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Erholung im 3. Quartal? IV: Wirtschaftsstandort für „nach Corona“ stark aufstellen

Industrie braucht Unterstützung

To-do-Liste: Forschung, Technologie und Innovation nach Österreich holen, Staatsschulden gezielt abbauen.

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••• Von Paul Christian Jezek

WIEN. Krisen decken Unzulänglichkeiten schonungslos auf. „Das müssen wir als Chance begreifen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen und den Standort Österreich für die Zeit nach Corona stark und wettbewerbsfähig aufzustellen“, wünscht sich Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV). „Die Situation ist ernst. Covid-19 stürzt die Weltwirtschaft in eine Rezession. Für Österreich ist es die schwerste seit 1929 in Friedenszeiten.“

Laut dem IV-Chefökonomen Christian Helmenstein sei für 2020 mit einem Rückgang der Bruttowertschöpfung in Höhe von 7,6 Prozent zu rechnen. Österreich könne sich von den weltweiten Entwicklungen nicht entkoppeln, sehr wohl aber den Schaden minimieren; seitens der Industrie gebe es dafür einige klare Empfehlungen.

Investitionsgetriebenes Wachstum sei der sicherste und nachhaltigste Weg aus der Krise, ist Neumayer überzeugt. „Daher braucht es Anreize für Unternehmen, die den Weg für Investitionen in Zukunftsbereiche wie Innovation, Technologie, Klimaund Umweltschutz ebnen und gleichzeitig entlasten.“

Dies könnte einen Investitionsfreibetrag auf Anschaffungsund Herstellungskosten von digitalisierungs- und umweltfördernden Investitionen in der Höhe von 25% für Digitalisierungsinvestitionen und 50% für umweltfördernde Investitionen beinhalten.

Zu Global Playern aufschließen

Eine weitere Lehre aus der Coronakrise sei, dass Österreich und Europa im Bereich Forschung, Technologie und Innovation – aber auch in der Produktion – wieder zu den Global Playern aufschließen müssen. „Wir müssen erfolgreiche Produktionsstandorte forschungsintensiver, innovativer Unternehmen am Standort absichern und die weitere Ansiedlung ausländischer Technologieunternehmen und vor allem die (Wieder-)Ansiedlung besonders systemrelevanter Produktionen in Österreich fördern“, betont Neumayer.

Weiters benötige man ein klares Konzept für den Abbau der Staatsschulden. „Mittels eines konkreten, verbindlichen und mehrjährigen Stufenplans müssen wir deren Rückführung in Angriff nehmen“, stellt Neumayer klar. „Es braucht dazu einen Mix aus wachstumsfördernden Maßnahmen auf der Einnahmen- und effizienzsteigernden Maßnahmen auf der Ausgabenseite. Denn gerade in einem Höchststeuerland wie Österreich muss der Fokus auf der Ausgabenseite liegen. Eine wachstumsorientierte und effi

Standort

Die wirtschaftliche Erholung setzt voraussichtlich erst im dritten Quartal ein. Ein kräftiger ReboundEffekt ist ab dem vierten Quartal 2020 vor allem im Bereich der Investitionsaktivitäten zu erwarten.

zienzsteigernde Budgetkonsolidierung ist möglich – wie man auch in den vergangenen Jahren gesehen hat.“ „Statt einer Wende zum Besseren nach einer schon zwei Jahre andauernden Phase der Abwärtsdynamik hat Covid-19 einen regelrechten konjunkturellen Fadenriss ausgelöst“, konstatiert IV-Chefökonom Helmenstein. Das IV-Konjunkturbarometer, das als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, präsentiert sich tiefrot. Sein Wert ist aktuell um 37,8 Punkte von plus 18,0 Punkten auf –19,8 Punkte abgestürzt. Insgesamt waren während der letzten 100 Quartale (entsprechend 25 Jahren) 14 solcher schärferen konjunkturellen Rücksetzer zu beobachten, aber noch niemals kam es in der Historie des IVKonjunkturbarometers zu einem derart großen Punktverlust.

Ein enorm schwieriges Umfeld

Die Covid-19-bedingte Rezession stellt selbst noch die Negativdynamik des Jahres 2008 in den Schatten – vor allem beim beispiellosen Einbruch bei der Komponente der Geschäftserwartungen um 55 Punkte. „Bis in das dritte Quartal hinein werden sich weite Teile der Industrie mit enorm schwierigen Marktbedingungen konfrontiert sehen“, sagt Helmenstein.

