. Sie leben ihre Traditionen und Werte und sind zugleich aufgeschlossen für neue und bessere Wege.

2 Fünf gute Gründe

4 Wo alles echter ist

11 Aktiv unterwegs

12 Tipps für das Allgäu

14 Blut und Loden

16 Kulturschätze

19 Wussten Sie schon?

● Memmingen München Ulm ��96 ● Kempten ● Wangen ● Füssen ● Lindau ● Leutkirch ● Oberstdorf ● Oberstaufen BODENSEE ÖSTERREICH ● Bad Wörishofen ● Bad Hindelang ● Kaufbeuren ��7 dem Allgäu! Einer Region, so überreich an abwechslungsreichen Naturräumen und kulturellen Schätzen, dass
immer wieder
möchte.
und Radfahren,
man
hierher kommen
Zum Wandern
zum Staunen und Es-sich-gutgehen-lassen. Imposante Gipfel und Märchenschlösser, moderne Altstädte und satte
EDITORIAL & INHALT

WO ALLES ECHTER IST

Nachhaltigkeit ist hier keine leere Worthülse, sondern wird auf unterschiedliche Weise gelebt. Eine Reise zu Allgäuern, die in ihrem Metier Wegbereiter sind

Grün und satt sind die Wiesen. Wilder als anderswo gebärden sich die Flüsse. Stoisch steht das gehörnte Vieh. Und in schroffer Dramatik erheben sich darüber hochalpine Gipfel wie Nebelhorn und Hochvogel. Ist im glücklichen Allgäu alles echter, grüner, wahrer? Haben die Menschen zwischen Bad Wörishofen, Kempten, Oberstdorf und dem Bodensee eine engere Beziehung zu Pflanzen am Wegesrand und gesunden Alpkräutern, überhaupt zur Natur, als anderswo? Wir haben im Allgäu Menschen besucht, die uns vielleicht die Allgegenwart des ehrlichen Umgangs mit der Natur hier erklären können, weil sie diesen selbst verkörpern und an andere vermitteln.

Unser Trip beginnt bei Buchloe, dem „Tor zum Allgäu“. Gleichzeitig gehört die Gegend noch zur Metropolregion München. Eine junge blonde Frau öffnet die Tür bei Aronia Allgäu. Franziska Wörle vertritt hier, im Zweitberuf, den Hof ihres Vaters Wolfgang, der mit seiner Familie seit 2013 die schwarzen Apfelbeeren namens Aronia züchtet. Seither entdeckt er immer wieder mit Verve vergessene Feld- und Strauchfrüchte wie Hirse, Hanf und Waldstaudenroggen, um sie liebevoll fit für den Anbau von heute zu machen. Alles bei den Wörles ist zu 100 Prozent Bio, alles wird direkt vermarktet. Manches wie Perilla siedelten sie sogar komplett neu an, ein Experiment. „Wichtig ist, dass die Pflanzen gut für unsere Fruchtfolge, für Böden und Grundwasser sind – und dass sie gesund sind. Aroniabeeren haben etwa eine sehr hohe Konzentration an Polyphenolen, sie halten freie Radikale von den Körperzellen fern“, erklärt die 28-Jährige. „Superfoods eben!“ Wir sitzen in der guten Stube des Hofes nahe dem Dorf Honsolgen. Während ihr Vater auf 18 Hektar Landbau betreibt, kümmert sich Franziska Wörle ums Marketing, die sozialen Medien, die Website, Kontakte zu Läden, Märkten, Kunden sowie um das schöne Verpackungsdesign der Produkte, die sie gemeinsam mit anderen kleinen Manufakturen herstellen.

Eigentlich mögen die Wörles den Begriff Superfood aber gar nicht. Weil damit so oft exotische Lebensmittel angepriesen werden, die alles andere als regional, umweltschonend oder fair produziert werden. „Dabei gibt es doch genug Pflanzen mit Superkräften, die in unserem Klima wachsen“, meint Franziska. „Solche suchen wir, um sie neu zu denken!“ Mit dem unkomplizierten Buchweizen etwa, der vor Jahrhunderten als „Getreide für arme Leute“ schon mal hier heimisch war, haben sie genau das gemacht. Wolfgang Wörle, den man mit Fug und Recht Pionierlandwirt nennen kann, begeisterte der glutenfreie Buchweizen, „weil er den Boden so gut lockert und eine unheimliche Wasserhaltefähigkeit“ hat. In seiner Küche bietet er uns zum extramilden Aroniasaft die Hafer-Aronia-Buchweizen-Kekse an, die eine Inklusionswerkstatt in Kaufbeuren aus seiner Ernte produziert. Abgepackt in einer Tüte aus Zellglas, erdölfrei und zu 100 Prozent biologisch abbaubar.

Die Wörles sind Ausprobierer. Wolfgang und Franziska wirken als Superteam aus Forschergeist und jugendlicher Energie zusammen, das mit den komplexen Bedingungen für den BioLandbau voller Leidenschaft, Geduld und Ernsthaftigkeit umgeht. Sie kommunizieren offen, dass sie jedes Jahr noch dazulernen, wie ihre Gewächse immer besser und schmackhafter

Mehr als modisches Superfood: Franziska Wörle baut mit ihrem Vater Aroniabeeren an: „Es gibt genug Pflanzen mit Superkräften, die in unserem Klima wachsen“.

werden können. Aus dem Hauptprodukt Aroniabeeren entstehen in Koproduktion mit anderen Kleinbetrieben Direktsaft, Likör, Wein, ein naturvergorener Essig sowie Gelees, Aufstriche, dazu Pulver in Rohkostqualität fürs Müsli. Wie es auf dem Hof der Familie Wörle 2024 weitergeht? „Vielleicht säen wir auf unserem freien Testfeld diesmal Zichorien für Tierfutter aus. Und wir wollen erstmals eine Aroniaschorle anbieten, dazu wird bald eine App fertig sein, die Bestellungen besser mit den Auslieferungen rhythmisiert. Aber nur bis München, denn unser Bioangebot bleibt regional.“ Wer weiter weg lebt und es kennenlernen will, muss persönlich vorbeikommen. Lohnt sich!

