WOLL Magazin für Arnsberg, Sundern und Umgebung; Februar 2018

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Die Liebe zur Kunst, den Stoff zu beherrschen E I N N E U E R K R E AT I V E R ABSCHNIT T BEGINNT Von Christel Zidi, Foto: Sandra Peetz

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ahrzehntelang schrieb Christof Degener die Geschichten anderer Menschen auf deren Haut. Nun ist für ihn die Zeit gekommen, dass er seine eigene Geschichte auslebt. Jetzt ist er an der Reihe – er und seine Kunst. Christof Degener ist Kunststofftechniker. Ein Meister seines Fachs. Und Meister der Meister. Denn wer im Sauerland die Prüfung als Geselle oder Meister im Bereich Kunststoffverarbeitung bestehen will, steht zunächst vor den prüfenden Augen Degeners. Diese Augen sind schon von frühester Jugend an daran gewöhnt, richtig zu sehen. Und genau diese Art zu sehen, Dinge dadurch richtig einzuschätzen und anzuwenden, macht seine Arbeit und seine Arbeiten zu etwas ganz Besonderem – sowohl als Kunststofftechniker, als auch als Tätowierer und Airbrush-Künstler. Wenn er leidenschaftlich über Methylmethacrylate, Schneckenzylinder und Rheologie* spricht, sind das für die meisten von uns erst mal „böhmische Dörfer“. Er schafft es aber, diese trockene Materie selbst für einen Laien zu einem hochinteressanten Thema zu machen. Spätestens dann, wenn man einen Blick auf seine handgefertigten Apachen-Figuren wirft, wird klar, wieviel Liebe und Kunstfertigkeit in diesen Kunststoffteilen steckt. Ende letzten Jahres hat sein „Chris Airbrush und Tattoo Studio“ in Sundern geschlossen. Hier hat er rund 30 Jahre lang den Geschichten seiner Kunden zugehört, nach ihren Wünschen gefragt und erst dann ein Tattoo erstellt, quasi „maßgestochen“. Seine Tattoos und seine Airbrush-Bilder, die besonders gut auf Fahrzeugen zur Geltung kommen, haben Seele. Akkurat und verlässlich wie er ist, wird er angefangene Arbeiten noch zu Ende bringen, so dass kein Altkunde „mit einem Einhorn ohne Horn“, so Degener, herumlaufen muss. Christof Degener hat allerdings nicht vor, seine Hände in den Schoß zu legen. Ganz und gar nicht. Er wird weiterhin in denselben Räumlichkeiten tätig sein. Allerdings nicht mehr kundenorientiert, nicht mehr termingesteuert. Er will sich künftig vorrangig um seine eigene Seele kümmern: „Ich möchte Bilder malen, die auf mich ausgerichtet sind.“

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Im Hauptberuf ist Christof Degener Leiter der KunststoffAbteilung eines großen Arnsberger Unternehmens. Für das kreative Ich des 51-Jährigen ist seine Kunst das ideale Ventil.

Oft ist Degener in der Natur unterwegs, findet Ideen für sein künstlerisches Gestalten, tankt Kraft für die Seele und Sauerstoff fürs Hirn. Logisch-analytisches und kreatives Denken sind in seinem Kopf ganz eindeutig gleich stark verteilt. Aber das allein reicht ihm nicht: „Ich will, dass sich noch mehr Synapsen in meinem Gehirn bilden.“ Das wird ihm sicherlich auch gelingen, denn Degener ist gierig: wissbegierig und neugierig. Eines ist er allerdings nicht: machtgierig. Er begegnet seinen Mitmenschen mit viel Respekt und lebt nach dem Motto: „Meister sein heißt dienen dürfen.“ Auch wenn die Kundenpflege künftig massiv in den Hintergrund tritt, sieht er seine Zukunft nicht als Einsiedler: „Die Menschen werden mich nicht vermissen“. Sein neues Studio „Röhre 53“ soll ein Ort sein, den man immer aufsuchen kann. Hier will er „neue Dinge ausprobieren und sehen, was ich noch leisten kann.“  ■ *Wissenschaft, die sich mit dem Verformungs- und Fließverhalten von Materie beschäftigt


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