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Jung, ambitioniert und voller Energie
Wer Amy Blumenthals Wochenplan sieht, staunt nicht schlecht. Denn die KV Lernende im zweiten Lehrjahr hat mit der Berufsfachschule ein 90 % Pensum, lebt unter der Woche in Bern, am Wochenende teilweise in Gampel (VS), arbeitet in Spiez, besucht die WST in Thun und trainiert praktisch jeden Abend, meistens in Burgdorf. «Pro Woche ist es rund ein ganzer Tag, den ich fürs hin und her reisen zwischen den verschiedenen Orten aufwende», sagt Blumenthal.
Im Alter von gerade mal 16 Jahren balan ciert Amy Blumenthal auf beeindruckende Weise zwischen sportlichen Zielen, be ruflichen Ambitionen und dem Alltag, den sie komplett eigenständig organisiert. Der Grund für ihr ungewöhnliches Leben ist ihre grosse Leidenschaft Unihockey. «Ich habe vor 12 Jahren damit begonnen, weil mein älterer Bruder ebenfalls Unihockey gespielt hat und mir mittwoch nachmittags jeweils langweilig war», erklärt Amy Blumenthal lachend. Was als Freizeitbeschäftigung begann, entwickelte sich sehr rasch zu einer grossen Leidenschaft. «Mir gefällt, dass es eine Mannschaftssportart ist. Läuft es mir mal nicht gut, kann das Team ausgleichen. Umgekehrt ist mein Einsatz ebenso entscheidend. Zudem ist es einfach schön, welch intensive Emotionen wir als Team erleben.» Während zehn Jahren hat Amy Blumenthal bei den Visper Lions Unihockey gespielt, seit zwei Jahren ist sie bei den Wizards Bern Burgdorf, die zu den besten UnihockeyVereinen der Schweiz gehören. Vergangenen Sommer hat Blumenthal bei Burdorf den Sprung ins U21A Kader geschafft und hilft zudem noch in der U17 aus. «Ich möchte mich bei Burgdorf in der U21 etablieren und einen Meistertitel gewinnen.»
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Amy Blumenthal ist ihrer Passion wegen mit gerade mal 15 Jahren vom Wallis in eine WG nach Bern gezogen. Denn Unihockey ist die grosse Leidenschaft der KV-Lernenden. Eine normale Woche bedeutet für die 16-Jährige: pendeln zwischen ihrem Arbeitsort in Spiez, der WST, täglichen Trainings, WG und Elternhaus.
LEHRE UND LEISTUNGSSPORT
In so jungen Jahren das Elternhaus zu verlassen und für Beruf und Sport in einen anderen Kanton zu ziehen, braucht Mut und ein grosses Mass an Zielstrebigkeit. «Im Wallis gab es keine grossen sportlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Da ich in A Ligen spielen wollte, musste ich diesen Schritt gehen, um meinen sportlichen Traum verfolgen zu können», sagt Amy Blumenthal. Doch der Weg ist nicht einfach, denn Unihockey ist in der Schweiz uch auf Profi Niveau keine lukrative Sportart. Für die 16 Jährige war deshalb von Anfang an klar, dass sie nicht nur auf die Karte Sport setzen kann. «Ich weiss, dass ich nie vom Unihockey alleine leben werden kann, auch im Ausland nicht.» Nur die Schulbank zu drücken, konnte sie sich nicht vorstellen. «Ich wollte arbeiten und eine Lehre machen.» In der Berufswahlphase sei bald einmal klar geworden, dass das KV der ideale Beruf in Kombination mit ihrem sportlichen Engagement sei.
Ihre Ausbildung zur Kauffrau EFZ absolviert die Leistungssportlerin aktuell im zweiten Lehrjahr bei der Stiftung Solina in Spiez, wo sie sich sehr wohl und gut aufgehoben fühle. «Ich werde wirklich toll unterstützt und konnte mein Pensum im zweiten Lehrjahr auf 90 % reduzieren. Pro Woche darf ich zudem zwei Stunden meiner Arbeitszeit fürs Lernen investieren», sagt die 16 Jährige. Auch in der Berufsschule hat sie dank der spezialisierten Sportler:innen Lehre eine gewisse Entlastung, da sie beispielsweise vom Fach Sport dispensiert ist.
Unter der Woche lebt die 16 Jährige mit einer Kollegin in einer Wohngemeinschaft in Bern, wo auch der Haushalt organisiert werden muss. An den Wochenenden besucht sie, wenn es der Match Plan zulässt, ihre Familie im Wallis. Zeit ist für die Walliserin somit ein wertvolles Gut. «Ich bin zum Glück relativ effizient. Während den Pausen und am Mittag mache ich in der Schule ich beispielsweise Aufgaben und lerne für Prüfungen.» Sie setze jede freie Minute an der WST für die Schule ein, damit sie sich abends ganz auf den Sport fokussieren kann. «Das erfordert Disziplin, aber es lohnt sich.»
Vier bis fünf Mal pro Woche trainiert die Leistungssportlerin, an den Wochenenden stehen zudem ein bis drei Matches an. Doch wer Amy Blumenthal erlebt, merkt schnell, dass die Walliserin ein Organisationstalent ist. «Damit ich alles unter einen Hut bringe, strukturiere ich meinen Alltag stark», so die Leistungssportlerin. Meistens laufe alles rund. Kurz vor den Ferien, wenn in der Berufsfachschule mehr Prüfungen anstünden, werde es aber schon anspruchsvoller. «Aber ich lernte schon als Kind zuhause, mich relativ selbständig zu organisieren», sagt die 16 Jährige. Der Schritt in die Selbständigkeit mit 15 Jahren sei ihr deshalb nicht allzu schwergefallen. «Auch, weil ich von meiner Familie immer stark unterstützt und in meinem Entscheid bestärkt wurde.»
RÜCKSCHLÄGE UND MOTIVATION
Schwergefallen ist ihr hingegen der Start ins neue Jahr: «Ich habe mir Anfang 2025 leider eine schwere Knieverletzung zugezogen», erklärt die 16 Jährige. Ein gerissenes vorderes Kreuzband sowie ein gerissener Innenmeniskus lautet die Diagnose. Ende Januar wurde ihr Knie operiert. «Es folgt ein langer Aufbau, ich werde rund neun bis zwölf Monate nicht spielen können.» Für Amy Blumenthal ist die aktuelle Verletzung jedoch kein Grund, dem Sport den Rücken zu kehren: «Rückschläge gehören zum Sportler:innen Dasein dazu. Natürlich erlebt man in einer solchen Situation Enttäuschung, Frust und Zweifel. Aber man muss für sich selbst die Motivation finden, zurückzukommen. Denn jeder Rückschlag bedeutet auch einen Start für einen neuen Weg, um zum Ziel zu gelangen.»
LILLY TORIOLA
Kommunikationsverantwortliche