5
ALLGÄU
Bild links: Allgäu GmbH/Matthias Wendling; rechts: Johanna Zach

Unser Weg führt nun rund 80 Kilometer Richtung Süden. Wir bewältigen die kurvenreichste Passage der Deutschen Alpenstraße direkt an den Allgäuer Hochalpen und landen am Ende in Bad Hindelang. Auf einem Modellhof in 900 Metern Höhenlage im Vorort Riedle begrüßt uns ein Naturbursche von 36 Jahren. Bergbauer Georg Rädler leitet in 11. Generation den Milchviehbetrieb seiner Familie. Die Tiere sind viel draußen, im warmen Halbjahr hoch droben. Rädler hat auf 1300 Meter noch einen Hof gepachtet, dazu besitzt er auf 2000 Meter eine weitere Alp – so heißen im Allgäu die Almen. Selbst war er schon mehr als 25 Sommer als Senner mit den Jungtieren oben in den Bergen. Er liebt dieses Leben in der Natur, seit er denken kann: „Es ist die schönste Kindheit der Welt“.

Gemeinsam gehen wir in seinen Stall, wo das Braun- und Grauvieh entspannt in breiten Boxen steht oder liegt. Wir dür-

Hier dürfen Kühe ihre mächtigen Hörner behalten: „Sie sind für den Orientierungssinn und das Wohlbefinden der Tiere wichtig“, weiß Georg Rädler.

fen die mächtigen Hörner einer Milchkuh anfassen. Ganz warm sind sie, von vielen Nerven- und Blutbahnen durchzogen. „Hörner sind für den Orientierungssinn und das Wohlbefinden der Tiere wichtig“, erklärt Rädler. In Bad Hindelang behalten 80 Prozent der Kühe sie, anderswo im Schnitt nur 20 Prozent. Wir besuchen auch ganz junge Kälber, die in einem separaten Stall untergebracht sind. „Alle Bauern hier bekennen sich dazu, den Bestand klein zu halten, denn nur so können die Rinder zu fast 100 Prozent mit Heu aus eigener Produktion gefüttert werden. Das ist ein wichtiges Prinzip.“ Anschließend zeigt mir Rädler diverse Heue in seinem Lager. „Da ist Spitzwegerich drin, das ist der zweite Schnitt. Da drüben ist der erste – und das Heu dahinten nehme ich als Einstreu.“ Alle Heuarten sind reich an Gräsern und Kräutern, die Heumilch ist sein wichtigstes Produkt. Außerdem verkauft er Fleisch, Bergkäse, Apfelsaft.

6
ALLGÄU

Bild links: Hindelang –Natur und Kultur; Bilder rechts: Alpinium

Georg Rädler ist auch der Erste Vorsitzender des Vereins für Landschaftserhaltung Hindelang – Kultur und Natur. Gemeinsam sind sie Pioniere und propagieren seit 30 Jahren ein einzigartiges Ökomodell: „Bis auf kleine Schafzüchter sind alle 60 Bauernhöfe unserer Kommune dabei. Die Landwirte verpflichten sich, auf Kunstdünger und chemischen Pflanzenschutz zu verzichten – 20 sind sogar zertifizierte Biobetriebe.“ Wiesen werden nach strengen Regeln gemäht, um die Biodiversität zu begünstigen. Das reicht bis zur traditionellen Handarbeit per Sense. Diese Technik schützt Pflanzen- und Tierarten, die in den Wiesen leben. Einen Teil ihres Einkommens erzielen die Hindelanger Bauern mit Landschaftspflege: „Alpwirtschaft braucht Artenreichum, ohne uns würde hier alles verbuschen und verwalden. Dass wir freiroden und dominante Gräser zurückdrängen, ist für das ganze Ökosystem wichtig“.

Hört man Rädler zu, versteht man schnell, warum vor acht Jahren die „Hochalpine Allgäuer Alpwirtschaftskultur in Bad Hindelang“ mit ihrem Fokus auf Naturschutz und Nachhaltigkeit ins immaterielle Unesco-Welterbe aufgenommen wurde.

Vielleicht könnte ein Modell wie dieses dabei helfen, in Deutschland und Europa die Landwirtschaft wieder mehr in Einklang

mit Natur und Nutztieren zu bringen. „Was mich glücklich macht“, sagt Georg Rädler zum Abschied, „sind meine Tiere und das große Ganze. Dieser geschlossene Kreislauf der Natur. Dass alle unsere Bauern mit der nachhaltigen Bewirtschaftung freiwillig an einem Strang ziehen.“

Weiter geht es nach Obermaiselstein, wo der Biologe Henning Werth an der Zusammenführung von Naturschutz, Tourismus und Landnutzung arbeitet. Hier und in Balderschwang sollen eigene Architekturen für das Alpinium und für eine Ausstellung entstehen. Momentan existiert ein Provisorium - ein Infozentrum, das die schwäbische Bezirksregierung 2018 gründete. Henning Werth stieß zwei Jahre später dazu. Ihn fasziniert die Aufgabe, sich im alpin geprägten Allgäu um das artenreichste Gebirge in Bayern und das mit fast 21.000 Hektar zweitgrößte Naturschutzgebiet zu kümmern. Er hat mit seinem Chef und Kollegen Ethelbert Babl nach dem Vorbild Namibia das Konzept der „Allgäu Big Five“ ersonnen, womit die lokalen TierStars Steinadler, Murmeltier, Steinbock, Gemse und Alpenschneehuhn gemeint sind. Sowie eine mit Fernrohren ausgestattete Gemsbeobachtungsstation, die von Rangern betreut wird. Wie steht es um den Naturschutz im Allgäu? „Wir

Der Biologe Henning Werth kümmert sich um die Verbindung von Naturschutz und Tourismus. Dazu gehört die Idee der „Allgäu Big Five“ mit Steinadler und

Steinbock.

