
5 minute read
Die Handelsschule als Karrieresprungbrett
Simon Schopfer hat ursprünglich Landschaftsgärtner gelernt, aber dank seiner Handelsschul-Ausbildung an der Wirtschaftsschule Thun (WST) den Sprung in den Verkaufsaussendienst der Uetendorfer Contec AG geschafft. Für den Thuner ist klar: Weitere Weiterbildungen werden folgen. «Am liebsten an der WST», wie der 32-Jährige betont.
Aufgewachsen ist Simon Schopfer in Schönried «im schönen Saanenland», wie er sagt. «Dort, wo es vor allem Chalets gibt», ergänzt der 32Jährige lachend. Heute hat Schopfer jedoch in erster Linie mit Flachdächern zutun: Seit 2016 arbeitet er bei der Uetendorfer Firma Contec AG, einem innovativen Unternehmen, das unter anderem auf die Vorkonfektionierung von KautschukAbdichtungen für Flachdächer und Gewässer spezialisiert ist. Simon Schopfer betreut im Verkaufsaussendienst Kund:innen der Region Mitte, Zentral & Südschweiz. Dass er diese Position nun schon über vier Jahre ausübt, hat unter anderem mit der Wirtschaftsschule zu tun, konkret der «Handelsschule kv edupool».
Advertisement
Doch zurück zum Anfang. «Aufgewachsen bin ich in Schönried als Bauernsohn. Nach dem Realschulabschluss habe ich in Zweisimmen bei Animaflor AG meine Lehre zum Landschaftsgärtner absolviert.» Mit Flachdächern habe er damals definitiv nichts am Hut gehabt. Obwohl er mit seiner Heimat und den Menschen im Saanenland sehr verbunden sei, habe es ihn immer raus in die Welt gezogen. «Ich wollte mehr sehen als mein Tal, die eine Hauptstrasse und die Berge», so Schopfer. 2016 entschied sich der Saanenländer deshalb für einen zweimonatigen EnglischSprachaufenthalt in Bournemouth. Seine Stelle als Landschaftsgärtner kündigte er, ohne zu wissen, was nach England beruflich folgen würde. «Klar war einzig, dass ich nach meiner Rückkehr direkt nach Thun zu meiner Freundin, die mittlerweile meine Frau ist, ziehen würde», sagt der 32Jährige.
Zurück aus Bournemouth entschied Simon Schopfer, sich bei einem Temporärbüro anzumelden. «Ich dachte mir, dass Temporärarbeit ganz gut zu mir passt, weil ich so endlich etwas mehr herumkomme.» Das erste Jobangebot erhielt er von der Crescendo AG, wie die Abteilung der Firma Contec damals noch hiess. Ob er Höhenangst habe, habe ihn die Mitarbeiterin des Temporärbüros gefragt. «Als Gärtner klettert man auf Bäumen rum und hat keine Mühe mit Höhe», so Schopfer lachend. Die Temporärstelle bei der Crescendo AG war jedoch kein normaler GärtnerJob, sondern auf Flachdächern in noch luftigerer Höhe. «Für mich als Saanenländer, der in erster Linie Chalets kannte, war das im ersten Moment natürlich ungewohnt. Aber der Job hat mich gereizt, vor allem auch, weil das Unternehmen Kund:innen in der ganzen Schweiz hat.» Das unterwegs sein, rauszukommen, sei etwas, das ihm in seiner beruflichen Karriere immer sehr wichtig gewesen sei.
Zuerst Die Welt Sehen
Einen Sommer lang arbeitete Simon Schopfer in der Folge für die Contec AG auf Flachdächern in der ganzen Schweiz als Gärtner, montierte auf den Gründächern aber auch Absturzsicherungen. «Es war ein vielseitiger Job, der mir wirklich gut gefiel –auch wegen des tollen Teams», erinnert sich der 32Jährige. Obwohl die Contec AG ihm bereits damals eine Festanstellung anbieten wollte, entschied sich Schopfer abzulehnen und arbeitete den darauffolgenden Winter an der Schneebar seiner Mutter in Schönried. «Ich wollte vor einer Festanstellung unbedingt noch mehr von der Welt sehen.» Gemeinsam mit seiner Freundin plante er für 2017 eine zweimonatige Tour durch den Westen Kanadas. «Wenige Tage vor dem Abflug erreichte mich ein Anruf der Contec AG, wo sie mir die Festanstellung erneut anboten.» Obwohl er sich vor der Reise eigentlich nicht habe festlegen wollen, entschied er sich am Telefon kurzerhand um. «Es passte alles; der Job, das Team. Ich dachte mir deshalb, warum eigentlich nicht?» Die spontane Zusage sei schliesslich die beste Entscheidung gewesen, die er habe treffen können.