Strategien

Höhere Prozesseffizienz in operativen Arbeitsabläufen, Kollaborationsplattformen und digitale Lösungen wie Process Mining sind zu empfehlen.

Umsatzverluste von 30% und mehr

Laut aktueller BMÖ-Untersuchung erwarten mehr als vier Fünftel der Firmen negative Covid-19-Auswirkungen.

WIEN. Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich (BMÖ) hat Anfang April gemeinsam mit der International School of Management (München) und der Stöhr Faktor Unternehmensberatung eine Umfrage in Sachen Einkauf und Supply Chain Management (SCM) durchgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse: • 82% erwarten eine negative

Auswirkung auf ihren Jahresumsatz. • Jene Unternehmen, die Abweichungen quantifizieren können, erwarten mehrheitlich einen Umsatzrückgang zwischen 10 und 30%, tw. darüber hinaus. • 63% melden Störungen in der

Lieferkette und eine unsichere

Versorgungslage. • Bei 11% ist die Kette komplett unterbrochen; 49% berichten von Produktionsstörungen. • Mehr als die Hälfte rechnet mit weiteren massiven Störungen in den nächsten drei Monaten. • Bei 58% ist die Nachfrage nach

Produkten gestört bzw. unsicher; bei 15% ist diese komplett eingebrochen. • Jedes vierte Unternehmen sieht sich derzeit mit Preiserhöhungen konfrontiert. • 65% haben Kurzarbeit verordnet. • 32% stellen derzeit keine neuen

Mitarbeiter ein. • 38% haben einen Investitionsstopp verhängt.

(Noch) Mehr Minus

„Für Österreich, das deutlich mehr als andere Länder von Zulieferungen an die Automobilindustrie abhängig und vom Tourismus geprägt ist, dürfte das Minuswachstum der Wirtschaftsleistung mit größter Wahrscheinlichkeit wesentlich über den bisherigen Expertenschätzungen liegen, nämlich bei –20% und in Teilen sogar mehr“, befürchtet BMÖ-Vorstand Heinz Pechek.

Die Umfrage unterstreicht das Ausmaß der kritischen wirtschaftlichen Situation vieler heimischer Unternehmen. „Den Verantwortlichen in Einkauf und Supply Chain Management kommt nicht nur die Aufgabe der Versorgungssicherung und Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit des Unternehmens zu, sondern auch die Rolle des Frühwarnindikators und Krisenmanagers im Unternehmen und in der gesamten Volkswirtschaft“, sagt Pechek.

Als am häufigsten ergriffene Ad hoc-Maßnahme nennt er Bevorratung, gefolgt von der Suche nach Alternativlieferanten und -produkten, Erhöhung der Bestellmengen, Dual Sourcing sowie In-Sourcing (Eigenfertigung) und Ausbau von Regional Sourcing (vs. Global Sourcing).

Auch das Risikomanagement dominiert im Krisenmodus, Sachkostenreduktion wird stark an Bedeutung gewinnen. (pj)

AUF DEM PRÜFSTAND Großauftrag zur Flugsicherheit

HAGENBRUNN. Mit der Entwicklung und Herstellung eines Prüfstands zum Testen von Flugzeugpropellern und -rotoren wurde die Peter Khu Sondermaschinenbau GmbH von der Wiener Firma RTA Rail Tec Arsenal betraut. „Mit diesem Prüfstand können wir einen Beitrag dazu leisten, dass der Industriestandort Österreich um ein hochtechnologisches Novum erweitert wird“, sagt Geschäftsführer Peter Kuh. „Das hilft, Menschenleben zu retten und unser Klima zu schonen.“

RUBNER GRUPPE Vorzeigebetrieb im Pielachtal

© Rubner Gruppe

OBERGRAFENDORF. Die Rubner Holzbau GmbH hat 2019 einen Umsatz von 66,7 Mio. € und damit um 11,5 Mio. € oder knapp 21% mehr als im Jahr davor erwirtschaftet.

Mit 270 Beschäftigten in Obergrafendorf sowie an weiteren Produktionsstandorten in Italien, Deutschland und Frankreich erzeugt der Industriebetrieb jährlich 85.000 m³ Brettschichtholz sowie 250.000 m² Dachund Wandelemente.

Größte Absatzmärkte sind Deutschland, Frankreich und Großbritannien. (pj)

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