7
ALLGÄU

tun unser Bestes, um den Menschen vor Ort noch intensiver Auskunft erteilen zu können. Zu den Dingen, die uns stolz machen, gehören die Sicherung besonderer Tier-und Pflanzenarten wie Birkhuhn und Arnika sowie extrem rarer Gewächse wie Faltenlilie und Gekieltes Zweiblattmoos. Oder auch von Bergmähwiesen, deren Reaktivierung einen großen qualitativen Unterschied für die Artenvielfalt macht. Als nächstes wollen wir die Zahl der Angebote erhöhen. Schon jetzt gibt es spezielle Wanderungen zu den Allgäu Big Five etwa unter den Beslerwänden am Riedbergpass, im Stillachtal, am Fellhorn, am Nebelhorn oder an der Adlerhütte des Landesbundes für Vogelund Naturschutz.“ Ein Erfolgsmodell sind auch die eigens ausgewiesenen Naturerlebniswege für Familien. Auf dem jüngsten davon haben wir uns mit Henning Werth getroffen. An der „Goldenen Acht“, benannt nach einem heimischen Schmetterling, weist der Naturforscher auf die markante Höfats mit den steilen Flanken: „Sie ist ein klassischer Allgäuer Grasberg und als Blumenberg sogar einzigartig, berühmt für botanische Kostbarkeiten wie Edelweiß.“ Ein Paradies für einen Biologen und Naturliebhaber! Manches am Alpinium mag Zukunftsmusik sein, aber dies hier ist ein schöner Anfang.

Am nächsten Morgen bringt uns die Straße über den Riedbergpass in das nach drei Seiten von Bergen umschlossene Balderschwang – sozusagen das hinterste Allgäu. Dort leitet Nina Meyer seit fünf Jahren die Küche des Berghotels Ifenblick. Das Hotel im Familienbesitz war das erste im Allgäu mit veganer Küche. Heute sind rund zwei Drittel der angebotenen Gerichte vegan und vegetarisch und man betreibt sogar eine hauseigene Biobäckerei. Auch hier hat der achtsame Umgang mit Ressourcen, die uns die Natur zur Verfügung stellt, schon vor längerer Zeit begonnen. Nina Meyers Vater erstand als Koch bereits ganze Tiere, woraus sich das Buffet-Konzept beim Abendessen entwickelte: Alle Teile der Tiere wurden kulinarisch gewürdigt und in verschiedenen Gerichten verarbeitet.

Nina Meyer, eine der wenigen Bio-Spitzenköchinnen Deutschlands, knüpft daran nahtlos an, indem sie mit Gemüse genauso kreativ umgeht. So ersetzen bei ihr Kohlrabi-Blätter (die man sonst wegwirft) und China-Kohl das klassische Kraut in den Allgäuer Krautkrapfen. Auffällig sind jedoch nicht nur ihre Kochkünste, sondern ihre ganze Erscheinung. Erst vor Kurzem hat sich die junge Frau mit den auffälligen Tattoos, dem punkigen Outfit und den aktuell pink-orange gefärbten Haaren im Hotel „Ninas Bio-Küche“ einbauen lassen – samt Neonschriftzug, rosa Fliesen und grünem Wandmoos. „Glauben Sie mir, das macht was mit einem, wenn der eigene Name in Pink über allem leuchtet!“, erzählt sie beim Gespräch in der Lobby mit Blick auf den Hohen Ifen. Gleich danach wird sie einen Light Lunch aus den Resten des Vorabends zaubern.

Richtig berühmt wurde Nina Meyer im vergangenen Jahr. Als Teilnehmerin der Fernseh-Kochshow The Taste brachte sie Starkoch Tim Raue dazu, vor ihr auf die Knie zu fallen - so gut schmeckten ihm ihre chinesischen Kristallklößchen. Nun lockt sie an speziellen Abenden ein eher untypisches Allgäu-Klientel für ihr sechsteiliges The Taste-Menü an die österreichische Grenze. Manche Gäste reisen dafür sogar von weither an.

Von Bergen umschlossen ist Balderschwang. Hier, im Bio-Berghotel Ifenblick, agiert Nina Meyer als eine der wenigen Bio-Spitzenköchinnen, die auch Allgäu-Klassiker auf neue Weise interpretiert.

Was sind ihre nächsten Pläne? „Zum Glück kann ich nun an meinem zweiten Kochbuch schreiben, während ich genau da lebe und arbeite, wo ich aufgewachsen bin. Nämlich hier!“ Im Hotel steht sie für 2/3 echte Bio-Alpenküche und 1/3 experimentelle Fusionsküche. Sie lässt Klassiker wie Kässpatzen mit Schmelzzwiebeln, Schnitzel, Kaiserschmarrn servieren, interpretiert sie aber freier mit ungewöhnlichen Zutaten wie Bratapfel, Alsan oder Misopaste. Gern zeigt Nina Meyer auch, wie gut sich mit heimischen Superfoods am Herd Neues kreieren lässt. Oder mit den Zucchini von Pia, ihrer Lieblingsgemüsezüchterin. Wie geht die Küchenchefin mit Pflanzenmystik um,

8
ALLGÄU Bild oben: Dietmar Denger; Bilder rechts: Marion Dos Santos; Dietmar Denger
9 ALLGÄU

die im Allgäu eine gewisse Rolle spielt? „Mystik, das klingt 2024 natürlich komisch. Aber im Allgäu gehört es einfach dazu. Ich würde mich selbst nie als Kräuterfee stilisieren, ich bin Expertin für Gewürze! Aber wenn Angestellte ein angeschlagenes Immunsystem haben, stehen immer grüne Smoothies, Tees aus heimischen Heilpflanzen und Fenchelhonig für sie bereit“.