Zurück aus Kanada unterschrieb Simon Schopfer im September 2017 seinen Vertrag mit der Contec AG, der er bis heute treu geblieben ist. Zunächst arbeitete er wieder als Gründachspezialist und verwandelte Flachdächer in blühende Oasen. Wenig später, 2018, folgte für den Schönrieder jedoch ein Schicksalsjahr, dass ihn alles in Frage stellen liess. «Mein Vater verunglückte tödlich, was mein Leben ziemlich durchgeschüttelt hat. Sein Tod hat mich ins Grübeln darüber gebracht, was ich mit meinem eigenen Leben eigentlich anfangen will», erinnert sich Schopfer. Privat entschied er sich, seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen. Doch auch beruflich habe er sich viele Gedanken gemacht: «Das Gärtnern auf den Flachdächern gefiel mir sehr gut, aber gleichzeitig wusste ich, dass ich das nicht mein ganzes Leben lang machen will.» Es folgten Gespräche mit seinem Vorgesetzten, aber auch mit Urs Meinen, der damals im Aussendienst tätig war und heute Verkaufsleiter der Contec AG ist. «Urs war mir in vielem ein Vorbild, insbesondere auch wegen seines beruflichen Werdeganges. Er hat als Servicetechniker bei Contec angefan gen und es bis zum Mitinhaber geschafft.» Ein entscheidender «Gamechanger» in dessen Karriere seien Meinens Weiterbildungen an der WST gewesen: die Handelsschule kv edupool und die Ausbildung zum Marketing und Verkaufsfachmann mit eidgenössischem Fachausweis. «Sein Werdegang hat mich dazu inspiriert, ebenfalls die Handelsschule in Angriff zu nehmen», sagt Schopfer. Dass er den einjährigen Bildungsgang an der Wirtschaftsschule Thun absolvieren würde, stand für ihn ausser Frage. «Ich wohne nur knappe zehn Velominuten entfernt und hatte von meinen Arbeitskollegen, von denen diverse an der WST eine Weiterbildung absolviert haben, immer nur Positives gehört.»
WECHSEL INS BÜRO
Wohin ihn sein Weg nach der Handelsschule kv edupool führen sollte, wusste er damals noch nicht. «Mein Ziel war mittelfristig ins Büro zu wechseln und ich konnte mir gut vorstellen, später etwas in Richtung Verkauf zu machen, allerdings hatte ich keine konkreten Vorstellungen.» Für ihn sei jedoch klar gewesen, dass die Handelsschule nur ein erster Schritt ist und danach ein eidgenössischer Abschluss, beispielsweise als Technischer Kaufmann oder Marketing und Verkaufsfachmann folgen sollte. «Ich war sicher, dass es mich mit diesen Weiterbildungen beruflich schon irgendwo hintreiben würde», sagt Schopfer. Eine Weiterbildung öffne immer Türen. «Ich würde deshalb jedem empfehlen, sich auch ohne konkreten beruflichen Plan für einen solchen Schritt zu entscheiden.»
Da ihm die kaufmännische Erfahrung gänzlich gefehlt habe, sei die Handelsschule für ihn als gelernten Landschaftsgärtner eine enorm wertvolle Weiterbildung gewesen. «Sie legte die Basis dafür, dass ich heute meinen Job im Verkaufsaussendienst machen kann.» Nicht nur der Unterrichtsstoff, auch der Austausch mit seinen Mitstudierenden erlebte Schopfer als bereichernd. «Mit einem kleinen Wehrmutstropfen: Aufgrund von Corona hatten wir damals meist Fernunterricht. Für mich, der die Arbeit am Computer noch nicht gewohnt war, war das zu Beginn eine grosse Herausforderung.» Nichtsdestotrotz habe er, auch wenn er den direkten Austausch immer bevorzuge, auch aus diesen Erfahrungen viel Wertvolles ziehen können.
Nur ein halbes Jahr nach Start der Handelsschule 2021 folgte für den damals 28Jährigen bereits das Angebot, in den Verkaufsaussendienst der Contec AG zu wechseln. «Für mich war klar, dass ich diese Chance packen will. Der Start war jedoch, da bin ich ganz ehrlich, sehr taff», erinnert sich Schopfer. Ein komplett neuer Arbeitsplatz, in einer ganz neuen Rolle vor Kund:innen zu stehen und die Doppelbelastung von Weiterbildung und neuem Job hätten ihn sehr gefordert. «Auf der anderen Seite war es ein Glücksfall, dass ich alles, was ich in der Handelsschule gelernt habe, direkt in der Praxis anwenden konnte.» Trotz des anspruchsvollen Einstiegs sei der Wechsel schliesslich «rundum zur Erfolgsgeschichte» geworden, sagt Schopfer heute. «Mittlerweile mache ich den Job über vier Jahre, konnte sehr viel Erfahrung sammeln und bin bereits etwas gesetzter», sagt er selbstbewusst. Dass bald der nächste berufliche Schritt folgt, ist für den baldigen zweifachen Familienvater klar: «Ich möchte in absehbarer Zeit meine nächste Weiterbildung in Angriff nehmen. Welche genau, ist offen. Sicher aber wieder an der WST.»
LILLY TORIOLA
Kommunikationsverantwortliche
In der letzten EINBLICKE-Ausgabe haben wir den spannenden Bildungsweg von Urs Meinen, Mitinhaber der Contec AG, portraitiert. Den Beitrag finden Sie unter www.wst.ch/magazin-einblicke