Zeit für das letzte Treffen dieser Reise. Unsere Fahrt ins echte Allgäu endet bei einem Mann, der uns etwas über seine Erfahrungen als Selbstversorger erzählen soll. Aus dem Hochgebirge geht es zurück in tiefere Gefilde – nach Isny. Dort hat der Kulturanthropologe und Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl sein Stadtdomizil. Der 81-jährige, der mit Charme und Charisma seinen vielen Fans „die Seele der Pflanzen“ (so auch einer seiner Buchtitel) näherbringt, teilt sein riesiges Wissen über die Flora seit Jahrzehnten mit der Öffentlichkeit und versteht es

Die „Seele der Pflanzen“, erkundet der Autor Wolf-Dieter Storl. Seine Erfahrungen und Erkenntnisse im Umgang mit der Natur sind Inspiration für viele Leser.

gleichzeitig, deren Sehnsucht nach Geheimnissen und Geschichten zu befriedigen. Von seinem „Rittersitz“ – auf einer Niederalp im Westallgäu mit Vergangenheit als Benediktinerkloster – ist er heute morgen extra nach Isny gekommen, wo er sein Büroräume hat. Der Deutsch-Amerikaner mit Doktortitel geht oft barfuß, philosophiert mit gewählter Sprache und Wohlfühlstimme über Kultur und Natur und sagt von sich: „Ich habe ein holistisches Weltbild.“ Was genau macht er? „Pflanzenforscher trifft es am ehesten. Ich habe 1988 meinen Platz im Allgäu gefunden, ein abgelegener Einsiedlerhof auf 1100 Meter zwischen Hirschen und Gemsen. Als wir einzogen, hatten meine Frau und ich überhaupt kein Einkommen. Wir lebten die ersten vier Jahre ohne Strom und Auto – und weil ich alle essbaren Wildpflanzen kannte. Wir aßen Wurzeln und Brennnesseln, kochten Marmelade von Vogelbeeren ein.“

Die Wespenstiche ihres Sohnes behandelte die Familie damals mit Tonerde und der Gerbsäure im Schwarztee, die das Gift aus dem Körper zog. Knochenbrüchen und Schleimbeutelentzündungen rückten sie mit Beinwell oder abgekochten Ackerschachtelhalmen zu Leibe. „Ich habe in Indien und von einem Cheyenne-Medizinmann mehr über Heilpflanzen gelernt als beim Botanik-Studium. Später kam das Wissen unserer Nachbarn, der Allgäuer Bauern, dazu.“ Schon als Kind hatte Storl einen Selbstversorgergarten. „Für mich gibt es kein Unkraut. Jede Pflanze um uns herum hat ihren Wert und ist nützlich.“ Man muss nicht jede von Storls Ansichten teilen. Aber seine Erfahrungen und Erkenntnisse bringen gut das Fazit unserer Allgäu-Reise auf den Punkt: Was für einen Unterschied gelebtes Naturwissen in der Weltbetrachtung machen kann.

10
ALLGÄU Bild links: Bernhard Haselbeck; rechts: Allgäu GmbH/Martin Erd

1 3 2

Wandertrilogie Allgäu

Auf drei Routen macht die Wandertrilogie Allgäu die Schönheit der Landschaft in drei unterschiedlichen Höhenlagen erlebbar. Wer lieber weit als hochläuft, ist auf der Wiesengänger Route gut aufgehoben. Für den entdeckungsfreudigen Naturwanderer ist die Wasserläufer-Route ideal. Bergwanderer bekommen auf der Himmelsstürmer Route Höhenmeter satt. Alle drei Routen sind miteinander vernetzt, sodass man leicht wechseln kann. → wandern.allgaeu.de

Allgäutrilogie

Die Landschaft des Allgäu lässt sich aktiv erleben: zu Fuß oder mit dem Rad, am Berg oder im Wald

Naturbiken

Zwei Hauptrouten sowie 24 gut ausgeschilderte Routen leiten Mountainbiker auf rund 750 Kilometern durchs Allgäu und bis nach Tirol. Die Strecken verlaufen meist auf Forst- und Alpwegen und richten sich an Genuss-Biker, die auch mit dem E-Bike unterwegs sein können. Sie verlaufen größtenteils in einer Höhenlage zwischen 800 und 1.500 Metern, eine gute Übersichtskarte ist hier zu finden → naturbiken.de.

Wunder.Wald.Allgäu

Mehr als 30 Prozent des Allgäus wird von größeren Baumgemeinschaften belebt. Der Wald kann wild sein und dunkel, licht und lebendig, romantisch und frisch. Er ist Kraftort, Schutzraum, Zukunft und fasziniert zu jeder Jahreszeit. Man kann zwischen den Buchen, Eiben oder Tannen spazieren gehen, Workouts absolvieren und übernachten, man kann Spuren lesen, Bäume umarmen oder unter den Blätterkronen meditieren. Sieben Wälder, sieben Experten und viel mehr als sieben mal sieben einzigartige Erlebnisse lernen Sie kennen unter → waldbaden.allgaeu.de

← Erfahre mehr zu den vielen Möglichkeiten im Allgäu unter allgaeu.de

11

WANDERTIPP

Die Allgäuer Logenplatzroute ist eine von drei Hauptrouten, die als Fernwanderwege durch den Erlebnisraum Schlosspark führen. Sportliche Wanderer erklimmen auf der Allgäuer Königsalpenroute die majestätischen Gipfel, Genusswanderer finden auf der Allgäuer Idyllegartenroute stille Rückzugsorte zum Verweilen. Auf einigen Strecken ist es möglich, nur eine Etappe als Tagestour zu wandern und Bahn oder Bus zu nutzen, um zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Ergänzt wird das hochwertige Wanderangebot durch abwechslungsreiche Halboder Ganztagestouren.

→ schlosspark.de

Aussichtsreiches Naturkino! Wandern auf der Allgäuer Logenplatzroute

Mehr Hauptrolle geht nicht. Auf diesem 127 km langen Fernwanderweg durch das Ostallgäu ist das traumhafte Bergpanorama der Star, dem alle Wanderherzen zufliegen. Immer wieder neu setzt sich die typische Allgäuer Landschaft in Szene und kann wie aus einer riesengroßen Loge betrachtet werden. Von den Anhöhen sind die Voralpenlandschaft und die hohen Berge zu bewundern. Unten im Tal geht es von Dorf zu Dorf, über weite Wiesen, durch ruhige Wälder und Moore, vorbei an tosenden Wasserfällen bis zum letzten Wildfluss im nördlichen Alpenraum, dem Lech. Heiß gelaufene Füße freuen sich über eine Rast an den Weihern und Seen, in den Hütten und Gasthöfen lässt es sich gemütlich einkehren. So bietet die Logenplatzroute die perfekte Mischung aus Erlebnis, Spannung und Genuss. Mit acht oder mehr Tagesetappen ist sie für Erlebniswanderer geeignet, die gerne zwischen Höhenmetern und entspannten Abschnitten wechseln. Als Rundtour angelegt, ist kein Transfer notwendig, auf Wunsch gibt es aber einen buchbaren Gepäckservice.

12 REISEEMPFEHLUNG
Bilder: Peter von Felbert

MEMMINGEN IM ALLGÄU

Willkommen

in

Memmingen, der Stadt, die zu schön ist, um einfach daran vorbeizufahren!

Die Stadt zählt zu den am besten erhaltenen Altstädten Süddeutschlands und beeindruckt mit farbenfrohen Häuserfassaden, prachtvollen Bauten und einem malerischen Stadtbach. Die lebendige Innenstadt bietet zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten, kostenfreie Museen und eine vielfältige Gastronomie. Memmingen blickt auf eine reiche Geschichte zurück, die in thematischen Stadtführungen erlebbar ist. Im Jahr 1525 wurden von aufständischen Bauern die „Zwölf Artikel“ verabschiedet – diese gelten als erste Formulierung von Grund- und Menschenrechten in Europa. Ein besonderer Tipp: Memmingen feiert 2025 das große Jubiläum „500 Jahre Zwölf Artikel“. Bilder:

Tourist Information Memmingen, Marktplatz 3, 87700 Memmingen, Tel. +39-08331/850 172 → tourismus-memmingen.de

ALLGÄU Alpsee-Grünten –wo Bergliebe beginnt

Entdecken Sie die unvergleichliche Schönheit der Ferienregion Alpsee-Grünten! Eingebettet zwischen dem imposanten Bergmassiv Grünten und dem Aussichtsberg Mittag, durchzogen von der Iller und flankiert vom Großen Alpsee, bietet die Ferienregion familienfreundlichen, outdooraktiven und genussvollen Allgäu-Urlaub zu jeder Jahreszeit. Die Auswahl an Wanderwegen ist so abwechslungsreich wie die Naturlandschaft, vom gemütlichen Spaziergang am See bis zum Gipfelaufstieg mit Panoramaweitblick. Auch das Thema Rad kommt hier – als Partner der Allgäuer Radrunde – nicht zu kurz. Kulturelle Highlights, charmantes Kleinstadtflair und echte, gelebte Tradition sind durch die zentrale Lage der Ferienregion zwischen Immenstadt und Sonthofen unbeschwert zu erleben.

Weitere Informationen und eine Vielzahl an Inspirationen finden Sie unter → alpsee-gruenten.de

13
www.alpsee-gruenten.de,
Tourismus-Information Memmingen;
Foto: Benjamin Zapf

Blut und Loden

Mit ihren Allgäu-Krimis rund um Hauptkommissar Kluftinger haben

Volker Klüpfel und Michael Kobr der Landschaft und ihren Bewohnern einen launigen Spiegel vorgehalten. Wir sprachen mit den beiden Autoren über ihren jüngsten Fall und Inspirationen aus der Region.

ist das Besondere am Alatsee, was hat Sie zu dieser Geschichte angeregt?

V.K.: Der Alatsee hat diese geologische Besonderheit, dass sich in seinen Tiefen Purpurbakterien tummeln, die das Wasser sauerstoffarm machen. Deswegen ist das Tauchen dort auch verboten. Da sind schon einige Taucher ums Leben gekommen. Und ab und zu kommen diese Bakterien auch an die Oberfläche und färben den See rötlich. Deshalb heißt er auch der blutende See. Außerdem haben die Nazis da irgendwelche Versuche im Zweiten Weltkrieg gemacht. Wernher von Braun war angeblich auch da. Und dann ist es auch noch schön dort. Also was kann man sich mehr wünschen für einen Krimi-Schauplatz im Allgäu?

Ist eine Figur wie Kluftinger, Hauptkommissar bei der Kripo in Kempten, nur im Allgäu denkbar? Ist er ein typischer Allgäuer?

Volker Klüpfel: Die Reaktionen auf Lesereisen durch ganz Deutschland widersprechen dem. Da kommen vor allem Frauen, die sagen, ich habe so einen daheim. Aber klar, in der Ausprägung, also mit Trachtenjanker und Großtrommel im Kofferraum, da ist er natürlich sehr allgäuerisch.

Und sein Temperament? Er hat ja so was kantig Grantelndes. Haben Sie da eine gewisse Mentalität eingefangen, die im Allgäu zu Hause ist?

Michael Kobr: So stellt man sich den klassischen Allgäuer vor. Er ist ja auch ein bisschen verschlossen, also jemand, der in Gesellschaft nicht als erster zum Plaudertäschchen wird. Und das erlebt man natürlich als Allgäuer selbst auch an sich, dass man da erst mal ein bisschen zurückhaltend ist.

In Ihren Romanen lassen Sie sich auch immer wieder von Orten der Region inspirieren, zum Beispiel in dem Krimi „Seegrund“, der rund um den Alatsee spielt. Was

Sie integrieren auch immer wieder kulturelle Besonderheiten des Allgäus in ihre Romane. In „Laienspiel“ geht es z.B. um die Allgäuer Freilichtbühne von Altusried.

M.K.: Das Freilichtspiel findet in Kluftingers Dorf statt. Und er spielt da auch voller Leidenschaft mit, wodurch bei diesem manchmal etwas komplexbeladen Typen, der am liebsten daheimbleibt, natürlich auch so eine gewisse Fallhöhe entsteht. Da ist er eben doch irgendwie eine Rampensau.

Und Sie, Herr Klüpfel, spielen ja sogar auf derselben Bühne wie Ihr Hauptkommissar. Was ist das für ein „Laienspiel“, dem Sie in dem gleichnamigen Buch ein Denkmal gesetzt haben?

V.K.: Das hat eine lange Tradition. 1879 hat man zum ersten Mal in Altusried Freilichttheater gespielt. Und heute wird immer noch alle paar Jahre ein großes Stück aufgeführt, wo wirklich in Spitzenzeiten tausend bis zweitausend Altusrieder mit dabei sind. Also das ist schon was Besonderes. Wo sonst verbringen Großeltern, Kinder, Enkelkinder den Sommer miteinander und haben eine gemeinsame Aktivität?

In Ihrem neuesten Kluftinger-Fall „Affenhitze“ geht es um den Menschenaffen Udo, benannt nach Udo Lindenberg, der bei Ausgrabungen in einer Tongrube in Pforzen gefunden wurde. Er hat vor 11,6 Millionen Jahren im Allgäu gelebt und gilt als erster aufrecht gehender Menschenaffe.

M.K.: Das ist wissenschaftlich eine absolute Sensation. Denn das legt ja das Datum des ersten nachweisbaren aufrechten Ganges um Millionen Jahre nach vorn und noch dazu nach Europa, ja sogar ins Allgäu. Das hat hier natürlich für Wirbel gesorgt. Für einen stolzen Allgäuer wie den Kluftinger ist das natürlich die Weltsensation schlechthin.

Also die Wiege der Menschheit stand im Allgäu.

M.K.: Ja, dort, wo auch Kluftingers Wiege stand.

V.K.: Aber es hat leider nicht die Welle gemacht, die es eigentlich verdient hätte. Der Fund ist bedeutender als der Ötzi zum Beispiel. Aber wenn man zum Ötzi ins Museum will, dann muss man sich in eine 100 Meter lange Schlange einreihen. Klar, da kann man was sehen. Von dem Udo sieht man nur ein paar Knochenfragmente. Und es gibt kein Museum.

14
ALLGÄU
Illustration: Cora Meyer

Kluftinger ist ja inzwischen Kult. Gibt es eigentlich schon Führungen zu den Schauplätzen Ihrer Krimis im Allgäu, reisen Fans nach Altusried?

M.K.: Es gibt Führungen, auch in Altusried. Die Leute nehmen das auch wirklich an. Am Alatsee gibt es KluftingerSpaziergänge. Und in Kempten ist die Kluftinger-Führung sogar eine der beliebtesten Stadtführungen.

Und wie sehen die Allgäuer den Kluftinger-Hype?

M.K.: Die Allgäuer können damit gut umgehen, weil das ja nicht jeden Tag eine Busladung ist, die da ausschwärmt. Die Leute treffen jetzt nicht überall und jeden Tag auf KluftingerTouristen.

V.K.: Beim Memminger Flughafen musste noch keine weitere Start- und Landebahn gebaut werden. (lacht)

Was hält Kluftinger eigentlich von Touristen im Allgäu?

V.K.: Der hat gar nichts gegen Touristen, solange sie nicht die Straßen verstopfen oder an Skiliften die Schlangen verlängern. Also im Prinzip ist ihm das wurscht, ob Touristen an den Alatsee fahren. Aber wenn er dahinfahren will und alle Parkplätze sind belegt, dann könnte es sein, dass ihm schon mal ein Fluch entfährt.

Wohin würde denn Kluftinger gerne reisen?

M.K.: Also am liebsten reist er gar nicht. Aber wenn es sein muss, ist sein Traumziel nach wie vor Südtirol, wahrscheinlich weil es da so ähnlich ist wie im Allgäu und die Menschen genauso wortkarg sind.

Gibt es Orte im Allgäu, die Sie immer wieder gerne besuchen? Haben Sie Geheimtipps?

M.K.: So dass es dann keine Geheimtipps mehr wären ...

V.K.: Am Alatsee gab es schon Parkprobleme. Da hat der Tourismusleiter von Füssen gesagt: Also seitdem dieses Buch erschienen ist, „Seegrund“, ist es dramatisch geworden da oben. Da fühlt man sich fast ein bisschen schuldig. Deshalb ist es schwierig, solche Tipps zu geben.

M.K.: Natürlich, die Oberstdorfer Berge sind spektakulär. Das muss man wirklich sagen. Wobei nicht nur das Oberallgäu sehenswert ist. Das Allgäu ist landschaftlich wirklich eine vielseitige Region. Im Westallgäu geht es dann schon so in Richtung Oberschwaben zum Bodensee rüber. Das ist wieder eine ganz andere Mentalität. Eine ganz andere Bergansicht auch. Ich wohne jetzt im Unterallgäu. Das ist eine sehr ländliche und landwirtschaftlich geprägte Gegend, die aber auch ihren Reiz hat. Es gibt also nicht nur die Königsschlösser und Oberstdorf, sondern tatsächlich auch viel Kleines zu entdecken.

V.K.: Einen Ort will ich vielleicht doch noch nennen, den Lechfall in Füssen. Der ist landschaftlich toll. Und der hat auch eine kleine Kluftinger-Relevanz. Denn dort findet man den so genannten Magnustritt. Da soll der Heilige Magnus auf der Flucht vor dem Teufel über die Schlucht gesprungen und derart kraftvoll aufgetreten sein, dass er einen Fußabdruck im Fels hinterlassen hat. Also das kann man durchaus empfehlen.

Interview: Ralph Gerstenberg

„Affenhitze: Kluftingers neuer Fall“ von Michael Kobr und Volker Klüpfel ist im Ullstein Verlag erschienen.

15
ALLGÄU

KULTUR

Weit mehr als nur hohe Berge und grüne Wiesen: Im Allgäu trifft ein reiches historisches Erbe mit vielen Sehenswürdigkeiten auf eine lebendige Kulturszene.

HISTORISCHES ERBE Burgen, Märchenschlösser und Klöster sind Zeugen einer bewegten Vergangenheit. Am bekanntesten ist Schloss Neuschwanstein, die Wirklichkeit gewordene Bau-Fantasie von Ludwig II. Ein imposantes Panorama bietet Falkenstein, Deutschlands höchstgelegene Burgruine auf 1277 Metern mit einem kleinen Museum, das Ludwigs letztes Traummodell einer „Raubritterburg“ beherbergt. Eine lebendige Burg ist die Waldburg bei Wangen mit ihren Führungen, Ausstellungen und Mittelalterfesten. In der Benediktinerabtei Ottobeuren sind die religiösen und künstlerischen Schätze der 1260 Jahre alten Abtei zu sehen, darunter die glanzvolle Ottobeurer Marientafel. Die ornamental überbordende Pfarrkirche St. Ulrich in Seeg erinnert daran, was für ein grandioses Zeitphänomen der Rokokoüberschwang in Bayern war.

STADTGESCHICHTEN Reich an Historie und inmitten der herrlichen Landschaft verbinden Allgäus kleine Städte idealtypisch Natur und Kultur. Füssen bezaubert mit wildromantischen Bergen, idyllischen Seen sowie den nahe gelegenen Königsschlössern. Die Stadt ist aber auch die Wiege des europäischen Lauten- und Geigenbaus. Kempten gilt als älteste Römerstadt Deutschlands. Neben dem mittelalterlichen Rathaus ist dort die erste monumentale deutsche Barockanlage

16
Benediktinerabtei Ottobeuren
ALLGÄU
Rathaus in Kempten Bilder links: Ralf Lienert; mauritius images/Wilfried Bahnmüller/imageBROKER; rechts: Isny Marketing; mauritius images/Ian Dagnall/Alamy

SCHÄTZE

nach dem Dreißigjährigen Krieg – Kirche und Schloss – zu besichtigen. Kaufbeuren beeindruckt durch die historische Altstadt mit ihren vielen Schmuckateliers. In Lindenberg erzählt das Deutsche Hutmuseum, warum ausgerechnet hier, am Rande der Alpen, Hüte kreiert, gefertigt und in alle Welt verschickt wurden. In Mindelheim zeigt das berühmte Krippenmuseum das älteste Jesukind der Welt. Isny lebt den Kontrast zwischen Mittelalter und modernen Ausstellungen im Schloss. Marktoberdorf steht für musikalischen Hochgenuss und das attraktivste Allgäuer Kunstgebäude jüngeren Datums: das Künstlerhaus. FESTIVALS Abwechslungsreich und hochkarätig sind die Kulturevents im Allgäu. Zu Konzerten und Meisterkursen lädt „Der Oberstdorfer Musiksommer – Das internationale Klassikfestival“ jedes Jahr zwei Wochen lang ein. Bad Wörishofen richtet das „Festival der Nationen“ mit Weltstars der Klassik aus und in Füssen treffen sich renommierte Künstler und Nachwuchsensembles zum „vielsaitig“-Festival. Die internationale Chorszene kommt alle zwei Jahre zum Kammerchor-Wettbewerb nach Marktoberdorf und in Isny wird alljährlich ein kleines Opernfestival auf die Beine gestellt.

Mehr Infos unter → kultur.allgaeu.de

17
Opernfestival in Isny Schloss Neuschwanstein

Wussten Sie schon,

dass im März 1525 Allgäuer Bauern erstmals die Menschenrechte einforderten?

Fünfzig Bauern aus der Umgebung versammelten sich damals im Memminger Altstadthaus, um ihren Unmut über die Verhältnisse kundzutun. Am Ende des Treffens einigten sie sich auf ein Manifest mit 12 Artikeln, das als erste dokumentierte Aufzeichnung von Freiheits- und Menschenrechten auf der Welt gilt. Das Fanal von Memmingen enthielt zum Beispiel Forderungen nach Aufhebung der Leibeigenschaft, einer unabhängigen Gerichtsbarkeit oder freier Ausübung von Jagd und Fischerei. Was als Grundlage für Verhandlungen mit den Feudalherren des Schwäbischen Bundes gedacht war, entfachte in den darauffolgenden Bauernaufständen gewaltsame Sprengkraft und blieb eine lange Zeit wenig beachtete Fußnote in der Geschichte. Das Manifest wurde damals in großer Auflage verbreitet, eines der Originaldokumente befindet sich heute im Stadtarchiv von Memmingen. Der 500. Jahrestag seiner Veröffentlichung wird dort im nächsten Jahr gebührend gewürdigt.

Wussten Sie, dass man im Allgäu Seelen isst? Die Seelen sind ein Gebildbrot aus Weizen- und Dinkelmehl, das zu den Festtagen des Kirchen- oder Bauernjahres von den Allgäuer Bauern gebacken und gegessen wurde. Nachweislich in Wangen – beim Fidelisbäck, dessen Geschichte sich bis 1505 zurückverfolgen lässt. Damit gilt die Bäckerei als eine der ältesten ihrer Zunft, die noch heute besteht. Ob man so lange dort schon Seelen herstellt, ist nicht überliefert. Es könnte aber gut sein, denn das Backen von Gebildbrot gehört zum kulinari-

schen Erbe des Allgäus und zur „Arche des Geschmacks“, mit der die Slow Food Stiftung für Biodiversiät regional bedeutsame Lebensmittel schützt. Wussten Sie, dass vom 26. April bis 6. Oktober 2024 das längste Sommerfest im Allgäu gefeiert wird? Auf der Landesgartenschau in Wangen erwartet die Besucher neben innovativer Landschaftsarchitektur und überbordender Blütenpracht ein Programm mit rund 2.000 Veranstaltungen aus den Bereichen Garten, Natur, Kunst und Kultur. In Wangen lässt sich auch erleben, wie Historie in die Zukunft überführt wird: Von der denkmalgeschützten Altstadt führt ein Erlebnisweg am Wildfluss Argen zu den Industriedenkmälern, wo sich heute Wohnungen inmitten neuer Parkanlagen finden. Unser Tipp: Die historischen Brunnen der Altstadt und die neuen Zugänge zum Argen bieten im Sommer willkommene Erfrischung!

18
Bild: Bayerische Staatsbibliothek ALLGÄU

FRÜHLINGSGEFÜHLE

Hier finden Sie eine Auswahl exzellenter TopHotels im Allgäu: www.allgaeu-top-hotels.de

5* Hotel Allgäu Sonne

Südhanglage mit Bergpanoramablick, geführte E-Mountainbike-Touren, Panorama-Fitnesswelt, bis zu 8 Sportkurse & Wanderung täglich (Mo-Sa), Wellnesswelt mit 2 Innen- & 1 Außenpool, Gourmet-Küche, Live-Musik & Tanz

Hotel Allgäu Sonne *****

Stießberg 1

87534 Oberstaufen

+49 (0) 8386 7020 info@allgaeu-sonne.de www.allgaeu-sonne.de

Urlaub mitten in der Natur

Alles für Ihr Urlaubs-Glück: Liebevoll eingerichtete Zimmer mit Südbalkon, traumhafter Bergblick, großer Wellnessbereich mit Innenpool, Whirlpool & beheiztem Außenpool, gemütliches Ambiente & Wanderwege ab Hotel.

Hotel Prinz-Luitpold-Bad

Andreas-Gross-Str. 7

87541 Bad Hindelang

+49 (0) 8324 8900 info@luitpoldbad.de www.luitpoldbad.de

Mädels-Wellness im Frühling

Genießen Sie eine Wellnessauszeit mit der besten Freundin im ersten FeelgoodHotel im Allgäu. Entspannung und Zeit zum Quatschen in der 1.500 m2 Alpen Wellnesswelt, kulinarische Highlights & besondere Verwöhnmomente.

Hotel Oberstdorf ****S

Reute 20

87561 Oberstdorf

+49 (0) 8322 940 770 info@hotel-oberstdorf.de www.hotel-oberstdorf.de

Beste Aussichten für Auszeit

Frühlings-Fit? Blühen Sie auf im Biohotel! Sonnenverwöhnte Panoramalage, frische Bio-Küche, Yoga und Wellness-Momente im großzügigen Garten-SPA sorgen für neue Energie. Wanderwege und RadTouren direkt ab der Türe.

Biohotel Eggensberger **** Enzensbergstr. 5

87629 Füssen – Hopfen am See +49 (0) 8362 91030 info@eggensberger.de www.eggensberger.de

Älplercharme DELUXE

Vormittags Sonnenskifahren, nachmittags das Panorama auf unserer Terrasse genießen oder im Whirlpool entspannen –unsere ausgezeichnete Alpinküche und 15 exklusive Zimmer & SPA Suiten mit Sauna erwarten Euch.

Alpe Dornach

Sesselweg 16

87561 Oberstdorf/Tiefenbach

+49 (0) 8322 6630 info@alpe-dornach.de www.alpe-dornach.de

MEINE ZEIT. MEIN HOTEL.

Erwachsenenhotel im Allgäu: Bergsicht 360°, Wander- & Radwege soweit das Auge reicht, Top-Golfplätze gleich um die Ecke, WasserLounge mit Wellness & Spa, Saunabereich inkl. Schwimmbad bei 30°C, Garten mit großer Liegewiese.

HOTEL ROSENSTOCK

Berger Weg 14

87538 Fischen im Allgäu +49 (0) 8326 364560 info@hotel-rosenstock.de www.hotel-rosenstock.de

Träum weiter!

Jetzt Deinen Traumurlaub im Allgäu buchen.

allgaeu.de

Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.